Theater Text Autorschaft

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Theater
Text
6.–15. Mai
2015
Lettrétage
Berlin
Autorschaft
Theater
Text
RealFiktionen
Theater Text Autorschaft
6.–15. Mai 2015
Lettrétage Berlin
Mit: Jörg Albrecht, Hannes Becker, Nolte Decar (Michel Decar und Jakob Nolte),
Olga Grjasnowa, Wolfram Lotz, Maxi Obexer, Kathrin Röggla, Gerhild Steinbuch
und Deniz Utlu.
Projektentwicklung und Leitung: Carolin Beutel und Thomas Köck.
Grafik: Manuel Rickert
Blog: http://www.realfiktionen.wordpress.com
Facebook: https://www.facebook.com/realfiktionen
Pressekontakt:
RealFiktionen
c/o Carolin Beutel
Pflügerstraße 64
12047 Berlin
Tel: 0176 / 31435981
Mail: [email protected]
Veranstaltungsort:
Lettrétage, das Literaturhaus in Berlin-Kreuzberg
Mehringdamm 61
10961 Berlin
Website: http://www.lettretage.de
Eintritt zu den Veranstaltungen frei.
Mit freundlicher Unterstützung der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten
Medienpartner:
Edit
Autorschaft
Theater
Text
RealFiktionen
Theater Text Autorschaft
Was ist die Rolle von AutorInnen und Texten im Theater heute? Wie greifen sie auf Realität
zu? Und wie kann eine Auseinandersetzung über Theatertexte abseits des Theaterbetriebs
überhaupt geschaffen werden? Können Theatertexte für sich sprechen? Und warum gibt
es immer wieder Missverständnisse wenn Theater und Texte sich begegnen?
RealFiktionen ist ein Symposium für zeitgenössischen Theatertext. Nach einem vorangegangen Workshop im Februar 2015 werden nun vom 6. bis 15. Mai 2015
an drei Abenden in der Lettrétage, dem Literaturhaus in Berlin-Kreuzberg am
Mehringdamm 61, Lesungen, Haltungen, Meinungen und Missstände präsentiert.
Ziel ist es Theatertexte außerhalb des Theaters als eigenständige, literarische Form
in ihrer Vielfalt vorzustellen.
Die Beteiligten von RealFiktionen arbeiten an der Schnittstelle von Theater / Prosa
und Performance. Einige Teilnehmende verfassen explizit Texte für das Theater,
die Texte anderer streiften bislang nur peripher seinen Bereich und einige der geladenen AutorInnen schreiben sowohl Prosa als auch Dramentexte – und ein Teil
von ihnen nimmt die Trennung zwischen den Textformen überhaupt nicht als eine
solche wahr. Manche von ihnen sind schon länger im Betrieb unterwegs, andere
sogenannte NewcomerInnen – in diesem Sinne freuen wir uns sehr Jörg Albrecht,
Hannes Becker, Nolte Decar (Michel Decar und Jakob Nolte), Olga Grjasnowa,
Wolfram Lotz, Maxi Obexer, Kathrin Röggla, Gerhild Steinbuch und Deniz Utlu für
RealFiktionen gewonnen zu haben.
Das von der Literaturveranstalterin Carolin Beutel und dem Autor Thomas Köck
konzipierte Projekt möchte für den in der Regel auf Prosa und Lyrik konzentrierten
Berliner Literaturbetrieb ein neues Feld erschließen – nämlich das des (post-)
drama­tischen Diskurses. Umgekehrt soll damit der Theatertext wieder dort zur
Sprache gebracht werden, wo von ihm in den letzten Jahre selten bis gar nichts zu
hören war: in der „Literatur“. Lange Zeit wurden Theatertexte in großer Zahl gelesen,
was momentan kaum noch passiert. Sie werden kaum publiziert und falls doch, im
Literaturbetrieb kaum wahrgenommen. Gleichzeitig wird im Theater­betrieb gerade
über die neue Rolle von AutorInnen gesprochen. Nicht ohne viel Kritik und
Verwirrung. Ist die neue AutorInnenschaft als Erweiterung zu verstehen, oder ist
der literarische Theatertext als eigenständige, gearbeitete Form im Begriff, aus
dem Theater auszuziehen?
Autorschaft
Theater
Text
In einem gemeinsamen Workshop im Februar 2015 wurde laut nachgedacht – vor
allem über den momentanen Umgang mit AutorInnen im Theater: ihre Marginalisierung, ihre Ersetzbarkeit, und ihr Anspruch auf einen eigenständigen, literarischen
Wert ihrer Texte. Aus AutorInnenperspektive wurde gefragt, was Theatertext ist,
war, sein könnte und vielleicht einmal gewesen sein wird. Immer wieder wurde dabei
der Wunsch laut, eine Lanze für den Text zu brechen. So entstand die Idee, an
drei verschiedenen Abenden in kleinen Formaten den Theaterbetrieb, den Begriff
der AutorInnenschaft, das literarische Sprechen, und die Arbeitsbedingungen von
AutorInnen zu hinterfragen.
Vom 6. bis 15. März werden die eingeladenen AutorInnen an drei Abenden ihre
für RealFiktionen jeweils in Zweiergruppen entwickelten Projekte präsentieren.
Die Bandbreite von Arbeitsweisen, Zugriffen, Themen und Präsentationsweisen,
welche hierbei transparent werden, ist beeindruckend umfassend: Fiktion/Spiel
am 6. Mai wird von Gerhild Steinbuch und Jörg Albrecht („Memory der Fiktionen“)
sowie Nolte Decar („Helmut Kohl läuft durch Hongkong“) gestaltet. Während
Steinbuch und Albrecht in einem dem Zufall überlassenen Fiktionsmemory nach
der Verantwortung von Fiktionen gegenüber der Realität fragen, werden sich
Nolte Decar in einer Skandal-Performance mit dem immer noch wenig vorhandenen
Nachspielen neuer Texte auseinandersetzen. Am 13. Mai werden Deniz Utlu und
Olga Grjasnowa („Romane auf der Bühne“) sowie Wolfram Lotz und Hannes
Becker („Die Hand vom Intendant, die Band vom Inspizient“) dem Thema Text/
Theater nachgehen. Utlu und Grjasnowa wollen in einem öffentlichen
Arbeitsgespräch mit ihren RegisseurInnen herausfinden wie man mit Romanen
eigentlich am Theater verfährt. Wolfram Lotz und Hannes Becker stellen danach
die fundamentalen Fragen: Was will der Text im Theater? Und was sieht er da?
Und dann, was macht er da? Abschließend fragen Kathrin Röggla und Maxi
Obexer („Das unspielbare Sprechen“) am 15. Mai unter dem Motto Realität/
Sprache wie sich die fiktiven, inszenierten Strukturen unserer Realität in der
Sprache abbilden lassen.
Durch die Gestaltungsfreiheit, die den AkteurInnen bei der Konzeption ihrer jeweili­
gen Präsentationen ermöglicht wurde, birgt das bei RealFiktionen Gezeigte großes
Innovationspotential, das Gattungsgrenzen aufbricht. Das Symposium möchte den
Blick auf Theatertexte öffnen und erweitern: außerhalb des üblichen Wahr­nehmungs­
spektrums der Öffentlichkeit. Dass viele zeitgenössische Texte dieser Form sich auch
durch eine hohe Lesequalität auszeichnen, dass es vor allem sehr viele Theatertexte
gibt, die nicht nur von Fachpublikum, Jurys und Dramaturgien gelesen werden wollen,
sondern umgekehrt wichtige Impulse für ein zeitgenössisches Sprechen und Schreiben
über Realität liefern können, und dass zeitgenössische AutorInnenschaft wesentlich
mehr ist, als eine vermeintliche Schreibtischtäterschaft, dass ohne AutorInnen und
deren Sprach- und Diskurskritik das Theater sich bloß reproduziert und die An­bindung
an die Öffentlichkeit verliert, ist bei RealFiktionen die feste Überzeugung.
Autorschaft
Theater
Text
Programm
RealFiktionen: Fiktion/Spiel
Mi 6. Mai, 20 Uhr
Gerhild Steinbuch und Jörg Albrecht – „Memory der Fiktionen“
Nolte Decar – „Helmut Kohl läuft durch Hongkong“
Welche Verantwortung haben Fiktionen eigentlich der Realität gegenüber? Aber vor allen
Dingen welche Realität, wenn alles fiktiv erscheint? Gerhild Steinbuch und Jörg Albrecht,
die zusammen Arbeiten über popmoderne Medienmythen entwickelt haben (zuletzt„„You‘re
not the same, Batman!“), fragen diesmal in einem dem Zufall überlassenen Fiktionsmemory nach der Verantwortung von Fiktionen gegenüber der Realität und lassen nebenbei
mögliche unmögliche Geschichten und mögliche unmögliche Realitäten entstehen.
Nolte Decar, die selbsternannten Schreckgespenster des bürgerlichen Feuilletons, setzen
sich in einer Skandal­Performance mit dem immer noch wenig vorhandenen Nachspielen
neuer Texte auseinander. Dazu nehmen sie ihr Stück „„Helmut Kohl läuft durch Bonn““auseinander, rauchen französischen Käse, trinken Gitanes, lesen Rotwein und essen Deleuze,
das alles unter dem Titel: „Helmut Kohl läuft durch Hongkong“.
RealFiktionen: Text/Theater
Mi 13. Mai, 20 Uhr
Deniz Utlu und Olga Grjasnowa – „Romane auf der Bühne““
Wolfram Lotz und Hannes Becker – ­„Die Hand vom Intendant, die Band vom Inspizient“
Romanadaptionen als Alternative / Erweiterung / Herausforderung / Publikumsfänger für
das Theater? Zwei AutorInnen, Olga Grjasnowa (­„Die juristische Unschärfe einer Ehe“)
und Deniz Utlu (­„Die Ungehaltenen“), deren Romane gerade für die Bühne bearbeitet
werden, bringen ihre Regisseure Nurkan Erpulat und Hakan Savaş Mican mit zu einem
öffentlichen Arbeitsgespräch, um herauszufinden, wie man mit Romanen eigentlich im Theater verfährt. Welche Möglichkeiten gibt es, welche Anforderungen, welche Realität strukturiert einen Roman und wie kommt diese auf der Bühne rüber? Und wer hat eigentlich die
wichtigste Szene gestrichen?
Wolfram Lotz, der spätestens mit dem Stück ­„Die lächerliche Finsternis“ die Bühnen für
sich gewonnen hat und Hannes Becker, der als Autor (­„Westliche Werte“) und Übersetzer
(u.a. von Pamela Carter) arbeitet, publizieren zusammen unregelmäßig über unmögliche
Theaterformen. Zuletzt erschien der Katalog „­27 Forderungen an das Theater““und so
beschäftigen sie auch heute Abend folgende Fragen: Was will der Text im Theater? Und
was sieht er da? Und dann, was macht er dann? Hannes Becker und Wolfram Lotz lesen,
sprechen, zeigen, machen.
Autorschaft
Theater
Text
RealFiktionen: Realität/Sprache
Fr 15. Mai, 20 Uhr
Kathrin Röggla und Maxi Obexer –„„Das unspielbare Sprechen““
Kathrin Röggla, seit Jahren unterwegs an der Schnittstelle von dokumentarischen, sprachkritischen Formen und Maxi Obexer, die gerade mit ­„Illegale Helfer“ einen Text über
Flüchtlingshelfer aus Gesprächen, die vier europäische Länder umfassen, vorgelegt hat,
gehen der Frage nach was das Literarische im Text eigentlich genau ist. Was ist ein Text,
den sich eine Bühne sowohl als Form, wie als Inhalt erst einmal einverleiben muss, welche
Widerstände bleiben erhalten und welche Verantwortung im Zugriff auf Realität entwickelt
sich aus diesen Widerständen heraus? Was ist das Verhältnis von realen / fiktiven Figuren,
wenn beide im gleichen Text zur Sprache kommen? Wie lassen sich die fiktiven, inszenierten Strukturen unserer Realität abbilden als etwas anderes, etwas zwischen Fiktion und
Realität in der Sprache? Was aber wäre ein Sprechen, das Widerstand leistet?
Autorschaft
Theater
Text
Beteiligte
AutorInnen
Jörg Albrecht wurde 1981 in Bonn geboren und lebt in Berlin. Er studierte Komparatistik,
Neuere Deutsche Literatur, Geschichte und Theaterwissenschaft in Bochum und Wien.
Gemeinsam mit dem Musiker Matthias Grübel inszeniert er als Duo phonofixHörspiele
und multimediale Literaturperformances. Er ist Mitbegründer des Theaterkollektivs copy &
waste, das 2014 gemeinsam mit dem Ringlokschuppen Mühlheim in die DoppelpassFörderung der Kulturstiftung des Bundes aufgenommen wurde. In Arbeiten wie
Die Versteigerung von No. 36 im WestGermany Berlin oder Berlin Ernstreuterplatz sucht
copy & waste konsequente Auseinandersetzungen mit den Fragen der städtischen
Identität. Daneben arbeitet Albrecht vor allem als Autor, bislang sind vier Romane beim
Wallstein Verlag erschienen: Drei Herzen (2006), Sternstaub, Goldfunk, Silberstreif
(2008), Beim Anblick des Bildes vom Wolf (2012) über das kreative Prekariat in Berlin
und zuletzt­A
­narchie in Ruhrstadt (2014), eine Zukunftsvision über das derzeitige
Ruhrgebiet. Jörg Albrecht wurde mit seinen Texten mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem
2. Preis beim 13. open mike der Literaturwerkstatt Berlin, dem Literaturförderpreis der
Stadt Dortmund, außerdem war er zu den Werkstatt-Tagen des Wiener Burgtheaters und
zum Ingeborg-Bachmann-Preis 2007 eingeladen und war 2010/11 Stadtschreiber von
Graz. Seine Theaterstücke, die er zumeist mit copy & waste erarbeitet, bevor sie an anderen Häusern uraufgeführt werden, erscheinen beim Rowohlt Verlag. Sie wurden am
Schauspielhaus Wien, am Maxim Gorki Theater Berlin oder im Ringlokschuppen Mühlheim
uraufgeführt.
http://www.fotofixautomat.de/
http://copyandwaste.de/
Hannes Becker wurde 1982 in Frankfurt am Main geboren und lebt in Berlin. Er studierte
Neuere Deutsche Literatur, Geschichte und Amerikanistik in Berlin sowie Literarisches
Schreiben in Leipzig. Momentan promoviert er zum Thema Präventionsfantasien im
Forschungsprojekt Sicherheit und Zukunft am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung
Berlin. Er ist Mitglied des Iltis-Projektchor und der Autorenvereinigung 1. Februar. Von
2005 - 2007 war er Mitherausgeber des GOLDliteraturmagazins. 2009 - 2010 war er
Redakteur der Literaturzeitschrift EDIT. Er veröffentlichte in Magazinen wie EDIT, Lauter
Niemand, Neue Rundschau und Tippgemeinschaft. Außerdem betreut er den Weblog
http://www.dasuntergehendeschiff.blogspot.de, übersetzte Theaterstücke von Pamela
Carter für den Suhrkamp Verlag und trat selbst als Dramatiker in Erscheinung.
Zuletzt erschienen 27 Forderungen an das Theater (gemeinsam mit Wolfram Lotz), in:
Theater Heute, Jahrbuch 2014 (abrufbar auf http://www.editonline.de/
blog/27-forderungen-das-theater/).
Autorschaft
Theater
Text
Die Autoren Michel Decar und Jakob Nolte wurden Ende der 1980er Jahre in west­
deutschen Kleinstädten geboren und großgezogen. Ab 2010 studierten sie Szenisches
Schreiben an der UdK in Berlin. Nolte Decars Stück Das Tierreich wurde 2013 mit dem
Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin ausgezeichnet und für den Autorenpreis des
Heidelberger Stückemarkts 2014 nominiert. Helmut Kohl läuft durch Bonn wurde zu den
Autorentheatertagen 2014 am Deutschen Theater Berlin eingeladen. Im Frühjahr feierte
Der Volkshai seine Premiere am Theater Bonn. Jakob Noltes Debütroman ALFF erschien
2014 in Deutsch und Englisch beim Verlagsprojekt Fiktion. Er hat Texte in etlichen
Anthologien veröffentlicht. Die Rechte an seinen Theaterstücken sind beim S. Fischer
Verlag. Michel Decar wurde für das Theaterstück Jonas Jagow mit dem Förderpreis für
neue Dramatik des Stückemarktes im Rahmen des Berliner Theatertreffens 2012 ausgezeichnet. Das Stück Jenny Jannowitz erhielt den Kleistförderpreis 2014. Im Moment arbeitet
er an seinem ersten Roman. Michel Decars und Nolte Decars Texte erscheinen beim
Rowohlt Verlag.
Olga Grjasnowa wurde 1984 in Baku, Aserbaidschan geboren und wuchs im Kaukasus
auf. Längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland und Israel. Absolventin des
Deutschen Literaturinstituts Leipzig. 2011 erhielt sie das Grenzgänger-Stipendium der
Robert Bosch Stiftung. Derzeit studiert sie Tanzwissenschaften an der FU Berlin. Für ihren
vielbeachteten Debütroman Der Russe ist einer, der Birken liebt wurde sie zuletzt 2012
mit dem Klaus-Michael Kühne-Preis und Anna Seghers-Preis ausgezeichnet. Der Roman
wurde am Maxim Gorki Theater Berlin inszeniert. Außerdem erhielt sie das Hermann-LenzStipendium. 2014 erschien der Roman Die juristische Unschärfe einer Ehe, der 2015 am
Maxim Gorki Theater uraufgeführt wird. 2014 erhielt sie ein Arbeitsstipendium für
Schriftsteller der Kulturverwaltung des Berliner Senats und 2015 den ChamissoFörderpreis für ihren zweiten Roman.
Wolfram Lotz wurde 1981 in Hamburg geboren und wuchs im Schwarzwald in
Bad ­Rippoldsau auf. Er studierte Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaft in Konstanz,
und Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er schreibt Theaterstücke, Hörspiele, Lyrik und Prosa und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Er erhielt u.a.
den Werkauftrag und den Publikumspreis des Stückemarkts des Berliner Theatertreffens
sowie den Kleistförderpreis für das Stück Der große Marsch. Er war Nachwuchsdramatiker
2011 in der Kritikerumfrage des Jahrbuchs von Theater Heute, nahm an den Werkstatttagen des Burgtheaters Wien teil und erhielt den Dramatikerpreis des Kulturkreises der
deutschen Wirtschaft e.V. sowie den Kasseler Förderpreis Komische Literatur zum Kasseler
Literaturpreis für grotesken Humor für das Stück Einige Nachrichten an das All. 2011 erschien der Text Fusseln bei der Parasitenpresse Köln und 2014 das Buch Monologe bei
Spector Books, Leipzig. Gemeinsam mit Hannes Becker verfasste er 27 Forderungen an
das Theater in: Theater Heute, Jahrbuch 2014 (abrufbar auf http://www.editonline.de/
blog/27-forderungen-das-theater/). Seine Theaterstücke erscheinen alle beim S. Fischer
Verlag und werden deutschland- und österreichweit inszeniert. So feierte sein letztes Stück
Die lächerliche Finsternis 2014 am Burgtheater in Wien seine Uraufführung, wurde 2015
für den Mühlheimer Dramatikerpreis nominiert und in der Burgtheaterinszenierung zum
Berliner Theatertreffen eingeladen.
Autorschaft
Theater
Text
Maxi Obexer wurde in Südtirol, Italien geboren. Sie studierte Vergleichende Literaturwissen­
schaft, Philosophie und Theaterwissenschaft in Wien und Berlin. Für ihre Theaterstücke
und Hörspiele erhielt sie Preise und Stipendien, u.a. vom Literarischen Colloquium Berlin,
von der Akademie der Künste, sowie der Akademie Schloss Solitude. Sie war Gastprofessorin am Dartmouth College, USA, an der Universität der Künste in Berlin und am
Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Von Januar bis April 2016 lehrt sie als Gastprofessorin an der Georgetown University in Washington D.C. Zu ihren bekanntesten Werken
gehören Die Liebenden, Das Geisterschiff und Gletscher sowie der 2011 erschienene
Roman Wenn gefährliche Hunde lachen. Zu ihren meist politischen Stücken zählt auch ihr
jüngstes Stück Illegale Helfer. Maxi Obexer engagiert sich seit langem für die Vermittlung
der dramatischen Kunst. 2014 begründete sie mit Marianna Salzmann das Neue Institut
für Dramatisches Schreiben - NIDS.
http://www.m-obexer.de/
Kathrin Röggla wurde 1971 in Salzburg geboren und lebt als freie Schriftstellerin in Berlin.
Seit 1990 publiziert sie literarisch, zunächst in Literaturzeitschriften und Anthologien.
1995 erfolgte ihre erste selbstständige Veröffentlichung niemand lacht rückwärts (S. Fischer, 2010). Seit 1998 verfasst und produziert sie Radioarbeiten (Hörspiele, akustische
Installationen, Netzradio), u.a. für den Bayrischen Rundfunk und für das Berliner Netzradiokollektiv convextv. Seit 2002 schreibt sie auch fürs Theater. Zuletzt erschienen die
alarmbereiten (S. Fischer, 2010), Essays besser wäre: keine (S. Fischer, 2013) und im
Dezember 2014 erschien Die falsche Frage im Theater der Zeit-Verlag. Außerdem erschienen Hörspiele und Theatertexte, sowie der Dokumentarfilm Die bewegliche Zukunft. Eine
Reise ins Risikomanagement (ZDF, 2012). Für ihre literarischen Arbeiten, denen zumeist
umfangreiche Recherchen zugrunde liegen, wurde sie mit zahlreichen Literaturpreisen
ausgezeichnet, darunter der Nestroy-Theaterpreis, der Franz-Hessel-Preis oder der Arthur-Schnitzler-Preis 2012. Sie war zweimal für den Mühlheimer Dramatikerpreis nominiert,
der wichtigsten Auszeichnung für deutschsprachige Gegenwartsdramatik. In ihren Texten
arbeitet sie häufig medienübergreifend und mit dokumentarischen Verfahren, durch die sie
die zeitgenössische literarische Sprache experimentell und kritisch erweitert. Im Mai 2012
wurde Röggla als neues Mitglied in die Akademie der Künste Berlin berufen.
http://www.kathrin-roeggla.de/
Autorschaft
Theater
Text
Gerhild Steinbuch wurde 1983 in Mödling (Österreich) geboren und lebt in Berlin. Sie
studierte Szenisches Schreiben in Graz und im Master Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin. 2004 gewann sie den Stückewettbewerb der
Schaubühne Berlin mit kopftot. Ihre Stücke werden vom Rowohlt Theater Verlag vertreten.
Sie nahm an den Werkstatttagen des Wiener Burgtheaters, der International Residency
am Royal Court Theatre London, am Bachmannpreis und an der Autorenwerkstatt Prosa
des Literarischen Colloquiums Berlin teil. Sie erhielt zahlreiche Stipendien, u.a. eines des
Schloss Solitude Stuttgart und war in der Spielzeit 2008/09 Hausautorin am Schauspielhaus Wien. Neben ihrer Arbeit als Dramatikerin arbeitet sie an ihrem ersten Roman, sowie
als freie Dramaturgin und entwickelt gemeinsam mit dem Autor Jörg Albrecht Lecture-Performances, zuletzt You´re not the same, Batman! für den Steirischen Herbst 2014. 2013
wird Sleepless In My Dreams –Ein DornröschenErweckungskuss, am Schauspiel Frankfurt
in der Regie von Pedro Martins Beja uraufgeführt wie auch Pocahontas in der Spielzeit
2014/15 in Frankfurt im Rahmen des Autorenstudios. Im April 2015 folgt die Uraufführung
von Überschreibung II am Schauspiel Leipzig. Derzeit schreibt sie im Auftrag der Opéra de
Lille an einem Libretto für eine Oper von Wolfgang Mitterer, deren Uraufführung für die
Spielzeit 2015/16 geplant ist.
Deniz Utlu wurde 1983 in Hannover geboren. Er studierte Volkswirtschaftslehre in Berlin
und Paris und lebt als freier Autor in Berlin. 2014 erschien sein Roman Die Ungehaltenen
im Graf Verlag. Seine Stücke Tod eines Superhelden und Fahrräder könnten eine Rolle
spielen wurden 2011 und 2012 im Ballhaus Naunynstraße uraufgeführt. Diese hatte er im
Schreibduo Angry Birds mit Marianna Salzmann geschrieben, mit der er 2013 die Literaturwerkstatt RAUŞ - NEUE DEUTSCHE STÜCKE leitete. Im Maxim Gorki Theater kuratiert
er seit 2013 die Lesereihe gegen sätze. Seit 2003 gibt er das Kultur- und Gesellschaftsmagazin freitext heraus. Seine Arbeiten wurden vielfach gewürdigt, zuletzt im Rahmen des
Kranichsteiner Literaturförderpreises 2014. Dieses Jahr wird er sich für zwei Monate im
Künstlerdorf Schöppingen aufhalten.
Autorschaft
Theater
Text
Künstlerische und organisatorische Leitung
Carolin Beutel wurde 1987 in Berlin-Friedrichshain geboren. BA-Studium der Kunstgeschichte und Deutschen Philologie und derzeitig Masterstudium der Kunstgeschichte im
globalen Kontext an der Freien Universität Berlin. 2008-2011 journalistische Tätigkeit,
u.a. redaktionelle Mitarbeiterin bei Die Berliner Literaturkritik. 2010-2014 Organisatorin
der zweiwöchigen bzw. später monatlich stattfindenden Berliner Lesereihe Kreuzwort (zus.
mit Kristoffer P. Cornils) und 2011 Konzeption, Koordination und Organisation des 10
Einzelprojekte umfassenden Literatur- und Kunstfestivals außerbetrieb im jungen Literaturhaus Lettrétage (zus. mit Kristoffer P. Cornils). 2012-2013 Konzeption, Herausgabe und
Lektorat der Prosa-Anthologie RE-COVERED (Verlag Lettrétage, 2013). Moderation von
Lesungen, u.a. des poets corner des poesiefestivals 2012 und 2014. Seit 2011 Arbeit in
der Kunstvermittlung u.a. am Hamburger Bahnhof Berlin, bei Daimler Contemporary Berlin
und am Gorki-Theater (Führungen, Konzeption von Workshops) und seit 2013 Tätigkeit als
Galerie- und Ausstellungsassistenz. 2012-2013 war sie Tutorin an der FU Berlin, 20132014 studentische Mitarbeiterin am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin und
seit 2015 ist sie Forschungsstudentin am Internationalen Graduiertenkolleg InterArt (FU
Berlin). Zuletzt war sie Profi-Leserin beim Literaturvermittlungsprojekt „comment“ und Ende
2014 performte sie zusammen mit Anne Welenc Strohfeuer: tales of a coming savior im
Literaturhaus Lettrétage.
Thomas Köck wurde 1986 in Steyr, Oberösterreich geboren, schreibt Prosa, Theater- und
Radiotexte. Er studierte an der Universität Wien und an der FU Berlin Philosophie und Literaturwissenschaft und seit 2012 Szenisches Schreiben an der UdK Berlin mit Aufenthalt
am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Zuvor Arbeit bei der Austria Presse Agentur, als
Mitarbeiter / Performer von Claudia Bosse / theatercombinat und als Produktionsassistent am wuk wien. Lektoratsassistent beim diaphanes Verlag Berlin. Er organisierte Lesungen & Performances in Wien und Berlin, begleitete die European Theatre Convention
am Theater an der Parkaue in Berlin für nachtkritik.de und entwickelte Theaterprojekte am
HAU Berlin, BAT Berlin und Maxim Gorki Theater Berlin. Werkstattinszenierungen eigener Texte am DT Berlin und dem schauspielhaus wien. Eingeladen zum Literaturkurs der
39. Tage der deutschsprachigen Literatur (im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Preises),
zum Autorenforum der Theaterbiennale Neue Stücke aus Europa in Wiesbaden und der
Kaltstart Autorenlounge in Hamburg. Längere Recherche und Aufenthalt in Beirut für eine
Dokumentation über den gescheiterten Wiederaufbau von Beirut. Nominierung für den
Filmförderpreis der Robert-Bosch-Stiftung und Einladung zu Berlinale Talents als Bosch
Guest. Das Stück jenseits von fukuyama erhält den Osnabrücker Dramatikerpreis, wird
2014 ebendort uraufgeführt. Der Text Isabelle H. (geopfert wird immer) wird 2014 mit
dem Else Lasker-Schüler Stückepreis ausgezeichnet und im Herbst 2015 am Pfalztheater
Kaiserslautern uraufgeführt. 2015 erhält er das Thomas Bernhard-Stipendiums des Landestheaters Linz und das Wiener Dramatik Stipendium. Veröffentlichungen in div. Anthologien. Seine Theatertexte erscheinen im Suhrkamp Verlag.
http://www.toterpraktikant.tumblr.com
Autorschaft
Theater
Text
RealFiktionen – Der Workshop
Es gibt Gesprächsbedarf.
Am 17. Februar 2015 kamen die zehn an RealFiktionen beteiligten AutorInnen
Jörg ­
Albrecht, Hannes Becker, Nolte Decar (Michel Decar und Jakob Nolte),
Olga Grjasnowa, Wolfram Lotz, Maxi Obexer, Kathrin Röggla, Gerhild Steinbuch und
Deniz Utlu, und die VeranstalterInnen Carolin Beutel und Thomas Köck in der Lettrétage,
dem Kreuzberger Literaturhaus zusammen, um sich kennenzulernen, und Lesungen und
Gespräche für den Mai zu planen, aber vor allem: um sich zu unterhalten. Denn es gab
Gesprächsbedarf. Aus dem eigentlichen Thema, der Frage nach dem Verhältnis von
Realität und Fiktion in Prosa und Theatertexten vor dem Hintergrund unzähliger, digital
verfügbarer Hybride von „realen Fiktionen“, wuchs stattdessen rasch eine grundsätzliche
Debatte über die Rolle von Literatur bzw. dramatischem oder postdramatischem Text im
Theater. Es wurde über Themen, Zugriffe und Sprache diskutiert, wesentlich war aber
dann die Frage nach dem Standort – oder eher der Ecke in die der Text bzw. AutorInnen
im Zuge einer vermeintlichen „Öffnung“ für neue Formen immer wieder geschoben werden.
Gefragt wurde nach der Rolle von AutorInnen in einem kriselnden Theaterbetrieb, und in
der literarischen Öffentlichkeit, von ökonomischen Bedingungen, nach dem Wert von verdichteter, gearbeiteter Sprache, von widerständiger Sprache, von Sprache, die eine
Verantwortung gegenüber der Realität einfordert, einer Sprache, die nicht den schnellen
Projektformaten entspricht, sondern als Widerstand und gearbeiteter Stoff eine eigene
Qualität besitzt und der Verantwortung von Theatern, dieser Sprache Raum zu geben.
Der folgende Bericht ist auf keinen Fall vollständig und wird sicherlich nicht allen Ansichten
gerecht. Er besteht aus mindestens zehn verschiedenen, zum Teil sehr unterschiedlichen
Arbeitsweisen, Erwartungshaltungen, Produktionsbedingungen, letztlich Sprachen und
aus mindestens genauso vielen komplett widersprüchlichen Meinungen. Es ist also eher
der Versuch eines Querschnitts einer siebenstündigen Diskussion. Es ist ein Versuch, all
diese Stimmen in ihrer Widersprüchlichkeit zu bündeln, um Überlegungen, Fragen und
Probleme, die diskutiert wurden, auch nach draußen zu tragen. Es ist also mehr ein lautes
Nachdenken als ein konzentriertes Wühlen.
Wieso fallen AutorInnen immer als Erste unter den Tisch?
Der Begriff der AutorInnenschaft hat sich erweitert. Interessanterweise fällt in vielen Debatten und Gesprächen über diese neue Autorschaft unter den Tisch, dass sich der Begriff
auch und zu weiten Teilen aufgrund einer veränderten Schreib- und Produktionspraxis,
einer Formulierung eines anderen Theaters, eines veränderten Zugriffs auf eine medialisierte Wirklichkeit usw. gerade von AutorInnen erweitert hat. Gemeint ist damit eine Auseinandersetzung von AutorInnen mit dem Theater, mit seinen Anforderungen, mit seiner
Praxis, mit seinen Produktionsbedingungen. Dieser für die jüngere, deutsche Theatertradition scheinbar identitätsstiftende, uralte Streit zwischen AutorInnen und dem Theater, der
Wirklichkeit und der Bühne, der Sprache und dem Körper ist nicht der einzige Weg, der zu
dieser heutigen, erweiterten AutorInnenschaft geführt hat, es ist allerdings einer, der gern
unter den Tisch geredet wird.
Autorschaft
Theater
Text
Warum schämt sich das Theater immer, wenn es vom Text sprechen soll?
Dass man den Beitrag von AutorInnen zu einem erweiterten Text- und AutorInnenschaftsbegriff unterschlägt, korrespondiert mit einer diskursiven Hilflosigkeit, zeitgenössischen Theatertext zu verhandeln. Der Betrieb, der sich gern erweitert gibt, müht sich recht unbeholfen
von Begriff zu Begriff, um diese Erweiterung auf den Punkt zu bringen. Dabei lässt sich in
der Sprache fast eine Scham vor selbstständigen Theatertexten beobachten. Von „szenischen Vorlagen“ ist die Rede, von „Materialanlagen“, usw. Dem Theatertext wird sein
literarischer Charakter dabei wiederholt abgesprochen - Ausnahmen von Reclam-Klassikern bestätigen natürlich die Regel. Dass allerdings neue, zeitgenössische Theatertexte
schlichtweg außerhalb des Theaters kaum eine eigenständige Rezeption erfahren - weder
in den Literaturwissenschaften, noch in den Theaterwissenschaften - wird übersehen.
Theatertext - erweitert oder marginalisiert?
Die Literaturwissenschaft liest Theatertexte genauso wie die stark marginalisierte Lyrik
eher als Nebenprodukt schriftstellerischer Tätigkeit, selten als eigenständiges Format und
durchläuft das Drama in Riesenschritten im Einführungsproseminar einmal quer von der
aristotelischen Dramatik zur nicht-aristotelischen. Dann ist meistens Schluss. Dass gerade
Theatertexte der letzten Jahrzehnte in ihrer Vielfältigkeit (eben auch Texte, die ganz unklassisch nicht am Schreibtisch erarbeitet wurden, sondern in unterschiedlichsten Prozessen, aus unterschiedlichstem Material) mit dafür verantwortlich waren, den Textbegriff zu
erweitern, fällt wieder unter den Tisch. Die Theaterwissenschaft hingegen will offensichtlich wenig von einem „klassischen“ Theatertext (ein Begriff, der in sich schon sinnlos ist,
als hätte man es je mit einem klassischen Theatertext zu tun gehabt) wissen - seit sie, im
Versuch sich als eigenständige Disziplin zu behaupten, den Textbegriff erweitert hat. Von
Schauspiel- und Regieschulen sowieso ganz zu schweigen. Zurückbleibt ein seltsam aus
der Welt gefallener Theatertext in seiner Vielfalt, der allerdings nur noch in den Theatern
eine Auseinandersetzung findet, die schnell von neuen Formen überfordert sind, weil Ästhetiken zeitgenössischer Texte selten bis gar nicht unterrichtet, diskutiert, in Frage gestellt
werden, sondern schlichtweg hingenommen.
Warum werden Theatertexte eigentlich nicht mehr gelesen?
Nicht nur findet keine Auseinandersetzung statt, Theatertexte werden auch kaum als eigenständige Texte gelesen. Nur wenige AutorInnen können sich darüber freuen, dass ihren Texten das Siegel des literarischen, lesbaren Textes zugesprochen wird und dass die
Texte gedruckt werden. Die meisten der Texte „leben“ erst auf der Bühne, heißt es. So
dass man einen Diskurs „abseits“ des Bühnenlebens über Ästhetiken, Stoffe, Formen, etc.
eigentlich per se schon gar nicht mehr gewohnt ist zu führen. Texte sind dabei viel mehr als
nur Lesedramen. Ihnen ist eine bestimmte Theaterpraxis und ein bestimmter Theaterbegriff
eingeschrieben. Sie könnten in ihrer Widersprüchlichkeit und Unsortiertheit als Archiv des
Theaters betrachtet werden. Ganz wie die Körper von SchauspielerInnen.
Autorschaft
Theater
Text
Warum werden (lebende) AutorInnen andauernd in ihrer Profession angegriffen?
Von Zeit zu Zeit poltert der Betrieb oder div. RepräsentantInnen wieder pauschal gegen
AutorInnen. Dabei ist es nicht besonders revolutionär, AutorInnen vom Theater auszuklammern oder mit großer Geste von einem neuen Paradigma zu sprechen, gar von „neuen“
AutorInnen. Es ist der älteste Theatergag der deutschen Theatertradition, alle halben Jahre das große Scheingefecht um die Bühnenvormacht wieder auszupacken. Dabei war die
AutorInnenposition seit ihrer Erfindung immer schon eine höchst prekäre und umkämpfte.
Und es war immer schon ein Schattenboxen zwischen Untoten, dieser seltsame, institutionalisierte Schaukampf RegisseurIn vs. AutorIn. Nach wie vor gibt es nicht eine/n AutorIn,
die/der ein Theater leitet, das alleine zeigt die ungleichmäßige Hierarchie im Theater.
Heute sollte man dieses Poltern gegenüber einer Berufsgruppe allerdings noch einmal
unter verschärften ökonomischen Bedingungen betrachten: AutorInnen wegzurationalisieren um das „Material“ hingegen vom theaterinternen Personal organisieren zu lassen,
ist natürlich wesentlich günstiger und passt gut zu neoliberalen Verschlankungsfantasien
öffentlicher Institutionen im Spätkapitalismus.
Innere Distanzierung oder widerständige Form?
Interessant ist, dass die Anfeindungen nicht Texte an sich treffen, sondern AutorInnen als
Berufsgruppe. Als würde man sagen, wer braucht heute noch Operntenöre, wir haben ja
Oboen? Wer braucht Dramaturgien, wir haben ja eine Presseabteilung? Oder wer braucht
RegisseurInnen, wir haben ja die BühnentechnikerInnen? Es findet also nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine ökonomische Debatte statt. Als wäre es eine unsichtbare und
damit ökonomisch nicht wertzuschätzende Arbeit, eine Sprache zu erfinden, einen Stoff
zu entwickeln, über Jahre hinweg eine Ästhetik zu entwickeln, die am Ende auch den „Betrieb“ wieder voranbringt. Von schnellen, schlecht bezahlten Formaten, kann nicht jede/r
leben. Interessant ist natürlich zu fragen, wie einzelne (und damit in Summe ein ganzer
Betrieb) mit Produktionsbedingungen umgehen. Distanziert man sich aufgrund ökonomischer, produktionstechnischer Zwänge komplett von einem Betrieb? Schweigt man? Oder
nimmt man diese Produktionsbedingungen aktiv in die eigene Arbeit mit hinein, verändert
die Form, um Arbeitsbedingungen anzusprechen, macht sie widerständig, spröde, schwierig? Schottet man sich ab oder verändert man die eigene Arbeit als Reaktion? Zum Schutz
gründet man eigene Kollektive, erfindet eigene Produktionsweisen und Formate – immer
mit dem Risiko vor Augen, dass dieses widerständige, nicht zwingend betriebstaugliche
Sprechen und Arbeiten nicht gehört werden wird oder im diskursiven Rauschen untergeht.
Was genau meint „Projekttheater“?
Das Theater ist mit seinen Begriffen manchmal recht hilflos. Was genau zum Beispiel unter „Projekttheater“ zu verstehen ist, traut sich auch niemand zu sagen. Eine Vermutung
sind Formate, die das theaterinterne Personal zu einem großen, interessanten, aktuellen
Thema erarbeiten soll. Das kostet dann wenig und ist trotzdem nah an der Wirklichkeit
dran. Beinahe hat man so schnell das Gefühl, dass die Theater sich keine literarisch gearbeiteten Texte mehr wünschen, sondern lieber schnell zusammenrecherchierte Thementexte, die in einem „spannenden“, „polyphonen“ Probenprozess entstehen, als verlängertes
Autorschaft
Theater
Text
­ auptabendprogramm, über IS, Alzheimer, #snowden und die übernächste Finanzkrise
H
mit denen dann auf der Bühne Gegenwart „verhandelt“ werden kann. Man wünscht sich
statt Text Material und gleichzeitig möchte man natürlich keine umfangreichen Materialrecherchen unterstützen, weil ein Verständnis für Recherchekosten selten existiert. Ähnliche
Probleme gelten für andere Formen von Stückentwicklungen. Die Idee mag gut sein, Raum
die Formate zu belasten, umzuschmeißen oder richtig zu experimentieren, wird allerdings
selten gegeben. Am Ende stempelt man dieses interne Fabrikat als interessantes, neues
Format ab, in der allerdings Idee, Text und Form selten ineinander aufgehen, weil diese
Formen der Autorschaft unter Umständen über längere Zeiträume hinweg eingeübt werden sollten, anstatt sie aus Aktualitätsgründen einem gänzlich anders getakteten Betrieb
einfach mal so überzustülpen.
Was ist ein literarisches, widerständiges Sprechen?
Weit weg ist man damit von der Suche nach einer widerständigen Sprache, die in der Reibung mit Körper, Regie und Bühne, das Theater zu neuen Formen zwingt. Und eine Distanz
zur Realität herstellt, die ein Nachdenken über selbige überhaupt erst produktiv macht.
Wenn Sprache Realität herstellt, braucht es eine Sprache, die diese hergestellte Realität, und ihre produzierten Fiktionen in einer Verfremdung wieder erfahrbar und kritisierbar
macht. Literarische Sprache war immer Sprach- und damit Diskurskritik. Hat die diskursiven Fiktionen immer in Frage gestellt und einfache politische Narrativa durcheinandergebracht. Was eine widerständige Sprache im späten Multimedia-Spektakel-Kapitalismus
sein kann, der sich nach wie vor resistent gegenüber einer Sprachkritik gibt, bleibt offen.
Wer ist eigentlich heute das Publikum?
Für wen macht man eigentlich Theater? Wen will man erreichen? Die Krise des Textes ist
vielleicht nur eine kleine Fußnote zu einer Krise des Theaters, das zwischen Erneuerung
und Abo hin und her gerissen strudelt. Und vielleicht ist das vorschnelle Abstoßen des
(„einen“, „klassischen“) Textbegriffs (der wie ein gespenstisches Dispositiv immer eine
jede Debatte über diese Fragen heimsucht) eine recht hilflose Panik-Reaktion, auf Fragen,
die gestellt werden müssen, die aber vielleicht ganz anders und vielleicht auch weniger
dramatisch und polternd beantwortet werden könnten. Gespräche sind dazu oft ein recht
guter erster Schritt.
Warum redet noch irgendwer von einer heimlich immer noch laufenden Regietheater-debatte, von der n­ iemand weiß und die auch eigentlich nicht mehr geführt wird?
Zur inflationär geführten Debatte um die Vormacht auf der Bühne lässt sich abschließend
eigentlich nur sagen: Zwei Positionen in der Theaterpraxis sind unersetzbar, die der/des
AutorIn und die der/des HospitantIn. Beide sind wichtig, weil sie von außen kommen und
mit dem Theater nichts zu tun haben, und nur die beiden können die fürs Theater entscheidenden Fragen stellen, nämlich: Was passiert hier? Was macht ihr hier? Was soll das
eigentlich alles?
Autorschaft
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