MOVIEBETA drückt die VHS-Bank #23 (Ausgabe Februar 2012) SHAKESPEARES „DUNKLE DAME“ IM RAHMEN DES STUDIUM GENERALE von Anna Pia Jordan-Bertinelli Über Shakespeares Leben gibt es mindestes so viele Kontroversen wie über 9/11 und die Existenz von Atlantis zusammen. Scharen von Wissenschaftlern, Hobbydichtern und geldgierigen Filmproduzenten stellen seit gut vier Dekaden die unterschiedlichsten esen über Leben und Werk des großen Dichter auf, lesen seine Sonette als wären es Tagebucheinträge (nicht der schlechteste Ansatz) oder drehen reißerische Filme, die Shakespeares Werke dem Earl of Oxford zuschreiben (ein eher fragwürdiger Ansatz). Meist erliegen aufgekeimte Thesen schon im Ansatz dem Mangel an Beweisen, daher warf ich auf die Ankündigung zum vhs-Vortrag „Shakespeares geheime Geliebte - die wahre Geschichte“ zuerst ein eher kritisches Auge. Ich konnte nicht wirklich glauben, dass jemand das „echte“, menschliche Pendant zur aus den Sonetten bekannten „Dark Lady“ gefunden haben könnte. Doch in dieser Hinsicht wurde ich aufs freudigste enttäuscht: Frau Prof. Dr. Hammerschmidt-Hummel präsentiert ihre ausgesprochen gut recherchierte Theorie, die unter anderem auf dem Urteil eines bka-Gesichtsidentifizierungsexperten beruht (das macht schon Eindruck, oder?). Herzstück ihrer Theorie ist das Gemälde „The Persian Lady“, welches Hammerschmidt-Hummel zufällig ins Auge fiel, als sie nach Beweisen für die Echtheit existierender Shakespeare-Portraits suchte. Auf dem Gemälde zu sehen: Eine hochschwangere Dame, ein weinender Hirsch (bekannt berühmt aus Shakespeares „As you like it“) und in der Ecke: ein anonymes Sonett, welches sich nach Wortschatzanalyse vom Experten als „echter Shakespeare“ entpuppte. Die Dame auf dem Bild wurde als Elizabeth Vernon, Hofdame von Queen Elizabeth I, identifiziert. Sie war verheiratet mit Shakespeares Freund und Förderer, dem 3. Earl of Southamtpton. Seltsam nur, dass sie diesen erst auffällig kurz vor der Hochzeit kennenlernte, mit Shakespeare aber, laut überliefertem Hofklatsch, ein Verhältnis hatte. Vor allem auf Grund des Sonettes am Bildrand, in dem der Dichter „den Verlust der Früchte seiner Liebe“ beklagte, kombiniert Frau Hammerschmidt-Hummel, dass die geheimnisvolle Elizabeth gar nicht von Southampton, sondern – oha! - von Shakespeare schwanger war. Jedenfalls hat das spätere Portrait von Vernons erstgeborener Tochter Penelope - hier kommt der bka- Experte ins Spiel - tatsächlich verblüffende Ähnlichkeit mit dem großen Dichter. Natürlich reichen diese Beweise allein nicht für eine hieb- und stichfeste These, doch würde ich alle Details auflisten, die Frau Hammerschmidt-Hummel in den über 2 Stunden Vortrag auflistete, wäre das hier kein Artikel, sondern ein Buch, und das hat Hildegard HammerschmidtHummel schon selbst geschrieben (und ein Theaterstück noch dazu). Hätte ich die Wahl, würde ich aber aber eher einen ihrer Vorträge besuchen, denn dort plaudert die Professorin auch nach Ende des Vortrags noch ein bisschen mit der Audienz, beantwortet Fragen und erzählt lustige Anekdoten aus dem 16. Und 21. Jahrhundert. Ps: Nebeneffekt dieser sowieso schon bahnbrechenden Erkenntnis ist, dass Penelope den Grafen Spencer heiratete, der wiederum ein Urahn unser aller Lady Di ist. Ergo: Die englischen Königskinder William und Harry haben nicht nur blaues, sondern auch echtes Dichterblut in sich. Wir können uns also darauf einrichten, dass es unter King William ein Revival der „Elizabethan era“ mit allem Pipapo geben wird - falls die Engländer ihre Monarchie noch so lange behalten. (Api)