Leseprobe Mit => Inhaltsverzeichnis + Kapitel 1 und 2 Die Graphiken sind in reduzierter Auflösung und der Text ist nicht ausdruckbar Hat Sie die Leseprobe überzeugt? Dann profitieren Sie vom kompletten Buch für nur 15,50 Euro zzgl. Versand. Eine Bestellmöglichkeit finden Sie hier. Inhalt 1 1.1 1.2 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Warum Wärmespeicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Arten von Wärmespeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist Wärmespeicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sensible Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Latente Wärme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemische Wärmespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wärmeverluste von Wärmespeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 10 11 13 16 18 3 3.1 3.2 3.3 Bau und Einsatz von Wärmespeichern, Wärmespeichermaterialien . . . . . Kriterien für die Auswahl der Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriterien für den Bau von Wärmespeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beurteilung von Wärmespeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 22 25 28 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 Wasserwärmespeicher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wasser als Speichermedium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauarten von Wasserwärmespeichern zur Kurzzeitspeicherung . . . . . . . . . . . . Schichtung in Wasserwärmespeichern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmwasser- und Pufferspeicher in Heizanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wärmespeicher in Solaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfluss von Wärmespeichern auf die Systemeffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Speicher als „Wärmemanagementzentrale“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 30 30 37 41 45 60 67 5 5.1 5.2 5.3 Langzeit-Wärmespeicher im Niedertemperaturbereich . . . . . . . . . . . . . . . . Einsatzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Speicherkonzepte zur Langzeit-Wärmespeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Langzeitwärmespeicherung – realisierte Pilotprojekte in Deutschland . . . . . . . 69 69 70 74 6 6.1 6.2 Hochtemperatur-Wärmespeicher für Industrie und Solarkraftwerke . . . . 86 Einsatzbereiche und -beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Speichermedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 7 Wärme- und Kältespeicherung in Bauteilen und im Gründungsbereich zur Klimatisierung von Gebäuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Wärme- und Kältespeicherung in Bauteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Wärme- und Kältespeicherung im Gründungsbereich von Gebäuden . . . . . . . 96 7.1 7.2 3 Inhalt 8 8.1 8.2 8.3 8.4 Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warmwasserspeicher gegenüber Durchlauferhitzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftlichkeitsvergleich von kleinen Solaranlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Große Solaranlagen mit Kurz- und Langzeit-Wärmespeicher . . . . . . . . . . . . . 9 9.1 9.2 Zitierte Literatur und Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 10 10.1 10.2 Laufende und abgeschlossene Forschungsvorhaben aus der Energieforschung der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 Laufende und kürzlich abgeschlossene Forschungsvorhaben . . . . . . . . . . . . . . 118 Forschungsberichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 11 Weiterführende Literatur 12 Anschrift der Autoren 4 106 106 107 107 109 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Vorwort Wärmespeicher ermöglichen es, das Wärmeangebot im Zeitverlauf und in der Leistung dem Bedarf anzupassen. Erst durch Wärmespeicher lassen sich viele Energiequellen wie Sonnenenergie oder industrielle Abwärme effizient nutzen. Auch im Bereich der Versorgungssicherheit und beim Wärmetransport spielen sie eine wichtige Rolle. Wärmespeicherung umfasst ein sehr weites und sehr vielschichtiges Feld. Es reicht vom Warmwasserspeicher, der in fast jeder Wohnung vorhanden ist und über den sich kaum noch jemand Gedanken macht, bis hin zu riesigen Langzeit-Wärmespeichern für Niedertemperaturwärme und zu Hochtemperatur-Wärmespeichern für Temperaturen von fast 1.000 °C, die dem Bereich „High Tech“ zugeordnet werden. Gemeinsam ist allen Wärmespeichern, dass dem Vorgang „Wärmespeicherung“ physikalische Gesetze zugrunde liegen, die zum großen Teil aus dem täglichen Leben bekannt sind. Mit dem Informationspaket „Wärmespeicher“ soll aufgezeigt werden, welche Arten von Wärmespeichern heute im Einsatz sind und welche kurz- und mittelfristig dazu beitragen können, Wärme rationeller, d. h. mit weniger Einsatz an Primärenergie, zu nutzen. Die Darstellung und Erläuterung der physikalischen Grundlagen der Wärmespeicherung nimmt einen relativ breiten Raum ein, da nach Ansicht der Autoren bei der Vielfalt des Themas nur so ein roter Faden geschaffen werden kann, der durch die anschließenden exemplarischen Darstellungen hindurchführt. Das Buch spiegelt die rasante Entwicklung wider, die in den letzten Jahren auf einigen Gebieten stattgefunden hat. Als Beispiel seien hier die so genannten Solarspeicher genannt, die speziell für diesen Anwendungsfall entwickelt wurden, während die früheren Speicher lediglich modifizierte Speicher aus der Heiztechnik waren. Ein weiteres Beispiel sind Langzeit-Wärmespeicher zur saisonalen Speicherung von Solarwärme vom Sommer in den Winter, die in diesem Zeitraum den Weg von der Idee über die Planung bis hin zu Bau und Inbetriebnahme gegangen sind. Die vorliegende erweiterte und überarbeitete 4. Auflage des Buches wurde um ein Kapitel ergänzt, das Klimatisierungskonzepte für Gebäude fokussiert, bei denen die Wärme- und Kältespeicherung in Bauteilen und im Gründungsbereich genutzt wird. Fachinformationszentrum Karlsruhe GmbH Gesellschaft für wissenschaftlich-technische Information mbH BINE Informationsdienst 5 1 Grundlagen 1.1 Warum Wärmespeicherung? Wärmespeicher werden häufig im Zusammenhang mit der Nutzung neuer Energien und rationellem Energieeinsatz genannt. Obwohl sie manchmal so bezeichnet werden, sind Wärmespeicher keine „Energiequellen“ – sie sind sogar Systemkomponenten, die Wärme verlieren – sie helfen lediglich, Energie und Anlagen effektiver zu nutzen, und tragen damit zu einer Einsparung von Primärenergie bei. Ein alltägliches Beispiel dafür ist die Brauchwassererwärmung. Um heißes Wasser in einem Durchlauferhitzer aufzuheizen, ist kurzzeitig eine hohe Wärmeleistung (ca. 20 kW) notwenig, die insgesamt jedoch nur eine halbe Stunde am Tag benötigt wird. Wenn die Warmwasserbereitung mit elektrischer Energie erfolgt, bedeutet dies, dass entsprechend Kraftwerkskapazität bereitstehen muss, da elektrische Energie nur mit hohem Aufwand gespeichert werden kann. Heißes Wasser in einem wärmegedämmten Behälter ist dagegen problemlos zu speichern, und mit Hilfe eines solchen einfachen Warmwasserspeichers lässt sich die Heizleistung auf 1–2 kW reduzieren und damit Kraftwerksund Leitungskapazität einsparen. Die Aufheizung solcher Speicher lässt sich durch eine entsprechende Steuerung auch leicht in Zeiten verlegen, in denen sonst wenig elektrische Energie benötigt wird (z. B. nachts). In diesem Beispiel steht eindeutig die rationellere Nutzung von Anlagen im Vordergrund, die oft jedoch auch mit einem geringeren Einsatz an Primärenergie verbunden ist. Ein weiteres Beispiel ist der Einsatz von großen Speichern in Fernwärmenetzen, die aus Kraftwerken gespeist werden. Die kombinierte Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme ist eines der primärenergetisch günstigsten Verfahren rationeller Energienutzung überhaupt, da hier ein großer Teil der bei der Stromerzeugung in Wärmekraftwerken anfallenden Abwärme genutzt werden kann. Da die Fernwärme jedoch mit einer höheren Temperatur als die übliche Abwärme benötigt wird, geht die elektrische Leistung des Kraftwerks etwas zurück. Der Strombedarf weist morgens und abends während ein bis zwei Stunden Spitzen auf, für deren Deckung teure Spitzenlastkraftwerke eingesetzt werden müssen. Wenn in diesen Zeiten die Wärmeproduktion eingestellt wird, lässt sich die Stromerzeugung der Kraftwerke steigern und man kann auf den Bau von Spitzenlastkraftwerken zum Teil verzichten. Die Wärmeversorgung wird während dieser Zeit aus großen Speichern gedeckt, deren Installation billiger ist als die eines Kraftwerks. Je nach Struktur der Wärmeversorgung können solche Speicher auch dazu dienen, die Abwärme aus Kraftwerken zu speichern, die nur wenige Stunden am Tag betrieben werden und deren Wärme zu dieser Zeit nicht benötigt wird. Die Wärme wird dann später an das Fernheiznetz abgegeben. 6 Warum Wärmespeicherung? Eglob θaussen QWV Solare Einstrahlung (Globalstrahlung) Umgebungstemperatur Gesamtwärmebedarf als Summe des Wärmebedarfs für Raumheizung (QRH) und für Warmwasserbereitung (QWW) Abb. 1: Solarstrahlung, Umgebungstemperatur (oben) und Wärmebedarf für Heizung und Warmwasserbereitung (unten) eines Hauses während zweier Tage im Oktober (Qh,a = 30 kWh/(m2 ⋅ a)) Aufgrund der Verschiebung von Strahlungsenergieangebot und Wärmebedarf zur Warmwasserbereitung und Heizung stellt ein Wärmespeicher einen zentralen Baustein in thermischen Solaranlagen dar. In Abb. 1 ist der Verlauf von Solarstrahlungsangebot (links) und Heizwärmebedarf eines Gebäudes während zweier Tage dargestellt. Der Heizwärmebedarf (rechts im Bild) nimmt aufgrund der durch die Fensterflächen in das Gebäude als solare Wärmegewinne eintretenden Solarstrahlung ab. In der Kollektoranlage wird die Solarstrahlung absorbiert und in Wärmeenergie umgewandelt. Über ein Rohrleitungsnetz gelangt die Wärme über einen Wärmeübertrager in den Speicher. Die anschließende Entladung des Speichers erfolgt in Abhängigkeit des auftretenden Bedarfs. Während bei Solaranlagen zur Warmwasserbereitung ein nutzerabhängiges und relativ konstantes Entnahmeprofil vorliegt, ist der Wärmebedarf bei solarunterstützter Heizung abhängig von der Witterung. Bei Nutzung der Solaranlage zur Heizungsunterstützung muss diese zu Zeiten mit hohem Strahlungsenergieangebot ihre Wärme in einen Speicher liefern, aus dem dann am Abend und am nächsten Morgen das Gebäude beheizt werden kann. Die saisonale Verteilung von Solarenergieangebot und Wärmebedarf eines Gebäudes ist in Abb. 2 dargestellt. 7 1.500 200 Heizung [kWh] Warmwasser [kWh] 1.200 160 Globalstrahlung [kWh/m2] 900 120 600 80 300 40 0 Globalstrahlung [kWh/m2] Abb. 2: Saisonale Verteilung von Solarenergieangebot und Wärmebedarf für die Raumheizung und Warmwasserbereitung eines Wohngebäudes (Simulationsergebnisse für ein Gebäude mit Qh,a = 30 kWh/(m2⋅a), ANutz = 122 m2, Standort Ulm) Wärmebedarf [kWh/Monat] Grundlagen 0 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Monat Abb. 3: Solarer Deckungsanteil einer 10 m2 großen Solaranlage für ein Gebäude mit ca. 120 m2 Nutzfläche bei unterschiedlichem Wärmedämmstandard Bestand 12 % Bestand WSVO 1995 EnEV PH … … … … QRH QRH QRH QRH ∼ ∼ ∼ < 250 80 60 15 kWh/(m2a) kWh/(m2a) kWh/(m2a) kWh/(m2a) 15–20 % WSVO 1995 20–25 % EnEV 50–60 % Passivhäuser 0 10 20 30 40 50 60 70 Solarer Deckungsanteil [%] Je nach Wärmebedarf des zu versorgenden Gebäudes und Auslegung der Solaranlage können bei Verwendung von Kurzzeit-Wärmespeichern in Niedrigenergie-Gebäuden solare Deckungsanteile von etwa 25 % und in Gebäuden mit hohem Wärmeschutzstandard (Passivhäusern) Deckungsanteile von ca. 50 % erreicht werden (siehe Abb. 3). Im Gegensatz zu Kurzzeit-Wärmespeichern mit der Wärmespeicherung über einige Tage kann mit dem Einsatz von Langzeit-Wärmespeichern solare Wärme in den Sommermonaten eingespeichert und in der Übergangszeit und im Winter zur Wärmeversorgung von Gebäuden genutzt werden. Abb. 2 zeigt den jährlichen Verlauf des Heizwärmebedarfs eines Hauses und der Solarstrahlung auf die horizontale Fläche. Etwa zwei Drittel der Solarstrahlung treten in den Monaten von Mai bis Oktober auf, in denen nur knapp 25 % der Heizwärme (einschließlich Warmwasser) benötigt werden. Wenn man eine Solaranlage für den Heizbetrieb im Januar auslegt, erhält man sehr große Kollektorflächen, die im Sommer viel Wärmeüberschuss produzieren und damit sehr unwirtschaftlich arbeiten. Eine Erhöhung des Speichervolumens in Langzeit-Wärmespeichern führt hier zur Reduzierung der erforderlichen Kollektorflächen und über die Entladung des Speichers zum Zeitpunkt des Wärmebedarfs in der Heizperiode zur Erhöhung des solaren Deckungsanteils. 8 Arten von Wärmespeichern Abb. 4: Einteilung der Wärmespeicher 1.2 Arten von Wärmespeichern Wärmespeicher können hinsichtlich verschiedener Kriterien klassifiziert werden: ❏ nach der Temperatur in Nieder-, Mittel- und Hochtemperaturspeicher, ❏ nach der Dauer der Wärmespeicherung in Kurz- oder Langzeit-Wärmespeicher, ❏ nach dem physikalischen Prinzip in fühlbare, latente und chemische Speicher, ❏ nach dem Speichermedium z. B. in Wasserspeicher, Gesteinsspeicher. In den folgenden Abschnitten soll primär nach den physikalischen Prinzipien der Wärmespeicherung (Abb. 4) unterschieden werden, die im nächsten Kapitel eingehend erläutert werden. Zu den Speichern für fühlbare Wärme, in denen Wärmeenergie über eine Temperaturerhöhung des Mediums gespeichert wird, zählen die meisten der heute im Einsatz befindlichen Wärmespeicher, wobei die Speichermedien Wasser und Gestein dominieren. Speicher für latente Wärme, in denen die Schmelz- oder Verdampfungswärme eines Mediums genutzt wird, werden bei Anforderungen an eine hohe Energiedichte bzw. an eine Ein- und Ausspeicherung bei nahezu demselben Temperaturniveau eingesetzt. Im Vergleich zur Speicherung fühlbarer Wärme spielt dieses Speicherprinzip jedoch aufgrund wirtschaftlicher und ökologischer Kriterien eher eine untergeordnete Rolle. Chemische Energiespeicher (z. B. auch in Form fossiler Energieträger) arbeiten in der Regel auf höheren Temperaturniveaus und finden im Bereich der Wärmeversorgung von Gebäuden kaum Anwendung. 9 2 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung 2.1 Was ist Wärmespeicherung? In der Thermodynamik (Wärmelehre) wird unter „Wärme“ eine über eine Systemgrenze transportierte thermische Energie verstanden. Die Systemgrenze kann z. B. ein Heizkörper sein, der Wärme an einen Raum abgibt. Wärme stellt demnach eine Vorgangs- oder Prozessgröße dar. Die thermische Energie ist immer an einen Stoff gebunden. Sie wird in der Thermodynamik mit „Innere Energie“ oder „Enthalpie“ bezeichnet. Im Beispiel führt die Wärmeabgabe des Heizkörpers zu einer höheren Enthalpie der Raumluft (bzw. einem Anstieg der Raumlufttemperatur). Im allgemeinen Sprachgebrauch wird thermische Energie gleichbedeutend mit Wärme genutzt. Im Folgenden soll dieser allgemeine Sprachgebrauch, der sich auch in der Fachsprache eingebürgert hat, beibehalten werden. Für die Wärmespeicherung gilt: Wärme kann nur als Enthalpie gespeichert werden. Mit der Wärme muss immer auch ein Stoff gespeichert werden, der sie enthält. Im Wesentlichen werden drei physikalische Prinzipien der Wärmespeicherung unterschieden: ❏ Speicherung fühlbarer oder sensibler Wärme infolge einer Temperaturänderung, ❏ Speicherung latenter Wärme durch Änderung des Aggregatzustandes (ohne Änderung der Temperatur), ❏ Speicherung chemischer Wärme als Bindungsenergie bei Stoffreaktionen. Bevor diese drei Prinzipien näher vorgestellt werden, sollen einige wichtige Begriffe eingeführt und erläutert werden: Wärmeträgermedium ist der Stoff, der die Wärme in den Speicher transportiert und an das Wärmespeichermedium abgibt. Wärmespeichermedium ist das Medium, das die Wärme im Speicher selbst aufnimmt. Das Wärmespeichermedium und das Wärmeträgermedium können identisch sein. Wärmespeichervermögen ist die Wärmemenge, die ein Speicher aufnehmen kann. In der Regel wird das Wärmespeichervermögen immer zusammen mit dem nutzbaren Temperaturbereich angegeben; als Abkürzung wird QSP verwendet. Die Einheiten kWh, MWh, kJ oder MJ sind gebräuchlich; folgende Umrechnungen gelten: 10 Sensible Wärme 1 Megajoule (MJ) = 1.000 Kilojoule (kJ) 1 Megawattstunde (MWh) = 1.000 Kilowattstunden (kWh) und 1 kWh = 3.600 kJ = 3,6 MJ Beladewärmeleistung ist die Wärmeleistung (Wärme je Zeiteinheit), mit der ein Wärmespeicher beladen wird. Sie wird in kW oder MW angegeben, wobei gilt: 1 Megawatt (MW) = 1.000 Kilowatt (kW) Entladewärmeleistung wird analog zur Beladewärmeleistung für den Fall der Entladung definiert. 2.2 Sensible Wärme Als „sensible Wärme“ wird die Wärmeaufnahme oder -abgabe bezeichnet, die mit einer fühlbaren Änderung der Temperatur verbunden ist. Den Zusammenhang zwischen Wärmemenge und Temperaturänderung beschreibt die folgende Gleichung (Gleichung 1): Q = m · cp · (θ2 – θ1) Sp Die Wärmemenge ist neben der Temperaturdifferenz von der Stoffmasse m und der spezifischen Wärmekapazität cp des Stoffes abhängig. Die spezifische Wärmekapazität ist eine physikalische Stoffeigenschaft. Sie wird mit cp abgekürzt und besitzt die Einheit kJ/kg K. Die spezifische Wärmekapazität eines Stoffes gibt an, welche Wärmemenge 1 kg des Stoffes zugeführt werden muss, um seine Temperatur um 1 Kelvin zu erhöhen. Für die Wärmespeicherung sind Stoffe mit einer hohen spezifischen Wärmekapazität von Vorteil, um jeweils nur eine geringe Menge des Stoffes einzusetzen. Die spezifische Wärmekapazität gebräuchlicher Speichermedien ist begrenzt, wobei Wasser mit 4,19 kJ/kg K einen der höchsten Werte erreicht. Für einige Stoffe ist die spezifische Wärmekapazität in Abb. 5 zusammengestellt. Da für die Wärmespeicherung oft nicht die Masse, sondern das Volumen entscheidender ist, sind zusätzlich die Stoffdichte und die volumetrische Wärmekapazität cp' aufgeführt. Sie gibt an, wie viel Wärme in einem m3 eines Stoffes gespeichert werden kann, wenn seine Temperatur um 1 Kelvin erhöht wird. Sand, Kies und Gestein werden vorwiegend in Erdreich-Wärmespeichern genutzt, Beton bei der Wärmespeicherung in Gebäuden. In Speichern zur Brauchwassererwärmung und in Heizungsanlagen kommt überwiegend Wasser zum Einsatz. Wärmeträgeröl wird in Solaranlagen mit Parabolrinnenkollektoren als Wärmeträger und auch als Speichermedium einge11 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung setzt. Da Wärmeträgeröl teuer und dessen spezifische Wärmekapazität gering ist, werden in den Speichern Eisenplatten aufgrund ihrer deutlich höheren Wärmekapazität als eigentliches Speichermedium eingebaut. In Solarturmkraftwerken werden Salzschmelzen als Wärmeträger und/oder als Speichermedium genutzt. Natrium kann ebenfalls in Solarturmkraftwerken als Wärmeträgermedium und als Speichermedium verwendet werden. Medium Temperaturbereich Spezifische Wärmekapazität cp Volumetrische Wärmekapazität cp' Dichte ρ °C kJ/kg K kJ/m3 K kg/m3 Wasser 0–100 4,19 4175 998 Kies, Sand 0–800 0,71 1.278–1.420 1.800–2.000 Granit 0–800 0,75 2.062 2.750 Beton 0–500 0,88 1.672–2.074 1.900–2.300 0–1.000 0,84 1.176–1.596 1.400–1.900 Eisen 0–800 0,47 3.655 7.860 Wärmeträgeröl 0–400 1,6–1,8 1.360–1.620 850–900 Kies-Wasser-Schüttung (37 Vol.-% Wasser) 0–100 1,32 2.904 2.200 Salzschmelze (53KNO3 + 40NaNO2 + 7NaNO3) 150–450 1,3 1.970–1.725 2.561–2.243 Natrium 100–800 1,3 925–750 1.203–975 Ziegelstein Abb. 5: Spezifische und volumetrische Wärmekapazität von Wärmespeichermaterialien bei 20 °C An zwei Beispielen soll die praktische Umsetzung der Ausführungen in diesem Abschnitt demonstriert werden: Beispiel: Wie viele m3 Wasser sind notwendig, um zwischen den Temperaturen 40 °C und 90 °C den jährlichen Heizwärmebedarf eines Einfamilienhauses zu speichern, wenn dessen Heizölverbrauch 1.000 l/a beträgt? Lösung: Der Heizwert von Heizöl beträgt rund 10 kWh/l. Demnach müssen 10.000 kWh bzw. 36.000 MJ gespeichert werden. Aus Gleichung 1 folgt m= 12 Q Sp 36.000.000 kJ = = 171.838 kg Wasser c p · (θ2 − θ1 ) 4,19 kJ / kg K · (90 − 40 ) K Latente Wärme Zur Speicherung der Wärme im genannten Temperaturbereich sind rund 172 m3 Wasser erforderlich. Etwaige Wärmeverluste wurden bei dieser überschlägigen Berechnung nicht berücksichtigt. Beispiel: Wie viel Wärme lässt sich in einer Hauswand aus Beton mit den Abmessungen 2,3 m · 4 m · 0,2 m speichern, wenn ihre Temperatur um 2 Grad erhöht wird? Lösung: Das Volumen der Wand beträgt V = 1,84 m3. Mit Hilfe der volumetrischen Wärmekapazität aus Abb. 5 folgt QSp = V · cp' · (θ2 – θ1) = 1,84 m3 · 1.800 kJ/kg K · 2 K = 6.624 kJ = 1,84 kWh. Dies entspricht in etwa der Wärmemenge, die in 24 Stunden durch diese Wand bei einer Außentemperatur von 0 °C und einer Raumtemperatur von 20 °C hindurchgeht, wenn sie mit 100 mm Mineralfaserdämmung isoliert ist. 2.3 Latente Wärme Als latente Wärme bezeichnet man die bei einem Phasenübergang aufgenommene oder abgegebene Wärmemenge. Sie wird „versteckte Wärme“ oder „latente Wärme“ genannt, da die Aufnahme bzw. Abgabe dieser Wärme zu keiner merklichen Temperaturänderung führt. Die latente Wärme ist aus dem Alltag bekannt. Sie ist z. B. für die lange Zeitdauer für das Auftauen von Gefriergut verantwortlich. Zum Schmelzen muss reichlich Wärme zugeführt werden, was aufgrund des schlechten Wärmeübergangs viel Zeit in Anspruch nimmt. Umgekehrt ist beim Gefrieren (oder präziser beim Erstarren) genau diese Wärme abzuführen. Für die Wärmespeicherung sind derartige Vorgänge günstig, da die ausgespeicherte Wärme bei einer konstanten Temperatur zur Verfügung steht. Neben der Umwandlung fest/flüssig ist die Phasenumwandlung flüssig/gasförmig zu nennen, bei der Wärme ohne Änderung der Temperatur zu- bzw. abgeführt wird. Verdampfen und Kondensieren sind ebenfalls Vorgänge, die aus dem Alltag bekannt sind. So steigt die Temperatur z. B. beim Kochen von Wasser trotz weiterer Wärmezufuhr lange Zeit nicht über 100 °C an. Das Wasser verdampft, der Dampf nimmt die Wärme mit und gibt sie beim Kondensieren an kalte Flächen (z. B. Fenster) ab. Die Temperatur von Eis/Wasser/Wasserdampf ist als Funktion der Enthalpie (bzw. der gespeicherten Wärme) in Abb. 6 dargestellt. Im festen Zustand (Eis) steigt die Temperatur bei Wärmezufuhr an, die spezifische Wärmekapazität beträgt 2,1 kJ/kg K. Während des Schmelzvorgangs hingegen bleibt die Temperatur konstant. Die Schmelzwärme beträgt 335 kJ/kg; sie entspricht etwa der Wärmemenge, die für das Aufheizen der gleichen Menge Wasser von 0 auf 80 Grad erforderlich ist. Im flüssigen Zustand ändert sich die Temperatur bei Wärmezufuhr langsamer als im festen Zustand, da die spezifische Wärmekapazität in der flüssigen Phase ungefähr den doppelten 13 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung Abb. 6: Temperatur als Funktion der Enthalpie von Wasser Wert annimmt. Zur Verdampfung müssen rund 2.250 kJ/kg zugeführt werden, was etwa der 5,4-fachen Energiemenge entspricht, die für das Aufheizen der gleichen Menge Wasser von 0 °C auf 100 °C erforderlich ist. Da sich das Volumen bei der Verdampfung vertausendfacht, ist diese latente Wärme trotz des hohen Betrags nur bedingt für die Wärmespeicherung nutzbar. Es gibt allerdings Prozesse, bei denen die Verdampfungswärme von Wasser genutzt werden kann (z. B. die Adsorption von Wasserdampf in Silicagel). Zur Berechnung der Wärme, die in einer Masse m eines Latentspeichermaterials gespeichert wird, muss Gleichung 1 um den Anteil der latenten Wärme erweitert werden, die folgendermaßen definiert ist: Umwandlungswärme oder latente Wärme ist diejenige Wärme, die 1 kg eines Stoffs zur vollständigen Änderung seines Aggregatzustandes bei konstanter Temperatur zugeführt werden muss. Sie wird mit ∆hf abgekürzt und besitzt die Einheit kJ/kg, d. h. Wärmemenge je Masseneinheit. Die Temperatur, bei der die Umwandlung stattfindet, wird mit θf bezeichnet. Berücksichtigt man ferner, dass das Latentspeichermaterial in einem Temperaturbereich zwischen θ1 und θ2 beide Aggregatzustände (z. B. fest und flüssig) einnehmen kann, ergibt sich Gleichung 2. QSp = m · [cp,1 · (θf – θ1) + hf + cp,2 · (θ2 – θf )] Die in einem Latentspeichermaterial zwischen den Temperaturen θ2 und θ1 gespeicherte Wärme setzt sich aus der sensiblen Wärme unterhalb der Umwandlungstemperatur, der Umwandlungswärme selbst und der sensiblen Wärme oberhalb der Umwandlungstemperatur zusammen. Bei Latentspeichermaterialien wird der Temperaturbereich θ2 – θ1 klein gewählt, da das Hauptaugenmerk auf der latenten Wärmespeicherung liegt. Bisher konzentrieren sich die Anwendungen von Latentspeichermaterialien, die üblicherweise kurz als PCM (engl. Phase Change Material) bezeichnet werden, vor allem auf den Phasenübergang fest–flüssig. Im Bereich der dezentralen, netzunabhängigen Anwendungen zum 14 Latente Wärme Medium Wasser Paraffine Eicosan Rohparaffin Fettsäuren Laurinsäure Myristinsäure Stearinsäure – rein – technisch Umwandlung Umwandlungstemperatur θf Umwandlungswärme ∆hf Spezifische Wärmekapazität cp1/cp2 °C kJ/kg kJ/kg K fest/flüssig flüssig/gasförmig 0 100 335 2.540 2,1/4,19 4,19/1,86 fest/flüssig fest/flüssig 36,6 34,3 243 142 1,94/2,08 fest/flüssig fest/flüssig fest/flüssig 44 54 183 187 1,8/2,16 69,7 64,8 221 203 1,83/2,3 Salzhydrate Na2SO4 10H2O Na2S2O3 5H2O Ba(OH)2 8H2O fest/flüssig fest/flüssig fest/flüssig 32 48 78 241 201,2 266,7 Salzgemische 48NaCl/52MgCl2 67NaF/33MgF2 fest/flüssig fest/flüssig 450 832 432 618 0,9/1,0 1,42/1,38 Abb. 7: Umwandlungstemperatur und Umwandlungswärme einiger Latentspeichermaterialien Warm- oder Kalthalten (z. B. Transportboxen) sind schon heute wirtschaftliche Produkte am Markt verfügbar. Der Durchbruch als Standardtechnologie im Bereich der Wärme- oder Kältespeicherung hängt neben der Entwicklung von geeigneten Speichermaterialien von der Lösung konstruktiver Probleme ab: ❏ PCM weisen meist eine schlechte Wärmeleitfähigkeit auf, so dass die Wärmetransportwege im Speicher im Hinblick auf eine nennenswerte Leistungsentnahme optimiert werden müssen. ❏ PCM ändern ihr Volumen beim Schmelzen und Erstarren. Durch die Bildung von Hohlräumen in der Phase mit dem geringeren Volumen wird der Wärmetransport behindert. ❏ Einige Materialien (z. B. Salzhydrate) sind korrosiv gegen Metalle, so dass teure Speicherbehälter aus Edelstahl erforderlich sind. Andere Materialien sind nicht langzeitstabil. Ihr Verhalten kann durch Entmischung und durch chemische Veränderungen beeinträchtigt werden. Abschließend wird an einem Beispiel gezeigt, wie sich die Volumina von Wasser- und Latentspeichern zueinander verhalten. Beispiel: Wie viel Stearinsäure ist notwendig, um im Bereich zwischen 60 °C und 80 °C eine Wärmemenge von 100 kWh zu speichern? Wie viel Wasser ist für denselben Zweck erforderlich? 15 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung Lösung: Mit Gleichung 2 und den Werten aus Abb. 7 ergibt sich m= Q Sp [c ⋅(θ − θ ) + ∆h + c ⋅(θ − θ )] p ,1 f 1 f p ,2 2 = f 360.000 kJ 1, 8 ⋅ 69, 7 − 60 + 221 + 2, 2 ⋅ 80 − 69, 7 ( ) ( ) m = 1.379 kg Für die Speicherung von 100 kWh werden etwa 1.379 kg Stearinsäure benötigt, die ein Volumen von rund 1,5 m3 beanspruchen. Nach Gleichung 1 sind ca. 4,3 m3 Wasser bzw. ungefähr das dreifache Volumen notwendig, um dieselbe Wärmemenge im angegebenen Temperaturbereich zu speichern. Vergrößert man den nutzbaren Temperaturbereich auf das Intervall von 40 °C bis 80 °C, so sind nur noch 2,15 m3 Wasser oder 1,35 m3 Stearinsäure erforderlich. Aus dem Beispiel wird ersichtlich, dass Latentwärmespeicher den Wasserspeichern nur bei einem kleinen für die Wärmespeicherung nutzbaren Temperaturbereich deutlich überlegen sind. 2.4 Chemische Wärmespeicherung Bei der chemischen Wärmespeicherung wird die Reaktionsenergie ausgenutzt. Der große Vorteil liegt in der höheren Energiedichte sowie dem Fehlen von Wärmeverlusten auch bei langer Speicherungsdauer. Das Prinzip der chemischen Energiespeicherung ist aus der Natur bekannt. Die Vorräte an Kohle, Erdöl und Erdgas sind verkürzt dargestellt aus Pflanzenresten entstanden und stellen letztendlich gespeicherte Sonnenenergie dar. Unsere Energieversorgung der letzten 200 Jahre wird aus diesem großen, aber endlichen Speicher gedeckt. Die Verbrennung der fossilen Energieträger ist nichts anderes als eine chemische Reaktion mit Sauerstoff bei hoher Temperatur, bei der die Bindungsenergie der chemischen Reaktion in Form von Wärme freigesetzt wird. Bei fast allen diesen Verbindungen ist Kohlenstoff beteiligt, der zusammen mit Sauerstoff zu Kohlendioxid reagiert. Der umgekehrte Prozess findet bei der Photosynthese statt, bei dem aus Kohlendioxid mit Hilfe von Sonnenlicht wieder Sauerstoff und Kohlenstoffverbindungen entstehen. Prozesse, die für die technische Anwendung momentan untersucht werden, laufen bei niedrigeren Temperaturen ab (bis ca. 700 °C) und haben eine mehr als zehnmal geringere Reaktionswärme als die Oxidation von fossilen Brennstoffen. Die technische Anwendung der chemischen Energiespeicherung ist keineswegs neu. Beckmann und Gilli [1] berichten, dass bereits 1882 eine Lokomotive, die zwischen Aachen und Jülich verkehrte, ihre Energie aus einem chemischen Speicher bezog, und dass 1883 ein Motorboot auf der Spree auf dieselbe Art angetrieben wurde. Als Speichermedium diente konzentrierte Natronlauge (NaOH), die beim Einleiten von Wasser oder Dampf Wärme entwickelt. Mit Hilfe dieser Wärme wurde Dampf erzeugt, der die Lokomotive antrieb. Nach verrichteter 16 Chemische Wärmespeicherung Reaktion Reaktionstemperatur Reaktionswärme °C kJ/kg 258 479 555 1.473 280–500 druckabhängig 2.885 druckabhängig 467 2.930 Reversible Zersetzung von Ammoniakaten CaCl2 · 8 NH3 ↔ CaCl2 · 4 NH3 + 4 NH3 90–100 745 Adsorption von Wasser in Silicagel Silicagel + Dampf ↔ Silicagel feucht Reversible Wasserabspaltung CaCl2 · 2 H2O ↔ CaCl2 · H2O + Dampf Ca(OH)2 ↔ CaO + Dampf Reversible Zersetzung von Metallhydriden MgH2 ↔ Mg + H2 Reversible Zersetzung von Salzen NH4SO4 ↔ NH3 + H2O + SO3 40–100 991 Reversible Zersetzung von Metallkarbonaten CaCO3 ↔ CaO + CO2 837 1.780 Verdünnung von Schwefelsäure H2SO4 + xH2O ↔ H2SO4 (verdünnt) 400 816 Zum Vergleich: Verbrennung CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O (Erdgas) 2 H2 + O2 → 2 H2O je kg CH4 je kg H2 50.144 120.900 Abb. 8: Reaktionspaare für die chemische Wärmespeicherung Arbeit wurde der Dampf in die Natronlauge eingeleitet und führte dort zu weiterer Wärmeerzeugung. Wenn der Speicher entladen, d. h. die Lauge verdünnt war und keine Wärme mehr entnommen werden konnte, wurde die Lauge ausgewechselt und in einer stationären Anlage durch Ausdampfen des Wassers (Wärmezufuhr) wieder regeneriert. Für die chemische Energiespeicherung werden Reaktionen gesucht, die im technischen Maßstab umkehrbar (reversibel) sind. Die Vorgänge der Speicherbeladung und -entladung lassen sich mit den Reaktionsgleichungen 3 und 4 schematisch beschreiben: A–B A+B H → A + B (Speicherladung) – H → A – B (Speicherentladung) Der Term H stellt die Reaktionsenthalpie (oder Reaktionswärme) dar, die bei der Reaktion umgesetzt wird. Sie wird wie die Umwandlungswärme von Latentspeichermaterialien in der Einheit kJ/kg gemessen, während in der Chemie üblicherweise die für die Berechnung prak17 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung tikablere Einheit kJ/mol für die Angabe der Reaktionsenthalpie genutzt wird. Abb. 8 enthält beispielhaft einige Stoffpaare und die dazugehörigen Reaktionswärmen, die für die Wärmespeicherung in Frage kommen. Bei näherer Betrachtung von Abb. 8 fällt auf: ❏ Die Reaktionswärmen sind zum Teil mehr als 10-mal so groß wie bei Latentspeichermaterialien. Dennoch betragen sie weniger als ein Zehntel der Reaktionswärmen der üblichen Verbrennungsvorgänge mit Sauerstoff. ❏ Die Reaktionstemperaturen liegen meist weit über 100 °C. Für die Speicherung von Sonnenenergie bedeutet dies, dass konzentrierende Systeme (Parabolrinnen bis etwa 400 °C, darüber Solarturmkraftwerke) zur Sammlung der Sonnenenergie verwendet werden müssen. ❏ Einer der Reaktionspartner ist im Zustand höherer Energie (beladener Speicher) gasförmig und benötigt ein entsprechend großes Volumen zur Speicherung. Der große Vorteil chemischer Energiespeicherung liegt darin, dass die Reaktionspartner bei Umgebungstemperatur beliebig lange gelagert werden können, ohne dass Wärmeverluste zu verzeichnen sind. Nicht nur die Reaktionswärme, sondern auch die Reaktionspartner selbst lassen interessante Anwendungen zu. Das Gas NH3 (Ammoniak) kann zur Kälteerzeugung verwendet werden, Wasserstoff kann zum Antrieb von Maschinen und Fahrzeugen dienen. 2.5 Wärmeverluste von Wärmespeichern Speicher für sensible und latente Wärme weisen aufgrund der vorhandenen Temperaturdifferenz zwischen Speichermaterial und Umgebungstemperatur unvermeidbare Wärmeverluste an die Umgebung auf. Bevor an einigen Beispielen die Größe der Wärmeverluste veranschaulicht wird, sollen zunächst die physikalischen Grundlagen erläutert werden. Zur Verminderung von Wärmeverlusten werden Speicher mit Wärmedämmmaterialien isoliert. Der Wärmestrom durch die Wärmedämmung lässt sich mit Hilfe von Gleichung 5 beschreiben. v = U · A · (θSp – θa) Die Wärmeverluste hängen von der Oberfläche des Speichers A, der Temperaturdifferenz zwischen Speicher und Umgebung und dem Wärmedurchgangskoeffizient U ab. Der Koeffizient U wiederum ist von der Dicke des Dämmmaterials s und von seiner Wärmeleitfähigkeit λ abhängig, wie Gleichung 6 zu entnehmen ist. Die Wärmeübergangswiderstände auf der Innen- und Außenseite werden vernachlässigt, da der Wärmedurchgangskoeffizient in der Regel fast ausschließlich von der Dämmwirkung bestimmt wird. Der Koeffizient U gibt an, wie groß der Wärmestrom pro m2 und Kelvin durch die Wärmedämmung ist. 18 Wärmeverluste von Wärmespeichern U = λ/s Die Wärmeleitfähigkeit der meisten für die Speicherisolierung eingesetzten Wärmedämmstoffe liegt bei etwa 0,04 W/m2 K. Beispiel: Wie groß ist der Wärmestrom durch die Wärmedämmung eines zylindrischen Trinkwarmwasserspeichers mit einem Volumen von 500 l und einem Durchmesser von 0,6 m, der mit einer 10 cm dicken Wärmedämmung versehen ist? Die Speichertemperatur beträgt 50 °C, die Umgebungstemperatur 10 °C. Wie viel Wärme verliert der Speicher während eines Jahres? Lösung: Mit Hilfe von Gleichung 6 ergibt sich ein U-Wert von 0,4 W/m2 K. Die Höhe des Speichers beträgt 1,77 m, seine Oberfläche 3,9 m2. Die äußere Oberfläche inklusive der Wärmedämmung erreicht 5,96 m2. Als Bezugsfläche für den Wärmeverlust wird der Mittelwert dieser beiden Flächen mit A = 4,93 m2 angesetzt. Daraus ergibt sich nach Gleichung 5 ein Wärmestrom von 2 2 v = 0,4 W/m K · 4,93 m · (50 – 10) K = 78,9 W. Den Gesamtverlust über ein Jahr erhält man durch Multiplikation mit der Zeitdauer v = 78,9 W · 8760 h/a = 690,7 kWh/a. Die berechnete Wärmemenge entspricht etwa dem Heizwert von 70 m3 Erdgas oder 70 l Heizöl. Vergleicht man die Wärmeverluste mit der Wärmemenge, die für die Aufheizung des Wassers notwendig ist (bei 500 l/d und einer Kaltwassertemperatur von 10 °C sind dies 23,2 kWh/d bzw. 8.470 kWh/a), betragen die Wärmeverluste etwa 8 % dieser Wärmemenge. In der Realität weist ein Warmwasserspeicher dieser Größenordnung deutlich höhere Wärmeverluste auf, da über Wärmebrücken sowie die angeschlossenen Rohrleitungen zusätzlich Wärme aus dem Speicher verloren geht. Kritische Stellen für Mängel in der Wärmedämmung sind häufig Flansche und Anschlüsse. Eine erhebliche Verlustquelle stellen oben aus dem Speicher herausgeführte Anschlussleitungen für warmes Wasser dar. Aufgrund der Dichteunterschiede zwischen heißem Speicherwasser und sich in der Rohrleitung abkühlendem Wasser stellen sich in der Rohrleitung zirkulierende Strömungen ein, die das heiße Wasser aus dem Speicher in die Rohrleitung transportieren und das dort abgekühlte wieder in den Speicher zurückfließen lassen. Allein die Wärmeverluste über eine solche Rohrleitung können die Wärmeverluste des Speichers um etwa 50 % erhöhen. Bei modernen Solarspeichern (s. Abb. 9) sind die Anschlüsse für die Wärmeübertrager, Kalt- und Warmwasseranschluss, aus diesem Grund unten angeordnet. Das heiße Wasser wird in der Regel über ein Kunststoffrohr aus dem oberen Speicher19 Physikalische Grundlagen der Wärmespeicherung Abb. 9: Solarspeicher bereich entnommen (vgl. dazu auch Kap. 4). Diese Konstruktion erlaubt es, die Wärmedämmung ohne jedweden Durchbruch über den Speicher zu ziehen. Wärmeverluste über oben angeschlossene Rohrleitungen werden vermieden. Ein weiteres Beispiel demonstriert das Problem der Wärmeverluste bei Langzeit-Wärmespeichern. In Kapitel 2.2 wurde berechnet, dass zur Speicherung des jährlichen Heizenergiebedarfs eines Hauses ohne Berücksichtigung der Wärmeverluste ein Wasservolumen von 172 m3 erforderlich ist. An dieser Stelle sollen die Wärmeverluste überschlägig abgeschätzt werden. Beispiel: Wie groß sind die Wärmeverluste eines Langzeit-Wärmespeichers mit einem Volumen von 172 m3? Die Dicke der Wärmedämmung beträgt allseitig 0,5 m, der Speicher hat die Form eines Würfels mit der Kantenlänge 5,56 m, die mittlere Temperatur wird mit 70 °C angenommen, die mittlere Umgebungstemperatur mit 15 °C. Lösung: Die Oberfläche des Speichers ohne Wärmedämmung beträgt 185 m2, mit Isolierung 258 m2, die mittlere Fläche 222 m2. Den Wärmedurchgangskoeffizienten U berechnet man mit Gleichung 6 zu 0,08 W/m2 K, über Gleichung 5 den Wärmestrom zu 0,98 kW. Durch Multiplikation mit der Zeitdauer ergibt sich ein jährlicher Wärmeverlust von rund 8.600 kWh. Im Beispiel in Kapitel 2.2 sollten 10.000 kWh gespeichert werden. Da zusätzlich 8.600 kWh Wärmeverluste gedeckt werden müssen, muss der Speicher nahezu doppelt so groß sein, um im Winter die gewünschte Wärmemenge entnehmen zu können. Das Beispiel zeigt deutlich, dass die Speicherung von fühlbarer Wärme im Maßstab des Wärmebedarfs von Einzelhäusern nicht sinnvoll ist. Selbst bei sehr dicker Wärmedämmung 20 Wärmeverluste [%] Wärmeverluste von Wärmespeichern Abb. 10: Anteil der Wärmeverluste an der gespeicherten Wärmemenge über ein Jahr als Funktion des Speichervolumens (Speicher würfelförmig) 50 Temperaturbereich 90/40 °C Mittlere Temperatur 70 °C Umgebungstemperatur 15 °C Wärmedämmung 0,5 m Speichermedium Wasser 40 30 20 10 0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 Speichervolumen [1.000 m3] sind die Wärmeverluste zu groß. Fasst man den Speicher von 100 Häusern zu einem gemeinsamen Speicher zusammen, ergibt sich ein Speichervolumen von 17.200 m3. Die Wärmeverluste erreichen jedoch nur ungefähr das 10fache des kleinen Speichers. Sie können von etwa 77 % auf rund 16 % reduziert werden. Abb. 10 zeigt für das betrachtete Beispiel die Abnahme der Speicherwärmeverluste bei zunehmender Speichergröße anschaulich. Es wurde jedoch nur eine grobe Abschätzung vorgenommen. Temperaturverlauf sowie Temperaturschichtung innerhalb des Langzeit-Wärmespeichers wurden außer Acht gelassen (vgl. dazu auch Kap. 7). Aus diesen Beispielen wird zweierlei deutlich: ❏ Langzeit-Wärmespeicherung fühlbarer Wärme kann nur in großen Wärmespeichern stattfinden, da nur hier die Wärmeverluste auf vertretbare Größenordnungen reduziert werden können; ❏ die große Bedeutung chemischer Speicher für die Langzeit-Wärmespeicherung, da Wärme ohne Verluste gespeichert werden kann. 21