SEARCHIN’ FOR SOUL Eine Untersuchung über das Sammeln von Schallplatten Diplomarbeit von Martin Kühnel 1 1 SEARCHIN' FOR SOUL Eine Untersuchung über das Sammeln von Schallplatten. Diplomarbeit Martin Kühnel WS 2005/2006 Hochschule für Gestaltung Offenbach a. M. Betreuer Peter Eckart und David Linderman Fachbereich Produktgestaltung 2 2 3 Inhalt Einleitung 1. Sammeln und Seltenes 1.1 Warum gerade Schallplatten? 1.2 Eine kurze Definition der beobachteten Szene Kompilieren 2. Die unendliche Suche nach einer individuellen Musik 2.1 Fazit / “Meine Musik“, Werkzeug für Identitätsgefühl Sortieren und Archivieren 3. Variantenreichtum der Ordnungssysteme 3.1 Das System von Ulrik Riehmer 3.2 Das System von Dr. Sampsa Vilhunen 3.3 Das System von Alan Bangs 3.4 Das System von Martin Kühnel 3.5 Schallplattencoverfamilien 3.5.1 Technicolor Jazz 3.5.2 Blaxploitation Funk 3.5.3 Bollywood Funk 3.6 Fazit / Die gestalterische Freiheit ist charakterbedingt Preis-Seltenheits-Verhältnis 4. Hauptsache extraordinär 4.1 Spekulationsobjekte 4.2 Emotionaler Wert Generationsbedingte Zeitfenster des Interesses 5. Autobiografischer Exkurs durch den musikalischen Konsum 5.1 Wie ein langjähriger musikalischer Fokus entstand 5.2 Chronologisch mitwandernder Fokus 5.3 Jahrgangsbedingte Präferenz für Dekaden-Revivals 5.4 Die Zukunft ist Geschichte 5.5 Echo der Zeiten, Second Hand Hits und Reinkarnations-Acts 5.6 Spiralen der Erinnerung oder Endlosschleifen? 5.7 Fazit / Persönliche Faktoren für die Wahl eines Sammelgebiets Ressourcen 6. Vinyl Hunting Grounds 6.1 Schallplattenläden / Deutschland 6.1.1 Schallplattenläden / International 6.1.2 Schallplattenläden / Anforderungen der Nutzer 6.2 Schallplattenbörsen / Deutschland 6.2.1 Schallplattenbörsen / International 6.3 Andere Quellen / Deutschland 6.3.2 Andere Quellen / International 6.4 Record Mailorder 6.4.2 Record Mailorder / Geschichte & Entwicklung 6.4.3 Record Mailorder / Internet und Online-Mailorder 6.4.4 Record Mailorder / Anforderungen der Nutzer 6.4.5 Record Mailorder / Visuelles Vokabular 6.4.6 Record Mailorder / eBay und andere Plattformen 6.4.7 Record Mailorder / Qualitätsangaben 6.4.8 Ressourcen / Fazit und Ausblick Fazit 7. Die eingangs gestellte Frage nach dem Warum? 7. 1 Ergebnis 4 3 5 Einleitung 1 Sammeln und Seltenes Sammeln ist ein urmenschlicher Instinkt, begründet in der Nahrungsbeschaffung. Der „PET-Flaschen Sammler“, der auf der Suche nach in Bargeld einzutauschenden Pfandflaschen an Bahnhöfen seine Runden macht, schlägt einen Bogen zurück zu dem Ursprung dieser Tätigkeit. Abgesehen davon wird das Sammeln von materiellen Dingen heute hauptsächlich als Hobby betrieben. Gesammelt wird nahezu alles1, und dabei lässt sich für jeden Geldbeutel ein passendes Sammelgebiet finden. In den meisten Fällen beziehen die gesammelten Objekte ihren Reiz daraus, dass sie aus geschichtlich zurückliegenden Zeiten stammen. Es ist das Resultat aus Auswählen, Zusammentragen und Aufbewahren, welches die Objekte mit einem subjektiven Wert auflädt. “Ein Bild ist, als Material betrachtet, zunächst nichts weiter als verdorbene Leinwand, die materiell zu sonst nichts mehr zu brauchen ist. Der Mensch, der Geld dafür opfert, sieht in dieser verdorbenen Leinwand also etwas, was mit dem Materialismus nichts mehr zu tun hat und mit dem Idealismus schon nahe verwandt ist …“ Emil Waldmann (19141945)2 6 4 Michael Reinboth, München 7 1.1 Warum gerade Schallplatten? Aus den unzähligen Bereichen, die man heute für eine materialistische Sammlung wählen kann, liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem Sektor der Schallplattensammler. Sie gibt Einblick in die kleine Welt dieser Kultur mit ihren ganz eigenen Regeln, einem spezifischen Vokabular – sowohl verbal als auch visuell – und den etablierten Umschlagplätzen für das „schwarze Gold“. Da ich selbst seit vielen Jahren Schallplatten sammle, beruht diese Arbeit außer auf der wissenschaftlichen Recherche auch auf empirischen Beobachtungen, welche soweit als möglich anhand von Beispielen belegt werden. Darüber hinaus werden auch autobiografische Passagen benutzt um Zusammenhänge zu verdeutlichen. Diese werden typografisch vom restlichen Text der Arbeit unterschieden. Sämtliche Aspekte der Psychopathologie, die man ebenfalls im Zusammenhang mit der Thematik des Sammelns ausarbeiten könnte, werden grundsätzlich nicht behandelt. Im neumedialen Zeitalter der digitalen Speicher- und Abspielgeräte ergibt sich die Fragestellung, von wem und warum heutzutage noch Vinyltonträger gesammelt werden. Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit beantwortet werden. Das kreative Potenzial des Kompilierens oder der Gestaltung einer Ordnungsstruktur wird thematisiert und anhand von Beispielen aufgezeigt. Ebenfalls anhand von Beispielen werden die kausalen Zusammenhänge beschrieben, die zum Entstehen der teilweise exorbitanten Marktpreise von gebrauchten Schallplatten führen. Darüber hinaus wird anhand von Thesen und Vergleichen verdeutlicht, weshalb Musik aus vergangenen Jahrzehnten keine allgemeingültige und generationsübergreifende Anziehungskraft besitzt. Rational lassen sich diese Fragen allerdings nicht beantworten. Wenn zum Beispiel Michael Reinboth, „head honcho“ von Compost Records (München) schätzt, dass seine Schallplattensammlung derzeit 70.000 Platten enthält, kann man sich ein Bild davon machen, welchen Raum - etwa 80m2 - und somit auch emotionalen Stellenwert diese Sammlung einnimmt. Von den Anstrengungen mit denen ein Umzug einer derart umfassenden Sammlung verbunden ist, sei an dieser Stelle zunächst einmal abgesehen. 8 5 Yousei Yoshida, Tokyo 6 Florian Keller, München 9 1.2 Eine kurze Definition der beobachteten Szene Schallplatten sind für den normalen Konsumenten, der in der Innenstadt seinen Einkaufsbummel macht, heute nicht mehr sichtbar. In den Kaufhäusern und den meisten Musikgeschäften werden schon lange keine Schallplatten mehr angeboten. Und wenn der ein oder andere auch denken möge, Schallplatten gäbe es überhaupt nicht mehr, vollzieht sich dennoch, gerade im Bereich des Secondhand-Angebotes, ein sehr lebendiger und Ländergrenzen überschreitender Austausch. Neben nostalgischen Aspekten und individuellen ästhetischen Vorzügen hört man immer wieder von den qualitativen Vorzügen der Vinylschallplatte gegenüber digitalen Tonträgern. Für Analog-AudioFreaks und High-End-Fetischisten gab es nie eine Alternative zum Vinyl, sie sprechen von einem „wärmeren“ Sound oder einem „lebendigeren“ Klang. In Internetforen finden sich unzählige Einträge mit ausführlichen Meinungsstandpunkten unter Überschriften wie zum Beispiel „Welcher Klang ist eurer Meinung nach besser? Vinyl oder CD?“3. Auch für die handwerklichen Tätigkeiten eines Disc Jockeys (DJs), das so genannte „Turntablism“ 4 ist eine Vinylschallplatte als „Werkstoff“ unabdingbar. Da das Sammeln von Schallplatten ein unendlich weites Feld ist, nehme ich innerhalb dieser Thematik eine Eingrenzung auf jenen Bereich vor, den auch meine eigene Schallplattensammlung schwerpunktmäßig beinhaltet: Veröffentlichungen der unterhaltenden Musik der 70er bis 80er Jahre, hauptsächlich Jazz, Funk & Soul und Brazil. Darunter befinden sich auch sehr seltene Schallplatten, die aber nicht nur aus der Freude am Sammeln oder dem anschließenden Besitzen zusammengetragen werden, sondern wegen der Faszination an der Musik. Die Sammlerszene, die hier beschrieben wird, ist eng verknüpft mit der Clubkultur, jener tanz-musikalischen Nische, die als „Rare Groove“ oder „Soulful Club Music“ bezeichnet wird. Zahlreiche private Sammler bewegen sich innerhalb der Strömungen, die diese Clubkultur vorgibt. Viele der portraitierten und befragten Sammler sind als DJs tätig und deshalb angetrieben von der ständigen Hoffnung um die Entdeckung „neuer“ alter, tanzflächen-kompatibler Sounds. Aber auch Musiker, Musikredakteure, Betreiber von Independent Labels und Andere in der Musikindustrie hauptberuflich Tätige aus aller Welt zählen zu dieser „Rare Groove Collectors Scene“. Nicht zu vergessen die zahlreichen Produzenten, deren Motivation beim 10 7 Hans Peter Eckardt, Berlin 11 Sammeln auch auf die Entdeckung verwertbarer Breaks5, Beats und anderer Samples für ihre Arbeit zurückzuführen ist. Sicherlich wäre auch ein Thema wie das Sammeln von LPs mit klassischer Musik, Country, Gothic & Wave oder Hard 'n’ Heavy ein interessanter Ausgangspunkt für eine derartige Arbeit. Jedoch wird hierauf, genauso wie auf andere weiter entfernte Sammelbereiche nur eingegangen, sofern es der Ausführung des eigentlichen Themas dienlich ist. Der Gedanke, diese Szene unter designrelevanten Aspekten zu betrachten und den visuellen Kontext aufzuzeigen, war grundlegend für die Ausarbeitung des Themas. Aus diesem Grund wird auch von einer „Geschichte der Tonträger“ abgesehen, da dies unter den Zielsetzungen erst ab den 50er Jahren, als das Schallplattencover von der schützenden Verpackung zum gestalteten Werbeträger der Musik avanciert, Sinn machen würde. Dafür werden die Geschichte und Entwicklung des Tonträger-Mailorderversandes skizziert und der derzeitige Stand hinterfragt, da dies im Gesamtkomplex dieser Diplomarbeit höhere Priorität besitzt. 12 8 „summer finds - a piece of last summers flea market finds after a two week trip around the country, however most places have just crap. Sometimes you are lucky.“ Joonas Terje, Malmö, Sweden 13 Kompilieren 2 Die unendliche Suche nach einer individuellen Musik „Ist es so falsch, zu Hause bei seiner Schallplattensammlung sein zu wollen? Plattensammeln ist nicht so wie Briefmarken oder antike Fingerhüte sammeln. Da steckt eine ganze Welt drin, eine schönere, schmutzigere, gewalttätigere, friedlichere, farbenfrohere, schlüpfrigere, gemeinere und liebevollere Welt als die, in der ich lebe.“6 Ein Ausspruch von Rob Fleming, dem Protagonisten des Romans „High Fidelity“ von Nick Hornby. Rob Fleming, Mitte 30, ist Inhaber eines leidlich gehenden Plattenladens in London. Er definiert sich durch Musik. Für ihn gibt es nichts Wichtigeres als seine Plattensammlung und dies war irgendwann auch der Trennungsgrund für seine langjährige Lebensgefährtin, die diese Obsession nicht in vollem Umfang teilen konnte. Dieser Romancharakter wird hier zum einen zitiert, weil er nach dieser Trennung nicht nur versucht sein Leben neu zu ordnen, sondern parallel auch Zeit und Muse findet, seine umfassende Plattensammlung neu zu strukturieren. Zum anderen wegen seiner immer wiederkehrenden „Top Five“ Aufstellungen: Die „Top Five“ der unvergesslichen Trennungen, die „Top Five“ der ersten Titel auf der A-Seite, die „Top Five“Songs, die auf Robs Beerdigung gespielt werden sollten, die „Top Five“ der schlimmsten Verbrechen, begangen von Stevie Wonder in den 80er Jahren, etc. Denn genau darum geht es beim Sammeln: Um das Zusammenstellen, Formieren, Gruppieren und Arrangieren von Einzelstücken zu einem neuen Ganzen. Ein Sammler hat, wenn er ein potentiell neues Stück für seine Sammlung entdeckt, schon eine Formation vor Augen, in der dieses neue Exemplar in seiner Sammlung zu einem Teil seiner Gesamtkomposition wird. Er wählt ganz bewusst etwas aus um es in einem Dialog mit den anderen bereits existierenden Exponaten der Sammlung zu einer collagenhaften Gesamtinszenierung zu verschmelzen. Dabei ist der Sammler gestaltend aktiv, er wählt aus, bewertet und entscheidet, was zusammen gehört und wie es angeordnet wird. 7 Betrachtet man zufällige Reihungen und Anhäufungen von Objekten in der Natur so „… schütteln sich diese zu Recht, unter Mithilfe von Schwerkraft, Wind und Wasser … Gleiches gesellt sich zu gleichem, der selektierende Blick des menschlichen Betrachters tut sein Übriges, 14 9 „records contains breaks on a car in a breakers yard. As I use samples from lps to make tunes - it shows the idea of breaking up a tune.“ Dave Scratch, London 15 das Ähnliche und Verbindende in der Wahrnehmung als ein Zusammengehöriges zu erfahren.“8 Im Gegensatz zur Natur möchte der Sammler eingreifen, selbst zusammenstellen, aktiv die Sammlung gestalten und dies nach seiner ganz persönlichen Empfindung für Ästhetik und Harmonie, mit geschult selektivem Blick und systematischem Handeln. Wenn die Romanfigur Rob Fleming nahezu inflationär immer wieder Ranglisten mit den jeweiligen „Top Five“ zusammenstellt, so ist dies ein – wenn auch sehr überzeichnetes – Verhalten, das wohl bei jedem Schallplattensammler zu beobachten ist. Eine Sammlung wird für gewöhnlich zunächst in verschiedene musikalische Genres unterteilt. Innerhalb dieser Kategorien erfolgt dann wiederum eine subtilere Untergliederung nach ganz persönlichen und emotional wertschätzenden Faktoren. Jeder Schallplattensammler stellt, zumindest rein gedanklich, seine „Top Ten“ oder Favoriten eines bestimmten Genres seiner Sammlung zusammen und ist dankbar, wenn er diese einem Gleichgesinnten mitteilen kann. Großer Beliebtheit erfreuen sich CD-Compilations oder Mixtapes, bei denen die Sammler einige der „Vinyl-Perlen“ zusammenstellen, um sie Freunden oder anderen Sammlern zu präsentieren. Dies ist immer ein schwieriges, wohldurchdachtes Projekt und ein mit vielen Entscheidungen verbundener gestalterischer Prozess. Lange wird überlegt, welche Nummer für das Titelthema geeignet ist, die Reihenfolge und Anzahl der Titel wird immer wieder umgestellt, um Spannungen richtig aufzubauen. Und natürlich wird immer wieder hinterfragt, ob die LPs auch rar und ausgefallen genug und es somit Wert sind, auf dieser „Bootleg-Compilation“ präsentiert zu werden, denn auf keinen Fall möchte man Sammler-Kollegen mit banalen Schallplatten, die man in jedem Plattenladen in der „Bückware“9 findet, langweilen. 16 10 „My Favorite Things“ Stefan Frey, Wiesbaden 13 “delic - variations of the late sixties psychedelic era. Still looking for other examples like „Harpadelic“ by Johnny Teupen.“ Joonas Terje, Malmö, Sweden 11 “Latest Entries“ Dave Scratch, London 12 „nude - again art or a means to sell records“ Joonas Terje, Malmö, Sweden 17 14 „actors - still many combine a singing and acting career, often ranging between genuine feeling and pretensions crap. Of interest though“ Joonas Terje, Malmö, Sweden 2.1 Fazit / “Meine Musik“ Werkzeug für Identitätsgefühl Abgesehen von Fällen eklektizistischer Haltung oder dem Zusammentragen künstlerischer Gesamtwerke von einzelnen Interpreten, beginnt der Schallplattensammler seine Sammlung auf einigen für ihn relevanten Interessen aufzubauen. Diese bilden die Schwerpunkte bei der stückweise erfolgenden Gestaltung seiner akustischen Wunschwelt. Unterschiedliche Schallplatten werden unter persönlichen Kriterien ausgewählt und kompiliert, dabei okkupiert der Sammler gewissermaßen die Musik der Originalinterpreten und individualisiert sie in Form seines eigenen Arrangements. Er spricht von „seiner Musik“10, obwohl er eventuell keinerlei Instrumente beherrscht oder musikalisches Talent besitzt, um eigene Musik im eigentlichen Sinne des Wortes zu erzeugen. Es ist eine Kombination aus Neugier, Instinkt, subjektiv ästhetischem Empfinden und Erfahrungswert, die den Sammler leitet. Bei dieser Suche nach jener ganz eigenen Musik ist eines im Voraus klar: Der Sammler wird immer auf der Suche bleiben, denn seinen „ultimativen Sound“ wird er niemals in zufrieden stellender Vollendung finden. Schon aus dem Grund nicht, weil er sich ständig weiterentwickelt und weiterbildet. Schallplatten, die er vor einigen Jahren noch als höchstinteressant und emotional wertvoll empfunden hat, kann er wenige Jahre später schon als überflüssig empfinden. Aus diesem Grund und weil das Feld der musikalischen Veröffentlichungen, an denen man sich bedienen kann unüberschaubar groß ist, bleibt das Sammeln von Schallplatten ein unendlicher Prozess.11 Die Schallplattensammlung dient dem Sammler als Werkzeug für Identitätsgefühl und Selbstdefinition.12 Vor diesem Hintergrund lässt sich erahnen, weshalb extrem seltene Langspielplatten, wie beispielsweise Privatpressungen in geringer Auflage oder Promotion-LPs, die nie für den öffentlichen Verkauf vorgesehen waren, sich bei Sammlern größter Beliebtheit erfreuen und bei Auktionen Höchstpreise erzielen. In diesen Fällen geht es nicht mehr ausschließlich nur um die Musik, sondern vielmehr um Abgrenzung und interne Statussymbole innerhalb der Subkultur der jeweiligen Sammlerszene. Aus diesem Grund wäre ein passionierter Sammler mit einer Nachpressung, die ohne großen Aufwand, sowohl finanziell als auch in Bezug auf andere Faktoren der Beschaffung zu bekommen ist, nicht wirklich zufrieden. Diese Art der Abgrenzung schlägt sich nicht zuletzt in den Marktpreisen jener raren LPs nieder. Dies lässt sich deutlich immer dann beobachten, wenn von einer seltenen LP ein „Vinyl ReIssue“ auf den Markt kommt. Relativ schnell sinkt der „Sammlerpreis“, da das einst so seltene musikalische Kleinod nun plötzlich für 18 15 19 Sortieren und Archivieren 3 Variantenreichtum der Ordnungssysteme jedermann und zu einem geringen Preis erhältlich ist. Es gibt ungeahnt viele Möglichkeiten eine umfangreiche Schallplattensammlung zu sortieren. Zum einen ganz klassisch und auch für Außenstehende leicht verständlich wie zum Beispiel alphabetisch, chronologisch oder nach musikalischen Genres oder Labels strukturiert. Darunter gibt es nicht wenige Sammler, die Ihre komplette Sammlung im Computer katalogisiert haben und, bevor sie anfangen eine LP zu suchen, ähnlich wie in einer öffentlichen Bücherei, zunächst einmal eine Volltextsuche in einer Excel-Datei durchführen, um den Regalabschnitt zu lokalisieren, in dem sich die gesuchte LP befindet. Zum anderen sind aber auch ganz persönlich kodierte Systeme weit verbreitet. Beispiele hierfür sind: Eine numerische Sortierung nach der Höhe des Marktwertes, chronologisch nach dem Datum des Einkaufs oder gruppiert nach geografischen Gemeinsamkeiten, wie zum Beispiel den Ländern der Veröffentlichung. Aber auch noch exotischer anmutende und wesentlich kryptischere Systeme finden ihre Anwendung. Dem Einfallsreichtum sind diesbezüglich nahezu keine Grenzen gesetzt. 20 16 Anonyme Zusendung aus Deutschland 17 Dino Demopoulos, Toronto 21 3.1 Das System von Ulrik Riehmer Ulrik Riehmer13, Kunst und Antiquitätenhändler aus Hamburg, Jahrgang 1971. Er besitzt eine Schallplattensammlung, die geschätzte 900 Langspielplatten mit einem derzeitigen Fokus auf Funk, Modern Soul, Vintage Disco und Boogie beinhaltet. Auf den ersten Blick liegt hier keine klare Strukturierung vor, bei genauerem Betrachten lässt sich aber ein musikalisch und emotional wertschätzendes EvolutionsPrinzip erkennen. Dieses System, welches er selbst als „Gärungsprozess“ bezeichnet, funktioniert ähnlich einer Kompostierung. Neueingänge, gern gehörte und sehr geschätzte LPs befinden sich oben, jederzeit gut greifbar und werden nach dem Anhören auch immer wieder dorthin zurückgestellt. Schwinden Interesse und der emotionale Wert, so werden die LPs automatisch von den regelmäßig nachrückenden Neuzugängen immer weiter nach unten im Regal verdrängt. Findet sich nicht mehr genügend Platz, werden dem untersten Regalboden ein paar LPs, sozusagen das „Abprodukt“ dieses Systems, entnommen und verkauft. So hat schon so manche einst unglaublich geschätzte LP oder ganze musikalische Richtungen ihren Weg durch diese Sammlung gemacht, um am Ende wieder ausgespuckt zu werden und wieder anderen Sammlern zugänglich zu sein. Dieses „Vinyl-Kompostierungsprinzip“ steht im deutlichen Kontrast zu anderen Herangehensweisen, bei denen der Sammler versucht zu komplettieren und beispielsweise ganze Discografien von Künstlern zusammenträgt, um vermeintliche Lücken in der Sammlung zu schließen. In diesem Sinne wird hier viel mehr auf Qualität und rationalen Nutzen anstelle von Quantität geachtet. 22 Dr. Sampsa Vilhunen, Helsinki 23 3.2 Das System von Dr. Sampsa Vilhunen Ein überaus interessantes Fallbeispiel liefert auch die Schallplattensammlung von Dr. Sampsa Vilhunen14 aus Helsinki. Der Forscher, Jahrgang 1972, ist nebenberuflich als Radio- und Club-DJ in Finnland tätig. Das Faszinierende an seiner umfangreichen Sammlung ist, dass er diese nach der Farbe der Coverrücken sortiert hat. Bei etwa 5000 Schallplatten – hauptsächlich Jazz, Soul, Funk, Boogaloo und brasilianische Musik, dazu noch aktuelle Veröffentlichungen mit zeitgenössischer Clubmusik und Hip Hop – hat sich dieses System für ihn seit vielen Jahren gut bewährt. Getrennt wird lediglich nach „Neu“ und „Alt“. Die weitere Aufgliederung erfolgt ausschließlich nach der farblichen Sortierung der Coverrücken. Dieses Ordnungssystem stellt aus seiner Erfahrung heraus den besten und einfachsten Weg dar, eine Platte zu finden. Ein anderes, sehr gewichtiges Argument für dieses Prinzip sieht er im visuellen Aspekt: Es sieht einfach schön, aufgeräumt und entspannt aus. Diese Meinung teilt er mit seiner Freundin, die ebenfalls mit der Omnipräsenz dieser Sammlung in Wohn- und Esszimmer leben muss. Nach dem Anhören oder seinen DJ-Einsätzen stellt Sampsa Vilhunen die Platten immer wieder auf der rechten Seite im jeweiligen Fach der entsprechenden Farbsektion zurück, so sind LPs, die sich zeitweise weniger in der Rotation befinden, eher links zu finden und der wirklich „heiße Stoff“ einer jeweiligen Farbe immer rechts, sofort gut greifbar. Bei diesem interessanten Archivierungssystem wird die Sammlung bewusst zum gestalteten Element in der Inneneinrichtung. Und der Grad der Gestaltung geht in diesem Fall weit über die für alle Sammler anstehende Auswahl eines passenden Regalsystems15 hinaus. Eigentlich ist dieses Ordnungssystem überhaupt nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheint, denn wenn jemand seine Schallplatten eher konventionell nach Genres, Labels oder alphabetisch geordnet hat, arbeitet er innerhalb dieser Gliederung genauso mit visuellen Schlüsseln, wenn er nach einer Schallplatte sucht. Er hat ebenfalls das Cover und somit auch die Farbe der gesuchten LP vor Augen, bevor er anfängt in der entsprechenden Sektion zu blättern. Dr. Sampsa Vilhunen bewegt sich hier zwar auf einer Metaebene, diese stellt aber auch eine visuelle Abkürzung dar, zumal die typografischen Schriftzüge der Künstlernamen und LP-Titel vom Betrachter ohnehin eher als unzertrennlich in der kompletten Gestaltung des Plattencovers wahrgenommen werden. 24 19 Par Melcherson, Bromma, Sweden 20 Jotaro Fushimi, Tokyo 21 Julien Achard, France 22 Durt Martin, www.spaceagefurniture.c.la 25 3.3 Das System von Alan Bangs Alan Bangs16, Jahrgang 1952 ist Popfachmann, Music Journalist, TVund Radiomoderator. Er hat eine umfassende Schallplattensammlung von derzeit geschätzten 10.000 Schallplatten. Vielfältige Musikrichtungen bilden die Dachstruktur seines Sortierungssystems. So mussten in dieser Sammlung, die sich vor einigen Dezimierungen über die gesamte Drei-Zimmer Wohnung verteilte, zum Beispiel die Funk & Soul Platten in der Küche untergebracht werden, weshalb er diese gerne als „Soulkitchen“ bezeichnete. Die weitere Untergliederung erfolgt alphabetisch nach den Namen der Interpreten. Dieses System sieht er als sinnvoll an, da die Schallplatten sehr eng in den Regalen stehen und er sich an den Beschriftungen der Coverrücken orientiert. Da dieses System auch für Außenstehende relativ gut nachvollziehbar ist, führte dies vor etwa 20 Jahren zu einer unfreiwilligen Trennung von etwa 3.000 Schallplatten. Damals war Alan Bangs noch bei dem britischen Radiosender BFBS Radio 1 in Köln tätig und erwähnte in seiner Sendung, dass er in den Urlaub fahren werde. Als er von seiner Reise zurückkam, wurde er mit den Spuren eines Einbruchs und dem oben erwähnten Verlust von etwa 3.000 Schallplatten konfrontiert. Seine Vermutung, dass der Einbrecher seine Radiosendung schon seit Monaten verfolgte, begründete er anhand der Auswahl der gestohlenen LPs. Dieser Verdacht bestätigte sich, nachdem er einen anonymen Anruf bekam, und der bekennende Täter nach einer ganz bestimmten LP fragte, die er eigentlich auch entwenden wollte, aber bei dem Einbruch nicht vorfinden konnte. Um den begehrten Titel zu beschreiben, sang der anonyme Anrufer diesen auch am Telefon vor, aber selbst dieses mitgeschnittene Beweismaterial führte nicht dazu, den Täter zu stellen. Das Zurücklassen dieser einen LP bei dem Einbruch erklärt sich Alan Bangs dadurch, dass der auf dem Coverrücken befindliche Text in einigen Ausnahmefällen umgekehrt als allgemein üblich – von oben nach unten – zu lesen ist. Und um einen derartig untypisch beschrifteten Coverrücken handelte es sich im Fall dieser für den Einbrecher nicht auffindbaren LP. Zwar blieb die Schallplatte aus diesem Grund in Alan Bangs’ Besitz, generell stören ihn aber diese untypischen Beschriftungen ebenfalls beim Suchen. Dies lässt sich gut nachvollziehen, wenn man selbst vor einem Bücherregal steht. Bei Buchrücken gibt es ebenfalls keine einheitliche Schriftlaufrichtung. So können aufgrund der Breite der Buchrücken die Titel dort sogar waagerecht ausgerichtet sein. Somit finden sich auf Buchrücken insgesamt drei Textlaufrichtungen, wodurch beim Suchen eine ständige Bewegung des Kopfes abverlangt wird. 26 1 2 4 3 23 Funky Covers: 1. Roman Frankl, Poland, 1978 cont. “Copacabana” 2. Africa, Africa, Australia cont. “I Love Music” 3. The London Jazz Four, England, 1967 cont. “Things We Said Today” 4. Marie Rottrova, _eské, 1983 cont. “Up Side Down” 5. Finger Five, Japan, 1973 cont. “I Want You Back” 6. La Lupe, USA cont. “Fever” 5 27 3.4 Das System von Martin Kühnel Zuletzt beschreibe ich an dieser Stelle noch mein eigenes System. Die Sammlung umfasst geschätzte 1.800 LPs, die grob nach musikalischen Genres und Labels geordnet sind. Es handelt sich aber teilweise um Kategorien, die man in keinem Plattenladen finden würde, wie zum Beispiel „Funky Covers“. Für mich sehr wichtig, denn alle LPs dieser von mir kreierten Sparte enthalten eine amüsante Cover-Version mit hohem Wiedererkennungswert, wenn auch eventuell in einer völlig befremdlichen und vom Original weit entfernten Sprache gesungenen. Die LPs können aus verschiedensten musikalischen Genres, Ländern und Jahrzehnten stammen, das Einzige, was sie verbindet ist, dass sie mindestens eine Cover-Version eines prägnanten Musikstücks der Populärkultur enthalten. „European Brazil“ ist ein weiteres eigens kreiertes Fach, welches sich im Laufe der Jahre in meiner Sammlung gebildet hat. Musik aus Brasilien und Südamerika war schon immer ein Fokus in meiner Sammlung. Durch einen längeren Aufenthalt in Rio De Janeiro im Jahr 1997, gewann dieser Schwerpunkt noch massiv an Bedeutung. Immer wieder entdeckte ich aber auch Schallplatten mit brasilianischer Musik von europäischen Interpreten. Dabei handelt es sich um LPs, die man in einem Schallplattenladen unter Verkaufssortierungen wie „Jazz“, „Rock“, „Schlager“ oder „Pop Musik“ findet. Mit der Zeit fanden sich irgendwann Interpreten wie beispielweise Mary Roos, Hildegard Knef, Nobert Gottschalk, Peter Vogel & Band oder Anne Haigis zusammen in einem Fach mit waschechten Brasilianern wie Emilio Santiago, Elis Regina, Marcos Valle, Jorge Ben, Airto Moreira oder Sergio Mendes. Dies störte irgendwann meinen, zugegeben in dieser Hinsicht etwas pedantischen Ordnungssinn und so kam es eines Tages zu einer Neustrukturierung, die das Fach „European Brazil“ als neue Nische in meiner Sammlung hervorbrachte. Dort finden sich seither Schallplatten diverser Genres, hauptsächlich Veröffentlichungen aus Deutschland, Frankreich, Schweden und Osteuropa. Diese LPs haben die Gemeinsamkeit, dass sie zumindest ein Stück mit deutlichen brasilianischen oder lateinamerikanischen Einflüssen oder eine Cover-Version eines MPB17 Klassikers enthalten. 28 1 24. Puppet Jazz: 1. Down Beat Winners in Europe, Open Space, MPS, 1969 2. Association P.C., Erna Morena - Live, MPS, 1972 3. Don “Sugar Cane” Harris, Cup Full Of Dreams, MPS, 1974 4. Werner Baumgart's Big Band Baden Baden, Jazz Rock & Sweet, MPS, 1980 5. Wolfgang Dauner, Knirsch, MPS, 1972 6. Dave Pike Set, Four Reasons, MPS, 1969 7. Various, Stop My Brain, MPS/Stern, 1972 2 4 3 5 7 29 6 3.5 Schallplattencoverfamilien Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Thematik des Sortierens habe ich damit begonnen, nach visuellen Schlüsseln bei der Covergestaltung zu suchen, nach denen eine Sortierung ganzer musikalischer Nischen möglich ist. Einige LPs konnte ich so in einem neuen Fach namens „Puppet Jazz“ zusammenfassen: Hauptsächlich europäische, vor allem aber deutsche Jazzschallplatten und zum Großteil Veröffentlichungen des MPS-Labels, auf deren Covern sich teilweise sehr morbide Abbildungen von Puppen und Puppenteilen befinden. Dies ist ein Designphänomen der siebziger Jahre, dass man als späte Auswucherung des Pop Art Stils deuten könnte. Auch im Interieur- und Accessoirebereich wurde zu dieser Zeit gerne mit dem Formenvokabular des menschlichen Körpers gestaltet. Als das am inflationärsten verbreitete Beispiel sei hier die Glasbüste zur Aufbewahrung des HiFi-Kopfhörers erwähnt, darüber hinaus eine Vielzahl von weiteren Glas-, Kunststoff- und Keramikprodukten in Form von Torsos, Händen oder Köpfen. Zu den Designern, die mit diesen Elementen bei der Covergestaltung gearbeitet haben, zählen unter anderem Frieder Grindler, Holger Matthies, Eberhard Henschel und Heinz Bähr. Ihre Qualifizierung für das Fach „Puppet Jazz“ erlangen die LPs dadurch, dass sie neben der Gestaltung des Covers auch musikalisch eng miteinander verwandt sind. Interpreten wie beispielsweise Dave Pike, Wolfgang Dauner, Sugar Cane Harris, Werner Baumgart und Volker Kriegel prägen das Bild. Sie sind Vorreiter, die einen ganz eigenen Jazzstil mit neuartigen deutlichen Einflüssen aus Krautrock, Fusion, spirituellen und experimentellen Ansätzen, sowie zuvor eher selten im Jazz gehörten Instrumenten wie etwa einer indischen Sitar, etabliert haben.18 Dies ist aber, sieht man zunächst einmal von den diversen musikalischen Kategorien aus dem Bereich der Filmmusik ab, die einzige Sparte in meiner Plattensammlung, bei der man relativ sicher über die Covergestaltung Rückschlüsse auf die Musik ziehen kann. 30 1 25. Technicolor Jazz 1. Lalo Schifrin, Mission Impossible, Dot, 1967 2. Henry Mancini, Charade, RCA, 1963 3. Elmer Bernstein, The Man With The Golden Arm, Decca, 1959 4. Paul Glass, Bunny Lake Is Missing, RCA, 1965 5. Jerome, Moross, The Cardinal, RCA, 1963 6. Quincy Jones, The Lost Man, Uni 7. Quincy Jones, They Call Me Mister Tibbs, UA 2 5 3 4 7 31 6 3.5.1 Technicolor Jazz In den für die beschriebene Schallplattensammlerszene interessanten Bereichen der Television- und Filmmusik lassen sich drei musikalische Oberbegriffe anhand der Gestaltung der Plattencover zuordnen. Der erste Oberbegriff wird hier als „Technicolor Jazz“ benannt. In der Sammlerszene ist er auch als „Crime Jazz“ etabliert. Darunter fallen großteils US-amerikanische aber auch zahlreiche italienische Soundtracks zu Kriminalserien, Agentenfilmen und Thrillern der fünfziger bis siebziger Jahre. Musikalisch qualitativ sehr hochwertige, teilweise sehr klassisch besetzte, später gerne auch um Streicher erweiterte Jazzkompositionen mit sehr spannungsgeladenen Passagen sind beispielsweise Arrangements von Henry Mancini, John Barry, Quincy Jones, Armando Trovaioli und Riz Ortolani. Die Covergestaltung spricht formalästhetisch eine relativ einheitliche Sprache, konform zu den Filmplakaten und Einbänden von Kriminalromanen aus diesen Dekaden. Handgeschnittene, teilweise sehr breite, dafür englaufende Schriftzüge, reduzierte Grafiken sowie aufgerasterte Darstellungen und aufwendig angefertigte Handzeichnungen und Illustrationen prägen das Bild. Saul Bass, Maurice Binder und Bob Peak zählen zu den führenden Grafik Design Pionieren, die dieses Genre visuell geprägt haben.19 32 1 2 3 6 4 5 26. Blaxploitation Funk 1. James Brown, Slaughter's Big Rip-Off, Polydor, 1973 2. Johny Pate, Shaft In Africa, abc, 1973 3. Roy Ayers, “Coofy”, Polydor, 1973 4. Curtis Mayfield, Super Fly, Curton, 1972 5. Isaac Hayes, Shaft, Enterprise, 1970 6. Badder Than Evil, Gordon's War, Buddah, 1973 7 33 3.5.2 Blaxploitation Funk „Blaxploitation Funk“ ist die zweite Sub-Kategorie innerhalb der Soundtracks. Filme des als „Blaxploitation“ bezeichneten Genres entstanden in US-Amerika ab Ende der sechziger Jahre und bedienten ein zuvor vernachlässigtes Marktsegment der Filmindustrie, zugeschnitten auf die afroamerikanische Bevölkerung. Aus diesem Grund sind Blaxploitation-Filme auch überwiegend mit schwarzen Schauspielern besetzt und erzählen Gangstergeschichten über Mafiakriminalität, Zuhälterei und Drogenhandel in den Wohnvierteln der Schwarzen. Bekanntester und erfolgreichster Film dieses Genres ist „Shaft“ aus dem Jahr 1971 basierend auf den Romanen von Ernest Tidyman. Das Bahnbrechende an „Shaft“ war, dass erstmals ein Schwarzer (Richard Roundtree) die Rolle eines Privatdetektivs besetzte, ein vorher ausschließlich weißen Schauspielern vorbehaltener Charakter. Die Soundtracks zu Blaxploitation-Movies sind auf „Funk and Soul“Musik basierende, pathetisch-pompöse Kompositionen. Oftmals sind diese wegen gut tanzbarer Funk-Stücke, schönen Soul-Nummern aber auch wegen interessanter Passagen mit „funky“ Wah-Wah-Gitarren20 oder Drum Breaks bei Sammlern überaus beliebt. Zu den bekanntesten Komponisten zählen Isaac Hayes, James Brown, Roy Ayers, Curtis Mayfield und Marvin Gaye. Die Gestaltung der Plattencover spiegelt teilweise das Revolutionäre dieser Filme wieder. Oftmals werden in imposanten Perspektiven gezeichnete, dreidimensionale Schriftzüge eingesetzt. Die Protagonisten der Filme sind selbstbewusst mit gezogener Waffe oder erhobener Faust abgebildet.21 34 1 2 3 27. Bollywood Funk 1. Rajesh Roshan, Loomaar, EMI, 1980 2. Bappi Lahiri, Main Balwaan, Super, 1986 3. S. Mohinder, Dahej, EMI, 1981 4. Kalyanji Anandji, Muqaddar Ka Sikandar, EMI, 1978 4 35 3.5.3 Bollywood Funk „Bollywood Funk“ umfasst das letzte Soundtrackgenre unter dem man Schallplatten sowohl musikalisch als auch über die Gestaltung des Cover zusammenfassen kann. „Bollywood“ ist ein Synonym für die indische Filmindustrie in Bombay, welche, einer Legende nach, aufgrund ihres kommerziellen Charakters, von einem Filmkritiker in Anlehnung an die Filmstudios von Hollywood so betitelt wurde. Die sechziger und siebziger Jahre werden als die Blütezeiten der Bollywood-Filmindustrie bezeichnet. Bollywood-Filme erscheinen für den westlichen Betrachter oftmals sehr kitschig und überzeichnet. Vor allem, da sie wegen ihrer Überzahl an „Song-and-Dance-Szenen“ bei uns eher unter das Film-Genre Musical fallen. Dazu muss ergänzt werden, dass Kino in Indien einen ganz anderen Stellenwert in der Unterhaltungskultur genießt. Orte, an denen die Filme vorgeführt werden sind in den seltensten Fällen bestuhlt, denn dort wird mitgesungen und vor allem getanzt. Ein Kinobesuch besteht nicht nur aus dem Konsumieren eines Filmes, sondern ist ein abendfüllendes Happening, was bei Filmlängen von bis zu vier Stunden leicht nachvollziehbar ist. Für Schallplattensammler sind hauptsächlich jene Soundtracks zu Bollywood-Filmen von Interesse, die sich eher als Thriller, Gangsterstory, Actionmovie oder etwas herablassend als „Curry-Western“ klassifizieren lassen. Musikalisch lässt sich hier einiges entdecken. Funk, Soul und thrillige, soundtracktypische Instrumentale machen den Großteil der Sücke aus. Diese sind gespickt mit Elementen klassischer oder volkstümlicher indischer Musik und klingen für unsere, an das abendländische Tonsystem gewöhnten Ohren, etwas befremdlich. Dabei bilden mit charmantem Akzent in englischer Sprache gesungene Titel eher die Ausnahme. Die Plattencover der Bollywood-Soundtracks zeigen ebenfalls gerne imposante und explosiv dreidimensional gezeichnete Schriftzüge sowie Fotocollagen aus Filmsequenzen, Requisiten und Portraits der Schauspieler in ihren Kostümen. 22 36 "They are all over my house! Even in the shed" Jake Holloway, London 37 3.6 Fazit / Die gestalterische Freiheit ist charakterbedingt Da das Sammeln von Schallplatten eine sinnliche, emotionale und hochgradig ästhetisch selektive Tätigkeit ist, kommen auch bei der Sortierung der Sammlungen sehr vielfältige und eigenwillige Systeme und subjektive Genrezusammenfassungen zum Einsatz. Welches Prinzip nun das vermeintlich richtige ist, entscheidet jeder Sammler für sich. Sicherlich wäre es für einen Schallplattenladen nicht gerade verkaufsfördernd, die angebotenen LPs wie beispielsweise Dr. Sampsa Vilhunen nach der Farbe der Coverrücken zu sortieren. Man muss hier ganz deutlich zwischen öffentlichen, möglichst allgemein verständlichen Sortierungen und dem privatem Raum unterscheiden. Der heimische Bereich lässt wesentlich persönlichere Sortierungen zu, in denen sich einzig der jeweilige „Gestalter“ bestens auskennt und die gesuchte Schallplatte mit wenigen Handgriffen findet. Betrachtet man die LPs einer Sammlung als einzelne Souvenirs, verknüpft mit den dazugehörigen Erinnerungen an einen Tag, Laden, Markt, Händler oder eine Reise von der sie mitgebracht wurden, wird nachvollziehbar unter welchen assoziativen Faktoren und Querverbindungen diese abstrakten, unübertragbaren Systeme funktionieren. Menschen sind in ihrer logischen Natur, was Ordnungssysteme angeht, sehr unterschiedlich veranlagt: Alphabetisch, numerisch, schematisch oder visuell. Auch kann nach Gemeinsamkeiten und Priorität oder emotionaler Wertigkeit sortiert werden. Sogar Zufall oder bewusstes Chaos sind mögliche Formen der Gliederung einer Archivierung, die den Spaß im Umgang mit den Schallplatten und die Herausforderung beim Suchen erhöhen können. Sortieren ist Gestalten. Das gestaltete Produkt ist ein einheitliches Sortierkriterium, dem eine festgelegte Ordnungsreihenfolge zu Grunde liegt. Dabei sind Abstraktionsgrad und Art der Umsetzung die gestalterische Freiheit des Autors.23 Das persönlich kodierte Sortieren einer Sammlung unterstreicht die Mensch-Objekt-Beziehung und differenziert die emotional geschätzte Schallplattensammlung von dem rational auf Verkauf ausgerichteten Angebot eines Schallplattenladens. Auch enthält das persönliche Sortieren im Kontrast zum allgemeinverständlichen Arrangieren im öffentlichen Raum eine Aussage, die man als weiteren Schritt auf dem Weg der intensiven Auseinandersetzung mit der Schallplatte, ihrem Cover und letztlich der Musik werten kann. Ein außergewöhnlich gestaltetes Schallplattencover kann den 38 1 2 29 1. Eulenspygel, 2, Erstausgabe, Spiegelei, Germany,1971 2. Eulenspygel, 2, Bertelsmann-Sonderauflage 39 Preis-Seltenheits-Verhältnis 4 Hauptsache extraordinär „Sammlerpreis“ einer gebrauchten LP durchaus erhöhen. In allen musikalischen Sammelgebieten lassen sich Beispiele für eine derartige Marktpreissteigerung finden, bei Sammlern von Musikstilen wie Progressive- und Kraut-Rock lässt sich dieses Phänomen allerdings besonders gut aufzeigen. Die LP „2“ der deutschsprachigen Rockgruppe Eulenspygel (Spiegelei / Germany / 1971) ist ein besonders gutes Beispiel für diese Thematik. Die Fotografie auf dem LP-Cover der Erstausgabe zeigt ein flauschiges Kücken, das mit einem Füßchen auf einem weiteren, liegenden, angesengten Kücken steht. Dieses Szenario findet auf einem Spiegelei in einer schmiedeeisernen Bratpfanne vor einem hellen neutralen Hintergrund statt. Diese Erstausgabe wird in Sammlerkreisen und Online-Auktionen bei gutem Zustand mit Preisen bis über 150 EUR gehandelt.24 Für eine spätere Bertelsmann-Sonderauflage der LP wurde das ästhetisch gewagte Cover entschärft und auf das lebende Kücken reduziert. Diese Zweitausgabe der LP ist wesentlich preiswerter zu bekommen. Das Groteske ist, dass die Erstausgabe mit 10.000 Stück als Rarität gehandelt wird, während die spätere Ausgabe mit der sehr viel geringeren Auflage von 3.000 Stück25 weniger gefragt ist. Sehr großer Beliebtheit erfreuen sich auch so genannte GatefoldCover (Klapp-Cover) und Gimmick-Cover. Bekanntestes Beispiel für ein Gimmick-Cover ist die hierzulande im Secondhand-Bereich oft anzutreffende LP „Sticky Fingers“ der Rolling Stones aus dem Jahr 1971, mit einem realen, haptisch erfassbaren Reißverschluss auf der Abbildung einer eng sitzenden Blue Jeans. Mit dieser LP ist auch gleichzeitig das Beispiel für eine weitere Thematik gewählt. So ist „Sticky Fingers“ hierzulande als deutsche Pressung nicht besonders schwer zu finden und zu einem geringen Preis erhältlich. Im „Rock & Pop Preiskatalog“26 ist diese LP mit 12 Einträgen, verschiedener Länderpressungen und Ausgaben, zwischen 10,80 EUR und 43,80 EUR verzeichnet. Die deutsche Pressung auf CBS / Sony Music von 1986 stellt mit 10,80 EUR die günstigste Alternative in diesem Katalog zur Preisorientierung dar. Betrachtet man allerdings die Preise, die „Sticky Fingers“ mitunter bei internationalen Onlineauktionen erzielt, kommt einem selbst die im „Rock & Pop Preiskatalog“ mit 43,80 EUR fixierte amerikanische Clubpressung auf Atlantic von 1971 überaus preiswert vor. Der mit Abstand höchste Preis wurde mit 1499,– USD27 am 1.4.2004 40 30 The Rolling Stones, Sticky Fingers, 1971 41 im Online-Auktionshaus eBay für eine „Super, mega rare, mono, white label promo“28 erzielt. Aber Preise von 200,– USD und mehr sind keine Seltenheit für „Sticky Fingers“. Vorausgesetzt es handelt sich wie im Beispiel oben um eine Testpressung, eine exotische Ausgabe aus Malaysia mit einem anderen Cover, ein signiertes Exemplar, das tschechische Release mit pinkfarbenem Vinyl oder die spanische Pressung mit ganz anderem Cover. So avanciert eine eigentlich heute leicht und preiswert zu findende, weil millionenfach verkaufte, LP zur hochpreisigen Rarität und das nur durch, wie im Fall der White Labels Promo-Schallplatte, minimale, optische Unterschiede, die sie vom Massenartikel abheben. Bemerkenswert daran ist, dass die Musik im Prinzip die gleiche bleibt und bei der in Mono aufgenommenen Promo-Pressung sogar eine akustische Qualitätsminderung vorliegt. Doch wie schon zuvor erwähnt geht es beim Schallplattensammeln nicht nur um Musik. Zumindest gibt es Sammler, die sich genau betrachtet weit von der musikalischen Substanz entfernt haben. Wenn beispielsweise alle Länderveröffentlichungen, Sonder- und Clubausgaben29 von „Abbey Road“ der Beatles zusammengetragen werden, ergeben sich daraus 28 LPs30 mit der gleichen Musik, die sich mitunter lediglich durch Seriennummern oder andere eher subtile Details unterscheiden. Auch begegnete ich vor einiger Zeit auf einem Flohmarkt einem Sammler, der ausschließlich nach 7-inch-Singles des deutschen BASF Labels suchte. Dabei war es ihm völlig gleichgültig, welche Art von Musik darauf zu hören war, Hauptsache das BASF Logo befand sich auf Cover und Label. Ähnliches Verhalten zeigen Sammler, die ausschließlich LPs im farbigen Vinyl einer bestimmten Farbe oder so genannte Picture-Discs und Shape-Discs sammeln. „Sexy Nude“- oder „Cheesecake“-Cover, auf denen leicht oder gar nicht bekleidete Frauen abgebildet sind, stellen eine weitere Nische dar, die das Interesse einiger Sammlercharaktere weckt. 42 31 43 4.1 Spekulationsobjekte Alle zitierten Beispiele exotischer Formen des Schallplattensammelns entstammen einer Grauzone, in der sich das Schallplattensammeln weit von der Materie Musik distanziert hat. Hierin zeigt sich eine Parallele zu anderen Sammelgebieten: Das Sammlerinteresse beschränkt sich auf das Anhäufen von materiellen Dingen zu rein dekorativen Zwecken, ohne einen weiteren, konsumierbaren Mehrwert. Wie im Vergleich zu Briefmarken-, Postkarten- oder Bierdeckelsammlern muss hier von ganz anderen Beweggründen und Motivationen für das Zusammentragen dieser Souvenirs ausgegangen werden. Besonders die vorher erwähnten Picture- und Shape-Discs beziehen ihren Reiz wesentlich aus dekorativen Faktoren. Es handelt sich um Merchandisingartikel von großen Major Label Artists oder Filmen, größtenteils in streng limitierten Stückzahlen veröffentlicht, wodurch der Kaufreiz, bei Sammlern mit der Ambition die lückenlose Discographie einer Popikone zusammenzutragen, erhöht wird. 31 So war beispielsweise die 7-inch-Picture-Single, welche anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Abba Klassikers „Waterloo“ am 17.5.2004 veröffentlicht wurde, bereits nach wenigen Tagen ausverkauft. Die limitierte Auflage von 2.400 Stück ist durchlaufend nummeriert. Auch dass bei reklamebezogener Berichterstattung im Vorfeld nur von 2.000 Kopien die Rede war, verhinderte nicht, dass dieses Objekt mittlerweile, keine zwei Jahre später, Auktionspreise von bis zu 60 GBP erzielt.32 Die Plattenfirmen profitieren zwar nicht von diesen hohen „Sammlerpreisen“, können aber mit dieser veränderten „Verpackung“ ein bereits existierendes musikalisches Produkt erneut erfolgreich verkaufen. Für Händler, die sich auf Picture-Discs spezialisieren, sind dies interessante Spekulationsobjekte, beziehungsweise geringe Investitionen mit schneller Wertsteigerung. Bei der Klangqualität33 können Picture-Discs mit einer gewöhnlichen Vinylschallplatte nicht mithalten, aber da ihre Bestimmung eher eine Platzierung als Wandschmuck ist, wird dies nicht als Wertminderung angesehen. Von ähnlich rein dekorativem Nutzen ist eine Sammlung von „Goldenen Schallplatten“. Diese Würdigungen der Tonträgerindustrie, die aufgrund von außergewöhnlich hohen Verkaufszahlen an Künstler, Produzenten und Plattenfirmen überreicht werden, lassen sich gele- 44 32 Niagara, United Artists, Germany, 1971 45 gentlich auf größeren Schallplattenbörsen und in Online-Auktionen zu mitunter astronomischen Summen erwerben. Anders als bei PictureDiscs handelt es sich hierbei aber um wirkliche Raritäten, die nicht zuletzt durch das Bewusstsein um den prominenten Vorbesitzer mit einem magischen Mehrwert oder einem Reliquien ähnlichen Status besetzt sind. 34 Schallplattensammler, bei denen die Faszination an der Musik im Vordergrund des Sammelinteresses steht, können diese Art des „Fetischsammelns“ der hier skizzierten Beuteobjekte nur schwer nachvollziehen. Problematisch wird es in Fällen, in denen Überschneidungen verschiedener Beuteschemata auftreten. Hier können die „Sammlerpreise“ durch das Aufeinandertreffen der verschiedenen Interessensgebiete explosionsartig in die Höhe steigen. Die gleichnamige Debüt LP der Perkussion Gruppe „Niagara“ um den Schlagzeuger Klaus Weiss (United Artists / Germany / 1971) liefert hierfür ein passendes Beispiel. In Verkaufssortierungen der Plattenläden wird diese LP unter „Progressive Rock“ oder „Krautrock“ geführt. Die langen perkussiven Stücke enthalten deutliche brasilianische Einflüsse, womit diese LP auch für internationale Sammler von brasilianischer Musik „Made in Europe“ höchst interessant ist. Zudem ist eines der Stücke sehr gut tanzbar und lässt sich auch mit zeitgenössischer Clubmusik flüssig mixen, was die LP wiederum für DJs interessant werden lässt. Wegen der energetischen Breaks, Beats und Perkussion Samples haben auch Produzenten verstärkt ein Auge auf diese Schallplatte geworfen. Klaus Weiss ist durch seine zahlreichen anderen Veröffentlichungen als Jazz-Schlagzeuger in diversen Ensembles ein gesuchter Interpret bei Sammlern von Jazzschallplatten. Zudem sei erwähnt, dass Udo Lindenberg in dieser Formation Drums, Timbales und Perkussion spielte. Daraus resultierend wird diese LP auch von Lindenbergs Fans als eine der ersten Veröffentlichungen mit ihm verstärkt gesucht. Das vermeintlich anzügliche Gatefold-Cover trägt darüber hinaus dazu bei, dass diese LP weltweit eine hochpreisige Rarität ist. 46 4.2 Emotionaler Wert Die Marktpreise gebrauchter Schallplatten sind die Konsequenz aus Angebot und Nachfrage. Denn vom eigentlichen Materialwert her müsste jede gebrauchte Schallplatte den gleichen Preis erzielen. Somit muss von subjektiven und emotionalen Werten gesprochen werden. Diese sind nicht messbar, sie unterliegen den persönlichen Präferenzen der jeweiligen Sammler, die durch unterschiedlichste Faktoren – die eigenen Interessen, die eigene Szene, Vorbilder, etc. – bestimmt werden. Hinter dem Begriff des „Sammlerpreises“ verbirgt sich daher der komplexe, persönliche Sammlerwert. In der DJ- und Dance-Szene lässt sich ebenfalls nachvollziehbar beobachten wie diese Preissteigerungen ausgelöst werden. Wird eine, von einem international renommierten DJ wie beispielsweise Gilles Peterson (BBC - Radio 1 „Searching for the perfect beat“) oder Keb Darge („Legendary deep funk sessions“ / London) erarbeitete Compilation veröffentlicht, ist zu beobachten wie sich anschließend die Original LPs oder Singles, deren Titel auf dieser Zusammenstellung enthalten sind, einer internationalen Nachfrage erfreuen, was sich wiederum im Marktpreis widerspiegelt. In einigen Fällen genügt es schon, wenn Titel in den entsprechenden Radioshows oder Clubs gespielt werden und anschließend in den, im Internet einsehbaren Playlisten bedeutender DJs auftauchen. Diese DJs stellen Identifikationsfiguren der Szene dar. Das gleiche Phänomen tritt auf, wenn ein namhafter Produzent Verweislisten veröffentlicht, die sich auf die für Samples und Breaks benutzten Originalstücke beziehen. Dies geschieht meistens auch in Form einer Compilation oder Mix-CD. Doch selbst Reviews in einschlägigen internationalen Zeitschriften der Hip Hop-, Funk & Soul- oder Jazz-Szene, wie beispielsweise „Wax Poetics“, „Straight No Chaser“ oder „Plastics Magazine“, reichen aus, um eine enorme internationale Nachfrage anzuregen. Da hierbei der jeweilige prominente (Wieder-) Endecker der „Rare Grooves“ diese extreme Vorbildfunktion besitzt, treiben sich die zahlreichen Sammler, die diese nun mit einem vermeintlichen Gütesiegel versehene Rarität besitzen wollen, in Online-Auktionen gegenseitig ans Limit ihrer Budgets. Händler machen sich dieses Phänomen durchaus auch zunutze, indem sie die Artikelbeschreibungen mit Floskeln wie beispielsweise „essential tune in the record case of Nicola Conte“ oder auch mit unsoliden Formulierungen wie „could be on a Glücklich-compilation by Rainer Trüby“ spicken. 47 Uwe-Volker Segeth beschreibt in seinem Buch „Das hat mir gerade noch gefehlt“ verschiedene Sammlertypen,35 so unter anderem den “Mitläufer“, der keinen ausgeprägt eigenen Geschmack hat und sich lediglich an Trends orientiert oder Händler befragt. Daneben erwähnt Segeth den „Risikoscheuen“, der wiederum nur Objekte mit „Namen“ und allgemein beglaubigter Qualität ankauft. So wird auch Literatur wie das „Funky & Groovy Records Lexikon“ von Peter Wermelinger, der lange Jahre als Resident DJ des Clubs „Funkhouse“ in Baar-Sihlbrugg (Schweiz) tätig war, von einigen Sammlern als verbindliche Orientierung für den Ankauf und in extremen Fällen sogar als eine Art „Panini-Sammelalbum“ fehlinterpretiert. Anhand von Beobachtungen, Interviews und Befragungen internationaler Sammler aus verschiedenen Kulturen lassen sich somit nationale Eigenheiten ersehen. Hierzu zählt die Tatsache, dass den regional nicht verfügbaren Objekten jeweils ein größerer Stellenwert beigemessen wird. So werden beispielweise LPs der deutschsprachigen Sängerin Heidelinde Weis in japanischen Schallplattenläden durchaus mit 10374 Yen36 (ca. 75 EUR) gehandelt, wobei sich eine LP dieser Interpretin in Deutschland nur selten zu einem Preis von über 15 EUR an regionale Laufkundschaft veräußern lässt. 48 Generationsbedingte Zeitfenster des Interesses 5 Autobiografischer Exkurs durch den musikalischen Konsum Nach Märchenplatten, dem „Jungle Book“ Soundtrack, einer „Sesamstraßen“ LP und diversen Hörspielen stammten meine ersten selbst gekauften LPs von Popmusikikonen der 1980er Jahre, wie etwa den Pet Shop Boys, Depeche Mode, Erasure, Soft Cell, Duran Duran und New Order. Entwicklungen in der Popmusik verliefen zwar bereits während meiner Jugend wesentlich rasanter als beispielsweise in den Hochzeiten der Beatles, waren aber bei weitem nicht so kurzlebig wie heute. So konnte ich zumindest sicher sein, dass sich die LP noch in den Charts befand, als ich endlich den regulären Verkaufspreis von 17,99 DM zusammengespart hatte. Die Pop-Hymnen jener Dekade meiner ersten, unvoreingenommenen musikalischen Konsumtätigkeiten, kannte ich zunächst nur als „Coverversionen“, vorgetragen von Schulkameraden, bevor ich sie endlich von den Originalinterpreten hören konnte. Aktuelle Popmusik war zu dieser Zeit im Alltag nicht derartig omnipräsent wie heutzutage. Die für mich damals musikalisch relevanten TV-Sendungen wie „Ronnys Pop Show“ und „Formel Eins“ oder die „Hitparade“ mit den „Top Ten“ der Verkaufscharts im Radio wurden nur einmal in der Woche übertragen. Wer diese wöchentlichen Highlights verpasst hatte, war nicht auf dem Laufenden und somit abhängig von der Berichterstattung oder einem Audiokassetten-Mitschnitt von Freunden. Niemals werde ich die, aus tiefster Abneigung gegenüber unserem musikalischen Interesse schmerzhaft verzerrten Gesichtausdrücke der Lehrkräfte an der Freien Waldorfschule Kassel vergessen, als wir im Musikunterricht anregten, den Song „Master And Servant“ der Synthie-Pop-Band Depeche Mode zu spielen. Für uns stellte dies keinen sonderlich abwegigen Vorschlag dar, erinnerten doch die in der Schulschreinerei angefertigten Hartholzschlaginstrumente, die in entfernter Verwandschaft zum Xylophon standen, formal sehr an das Instrument aus dem Martin Lee Gore im Musikvideo diesen besonderen „Industrial Sound“ zauberte. 49 5.1 Wie ein langjähriger musikalischer Fokus entstand Nach vielen Jahren unbefangener musikalischer Konsumtätigkeiten, gelegentlich auch von älteren Produkten der Popmusikgeschichte, kam irgendwann jenseits der Volljährigkeit der Punkt, an dem meine Plattensammlung ebenfalls erwachsen werden sollte. Auch habe ich ganz bewusst von unterschiedlichen Tonträgermedien auf die ausschließliche Verwendung von Vinyl-Schallplatten umgestellt. Das speziellere musikalische Interesse und das Zeitfenster zu den dazugehörigen Dekaden wurde Anfang der 90er Jahre aufgestoßen. Mit einem Freund unternahm ich einige mehrtägige Reisen nach London, wo wir in den Plattenläden und Clubs mit eher ungewohnten Spielarten von Tanzmusik konfrontiert wurden. Für uns war es ein unfassbares Erlebnis, im „Dingwall’s Club“ erstmals Hard Bop und Soul Jazz der 1950er und 60er Jahre als Musik für die Tanzfläche zu hören. Ebenfalls ungewohnt waren für uns die ausdrucksstarken Tanzstile der „Jazzcotech Dancer“; teilweise professionelle Tänzer, die diese Plattformen nutzten, um ihr Können außerhalb von Shows und Theater zu zeigen. Im direkten Zusammenhang damit waren für uns auch die Zwischenrufe des Disc Jockeys „NO CIRCLES, NO CIRCLES!“ verwirrend, wenn außer uns noch andere unerfahrene Nightlife-Touristen bei der Beobachtung dieses außergewöhnlichen Spektakels vergaßen, sich selbst zu bewegen. Diese prägenden Erfahrungen waren ausreichend, um uns mit dem wenige Zeit später auch sehr breitenwirksam populären Virus des „Acid Jazz“ zu infizieren. Einige Zeit konsumierte ich zahlreiche Veröffentlichungen, die in das Genre „Acid Jazz“ fallen. Zu erwähnen sind hier Interpreten wie Incognito, Brand New Heavies, Jazzmatazz, Corduroy oder Young Disciples. Und durch große Hits mit nachhaltiger Radiowirkung müssen auch US3 und Jamiroquai ihre Erwähnung finden. Bei all diesen Musikproduktionen liegt der Schwerpunkt der Soundarchitektur auf sich wiederholenden „Loops“ in Form von markanten Jazz Samples, „Hook Lines“ oder organisch eingespielten Instrumenten über einem homogenen Beat-Muster. Dies weckte bei mir einen detektivischen Instinkt, mit dem ich herauszufinden begann, von welchen Originalschallplatten diese Samples stammten. Mit einigem Aufwand an Recherche und Geduld ließen sich zumeist die Originale ausfindig machen. Dabei wurde irgendwann klar, dass die Originalmusik eines Cannonball Adderley, Wes Montgomery, Donald Byrd, Cal Tjader, Gabor Szabo, Jack Mc Duff, Jimmy Smith, Herbie 50 Hancock oder Quincy Jones genauso kompatibel für die Tanzfläche ist, wie die zeitgenössischen Produktionen, die auf deren Samples basieren. Gegen Mitte der 1990er Jahre machte ich dann auch meine ersten Erfahrungen als Club DJ mit meinem musikalischen Konzept, bei dem auf Jazz, Souljazz, Boogaloo, Soul und Brazil Musik der 60er und 70er Jahre zurückgegriffen wird und dabei Titel im Vordergrund stehen, die schon einmal gesamplet oder gecovert wurden, um damit eine breitere Akzeptanz beim Publikum zu finden. 51 5.2 Chronologisch mitwandernder Fokus Um diesen autobiografischen Exkurs meines persönlichen musikalischen Konsumverhaltens abzuschließen muss noch erwähnt werden, dass sich in den vergangenen zehn Jahren der Schwerpunkt meines Interesses und DJ Sets auf einem Zeitstrahl betrachtet genau um ein Jahrzehnt nach vorne in Richtung Gegenwart bewegt hat. So liegt der Fokus heute eher auf 70er und 80er Jahre Modern Soul, Boogie und Disco, im Mix mit Veröffentlichungen aktueller Clubmusik, die von deutlichen Einflüssen aus Soul, Jazz oder Brazil geprägt ist. Damit deckt sich das Zeitfenster meines musikalischen Interesses wieder mit der Zeitspanne, in der ich meine ersten eigenständigen Gehversuche in Bezug auf musikalische Kaufentscheidungen gemacht habe, wenn auch sehr weit von der damaligen musikalischen Substanz entfernt. Ich denke, dass sich anhand dieses persönlichen Beispiels sehr anschaulich die variierenden Vorlieben von Schallplattensammlern bezüglich unterschiedlicher Musikepochen aufzeigen lassen. Das musikalische Interessensgebiet eines Schallplattensammlers ist entweder eng verbunden mit dem Zeitfenster der ersten selbständigen Tätigkeit als Konsument und dadurch auch mit emotional gefärbten Erinnerungen an diese Jugendzeit37 , oder der Interessensfokus liegt in einem vorausgegangenen Zeitfenster, teilweise auch in einen Zeitraum lange vor dem eigenen Geburtsjahr. Dieses unbekannte Feld wird dann sozusagen archäologisch entdeckt und erforscht.38 Der jeweilige Nährboden zur Befriedigung dieser Neugier kann sich aber mit heranwachsender Erfahrung wieder verschieben. Um andere, bisher noch unbekannte Wissengebiete zu erkunden, bewegt man sich chronologisch vor oder zurück oder nimmt neue, zuvor unangetastete musikalische Genres mit hinzu. Dies ist ein Phänomen, welches sich auch sehr deutlich an anderen Sammelgebieten und vor allem an epochal eingegrenzten Einrichtungsstilen ablesen lässt. 52 33 53 5.3 Jahrgangsbedingte Präferenz für Dekaden-Revivals Die Vorliebe zu einem bestimmten Zeitfenster lässt sich besonders gut am Beispiel von Einrichtungsstilen aufzeigen. Hier lassen sich immer wieder Renaissancen von Stilen vergangener Epochen beobachten. Zwar ist der Zenit der im Möbeldesign recycelten Farben und Stilmittel der 1960er und 70er Jahre mittlerweile überschritten, aber dennoch finden sich auf Möbelmessen alljährlich wieder Re-Editionen von Klassikern oder Entwürfe, die als deutliche Zitate, Retro-Möbel, oder einfach als „im Look“ der 60er und 70er Jahre zu werten sind. Geht man davon aus, dass die für Retro-Trends aus diesen Dekaden empfänglichen Konsumenten heute über 35 Jahre alt und Angehörige der, seit dem gleichnamigen Roman von Douglas Coupland so genannten „Generation X“ sind, so transportiert dieser sie heute wieder umgebende Stil eventuell positive Erinnerungen aus ihrer Kindheit und frühem Jugendalter. Unbeschwerte Zeiten also, in denen ihnen außer den täglichen Schulaufgaben, an Verantwortung, Leistung und Eigeninitiative nicht viel abverlangt wurde. Durch diese These lässt sich auch der immerwährende Kultstatus von Lebensmittel-Produktklassikern wie Afri Cola®, Nutella®, kinder Schokolade®, Hubba Bubba®, Smarties® oder Eissorten wie Dolomiti® und Brauner Bär® nachvollziehen, da durch deren Genuss eine emotionale Reproduktion von unbeschwerten Lebensabschnitten wie der Kindheit hervorgerufen wird.38 Aber dass die 60er und 70er Jahre im Bereich des Interior Design eine Renaissance erleben, lässt sich nicht nur dadurch begründen, dass alle heute über 35-jährigen eine glückliche und unbeschwerte Kindheit hatten und bei jeder aufkeimenden Unzufriedenheit mit der heutigen Zeit, sehnsüchtig auf die Vergangenheit zurückblicken und dann versuchen diese Erinnerungen in einer beinahe authentisch an das Elternhaus erinnernden Einrichtung zu fixieren. Es kann ganz im Gegenteil auch ein kompensierendes Verhalten vorliegen39, denn wenn eine geschichtlich abgeschlossene Epoche mit Verzicht, erzwungener Enthaltsamkeit oder Verlust durchlebt wurde, wäre es denkbar, dass die Person versucht, das Verlorene oder Verpasste nachzuholen und dieses Jahrzehnt möglichst authentisch nachzuleben. Gerda Breuer schrieb in einem Essay über moderne Design-Klassiker „…der Begriff suggeriert Kontinuität statt Wandel“40 und auf Altbewährtes zurückgreifen verleiht dem Konsumenten das Gefühl stilistisch auf der sicheren Seite zu sein. 54 5.4 Die Zukunft ist Geschichte Interessant ist es auch zu hinterfragen, in welchen Zyklen diese, kommerziell nicht uninteressanten, mit Generationen verknüpften Spiralen der Erinnerung auftreten. Die Jahrzehnte, deren Revivals in allen Lebensbereichen zelebriert werden, dürfen weder zu nah und unverdaut noch zu fern und vergessen sein, um eine breite Akzeptanz zu finden. Generell lässt sich beobachten, wie breitenwirksame RetroTrends das Kindheits-Jahrzehnt der 20 bis 30 Jährigen, also der Generation die gerade ihr erstes eigenes Geld verdient und sich noch auf der Suche nach einem eigenen Stil befindet, zitieren. Chronologisch betrachtet stehen also nun die stilistisch prägenden Elemente der 80er Jahre41 als Fundgrube für gestalterische Recyclingarbeiten in den Sektoren Mode, Lifestyle, Grafik und Interieur zur Disposition. Im Bereich des Popmusikrecyclings und in einigen TVFormaten sind sie auch schon überaus präsent. Auch bei Frisurentrends und in der Mode finden sich seit einigen Jahren deutliche Zitate der 80er Jahre, insbesondere im modischen Accessoire-Bereich, repräsentiert beispielsweise durch Schweißbänder und Neonfarben. Für ein wirklich breit akzeptiertes Revival, gerade auch im Bereich des Interieur Design, ist es allerdings noch zu früh. Aus Statistiken und Untersuchungen des Verbands der Deutschen Möbelindustrie geht hervor, dass der durchschnittliche Bundesbürger alle 5 Jahre ein Möbelgeschäft betritt und dort auch eine Anschaffung tätigt.42 Überschlägt man, für welchen Zeitraum Möbel in den Haushalten verbleiben bis sie aus Überdruss oder wegen Abnutzungserscheinungen entsorgt werden, lässt sich erahnen, dass die Mitte der 80er Jahre getätigten Möbelkäufe noch nicht allzu lange aus den Wohnzimmern verschwunden sind. Und wer möchte schon direkt wieder das kaufen, was erst vor wenigen Jahren an den Straßenrand gestellt wurde? 55 5.5 Echo der Zeiten, Second Hand Hits und Reinkarnations-Acts Bei der Popmusik lassen sich die Folgen des kulturellen ZeitenRecyclings besonders gut erkennen und verhelfen den jeweiligen Popikonen der entsprechenden Ära zu einem zweiten Frühling. So bekamen während des 70er Jahre Revivals beispielsweise deutschsprachig singende Schlagerstars, die zwischenzeitig ihren Lebensunterhalt mit Baumarkteröffnungen und Firmenfeiern finanzieren mussten, plötzlich wieder die Gelegenheit auf großen Bühnen in ausverkauften Hallen zu singen. Auf der Suche nach neuen, kommerziell verwertbaren musikalischen Trends gelingt es den geschickten A&R-Managern43 und Produzenten der Major Labels44 immer wieder eigene Interpreten zu kreieren, die dann vom Fahrtwind eines Retro-Booms mitgerissen werden. So zum Beispiel die schwedische Reinkarnations-Gruppe45 A*Teens, „entdeckt“von Anders Johansson, Head of A&R des Schwedischen Schallplattenlabel Stockholm Records. Zur Klärung der rechtlichen Verhältnisse möchte ich anmerken, dass Stockholm Records eine Division von MCA Records ist, was wiederum dem Major Label Universal Music Group unterliegt. Universal Music ist im Besitz „des vielfältigsten Musikkatalog der Welt“46 und enthält neben vielen anderen Labels auch Polydor und somit die Rechte an den Titeln der bis Anfang der 80er Jahre aktiven schwedischen Gruppe Abba, die auf Polydor veröffentlicht wurden. Dies ist wissenswert vor dem Hintergrund, dass das Repertoire der Gruppe A*Teens zu etwa 90% aus Coverversionen von AbbaKlassikern besteht. Titel wie „Mama Mia“, „Super Trouper“, „S.O.S.“ und andere Discohits wurden für die anvisierte Zielgruppe, durch an den zeitgenössischen Dance-Pop angelehnte Beats, Bass Lines und Sounds, aufgeblasen und stilistisch aufbereitet. Hook Lines47, Refrains, Texte und andere für den Wiedererkennungswert wichtige Elemente wurden ebenfalls beibehalten. Als 1999 das erste Release der A*Teens in Form der Single "Mamma Mia" veröffentlicht wurde, sprengte dies in Schweden alle bisherigen Verkaufsrekorde, womit auch das Pop-Quartett Abba und damit das „Original“ übertroffen wurde. 48 Die Marketingstrategie, basierend auf der Verwendung von durch hohen Wiedererkennungswert geprägten Originalen hat durchaus Methode. So ist seit 1996 jeder fünfte aktuelle Hit, der sich in der Rotation von Radiostationen und Musiksendern befindet, eine Coverversion.49 56 Compilations von Remixprojekten unterschiedlichster Künstler, bei denen DJs und Produzenten verschiedener Nischen zeitgenössischer Tanzmusik mit einer Neugestaltung der alten Originale beauftragt werden, tauchten in den letzten Jahren immer wieder in Musikgeschäften auf. Dabei erfolgt das „Aufpolieren“ der Klassiker durch Umstrukturierungen und durch eine Konformisierung des Beat per Minute – Verhältnisses in Anlehnung an andere aktuelle Dancefloor-Produktionen. Resultat sind „entstaubte“ Updates, die das Hit-Potential ein weiteres Mal ausschöpfen und nun auch für das ästhetische Empfinden eines jüngeren Publikums zugänglich sind. Signifikante Elemente, die einen hohen Wiedererkennungswert haben und darüber eine Akzeptanz oder ein neu erwecktes Interesse bei einer älteren Zielgruppe nach sich ziehen können, sind natürlich noch vorhanden.50 57 5.6 Spiralen der Erinnerung oder Endlosschleifen? Die Popdiva Madonna schaffte es, während ihrer langen musikalischen Laufbahn, immer wieder sich neu zu inszenieren. Dies geschah in ihrer seit über 20 Jahren andauernden Karriere mit radikalen und provozierenden Stilbrüchen. Sowohl musikalisch als auch in Bezug auf Cover-Design, Musikvideos und Outfits gelang es ihr, Stilelemente, wie zum Beispiel den 80er Jahre Girlie-Look, verschiedener Zeiten zu prägen. Dabei blieb die Entertainerin aber niemals stilistisch in einer Zeit hängen, sondern entwickelte sich permanent weiter. Darin begründet sich auch, weshalb die durchschnittliche Halbwertszeit von Popprodukten so weit überschritten werden konnte und Madonna mittlerweile mehrere Generationen als ihre Zielgruppe verbuchen kann. Bei den jüngeren Hitproduktionen werden Patchworks aus retrospektiven musikalischen Schnipseln in Verbindung mit aktuellen Dancefloor Sounds und Rhythmusmustern erzeugt. So wurde zum Beispiel bei der letzten Single Veröffentlichung „Hung Up“ ebenfalls der Hypefaktor mit einem sehr markanten Hook Line Sample des DiscoKlassikers „Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight)“ von Abba erhöht. Im dazugehörigen Video gibt sich die heute 47-jährige „Queen of Pop“ als pikante „Dancing Queen“. Bildästhetik, Choreografien und Outfits erinnern stark an die ersten Spielfilme über Hip Hop, Breakdance und Electric Boogaloo wie zum Beispiel „Beat Street“ oder „Wild Style" aus den frühen 80er Jahren. So hat sich Madonna augenscheinlich lange genug immer wieder neu erfunden, um nun mit Zitaten der Umwelt aus der Zeit ihrer ersten Single-Veröffentlichung „Everybody“ im Jahr 1982 arbeiten zu können. Bleibt abzuwarten, ob man in zukünftigen Produktionen den nächsten Schritt, „Selbst-Kannibalismus“ durch Hook Line Samples eigener Hits, gehen wird? Diese Frage und ob sich der Wertstoffkreislauf des kulturellen Recyclings schließen lässt, wird von der Zukunft beantwortet. 58 5.7 Fazit / Persönliche Faktoren für die Wahl eines Sammelgebiets All diese Beobachtungen und Thesen sollen aufzeigen, dass deutliche Zusammenhänge bestehen zwischen dem Jahrgang eines Sammlers und des bereits abgeschlossenen Zeitraums, der das Spektrum für sein Interesse darstellt. Musik ist zeitgebunden und immer eng verknüpft mit persönlichen Erinnerungen. Schöne oder hässliche Erlebnisse sind unzertrennlich verstrickt mit der Musik, von der man in diesen Momenten, wenn auch nur unbewusst, umgeben war. Um dies anhand eines persönlichen Beispiels zu verdeutlichen sei hier der Song „Ain't Nobody“ von Chaka Kahn erwähnt. Diese fröhliche, zugegeben, bemerkenswert gut produzierte, Disco-Soul-Pop-Hymne lief gerade im Radio, während ich mit meinem Ford Sierra Kombi, nicht zuletzt durch die unkomplizierte Radio Musik gut gelaunt, auf der Autobahn unterwegs war. Unerwartet platzte bei hoher Geschwindigkeit ein Reifen, nach Sekunden des Schreckens und der Todesangst eruierte ich, mittlerweile auf dem Standstreifen zum Stehen gekommen, das Ausmaß dieses Vorfalls. Dabei kam mir die plötzlich unangenehm laute Musik mit zuvor nicht so wahrgenommenen zynischen Textpassagen wie „Makes me happy“, in diesem Moment, wo mir auch wieder einfiel, dass ich ganz sicher keinen Reservereifen an Bord hatte, nur noch als deplatziert und abträglich vor. Die Aversion gegen diesen Song konnte ich nie wieder ablegen, erinnert er mich doch immer an dieses unerquickliche Intermezzo jener Autoreise. Auf einen derartigen „Soundtrack“ zu einem positiven oder negativen Erlebnis kann wohl jeder zurückgreifen und durch das erneute Abspielen auch die dazugehörigen Erinnerungen wieder zurückkommandieren, sofern man dies möchte. Bei der Wahl eines Zeitraums der den Fokus für ein musikalisches Sammelgebiet darstellen soll, wird die Entscheidung sehr stark von derart persönlichen Emotionen beeinflusst. Die musikalischen Souvenirs, die man sammeln möchte, sollen möglichst aus einer sorgenfreien Zeit stammen und dabei irgendwie mit der eigenen Existenz in Verbindung stehen. Die gleichen Beweggründe also, die auch zugrunde liegen, wenn Konsumenten auf historisierende Einrichtungsgegenstände aus den Jahren der Kindheit zurückgreifen, sich eine Remix CD mit aufgepeppten James Brown Soul-Klassikern zulegen oder sich dabei erwischen im Baumarkt die Hook Line von Madonnas „Hung Up“ mitzusummen. Gemeinsamer Nenner ist mindestens eine 59 unbewusst positive Auffassung oder ein wirkliches Interesse an der Vergangenheit. Wobei man bei Musikprodukten immer zwischen „Hörern“ und „Sammlern“ 51 differenzieren muss. Bei Sammlern, die sich mit einer Thematik fundiert auseinandersetzen, ist das Interesse oft auch „prähistorisch“ in Bezug auf die eigene Existenz. 52 Der Sammler macht „archäologische Probebohrungen“ auf tieferer Ebene als der „Hörer“ und wenn ihm zusagt, was er dort vorfindet, bedient er sich an den akustischen Schätzen dieser Zeit. „Der Mensch ist wohl sein gesamtes Leben lang auf der Suche nach seinem „Ich“ bzw. seiner Identität. Bei dieser Suche kann ihm das Sammeln durchaus eine große Hilfe sein“.53 Transformiert auf den Schallplattensammler bedeutet dies Feldforschung in den Veröffentlichungen der mittlerweile 50-jährigen Geschichte der Rock/ PopMusik. Und da die Identität von 23-jährigen selten etwas mit 60er Jahre Beat-Musik gemein hat, würden diese sich auf einem Flohmarkt eher verzückt über das heute wieder aktuelle Outfit auf der Coverfotografie einer Single aus den 80er Jahren erfreuen, während ein Sammler Jahrgang 1949 diese wiederum keines Blickes zu würdigen wüsste. 60 34 61 Ressourcen 6 Vinyl Hunting Grounds Für einen passionierten Schallplattensammler gibt es zahlreiche Quellen, um an das begehrte Vinyl zu kommen. Je nach Umtriebigkeit werden nicht nur lokale Ressourcen angesteuert, sondern auch Städtereisen und ganze Touren durch Herkunftsländer der gesuchten Tonträger als Form von Freizeitgestaltung oder Urlaub veranstaltet. Dies beschreibt auch der ironische Roman „Auf der Jagd nach dem roten Label“54 von Hannes W. Brinkmann in amüsanten wenn auch teilweise überzeichneten Bildern. Brinkmann schildert detailverliebt das Jagdverhalten einer Gruppe über-ambitionierter Schallplattensammler. Wie sie sich früh morgens auf den Flohmarkt quälen, erfolglos versuchen eine Studienreise nach Polen in einen Platteneinkauftrip zu verwandeln oder wie in der Hoffnung um einen Vinylnachlass allein stehenden Witwen Hausbesuche abgestattet werden. Einer der Protagonisten des Romans schreckt sogar nicht davor zurück, sich als freiwilliger Helfer bei der Volkszählung zu melden und ergänzt den Fragenkatalog kurzer Hand um die Frage nach der Anzahl, der sich im Haushalt befindlichen Schallplatten. Einige weniger exotische Ressourcen für Schallplatten werden in diesem Kapitel aufgezeigt. 62 35 Schallplattenantiquariat, Mauergasse 15, 65183 Wiesbaden. 63 6.1 Schallplattenläden / Deutschland In den „Schwarzen Seiten 2004“55 sind 421 Schallplattenläden „von Aachen bis Zwickau“ mit Adressen verzeichnet. Diese Zahl beinhaltet Läden mit Neuware, gemischtem Angebot aus Neu- und Gebrauchtware sowie reine Secondhandläden. Dabei bestehen große Unterschiede in Bezug auf die qualitative Auswahl und Aufbereitung des Angebots sowie den angebotenen Service, Leistungen und das optische Erscheinungsbild der Plattenläden. Vom „Grabbelladen“ mit unsortierten LPs aus Haushaltsauflösungen zu Einheitspreisen, bis hin zu sehr gepflegten Läden die neben dem üblichen Rock/Pop Angebot einen Schwerpunkt auf einem spezifischen Vinyl-Raritäten Sektor bedienen und eventuell auch Musik-Memorabilien wie Autogrammkarten, Plakate und Bücher oder gebrauchte Audio-Klassiker führen. 6.1.1 Schallplattenläden / International Über den internationalen Bestand an Schallplattenläden kann man sich durch einen Besuch auf der Website www.recordstorereview.com56 ein ähnlich vages Bild machen. Dort sind 1.447 Schallplattenläden aus 48 Ländern und 732 Städten verzeichnet. Und wie der Domainname schon verrät, können die User auf der Website Bewertungen in Form von kurzen Texten und bis zu fünf Sternchen abgeben. Die 1.447 auf der Website gelisteten Shops können jedoch nur einen Bruchteil der weltweit existierenden Schallplattenläden repräsentieren. 64 36 “Val Shivley's R&B Records March 2002. Four million 45s in stock and 7 hours to do it in.“ 65 6.1.2 Schallplattenläden / Anforderungen der Nutzer Aus Befragungen57 geht hervor, dass Schallplattensammler Features wie einen autonom zu bedienenden Plattenspieler zum Probehören sehr begrüßen. Auch ein Fach mit Neueingängen wird gern gesehen, da dies bei regelmäßigen Besuchen erspart den ganzen Laden zu durchforsten. Eine angenehme und geordnete, allerdings nicht überstylte oder klinische Raumsituation wurde von einigen ebenfalls als wichtig beschrieben. Die gesamte Atmosphäre wird maßgeblich geprägt von dem Personal, das den Laden betreut. Hierzu wurde geäußert, dass Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Empfehlungen, sowie unaufgeforderte Rabatte bei Stammkunden die wichtigsten Eigenschaften sind. Dabei ist der erste Eindruck entscheidend und kann schon durch die „falsche“ zu laute Musik oder eine unfreundliche Begrüßung eine Kaufentscheidung negativ beeinflussen. 6.2 Schallplattenbörsen / Deutschland Schallplattenbörse, der Begriff drängt diese Assoziation zum Parketthandel mit Wertpapieren auf, und Analogien bestehen auch. Allerdings wesentlich unförmlicher werden Schallplattenbörsen in Messe- und Kongresshallen, Universitäts-Mensen und anderen Mehrzweckbauten abgehalten. Weitgereiste Händler geben sich bisweilen als „Record-Broker“, die internationale Auktionspreise als Standard manifestieren und daran festhalten, auch wenn sie sich gerade in einer provinziellen Kleinstadt befinden oder dieser Kurs schon länger nicht mehr aktuell ist. Auch die Atmosphäre erinnert an Bilder wie man sie von der Wertpapierbörse kennt, Hektik und absolute Reizüberflutung für die Sammler, entspannt sind nur wenige. Schon gar nicht der Händler der beklagt, dass sich die Standmiete und die Fahrtkosten wohl wieder mal nicht amortisieren. Für das Jahr 2004 waren in den "Schwarzen Seiten 2004" 162 Börsentermine in Deutschland verzeichnet. Auf Internetseiten von Veranstaltern in HiFi- und Sammler-Foren kann man sich über die aktuellen Termine informieren. Die Plakate mit denen diese Veranstaltungen in Deutschland beworben werden, sprechen visuell die gleiche Sprache wie die Plakate für Flohund Trödelmärkte: Einfarbig Schwarz auf gelbem oder orangenem Neon-Papier gedruckt. 66 37 CD und Schalplattenbörse, Wiesbaden, 15.01.2006 67 6.2.1 Schallplattenbörsen / International Außerhalb von Deutschland ist in Europa und nach Angaben des Veranstalters auch weltweit die „Mega Record & CD Fair“ in Utrecht die größte Veranstaltung. Auf etwa 12.000 m2 Ausstellungsfläche findet diese Börse zweimal jährlich im Frühjahr und Herbst statt. Für drei Tage reisen rund 500 Händler aus Mexiko, Argentinien, Kanada, Japan, den USA, der Türkei und Südafrika und aus sämtlichen europäischen Ländern an. Angeboten werden nach Schätzungen des Veranstalters über 10 Millionen Tonträger verschiedenster Formate und jeder denkbaren Musikrichtung. Der Veranstalter Amsterdam Record Convention (ARC) organisiert diese Events seit 1993 und konnte in den letzen Jahren einen vermehrten Zulauf von internationalem Publikum aus aller Welt verzeichnen. 58 Die Gestaltung der Flyer und Plakate ist im Stil von Psychedelic Postern der 60er Jahre gehalten. Die Verkaufsfläche ist in Gassen aufgeteilt, die verschiedenen Musikrichtungen zugeordnet sind. Die „Dance Section“, mit etwa 600 Ständen mit jeder denkbaren Art von Clubmusik (wie zum Beispiel House, Funk, Soul, Brazil, Disco, Jazz, Reggae, Hip Hop und R&B), ist der Abschnitt in dem viele internationale DJs und Produzenten auf der Suche nach Secondhand-Raritäten oder den neuesten Releases verkehren. Im Online-Forum www.soulstrut.com sind zu den Veranstaltungen in Utrecht zahlreiche positiv bewertende Einträge von begeisterten DJs und Schallplattensammlern gelistet. Fotos, auf denen die Beute des Tages abends im Hotelzimmer abgelichtet wurde, verleihen diesen Aussagen Nachdruck. 59 Um noch kurz einen Blick auf amerikanische Veranstaltungen zu werfen sei hier die jedes Jahr im November in New York stattfindende „WFMU RECORD SHOW“ vom Radio Sender WFMU 91.1 fm erwähnt60. Axel Hamberger aus Giessen von Brown Sugar DJ Kollektiv hat in dem Reisebericht „Diggin' for Gold“ 61 seine persönlichen Eindrücke von diesem dreitägigen Börsenmarathon im Metropolitan Pavilion beschrieben. Er spricht von einer Großmarktatmosphäre und schildert die Momente des Glücks und der Enttäuschung und erklärt wie man „Tanzkracher“ anhand der Titel aus 68 38 ARC Mega Record and CD fair November 2005 69 einem „Bananenkarton voller 45’s“ identifizieren kann. Doch die nicht zu verachtende Ausbeute seiner New York Reise von ca. 80 LPs und 70 Singles lässt ihn letztendlich ein positives Gesamtresultat ziehen. Andere Reviews und Fotoberichte in OnlineForen62 berichten ähnlich positiv über diese Veranstaltung. 70 39 ARC Mega Record and CD fair November 2005 71 6.3 Andere Quellen / Deutschland Zu erwähnen wären hier vor allem Floh- und Trödelmärkte. Auf Parkplätzen, an Flussufern oder in Altstädten heißt es an festgelegten Samstagen und Sonntagen „The early bird catches the worm“. Die Termine dazu lassen sich den Tageszeitungen oder speziellen Sammler-Zeitschriften und Internetseiten entnehmen. Das bundesweite Terminheft „Flohmarkt-Revue“ 63 listet monatlich ca. 4.000 Termine gewerblicher Veranstalter. Diese Zahl enthält allerdings nicht die Märkte von Vereinen, Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen. Bei der „Plattenjagd“ auf Flohmärkten ist die Hoffnung der Sammler besonders groß bei privaten Verkäufern ein wirkliches „Schnäppchen“ weit unter Marktpreis zu erstehen. Und wenn nichts für die eigene Sammlung zu finden ist, dann wird eben etwas zum Weiterverkaufen oder Tauschen mitgenommen. Ein Sammler bildet auf einem Flohmarkt einen Fokus in seinem Blick und blendet alles aus was nicht in sein Beuteschema64 gehört. Von daher ist für einen Schallplattensammler ein Flohmarkt ein nicht ganz so reizüberflutetes und anstrengendes Erlebnis wie eine Plattenbörse. Eine weitere Quelle für Schallplattensammler können Trödelläden oder Recyclingkaufhäuser darstellen. Sofern diese ein Angebot an Tonträgern aus Haushaltsauflösungen haben ist der Aufwand, sich durch die unsortierten LPs und Singles zu arbeiten zwar sehr hoch, wird aber, sofern sich etwas finden lässt, mit kleinen Preisen belohnt. 72 30 Flohmarkt in Straßburg 73 6.3.2 Andere Quellen / International Jede europäische Metropole hat einen etablierten Flohmarkt mit einem interessantem Angebot an Schallplatten zu bieten. So zum Beispiel der „Le marche au Puces de St-Ouen“ in Paris, der „Camden Market“ in London oder der „Waterlooplein Fleamarket“ in Amsterdam. In Amerika veranstaltet die „National Flea Market Association“ (NFMA) 65 ungefähr 3.000 Flohmärkten pro Woche. Darüber hinaus gibt es auch noch die Möglichkeit, bei privaten „Garage Sales“, in so genannten „Triftshops“ oder „Salvation Army Stores“ nach günstigen Schallplatten Ausschau zu halten. 74 31 75 6.4 Record Mailorder Der Schallplatten-Versandhandel ist ein Vertriebsweg, wie man ihn auch von Versandhäusern wie Quelle oder Otto kennt. Zum einen bietet sich dieser für die Tonträgerversorgung ländlicher Regionen mit einer konsumtechnisch eher auf das Nötigste beschränkten Infrastruktur an, die auf eine Bestellung per Post angewiesen sind. Zum anderen gelingt es Händlern, die sich auf ein bestimmtes Nischenrepertoire spezifiziert haben, durch diese überregionale Vertriebsform einen akzeptablen Kundenstamm zu schaffen. 6.4.2 Record Mailorder / Geschichte & Entwicklung Der Mailorderversand von Tonträgern kann auf eine lange evolutionäre Geschichte zurückblicken. Zu den Anfängen dieser Verkaufsform, den pre-digitalen Zeiten, wurden Listen und Kataloge bei exklusiveren Artikeln auch Kassetten mit Soundbeispielen der LPs versandt. Auch verdeckte Auktionen, wie sie von der Zeitschrift „Oldie Markt“ 66 seit 1977 und bis heute monatlich koordiniert werden, waren in den Zeiten vor E-Mail und dem Internet üblich. Um einen wichtigen deutschen Mailorder zu nennen sei hier „Jazz by Post“ (JAPO) erwähnt. Der Mann der diesen Mailorder 1967 ins Leben rief heißt Manfred Scheffner. Er war es, „der den Jazz in Deutschland mit seiner „Jazz by Post“-Idee in den 70er-Jahren verbreitete und damit eine stetig wachsende Gemeinde süchtig nach guten Jazzplatten machte“.67 JAPO war Plattenladen (München, Pasing), Mailorder und fungierte später auch als Jazzlabel. Als Produzenten waren Manfred Scheffner, Thomas Stöwsand, Steve Lake und Manfred Eicher tätig. Einige der Jazzmusiker von denen Werke auf dem JAPO Label veröffentlicht wurden, waren Barre Phillips, Herbert Joos, Dollar Brand oder Edward Vesala.68 1989 wurde der JAPO Plattenladen und der Mailordervertrieb aufgelöst. Das JAPO Label wurde, mitsamt seinem Backkatalog, von ECM (Editions of Contemporary Music) übernommen. Manfred Scheffner leitet seither unter dem Motto „Jazz is Beck“ die renommierte Jazzabteilung im Münchner Kaufhaus Beck am Marienplatz.69 76 "I’m into record mailorder since 1991" Luca Trevisi Hot Groovy Records ww.hotgroovyrecords.it (Bologna, Italy) 77 6.4.3 Record Mailorder / Internet und Online-Mailorder Mit der technischen Neuerung von Internet und E-Mail veränderte sich zunächst nur, dass das Angebot der Mailorder Händler rund um die Uhr auf deren Websites, zunächst in Form von einfachen HTMLListen, einsehbar war. Konform zum vorherigen Postversand von Listen und Katalogen wurden nun E-Mails mit Listen versendet. Bei Gebrauchtware, bei der Artikel größtenteils nur einmal vorhanden sind, hatte nach wie vor derjenige Vorkaufrecht, der zuerst auf die E-Mail antwortete. Auch verdeckte Auktionen wurden weiterhin betrieben, nur konnte die Laufzeit aufgrund der schnelleren digitalen Postwege wesentlich verkürzt werden. Auch die Bezahlung per Vorkasse konnte durch das Einbinden von Online-Zahlungen per Kreditkarte wesentlich vereinfacht werden. Auch PayPal, ein von der eBay-Group entwickeltes und inzwischen sehr etabliertes „virtuelles“ Konto, mit dem man Geldbeträge senden und empfangen kann, vereinfachte die Zahlungsabwicklung. Somit konnte der zeitaufwendige und immer mit einem Verlustrisiko verbundene Versand von Bargeld auf ein Minimum reduziert werden. Bis heute lassen sich nur zwei Gruppen von Online-Shops für das Angebot von „Vintage Vinyl“ klassifizieren. Die erste Gruppe bietet einfache HTML-Listen an, in denen die LPs nach Genres oder alphabetisch gelistet sind. In einigen Fällen gibt es Textlinks zu Coverabbildungen oder MP3-Daten. Die Bestellung erfolgt über eine Anfrage per E-Mail. Zu der zweiten Gruppe gehören Online-Anbieter deren Webseiten eine richtige Datenbank sowie ein Shop- und Zahlungssystem zugrunde liegt. Von der Gliederung sind diese stark an online Shopping Klassikern wie beispielsweise Amazon orientiert. Meist findet sich oben eine Leiste mit Reitern wie „Warenkorb“, „Currency Converter“, „Shipping Terms“ oder ähnlichen Informationen und am linken Rand befindet sich eine Liste der angebotenen Genres. Der heutige Stand der Technologie, den Programme wie beispielsweise „Adobe Flash“ aufzeigen, wird nicht zur Unterstützung des Shopsystems oder der Präsentation der Schallplatten genutzt, sondern ausschließlich für Intros und Gimmicks angewendet, die bei einem regelmäßigen Besuch den Einstieg zur Website nur lästig verlängern und der eigentlich Zielsetzung, die ein schneller unkomplizierter Zugriff auf das Angebot sein sollte, nur im Wege stehen. 78 Yoshida Records www.yoshida-records.net (Tokyo, Japan) 79 6.4.4 Record Mailorder / Anforderungen der Nutzer Die Befragungen von Usern haben teilweise absehbare Ergebnisse mit Analogien zu den Anforderungen an Schallplattenläden ergeben. Abzusehen war, dass ebenfalls das Probehören, in dem Fall via MP3 Samples, wichtig ist. Begründet wird dies durch das Streben nach Neuentdeckungen und ausschließlich anhand einer Beschreibung würden die Befragten keine hochpreisige LP, die sie nicht kennen, kaufen. Zu Beschreibungen wurde weiter geäußert, dass diese, sofern sie interessante Informationen wie beispielsweise über beteiligte Musiker, Produzenten, Orte der Aufzeichnung oder die Höhe der Auflage einer LP liefern, durchaus wichtig sind. Wenn Beschreibungen allerdings zu sehr von Superlativen und Übertreibungen geprägt sind und diese darüber hinaus durch das Anhören eines MP3-Samples widerlegt werden, verliert der Händler unwiderruflich seine Glaubwürdigkeit. Coverabbildungen der Schallplatten werden begrüßt. Einerseits zur visuellen Überprüfung des Qualitätszustand der Ware und andererseits um feststellen zu können, ob es sich bei einem Exemplar um genau die richtige und gesuchte LP handelt. Ebenfalls analog zu Schallplattenläden stellen „Neueingänge“ ein beliebtes Feature dar. Was ungern gesehen wird ist, wenn bereits verkaufte Schallplatten noch im Angebot stehen, die Seite also nicht aktuell gepflegt ist. Auch wurde angegeben, dass weiterleitenden Empfehlungen zu musikalisch ähnlichen Schallplatten oder Empfehlungen des Händlers nachgegangen wird. Kritik wurde an der derzeitigen Kreativität bei der Präsentation der Schallplatten in Online-Stores geäußert und das Scrollen in langen HTML-Listen wurde als langweilig und anstrengend beschrieben. Analog zu einem realen Schallplattenladen wäre ein automatisierter Rabatt für Stammkunden ein weiteres wünschenswertes Feature vieler Befragter. Die aber eindeutig meist geäußerte Aussage war, dass ein schneller Postversand überaus wichtig sei. 80 Funk Is Here www.funkishere.com (Meaux, France) Cosmic Groove www.cosmicgroove.fr (Montpellier, France) Jazzmen Records wwww.jazzmanrecords.co.uk (London, England) Record Kingz www.recordkingz.com (Kingston Upon Thames, England) 81 6.4.5 Record Mailorder / Visuelles Vokabular Die visuelle Erscheinung von Online-Stores, die „Rare Groove Records“ führen, wird in vielen Fällen von klischeebehafteten Bildzitaten dominiert. Immer wieder trifft man auf Fotografien von Plattenspielern, Schallplatten, oder auch Logos von in Sammlerkreisen beliebten Plattenlabeln. Des Weiteren findet man auch Abbildungen von 60er und 70er Jahre Interieur oder zeitgenössisch gekleideten Musikern aus dieser Zeit. Aber auch deutliche ästhetische Symbole, die eigentlich aus anderen entfernteren musikalischen Kontexten stammen, werden verwendet. So zum Beispiel Zitate der Bildsprache und Ästhetik der Hip Hop, Graffiti und Street Art Kultur. Auf Startseiten finden sich oft Coverabbildungen der absolut hochpreisigen Vinyl Raritäten. Dass diese dann auch im Verkaufsangebot der Website zu finden sind ist allerdings nicht Voraussetzung für deren Abbildung. 82 eBay: www.ebay.de 83 6.4.6 Record Mailorder / eBay und andere Plattformen Seit 1995 das Online-Auktionshaus eBay verfügbar wurde, ist dies einer der Hauptumschlagplätze für Schallplatten im Internet. Diese Plattform ermöglicht es Sammlern aus aller Welt auf Vinyl-Raritäten aus entfernten Ländern zuzugreifen. Die bereits erwähnte Einführung von „virtuellen“ Zahlungsmöglichkeiten wie PayPal oder BidPay vereinfachte diesen weltweiten Handel noch. Der Höhepunkt war kurz vor Ende der 90er Jahre, wo immer mehr Haushalte mit dem Internet verbunden wurden, erreicht. Seit wenigen Jahren ist eine Relativierung dieser Euphorie zu beobachten. Mittlerweile zählt eBay 114 Millionen70 registrierte Mitglieder weltweit, und der Umgang mit Digital-Kameras und Bildbearbeitungsprogrammen sowie die Bereitstellung von Bild und MP3-Daten im Internet gehört zu den Grundkenntnissen eines PC Users, was dazu geführt hat, dass sich der Auktionshandel mit „Rare Vinyl“ etwas beruhigt hat und eBay von Händlern eher als günstige Einkaufsquelle genutzt wird. Die einst hochpreisig versteigerten „Raritäten“ tauchen heute im wöchentlichen Turnus auf und dabei ist es egal, ob sie von etablierten Händlern wie beispielsweise „Record Kingz“ (England) oder aus einem Privathaushalt stammen. Hauptsache ist, dass aussagekräftige Bilder den Zustand und die Ausgabe (ggf. durch Seriennummer oder Label) der angebotenen LP belegen. Zum Beispiel wurde der Markt der einst teilweise relativ hochpreisig gehandelten „East Euro Jazz“ Schallplatten durch Händler aus den Herkunftsländern der LPs wie Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei relativiert, da diese plötzlich aufzeigten, dass die Ware doch nicht so „near impossible to find“ ist, wie zuvor einige Anbieter in Ihren Auktionstexten beschrieben hatten. Händler, die einen bestimmten Preis anvisiert haben, belegen ihre Auktionen heute zumeist mit einem „Reserve Price“. Wird dieser nicht überboten, bleibt die Ware in ihrem Besitz. Es gibt auch Internetplattformen, die spezifischer für den Markt mit gebrauchten Tonträgern konzipiert sind. So zum Beispiel www.gemm.com (ebenfalls seit 1995) oder www.cdandlp.com (seit 2001). Hier wird, vergleichbar mit Amazon, wo auch Antiquare und Privatleute gebrauchte Bücher anbieten können, ein Shop und Zahlungssystem vorgegeben. Dieses Shopsystem wird durch das Einpflegen des Angebots verschiedener privater und gewerblicher Anbieter von Schallplatten und CDs zum Festpreis mit Content gefüllt. Wird ein Artikel verkauft, ist eine Provisionsgebühr für die Zusammenbringung von Käufer und Händler fällig. 84 Goldmine Grading System Mint (M) Absolutely perfect in every way. Certainly never been played, possibly even still sealed.(More on still sealed under "Other Considerations"). Should be used sparingly as a grade, If at all. Near Mint (NM or M-) A nearly perfect record. Many dealers won't give a grade higher than this implying (perhaps correctly) that no record is ever truly perfect. The record should show no obvious signs of wear. A 45 RPM or EP sleeve should have no more than the most minor defects, such as almost invisible ring wear or other signs of slight handling. An LP cover should have no creases, folds, seam splits or other noticeable similar defects. No cut-out holes, either. And of course, the same should be true of any other inserts, such as posters, lyric sleeves and the like. Basically, an LP in near mint condition looks as if you just got it home from a new record store and removed the shrink wrap. Near Mint is the highest price listed in all Goldmine price guides. Anything that exceeds this grade, in the opinion of both buyer and seller, is worth significantly more than the highest Goldmine book value. Very Good Plus (VG+) Generally worth 50 percent of the Near Mint value. A Very Good Plus record will show some signs that it was played and otherwise handled by a previous owner who took good care of it. Record surfaces may show some signs of wear and may have slight scuffs or very light scratches that don't affect one's listening experiences. Slight warps that do not affect the sound are "OK". The label may have some ring wear or discoloration, but it should be barely noticeable. The center hole will not have been misshapen by repeated play. Picture sleeves and LP inner sleeves will have some slight wear, lightly turned up corners, or a slight seam split. An LP cover may have slight signs of wear also and may be marred by a cut-out hole, indentation or corner indicating it was taken out of print and sold at a discount. In general, if not for a couple things wrong with it, this would be Near Mint. All but the most mint-crazy collectors will find a Very Good Plus record highly acceptable. Very Good (VG) Generally worth 25 percent of Near Mint value. Many of the defects found in a VG+ record will be more pronounced in a VG disc. Surface noise will be evident upon playing, especially in soft passages and during a song's intro and fade, but will not overpower the music otherwise. Groove wear will start to be noticeable, as with light scratches (deep enough to feel with a fingernail) that will affect the sound. Labels may be marred by writing, or have tape or stickers (or their residue) attached. The same will be true of picture sleeves or LP covers. However, it will not have all of these problems at the same time, only two or three of them. Goldmine price guides with more than one price will list Very Good as the lowest price. This, not the Near Mint price, should be your guide when determining how much a record is worth, as that is the price a dealer will normally pay you for a Near Mint record. Good (G), Good Plus (G+) Generally worth 10-15 percent of the Near Mint value. Good does not mean Bad! A record in Good or Good Plus condition can be put onto a turntable and will play through without skipping. But it will have significant surface noise and scratches and visible groove wear (on a styrene record, the groove will be starting to turn white). A cover or sleeve will have seam splits, especially at the bottom or on the spine. Tape, writing, ring wear or other defects will start to overwhelm the object. It is a common item, you'll probably find another copy in better shape eventually. Pass it up. But, if it's something you have been seeking for years, and the price is right, get it...but keep looking to upgrade. Poor (P), Fair (F) Generally worth 0-5 percent of the Near Mint price. The record is cracked, badly warped, and won't play through without skipping or repeating. The picture sleeve is water damaged, split on all three seams and heavily marred by wear and writing. The LP cover barely keeps the LP inside it. Inner sleeves are fully seam split, crinkled, and written upon. Except for impossibly rare records otherwise unattainable, records in this condition should be bought or sold for no more than a few cents each. QUELLE: http://recordcollectorsguild.org/modules.php?op=modload&name=Sections&file=index&req=viewarticle&artid=17 85 6.4.7 Record Mailorder / Qualitätsangaben Die meisten international verkaufenden Händler orientieren sich bei den Zustandsbeschreibungen der gebrauchten Schallplatten an dem vom amerikanischen „Goldmine Magazine“ 71 ins Leben gerufenem und etabliertem „Goldmine Grading System“. Dieses reicht in sechs Abstufungen von „M“ für „Mint“ was absolut neuwertig, perfekt und am besten ungespielt oder besser noch original eingeschweißt bedeutet, bis hin zu „P“ für „Poor“, was bedeutet, dass die Schallplatte verzogen, zersprungen und verkratzt, also nahezu nicht abspielbar beziehungsweise unbrauchbar sein kann. Dabei kann „VG“, was für „Very Good“ steht und an vierter Stelle in diesem System ist, beileibe nicht mit „Sehr Gut“ übersetzt werden. Cover und Vinyl werden immer getrennt eingestuft. Es liegt im Ermessen des jeweiligen Händlers wie selbstkritisch und gewissenhaft er mit diesen Qualitätseinstufungen umgeht. 86 6.4.8 Ressourcen / Fazit und Ausblick Die wichtigste Rolle sowohl bei Schallplattenläden als auch bei Mailorder Shops spielt nach wie vor der Händler. Dieser muss kompetent und glaubwürdig sein. Seine Reputation entwickelt sich aus Referenzen. In der DJ und Dance Szene kann dies über eine langjährige Erfahrung hinaus auch eine anerkannte Tätigkeit als Club- oder Radio-DJ, Produzent oder als „Compiler“ von „Rare Groove“ Samplern sein. Auch bei anderen Sammelgebieten werden Händlern stilprägende Vorbildfunktionen zugesagt. Die Beziehungen zwischen Sammler und Händler können langjährige Nutzbeziehungen sein. Doch wenn ein Händler einen Stammkunden nur einmal enttäuscht, hat er diesen meist für immer verloren.72 Im Bereich der Online-Shops ist Vertrauen die wichtigste Voraussetzung für das Zustandekommen eines Geschäftes. Der Kunde kann die gebrauchte Ware nicht mit eigenen Augen begutachten und da auch der Postversand von Überseesendungen finanziell mit ins Gewicht fällt und die Ware per Vorkasse bezahlt wird, möchte der Kunde weder in Bezug auf den Zustand noch in der musikalischen Qualität eine Enttäuschung erfahren. Für den Online-Mailorder Bereich ist es an der Zeit, die Möglichkeiten der heutigen Technologien mehr zu nutzen und für den potentiellen Konsumenten ein Shoppingerlebnis zu inszenieren was auch dem Ritual ihrer Suchgewohnheiten und dem Spaß am Entdecken entgegen kommt. Eine „Keyword“ Volltextsuche hat wenig mit den visuellen Suchvorlieben eines Schallplattensammlers gemein. 87 Fazit 7 Die eingangs gestellte Frage nach dem Warum? Wenn wir am Ende nochmals auf die anfangs erwähnten 70.000 Schallplatten aus der Sammlung von Michael Reinboth eingehen, so enthalten diese grob geschätzt 340.000 Musikstücke. Geht man hypothetisch davon aus, dass die darin enthaltenen 50.000 Maxi-Singles jeweils ca. 18 Minuten und die 20.000 Langspielplatten durchschnittlich 30 Minuten Musik enthalten, dann ergibt dies ungefähr 25.000 Stunden Musik. Würden diese als MP3-Dateien mit einer Datenrate von 192 kBit/s vorliegen, könnte man sie auf einem handelsüblichen PC mit acht zusätzlich angeschlossenen Festplatten à 250 Gigabyte archivieren. Das wäre überaus rational, Platz sparend und könnte im Fall eines Umzugs wesentlich einfacher transportiert werden als 70.000 Schallplatten. Bei aller Rationalität würde dies allerdings sämtlicher ästhetischer Faktoren einer Sammlung entbehren. Trotz der Vorzüge einer platzsparenden Archivierung lässt eine digitale Musiksammlung die haptischen Erlebnisse mit einer Schallplattensammlung vermissen. Wenn es ausschließlich um die Wiedergabe der Musik gehen würde, wäre es wohl sinnvoller auf ein Material reduzierendes Format zu setzen. Allerdings müsste man dabei auf die eine oder andere Zusatzinformation verzichten. Inzwischen gibt es zwar, wie beispielsweise bei Apples „iPod“, Benutzeroberflächen bei denen man sich auch die dazugehörigen Plattencover zu den MP3-Alben anzeigen lassen kann. Diese entbehren allerdings sämtlicher Fotos, Grafiken und Zusatzinformationen, die ein LP-Cover oder CD-Booklet beinhaltet. Der gesamte Informationsgehalt der Verpackung wird auf das Cover reduziert. Für viele Menschen gehört die visuell wieder erkennbare aber vor allem auch greifbare Verpackung einfach unzertrennlich zum Produkt Musik dazu. Eine Datei kann diese Bedürfnisse nicht befriedigen. Dieser Standpunkt und die Tatsache der beliebigen Reproduzierbarkeit lässt es aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich erscheinen, dass MP3-Files durch eine massive Nachfrage einen Marktpreis von mehreren hundert Dollar erzielen könnten, wie es bei seltenen Schallplatten der Fall ist. In seiner Dissertation „Von der Cover-Version zum Hit-Recycling“ begründet Marc Pendzich das seit den 90er Jahren verstärkte Auftreten von Cover-Versionen und die Verwendung von signifikanten Samples durch die Entwicklungen und Neuerungen der MIDI und SequenzerTechnologie für die Musikproduktion73. Er berichtet auch von einer Erschöpfung des kompositorischen Materials. „Im abendländischen 88 diatonisch-chromatisch enharmonischen Tonsystem mit seinen 12 Materialtönen und 24 Tonarten, auf welchen im Wesentlichen auch heute noch unter Hinzunahme des Parameters „Sound“ alle Unterhaltungsmusik basiert, ist die Anzahl von theoretisch möglichen verschiedenen Melodien und Akkordfolgen endlich.“ 74 Somit beschränken sich die musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten. Denn jede „neu komponierte Melodie bedeutet letztendlich eine nicht-komponierte Melodie weniger“. 75 Darin liegt eine Analogie zu anderen Disziplinen in denen das gestalterische Vokabular ebenfalls nicht unendlich ist. Genauso wie bei einem auf Samples basierenden Remix hat das Zitieren beispielsweise in Architektur, Design und Grafik durchaus Potential zum Erfolg wenn das Ergebnis dem jeweiligen Zeitgeist entspricht. Allerdings gibt es in Bezug auf Architektur, Design und Grafik auch Menschen, die sich mit der jeweiligen Epoche auskennen und die Qualität und Authentizität eines Originals jederzeit bevorzugen. Selbstverständlich ist der Schallplattensammler ein Individualist, aber ganz sicher kein Exzentriker. Er hat lediglich ein größeres Interesse an der Musik und deren Geschichte als der durchschnittliche „Mainstream“-Konsument. Und dieses Interesse möchte er natürlich auch authentisch zelebrieren und dazu sind die original Tonträger unentbehrlich. 89 7.1 Ergebnis Nach den Erkenntnissen, die diese Arbeit ergibt, lässt sich das Sammeln von Schallplatten in unserer postmaterialistischen Gesellschaft als eine Form der Werterhaltung oder als Denkmalpflege von musikalischem Kulturgut definieren. Die fünfzigjährige Geschichte der Rock/Pop-Musik bietet genug Material, um aus subjektiver Sicht immer wieder Unbekanntes zu entdecken. Auch wenn sich, bedingt durch die jeweilige Anschauungsweise, der Interessensfokus wiederkehrend auf andere Zeitfenster dieser Geschichte verschieben wird, bleibt ein Bedürfnis an raren, alten Schallplatten vorhanden. So lange noch irgendwo auf dieser Welt Schallplatten gepresst werden, diesbezüglich ist derzeit noch lange kein Ende abzusehen76, wird es auch in Zukunft Menschen geben, die das „schwarze Gold“ aus einer ganz persönlichen Wertschätzung heraus sammeln. 90 Fußnoten vgl dazu: Segeth, Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns. HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S.125 1 Zitat: Segeth, Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns. HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 113 2 Zitat: http://www.hifi-forum.de/viewthread-53-333-3.html (letzter Zugriff: 27.12.2005) 3 Anmerkung: „Turntablism“ beschreibt die Manipulation von Schallplatten mit einem Plattenspieler, der Schallplattenspieler wird sozusagen als Musikinstrument verwendet, dabei erklingen die Töne der Schallplatte in einem völlig neuen Kontext. vgl dazu: Hein, Christoph. Der Turntable als Musikinstrument. http://www2.rz.hu-berlin.de/fpm/popscrip/themen/pst07/pst07090.htm (letzter Zugriff: 10.01.2006) 4 Anmerkung: Spricht man im Zusammenhang mit Musik von Breaks meint man damit gewöhnlich eine mehrtaktige Pause in einem Musikstück. Für Produzenten sind Breaks dann interessant wenn der Grundrhythmus beziehungsweise der Beat währenddessen weiterläuft. Man spricht in solchen Fällen auch von einem „Open Drum Break“. „Breaks & Beats“ kann auch der Titel einer Verkaufssortierung sein, für ein Fach in einen Plattenladen, im dem sich Schallplatten befinden auf denen Stücke enthalten sind die einen Drum Break, Beats, Loops oder andere interessante Samples vorzuweisen haben. 5 vgl dazu: http://www.breakbeatsonly.com (letzter Zugriff: 27.12.2005) Ein Online Portal zum Download von Drum Breaks, Loops und Samples. „BREAKBEAT“ ist auch der Oberbegriff für eine Musikrichtung „…Seinen Urprung hat der Breakbeat im New York der 70er Jahre. In einer Disco mixte Dj Kool Herc zwei Drumsolos, sogenannte Breaks, nahtlos ineinander. Dieses Experiment war die Wurzel von Hip Hop, Drum'n'Bass und dem, was wir heute unter Breakbeat verstehen. Als Breakbeat werden auch die musikalischen Genres bezeichnet, in denen dieser Rhythmus vorkommt. Oftmals wird die Bezeichnung implizit als Oberbegriff für die Stilrichtungen Drum'n'Bass, Jungle, Nu-Skool Breaks und Big Beat verwendet. Sie tritt aber auch explizit wie beim Breakcore in Erscheinung.“ Zitat: http://de.wikipedia.org/wiki/Breakbeat (letzter Zugriff: 27.12.2005) Zitat: Hornby, Nick. High Fidelity, Knaur Lemon, ISBN 3-426-61270-4 S. 89 6 vgl dazu: Schloz, Thomas. Die Geste des Sammelns, BoD GmbH, ISBN: 3-8311-0671-1 S. XX 7 Muensterberger, Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246, S. 20 / S. 205 Zitat: Schloz, Thomas. Die Geste des Sammelns, BoD GmbH, ISBN: 3-8311-0671-1 S. XX 8 Anmerkung: „Bückware“ Szenebegriff für Schallplattenkisten mit Billigware am Boden unter den Verkaufsregalen. Adaptierter Begriff aus der Ostdeutschen Umgangssprache „Bückeware“ für Angebot unter dem Ladentisch. „Bückeware (auch Bückware) bezeichnet Ware, für die man (oder der Verkäufer) sich sinnbildlich oder tatsächlich unter den Ladentisch bücken muss…“ Zitat: http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCckware (letzter Zugriff: 29.12.2005) 9 vgl dazu: Segeth, Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns. HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S.110 10 11 Anmerkung: Auch bei anderen Sammelgebieten spricht man von einem unendlichen Prozess. vgl dazu: Segeth, Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns. HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S.96 vgl dazu: Muensterberger, Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp, ISBN: 3518395246, S. 21 12 Anmerkung: Besichtigung der Sammlung und Interview am 22.11.2005 13 Anmerkung: Telefoninterview und E-Mail 10. bis 20.12.2005 14 Anmerkung: In Europa wird bei dieser Auswahl nach meiner Schätzung, basierend auf dem was ich im Lauf der 15 91 Jahre so alles gesehen habe, wohl zu 90% auf die gängigen Ikea Modelle EXPEDIT, BONDE und BILLY zurückgegriffen. vgl dazu: http://www.discogs.com/forums/topic?topic_id=64444 "HOWTO: Properly modify your IKEA record shelves" (letzter Zugriff: 05.01.2006) Headline im Online Forum: http://www.discogs.com Anmerkung: Telefoninterview am 15. und 22.01.2005 16 Anmerkung: MPB, Etablierte Genrekurzform für: Música Popular Brasileira 17 vgl dazu: Fischer, Klaus-Gotthard. JAZZIN’ THE BLACK FOREST, SABA / MPS – Geschichte eines Jazzlabels, Crippled Library, ISBN: 3-9805820-1-9 18 vgl dazu: Jastfelder, Frank / Kassel, Stefan. THE ALBUM COVER ART OF SOUNDTRACKS, Edition Olms, ISBN: 3-283-00330-0 19 http://www.italiansoundtracks.com (letzter Zugriff: 22.12.2005) Anmerkung: „Wah-Wah ist ein elektronisches Effektgerät, welches vorwiegend zur Beeinflussung des Klangs der EGitarre zum Einsatz kommt.“ Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wah-Wah (letzter Zugriff: 22.12.2005) 20 vgl dazu: http://www.blaxploitation.com (letzter Zugriff: 22.12.2005) 21 vgl dazu: Ganti, Tejaswini. Bollywood, A Guidebook to Popular Hindi Cinema, Taylor & Francis Books Ltd, ISBN: 0415288541 Alexowitz Myriam. Traumfabrik Bollywood, Horlemann, ISBN: 3895021709 http://de.wikipedia.org/wiki/Bollywood (letzter Zugriff: 22.12.2005) 22 vgl dazu: http://www.informationlab.org/index.php?p=31 (letzter Zugriff: 15.01.2006) http://www.nathan.com/thoughts/unified/6.html (letzter Zugriff: 15.01.2006) 23 Quelle: http://www.popsike.com Online Portal auf dem Auktionspreise archiviert werden. http://www.popsike.com/php/detaildata.php?itemnr=4006187940 (letzter Zugriff: 07.01.2006) 24 Quelle: http://mitglied.lycos.de/pruckner/eulenspygelstory.html (letzter Zugriff: 07.01.2006) 25 Quelle: Leibfried, Fabian. Der große ROCK & POP Preiskatalog 2006, Nikma Musikbuchverlag, ISBN: 3938155035 Anmerkung: Ein von Plattenhändlern gern genutztes Nachschlagwerk in dem über 90.000 LPs mit Preisangaben verzeichnet sind. 26 Quelle: http://www.popsike.com/php/detaildata.php?itemnr=3806199266 (letzter Zugriff: 07.01.2006) 27 Anmerkung: PROMO LPs / Bemusterungsschallplatten wurden in kleinen Auflagen an Radiostationen zu Werbezwecken herausgegeben. WHITE LABEL bezeichnet die weißen Labeletiketten von Promotion LPs. Dabei wird vorausgesetzt dass die Schallplattenfirma bei der Serienfertigung mehrfarbige Etiketten verwendet. 28 vgl dazu: Wonneberg, Frank. Vinyl Lexikon, Wahrheit und Legende der Schallplatte. Fachbegriffe, Sammlerlatein und Praxistips, LEXIKON, ISBN 3-89602-2261, S. 308 / S.427 Anmerkung: „SONDERAUSGABE: Hierbei handelt es sich um eine nicht für die normale Distribution (Fachhandel) hergestellte Ausgabe eines dennoch regulär gehandelten Tonträgers. Vorrangig für sog. Klubpressungen, in der BRD zu meist als „Club-Sonderauflage“ wurden von den ursprünglichen Matrizen Teilauflagen mit geänderten Bestellnummern für Schallplattenclubs und andere Spezialvertriebsformen angefertigt…“ 29 Zitat: Wonneberg, Frank. Vinyl Lexikon, Wahrheit und Legende der Schallplatte. Fachbegriffe, Sammlerlatein und Praxistips, LEXIKON, ISBN 3-89602-2261, S.365 92 Quelle: Leibfried, Fabian. Der große ROCK & POP Preiskatalog 2006, Nikma Musikbuchverlag, ISBN: 3938155035 30 vgl dazu: Segeth, Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 128 31 Quelle: http://www.abbamail.com/whatshot_whatsnot_2004.htm (letzter Zugriff:15.1.2006) 32 vgl dazu: Wonneberg, Frank. Vinyl Lexikon, Wahrheit und Legende der Schallplatte. Fachbegriffe, Sammlerlatein und Praxistips, LEXIKON, ISBN 3-89602-2261, S.296 33 http://www.collectorshelp.com/popups/pd.htm (letzter Zugriff:15.01.2006) vgl dazu: Segeth,Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 88 34 Muensterberger,Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246, S. 93 / S. 109 / S. 209 /S. 228 / S. 245 vgl dazu: Muensterberger,Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246, S. 103 35 Quelle: http://www.jetsetrecords.net/index.php (letzter Zugriff:15.01.2006) 36 vgl dazu: Segeth,Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 110 / S. 110 37 vgl dazu: Muensterberger, Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246, S. 258 / S. 265 / S. 271 38 vgl dazu: Scholz, Kai-Uwe. Die Retro-Masche, Design Report, Heft 6/1999, Blue C. Verlag GmbH, Hamburg Frenzl,Markus. Ich will´s orange, Design Report, Heft 10/2000, Blue C. Verlag GmbH, Hamburg 38 vgl dazu: Breuer Gerda. Die Erfindung des Modernen Klassikers. Avantgarde und ewige Aktualität, Hatje Cantz, ISBN 3-7757-1019-1 S. 185 39 Zitat: Breuer, Gerda. Klassikerkult, Design Report, Heft 6/2001, Blue C. Verlag GmbH, Hamburg 40 vgl dazu: Quadejacob, Lars. It was twenty Years ago today, Design Report, Heft 10/2001, Blue C. Verlag GmbH, Hamburg 41 Quelle: Geismann, U. / Verband der Deutschen Möbelindustrie e.V. 42 Anmerkung: „A&R oder auch A'n'R: Begriff aus der Musikindustrie, Abkürzung für "Artists and Repertoire". Damit ist der redaktionelle Teil einer Plattenfirma gemeint. Beim A&R gehen beispielsweise die Demotapes von sich bewerbenden Künstlern ein. Die A&R-Manager suchen nach neuen musikalischen Trends, die die Plattenfirma kommerziell verwerten kann. Der A&R trifft Entscheidungen über Aufnahme von Künstlern und ist für die Betreuung derselben zuständig. Auf diese Weise gibt der A&R dem Plattenlabel sein Profil.“ Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/A%26R 43 Anmerkung: Major Label: „Derzeit existieren vier große Major Labels, die mit einem Marktanteil von rd. 80 Prozent den Weltmarkt beherrschen. Dazu gehören die Universal Music Group, Sony BMG, EMI Group und die Warner Music Group. Durch ein Joint Venture haben im Januar 2004 Sony und Bertelsmann AG ihre Sparten für das Tonträgergeschäft zusammengelegt. Im Jahr 2000 hatten Warner Bros. Records und die EMI Group ebenfalls einen Zusammenschluss versucht, der aber aufgrund anhaltender Bedenken der Wettbewerbskommission der EU nicht zustande kam.“ Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Major_Label 44 vgl dazu: Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0, S. 238 45 Quelle: http://www.universal-music.de/html/index.html (letzter Zugriff: 17.12.2005) 46 93 Anmerkung: Der Ausdruck „Hook Line“ ist abgeleitet vom englischen „Catchy Hook“ für Ohrwurm. Eine Hook Line ist eine besonders markante Stelle oder auch der Refrain in einem Musikstück. Wenn ein Produzent eine Hook Line sampled muss er ein Label im Rücken haben, dass im Besitz der Rechte des Originaltitels ist oder diese erwirbt. 47 Quelle: www.a-teens.com/?sid=article&pid=read&id=8 (17.12.2005) 48 vgl dazu: http://www.coverversion.de/ (letzter Zugriff: 17.12.2005) 49 vgl dazu: Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0, S. 289 50 Zitat: Eisele, Manfred. Schallplattenantiquariat, Mauergasse 15, 65183 Wiesbaden. 51 vgl dazu: Uwe-Volker Segeth, Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 109 / S.116 / S. 132 52 Werner Muensterberger, Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246, S. 21 / S. 109 / S. 258 / S. 271 Zitat: Uwe-Volker Segeth, Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 90 53 vgl dazu: Hannes W. Brinkmann, Auf der Jagd nach dem roten Label, Pendragon, ISBN 3-923306-90-3 54 Quelle: Thorsten Schmidt, Schwarze Seiten 2004, Service für Sammler von Schallplatten und CDs, Kultur Buch Bremen, ISBN 3-933851-13-0 55 Quelle: www.recordstorereview.com (29.10.2005) 56 Anmerkung: Eine Befragung nach den Anforderungen und Wünschen von Schallplattensammler an Plattenläden und online Shops wurde von im Rahmen dieser Arbeit im September 2005 durchgeführt. Die Befragten verkörpern einen Querschnitt der in Kapitel 1.2 beschriebenen Szene. 57 Quelle: Marjolein Lubbers, Amsterdam Record Convention (ARC), Grote Oost 3, 1621 BR Hoorn, Netherlands 58 vgl dazu: http://soulstrut.com/ubbthreads/showflat.php?Cat=&Board=crates&Number=527709%20&Forum=crates&Words=utre cht&Match=Entire%20Phrase&Searchpage=0&Limit=25&Old=allposts&Main=511163&Search=true#Post527709 (letzter Zugriff 28.12.2005) 59 vgl dazu: http://www.wfmu.org/recfair/ (letzter Zugriff 28.12.2005) 60 vgl dazu: Hamberger, Axel. Diggin for Gold, The Mobernist, issue # 4, 2004, Verlag Hessenmob 61 vgl dazu: http://www.soulstrut.com/gallery/FMU_402 (letzter Zugriff 28.12.2005) 62 Quelle:http://www.pressekatalog.de/Pressekatalog/html/allginfo/rahmen.asp?EBINR=910327465&PA=FAP&PT=HO ME&idbegriff=80-1403&isclass=1&Stat=1 63 vgl dazu: Kirshenbaum Binnie. Flohmärkte, Kleine Philosophie der Passionen, Dtv, ISBN: 3423206101, S.63 64 Quelle:http://www.fleamarkets.org 65 vgl dazu:http://www.funwithmusic.de/oldiemarkt/oldiemarkt.html 66 Zitat: Gaisa, Ursula www.jazzzeitung.de/jazz/2004/02/editorial.shtml 67 vgl dazu: http://www.fmi.uni-passau.de/~schneide/discogr/japo.html 68 vgl dazu:http://www.discogs.com/label/Japo+Records 69 Andreas Kolb http://www.jazzzeitung.de/jazz/2004/02/berichte-beck.shtml 94 Quelle:http://pages.ebay.de/aboutebay/thecompany/companyoverview.html 70 vgl dazu:http://www.goldminemag.com 71 vgl dazu: Uwe-Volker Segeth, Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X, S. 103 72 vgl dazu: Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0, S. 340 73 Zitat: Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0, S. 337 74 Zitat: vgl dazu: Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0, S.338 75 Anmerkung: Absatzzahlen für das Jahr 2004, herausgegeben vom Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft e.V. 76 Bundesrepublik Deutschland: Vinyl LP: 0,8 Millionen Vinyl Maxi-Single: 0,5 Millionen Qulle: http://www.ifpi.de 95 Bildnachweise 1. Quelle: http://www.soulstrut.com/gallery/vals 2. Fotografie von Stefan Frey, Wiesbaden 3. Fotografie von Martin Kühnel 4. Quelle: Michael Reinboth, Slices, The Electronic Music Magazine, Issue 4-05, Intergroove 5. Fotografie von Yousei Yoshida, Tokyo 6. Fotografie von Florian Keller, München 7. Fotografie von Hans Peter Eckardt, Berlin 8. Fotografie von Joonas Terje, Sweden 9. Fotografien von Dave Scratch, London 10. Fotografie von Stefan Frey, Wiesbaden 12. Fotografie von Joonas Terje, Sweden 13. Fotografie von Joonas Terje, Sweden 14. Fotografie von Joonas Terje, Sweden 15. Fotografie von Martin Kühnel 16. Anonyme Zusendung aus Deutschland 17. Dino Demopoulos, Toronto 18. Fotografie von Dr. Sampsa Vilhunen, Helsinki 19. Fotografie von Par Melcherson, Bromma, Sweden 20. Fotografie von Jotaro Fushimi, Tokyo 21. Fotografie von Julien Achard, France 21. Fotografie von Julien Achard, France 22.Durt Martin, www.spaceagefurniture.c.la 23. Fotografien von Martin Kühnel 24. Fotografien von Martin Kühnel 25. Fotografien von Martin Kühnel 26. Fotografien von Martin Kühnel 27. Fotografien von Martin Kühnel 28. Fotografien von Jake Holloway, London 29. Quelle: http://mitglied.lycos.de/pruckner/eulenspygelstory.html 30. Quelle: 1000 Record Covers, Michael Ochs, Taschen, ISBN: 3-8228-8595-9, S. 508 31. Fotografie von Martin Kühnel 32. Fotografie von Martin Kühnel 33. Quelle: Sixties Design, Philippe , Taschen, ISBN: 3-8228-8595-9, S. 508 34. Fotografie von Lars Joachim, Wiesbaden 35. Fotografien von Martin Kühnel 36. Quelle: http://www.soulstrut.com/gallery/vals 37. Fotografien von Stefan Frey, Wiesbaden 38. Quelle: Marjolein Lubbers, Amsterdam Record Convention (ARC). Grote Oost 3, 1621 BR Hoorn, The Netherlands 39. Quelle: Marjolein Lubbers, Amsterdam Record Convention (ARC). Grote Oost 3, 1621 BR Hoorn, The Netherlands 96 Literatur Alexowitz Myriam. Traumfabrik Bollywood, Horlemann, ISBN: 3895021709 Breuer Gerda. Die Erfindung des Modernen Klassikers. Avantgarde und ewige Aktualität, Hatje Cantz, ISBN 3-77571019-1 Brinkmann, Hannes W. Auf der Jagd nach dem roten Label, Pendragon, ISBN 3-923306-90-3 Dearborn, Mary. Ich bereue nichts! Das außergewöhnliche Leben der Peggy Guggenheim, Lübbe, ISBN: 3785720521 Fischer, Klaus-Gotthard. JAZZIN’ THE BLACK FOREST, SABA / MPS – Geschichte eines Jazzlabels, Crippled Library, ISBN: 3-9805820-1-9 Ganti, Tejaswini. Bollywood, A Guidebook to Popular Hindi Cinema, Taylor & Francis Books Ltd, ISBN: 0415288541 Herchenröder, Jan. Wir sammeln Schallplatten, Steckenpferd Bücherei Hornby, Nick. High Fidelity, Knaur Lemon ISBN 3-426-61270-4 Jastfelder, Frank / Kassel, Stefan. THE ALBUM COVER ART OF SOUNDTRACKS, Edition Olms, ISBN: 3-28300330-0 Kirshenbaum Binnie. Flohmärkte, Kleine Philosophie der Passionen, Dtv, ISBN: 3423206101 Leibfried, Fabian. Der große ROCK & POP Preiskatalog 2006, Nikma Musikbuchverlag, ISBN: 3938155035 Muensterberger, Werner. Sammeln, Eine unbändige Leidenschaft, Suhrkamp ISBN: 3518395246 Münz, Sebastian. Flohmarkt, Märkte, Menschen, Waren, AG SPAK Bücher, ISBN: 3930830434 Pendzich, Marc. Von der Coverversion zum Hit-Recycling. Historische, ökonomische und rechtliche Aspekte eines zentralen Phänomens der Pop- und Rockmusik, LIT Verlag, ISBN: 3-8258-8118-0 Poschardt, Ulf. DJ Culture. Diskjockeys und Popkultur. Rowohlt, ISBN: 349960227X Niemczyk, Ralf / Schmidt, Torsten. From Scratch. Das DJ Handbuch, ISBN: 3462029096 Schloz, Thomas. Die Geste des Sammelns, BoD GmbH ISBN: 3-8311-0671-1 Schmidt, Thorsten. Schwarze Seiten 2004, Service für Sammler von Schallplatten und CDs, Kultur Buch Bremen, ISBN 3-933851-13-0 Segeth,Uwe-Volker. Das hat mir noch gefehlt, Lust und Frust des Sammelns, HERDER SPEKTRUM, ISBN: 345104238X Wermelinger, Peter. Funky & Groovy Records Lexikon, ISBN 3-9522773-0-4 Wonneberg, Frank. Vinyl Lexikon, Wahrheit und Legende der Schallplatte. Fachbegriffe, Sammlerlatein und Praxistips, LEXIKON, ISBN 3-89602-2261 97 Internet http://www.informationlab.org/index.php?p=31 http://www.nathan.com/thoughts/unified/6.html http://www.discogs.com/label/Japo+Records http://www.fmi.uni-passau.de/~schneide/discogr/japo.html http://www.jazzzeitung.de/jazz/2004/02/berichte-beck.shtml http://recordcollectorsguild.org/index.php http://www.vinylvulture.co.uk http://www.soulmusiccollector.com http://www.blaxploitation.com http://www.italiansoundtracks.com http://www.recordstorereview.com http://www.gedup.com http://www.coverinfo.de http://www.coverversion.de http://www.secondhandsongs.com http://www.troedlerundsammeln.de http://www.sammlernet.de http://www.sammlerboerse.at 98