Grenzenlose Werbung?

Werbung
Reiki und Rechtsprechung
Grenzenlose Werbung?
Über rechtliche Grenzen der Heilerwerbung
Seit dem Heiler-Entscheid des Bundesverfassungsgerichtes vom März 2004 ist
die Tätigkeit des Heilens per Handauflegen - unter Berücksichtigung bestimmter
Punkte* - auch allen erlaubt, die nicht Ärzte oder Heilpraktiker sind. Seitdem
schreitet die Zeit voran, und mittlerweile gibt es neue rechtliche Vorgaben, die für
Heiler und Reiki-Praktizierende zu beachten sind. Rechtsanwalt Harald von Seh* siehe Artikel: „Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht!“ in Ausgabe 3/04 des Reiki Magazins
len informiert darüber, was in der Werbung erlaubt ist und was nicht.
I
n vielen Info-Broschüren, aber auch auf Internetseiten,
mit denen Reiki-Praktizierende und Heiler für sich werben, sind besonders eindringliche Formen der Eigenwerbung, bis hin zu vollmundigen Selbst-Anpreisungen,
zu lesen. Ob eine derartige werbliche Selbstdarstellung
die Grenzen des guten Geschmacks einhält und sich
noch im Rahmen der Seriosität bewegt, die der Tätigkeit
angemessen wäre, oder nicht, mag dahin gestellt sein dies ist letztlich Geschmackssache. Ob diese Werbung
aber rechtlich erlaubt ist, das ist von Gerichten und sonstigen Behörden überprüfbar - und das geschieht derzeit, aufgrund eines neuen Bundesverfassungsgerichtsentscheids, in verstärktem Maße.
Heilmittelwerbegesetz
Harald von Sehlen
Der Autor ist Rechtsanwalt in Koblenz. Seine
Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Recht
geistiger/spiritueller Heilweisen, sowie im
Vertragsrecht und Versicherungsrecht.
Kontakt:
Tel.: (0261) 1002555
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Viele Reiki-Praktizierende und Heiler, die im Internet
oder in den klassischen Printmedien, auf Flyern oder in
sonstiger Art für ihre Tätigkeit werben, sind sich nicht
der Probleme bewusst, die mit der oft anzutreffenden
Haltung eines vermeintlichen Rechtes auf „grenzenlose
Werbung“ einhergehen. Mittlerweile wurde gerichtlich
klargestellt: ein „grenzenloses“ Recht des geistigen Heilers auf Werbung gibt es nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer weiteren Entscheidung vom
20. März 2007 (Aktenzeichen: 1 BVR 1226/06) festgestellt, dass die Beschränkungen des Heilmittelwerbegesetzes, das für die klassischen „Heilberufe“ (also
Ärzte und Heilpraktiker) entwickelt und erlassen wurde,
erst recht auch für die alternativen Heilberufe ein-
schließlich des geistigen Heilens Geltung haben. Wer also als Reiki-Praktizierender für sich und seine Tätigkeit
wirbt, muss die engmaschigen Vorschriften dieses Gesetzes beachten. Ignoriert er diese, kann er Probleme
bekommen. Das Heilmittelwerbegesetz (nachfolgend
„HWG“ abgekürzt) spricht nicht nur Verbote aus, sondern auch Strafen für deren Übertretung. Es gilt insoweit der klassische Rechtsgrundsatz: „Unwissenheit
schützt vor Strafe nicht“. Wer gegen bestimmte Vorschriften des HWG im Rahmen seiner Werbung verstößt, kann mit empfindlichen Ordnungsgeldern im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens belegt werden oder sich schlimmstenfalls sogar vor dem Strafrichter wiederfinden.
Werbetexte überprüfen
Jeder, der für Reiki oder geistige Heilung Werbung
macht oder bereits gemacht hat, sollte sicherheitshalber seinen gesamten Werbeauftritt auf vollständige
Übereinstimmung mit den Vorgaben des HWG überprüfen und im Falle von Verstößen oder auch Unklarheiten seine Werbeaussagen entsprechend abändern.
Unterlässt er dies, kann es, neben dem möglichen Einschreiten von Verwaltungsbehörden oder Strafgerichten, auch zu teuren Abmahnungen kommen, die zumeist von Berufsverbänden der Heilberufe ausgesprochen werden und den berechtigt Abgemahnten mindestens mit einer Rechnung von mehreren Hundert Euro,
schlimmstenfalls aber mit einem noch wesentlich teu-
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Reiki und Rechtsprechung
reren Zivilprozess auf Unterlassung seiner Werbeaussagen konfrontieren.
Es sei deshalb jedem Reiki-Praktizierenden bzw. geistigem Heiler, der öffentlich für seine Tätigkeit wirbt,
wärmstens empfohlen, den Gesetzestext des HWG vor
Veröffentlichung der Werbung in Ruhe anzuschauen
(z. B. im Internet „HWG“ bei Google eingeben) und bei
Zweifelsfragen seine Werbung (d. h. die Internetseite,
Info-Flyer etc.) durch einen Fachmann überprüfen zu
lassen. Dabei hilft es sich zu verdeutlichen, welcher gesetzgeberische Zweck hinter dem HWG steht: Menschen, die sich durch Erkrankung ohnehin in schwieriger Lage befinden, sollen davor geschützt werden, unseriösen, übertriebenen und irreführenden Werbeaussagen über die Heilwirkung von Methoden, Präparaten
und die Fähigkeiten von Heilkundigen zum Opfer zu fallen. Aus dieser engen Zielsetzung heraus werden die
Gesetzestexte von den zuständigen Gerichten in der
Rechtsanwendung interpretiert.
Was ist eigentlich Werbung?
Vorab soll allerdings geklärt werden: Was ist eigentlich
„Werbung“ im Sinne des Gesetzes? Der Begriff „Werbung“ ist hier weiter als im allgemeinen Sprachgebrauch zu verstehen. Er umfasst nicht nur die „klassischen“ Werbemittel wie Zeitungswerbung, Flyer u. ä.,
sondern auch Praxisschilder, Briefpapier, Visitenkarten
und eventuell auch öffentliche Vorträge und Auftritte in
den Medien. Wird ein öffentlicher Vortrag über Reiki gehalten, ist nicht auf den ersten Blick zu unterscheiden,
ob hier rein sachbezogene Aufklärung der interessierten Öffentlichkeit vorliegt oder ob die (Eigen-)Werbung
des Vortragenden im Vordergrund steht. Auch ein Zeitungsartikel, der wie ein redaktioneller Artikel aufgemacht ist, kann Werbung sein, wenn sein Inhalt überwiegend werbenden Charakter hat.
Ein Grundproblem für die Werbeaussagen praktisch jedes Reiki-Praktizierenden und geistigen Heilers liefert
dabei der Paragraph 11 des HWG. Dieser lautet (in Auszügen): „(1) Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden, (......) 6. mit fremdoder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht
in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind. [...]“
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Verboten wird also die Werbung mit fremdsprachigen
Begriffen, die noch nicht soweit in den Sprachgebrauch
der allgemeinen Bevölkerung eingegangen sind, dass
sprichwörtlich „jedes Kind“ weiß, was dieser ursprünglich fremdsprachige Begriff eigentlich bezeichnet. Heißt
dies nun in der Praxis, dass man nicht mehr mit dem Begriff „Reiki“ für Reiki-Anwendungen werben darf? Jedenfalls handelt es sich dabei nicht um ein Wort aus der
deutschen Sprache, sondern ein Wort aus dem japanischen Sprachgebrauch. Nicht beweisbar ist die Behauptung, Reiki sei als Begriff in Deutschland schon so
weit verbreitet, dass eigentlich die gesamte Durchschnittsbevölkerung genau wisse, was sich dahinter
verberge, sodass der Begriff nicht mehr erläutert werden müsse. Für die Behauptung, Reiki sei als Begriff in
der Bevölkerung bereits allgemein bekannt, allerdings
spräche, dass in jeder gut sortierten Buchhandlung heute meterweise Bücher über Reiki angeboten werden.
Andererseits gibt es nachweislich Millionen Deutsche,
die keine Bücher lesen.
Die juristisch sichere Lösung liegt hier darin, bei der eigenen Werbung den Begriff „Reiki“ nicht als gegeben
und sozusagen selbsterklärend in den Raum zu stellen,
sondern diesen für einen Laien auch nachvollziehbar zu
erklären bzw. zu beschreiben. Es empfiehlt sich daher,
den Begriff Reiki mit einer Erläuterung zu versehen. Die
Erklärung sollte dabei dem Begriff direkt folgen oder in
unmittelbarer Nähe stehen und deutlich auf diesen verweisen. Dies kann beispielsweise dadurch geschehen,
dass direkt in Klammern hinzugefügt wird „aus Japan
stammende Heilmethode nach Mikao Usui“ oder „geistiges Heilen per Handauflegen“ oder ähnlich.
▼
Da die einzelnen Paragraphen des HWG in „bestem Juristendeutsch“ verfasst und teilweise stark verschachtelt sind, soll dieser Artikel, der in den kommenden Ausgaben des Reiki Magazins fortgesetzt wird, anhand verschiedener, besonders bedeutsamer Normen des HWG
erläutern, wie man sich mit seiner Werbung in der Praxis möglichst rechtskonform verhält und nicht mit den
gesetzlichen Vorgaben kollidiert.
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Überdies ergibt sich die Frage, ob die heute oft anzutreffenden Ableitungen bzw. Weiterentwicklungen wie
beispielsweise „El Morya-Reiki“ oder „Reiki mit Engeln“
als solche in der Werbung ohne weitere erläuternde Zusätze überhaupt zulässig sind. Genau genommen sind
sie es nicht. Unabhängig von der Frage, inwieweit derartige Ableitungen noch mit der ursprünglichen ReikiMethode nach Usui zu tun haben, ist aus juristischer
Sicht jedenfalls anzuraten, auch eine solche Wortfolge,
in der der Begriff „Reiki“ in prägender Form vorkommt,
nach dem vorgenannten Muster über die grundsätzliche Erläuterung zu Reiki hinaus weiter zu erläutern. Erst
recht gilt dies, wenn neben „Reiki“ noch weitere fremdsprachliche Begriffe zur Werbung eingesetzt werden.
Gästebücher auf der Website?
Viele Websites von Reiki-Praktizierenden und geistigen
Heilern verfügen über ein so genanntes Gästebuch, in
das sich Besucher der Website mit Anmerkungen, Anregungen, aber auch Dank für Hilfe und Heilung eintragen können. Dies gibt der jeweiligen Website einerseits
einen menschlichen „Touch“. Andererseits aber geht
der Heiler damit ein großes Risiko ein. Denn das HWG
bestimmt in §11 Ziffer 11, dass es verboten ist, außerhalb der Fachkreise mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben oder Hinweisen auf solche zu werben.
In der kommenden Ausgabe wird der
Artikel fortgesetzt. Um auf die Interessen
unserer Leserinnen und Leser einzugehen,
bieten wir die Möglichkeit, Fragen zu den im
Artikel konkret angesprochenen Themen an
die Redaktion zu senden. Sofern sie von
allgemeinem Interesse sind, werden sie in
den folgenden Artikeln aufgenommen und
erörtert.
Richten Sie Ihre Fragen an den
olivers Verlag, Reiki Magazin
Kennwort: Rechtsprechung
Wiesbadener Str. 14, 12161 Berlin
oder per eMail mit Betreffzeile „Rechtsprechung“ an: [email protected]
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REIKI MAGAZIN 2/09
Sobald also ein Besucher der Website dem hier als Beispiel heranzuziehenden Reiki-Meister zu seiner jüngst
vorgenommenen Heilbehandlung mit durchschlagendem Erfolg in dessen Internet-Gästebuch dankt („Endlich kann ich wieder ohne Schmerzen schlafen, dank
deiner tollen Behandlung ...“), ist dies Werbung (da für
jeden im Internet einsehbar) mit Dankschreiben eines
Dritten. Damit geht der so bejubelte Reiki-Meister ein
großes Risiko ein, denn schon mit Veröffentlichung des
Dankschreibens im Gästebuch (die oft automatisch,
d. h. ohne vorherige Inhaltskontrolle durch den Inhaber
der Website erfolgt), ist die Ordnungswidrigkeit nach
§ 15 HWG durch Verstoß gegen § 11 HWG erfolgt. Dies
kann ein Bußgeld bis zu 50.000,- Euro nach sich ziehen,
wobei ein „Ersttäter“ selbstverständlich mit geringerer
Buße davonkommen wird, was aber auch nicht wirklich
beruhigend ist.
Wer nicht garantieren kann, dass Dankschreiben bzw.
Anerkennungsschreiben ohne seine vorherige Kontrolle im Gästebuch seiner Website erscheinen, sollte diese Gästebuchfunktion daher schnellstens abschalten.
Das Verbot in § 11 Ziffer 11 HWG gilt übrigens nicht nur
für die Werbung mit Dank- oder Anerkennungsschreiben bzw. Empfehlungsschreiben bzw. Äußerungen Dritter im Gästebuch der Website. Darunter fallen auch Erfahrungsberichte, Empfehlungen und vergleichbare
Äußerungen zufriedener Klienten, die an anderer Stelle
in die werbliche Darstellung auf der Website eingebaut
sind. Diese müssen daher aus dem Werbeauftritt entfernt werden.
Bezugnahme auf Krankheiten
Häufig wird übersehen, dass gemäß § 12 HWG auf bestimmte Krankheiten in der Werbung nicht Bezug genommen werden darf. Jede Angabe in der Werbung, die
von den Empfängern dieser Werbung als Hinweis auf eine derartige Krankheit verstanden werden kann, stellt
schon einen Verstoß gegen § 12 HWG dar. Die vom
Werbeverbot umfassten Krankheiten sind in der Anlage
zu § 12 HWG benannt:
1. nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20. Juli 2000
meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen,
2. bösartige Neubildungen,
3. Suchtkrankheiten, ausgenommen Nikotinabhängigkeit,
4. krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft,
der Entbindung und des Wochenbettes.
Ob eine bestimmte Werbeaussage dem Verbot des § 12
HWG unterliegt, wird allein danach bewertet, wie der
Adressatenkreis der Werbung dies versteht. Geht also
das heilungsuchende Publikum aufgrund der Werbung
davon aus, dass auf eine der vorgenannten Krankheiten
hingewiesen würde, liegt schon ein Verstoß vor. Besonders praxisrelevant dürfte dies dort sein, wo im Rahmen
der Werbung darauf Bezug genommen wird, dass eine
Reiki-Behandlung „z. B. auch bei Krebs“ wirke. Denn damit ist eine „bösartige Neubildung“ benannt. Gleiches
gilt, wenn auf globale Indikationsangaben wie „Tumore“
oder „Geschwülste“ Bezug genommen wird. Gefährlich
ist auch eine Aussage wie z. B. „Meine Methode kann
auch bei Suchtproblemen wie Nikotinabhängigkeit helfen“ - denn dann ist zwar das konkret benannte Beispiel
erlaubt (d. h. die Nikotinabhängigkeit), die „sonstigen“
Suchtprobleme werden aber in dieser Formulierung
auch mit angesprochen, so dass darin schon der Verstoß gegen § 12 HWG liegt.
Das Werbeverbot des § 12 (und anderer Paragraphen
des) HWG betrifft nur die Werbung außerhalb der Fachkreise. Fachkreise sind die Angehörigen der Heilberufe
und des Heilgewerbes, Gesundheitseinrichtungen sowie sonstige Personen, die mit Heilmitteln erlaubter
Weise Handel betreiben oder diese in Ausübung ihres
Berufes anwenden - so die gesetzliche Definition in § 2
HWG. In der Werbung diesen Fachkreisen gegenüber
ist also die Bezugnahme auf die in der Anlage zu § 12
HWG genannten Krankheiten gestattet. Gerade für das
gesetzlich nicht definierte Berufsbild des geistigen Heilers ist allerdings ungeklärt, wie weit diese Fachkreise
gehen. Äußerste Zurückhaltung bei der Werbung im
■
Sinne von § 12 HWG ist daher angebracht.
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Rechtliche Grenzen der
Heilerwerbung
In Fortsetzung seines Artikels „Grenzenlose Werbung?“ in der vorherigen Ausgabe informiert Rechtsanwalt Harald von Sehlen hier weiter über die Beschränkungen des Heilmittelwerbegesetzes, die nun auch für Reiki-Praktizierende und
geistige Heiler gelten, die ihre Tätigkeit nicht nur im privaten Bereich, sondern
auch gewerblich anbieten.
F
ür Reiki-Praktizierende und Heiler, die ihre gewerbliche Tätigkeit im Bereich der Heilbehandlungen bewerben wollen - unabhängig davon, ob die Werbung im
Internet, in Zeitungsanzeigen, durch „Flyer“ oder sonstige Werbemedien erfolgt - ergeben sich durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) verschiedene Punkte, die zu
beachten sind.
dem er die Hände beim Patienten auflegt bzw. nach den
jeweiligen Systemen die charakteristischen Hand-Haltungen in Bezug auf einen konkret abgebildeten Patienten vornimmt. Diese informativ und vertrauenserweckend gedachten Fotos sollten also in Flyern, auf der
Website und in anderen Werbemedien nicht auftauchen.
Gerne werden bei der Werbung so genannte „Flyer“, also Handzettel, eingesetzt. Dabei werden häufig auch Fotos verwendet, die den Reiki-Praktizierenden bzw. den
Heiler zeigen. Dabei ist zu beachten: Wer sich als Heiler
oder Reiki-Praktizierender bei der Behandlung eines Patienten ablichten lässt und dieses Foto zur Werbung
verwendet, verstößt damit höchstwahrscheinlich gegen
§ 11 Abs. 1 Ziffer 4 HWG. Danach ist es verboten, „mit
der bildlichen Darstellung von Personen in der Berufskleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des
Arzneimittelhandels“ zu werben.
Derartige Behandlungsfotos sollten auch bei Berichten
in der Presse - sei es in der Tagespresse, in Anzeigenblättern oder auch in Fachpublikationen - bei der Berichterstattung über Reiki-Praktizierende und Heiler vermieden werden. Bei Veröffentlichungen in diesen Printmedienbereichen ist die Grenze zwischen rein redaktioneller Berichterstattung und Werbung nur sehr
schwer zu ziehen. Eine diesbezügliche Einschätzung
hängt letztlich vom Gesamteindruck des jeweiligen Artikels auf einen hypothetischen „Durchschnittsleser“ ab
und führt im möglichen Streitfall vor Gericht zu einer
schwer vorhersehbaren Abwägung zwischen rein informativem und gewerblichem Inhalt. Um eine solche Problematik, insbesondere eine Abmahnung durch Konkurrenten oder Abmahnvereine, zu vermeiden, ist es
anzuraten, Fotografien, die den Heiler bei der Ausübung
der Heiltätigkeit zeigen, generell nicht zu verwenden.
Ein Foto des Heilers allein, in entspannter Haltung und
mit freundlichem Lächeln, ist sicher ebenso sympathisch und werberechtlich ungefährlich.
Keine Behandlungsfotos
Da das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20. März 2007 (Aktenzeichen: 1 BVR
1226/06) festgelegt hat, dass die Beschränkungen des
Heilmittelwerbegesetzes nicht nur für die klassischen
„Heilberufe“ gelten, sondern „erst recht“ auch für die alternativen Heilberufe einschließlich des geistigen Heilens, dürfte die vorgenannte Vorschrift in der Praxis so
zu verstehen sein, dass auch der Reiki-Praktizierende
oder Heiler kein Foto von sich veröffentlichen darf, in
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Für jeden Presseartikel, der mit Einverständnis des Heilers über dessen Tätigkeit berichtet, gilt, dass der Heiler für den Inhalt letztendlich wettbewerbsrechtlich ver-
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antwortlich gemacht werden kann. Der Heiler sollte sich
daher den ihn betreffenden Zeitungsartikel vorlegen
lassen und vor der Veröffentlichung auf wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit prüfen.
Werbung für Fernbehandlungen?
Von vielen werbenden Heilern und Reiki-Praktizierenden offensichtlich übersehen wird das Verbot der Werbung für Fernbehandlung nach § 9 HWG. Dieses gesetzliche Verbot wurde allerdings formuliert für Diagnosen und Behandlungen der Schulmedizin und der alternativmedizinischen Behandlungsangebote der Heilpraktiker. Verboten ist nach § 9 HWG nämlich „die Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem
zu behandelnden Menschen oder Tier beruht.“ Dieses
gesamte Tätigkeitsbild sieht der Gesetzgeber als „Fernbehandlung“ an. Ungeklärt bleibt damit die Frage, ob
das Verbot auch für eine „Wahrnehmung“ des Heilers
gilt, die einen Menschen betrifft, der sich an einem anderen Ort als der Heiler aufhält. Ob die Werbung für eine Fernbehandlung z. B. mit Reiki tatsächlich verboten
sein soll, ergibt sich aus dem Gesetzestext nicht mit hinreichender Deutlichkeit. Wer auf der sicheren Seite bleiben möchte, kann die Werbung für Fernbehandlungen
im Sinne des geistigen Heilens aus seinem öffentlichen
Werbeauftritt streichen.
Keine Vorher-/Nachher-Fotos!
Immer wieder stößt man bei Werbung von Heilern im Internet auf Fotos, mit denen der Heiler die Wirkung seiner Behandlung dokumentiert. Besonders beliebt ist
dies bei Erkrankungen der Wirbelsäule bzw. des Bewegungsapparates, hier wird durch eindrucksvolle Vorher/Nachher-Fotos demonstriert, wie ein Leiden bzw. eine
Krankheit nach einer oder mehreren Behandlungen verschwunden ist. Diese Werbung ist ganz klar unzulässig.
Sie verstößt gegen § 11 Abs. 1 Ziffer 5 HWG, der besagt, dass „außerhalb der Fachkreise“ nicht für „Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder
andere Mittel“ geworben werden darf „mit der bildlichen Darstellung (...) von Veränderungen des menschlichen Körpers oder seiner Teile durch Krankheiten, Leiden oder Körperschäden.“
Ebenso unzulässig ist es, in der Werbung außerhalb der
Fachkreise Krankengeschichten wiederzugeben oder
auf diese hinzuweisen. Das folgt aus § 11 Abs. 1 Nr. 3
HWG. Unter den Begriff „Krankengeschichte“ fallen dabei auch Erzählungen von einem Laien in der Alltagssprache. Dies liegt daran, dass der Gesetzgeber verhindern möchte, dass der Leser der Krankengeschichte die dort geschilderte Erkrankung mit seiner eigenen
Krankheit vergleicht und eventuell zur unsachlichen
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bzw. nicht begründeten Ansicht verführt wird, die beworbene Behandlung werde auch bei ihm erfolgreich
sein. Unzulässig ist dabei nicht nur die Wiedergabe einer kompletten Krankengeschichte, sondern auch von
Teilen oder Ausschnitten derselben.
Eine bei vorhandenem, ethischen Selbstverständnis
des Heilers eigentlich selbstverständliche Vorgabe findet sich in § 11 Abs. 1 Ziffer 7 HWG. Danach ist es verboten, mit einer Aussage zu werben, die geeignet ist,
Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen. Wer im
Internet stöbert, findet sehr schnell auch Heiler, die in
ihrer Werbung sehr geschickt mit der Angst ihrer Zielgruppe spielen. Dabei wird nicht nur die Angst vor Verschlimmerung der Krankheit, vor mysteriösen „Energieblockaden“, sondern auch vor „energetischen Angriffen“ oder gar „dämonischen Besetzungen“ immer
wieder reißerisch erzeugt. Doch gerade diese Themen
verlangen besondere Sensibilität und Zurückhaltung
des Heilers. Sie dürfen in der Werbung nur kurz und
sachlich angesprochen werden. Alles andere ist Sache
eines Gespräches zwischen Heiler und Betroffenem.
Vorträge und Messestände
Gesundheitsmessen und Vortragsveranstaltungen werden von einigen Heilern gerne für Werbeauftritte genutzt. Von Vorträgen mit werbendem Charakter, die bei
solchen Gelegenheiten gehalten werden, kann eine besonders intensive Wirkung auf das angesprochene Publikum ausgehen, die auch durch eine besonders charismatische, energetische Ausstrahlung des Vortragenden entsteht. Der Gesetzgeber befürchtet, dass dadurch ein hoher psychologischer Druck auf die
Angesprochenen ausgeübt werden kann. Deshalb hat
er vorgeschrieben, dass bei derartigen Werbevorträgen
keine Anschriften der Angesprochenen durch den Vortragenden (oder seine Helfer) erfolgen dürfen (§ 11 I Ziffer 8 HWG). Es ist dabei völlig unerheblich, ob die Entgegennahme der Anschriften vor, während oder nach
dem Vortrag erfolgt oder ob dies in direkter räumlicher
Nähe des Vortragsraumes oder erst am Eingang oder
Ausgang erfolgt. Ebenso ist es untersagt, die Zuhörer
dazu zu bewegen, an eine Anschrift des Vortragenden
Anfragen unter Bekanntgabe ihrer Adresse zu senden.
Der Heiler, der Vorträge über die von ihm angewendeten Methoden oder Behandlungen hält, darf also bei dieser Gelegenheit keinen Namen oder Anschriften von
Zuhörern entgegennehmen - auch nicht um diese später zwecks Vereinbarung eines Behandlungstermins anzurufen. Wenn der Heiler im Anschluss an einen interessanten Vortrag von Zuhörern angesprochen wird, ist
es ihm allerdings nicht versagt, seine eigene Telefonnummer an den oder die Zuhörer weiterzugeben.
Schließlich hängt es dann allein von der Entscheidung
des Zuhörers ab, ob dieser ihn aus freien Stücken noch
einmal kontaktiert.
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Reiki und Rechtsprechung
Heilerwerbung - was ist erlaubt?
Im dritten Teil der Artikelserie zum Thema „Rechtliche Grenzen der Heilerwerbung“ von Rechtsanwalt Harald von Sehlen geht es um weitere rechtliche
Zusammenhänge rund um Reiki und geistiges Heilen.
D
ass Reiki wirkt, ist unbestreitbar. In letzter Zeit ist
zu beobachten, dass sich immer mehr Naturwissenschaftler mit der Wirkungsweise von Reiki beschäftigen und auch aus wissenschaftlicher Sicht die Wirksamkeit bestätigen. Ebenso ist zu beobachten, dass
manche Reiki-Praktizierende infolgedessen dazu übergehen, in ihrer Werbung darauf Bezug zu nehmen und
zum Teil Slogans wie „Wirkung von Reiki wissenschaftlich bewiesen!“ unkritisch verwenden. Hier liegt möglicherweise ein Verstoß gegen § 6 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Dieser Gesetzesparagraph hat es in
sich. Er verbietet u. a. die Werbung mit Gutachten, die
nicht von wissenschaftlich oder fachlich dazu berufenen Personen erstattet worden sind und nicht konkrete
Angaben über Name und Adresse des Erstellers des
Gutachtens sowie den Zeitpunkt der Erstellung benennt. Weiterhin ist verboten, in der Werbung auf wissenschaftliche oder ähnliche Veröffentlichungen Bezug
zu nehmen, ohne dass aus der Werbung hervorgeht, ob
die Veröffentlichung tatsächlich das Verfahren bzw. die
Behandlungsweise betrifft, für die geworben wird und
ohne dass Name des Verfassers und Zeitpunkt der Veröffentlichung sowie Ort der Veröffentlichung genannt
werden. Im Übrigen ist Werbung verboten wenn „aus
der Fachliteratur entnommene Zitate, Tabellen oder
sonstige Darstellungen nicht wortgetreu übernommen
werden“ (§ 6 Ziffer 3 HWG).
Eine Werbung für Reiki-Behandlungen mit Verwendung
von Hinweisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse, Gutachten etc. ist also grundsätzlich problematisch. Wer
auf diese Art der Werbung nicht verzichten will, müsste
akribisch die Urheber des Gutachtens oder der Studie
und die Fundstelle vollständig benennen, er müsste also genauso „wissenschaftlich“ zitieren, wie ein Wissenschaftler, damit das angesprochene Publikum allein
aus diesen Werbeangaben sich selbst Kenntnis von der
wissenschaftlichen Studie bzw. dem Gutachten verschaffen kann. Von pauschaler Werbung mit allgemeinen Angaben wie „Wirkung wissenschaftlich erwiesen“
ist daher abzuraten - denn selbst wer alle Vorgaben
nach § 6 HWG bei seiner Werbung beachtet, sieht sich
überdies mit dem § 11 Abs. 1 Ziffer 1 HWG konfrontiert,
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wonach „außerhalb der Fachkreise“ nicht mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen und oder fachlichen Veröffentlichungen sowie mit Hinweisen darauf
geworden werben darf. Die Grenzen der in § 11 Abs. 1
angesprochenen „Fachkreise“ sind im Bereich derjenigen Reiki-Praktizierenden, die weder Ärzte noch Heilpraktiker sind, nur schwer zu ziehen. Daher sollte aus Sicherheitsgründen in der Werbung jede Bezugnahme
auf die wissenschaftliche Erkenntnis über die Wirksamkeit von Reiki unterlassen werden.
Klare, einfache Werbung
Der Gesetzgeber regelt die Grenzen der Heilerwerbung
durch Aufzählung dessen, was verboten ist, was also die
Grenze des Erlaubten überschreitet. Bei der Gestaltung
der eigenen Werbung sollte der Heiler bzw. Reiki-Praktizierende sich dieser Grenzen zwar bewusst sein, sie jedoch als das nehmen, was sie sind: nämlich Leitlinien,
die auch helfen, die überschießende Kreativität in die
aus gesetzgeberischer Sicht erforderlichen Bahnen zu
lenken. Sehen wir es also positiv: Der Gesetzgeber
möchte erreichen, dass im sensiblen Bereich der Werbung für Maßnahmen, die der Aktivierung der Selbstheilungskräfte oder der Gesunderhaltung dienen, der
Hilfesuchende weder in die Irre geführt noch durch
marktschreierische Behauptungen, fremdsprachliche
Begriffe oder emotional aufgeputschte Dankesschreiben, Hinweise auf wissenschaftliche Gutachten oder
Hinweise auf „tausendfache Erfolge“ in unfairer Weise
beeinflusst wird. Die Werbung des Reiki-Praktizierenden sollte daher klar und einfach sein und insbesondere wahrhaftig - ohne übertriebene, emotional manipulierende oder egozentrierte Selbstdarstellung des Heilers. Auch sollte sie mit der notwendigen und gebotenen
Sensibilität und Zurückhaltung formuliert werden.
Viele Heiler möchten dem Interessenten, der ihre Webseite besucht, in aller Kürze darlegen, was ihn bei der
Behandlung erwartet. Die werbende Verwendung von
Fotografien des Heilers bei der Ausübung seines Berufes ist verboten (§ 11 Abs. 1 Ziffer 4 HWG). Das oft anzutreffende, typische Foto des Heilers, der die Hände
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über dem auf der Liege platzierten Patienten ausbreitet,
ist daher unzulässig. Dies muss die Aufklärung des
Interessenten jedoch nicht beeinträchtigen. Man kann
ruhig versuchen, dem möglichen Klienten, der die Webseite zur Informationsaufnahme besucht, in einem
kurzen Text nahe zu bringen, was ihn bei einer Heilbehandlung tatsächlich erwartet. Dies kann Schwellenängste senken und neue Interessentengruppen erschließen. Trotz aller gesetzlichen Einschränkungen
kann die Heilerwerbung kreativ, informativ, positiv und
lebensbejahend sein. Die gesetzlichen Grenzen sind zu
respektieren - man sollte sich jedoch nicht von ihnen
einschüchtern lassen. Im Zweifel sollte man die beabsichtigten Werbemaßnahmen mit einem juristisch in
diesem Fachgebiet bewanderten Berater besprechen,
denn die Folgen einer unzulässigen Werbung können
erheblich sein. In diesem Zusammenhang möchte ich
noch kurz auf das Thema „Abmahnung“ eingehen.
Mancher Heiler erhielt wegen seiner Werbung schon eine schriftliche Abmahnung. Absender sind oft die Heilpraktikerverbände, die sehr genau die Werbung der
„Konkurrenz“ auf Rechtmäßigkeit überprüfen. Ebenso
ist es möglich, dass ein Heilerkollege einen Anwalt mit
der Abmahnung eines „Kollegen“ wegen (vermeintlich)
rechtswidriger Werbung beauftragt. Wer tatsächlich eine solche schriftliche Abmahnung erhält, sollte sie nicht
auf die leichte Schulter nehmen. Eine Abmahnung ist
meist nur ein Auftakt zu einem nachfolgenden Gerichtsprozess - jedenfalls dann, wenn der Abgemahnte nicht
richtig auf diese reagiert. Die Abmahnung ist von der
Rechtsprechung als Vorstufe zu einer Unterlassungsklage entwickelt worden. Sie soll demjenigen, der in
rechtlich unzulässiger Weise geworben hat, die Möglichkeit geben, sein Fehlverhalten kurzfristig zu korrigieren. Die Abmahnung erhält daher meistens einen
konkreten Vorwurf der Rechtsverletzung (beispielsweise: Abbildung des Heilers in der Ausübung seiner Berufstätigkeit auf seiner Webseite) verbunden mit der
Aufforderung, diese kurzfristig zu beseitigen (im Beispielfall also durch Löschung des Fotos auf der Webseite). Meist ist der Abmahnung auch noch eine schriftliche Unterlassungserklärung beigefügt, in welcher sich
der Abgemahnte dazu verpflichtet, das abgemahnte
Verhalten in Zukunft nicht zu wiederholen. Für den Fall
des Zuwiderhandelns soll sich der Abgemahnte mit seiner Unterschrift dann aber meistens auch dazu verpflichten, eine „Strafgebühr“ in nicht unerheblicher
Höhe zu zahlen. Oft soll sich der Abgemahnte auch verpflichten, die Kosten der Abmahnung, die schnell mehrere hundert Euro erreichen kann, zu übernehmen.
Ob es ratsam ist, diese geforderte Erklärung abzugeben
und die gegnerischen Kosten zu zahlen, hängt ganz vom
Einzelfall ab. Wer eine objektiv berechtigte Abmahnung
einfach ignoriert, riskiert eine Unterlassungsklage.
Denn wenn eine berechtigte Abmahnung nicht befolgt
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wird bzw. die geforderte Unterlassungserklärung nicht
abgegeben wird, ist nach der Rechtsprechung die Gefahr gegeben, dass das beanstandete rechtswidrige
Verhalten auch zukünftig wiederholt wird. Diese „Wiederholungsgefahr“ berechtigt dann zur gerichtlichen
Klage. Ist die Rechtslage eindeutig und die Abmahnung
berechtigt, kommt der Heiler in einem Gerichtsverfahren finanziell wesentlich schlechter weg, als wenn er
vorher die Abmahnung unterzeichnet hätte. Denn in diesem Fall muss er auch noch die Gerichtskosten und die
Kosten des gegnerischen Rechtsanwaltes und ggf. eines selbst hinzugezogenen Anwalts übernehmen. Die
Gesamtkosten können sich in diesem Fall leicht auf eine hohe vierstellige Summe, schlimmstenfalls sogar auf
eine fünfstellige Summe belaufen.
Zur Vervollständigung dieser Artikelserie mit aktuellen Informationen zum Thema „Was ist in der Werbung für Heiler und
Reiki-Praktizierende erlaubt?“ können Sie
die Ausgaben 2/09 und 3/09 des Reiki
Magazins, in denen Teil 1 und 2 der Serie veröffentlicht sind, derzeit noch nachbestellen:
Tel.: 0700 - 233 233 23
E-Mail: [email protected]
Internet: Im „Reiki-Shop“ auf
www.reiki-magazin.de
Wer also eine schriftliche Abmahnung erhält, sollte diese zunächst auf Plausibilität überprüfen - also darauf, ob
das ihm vorgeworfene Verhalten überhaupt tatsächlich
vorliegt und ob die rechtliche Ansicht, die der Abmahnende äußert, wenigstens dem Grunde nach plausibel
klingt. Bleibt ein „ungutes Gefühl“, dass der Abmahnende tatsächlich Recht haben könnte, sollte man sich
überlegen, ob man direkt die geforderte Unterlassungserklärung unterschreibt oder zunächst einen
fachlich versierten Anwalt mit der kurzfristigen Überprüfung der Rechtslage beauftragt.
Es sollte immer berücksichtigt werden, dass die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung weitreichende zeitliche und finanzielle Auswirkungen haben kann.
Die zunächst meist noch übersichtlichen Kosten anwaltlicher Beratung dürften daher in den meisten Fällen
gut angelegt sein. Nur ein fachkundiger Anwalt kann
letztendlich sicheren Rechtsrat dazu geben, ob es besser ist, die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen oder dies abzulehnen und es ggf. auf einen
Prozess ankommen zu lassen bzw. eine vermittelnde
Lösung im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleiches zu finden. Leider verdienen manche Zeitgenossen
und dubiose „Abmahnvereine“ ihren Lebensunterhalt
mit (massenhaften) Abmahnungen. An wen man geraten ist, kann oft nur der Fachmann feststellen.
Auf der „sicheren Seite“
Zum Abschluss der Artikelserie zu den rechtlichen
Grenzen der Heilerwerbung ist anzumerken, dass der
Heiler stets bemüht sein sollte, seine Werbung in jeder
Hinsicht professionell wie auch unter Einhaltung der
rechtlichen Regelungen zu gestalten. Man sollte sich
bemühen, mit Augenmaß und Zurückhaltung auf der
„sicheren Seite“ zu bleiben. Letztlich gilt es, nicht zu vergessen: Die beste Werbung ist oft die kostenlose Werbung des Klienten, der nach einer erfolgreichen
Behandlung seine guten Erfahrungen mit Begeisterung
an andere weitergibt.
■
Harald von Sehlen
Der Autor ist Rechtsanwalt in Koblenz. Seine
Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Recht
geistiger/spiritueller Heilweisen, sowie im
Vertragsrecht und Versicherungsrecht.
Kontakt:
Tel.: (0261) 1002555
E-Mail: [email protected]
www.heilen-und-recht.de
REIKI MAGAZIN 4/09
29
Reiki in der Rechtsprechung
§§
Sieg vor dem
Bundesverfassungsgericht!
Am 2. März 2004 hat das Bundesverfassungsgericht, fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, einen bahnbrechenden Beschluss gefasst: Wer nur als Heiler praktiziert und keine
Diagnosen stellt, braucht keine Zulassung als Arzt oder Heilpraktiker. Jürgen Kindler berichtet über die Entscheidung und die Hintergründe und gibt einen Ausblick für die Zukunft.
A
uch wenn diese Entscheidung plötzlich und vor allen Dingen im Ausgang so unerwartet gekommen ist, gibt es
doch eine lange Vorgeschichte: Vor ca. 20 Jahren war die
Welt noch so einfach: Esoterik - und damit das Heilen durch
Handauflegen - war sogar in dem Sinne esoterisch, dass es
kaum bekannt war. Die Gesundheitsbehörden kümmerten
sich nicht um Heiler. Die gab es natürlich damals schon, und
natürlich auch Reiki in Deutschland. Aber sie waren so rar,
dass sie nicht als »Gefahr für die Volksgesundheit« eingestuft
wurden. Und für die Leute, die eine rechtliche Absicherung
wünschten, war es noch ganz einfach, Heilpraktiker zu werden: Die Prüfungen waren um Größenordnungen leichter zu
bewältigen als heutzutage.
D
Jürgen Kindler praktiziert Reiki seit
1985, seit 1989 als Reiki Meister. Von
1996-1998 war er Mitglied des Vorstandes der Reiki Alliance. Seit 1991 Herausgeber des Reiki-Meister-Rundbriefes,
seit 1997 Herausgeber des Reiki Magazins.
Im Zweitberuf ist er IT Consultant und
Coach. Er lebt in Berlin.
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MAGAZIN 3/04
och die Esoterikwelle erfasste die Gesellschaft, und damit verbreiteten sich Reiki und andere Methoden des
Heilens durch Handauflegen. Die »Patienten« nutzten zahlreich die neuen Möglichkeiten. Auch die negative Seite des
Booms sorgte für Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit: So
wurden Scharlatane entlarvt, die für viel Geld Heilung versprachen und ihre Versprechen nicht einlösen konnten.
Dennoch entschieden sich immer mehr Menschen für alternative Gesundheitsverfahren. Gestandene Schulmediziner interessierten sich für Akupunktur und Homöopathie,
um ihren von chronischen Krankheiten geplagten Patienten
Alternativen anbieten zu können. Dem Trend folgend widmeten auch die Gesundheitsämter dem Bereich der Alternativmedizin eine erhöhte Aufmerksamkeit. Getrieben
durch Berufsver-bände und Ärzte wurden die Prüfungen für
die Heilpraktikerzulassung immer umfangreicher. Und veröffentlichte die lokale Presse einen Artikel über einen Rei-
ki-Praktizierenden, so bekam dieser mit Sicherheit einen
unangenehmen Besuch des Gesundheitsamts.
Im Neuen Jahrtausend
I
n einem solch’ entsetzlichen, gesetzlichen Zustand begann das Neue Jahrtausend. Verzweifelt sahen einige in
die Zukunft: Wo sollte diese Gesellschaft bloß enden, wenn
sie das »Geistige« in der Heilung nicht zuließe? Der Dachverband Geistiges Heilen (DGH) machte sich auf, diesem ein
Ende zu bereiten. Er fand eine juristisch einleuchtende, auf
dem Grundgesetz basierende Argumentation. Er vertrat
nicht die Auffassung, dass das Heilpraktikergesetz »an sich«
nicht rechtens sei. Vielmehr vertrat der DGH die Meinung,
dass die bestehenden Regelungen eine unzulässige Einschränkung der grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit
seien. Zwar habe der Staat das Recht und die Pflicht, für die
Volksgesundheit zu sorgen, wofür er unter anderem das
Heilpraktikergesetz erlassen hatte. Doch durch die umfangreiche Heilpraktikerprüfung war es einem einfachen
Heiler nur unter »sachfremden Zumutungen« möglich, seinen Beruf auszuüben. Und dies sei ein Verstoß gegen das
Grundgesetz.
s war klar, dass in den unteren Gerichtsinstanzen, bis zu
den Landesgerichten und Verwaltungsgerichten, die alte, restriktive Rechtsauffassung herrschte, was zahlreiche
Urteile der Vorjahre belegt hatten. Das Ziel musste also das
Bundesverfassungsgericht sein. Allerdings kann dieses immer erst dann angerufen werden, wenn der reguläre Rechtsweg ausgeschöpft ist. Das bedeutet, sich auf einen langen
Weg durch die Instanzen einzulassen und Kläger und
E
www.reiki-magazin.de
Reiki in der Rechtsprechung
Rechtsanwälte zu finden, die bereit sind, dies über Jahre
konstant und kompetent durchzustehen.
Der DGH suchte also einen Präzedenzfall und fand einen
mutigen Menschen, der bereit war, diesen Weg zu gehen.
Verschiedene Aufrufe - auch im Reiki Magazin - brachten die
finanziellen Mittel zusammen, um den Klageweg zu ermöglichen.
I
Bundesverfassungsgericht
D
as Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde
zur Entscheidung an. Das ist bemerkenswert, weil ca.
90 Prozent aller Verfassungsbeschwerden diese Hürde
nicht schaffen. So wurde z. B. ebenfalls in 2003 eine Beschwerde, das Heilpraktikergesetz gänzlich abzuschaffen,
erst gar nicht zur Entscheidung angenommen.
Im Vorfeld der Entscheidung wurden vom Bundesverfassungsgericht verschiedene Verbände und Organe um Stellungnahme gebeten. So gaben der DGH und fünf Heilpraktikerverbände (es wurden keine Standesvertreter der Ärzteschaft in das Verfahren eingebunden) eine Stellungnahme ab. Auch das Bundesverwaltungsgericht, das die vom
Bundesgerichtshof »erfundene«, so genannte »Eindruckstheorie« übernommen hatte, gab eine unerwartete Stellungnahme ab. Es meinte, dass in der Tätigkeit des Klägers eine »nur geringe Ähnlichkeit mit ärztlicher Tätigkeit« zu sehen sei und »eher die Assoziation mit geistlicher Betätigung« (im Sinne eines Priesters/Seelsorgers) nahe liege. Es
folgerte daraus: »Auf dieser Grundlage könne das für die Unterstellung unter die Erlaubnispflicht erforderliche Gefährdungspotential fehlen.«
I
m Laufe des Jahres 2003 versuchte das Reiki Magazin
natürlich immer wieder, den laufenden Stand des Verfahrens zu ermitteln und streckte seine Fühler aus. Auf der Versammlung der Einzelmitglieder im DGH erläuterte Bernhard
Firgau, Justiziar des DGH, verschiedene astrologische und
sonstige Begegebenheiten, die auf eine günstige Entscheidung hoffen ließen. Weiterhin ließ eine andere, bereits getroffene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in
denen Augenoptikern, die ja auch keine Ärzte oder Heilpraktiker sind, erlaubt wird, die Sehschärfenfeststellung vor-
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zunehmen, ebenfalls auf eine positive Entscheidung
schließen.
So erwarteten oder hofften viele auf eine Öffnung der Gesetzgebung. Jedoch zog sich das Warten hin, Weihnachten
2003 war vorbei, und nicht nur jene, die den Prozess mit
Spenden unterstützt hatten, freuten sich auf und bangten
um die baldige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
März 2004
Allgemeine Hinweise zu den Zitaten aus dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts:
• der Entscheid kann unter
www.bverfg.de/entscheidungen/
rk20040302_1bvr078403.html abgerufen werden
• mit »Beschwerdeführer« ist der Kläger gemeint, dessen Antrag auf behördliche Erlaubnis der Tätigkeit als Heiler von den Vorinstanzen abgewiesen wurde
• Heiler im Sinne des Entscheids ist auch jeder
Reiki-Praktizierende
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ange erwartet und dann doch überraschend hat das
Bundesverfassungsgericht am 2. März 2004 seinen Beschluss gefasst und einige Wochen später auch im Internet
unter www.bundesverfassungsgericht.de veröffentlicht.
Dieser Beschluss erfüllt alle Hoffnungen und entspricht voll
und ganz den Zielen der »Reiki-Gemeinschaft« und des
DGH. Im Grundsatz bedeutet er:
Jeder darf ohne Heilpraktikererlaubnis per Handauflegen
heilen, wenn er keine Diagnosen stellt, keine Medikamente
verschreibt und seine Klienten darüber informiert, dass diese Form der Heilbehandlung den Besuch beim Arzt oder
Heilpraktiker nicht ersetzt.
D
as Bundesverfassungsgericht hat die mögliche Gefährdung der Volksgesundheit durch einen nicht als
Heilpraktiker oder Arzt zugelassenen Heiler gegen die Einschränkung der Berufsfreiheit abgewogen. Zunächst befasst es sich mit der Gesundheitsgefährdung durch Heiler
(Reiki-Praktizierende sind, wie alle Menschen, die durch
Handauflegen oder andere Methoden heilen, Heiler im Sinne dieser Entscheidung): »Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung durch die Vernachlässigung notwendiger ärztlicher Behandlung ist mit letzter Sicherheit nie auszuschließen, wenn Kranke außer bei Ärzten bei anderen Menschen Hilfe suchen. ... Ein Heiler, der spirituell wirkt und
den religiösen Riten näher steht als der Medizin, weckt im
Allgemeinen die Erwartung auf heilkundlichen Beistand
schon gar nicht. ... Hingegen dürften ganz andersartige, ergänzende Vorgehensweisen wie beispielsweise die Krankensalbung, das Segnen oder das gemeinsame Gebet
▼
m Juni 2000 beantragte der Kläger eine Erlaubnis zur
Ausübung der Geistheilung beim Kreis Flensburg. Diese
wurde im Februar 2001 abgewiesen, dagegen legte der
Kläger Widerspruch ein, dieser wurde im Februar 2002 abgewiesen, dagegen wurde vor dem Verwaltungsgericht
Schleswig-Holstein geklagt, die Klage wurde im September
2002 abgewiesen. Die sich dann anschließende Klage vor
dem Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein wurde im
März 2003 ebenfalls abgewiesen. Gleichzeitig wurde keine
Revision zugelassen. Damit war der Rechtsweg ausgeschöpft und der Weg zur Verfassungsbeschwerde frei, die
innerhalb von vier Wochen eingereicht wurde.
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Reiki in der Rechtsprechung
S
omit steht für das Bundesverfassungsgericht fest: Wenn
ein Patient zum Reiki-Praktizierenden oder Heiler geht,
weiß er, was er tut. Er muss vom Gesetzgeber nicht geschützt werden. Klarer kann man es nicht ausdrücken.
W
eiterhin befasst sich das Bundesverfassungsgericht
mit der durch das Heilpraktikergesetz stattfindenden
Einschränkung der Berufsfreiheit: »Eingriffe in die Freiheit
der Berufswahl sind nach ständiger Rechtsprechung nur unter engen Voraussetzungen zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. ... Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz ist im Falle des
Beschwerdeführers schon nicht geeignet, den mit ihr erstrebten Zweck des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu erreichen. Vorliegend ist der Eingriff in die Berufswahlfreiheit nur mit mittelbaren Gefahren für den zu schützenden Gemeinwohlbelang der Gesundheit der Bevölkerung begründet worden. ... In solchen Fällen muss die
Maßnahme gerade der Abwehr der konkreten, wenn auch
nur mittelbaren Gefahr dienen, damit der Eingriff in die Berufswahlfreiheit nicht unverhältnismäßig erscheint. Daran
fehlt es hier.«
Infoblatt zur Unterschrift des Klienten (zum
Kopieren, zur eigenen Verwendung)
▼
✃
D
ann kommt das Bundesverfassungsgericht zum
Schluss: »Die Forderung an den Beschwerdeführer, ei-
ne Heilpraktikerprüfung abzulegen, ist unangemessen, weil
eine solche Prüfung mit der Tätigkeit, die der Beschwerdeführer auszuüben beabsichtigt, kaum noch in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Die in der HeilpraktikerPrüfung geforderten Kenntnisse in Anatomie, Physiologie,
Pathologie sowie in Diagnostik und Therapie kann er sämtlich bei seiner Berufstätigkeit nicht verwerten.«
Das Bundesverfassungsgericht stellt also fest, dass a)
die Volksgesundheit durch Heiler nur insofern gefährdet
sein kann, dass der Patient nicht mehr zum Arzt geht und b)
der Eingriff in die Berufsfreiheit von Heilern durch die Heilpraktikerprüfung unangemessen ist.
U
m die bestehende (Rest-)Gesundheitsgefährdung auszuräumen, muss der Patient zwischen Arzt und Heilpraktiker einerseits und Heiler andererseits klar unterscheiden können. Es liegt am Heiler, den Patienten davon zu
unterrichten: »Da die mit der Tätigkeit verbundenen Gesundheitsgefahren ersichtlich nur im Versäumen ärztlicher
Hilfe liegen können, muss lediglich sichergestellt werden,
dass ein solches Unterlassen nicht vom Beschwerdeführer
veranlasst oder gestärkt wird. ... Es muss gewährleistet sein,
dass der Beschwerdeführer die Kranken zu Beginn des Besuchs ausdrücklich darauf hinweist, dass er eine ärztliche
Behandlung nicht ersetzt. Das kann etwa durch einen gut
sichtbaren Hinweis in seinen Räumen oder durch entsprechende Merkblätter, die zur Unterschrift vorgelegt werden,
geschehen.«
Z
um Schutz vor Missbrauch und Ausnutzen von Unkenntnis legt das Bundesverfassungsgericht den Behörden folgende Befugnisse nahe: »Es ist Sache der Behörden,
auf die Einhaltung derartiger Aufklärungsverpflichtungen
hinzuwirken und sie durch Kontrollen der Gewerbeaufsicht
durchzusetzen. Im Rahmen einer Zuverlässigkeitsprü-
Informationsblatt
Heilen durch Handauflegen dient der Aktivierung der Selbstheilungskräfte
und ersetzt nicht die Diagnose oder Behandlung beim Arzt oder Heilpraktiker.
Mit meiner Unterschrift bestätige ich den Erhalt
dieses Hinweises vor Beginn der Behandlung.
Ort, Datum
Unterschrift (bei Minderjährigen Unterschrift der Eltern)
▼
wohl kaum den Eindruck erwecken, als handele es sich
um einen Ersatz für medizinische Betreuung. ... Wer Letztere (rituelle Heilung, Anm. d. Red.) in Anspruch nimmt,
geht einen dritten Weg, setzt sein Vertrauen nicht in die
Heilkunde und wählt etwas von einer Heilbehandlung Verschiedenes, wenngleich auch von diesem Weg Genesung
erhofft wird. Dies zu unterbinden ist nicht Sache des Heilpraktikergesetzes.«
Fragen und Antworten zu der Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts
Was bedeutet diese Entscheidung nun konkret? Hier einige Fragen und Antworten, die in Zusammenarbeit
mit dem Justiziar des DGH, Bernhard Firgau, zusammengestellt wurden:
Was sollte ich beim Umgang mit Behörden beachten?
Es ist damit zu rechnen, dass die Entscheidung noch nicht überall bekannt ist.
Wer mit Behörden zu tun hat, sollte eine Abschrift des Bundesverfassungsgerichtsentscheids stets dabei haben.
Was muss ich denn jetzt machen, wenn ich als Heiler tätig sein möchte?
Wie jeder Gewerbetreibende ist nun eine Anmeldung beim örtlichen Gewerbeamt notwendig. Als Tätigkeit ist »Heiler« bzw. »Reiki-Behandlungen« anzugeben. Gerade am Anfang kann es sein, dass das Gewerbeamt - in Unkenntnis
der neuen Rechtslage - an das Gesundheitsamt verweisen möchte. Die anderen Dinge wie z. B. Umsatzsteuerpflicht sind mit dem Steuerberater zu besprechen. Ob die Tätigkeit des Heilers nun steuerrechtlich unter die »ähnlichen heilkundlichen Tätigkeiten« (§4, Abs. 14 des UstG) fällt, bleibt abzuwarten.
In dem Beschluss ist von einer »Zuverlässigkeitsprüfung« die Rede. Was kann
das bedeuten?
Dies wird auch in anderen Bereichen der Wirtschaft verlangt und bedeutet das
Einblick nehmen in das so genannte »polizeiliche Führungszeugnis«, in dem
rechskräftig festgestellte Straftaten verzeichnet sind. Sind dort Eintragungen
vorhanden, kann es sein, dass die Eignung nachträglich in Frage gestellt wird
und in schwer wiegenden Fällen eine Heilertätigkeit untersagt wird. Wie offen
oder restriktiv dies gehandhabt wird, kann erst die Zukunft zeigen. Die in dem
Beschluss genannte »charakterliche Zuverlässigkeit und verantwortungsbewusstes Handeln« kann wohl nicht im voraus geprüft werden. Kommt es zu Beschwerden, wird sich das Gewerbeaufsichtsamt melden und ggf. die Tätigkeit
untersagen.
Wie soll ich meinen Klienten davon in Kenntnis setzen, dass ich kein Arzt oder
Heilpraktiker bin?
Doppelt hält besser: Der Klient sollte durch einen gut sichtbaren Aushang informiert werden. Gerade in den ersten Jahren sollte man sich aber zusätzlich
die Unterrichtung durch eine Unterschrift bestätigen lassen (siehe Informationsblatt auf S. 16). Der Klient sollte ein Duplikat ausgehändigt bekommen. So
kann man im Zweifelsfall den Nachweis führen, dass man den Klienten korrekt
informiert hat.
Aber Bachblüten kann ich doch empfehlen, oder?
Nein, auch das Geben oder Verschreiben von Medikamenten jeglicher Art setzt
eine Diagnose in irgendeiner Weise voraus. Dabei ist es egal, ob die Medikamente apothekenpflichtig sind oder in der Natur wachsen. Man sollte sich in seiner Tätigkeit als Reiki-Behandler ohne Heilpraktikererlaubnis fortan eher an
dem Bild des Seelsorgers orientieren, der ja auch keine Tees ausgibt.
Unterliege ich eigentlich der Schweigepflicht und kann ich so als Zeuge auch
die Aussage verweigern?
Nein. Vor Gericht gibt es kein Recht zur Aussageverweigerung. Aber der Schutz
der Vertraulichkeit des Klienten muss ansonsten gewahrt werden.
In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht etwas von »Kontrollen der Gewerbeaufsicht«. Was kann man darunter verstehen?
Jeder, der öffentlich zugängliche Räume, wie z. B. eine Praxis, zur Verfügung
stellt, muss Gesetze und Vorschriften einhalten. Dies kann die Unfallverhütung,
Sauberkeit, Anzahl der Toiletten oder der Parkplätze betreffen. Gelegentlich
oder bei Beschwerden kann das Gewerbeaufsichtsamt die Räumlichkeiten
kontrollieren. Das Bundesverfassungsgericht schlägt auch vor, dass die Unterrichtung der Patienten darüber, dass die Heilbehandlung den Besuch beim Arzt
oder Heilpraktker nicht ersetzt, von dem Gewerbeaufsichtsamt kontrolliert
wird. Damit ist aber wohl nur zu rechnen, wenn es zu Beschwerden kommen
sollte. Eine irgendwie geartete Fachprüfung darf jedoch nicht vorgenommen
werden.
Wie gestaltet sich jetzt die Zusammenarbeit mit Ärzten oder Heilpraktikern?
Dies ist ein interessanter Nebenaspekt der Entscheidung. Da die Heiler nun, aus
medizinischer Sicht, den Seelsorgern gleichgestellt sind, können Heilpraktiker/Ärzte nun Patienten an Heiler weiterverweisen. Zuvor wäre dies als Übergabe der medizinischen Verantwortung an einen Nicht-Mediziner unzulässig gewesen.
Darf ich mich denn jetzt Heiler nennen?
Ja, es ist jetzt nicht mehr notwendig, sich durch »Umbenennungen« vor rechtlichen Eingriffen zu schützen. Für den Klienten muss nur klar sein, dass man
kein Arzt oder Heilpraktiker ist. Man kann sich also ohne Probleme »Reiki-Heiler« oder einfach nur »Heiler« nennen. Auch ist es gleich, ob die zu behandelnde Person nun »Klient« oder »Patient« genannt wird. In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes wird auch von »dem Kranken« gesprochen.
▼
Ich soll keine Diagnosen (mehr) erstellen?
Dies ist ein wichtiger Aspekt der Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht
geht davon aus, dass das Heilen durch Handauflegen sich dadurch auszeichnet, dass vom Behandler keine Diagnosen gestellt werden und ihn gerade das
vom Arzt oder Heilpraktiker unterscheidet. Es dürfen also keine Diagnosen gestellt werden, weder medizinische Diagnosen noch solche »feinstofflicher Art«
wie z. B. »Da haben Sie ein blockiertes Chakra« oder »Das ist eine Besetzung
durch einen Hungergeist«.
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Kann ich denn jetzt auch in einem Hotel problemlos Reiki anbieten?
Ja, das geht jetzt auf jeden Fall ohne rechtliche Probleme. Allerdings wurde
schon vorher in vielen Hotels Reiki angeboten, was von den Gesundheitsbehörden aber nur selten bis nie als Heilkunde eingestuft wurde.
Ich habe vor einiger Zeit eine strafbewehrte Unterlassungserklärung von einem
Heilpraktikerverband erhalten und unterschrieben. Was soll ich jetzt tun?
Eine diesbezügliche Beratung würde den Rahmen hier sprengen. Lass’ dich
durch einen Anwalt beraten, der sich über die neue Rechtslage informiert hat.
Falls du Mitglied im DGH bist, kann die Rechtsberatung des DGH dir oder deinem Rechtsanwalt weitere Informationen bereit stellen.
Darf ich Werbung machen?
Ja, im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Richtlinien. Es ist davon auszugehen, dass - wie bisher - das Werben mit Dankschreiben oder das Aushängen von
Heilungsgeschichten im Wartezimmer nicht erlaubt ist. Von Ärzten und Heilpraktikern wird eine besondere Zurückhaltung bei der Werbung erwartet, um bei
Heilungssuchenden nicht falsche Erwartungen entstehen zu lassen. Rechtlich
gesehen ist dieses »Werbeverbot« teilweise im Standesrecht der Ärzte festgelegt, das natürlich für Heiler nicht gilt. Das Heilmittelwerbegesetz verbietet aber
jedem, auch dem Heiler, Arzneimitteln eine bestimmte Wirkung zuzusprechen.
Arzneimittel sind in diesem Sinne auch Tees oder andere Mittel oder Gegenstände.
Hinweis: Wenn du noch weitere Fragen oder Kommentare zu diesem Thema hast, freuen wir uns über deine Zuschrift an:
Reiki Magazin, Stichwort: Recht, 10437 Berlin, Gaudystr. 12 • E-Mail: [email protected] • Fax: 0700 - 233 233 24
Wir werden die Fragen in einer der kommenden Ausgaben des Reiki Magazins aufgreifen!
fung kann gegebenenfalls dem Schutzbedürfnis insbesondere von unheilbar Kranken vor Fehlvorstellungen und Ausbeutung durch die Möglichkeit der Gewerbeuntersagung
Rechnung getragen werden. Eine gewerberechtliche Anzeigepflicht vor Aufnahme der Heilertätigkeit kann solche
Kontrollen erleichtern. Jedenfalls bekämpfen Maßnahmen
dieser Art Gesundheitsgefährdungen, die durch unterlassene Heilbehandlung drohen, weit eher als die Kenntnisprüfung auf der Grundlage des Heilpraktikergesetzes.«
A
n mehreren Stellen grenzt das Bundesverfassungsgericht den Heiler von Ärzten oder Heilpraktikern ab. Bereits eingangs wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer
weder Diagnosen erstellt noch Medikamente verschreibt
und keine medizinischen Geräte verwendet. Weiter führt es
aus: »Die Heilertätigkeit des Beschwerdeführers beschränkt
sich ... auf die Aktivierung der Selbstheilungskräfte seiner
Patienten durch Handauflegen. Ärztliche Fachkenntnisse
sind hierfür nicht erforderlich, zumal der Beschwerdeführer
unabhängig von etwaigen Diagnosen einheitlich durch Handauflegen handelt.«
H
ier zeigen sich die Grenzen der heilerischen Tätigkeit:
Als Heiler gilt, wer unabhängig von einer Diagnose die
Selbstheilungskräfte des Patienten durch Handauflegen oder anderen rituellen Handlungen - aktiviert. Auch das Verschreiben von Medikamenten oder das Verwenden von medizinischen Geräten bleibt dem Heiler verwehrt, solange er
nicht Arzt oder Heilpraktiker ist.
Dachverband Geistiges Heilen
Geschäftsstelle und Info-Dienst:
Steigerweg 55, D-69115 Heidelberg
Tel.: (06221) 16 96 -06 (Fax: -07)
Sprechzeiten: Mo. und Mi. 10-12 Uhr
& Do. 18:00 -19:30 Uhr
E-Mail: [email protected]
www.dgh-ev.de
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Wie geht es jetzt weiter?
her, immer eine Abschrift der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Hand zu haben.
Die in der Entscheidung genannten Maßnahmen zur Kontrolle der Heiler müssen in der Praxis der Behörden erst noch
umgesetzt werden. Mit neuen Gesetzen, die die Entscheidung des Gerichts nachträglich außer Kraft setzen, muss
niemand rechnen, weil derartige Gesetze gegen das Grundgesetz verstoßen würden.
Erfreulich ist auch, dass der Beschluss »so ganz nebenbei«
die Heiler und damit auch Reiki-Praktizierende als Berufsstand anerkannt hat. Damit rückt dieser Bereich der Gesundheitspflege nun auch rechtlich dorthin, wo er für viele
schon seit Jahren hingehört: In die Mitte der Gesellschaft.
Nachdem den Reiki-Praktizierenden und Heilern endlich
mehr Legalität zugestanden wurde, steht einer Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen nichts mehr im Wege.
D
ie Redaktion des Reiki Magazins und alle Mitarbeiter
freuen sich über diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Auch haben wir uns über die vielen Anrufe und E-Mails unserer Leser/innen gefreut. Diese Entscheidung beflügelt den Geist und das Herz. Sie ist ein »Befreiungsschlag« für alle, die zwar gerne Reiki praktiziert hätten, dies aber in der Öffentlichkeit nicht mehr gewagt hatten.
Das Reiki Magazin wird, wie schon bisher, weiterhin über die
neuen Entwicklungen im Rechtsbereich berichten, z. B. über
Art, Umfang und Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht vorgeschlagenen, behördlichen Befugnisse. Für Reiki-Praktizierende empfiehlt sich, neben einem Abonnement
des Reiki Magazins, z. B. Mitglied in einem Berufsverband
wie dem DGH zu sein, um dort auch Rechtsberatung zu er
■
halten.
E
s wird einige Zeit dauern, bis sich diese Entscheidung in
der Verwaltung und in den Gerichten herumgesprochen
hat. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass noch einige Gesundheitsämter versuchen, Reiki-Praktizierenden mit der alten Rechtssprechung nachzustellen. Es empfiehlt sich da-
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