Handwerkliches Klinkermauerwerk in der modernen Architektur

Werbung
Handwerkliches Klinkermauerwerk in der modernen
Architektur
Neubau der GASAG-Hauptverwaltung in Berlin als Bestandteil des neuen
Quartiers am Hackeschen Markt.
Im Rahmen eines Masterplanes, erstellt von Thomas Müller - Ivan
Reimann, Architekten, Berlin, ist auf der ehemaligen Brache zwischen
Marx-Engels-Forum und Hackescher Markt auf einer Grundstücksfläche
von ca. 10.700 qm ein neues, lebendiges Quartier entstanden als
wesentliche Maßnahme zur Wiederherstellung öffentlicher Stadträume
mit hoher Aufenthaltsqualität und städtischer Dichte. Gleichzeitig sollte
mit diesem Projekt das Gebiet südlich des S-Bahnhofes Hackescher
Markt, das durch seine historische kleinteilige Bebauung geprägt ist, mit
den gewachsenen Bezirken im Norden verbunden werden, um so die
Feinmaschigkeit
der
alten
Stadt
wiederherzustellen.
In
der
Nachkriegszeit war hier der historische Stadtgrundriss restlos überformt
worden. In diesem Problembereich, d.h. der Bruchstelle zwischen
erhaltener Bebauung der Vorkriegszeit und verschiedenen DDR-Relikten,
die das alte Berlin bewusst ausgeblendet hatten, liegt der Standort des
erwähnten neuen Quartiers.
Typologie des städtischen Geschäftshauses modern interpretiert
Durch die neue Bebauung ist wieder städtische Dichte entstanden mit klar
definierten attraktiven Stadträumen sowie Wege- und Blickbeziehungen. Das
Quartier besteht aus zwei Baublöcken, die in sieben Einzelgebäude unterteilt
sind, und deren Parzellengrößen sich an der Maßstäblichkeit der historischen
Stadtstrukturen am Hackeschen Markt orientieren. Die Gebäude interpretieren
auf
eine
zeitgenössische
Art
und
Weise
die
Typologie
städtischer
Geschäftshäuser. Bewußt wurden dabei unterschiedliche Architektursprachen
eingesetzt, um durch Ausdruck, Materialität und Nutzung das neue Quartier
als Teil der gewachsenen städtischen Bebauung erscheinen zu lassen, ohne
jedoch den Zeitpunkt seiner Entstehung und die unterschiedliche Handschrift
des Architekten zu verleugnen. Die individuelle Ausprägung der Fassaden der
das Ensemble bildenden Bauteile war zentraler Bestandteil des Entwurfs.
Eigenständiger Ausdruck, - klare Adresse
Die neue Hauptverwaltung des Berliner Energieversorgers GASAG markiert
mit seiner prägnanten Kubatur und der auffallenden Klinkerfassade den
nördlichen Eingang zu dem neuen Hackeschen Quartier. Das Gebäude,
ebenfalls geplant von den Verfassern des Masterplanes, den Berliner
Architekten Thomas Müller Ivan Reimann, ordnet sich als modernes
Bürohaus
in das Ensemble ein, präsentiert sich aber dennoch als
herausgehobener Solitär, der dem Unternehmen einen eigenständigen
Ausdruck und eine klare Adresse verleiht. Seine filigran ausgeformte rotbraunbunte
Klinkerfassade
gegenüberliegenden
nimmt
dabei
historischen
Bezug
S-Bahnhofs,
auf
die
ein
Architektur
des
denkmalgeschützter
Ziegelbau aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, sowie auf die umliegende
kleinteilige Bebauung. So verbindet sich das neue Quartier auf eine fast
beiläufige Art mit der historischen Stadt nördlich der Bahn.
Der Kubus des Gebäudes leitet von der ausgeprägten Vertikalität der
turmartigen Überhöhung an der Blockecke über in den eher ruhig gelagerten
Gebäudeteil, der dem Verlauf der die beiden Hausblöcke des Quartiers
verbindenden Gasse folgt. Hier entspricht das Gebäude wieder der Typologie
des klassischen Berliner Blocks mit festgelegter Traufhöhe und darüber
aufbauender zweigeschossiger Rückstaffelung. Zum Süden hin zeichnet die
Klinkerfassade die Rundung des Blockvolumens nach und öffnet so die neu
entstandene urbane Gasse, ebenso wie auch das GASAG-Gebäude, zu dem
Litfaß-Platz.
Historische Ziegelarchitektur modern ausformuliert
Die komplexe Volumetrie des Gebäudes wird durch die abstrakte Gliederung
der Klinkerfassade mittels stark hervortretender Pilaster, feinerer Mittellisenen
und zurückliegender, horizontaler Deckenstirnbänder zusammengefasst und
gleichzeitig
differenziert.
Raumhohe
Fenster
unterstreichen
im
Zusammenhang mit der turmartigen Überhöhung des Gebäudes die vertikale
Streckung. Diese moderne Klinkerfassade nimmt zwar deutlich Bezug auf die
handwerkliche Tradition der Ziegelarchitektur der Vorkriegszeit, erinnert aber
zugleich in ihrer architektonischen Rationalität an die modernen Klinkerbauten
der 30er-Jahre. Der rotbraun-bunte, warmfarbige Ziegelton, die naturhaft
unregelmäßige
rustikale
Oberflächenstruktur
tradierter
handwerklicher
Fertigung wurden aufgegriffen und von dem Klinkerhersteller, der GIMA
Girnghuber GmbH, Marklkofen, u.a. unter Verwendung einer zusätzlichen
Salzglasur reproduziert, ohne dabei in „ziegeleitechnische“ Nostalgie zu
verfallen. Mit großen Formaten reagiert die Fassade zugleich auf die
Stringenz der Architektur. Moderne Einflüsse werden aufgegriffen, das Neue
verbindet sich mit dem Alten, - und so begegnet diese Einganssituation des
Hackeschen
Quartiers
nahezu
nahtlos
dem
Bestand
auf
der
gegenüberliegenden Seite der Bahn.
160 Formsteine gliedern die skulpturale Klinkerfassade
Anders als zur Gründerzeit wurde hier allerdings nicht mehr ausschließlich
vorort
gemauert.
Größere
Wandeinheiten
sind
als
Fertigteile
auf
entsprechenden Betonkernen vorproduziert und dann auf der Baustelle an der
tragenden
Stahlbetonskelett-Konstruktion
als
vorgehängte
Fassade
zusammengefügt und montiert worden. Jeder Pilaster, jede Lisene, jedes
Brüstungselement besteht dabei aus einer Vielzahl von Formklinkern, alles
massive Vollsteine, die so angeordnet sind, dass sie beispielsweise im
Wechsel der übereinander lagernden Schichten einen gemischten Verband
mit überdeckter Fuge darstellen. Unter Berücksichtigung der weiteren
verschiedenen Sonderbauteile - die Eingangsloggia, die Staffelgeschosse, die
Gesimsausbildungen, Eckkonstruktionen und darüber hinaus die AnschlussSituationen von Fertigteil zu Fertigteil - wurden für dieses Objekt insgesamt
160
verschiedene
Formsteine
geplant,
gezeichnet
und
von
dem
Klinkerhersteller produziert und dann auf dem Umweg über das Fertigteil an
dem Objekt verbaut.
Die ausgeprägte Tiefe dieser skulpturalen, in Vor- und Rücksprünge
gegliederten Fassade, die Form des Baukörpers und das farbige Spiel des
Klinkers geben dem Haus, je nach Standort und Blickrichtung, immer wieder
ein verändertes Erscheinungsbild. Der in allen Facetten der Fassade akribisch
nachgezeichnete handwerkliche Anspruch, das ziegeltypische Rot-bunt des
Klinkers, seine naturraue Oberfläche und nicht zuletzt seine Verarbeitung in
einem üblichen Mauerwerksverband verleihen diesem Gebäude innerhalb des
neuen Quartiers eine Alleinstellung, die geeignet ist, die Verbindung zu der
historischen Stadt nördlich der Bahn deutlich zu akzentuieren. Die
Nachhaltigkeit der gewählten architektonischen Lösungen resultiert dabei
ebenso aus der Vermeidung modischer Architekturelemente als auch der
dringend notwendigen Stadtreparatur und der damit verbundenen Stärkung
öffentlicher Räume.
6.006 Zeichen
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Der Neubau der Hauptverwaltung des Berliner Energieversorgers markiert mit seiner prägnanten
Klinker-Architektur den nördlichen Eingang zum Hackeschen Quartier vom Henriette-Herz-Platz her.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Das Gebäude folgt der vertrauten Typologie des klassischen Berliner Blocks
mit festgelegter Traufhöhe; darüber staffelt es sich zweigeschossig zurück.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Die Gestaltung des Neubaus nimmt in Materialität und Fassadengliederung Bezug auf die Architektur
des gegenüberliegenden historischen S-Bahnhofs und die kleinteilige Bebauung des Hackeschen
Marktes.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Stark hervortretende Pilaster im Wechsel mit feineren Mittellisenen werden von zurückliegenden
horizontalen Deckenstirnbändern zusammengehalten. Die Abfangungen der Mittellisenen akzentuieren
dabei das als Sockel verstandene Erdgeschoss.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Der Haupteingang wird durch eine zweigeschossige Arkade mit als Klinkerfertigteile
ausgebildeten modulierten Stützpfeilern betont.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
Die Kubatur des Gebäudes leitet von der ausgeprägten Vertikalität der turmartigen Überhöhung der
Blockecke über in die ruhiger gelagerten Gebäudeteile im Bereich der die beiden Hausblöcke des
Quartiers verbindenden Gasse.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
Hackesches Quartier, Berlin
Neue Firmenzentrale der GASAG
160 unterschiedliche Formklinker mussten produziert werden, um den Mauerwerksverband dieser
filigranen
Fertigteil-Fassade
auszubilden,
alles
in
Anlehnung
an
die
Umgebungsbebauung in rotbraun-buntem Ziegelmaterial mit naturrauher Oberfläche.
Architekten: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten, Berlin
Ausführungs- und Detailplanung: FEA Consult Gesellschaft von Architekten und Ingenieuren mbH - Berlin
Foto: Stefan Josef Müller, Berlin
historische
Herunterladen