I. DIE GEOGRAPHISCHE LAGE DER SCHWEIZ Die Schweiz liegt am südlichen Rand Mitteleuropas und hat als Binnenstaat keinen direkten Zugang zum Meer. Die längste Ausdehnung von Norden nach Süden beträgt 220 km, von Westen nach Osten 348 km. Die Schweiz grenzt im Westen an Frankreich, im Norden an die BRD, im Osten an Österreich und Liechtenstein und im Süden an Italien. Die Schweiz ist hauptsächlich ein Gebirgsland, mehr als die Hälfte des Landes liegt über 1 000 m hoch. Die Entwicklung und Morphologie der Landschaft wurden durch die Entstehung der Alpen und die Eiszeiten bestimmt. Die Alpen üben auch jetzt auf Klima, Vegetation und Tierwelt einen entscheidenden Einfluss aus. Die Schweiz weist 3 Hauptlandschaften auf: die Alpen, die 60% der Landesfläche einnehmen; das Mittelland (30%) und der Jura (10%). Im äußersten Norden hat die Schweiz einen geringfügigen Anteil an der Oberrheinischen Tiefebene (Basel) sowie nördlich des Rheins am Schwarzwald, im Süden ragt ein Zipfel in die Po-Ebene. Die Alpen zeigen einen reichen Formenschatz von vielfach gestuften Tälern, Terrassen, Riegeln, Pässen, Ketten und Gipfelfluren, die auch die Mitgestaltung durch eiszeitliche Gletscher erkennen lassen. Die mittlere Höhe der Alpen erreicht gegen 1 700 m; etwa 100 Gipfel reichen knapp an die 4 000 m Grenze heran oder übersteigen sie. Der höchste Gipfel auf Schweizer Gebiet ist die Dufourspitze im Monte-RosaMassiv (4 634 m). Im Eiszeitalter war die ganze Schweiz vergletschert, nur wenige Gipfel ragten aus dem Eis heraus (von 500 bis 700 m Eispanzer). Nach dem Rücktritt der Gletscher vor rund 10 000 Jahren verblieben übersteile Hänge, Gipfelwände und Moränen. Aber auch heute hat die Schweiz etwa 3 000 km2 Gletscher. Der Schneereichtum und die steilen Berghänge führen bei entsprechender Wetterlage zur Bildung von Lawinen. Gegen die Lawinengefahr werden verschiedene Maßnahmen getroffen: Man errichtet Terrassen an den Hängen, pflanzt Bannwälder, baut Mauern, Tunnels und Überdachungen der Verkehrsstraßen. Man baut Häuser in den Hang ein, so dass die Lawinen über sie hinweggleiten können. Das Mittelland, im Durchschnitt 580 m hoch, bildet ein breites Band, das sich vom Genfer See zum Bodensee zieht. Es ist klimatisch weit mehr begünstigt als die Alpen und der Jura. Das Mittelland ist zum ökonomischen „Herzen“ der Schweiz geworden, hier konnten sich Besiedelung, Wirtschaft und Verkehr gut entfalten. Der Jura ist ein Mittelgebirge aus Gebirgsketten, Hochflächen und Tälern. Die mittlere Höhe des Jura beträgt etwa 750 m. Der Jura erstreckt sich vom Genfer See bis nach Schaffhausen am Rhein. Die meisten Flüsse sind die Nebenflüsse des Rheins, die Rhone mündet in das Mittelmeer und der Inn in die Donau. Die Seen prägen die schweizerischen Landschaften besonders stark. Die größeren Seen liegen am Jurafuß und im Mittelland (Genfer See, Neuenburger See, Bieter See, Bodensee und Zürichsee) sowie in den Voralpen bzw. am Nord- und Südrand der Alpen (Thuner See, Brienzer See, Zuger See, Vierwaldstätter See, Luganer See, Lago Maggiore). Es gibt aber auch eine Menge natürlicher und künstlich aufgestauter kleinerer Seen in den Alpen. Die Schweiz gehört der gemäßigten Klimazone an. Sie liegt in der Übergangszone vom Mittelmeer zum feuchtatlantischen und zum trockenen Klima der Zentralalpen. Entscheidend für die Temperaturen sind die Höhenlage und die Exposition der Hänge. Die Niederschläge sind ungleichmäßig über das Land verteilt. Auch der Wetterablauf ist regional unterschiedlich je nach der Lage bezüglich Wind und Sonnenschein sowie Höhenlage und weiteren Faktoren. Die Pflanzenwelt der Schweiz ist vielfältig und von der jeweiligen Höhenstufe abhängig. In den tieferen Lagen (Hügelstufe) sind der Anbau von Getreide, Gemüse und Obst sowie der Weinbau vorherrschend. Laubwald und Wiesen ergänzen diese Stufe. Der Laubwald reicht bis in etwa 1 200 m Höhe (Laubwaldgrenze). Daran schließt sich der Nadelwald an. Auf der mittleren Alpenstufe befinden sich die während des Sommers genutzten Alpweiden. In den höheren Lagen löst sich die Pflanzendecke vollständig auf. Zwischen 2 500 m und 2 700 m beginnt der Übergang zur Stufe des ewigen Schnees. Im Jahre 1914 entstand im Unterengandin der schweizerische Nationalpark. In der Schweiz leben beträchtliche Bestände an Reh- und Rotwild, an Gemsen und Steinböcken. II. KURZER GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK Im 1. Jh. v. u. Z. verließ der keltische Stamm der Helvetier Süddeutschland und wanderte ins schweizerische Mittelland ein. Von dort wanderten die Helvetier in westlicher Richtung weiter, bis sie in Ostfrankreich mit den Römern zusammenstießen. Im Jahre 58 v. u. Z. wurden sie von den römischen Truppen unter Julius Cäsar gezwungen, ins Mittelland zurückzukehren. Seither war das helvetische Siedlungsgebiet dem Römerreich einverleibt. Und es war auch die kulturell äußerst fruchtbare Zeit, in der das Land seine erste wesentliche Umformung erfuhr: Ein Straßennetz überzog das Land, die Städte entstanden, blühender landwirtschaftlicher Großgrundbesitz, wie er für das Römerreich typisch war, drückte dem Land seinen Stempel auf. Doch erst als die Romanisierungsphase abgeschlossen war, erhielt die Schweiz mit dem Eindringen germanischer Völkerstämme jene ethnische und sprachliche Gestalt, die sie auch jetzt aufweist. In den Jahren 259—260 fielen in diese römische Provinz Alemannen ein, später die Burgunder und die Franken. Im frühen Mittelalter wurde die heutige Viersprachigkeit der Schweiz angelegt: Im romanischen bzw. burgundischen Westen vollzog sich der Übergang vom Vulgärlatein zum Frankoprovenzalischen, um das Jahr 900 setzte sich in der heutigen deutschsprachigen Schweiz das Alemannische durch, im Süden die lombardischen (italienischen) Dialekte, in Graubünden schließlich das Rätoromanische. Die staatlichen Anfänge der Schweiz reichen in das 13. Jh. zurück. In der zweiten Hälfte des 13. Jh. vereinigten sich die Täler der mittleren Schweiz im Kampf um ihre Unabhängigkeit von der Herrschaft der Feudalherren in einer Eidgenossenschaft. 1291 schlossen die 3 Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden (Nidwalden) eine Übereinkunft zum Schutz ihrer Rechte und Freiheiten — den Rütlibund. Das waren die Urkantone der heutigen Schweiz. Somit gilt das Jahr 1291 als Gründungsjahr des Staates Schweiz. Einem Volksheer dieser 3 Gemeinden gelang es 1315, das habsburgische Ritterheer zu besiegen, die Unabhängigkeit wurde gesichert. Es gab später noch Kämpfe gegen die Habsburger. Im 14. Jh. wurden Luzern, Zürich, Clarus, Zug und Bern angeschlossen. So entstand die Schweizerische Eidgenossenschaft. Im 16. Jh. vollzog sich die Reformation in der Schweiz; die Kirche wurde protestantisch, nur die Waldgemeinden blieben katholisch. 1648 erfolgte die völkerrechtliche Fixierung der schweizerischen Unabhängigkeit. Nach der Französischen Revolution von 1789 marschierten französische Truppen in die Schweiz ein. Die Eidgenossenschaft wurde aufgelöst, das Land erhielt den Status einer französischen Tochterrepublik, so entstand die Helvetische Republik. Der Wiener Kongreß von 1815 stellte die Eidgenossenschaft wieder her. Am 12.09.1848 wurde die neue Bundesverfassung angenommen. Bis dahin war die Schweiz ein Staatenbund, der sich nun zu einem Bundesstaat formierte. Neben die Kantone trat der Bund als neue Staatsgewalt. Nationalrat und Ständerat bildeten seitdem die Bundesversammlung. Seit der Bildung des Kantons Jura 1978/79 gehören dem Bundesstaat 23 Kantone an, 3 davon sind in Halbkantone untergliedert. VIER HAUPTSPRACHGEBIETE In der Schweiz gibt es 4 große Sprachregionen. Die deutsche Sprache ist vorherrschend. Das Schweizerdeutsch („schwyzer- tütsch“) unterscheidet sich jedoch wesentlich von der deutschen Standardaussprache und besitzt eine Anzahl von Dialekten. Das Hochdeutsche ist vor allem Schriftsprache in der Schweiz. Das Schweizerdeutsch entstand hauptsächlich aus den alemannischen Dialekten. In der westlichen Schweiz entwickelte sich aus dem Volkslatein der Burgunder der französischsprechende Landesteil; im Süden wird Italienisch gesprochen. Im Südosten der Schweiz, vorwiegend im Kanton Graubünden wird Rätoromanisch gesprochen, aber diese vierte Amtssprache ist einem starken Druck der sie umgebenden „großen“ Sprachen (Deutsch und Italienisch) ausgesetzt. In den Schulen der deutschsprachigen Schweiz wird häufig bis zum letzten Schuljahr der Unterricht in Schweizerdeutsch und nicht in der Hochsprache erteilt. Auch Fernsehen und Rundfunk bedienen sich in ihren Sendungen immer häufiger der schweizerdeutschen Dialekte. III. DAS POLITISCHE SYSTEM Der schweizerische Bundesstaat besteht aus 26 souveränen Kantonen und Halbkantonen, denen die föderalistische Struktur ein beträchtliches Maß politischer Entscheidungsfreiheit und Verwaltungsautonomie zuerkennt. Jeder Kanton verfügt über seine eigenen Gesetze (das gilt sogar für manche Gemeinden). Diese kantonalen und kommunalen Rechte folgen jedoch im allgemeinen den eidgenössischen Gesetzen. Die gesetzgebende Gewalt liegt auf eidgenössischer Ebene bei der Bundesversammlung, die sich in 2 Kammern gliedert: den Nationalrat und den Ständerat. In den Nationalrat werden 200 Abgeordnete vom Volk gewählt. Die Wahl erfolgt nach dem Verhältniswahlverfahren, aber mindestens 1 Abgeordneter wird pro Kanton oder Halbkanton gewählt. Im Ständerat sitzen je 2 Vertreter von 20 Kantonen und je 1 Vertreter von 6 Halbkantonen. Gesetze und Bundesbeschlüsse erfordern die Zustimmung beider Räte, die in der Regel gleichzeitig, aber räumlich getrennt tagen. Beide Kammern beaufsichtigen außerdem die eidgenössische Verwaltung und Rechtspflege. Die Regierungsgewalt übt der Bundesrat aus. Er steht den 7 eidgenössischen Departementen (Ministerien) vor, überwacht die Einhaltung der Gesetze, arbeitet neue aus, verhandelt mit dem Ausland und bietet Truppen auf. Er wird alle 4 Jahre durch die Bundesversammlung gewählt. Der Bundesrat erfüllt als Kollektivorgan die Funktionen eines Staatsoberhauptes. Der Bundespräsident amtiert jeweils während eines Jahres nach dem Rotationsprinzip; er leitet die Sitzungen und behält den Vorsitz seines Departements bei. POLITISCHE PARTEIEN Die 4 größten Parteien sind seit 1959 im feststehenden Verhältnis von 2 Mitgliedern (Freisinnig-Demokratische Partei), 2 Mitgliedern (Christlichdemokratische Volkspartei), 2 Mitgliedern (Sozialdemokratische Partei) und 1 Mitglied (Schweizerische Volkspartei) an der Regierung beteiligt. Diese siebenköpfige Regierung stützt sich auf eine stabile Mehrheit der Wählerstimmen. In der Schweiz gibt es keine starke Oppositionspartei. Es gibt nur eine Vielzahl von kleinen Parteien und Gruppierungen, die zumeist regionale Bedeutung haben. AUßENPOLITIK Das Grundprinzip der Schweizer Außenpolitik ist das Prinzip der Neutralität. Seit dem Wiener Kongreß 1815 wird die Neutralität der Schweiz völkerrechtlich anerkannt. Obwohl die Schweiz kein UNO-Mitglied ist, beteiligt sie sich an verschiedenen internationalen Organisationen der UNO: Genf ist Sitz der Weltgesundheitsorganisation, der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), der Konferenz der UNO für Handel und Entwicklung u. a. In Bern befindet sich der Internationale Postverein. In Lausanne ist das Internationale Olympische Komitee. Zürich ist Sitz des Weltfußballvereins. In Basel befindet sich die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Genf war mehrmals Ort der internationalen Konferenzen und Gipfeltreffen der Großmächte. IV. WIRTSCHAFT Die Wirtschaft der Schweiz zählt zu den effektivsten und hoch- entwickeltsten der Welt. Obwohl die Schweiz auf Rohstoffimporte angewiesen ist, nimmt die Industrieproduktion der Schweiz vom Umfang her den 14. Platz in der Weltrangliste ein. Als internationales Finanzzentrum belegt sie sogar den 3. Platz. Geringe Vorkommen von Bodenschätzen und reiche Möglichkeiten, Elektrizität durch die Nutzung der Wasserkraft zu gewinnen, stimulierten in der Schweiz die Entwicklung arbeitsintensiver, stark exportorientierter Produktionszweige. Hoch entwickelt sind der Maschinen-, Motoren-, Turbinen- und Messgerätebau, die Uhrenindustrie, die chemische und pharmazeutische Industrie sowie die Textilindustrie. Die wichtigsten Industriestandorte sind Zürich, Bern und Basel. Die landwirtschaftliche Produktion der Schweiz ist laufend vergrößert worden: Mechanisierung und Verbesserung der Produktionsmethoden erhöhen die Produktivität, die wissenschaftlich unterstützte Zucht schafft den Lebensbedingungen besser angepasste, ertragsreichere Pflanzen und Tiere. Der hohe Standard der schweizerischen Nahrungsmittelindustrie, insbesondere der Käseherstellung, schuf die bemerkenswerte Erscheinung, dass das Land, das den Bedarf an Nahrungsmitteln zu einem Viertel (Geldwert) aus Einfuhren deckt, trotzdem große Mengen Nahrungsmittel, vor allem Käse, exportiert. Über 4 000 ha Ackerfläche sind mit Konservengemüse angebaut. V. BILDUNGSWESEN Die Schweiz kann auf eine lange Tradition im Schulwesen zurückblicken. Bedeutende Impulse gingen von dem Aufklärer der Französischen Revolution JeanJaques Rousseau aus. Mit großem persönlichem Engagement prägte er Ende des 18. Jh., danach auch Pestalozzi, die pädagogischen Grundlagen und stellte die unmittelbare Wechselwirkung zwischen Unterricht und praktischer Arbeit fest. Er erstrebte die harmonische Ausbildung aller Anlagen der Kinder ohne Standesunterschied und ihre sittliche Vervollkommnung mit Hilfe der Erziehung. In der Schweiz ist das Schulwesen eine Angelegenheit der Kantone, diese teilen sie wiederum mit den Gemeinden. Nur die Berufsbildung und die beiden Eidgenössischen Hochschulen unterstehen der Zuständigkeit des Bundes. Der Eintritt in die Primarstufe erfolgt mit 6 bzw. 7 Jahren; der vorherige Besuch des Kindergartens unterliegt dem Ermessen der Eltern. Die Grundschulzeit beträgt je nach Kanton 4 bis 6 Jahre. Danach folgt die Sekundarstufe I (3 bis 5 Jahre), die 3 Hauptrichtungen umfasst: Ganztagsschule mit zum Teil Berufsvor- bereitungskursen, Berufsausbildung und höhere Mittelschule sowie die Gymnasien als Vorbereitung auf die Hochschule. Der obligatorischen Schulzeit schließt sich die Sekundarstufe II mit ihrer allgemeinen ganztägigen Ausbildung oder bereits eine Berufsausbildung mit Teilzeit- oder Ganztagskursen an. Es gibt eine große Anzahl von Privatschulen. Die bekanntesten von ihnen werden auch von wohlhabenden Ausländern für die Erziehung und Bildung ihrer Kinder genutzt. Auf die Sekundarstufe II folgt die sogenannte Tertiäre Stufe, die auch als höhere Berufsausbildung angesehen wird. An 27 Höheren Technischen Lehranstalten findet die Ausbildung von Ingenieuren statt, die der Betriebsökonomen an den Höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschulen. Darüber hinaus gibt es Schulen im sozialen Ausbildungsbereich. In der Schweiz gibt es 8 Universitäten: Basel (1460), Genf (1559), Zürich (1833), Bern (1834), Freiburg (1889), Lausanne (1890), St. Gallen (1899), Neuenburg (1909) und 2 Eidgenössische Technische Hochschulen: Lausanne (1853), Zürich (1854). Seit vielen Jahrzehnten besitzt die schweizerische Forschung Weltgeltung. Die Grundlagenforschung wird vor allem an den Universitäten betrieben, die angewandte Forschung hauptsächlich von der Industrie. Zur Förderung der Forschung wurde 1952 ein Nationalfonds geschaffen, der vor allem aus staatlichen Mitteln gespeist wird. Groß ist das Interesse an internationalen Programmen. So beteiligt sich die Schweiz an den EUREKA-Konferenzen von 17 westeuropäischen Staaten, und sie ist das 1. EFTA-Land, das 1986 mit der EG ein Rahmenabkommen über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit abgeschlossen hat. VI. KULTUR UND KUNST Streng genommen existiert keine eigentliche Schweizer Kultur, sondern es gibt mehrere Kulturen. Entsprechend den jeweiligen Sprachräumen gibt es z. B. eine deutschschweizerische, französischschweizerische und eine italienischschweizerische Literatur. Als vierte kommt die rätoromanische hinzu, die jedoch nur regionale Bedeutung besitzt. Zum kulturellen Erbe gehören die Volksmusik, das Volkstheater, die Feste und Trachten. Mehrere Vereinigungen wie die „Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde“, die Stiftung „Pro Helvetia“ und die „Schweizerische Trachtenvereinigung“ setzen sich für die Bewahrung des Brauchtums ein. In der Schweiz sind über 600 Museen registriert. Das ist eine beträchtliche Anzahl, gemessen an der territorialen Größe des Landes. Die meisten Museen tragen Gemeinde- und Kantonscharakter und sind für die Pflege des kulturellen Erbes von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Die großen Museen sind zumeist kommunale Einrichtungen. Mit allein über 20 Museen ist Zürich das Zentrum. Hervorzuheben ist das dortige Schweizerische Landesmuseum. Seine Ausstellungsstücke widerspiegeln die kulturelle Vielfalt in ihrer historischen Entwicklung von der Altsteinzeit bis zum 20. Jh. Das 1898 eröffnete Museum ist im Besitz der Eidgenossenschaft. Bedeutende Kunstwerke sind im Besitz von Privatsammlungen. Die thematische Breite des Kunsthauses Zürich wiederum reicht von den Alten Meistern (niederländischer und italienischer Barock) über Schweizer Künstler (Böcklin, Hodler, Vallaton, Amiet u. a.) bis zur internationalen Moderne seit dem Impressionismus (u. a. Monet, Kokoschka, Picasso, Chagall). Bedeutende Kunstmuseen befinden sich auch in Basel, Genf und Bern. So besitzt das Basler Kunstmuseum die größte Sammlung der Schweiz mit Werken Alter Meister (Familie Holbein, Dürer, Witz u. a.) und auch der Modernen (Cesanne, Picasso u. a.). In Genf ist die moderne Kunst im Museen Rath ein Begriff, während das Berner Kunstmuseum das Schaffen vor allem europäischer Maler und Bildhauer ausstellt. Dort ist auch die größte Paul-Klee-Sammlung der Welt zu bewundern. Bedeutende Kunstwerke sind im Besitz von Privatsammlungen. Eine der berühmtesten ist die von Oskar Reinhard in Winterthur. Sie umfasst Werke französischer und niederländischer Meister: Chardin, Daumier, Gauguin, Renoir, Van Gogh, Bruegel, Rembrandt, Rubens u. a. Das Theater in der Schweiz schöpft ebenfalls aus vielen kulturhistorischen Quellen. In der deutschsprachigen Schweiz reicht die Tradition bis in das Mittelalter und im französischsprachigen Landesteil bis in das 18. Jh. zurück. In St. Gallen fanden bereits im 10. Jh. Osterspiele statt — eine Frühform der Passionsspiele. Vor allem das Volkstheater gewann sehr früh an Bedeutung. Die Theater in der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz sind im 18. Jh. durch Laienspielgruppen ergänzt worden. Die Französische Revolution von 1789 trug auch in vielen Schweizer Städten zur Entwicklung des bürgerlichen Theaters bei. Zum wichtigsten Zentrum des deutschsprachigen Theaters entwickelte sich Zürich. Themen aus der Geschichte des Landes stehen häufig im Mittelpunkt der Volkstheater. So wurde 1912 „Wilhelm Teil“ nach dem Schillerschen Drama in Interlaken erstmals aufgeführt und seither — nur unterbrochen durch die beiden Weltkriege — als „Nationalstück“ der Schweizer alljährlich von Einwohnern dieses Ortes dargeboten. Heute sind in Basel, Bern, Zürich und Genf die bedeutendsten Schauspielstätten des Landes. Internationales Ansehen bekamen die deutschsprachigen Bühnen in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als viele deutsche Autoren, Schauspieler und Theaterschaffende in die Schweiz emigrieren mussten. Nicht unerwähnt seien die vielen Klein- und Experimentierbühnen, von denen nach dem Zweiten Weltkrieg viele auch in der französischen Schweiz entstanden sind. Ihre Darsteller sind häufig Laienkünstler; auch diese Bühnen bereichern das Theaterleben des Landes erheblich.