INTERVIEW aktuell Über die Liebe – Ein Gespräch unter Männern Liedermacher Konstantin Wecker meets Zen-Meister Bernie Glassman © Christa Spannbauer Die beiden Männer verbindet viel: ihre nicht nachlassende und geradezu ungebändigte Kraft, sich für soziale und gesellschaftspolitische Projekte zu engagieren, eine durch Krisen gereifte Lebenserfahrung sowie die Erkenntnis, dass wir einzig durch liebevolles Handeln und tätiges Mitgefühl die Welt verändern können. Kein einfacher Weg, wie der 72-jährige Zen-Meister und der 63-jährige Liedermacher in ihrem Gespräch mit Christa Spannbauer bekennen. 20 BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 Konstantin Wecker: Was ich an dir, Bernie, so großartig finde und was mich von Anfang an beeindruckte, ist, dass du mir nie das Gefühl gibst, dass du der bessere oder der weisere Mensch bist. Ich kenne viele Menschen auf dem spirituellen Weg, die den Eindruck erwecken, sie hätten den einzigen Weg zur Glückseligkeit gefunden, und die irgendwo schon auch glauben, dass sie die besseren Menschen sind, weil sie INTERVIEW aktuell „Es gibt kaum ein Wort, das so missbraucht © Sven Schramm wurde wie die Liebe.“ meditieren. Viele spirituelle Traditionen betonen ja, dass du auf deinem Weg gar nicht weiterkommen kannst ohne die Berührung und Unterweisung eines Meisters. Und ich selbst glaube schon auch, dass es spirituelle Meister braucht, um an ihnen zu sehen, was uns als Mensch möglich ist. Wenn es sie nicht gäbe, gäbe es auch keinen Antrieb, auf dem spirituellen Weg weiterzugehen. Mich persönlich interessiert jedoch nur ein Liebender als Meister, einer, dem das Mitgefühl förmlich aus allen Poren quillt. Von einem spirituellen Lehrer, bei dem das nicht der Fall ist, würde ich mir vielleicht eine Meditationstechnik erklären lassen, doch sicherlich würde ich mich ihm weder anvertrauen noch ihn als Meister akzeptieren. Dafür habe ich einfach schon zu viele großartige Menschen in meinem Leben kennengelernt, die von Mitgefühl und großer Liebe erfüllt waren, ohne dass sie einen spirituellen Weg gegangen waren. Die sind mir weit mehr Meister als einer, der mir eine gute Meditationstechnik beibringen kann. Bernie Glassman: In den ersten Jahren meiner Zen-Praxis war auch ich ein ziemlicher Hardliner. Im japanischen Zen gibt es den Kyosaku (Stock), den ich anfangs sehr viel benutzte, um die Leute damit zum Erwachen anzutreiben. Ich schrie die Leute an und schlug sie damit, bis sie wirklich Angst vor mir bekamen. Heute vergleiche ich diese Art von Zen mit chemischer Landwirtschaft. Man zwingt die Natur dazu, Konstantin Wecker schneller zu wachsen, doch mit Mitteln, die sie schädigen. Was mich wirklich von innen heraus verändert hat, ist das tiefe Gefühl der Liebe, das ich in den vergangenen Jahren bei meinen Auschwitz-Retreats erfahren durfte. Bei meinen ersten Retreats fühlte ich wie alle Menschen, die dorthin kommen, großen Schmerz und sehr viel Wut. Doch mit jedem weiteren Retreat veränderten sich diese Gefühle. Auschwitz ist mein großer Lehrmeister. Dieser Ort lehrte mich Liebe. Als ich im vergangenen Jahr von Auschwitz nach Berlin kam und wir beide uns erstmals trafen, sprachen wir sehr viel über die Liebe. Früher war ich beileibe kein Mensch, der über die Liebe gesprochen hätte. Doch durch die Veränderungen, die in meinem Leben stattgefunden haben, ist es mir zwischenzeitlich wichtig geworden. unserer Gesellschaft wird die Liebe wie ein Besitz gehandelt, als etwas, das wir haben wollen, an dem wir festhalten und das wir keinesfalls verlieren möchten. Liebe ist aber immer schon da. Wir können sie weder bekommen noch verlieren. Und „niemand kann die Liebe binden“, wie ich in einem meiner Lieder geschrieben habe. Ich weiß nicht, wie es dir geht, ich aber habe das Gefühl, dass wir Männer uns in dieser Gesellschaft weit schwerer tun mit dem Lieben als die Frauen. Wir sind sehr gut im Geliebtwerden. Und das verwechseln wir dann oft mit Liebe. Wir glauben, bei der Liebe ginge es vor allem darum, geliebt zu werden. Ich selbst habe lange gebraucht zu verstehen, dass Liebe ein aktives Geschehen ist. Und ich glaube, dass wir Männer in Bezug auf das Lieben noch einiges lernen müssen und einen großen Nachholbedarf haben. K. W.: Als ich vor einiger Zeit ein Tourneeprogramm über die Liebe zusammenstellte, wurde mir bewusst, dass etwa 80 Prozent meiner 600 Lieder von der Liebe handeln. Das wusste ich bis dahin gar nicht. Ich sprach bis dahin auch nicht öffentlich über die Liebe. Doch seit einem Jahr ist es plötzlich das bestimmende Thema für mich. Dabei gibt es kaum ein Wort, das so missbraucht wurde wie die Liebe. Hollywoodfilme, Popsongs und Schlager haben sich ihrer bemächtigt und zeigen eine dramatisch eingeschränkte Vorstellung von der Liebe auf. Es gibt doch aber ganz andere Dimensionen der Liebe. In B. G.: Das trifft ganz bestimmt auch auf mein Leben zu. Ich hatte einen Vater, der keine Liebe zeigen konnte. Meine Mutter war ein liebevoller Mensch, doch sie starb, als ich acht Jahre alt war. Ich hatte also kein Vorbild für Liebe. Als meine zweite Frau vor einigen Jahren starb, erlebte ich dies als einen schweren Verlust, der zugleich einen grundlegenden Transformationsprozess einleitete. Erstmals verstand und erlebte ich, was Liebe wirklich ist. Doch das alles geschah, als ich bereits 60 Jahre alt war. Die Prägungen meiner Kindheit haben also sehr lange nachgewirkt. Ich stimme dir daher völlig zu: Die meisten Männer BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 21 INTERVIEW aktuell finden nur schwer Zugang zur Liebe. Und es ist immer noch schwierig für Männer, Liebe zu zeigen. Wo ich aufgewachsen bin, galt das als ein Zeichen von Schwäche. Das führt zu einem schmerzlichen Mangel im Leben vieler Männer. Auch ich litt lange darunter. en. Sie konnten dadurch das hörbar machen, was mit Worten eigentlich nicht auszudrücken ist. Jedes gute Gedicht ist letztlich ein Liebesgedicht. Die großen Dichter wissen, dass es die Liebe ist, die die Welt im Innersten zusammenhält. Würdest du sagen, Bernie, dass die sozialen Projekte, die du gegründet hast, auf Liebe basieren? © Sven Schramm K. W.: Ich musste mir das Wort „Liebe“ erst mal „entkitschen“, um es wieder verwenden zu können. Das war ein langer Prozess. Gerade die Dichter sind ja dazu aufgerufen, sich die Worte wieder zurückzuerobern. Und dafür muss man sich erst einmal von ihnen befreien. Worte sind Symbole. Dieser Aussage hätte ich zwar schon im Alter von 20 Jahren zugestimmt, doch sie hätte für mich innerlich eine ganz andere Bedeutung gehabt. So geht es mir mit vielen Begriffen. Sie verändern sich unablässig. Ich habe auch den Tod schon sehr früh thematisiert, er kommt in vielen meiner Lieder vor. Oft handeln sie davon, sich dem Tod entgegenzustellen und sich ihm zu widersetzen. Seit einigen Jahren spüre ich nun, dass der Tod für mich weit mehr ist als ein gedanklicher Prozess und dass es nichts gibt, was wir ihm entgegensetzen könnten. Die Bedeutung des Wortes Tod ist bei und vor allem in mir angekommen. Sicherlich hat das auch mit dem Tod meiner Eltern zu tun. Ich bin plötzlich nicht mehr nur theoretisch sterblich, sondern habe begriffen, dass ich wirklich sterblich bin. Spätestens in meinem Alter sollte man auch dahin kommen, dies zu kapieren. So geht es mir mit vielen Dingen und so ging es mir auch mit Gott. Es brauchte lange und schwere Auseinandersetzungen mit Gott, doch schließlich gelang es mir, ihn von all dem Ballast zu befreien, den das Wort „Gott“ mit sich herumträgt. Ich habe Gott entdinglicht und entmenschlicht. Ich erkannte, dass Gott dieser unfassbare Bereich des Ganz-Anderen ist. Das ist es, was ich unter Mystik verstehe. Alles das, was wir mit unserem Denken nicht begreifen und mit Worten nicht ausdrücken können. Und das ist ungeheuer groß. Dieses Namenlose ist es auch, was Melodien und Gedichte schenkt. Die großen Dichter haben es geschafft, allein durch die Zusammenstellung der Worte diese von ihrer üblichen Bedeutung zu befrei- 22 BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 B. G.: Ganz sicher. Meiner Erfahrung nach bringt sozial engagiertes Handeln die Liebe in uns hervor. Es geht für mich immer um Menschlichkeit. Die Essenz des Buddhismus ist es, die Einheit des Lebens zu erfahren. Und wir erfahren diese am eindrücklichsten, indem wir anderen dienen. „Du kannst die Tiefe der Erleuchtung eines Menschen daran erkennen, wie er anderen Menschen dient“, sagte Kobo Daishi, der Begründer des Shingon-Buddhismus. Wenn du dich um einen anderen Menschen kümmerst, dann ist dies Ausdruck von Liebe. Die Praxis des sozial engagierten Buddhismus, so wie ich sie vermittle, ist das Handeln aus der nicht dualistischen Erfahrung. Das unterscheidet sich grundlegend von landläufigen Vorstellungen des Helfens. Denn es beruht auf den drei Grundlagen der Zen-Peacemaker vom Nichtwissen, Zeugnisablegen und liebevollen Handeln. Wir gehen in jede Situation nicht wissend und mit völliger Offenheit hinein, wir hören sehr genau auf die Menschen, denen wir dienen wollen, und legen Zeugnis ab von dem, was sie fühlen und was sie brauchen. Wenn wir aus einer nicht dualistischen Sichtweise heraus handeln, dann kümmern wir uns nicht nur um die anderen, sondern sorgen zugleich auch für den Teil in uns, der hungrig ist, sich verletzt und ungeliebt fühlt. Wir dienen also immer auch uns selbst, indem wir anderen dienen. Dies öffnet uns für die Erfahrung der wechselseitigen Verbundenheit des Lebens. Wir strecken bewusst die Hand nach dem anderen aus, wissend, dass es ei- INTERVIEW aktuell „Die meisten Männer finden nur schwer Zugang zur Liebe. Und es ist immer noch schwierig für Männer, Liebe zu zeigen.“ © Christa Spannbauer Bernie Glassman nen anderen gar nicht gibt, da wir alle eins sind. Doch viele Menschen erleben sich als getrennt von den anderen. Das Dienen wird für sie zu einer Erfahrung der Verbundenheit. Meine erste entscheidende Veränderung begann mit meinen Straßen-Retreats. Wenn wir für eine Woche auf die Straße gingen, dann hatten wir nichts bei uns, kein Geld, keine Nahrung, nur die Kleidung, die wir am Leibe trugen. Wir waren obdachlos. Und so wurden wir auch von den Menschen behandelt, die entweder wegblickten oder uns mit Abscheu anschauten. Ich musste feststellen, dass selbst die Helfer in den Suppenküchen mitleidig auf uns herabblickten. Damals entschloss ich mich, meine eigene Arbeit mit Obdachlosen anders zu gestalten – ohne Trennung und frei von Überlegenheit. Um sich wirklich effektiv engagieren zu können, muss man erst herausfinden, was Sache ist. Das ist die Zen-Basis unseres sozialen Engagements: Nichtwissen und Zeugnis ablegen, von dem, was wir vorfinden. Wir haben eine Suppenküche eröffnet, die wir jedoch bewusst nicht Suppenküche nennen, sondern einfach nur Café. Jeder, der hereinkommt, wird bedient und wir servieren gutes Essen an gedeckten Tischen. Wenn du das Café betrittst, kannst du erst mal nicht unterscheiden, wer arm und wer reich ist, wer obdachlos ist und wer nicht. In das Café können Menschen aller Gesellschaftsschichten kommen. Diejenigen, die Geld haben, bezahlen für das Essen und diejenigen, die keines haben, kriegen es umsonst. Das Ausschlaggebende dabei ist, dass keiner sich als Mensch zweiter Klasse fühlt. Unser Motto lautet: Dienen mit Würde, dienen mit Liebe. Das ist eine Arbeit, die von Liebe getragen ist und in der sich Liebe gleichsam auf natürliche Weise entwickelt. Hinweis: Erstmals trafen sich die beiden Männer im vergangenen Jahr zu einer gemeinsamen Veranstaltung in Berlin. Aus der Begegnung erwuchs ihnen nicht nur eine tiefe Sympathie füreinander. Es entstand auch die Idee zu einem gemeinsamen Buch, das im August beim Kösel Verlag mit dem Titel „Es geht ums Tun und nicht ums Siegen“ erscheinen wird und für das sie sich vor Kurzem zu gemeinsamen Gesprächen mit der Herausgeberin Christa Spannbauer in München trafen (www.christa-spannbauer.de). Bernie Glassman wird auf dem Buddhistischen Kongress in Mainz vom 11.-13. Juni zu diesem Thema einen Vortrag halten. Infos unter: www.buddhismus-und-ethik.de K. W.: Was für eine großartige Idee – ein gemeinnütziges Café, in dem einfach alle Menschen ohne Unterschied beieinandersitzen! Darüber müssen wir beide noch genauer reden, denn das sollte man unbedingt mit engagierten Leuten auch hier in München in die Tat umsetzen. Das ist ein wunderbares Beispiel für tätiges Mitgefühl. Für mich persönlich sind Liebe und Mitgefühl weit wichtiger als die sogenannte Erleuchtung. Ich weiß sowieso nicht, was Erleuchtung letztlich ist und deshalb bemühe ich mich auch nicht darum. Was ich mir jedoch wünsche, ist, eines Tages zu einem wahrhaft Liebenden zu werden. Konstantin Wecker, geboren in München, ist ein erfolgreicher deutscher Musiker, Liedermacher, Komponist, Schauspieler und Autor. Er war stets gesellschaftspolitisch engagiert, ob in der Friedensbewegung oder gegen den Rechtsextremismus, gehörte jedoch nie einer Partei an. Weitere Infos unter: www.wecker.de Bernie Glassman Roshi ist Dharma-Nachfolger von Taizan Maezumi Roshi. Er gründete die Zen Community of New York und wurde als einer der Gründer des sozial engagierten Buddhismus bekannt. Weitere Infos unter: www.peacemakers.org BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 23 INTERVIEW aktuell Weibliche Spiritualität fördern © www.buddhachannel.tv | Gabriela Frey Neues Frauen-Netzwerk für Europa Gabriela Frey vertritt die Interessen von Frauen in der Deutschen Buddhistischen Union und der Europäischen Buddhistischen Union. Gemeinsam mit Gleichgesinnten hat sie jetzt ein FrauenNetzwerk für Europa gegründet. Bettina Geitner sprach mit ihr. Gabriela Frey mit Nonnen Buddhismus aktuell: Wozu dient das neue Frauen-Netzwerk im Internet? Gabriela Frey: Unsere Lehrer betonen, dass in jedem Wesen die „Buddhanatur“ bereits vollkommen vorhanden ist. Doch 1996 sah ich in Indien die Diskrepanz zwischen dem, was gelehrt wurde, und der tatsächlichen Lebenssituation der Nonnen. Ihre Notlage hat mich tief berührt, und zurück in Deutschland wollte ich mithelfen, das Gleichgewicht zwischen Mönchen und Männern einerseits sowie Nonnen und Frauen andererseits wiederherzustellen. Da dies alleine zu schwierig geworden wäre, habe ich mich der Frauenorganisation Sakyadhita International angeschlossen und Sakyadhita France gegründet. Damit erreichen wir viele Menschen in unterschiedlichen Spra- 24 BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 chen und können mehr Spenden sammeln. Für Europa war noch ein zusätzliches Netzwerk mit europäischen Schwerpunkten nötig. So entstand mit großer Hilfe von Gabriele Kuestermann das Frauen-Netzwerk www.buddhistwoman.eu. Welche Zielgruppe wollt ihr ansprechen? Wir richten uns an alle Frauen und Männer, Buddhisten und Nichtbuddhisten. Was wir nicht sind, ist ein Club für frustrierte Frauen. Die Hälfte der Gründungsmitglieder von Sakyadhita France waren Männer, die begriffen haben, wie wichtig es ist, das weibliche Potenzial zu unterstützen. Das Sprichwort sagt: „Bildung für Frauen fördert die Bildung der gesamten Familie.“ Wenn Frauen unzureichender Zugang zu Bildung gewährt wird, wirkt sich das auf ihre Kinder aus und dadurch auf Familie und Gesellschaft. Wieso setzt du dich ausgerechnet für Frauen ein? Ich habe selbst erfahren, dass es wichtig ist, in der Bildung unterstützt zu werden. Leider konnte ich nicht studieren und weiß deshalb wie nötig es ist, in einem Umfeld zu leben, in dem jeder Zugang zu Bildung hat. Ich vertrete keinen feministischen Ansatz, sondern möchte darauf aufmerksam machen, was der Buddha gelehrt hat. Mein starker Wunsch nach Gerechtigkeit treibt mich an, so vielen Menschen wie möglich das Ungleichgewicht im Zugang zur Bildung von Frauen und Männern bewusst zu machen. Manche patriarchalische INTERVIEW aktuell „Wir Frauen sollten uns nicht als Konkurrenz sehen, sondern solidarisch handeln.“ Strukturen innerhalb des Buddhismus sind kulturell bedingt leider frauenfeindlich. Das widerspricht der Buddhalehre. Nenn bitte ein konkretes Beispiel für das Ungleichgewicht zwischen Nonnen und Mönchen. In der tibetischen Sakya-Tradition, in der ich praktiziere, besitzen die Mönche Klöster und ein College, wohingegen die Nonnen anfangs nur in einem Haus lebten. Ihr Speisesaal war zugleich Tempel und Aufenthaltsraum, die Klassenzimmer waren Schlafsäle. Sie wurden notdürftig ausgebildet. Um dies zu ändern fehlte es nicht an gutem Willen, aber an Geld. Wir bildeten deshalb ein weltweites Netzwerk und sammelten rund 300 000 Euro. Damit unterstützten wir den Bau des weltweit ersten Sakya-Tempels für Nonnen im Exil. Als ihn S. H. Sayka-Trizin einweihte, waren die Menschen auf ihre Nonnen sehr stolz. Ich brachte auch eine Delegation des Europäischen Parlaments dorthin, die Computer spendeten. An Losar (tibetisch: Neujahr) sitzen die Nonnen jetzt nicht mehr wie früher unten am Tempel an der Treppe neben dem Schuhregal, sondern oben in einer Reihe mit den Mönchen. Wir halfen auch 2009 bei der Gründung eines Instituts für die höhere Bildung von Nonnen. Wie sieht die Situation für Frauen in anderen Traditionen aus? Die weltbekannte Nonne Jetsünma Tenzin Palmo baute in Indien ebenfalls ein Nonnenkloster, um die Tongdenma-Tradition zu erhalten, und Carola Roloff (Ven. Jampa Tsedroen) hat viel für das Nonnenkloster ihrer Gelupga-Tradition in Südindien erreicht. Sie organisierte 2007 den Hamburger Nonnenkongress mit dem Dalai Lama, in dem es um die Rolle der Frauen in der Sangha und die Nonnenordination ging (www.congress-on-buddhist-women.org). Dieser war bahnbrechend und erreichte das öffentliche Bewusstsein weltweit. Die Arbeit des Committee of Western Bhikshunis, dem Carola Roloff vorsteht, half dabei, dass im Department for religious affaires in Dharamsala ein Umdenken begonnen hat. Aber wenn Jahrhunderte hindurch die halbe Menschheit vernachlässigt wird, kann das nicht in ein paar Jahren aufgeholt werden. Gibt es aus deiner Sicht einen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Dharma-Lehrerinnen? Frauen haben eine wesentlich pragmatischere und effizientere Art, den Dharma zu lehren. Pema Chödrön und Tenzin Palmo geben Menschen sehr lebensnahe Tipps wie man die Lehre im täglichen Leben umsetzt. Aber natürlich gibt es auch gute Lehrer wie S. H. den Dalai Lama oder S. H. Sakya Trizin. Wichtig ist, die eigene spirituelle Erfahrung anderen so zu vermitteln, dass sie sie nachvollziehen können und selbst erlangen möchten. Wer ist eine besonders wichtige Lehrerin für dich? Jetsünma Tenzin Palmo und I. E. Sakya Jetsün Chimey Luding (die Schwester von S. H. Sakya-Trizin). Diese Lehrerinnen lehren und berühren mich durch ihre große Erfahrung und ihr Sein. Als Schirmherrin wacht Sakya Jetsün Chimey Luding gemeinsam mit S. H. Sakya Trizin über das Frankfurter Zentrum Sakya Kalden Ling. Sie ist eine der wenigen Frauen, die eine Ausbildung erhielt, um große Einweihungen (Kalachakra oder den Lamdre) geben zu dürfen. Wie können wir deine Arbeit unterstützen? Mit Beiträgen und Spenden an das Frauen-Netwerk buddhistwomen.eu, an die DBU oder mit praktischer Hilfe. Jeder, der auf buddhistwomen.eu ein Projekt entdeckt hat, das er unterstützen möchte, kann mir eine E-Mail senden. Wer an unserem Projekt Arche Noah aktiv mitarbeiten möchte, kann uns qualifizierte Texte über den weiblichen Buddhismus zur Veröffentlichung auf unserem Internetportal buddhistwomen.eu zuschicken. Wir brauchen Tipps und Unterstützung beim Schreiben der Biografien buddhistischer Lehrerinnen und vor allem beim Übersetzen. Was ist deine Vision für das europäische Frauen-Netzwerk buddhistwomen.eu? Frauen und Männer haben ein Recht auf gleiche Entwicklungsmöglichkeiten. Wir Frauen sollten uns nicht als Konkurrenz sehen, sondern solidarisch handeln. In Europa denken Frauen oft, dass wir ein befriedigendes Maß an Gleichberechtigung erlangt haben. Angesichts der Zahl von jährlich 1 500 Todesfällen häuslicher Gewalt allein in Europa bleibt jedoch aus meiner Sicht noch sehr viel zu tun. Gabriela Frey praktiziert in der tibetischen Sakya-Tradition. Sie repräsentiert die Europäische Buddhistische Union (EBU) im Europarat und ist Präsidentin von Sakhyadita-France. Infos: www.buddhistwomen.eu Gabriela Frey, Telefon 0033 609 77 29 85 E-Mail: [email protected] Dies ist eine Informationsplattform, um Interessenten in Europa Nachrichten und Informationen zum Thema „Frauen und Buddhismus“ zu vermitteln. Bettina Geitner hat Politikwissenschaften studiert und lebt in München. Sie praktiziert in der Theravada-Tradition nach Ayya Khema. BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 25 ZEN-BUDDHISMUS Thay Phap An Das intime Zwiegespräch mit uns selbst ist die Basis für die Kommunikation mit dem anderen. Denn wie können wir einen anderen Menschen verstehen, wenn wir uns selbst nicht verstehen und keine gute Kommunikation mit uns selbst pflegen? © Christiane Hackethal Liebe und Verstehen sprechen lassen I n der buddhistischen Praxis gibt es die Übung der Erdberührungen. Sie ist eine Form tiefer Kommunikation, ähnlich wie ein Gebet ein intimes Gespräch mit Gott ist. Dabei kommen wir tief in Berührung mit uns selbst. Wir kontemplieren den Buddha auf dem Altar, bevor wir die Erde berühren. Das äußere Bild des Buddhas reflektiert das Bild des Buddhas in unserem Inneren. Wenn wir uns vor dem äußeren Buddha verneigen, verneigen wir uns auch vor dem Buddha in uns. Es gibt eine Gatha1, die uns in diesem Prozess der Kommunikation mit uns selbst unterstützt. Bevor wir die Erde berühren, sagen wir im Geiste: 26 BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 Derjenige, der sich verneigt, und derjenige, der die Verneigung empfängt, sind von ihrer Natur her leer. Deshalb kann eine tiefe Kommunikation stattfinden. Wir sind leer von einem getrennten Selbst und auch der Buddha ist leer von einem getrennten Selbst. Weil beide leer von einem getrennten Selbst sind, ist Kommunikation möglich. Trang Tu, ein chinesischer Philosoph, hat denselben Gedanken anders ausgedrückt; er sagt: „Wenn jemand mit uns übereinstimmt, dann lernen wir nichts Neues, denn er stimmt ja nur zu. Wenn jemand überhaupt nicht mit uns übereinstimmt, dann ist auch keine Kommunikation möglich, denn dann nimmt er/sie eine Position ein und wir nehmen eine andere Position ein und jede/r verteidigt seine Position – deshalb können wir auch in diesem Fall nichts voneinander lernen. Wir können nur voneinander lernen, wenn wir gar keine Position haben. Das ist die Leerheit von einem getrennten, identifizierbaren Selbst.“ Normalerweise identifizieren wir uns mit unseren Emotionen und Ansichten. Wir halten diese für unser ZEN-BUDDHISMUS Selbst. Wir sind nicht fähig, mit dem anderen zu kommunizieren, dem anderen zuzuhören, wenn wir tief in unseren eigenen Gefühlen gefangen sind. Kommunizieren bedeutet, von einem gemeinsamen Grund her zu sprechen (die lateinische Vorsilbe „com“ bedeutet „zusammen“). Wir müssen zusammenkommen. Die meiste Zeit aber kommunizieren wir nicht: Wir kommen nicht zusammen, sondern erwarten, dass die anderen unsere Bedürfnisse erfüllen, dass sie unseren Gefühlen und Emotionen entsprechen, dass sie mit unseren Ansichten übereinstimmen. © Billy & Hells | www.billyundhells.de Tief schauen: Warum wollen wir reden? In unseren normalen Interaktionen versuchen wir meist, unsere subjektiven Bedürfnisse auszudrücken. Wir sprechen, ohne uns darum zu kümmern, ob der andere dies wirklich braucht oder will. Wir sagen etwas, um ein Bedürfnis zum Ausdruck zu bringen, ohne dabei auf die Bedürfnisse des anderen zu achten. In der buddhistischen Praxis lernen wir, Nähe zu uns selbst zu entwickeln. Wir lernen, unsere Bedürfnisse und die tiefe Motivation in unserem Innersten zu verstehen. In dieser Praxis lernen wir, uns selbst tief zuzuhören ohne zu urteilen, so wie die Bodhisattva Avalokiteshvara2, die die Fähigkeit hat, dem Leiden der Menschen zuzuhören. Diese Bodhisattva ist ebenfalls nicht nur außerhalb von uns, sondern auch in uns. Um liebevoll zuzuhören, konzentrieren wir uns auf unseren Atem und weiten dann unsere Achtsamkeit auf unseren Körper und Geist aus. Das hilft uns, die Signale unseres Körpers und Geistes zu bemerken. Und dann sehen und verstehen wir auch, aus welcher Motivation heraus wir sprechen. Manchmal möchte unser Körper uns etwas sagen, gibt uns Signale, aber wir „In mir ist Raum und ich erlaube dem anderen, in diesem Raum zu sein, ohne zu urteilen oder zu kritisieren.“ sind nicht fähig, sie zu hören und zu verstehen. Dann werden wir immer verwirrter, wir werden wütend und es entsteht ein Kreislauf des Leidens. Das Leiden unseres Körpers irritiert und frustriert unseren Geist. Manchmal kommen unsere Schwierigkeiten von unserem psychischen Leid. Wenn wir unser Leiden nicht verstehen, haben wir oft die Tendenz, anderen die Schuld dafür zu geben. Wenn wir uns z. B. verlassen fühlen, liegt das unter Umständen an Ereignissen in unserer Kindheit, aber wir lasten die Schuld für unsere Einsamkeit unserem Partner an. Wir haben die Tendenz, dieses Leiden in den gegenwärtigen Augenblick zu projizieren. Innehalten: Den offenen Raum in uns berühren Wir müssen uns darin üben, zu unseren Gefühlen und Emotionen, zu uns selbst zurückzukommen. Achtsamkeit ist die Energie, die uns hilft, in jedem Augen- blick unseres Lebens da zu sein. Die Wurzeln unseres Leidens manifestieren sich in jedem Moment unseres Lebens. Mithilfe der Achtsamkeit sind wir fähig, sie zu erkennen. Die Art, wie wir schauen, sprechen, reagieren und unseren Körper bewegen, kommt aus tiefen Schichten unseres Inneren. Ohne Achtsamkeit ist es schwierig, unsere Gewohnheitsenergie zu spüren. Normalerweise reagieren wir sofort, wenn der andere etwas sagt, was uns nicht gefällt, um unsere Gefühle auszudrücken. Stattdessen üben wir uns nun im Innehalten. Wir lernen, einen Moment zu entspannen, bevor wir auf das Gesagte reagieren. Besonders in schwierigen Situationen ist es sehr wichtig, sich ganz auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren, während man dem anderen zuhört, und nicht gleich zu antworten, sondern einen Moment Schweigen zuzulassen. Damit erlaube ich dem, was ich gehört oder gesehen habe, tief in mich einzusinken, ohne zu reagieren. BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 27 ZEN-BUDDHISMUS In mir ist Raum und ich erlaube dem anderen, in diesem Raum zu sein, ohne zu urteilen oder zu kritisieren. Ich lerne dabei, einfach nur tief zuzuhören und ihn/sie zu verstehen. Ich beobachte meine Emotionen und das, was ich sagen möchte, bevor ich spreche. Wenn ich dann spreche, kommen meine Worte aus dem Raum der Liebe, des Verständnisses und der Akzeptanz. Das braucht Übung. Aber solange wir das nicht tun, ist keine Kommunikation möglich und der andere bleibt von uns getrennt. Kommunizieren: den gemeinsamen Grund erkennen Wenn wir diesen leeren Raum in uns zulassen, dann spüren wir zumeist, dass der andere etwas sagt oder ein Gefühl ausdrückt, das in dem Moment von unseren eigenen Gefühlen verschieden ist. Aber dank dieses Raums in uns bemerken wir auch, dass der andere etwas spürt, fühlt und ausdrückt, was wir auch kennen, was wir nach-spüren können, was wir selbst schon empfunden haben. Was ist dieses „Selbe“, das wir gemeinsam haben als Menschen? Wir alle wollen Glück, wir alle wollen nicht leiden. 28 BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 Wir sprechen so, wie wir sprechen, weil wir glücklich sein wollen, ohne zu leiden. Auch der andere spricht aus dem Bedürfnis heraus, glücklich zu sein und nicht leiden zu wollen. Mit diesem gemeinsamen Grund ist plötzlich alles möglich. Es gibt dann immer eine Lösung, einen Kompromiss. Aber wenn wir nicht fähig sind, dieses Bedürfnis und unser Leiden daran zu sehen, in uns wie in anderen, können kein gemeinsamer Grund und auch keine wirkliche Kommunikation entstehen. Liebe und Mitgefühl sind die Basis der wahren Kommunikation. Wir können diesen gemeinsamen Grund durch die Praxis des tiefen Schauens und des Innehaltens erreichen. Und diesen Weg gibt es in jeder spirituellen Tradition. Fragen an den Autor: Wenn eine Beziehung schon zerbrochen ist und wenn der andere schon ein Vorurteil darüber hat, was ich sage oder denke: Was können wir tun, um wieder eine gute Kommunikation herzustellen? Thay Phap An: In uns gibt es eine intuitive Weisheit, es ist die Energie der Liebe. Unsere Hindernisse sind unsere Ge- fühle und Emotionen, sie blockieren unsere intuitive Weisheit. Deshalb kann die Energie der Liebe nicht manifestiert werden. Leben und Liebe entfalten sich von Augenblick zu Augenblick. Wenn wir noch der Vorstellung verhaftet sind, dass sie oder er so und so ist, können wir den anderen Menschen nicht von diesem intuitivem Wissen her umfangen, sondern wir sehen ihn noch durch die Brille unseres Leidens. Wenn wir aber fähig sind, ruhig und friedlich zu bleiben in unseren Interaktionen, auch wenn der andere plötzlich etwas Unfreundliches sagt, dann wissen wir von innen her, ob wir etwas sagen oder besser schweigen sollen. Wir wissen intuitiv, wann und wie wir handeln und sprechen sollen, und es beginnt etwas Neues – auch im anderen entsteht etwas Neues. Wenn du erfolgreich übst, wird der andere eine andere Vorstellung von dir entwickeln. Dadurch ändern wir unsere Beziehungen. Das ist ein lebendiger Prozess. Wenn du also die Situation wirklich ändern willst, musst du dein Leben von Augenblick zu Augenblick bewusst leben. Wenn wir das nicht tun, dann geschieht nichts. In jedem Moment unseres Lebens sind wir Energie. Diese Energie kann in zwei verschiedene Richtungen gehen. Die erste Möglichkeit ist, dass wir sie transformieren, indem wir sie liebevoll umarmen. Die zweite Möglichkeit ist, dass wir diese Energie unseren Gewohnheitsmustern überlassen. Meistens reagieren wir auf die zweite Art. Wenn wir sehr achtsam sind und uns um unsere Energie kümmern, gehen wir in die erste Richtung, die der liebevollen Umarmung. Wenn wir aber ohne Bewusstheit reagieren, bleibt uns nur die zweite Möglichkeit des automatischen Gewohnheitsmusters. Wenn wir fähig sind, in Richtung von Transformation und allumfassender Liebe zu gehen, können wir auch akzeptieren, dass der andere sich nicht än- ZEN-BUDDHISMUS dert. In der Vergangenheit hat er/sie dir Schwierigkeiten bereitet, dich verletzt. Aber wenn du praktizierst, änderst du deine Vorstellung von ihm/ihr. Du fühlst Liebe für ihn/sie. Diese Liebe hat nichts damit zu tun, dass er/sie dein Bedürfnis stillt, sondern sie kommt daher, dass du verstehst, dass er/sie leidet. Er braucht Hilfe, du kannst ihn so annehmen, wie er ist. Wenn du nur oberflächlich hinschaust, reagierst du verletzt. Aber wenn du übst, kannst du tiefer sehen und musst nicht urteilen, sondern kannst ihn annehmen. Diese Energie der Liebe beschützt dich vor allem selbst, mehr noch als die andere Person. Der andere sagt etwas Verletzendes, aber du bleibst trotzdem ruhig und friedlich, dein Mitgefühl transformiert deinen Schmerz. Du bist nicht mehr das Opfer des anderen, du bist nicht in der Situation gefangen, sondern frei. Diese geistige Orientierung müssen wir kultivieren. Es dauert eine Weile, bis wir das wirklich verstehen und annehmen. Aber das Erstaunliche ist, dass du, wenn du die spirituelle Dimension berührst, merkst, dass du total zufrieden und erfüllt bist. Dann merkst du, dass es dein Partner ist, der Hilfe braucht. Du selbst bist innerlich zufrieden. „Wirkliche Kommunikation beruht darauf, dass wir das Leid der anderen Person sehen.“ Und nachdem du dich verändert hast, wird sich auch dein Gegenüber ändern. Denn du reagierst nicht mehr gewohnheitsmäßig und schaffst so weniger Leiden. Aber kümmere dich nicht so sehr darum, ob der andere sich ändert oder nicht. Du kannst vertrauen: In dem Moment, in dem wir den tiefen Frieden in uns berühren, wird auch die Welt um uns herum sich ändern. Ist es nicht auch wichtig, dem anderen unsere Bedürfnisse zu erklären und zu erwarten, dass er versucht, uns zu verstehen? Es gibt viele Modelle und Theorien der Kommunikation. Was ich heute dargestellt habe, ist die Kommunikation, die auf spiritueller Basis beruht. Wirkliche Kommunikation beruht darauf, dass wir das Leid der anderen Person sehen. In der buddhistischen Praxis ist die Befreiung von unserem Leid die grundlegende Praxis. Auf diesem Weg brauchen wir manchmal auch, dass die andere Person uns versteht. Aber wenn du noch einen Schritt weiter gehst und vom anderen erwartest, dass er oder sie ihr Verhalten ändert, dann ist das ein Hindernis. Stattdessen versuchen wir, unser eigenes Verhalten zu transformieren, sodass wir helfen können, die Situation zu ändern. Wenn es dem anderen möglich ist, sein Verhalten zu ändern, dann ist es schön, aber wenn der andere sein Verhalten nicht ändert, weil seine Gewohnheitsenergie so stark ist, dann können wir immer noch im Frieden damit sein – weil wir wissen, wie schwierig es ist, Gewohnheitsenergien zu ändern. Wir selbst haben ja auch Schwierigkeiten, unser Verhalten zu transformieren. Es ist nicht leicht und es braucht Zeit. Wenn unser Partner allerdings seinerseits nicht auch übt, dann wird es sehr schwer für ihn sein, sein Verhalten zu ändern. Quelle: Gekürzte Version eines Vortrags, den der Ehrwürdige Thay Phap An im Rahmen eines Retreats Ende 2010 im Europäischen Institut für Angewandten Buddhismus (EIAB) in Waldbröl gehalten hat. Bearbeitung: Christiane Hackethal Anmerkungen: 1 In der Tradition von Thich Nhat Hanh versteht man unter einer Gatha einen kurzen Vers, der rezitiert wird, um sich in Achtsamkeit auszurichten. 2 Avalokiteshvara ist in Vietnam als Bodhisattva des universellen Mitgefühls vom Geschlecht her weiblich. Thay Phap An ist Direktor und Studienleiter des Europäischen Instituts für Angewandten Buddhismus (EIAB) in Waldbröl bei Köln. Er ist in Vietnam geboren. 1988 schloss er in den USA sein Studium zum Diplom-Chemiker ab und promovierte 1990 in angewandter Mathematik. 1992 wurde er von Thich Nhat Hanh ordiniert. Seit 2008 leitet er zusammen mit Sr. Annabel das von Thich Nhat Hanh und seiner Sangha gegründete EIAB. Weitere Infos: www.eiab.eu. BUDDHISMUS aktuell 2 | 11 29