programmheft - Theater für Niedersachsen

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SUPERGUTE TAGE oder
DIE SONDERBARE WELT
DES CHRISTOPHER BOONE
Nach dem Roman von Mark Haddon
Bühnenfassung von Simon Stephens
Spielzeit 2016/17
VOM ÜBERWINDEN
DER EIGENEN GRENZEN
Marek Egert (Christopher), Thomas Strecker (Polizist).
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Marek Egert (Christopher), Katharina Wilberg (Mrs. Shears).
Es beginnt mit einem Mordfall. Wellington, der Hund von Mrs. Shears, liegt tot auf
dem Rasen. Von einer Mistgabel durchbohrt. Der Nachbarjunge Christopher findet
das Opfer. Da sich niemand der Erwachsenen so richtig für die Aufklärung dieses
Verbrechens interessiert, beschließt er die Ermittlungen aufzunehmen.
Allerdings ist der Detektiv ein Fünfzehnjähriger mit Asperger-Syndrom, einer
besonderen, gemäßigten Form von Autismus. Die Vorstellung, dass in der
Nachbarschaft ein Hundemörder frei herumläuft, beunruhigt Christopher: In
seiner Welt muss Ordnung herrschen. Er ist ein Mathe-Crack. Christopher kennt
alle Primzahlen bis 7507. Die Matheprüfung demnächst wird er mit einer Eins
bestehen, da ist er sich ganz sicher. Außerdem kennt er alle Länder dieser Welt
und ihre Hauptstädte. Dabei geht er allerdings selten weiter als bis zum Ende der
Straße. Nun aber will er Wellingtons Mörder auf eigene Faust suchen – und stößt
bei seinen Nachforschungen auf ungeheuerliche Wahrheiten, die sein Vater ihm
bisher verschwiegen hatte. Ganz allein macht der Junge sich auf eine abenteuerliche
Reise aus dem Provinznest Swindon in die Millionenmetropole London, weit über
die Grenzen seiner bisherigen Welt hinaus in eine für ihn neue Welt, die anderen als
völlig normal erscheint, für Christopher aber fremd und bedrohlich ist.
In seinem Coming-of-Age-Kultroman entwirft Mark Haddon ein anrührendauthentisches Seelenporträt eines besonderen Jungen in seiner „sonderbaren Welt“
und verbindet diese Geschichte vom Anderssein mit den Unwägbarkeiten des
Erwachsenwerdens und der Identitätsfindung.
Mark Haddon war in England als Kinder- und Jugendbuchautor sehr erfolgreich,
bevor er 2003 mit „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“
erstmals einen Roman veröffentlichte, der sich an ein erwachsenes Publikum richtete.
(Allerdings steuerte Haddons Verlag den Verkauf zweigleisig, indem er mit anderem
Cover die Geschichte auch im Jugendbuchbereich anbot). „Supergute Tage“ wurde ein
Bestseller, erhielt in England den renommierten Whitbread Book Award und wurde
auch in Deutschland zur Schulbuchlektüre erkoren. Auf Wunsch des Autors hat
Simon Stephens, einer der bedeutendsten englischen Dramatiker der letzten 15 Jahre,
das Buch bearbeitet und eine packende, theatralisch wirkungsvolle Bühnenfassung
erstellt, die 2012 am Londoner National Theatre ihre Uraufführung erlebt hat und
inzwischen an mehreren Dutzend deutscher Bühnen nachgespielt worden ist.
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EINE GESCHICHTE AUCH ÜBER UNS
Marek Egert (Christopher), Joëlle Rose Benhamou (Siobhan),.
Martin Schwartengräber (Ed Boone).
Ich weiß sehr wenig über Asperger und Autismus. Ich habe für „Supergute Tage“
nicht recherchiert (außer Swindon und Paddington Station zu fotografieren). Ich habe
ein paar Zeitungsartikel gelesen über und von Menschen mit Asperger und Autismus.
Mehr habe ich nicht getan. Die Phantasie übertrifft immer die Recherche. Ich dachte,
wenn ich es schaffe Christopher für mich real werden zu lassen, dann wird er auch für
den Leser echt. Ich gab ihm einige Regeln für den Alltag und einige Charakterzüge
und Haltungen, die ich alle von Menschen ausgeliehen habe, die ich kenne – von
denen übrigens keiner als „Behindert“ etikettiert ist. Den Reaktionen nach scheint
das aufgegangen zu sein.
„Supergute Tage“ ist kein Buch über Asperger. Es ist ein Roman, dessen Protagonist
sich selbst als ein „Mathematiker mit einigen Verhaltensschwierigkeiten“ bezeichnet.
Er benutzt nie die Worte Asperger oder Autismus.
Wenn es schon irgendetwas sein muss, dann ein Buch über Unterschiede, darüber ein
Außenseiter zu sein, darüber die Welt staunend und klar zu betrachten. Es ist genauso
ein Buch über uns, wie es eins über Christopher ist.
Etiketten sagen nichts über eine Person. Sie sagen nur etwas darüber aus, wie der
Rest von uns sie kategorisiert. Gute Literatur kratzt an Etiketten, lässt sie unwichtig
werden. Eine Diagnose kann praktische Hilfe nach sich ziehen. Aber um ein anderes
menschliches Wesen wirklich zu verstehen, braucht es die Bereitschaft miteinander zu
sprechen und sich zuzuhören. Nur so kann man nachvollziehen, was jeden einzelnen
zum Individuum macht und nicht wodurch sie einer bestimmten Gruppe angehören.
Mark Haddon
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Marek Egert (Christopher), Katharina Wilberg (Mrs. Alexander).
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ES GEHT UM DAS VERHALTEN,
NICHT UM DIE GEDANKEN
Ich glaube, Mark Haddons Geschichte über Christopher ist reich an Humanität,
Witz, Humor, Weisheit und Mitgefühl. Sie ist lustig und intelligent und liebevoll und
wahrhaftig – das sind alles Qualitäten, die ich an Menschen schätze und Qualitäten,
die ich hoffe, in meinen Kindern zu erwecken.
Welche Prinzipien und Ideen haben Dich bei Deiner Adaption des Romans für die
Bühne geleitet?
Martin Schwartengräber (Ed Boone), Marek Egert (Christopher).
Dramen drehen sich immer um das, was Menschen einander antun, und nicht
darum, was sie empfinden, erinnern oder denken. Ich habe den Schwerpunkt auf
das Verhalten und nicht auf die Gedanken gelegt. Ich habe Siobhan, Christophers
Lehrerin, als Erzählerin eingesetzt. Sie liest sein Buch, wie wir es auch tun, sie liebt
sein Gehirn, wie wir es auch tun, und sie versteht eine Welt, die Christopher nicht
zugänglich ist.
Auch hatte jeder von uns, auch die, die die Schule gehasst haben, einen Lehrer, den
wir lieber mochten als die anderen. Insofern ist das Lehrer-Schüler-Verhältnis eines,
das wir alle wiedererkennen und auf das wir uns beziehen können.
Mit welcher Figur aus dem Stück identifizierst Du Dich am meisten? Und warum?
Ich finde, dass Christopher natürlich die schillerndste Figur des Stücks ist. Gerade,
weil er anders denkt und handelt, als wir es erwarten, möchten wir herausfinden,
wie seine Logik funktioniert. Es ist wunderbar zu sehen, mit welcher Konsequenz
er der Wahrheit verpflichtet ist. Nicht nur, dass er nie lügt, er kommt auch in größte
Nöte, wenn er den Lügen von anderen begegnet. Das berührt mich sehr. Allerdings
muss ich noch eine Figur erwähnen: Mrs. Alexander akzeptiert sehr schnell seine
Eigenheiten und ist eigentlich die toleranteste und zugleich freieste Figur. Die
Begegnung mit solchen Menschen macht das Leben schöner. Und dann gehe ich
als Vater sehr mit Ed durch die Geschichte. Er macht schreckliche Fehler, will aber
immer ein guter Vater sein. Die Elternliebe dieser Figur führt, ohne Absicht, zu
schrecklichen Situationen. Ein Widerspruch, über den man lange nachdenkt.
Simon Stephens
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Martin Schwartengräber (Ed Boone), Thomas Strecker (Roger Shears),.
Michaela Allendorf (Judy Boone), Marek Egert (Christopher).
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Ensemble
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Joëlle Rose Benhamou (Siobhan), Marek Egert (Christopher).
Joëlle Rose Benhamou (Reisende), Marek Egert (Christopher),
Thomas Strecker (Obdachlose)
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„Jeder Mensch mit Autismus ist anders: Kennt man einen, kennt man… einen.“
Anka Wittenberg
Ich bin Asperger-Autistin. Nun ist es raus. Ich bin eine von denen, die man bei Lanz
oder Jauch dafür loben würde, dass sie ihr Abitur geschafft hat und jeden Morgen
allein ihre Zähne putzt. Man würde mich vermutlich sogar loben, wenn ich jemanden
erschossen hätte. Weil ich es als Autistin geschafft hätte, mein Gefühl zu erkennen
und mir auch noch eine Waffe zu besorgen, und das ist nun wirklich eine ganz tolle
Sache – wenn man einer Beckmann-Sendung vom Januar 2014 Glauben schenkt.
Das Asperger-Syndrom ist eine Form von Autismus, um die, wie eigentlich um alle
Formen von Autismus, viele Mythen kreisen. Das „Rain Man“-Phänomen. Ich bin
aber weder Raymond Babbitt aus „Rain Man“ noch Dr. Dr. Sheldon Cooper aus „Big
Bang Theory“ oder Christopher Boone aus „Supergute Tage“. Zur Überraschung
nahezu aller Menschen, die mir seit meiner Diagnose Fragen gestellt haben, kann ich
weder Streichhölzer noch Karten zählen, kann so gut wie gar nichts auswendig (am
wenigsten Fahrpläne), schreie nie bei lauten Geräuschen (wie unsinnig, das wäre ja
bloß ein weiteres lautes Geräusch), bin in der Lage, Empathie zu empfinden, und bin
zu allem Übel auch noch eine Frau.
Zum Asperger-Syndrom gehört, dass sich mir soziale Interaktionen nicht erschließen.
Ich habe Gespräche, insbesondere Small Talk, gelernt, so wie andere Formeln
oder Daten für eine Prüfung lernen. Mimik sagt mir gar nichts, deswegen sehe ich
Menschen nicht von Natur aus in die Augen – ich muss mich zum Augenkontakt
zwingen. Und ich bin nicht in der Lage, Reize zu filtern. Alles ist immer gleich
laut, das Gespräch, das ich führe, das Gespräch, das neben mir geführt wird, die
Kaffeemaschine, die Autos, die spielenden Kinder, der Wind in den Bäumen.
Es ist wohl wenig überraschend, dass es mir zuweilen sehr schwerfällt, mich zu
konzentrieren. Die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas problemlos in mich
aufzunehmen, besteht darin, es für mich interessant zu machen. Sobald etwas
interessant ist, schaffe ich eine Art von Hyperfokus – und bekomme plötzlich gar
nichts mehr mit. Ich habe viele Autounfälle gebraucht, um das festzustellen. Und um
zu lernen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer immer wichtiger sein müssen als der
vorbeifliegende Vogel oder eine reflektierende Reklametafel.
Denise Linke
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Marek Egert (Christopher), Michaela Allendorf (Judy Boone)
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Regieassistenz und Abendspielleitung Paula Freter
Ausstattungsassistenz Melanie Slabon
Inspizienz Mick Lee Kuzia
Soufflage Heiner Maas
Regiehospitanz Solène Schlachter
SUPERGUTE TAGE oder
DIE SONDERBARE WELT
DES CHRISTOPHER BOONE
(The Curious Incident of the Dog in the Night-Time)
TECHNIK/WERKSTÄTTEN
Nach dem Roman von Mark Haddon
Bühnenfassung von Simon Stephens
Deutsch von Barbara Christ
25. März 2017 im Großen Haus, Hildesheim
ca. 2 Stunden 30 Minuten, inklusive einer Pause
AUFFÜHRUNGSRECHTE Rowohlt Theater Verlag, Reinbek
PREMIERE
AUFFÜHRUNGSDAUER
INSZENIERUNG
AUSSTATTUNG
DRAMATURGIE
Jörg Gade
Hannes Neumaier
Gerd Muszynski
ENSEMBLE
Christopher Boone Marek Egert
Siobhan u.a. Joëlle Rose Benhamou
Ed Boone u.a. Martin Schwartengräber
Judy Boone, Mrs. Gascoyne u.a. Michaela Allendorf
Mrs. Shears, Mrs. Alexander u.a. Katharina Wilberg
Roger Shears, Reverend Peters u.a. Thomas Strecker
Jörg Gade
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Hannes Neumaier
Marek Egert
Technische Direktion Guido aus dem Siepen*, Alexander Maxein
Ausstattungsleitung Hannes Neumaier*
Technische Leitung Produktion Andrea Radisch*
Konstruktion David Maiwald
Bühnentechnik Eckart Büttner*, Dieter Galler, Andreas Sander
Beleuchtung Lothar Neumann*, Mario Schulze, Leah Petschull, Daniel Paustian
Ton Achim Hausherr*
Maske Carmen Bartsch-Klute*, Birgit Heinzmann, Vivian Arndt
Requisite Silvia Meier*, Constanze Kröhnert
Schneidereien Annette Reineking-Plaumann*, Egon Voppichler*, Anne Lehnberg,
Vera Färber
Werkstättenleitung Werner Marschler*
Tischlerei Johannes Niepel*
Malsaal Thomas Mache*
Schlosserei Joachim Stief*
Dekoration Danja Eggers-Husarek, Anita Quade
* Abteilungsleiter/-in
Fotografieren sowie Ton- und Bildaufzeichnungen sind nicht gestattet und verstoßen
gegen das Urheberrechtsgesetz.
Joëlle Rose Benhamou
Martin
Schwartengräber
Michaela Allendorf
Katharina Wilberg
Thomas Strecker
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IMPRESSUM
TfN ∙ Theater für Niedersachsen
Theaterstraße 6, 31141 Hildesheim
www.tfn-online.de
Spielzeit 2016/17
Intendant Jörg Gade
Prokuristen Claudia Hampe, Werner Seitzer
Redaktion Gerd Muszynski
Probenfotos Jochen Quast
Porträtfotos T.Behind-Photographics, privat
Quellen S. 3: Originalbeitrag. S. 5: Blog von Mark Haddon, Eintrag vom 16.
Juli 2009. Aus: Materialien zu „Supergute Tage“ vom Grips Theater Berlin,
2014. S. 7: Simon Stephens im Gespräch. Aus: Materialien zu „Supergute Tage“,
JungesSchauSpielHausHamburg, 2014. S. 10: Das Zitat „Kennt man einen,
kennt man… einen“, entnahmen wir einem Interview von Helene Endres mit
SAP-Inklusionschefin Anka Wittenberg., Spiegel Online, 31. August 2015.
Denise Linke, Inklusion hat mich gerettet. Aus: F.A.Z. 24. August 2014.
Gestaltung ProSell! Werbeagentur GmbH, Hannover
Layout Jolanta Bienia
Druck Sattler Direct Mail GmbH & Co. KG
Gefördert durch: Marek Egert (Christopher), hinten: Michaela Allendorf (Judy Boone),
Joëlle Rose Benhamou (Siobhan)
Medienpartner:
Sponsoren/Partner:
Freunde des
Theater für Niedersachsen e. V.
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Marek Egert (Christopher)
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„ICH LÜGE NICHT.
MUTTER HAT IMMER GESAGT,
DAS LIEGT DARAN,
DASS ICH EIN GUTER MENSCH BIN.
ABER ES LIEGT NICHT DARAN,
DASS ICH EIN GUTER MENSCH BIN.
ES LIEGT DARAN,
DASS ICH NICHT LÜGEN KANN.“
Christopher
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