Studie Big Data

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BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
Studie des Studiengangs Wirtschaftsinformatik der SRH Hochschule Heidelberg mit
Unterstützung der Forschungs- und Beratungsagentur 70EINS Heidelberg
In Forschungkooperation mit



Amt für Wirtschaft und Beschäftigung der Stadt Heidelberg
Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim
Amt für Nahverkehr und Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises
2
SRH Hochschule Heidelberg/Studiengruppe/Studiengang Wirtschaftsinformatik (Namen von links nach rechts)
1.Reihe: Özge Ölmez, Inessa Laukart, Amanda Farozi, Prof. Dr. Anke Schuster (Studiengangsleiterin), Ursula Kloé (70EINS)
2. Reihe: Yannik Zemann, Robin Heckmann, Nuri Bagis, David Schäfer
3. Reihe: Lukas Weinmann, Manuel Hölzer, Alexander Hero
4. Reihe: Martin Daum, Janis Backes, Alexander Kez, Rico Riedmüller
5. Reihe: Christian Oswald, Faruk Algir
VORWORT
Big Data hält mit großer Geschwindigkeit Einzug in allen Branchen. Unternehmen jeder Größe
müssen sich dieser digitalen Herausforderung stellen, es gilt, die Datenflut zu bewältigen, zu
bewerten und für die jeweiligen Zwecke zielführend einzusetzen. Riesige Datenmengen werden
zum wichtigen Wettbewerbsfaktor.
Wie zahlreiche Studien zeigen1, gibt es mittelständische Unternehmen, die sich ganz früh der
Herausforderung gestellt haben und Big Data in ihre Geschäftsprozesse integriert haben.
Gleichwohl reagierten viele im Mittelstand bisher eher verhalten und abwartend auf Big Data.
Wie gut ist der Mittelstand der Metropolregion Rhein-Neckar bei Big Data aufgestellt? Wo liegen
die Chancen und wo die Barrieren? Welche Mitarbeiter*innenkompetenzen braucht der
1
u.a. Bitkom (2013): Management von Big-Data-Projekten – Leitfaden, Bitkom (2015): Big Data und Geschäftsmodell-Innovationen
in der Praxis: 40+ Beispiele, Bitkom (2016): diconomy – Digitalisierung der Wirtschaft 2016; repräsentative Befragung von 507
Geschäftsführern und Vorständen deutscher Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, IDC Central Europe GmbH (2013): In 5 Stufen zum
Big-Data-Projekt, IDC Central Europe GmbH (2014): IDC-Studie: Big Data – Business Value in deutschen Unternehmen auf dem
Prüfstand, PwC (2014): Revolution Big Data
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
3
Mittelstand in der Metropolregion? Welche Unterstützung erwartet der Mittelstand in der
Metropolregion beim Thema Big Data?
Im Studiengang Wirtschaftsinformatik an der SRH Hochschule Heidelberg unter Leitung von
Prof. Anke Schuster und der Forschungs- und Beratungsagentur 70EINS, Heidelberg unter
Leitung von Frau Kloé wurde im Rahmen des Moduls „angewandte Forschung“ von
Studierenden im 6. Semester eine Studie im II. Quartal 2016 durchgeführt, die Antworten auf
diese Fragen gibt.
Die Studie wurde in Forschungskooperation mit den Wirtschaftsförderungen Heidelberg,
Mannheim und Rhein-Neckar-Kreis realisiert. Bei allen Beteiligten möchten wir uns an dieser
Stelle für die Unterstützung bedanken.
Einbezogene Region2
Prof. Dr. Anke Schuster
Ursula Kloé
SRH Hochschule Heidelberg
Studiengang Wirtschaftsinformatik
70EINS, Heidelberg
2
Kartenausschnitt aus Industrie 4.0 – Chancen und Perspektiven für Unternehmen der Metropolregion Rhein-Neckar, S. 13
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
4
INHALTSVERZEICHNIS
ZUSAMMENFASSUNG............................................................................................................. 5
ANLAGE DER STUDIE .............................................................................................................. 8
ERGEBNISSE DER STUDIE........................................................................................................11
Ergebnis 1: Big Data ist als relevantes Zukunftsthema in der Führungsebene der
KMU angekommen – eigene Erfahrungen mit Big Data noch gering........................................11
Ergebnis 2: Der Nutzen von Big Data wird vorrangig im Bereich Marketing und
Vertrieb zum besseren Verständnis des Kunden gesehen – an einer Gesamtstrategie
für Big Data fehlt es noch ......................................................................................................14
Ergebnis 3: Größtes Risiko für den Einsatz von Big Data ist die Datensicherheit –
größte Hürde für erste Big Data Initiativen und Projekte ist der Transfer
auf konkrete Fragestellungen im eigenen Unternehmen..........................................................16
Ergebnis 4: Künftige Mitarbeiter*innen für Big Data Projekte sollten eine fundierte
wirtschaftliche Ausbildung und analytische Kompetenzen mitbringen .....................................18
FAZIT: BRUCH ZWISCHEN ZWEI WELTEN ................................................................................20
APPENDIX..............................................................................................................................22
IMPRESSUM
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
5
ZUSAMMENFASSUNG
In der rasant anwachsenden Menge an strukturierten und unstrukturierten Daten, die
Unternehmen aus internen und externen Quellen zur Verfügung stehen, liegen große Chancen:
die gezielte, individualisierte Ansprache von Kunden, Effizienzsteigerung bei Prozessen,
Synchronisation von Schnittstellen sind nur einige von vielen. Auch mittelständische
Unternehmen könnten hiervon profitieren.
3
Der Mittelstand erkennt dieses Potenzial: laut einer Bitkom Befragung
sind 72% der
mittelständischen Unternehmen der Ansicht, die Digitale Transformation sei eine der zentralen
Herausforderungen unserer Zeit. Aber trotzdem haben 55% der mittelständischen Unternehmen
bis dato keine zentrale Digitalisierungsstrategie.
In der vorliegenden Studie Big Data in der Metropolregion Rhein-Neckar4, die sich auf die kleinen
und mittleren Unternehmen (KMU) der Metropolregion Rhein-Neckar (<50 Mitarbeiter*innen)
konzentriert hat, werden die Erkenntnisse der Bitkom-Studie auch für die Metropolregion
bestätigt.
5
Bei den KMU der Metropolregion Rhein-Neckar zeigt sich ein mit der Bitkom-Studie
vergleichbares Bild: Big Data wird als ein wichtiges Thema eingestuft: 67% der befragten
Unternehmen stimmen hier zu, damit ist das generelle Interesse groß. Das größte Potenzial wird
in den Bereichen Vertrieb und Marketing gesehen. Hier verspricht man sich durch Big Data eine
höhere Transparenz im Hinblick auf die Bedürfnisse der Kunden bzw. das Kundenverhalten
sowie die Möglichkeit für qualitative Prognosen künftiger Trends. Aber auch die Steigerung von
Produktivität und Effizienz insbesondere bei der Supply Chain wird in diesem Zusammenhang
6
genannt. Letztendlich wird die Steigerung der unternehmerischen Leistungsfähigkeit und
Kostensenkung mit Hilfe der Digitalisierung als wichtige Aufgabe und zielführend für eine gute
Wettbewerbsfähigkeit gesehen.
Die Studie zeigt aber auch, dass viele der kleinen und mittleren Unternehmen in der
Metropolregion sich faktisch noch nicht auf den Weg in die digitale Zukunft gemacht haben.
Dies wurde nicht nur in der Online-Befragung, sondern v.a. auch in den begleitend geführten
Interviews deutlich.
Typische Aussagen in diesem Zusammenhang sind: „Man liest und hört viel zu diesem Thema.
Aber was davon ist wirklich sinnvoll für meinen Betrieb? Was brauche ich dafür, wie muss ich
die Mitarbeiter schulen?“ (Unternehmer, Fachbereich Handel), „Vorträge über das, was in
Silicon Valley bereits gemacht wird und wie sich die Produktion verändern wird sind schon
interessant. Aber was mache ich mit unseren alten Maschinen? Wie kann ich da den Anschluss
halten ohne gleich investieren zu müssen?“ (Unternehmer, Fachbereich Handwerk).
Der Transfer der großen Visionen auf das eigene Unternehmen und die täglichen
Herausforderungen gelingt noch nicht. Dies ist eine wichtige Erkenntnis v.a. vor dem
3
Bitkom (2016): diconomy – Digitalisierung der Wirtschaft 2016; repräsentative Befragung von 507 Geschäftsführern und
Vorständen deutscher Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, darunter 331 Unternehmen mit 20-499 Mitarbeitern
4
Big Data in der Metropolregion Rhein-Neckar 2016, Methodenmix: qualitativ-psychologische Explorationen / ethnographische
Interviews (n=28) plus standardisierte Onlinebefragung (n=196). Details siehe Appendix
5
Bitkom (2016): diconomy – Digitalisierung der Wirtschaft 2016; repräsentative Befragung von 507 Geschäftsführern und
Vorständen deutscher Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, darunter 331 Unternehmen mit 20-499 Mitarbeitern
6
Die meisten Teilnehmer*innen kommen aus dem Fachbereich Handel
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
6
Hintergrund, dass sich an der Studie vornehmlich die Geschäftsführungen der Unternehmen
beteiligt haben und diese gerade ja die notwendigen Entscheidungskompetenzen für die
Einführung und Realisierung von Big Data Initiativen bis hin zu Projekten in den Unternehmen
besitzen.
Dieser Bruch zwischen theoretischer Notwendigkeit und praktischer Zurückhaltung zeigt sich in
der Studie auch an anderer Stelle: bei der Einschätzung der größten Hürden für die Einführung
von Big Data Anwendungen im eigenen Unternehmen. Hier werden von den Führungskräften
folgende Hürden als die bedeutendsten genannt: fehlende belastbare Anwendungsfälle, zu
hohe Kosten und Nichterkennen des Nutzens von Big Data und Big Data-Analysen für das
eigene Unternehmen.
Somit lässt sich als zentrale Erkenntnis der vorliegenden Studie festhalten: um die kleinen und
mittleren Unternehmen der Metropolregion dort abzuholen, wo sie derzeit stehen, ist es
7
notwendig, das häufig verwendete „Big Data Reifegradmodell“ (Big-Data-Maturity-Modell) zur
Bewertung des Ist-Standes von Unternehmen beim Thema Big Data um drei Vorstufen zu
ergänzen (vgl. Abbildung 14, S.20).
Die Typisierung über das Big Data Reifegradmodell beginnt mit der Einstiegsstufe „erste Big
Data Konzepte und –Initiativen im Unternehmen auf den Weg gebracht“ und differenziert dann
in fünf Stufen bis zur letzten „unternehmensweit kommunizierte und anerkannte Big Data
Strategie vorhanden“ aus. Die kleinen und mittleren Unternehmen der Metropolregion RheinNeckar befinden sich z.T. jedoch noch weit entfernt von dieser üblichen ersten Stufe.
Denkt man den Reifegradgedanken zur Typisierung von Unternehmen bzgl. ihrer Einstellung zu
Big Data in entsprechenden Vorstufen konsequent zu Ende, dann lassen sich 3 Vorstufen
formulieren:
0.1 generelle Bedeutung des Themas Big Data erkannt, jedoch keine Relevanz für das eigene
Unternehmen
0.2 Relevanz wird gesehen, deshalb findet eine erste Annäherung an das Thema Big Data statt
0.3 Transfer auf das eigene Unternehmen hat begonnen
Die Unternehmen, die sich auf Vorstufe 0.1 befinden, sind am weitesten vom Thema Big Data
entfernt. Es besteht für diese Unternehmen kein Handlungsbedarf sich weiter mit dem Thema zu
beschäftigen, da man keinen Nutzen im Jetzt oder in der Zukunft ausmachen kann. In der
Vorstufe 0.2 ist die Sensibilität für die Relevanz von Big Data für das eigene Unternehmen
vorhanden, doch ist diese Relevanzerkennung eher abstrakter Natur. Es besteht eine erste
Bereitschaft zur Annäherung. Erst in der dritten Vorstufe (0.3) hat der Prozess zum tatsächlichen
Transfer der Erkenntnis, dass Big Data für das eigene Unternehmen wichtig ist, begonnen. Noch
fehlt in den Unternehmen aber die Kreativität zum Entwickeln spezifischer
Anwendungsszenarien. Dies würde aber benötigt, um auf die eigentlich erste Reifegradstufe
„erste Big Data Konzepte und –Initiativen im Unternehmen auf den Weg gebracht“ aufschließen
zu können.
7
in Anlehnung an Bitkom (2013): Management von Big-Data-Projekten - Leitfaden, S.32
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
7
Für eine erfolgreiche Digitalisierung des Mittelstandes in der Metropolregion Rhein-Neckar sind
bedarfsgerechte Begleitangebote, die die Unternehmen auf der jeweiligen Vorstufe abholen und
schrittweise an die erste Einstiegsstufe des bisherigen 'Reifegradmodells' heranführen,
notwendig. Besonders schnell kann dies für alle Unternehmen der Vorstufe 0.3 funktionieren.
Der Schlüssel hierfür ist die Hilfe beim Konzeptionieren geeigneter Anwendungsszenarien für
diese Unternehmen.
Diese Erkenntnis ist sicherlich für alle Akteure rund um das Thema „Big Data“ von Relevanz,
insbesondere für Anbieter von Big Data Anwendungen, die sich meist mit ihrem verwendeten
Vokabular und ihren Beispielszenarien auf der Ebene der üblichen 1-5 Stufen des
Reifegradmodells bewegen und sich damit im Grunde genommen in einer „anderen Welt“ als
kleine und mittlere Unternehmen befinden. Ein sich Aufeinander zu bewegen wäre ratsam, um
den KMU den Anschluss an die digitale Transformation zu erleichtern.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
8
ANLAGE DER STUDIE
Zielsetzung und Methodik
Ziel der Studie war, den Status Quo zu Big Data in der Metropolregion Rhein-Neckar zu
bestimmen. Der Schwerpunkt lag dabei auf mittelständischen Unternehmen mit einer
Betriebsgröße von <50 Mitarbeiter*innen.
Methodisches Vorgehen
Auf Basis einer Sekundäranalyse (Desk Research) wissenschaftlicher Veröffentlichungen sowie
Studien zu Big Data und relevanten Themenfeldern im Umfeld von Big Data, wie z.B. Business
Analytics und Internet of Things (IoT), wurde ein drei stufiges Verfahren konzipiert, um ein
0
möglichst umfassendes, valides 360 -Bild zu erhalten: erster Schritt war eine Pilotstudie, in Form
von Tiefeninterviews, zweiter Schritt eine standardisierte Online-Befragung, dritter Schritt eine
„Deep Dive / Cross check“ Nachinterviewphase.
1. Pilotstudie (n=8): QUALITATIVE VERTIEFUNG UND FOKUSSIERUNG AUF BIG DATA IM
MITTELSTAND UND AUF DIE METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
 Vertiefung der Learnings / Ergänzung um Metropolregion-spezifische Aspekte
 Grundlage für die Formulierung der standardisierten Onlinefragen
2. Standardisierte Onlinebefragung mittelständischer Unternehmen in der Metropolregion
(n=106): QUANTIFIZIERUNG IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
 Erkennen von Mustern / einer Systematik in der Auseinandersetzung mit Big Data
 Ableitung von Thesen aus Pilot und Onlinebefragung
3. Deep Dive/ Cross Check Erhebung mit Experten (Delphi-Ansatz) und Ethnographie bei
Veranstaltungen zum Thema Big Data und verwandten Themenfeldern in der Region (n=20):
QUALITATIVE VERTIEFUNG
 Spiegelung der Thesen aus Pilot und Onlinebefragung mit Experten zu Big Data
 Ergänzung um den Baustein 'Big Data Aktivitäten in der Metropolregion' und die
Resonanz auf diese Angebote
Die Tiefeninterviews der Pilotstudie und die Interviews zum Deep Dive / Cross Check dauerten
jeweils ca. 20-30 Minuten. Die Beantwortung des Onlinefragebogens nahm ca. 10 Minuten in
Anspruch.
Befragungszeitraum war für alle Primärerhebungen März bis Juli 2016.
Allen Befragten wurde absolute Anonymität zugesichert.
Beschreibung der Teilnehmenden und Design der Erhebungen
Die Teilnehmenden der einzelnen Stufen wurden bewusst heterogen ausgewählt, um ein
möglichst breites Spektrum an Erfahrungen, Ansichten und Motiven zu erfassen:

Pilotstudie, Deep Dive / Cross Check: Big Data Anwender und –Anbieter sowie Vertreter
von Wirtschaftsverbänden, die den Mittelstand in der Metropolregion gut kennen. Mit
diesen Zielgruppen wurden offene Gespräche anhand eines Themenleitfadens geführt,
um das Thema 'Big Data in der Metropolregion' möglichst unbeeinflusst und breit
auszuloten.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
9

Onlinebefragung: Mittelstand der Metropolregion mit Interesse am Thema Big Data.
Bei der Onlinebefragung wurden ausschließlich geschlossene Fragen gestellt, die auf der
Basis der Desk Research und der Pilotstudie formuliert wurden. Desk Research und
Pilotstudie brachten die Erkenntnis, dass es zu Big Data einen heterogenen Kenntnisund Erfahrungsstands im Mittelstand geben wird. Deshalb wurden verschiedene
Filterführungen im Onlinefragebogen vorgesehen, um die jeweils relevanten Fragen an
die entsprechenden Teilnehmenden platzieren zu können. Diejenigen ohne Big Data
Kenntnisse konnten sich im Rahmen der Befragung zum Thema informieren, bevor sie
mit der Befragung fortfuhren.
Auswertungsmethodik
Die Gespräche der Pilotstudie wurden contentanalytisch ausgewertet. Die Onlinebefragung
wurde nach Häufigkeit ausgezählt. Aufgrund der geringen Fallzahl (n=106) und der hohen
Abbruchrate (n=48) konnten keine weiteren statistischen Auswertungen durchgeführt werden.
Die contentanalytische Auswertung aus der Pilotstudie wurde herangezogen, um Tendenzen im
Onlinematerial zu prüfen (interne Prüfung). Die Erkenntnisse daraus wurden im Deep Dive einem
weiteren Plausibilitätscheck unterworfen (externe Prüfung).
Begriffsdefinition Big Data
Um das Buzz Word Big Data für alle Projektbeteiligten und die Formulierung der Fragen zu
synchronisieren, wurde folgende Definition zugrunde gelegt:
Abbildung 1: Merkmale von Big Data
8
„Big Data unterstützt die wirtschaftlich sinnvolle Gewinnung und Nutzung
entscheidungsrelevanter Erkenntnisse aus qualitativ vielfältigen und unterschiedlich
strukturierten Informationen, die einemschnellen Wandel unterliegen und in bisher
8
Bitkom (2015): Big Data und Geschäftsmodell-Innovationen in der Praxis: 40+ Beispiele. S. 13, Abbildung 1
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
10
ungekanntem Umfang zur Verfügung stehen.“
anwendende Unternehmen zu erzeugen.
9
Ziel ist, wirtschaftlichen Nutzen für das
Beschreibung des Vorgehens bei der Onlinebefragung
Die Wirtschaftsförderungen Heidelberg, Mannheim, Rhein-Neckar-Kreis haben ihre jeweiligen
Unternehmen per Mail (mit Link zur Onlinebefragung) oder per Brief (mit Linknennung)
angeschrieben. Des Weiteren wurde der Link zur Befragung auf den Webseiten der
Wirtschaftsförderungen platziert und über die Newsletter (Mail-Newsletter, postalischer
Newsletter) der Wirtschaftsförderungen verbreitet.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen hatten die Projektpartner SRH Hochschule und 70EINS,
Heidelberg keinen Einfluss auf die Adressauswahl und keinen Zugriff auf die Adressen. Eine
Rücklaufkontrolle erfolgte nicht.
Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig. Es wurden keine Incentives ausgelobt.
Kurzbeschreibung der Teilnehmenden der Onlinebefragung
Von den insgesamt n=106 Teilnehmenden haben n=58 die Umfrage vollständig beantwortet –
trotz des grundsätzlich hohen Interesses am Thema Big Data.
Die 106 Teilnehmenden wurden für die Auswertung in drei Typen bzgl. Big Data geclustert:



n=51 weder Kenntnisse über, noch Erfahrung mit Big Data im eigenen Unternehmen
n=36 Kenntnisse, aber noch keine Erfahrung mit Big Data im eigenen Unternehmen
n=15 Kenntnisse und Erfahrung mit Big Data im eigenen Unternehmen
60%
40%
50%
20%
35%
15%
0%
… Kenntnisse über Big Data und Erfahrung mit Big Data
… Kenntnisse über Big Data, aber keine Erfahrung
… keine Kenntnisse, keine Erfahrung mit Big Data
Abbildung 2: Big Data Typencluster Unternehmen der Metropolregion
In der Studie wird zur Kennzeichnung der drei unterschiedlichen Cluster dieser Farbkodex
verwendet.
Von den n=58, die die Umfrage vollständig beantwortet haben:




9
sind n=50 Teilnehmende Geschäftsleiter*innen / in leitender Funktion
sind n=36 Teilnehmende in Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiter*innen tätig
geben n=15 Teilnehmende ihren Jahresumsatz mit < 1 Mio EURO an
mit n=13 Teilnehmenden stellt der Fachbereiche Handel die größte Teilnehmergruppe, gefolgt vom Fachbereich
Handwerk mit n=8
Bitkom (2015): Big Data und Geschäftsmodell-Innovationen in der Praxis: 40+ Beispiele. S. 13
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
11
ERGEBNISSE DER STUDIE
Ergebnis 1: Big Data ist als relevantes Zukunftsthema in der Führungsebene der
KMU angekommen – eigene Erfahrungen mit Big Data noch gering
Das Thema Big Data / Digitalisierung ist auch bei den mittelständischen Unternehmen in der
Metropolregion Rhein-Neckar angekommen – die Verbreitung des Themas in den Medien und
die Fülle an Veranstaltungen von Branchenverbänden, IHK, Handwerkskammern und
Wirtschaftsförderungen führen zu erhöhter Aufmerksamkeit und prägen die Einschätzung des
Themas: 67% der n=106 Teilnehmenden der Online-Befragung sind der Ansicht, das
Thema ist sehr relevant / relevant. Die tiefergehende Auseinandersetzung zeigt jedoch, dass
man sich dabei stärker auf 'den Mittelstand generell' bezieht und weniger auf das eigene
Unternehmen.
"Es hat sich herum-gesprochen, wie
wichtig dieses Thema ist."
"Sehr relevant! Der Mittelstand
ist ein wichtiger Player in der
deutschen Wirtschaft. Wir
dürfen uns nicht abhängen
lassen im internationalen
Vergleich."
"Ein Buzz Word, fast jeder
spricht darüber."
BIG DATA
"Man liest viel darüber, es gibt
viele interessante
Veranstaltungen dazu."
Abbildung 3: Typische Antworten aus Pilot-/Deep-Dive-Interviews
Immerhin 20% der n=106 Studienteilnehmenden sehen nur eine geringe bis gar keine
Relevanz – und beziehen sich dabei auf die eigene Situation: solange das Geschäft ohne Big
Data Anwendungen zufriedenstellend läuft, sieht man keine Notwendigkeit, digitale
Anwendungen in den Geschäftsalltag zu integrieren.
"Was ich bisher auf
Veranstaltungen gehört
habe, ist zu weit weg von
meinem Arbeitsalltag. Das
hat alles nichts mit meinem
Geschäft zu tun."
BIG DATA
"Solange der Laden läuft,
meinen viele, sie kommen
auch weiterhin ohne Big Data
klar."
"Mittelständler haben oft keine klare
Vorstellung von den Veränderungen, die
da auf sie zukommen werden."
Abbildung 4: Typische Antworten aus Pilot-/Deep-Dive-Interviews
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
12
Wer sind die wichtigsten Vordenker/Treiber
in Ihrem Unternehmen beim Thema Big Data?
I n=34 I
Abbildung 5: Vordenker/Treiber für Big Data im Unternehmen I Ergebnisse Online-Befragung
Es zeigt sich, dass das Thema Big Data vor allem ein Top-Down-Thema ist.
Es sind eindeutig Geschäftsleitung und IT-Verantwortliche die Treiber für den Einsatz von Big
Data:


Die Geschäftsleitung kennt die strategische Ausrichtung des Unternehmens und
entscheidet über notwendige Investitionen – und sie haben prägenden Einfluss auf das
Big Data Interesse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die IT-Verantwortlichen geben den fachlichen Rahmen vor – und vermitteln den nichttechnischen Kolleginnen und Kollegen die erforderliche Sicherheit im Umgang mit den
Daten.
"Das ist ganz klar ein Top-DownThema. Die Mitarbeiter allein
können das nicht bewegen."
"Die Geschäftsführung muss
vorangehen, sonst hat das
Thema intern keine Chance."
Vordenker Big Data
"Die IT-ler müssen die fachliche
Spur vorgeben."
Abbildung 6: Vordenker/Treiber für Big Data im Unternehmen I Ergebnisse Pilot-, Deep Dive
Interviews
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
13
Die Frage nach der Erfahrung mit Big Data im eigenen Unternehmen zeigt, wie viele Studienteilnehmende trotz Erkennens der Relevanz des Themas noch unerfahren auf diesem Gebiet
sind:
"Wir wollen die Chancen von
Big Data bald für uns nutzen:
Kunden gezielter ansprechen,
Wettbewerber beobachten,
Ausgaben effizienter
einsetzen."
60%
"Keine Ahnung. Aber
ich vermute, dass ich
da irgendwann was
tun muss."
50%
40%
30%
"Ich brauche diese
Datenauswertungen, um
fundierte Entscheidungen zu
treffen. Das geht heute nicht
mehr anders."
20%
10%
"Noch kein Thema bei uns."
50%
35%
15%
0%
n=102
… Kenntnisse über Big Data und Erfahrung mit Big Data
Darstellung in Prozent
Nur eine Nennung
möglich
… Kenntnisse über Big Data, aber keine Erfahrung
… keine Kenntnisse, keine Erfahrung mit Big Data
Abbildung 7: Erfahrung mit Big Data in der Metropolregion I Ergebnisse Online-Befragung I
Typische Antworten aus Pilot und Deep Dive
Auf der Basis der Pilotgespräche und des Deep Dive steht zu vermuten, dass diejenigen, die die
Onlinebefragung nicht bis zum Ende bearbeitet haben, eher diejenigen sind, die weder
Kenntnisse noch Erfahrung mit Big Data haben. Des Weiteren ist anzunehmen, dass das Thema
für diese Unternehmen jetzt und in Zukunft keine Relevanz haben wird. Bei aller Euphorie für
Big Data muss auch gesehen werden, dass für viele kleine mittelständische Unternehmen auch
ohne die Anwendung von Big Data jetzt und in Zukunft die wirtschaftliche Existenz gesichert ist.
Bei den Unternehmen, die bereits Erfahrung mit Big Data haben, setzen Geschäftsleitung und IT
auf Analysen, die für Geschäftsleitung, Marketing und Vertrieb direkt verwertbare Ergebnisse
liefern: deshalb sind Systeme wie ERP, SCM oder CRM ebenso typische Datenquellen wie Social
Media Kanäle (z.B. Twitter, Facebook und Instagram Accounts der Unternehmen). Üblicherweise
werden die Analysen täglich oder ein bis zwei Mal pro Woche für Entscheidungen
herangezogen.
Insgesamt berichten die mittelständischen Unternehmen der Metropolregion über positive
Erfahrungen bei Implementierung und im Umgang mit Big Data. Was bleibt, ist die Sorge um
Datensicherheit und Datenschutz – und die Angst vor Fehlinterpretationen.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
14
Ergebnis 2: Der Nutzen von Big Data wird vorrangig im Bereich Marketing und
Vertrieb zum besseren Verständnis des Kunden gesehen – an einer
Gesamtstrategie für Big Data fehlt es noch
Alle Unternehmen, ob nur mit Kenntnissen über Big Data oder auch Erfahrung, sehen das
größte Potenzial für die Bereiche Marketing und Vertrieb: insbesondere die Möglichkeit zum
besseren Verständnis von Kundenbedürfnissen.
Dies muss allerdings vor dem Hintergrund gesehen werden, dass vornehmlich Unternehmen aus
dem Handel an der Studie teilgenommen haben. Deren Fokus liegt naturgemäß in diesen
Bereichen. Aufgrund der direkten Nachvollziehbarkeit des Nutzens von kundenbezogenen Daten
eignet sich die „Customer Orientation“ aber durchaus auch für andere Fachbereiche als
Einstiegsszenario für Big Data unerfahrene kleine Unternehmen.
Welche Awnedungszwecke von Big Data würden Ihrem Unternehmen einen
wirtschaftlichen Nutzen bringen?
I n = 58 I
Sonstige
Produktion: Effizienzsteigerung durch Prozessoptimierung
4
1
FI: Qualität von Analysen
4
3
5
Management: Qualität von Entscheidungen
7
Marktgeschehen: bessere Prognosen/Wettbewerbsanalysen
7
Supply Chain: Effizienzsteigerung durch Prozessoptimierung
4
8
4
11
5
3
14
Kundenorientierung: den Kunden bessert verstehen
3
13
0
…keine Kenntnisse, keine Erfahrung mit Big Data
2
5
20
10
15
…mit Kenntnissen über Big Data, aber keine Erfahrung
20
7
25
30
35
40
… mit Kenntnissen über Big Data und Erfahrung
n = 58, Darstellung der absoluten Zahlen. Mehrfachnennungen möglich
Abbildung 8: Anwendungszwecke von Big Data und Einschätzung des wirtschaftlichen Nutzens
Die mittelständischen Unternehmen wissen, dass sie im ersten Schritt sinnvollerweise eine
individuelle Big Data Strategie entwickeln müssen, wenn sie die benannten Vorteile dieser
Anwendungsszenarien nutzen wollen und sehen genau hier den größten Handlungsbedarf.
Aber genau wie in der bereits zitierten Bitkom Studie10 haben auch in der vorliegenden Studie
die meisten der Unternehmen ohne eigene Big Data Erfahrung noch keine Strategie für ihr
Unternehmen entwickelt.
Ursache dafür scheint die wahrgenommene Komplexität dieser Aufgabe zu sein: den
Teilnehmern ist klar, dass es sich nicht um einen einmalige, punktuelle Aufgabe handelt,
sondern um einen Prozess. Die Strategie muss nicht nur entwickelt und die festgelegten
Anwendungsszenarien angestoßen werden, der Prozess muss am Laufen gehalten,
kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
10
Bitkom (2016): diconomy – Digitaliserung der Wirtschaft 2016; repräsentative Befragung von 507 Geschäftsführern und
Vorständen deutscher Unternehmen ab 20 Mitarbeitern, darunter 331 Unternehmen mit 20-499 Mitarbeitern
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
15
Aber allein die Erarbeitung der Strategie stellt KUM vor Kapazitäts- oder Kompetenzprobleme:

Verantwortliche sehen sich außer Stande, zusätzlich zum Alltagsgeschäft eine Strategie
auszuarbeiten und Entscheidungen zu IT und Datenquellen zu treffen. Vielen ist auch
latent klar, dass eine Big Data Strategie nicht nur auf das eigene Unternehmen
zugeschnitten werden kann, sondern die Schnittstellen zu Kunden, Zulieferern, Partnern
berücksichtigen muss. Hier ist eine Öffnung „nach außen“, d.h. eine Abkehr vom bisher
häufig gültigen 'Silodenken' notwendig, um Prozesse möglichst frühzeitig zu
synchronisieren – eine Anforderung, die häufig der 'Einzelkämpfermentalität' kleiner
Mittelständler entgegensteht.

Ohne eigene digitale Kompetenz scheint die Entwicklung einer Big Data Strategie nur
schwer möglich. Bei der Vergabe dieser Aufgabe an Externe bestehen häufig Bedenken
sensible Informationen preis geben zu müssen, die angebotene Lösung nicht kompetent
bewerten zu können oder keine auf das Unternehmen passgenaue Lösung zu erhalten.
Diese grundsätzlichen Überlegungen gelten auch, wenn es um die Handlungsfelder
„Investitionen in IT“ und „Lokalisieren von Datenquellen“ geht.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
16
Ergebnis 3: Größtes Risiko für den Einsatz von Big Data ist die Datensicherheit –
größte Hürde für erste Big Data Initiativen und Projekte ist der Transfer auf
konkrete Fragestellungen im eigenen Unternehmen
"Dazu habe ich mich zu
wenig damit beschäftigt."
Welche bedeutenden Risiken könnte Big Data Ihrem Unternehmen bringen?
"Ich vertraue auf die
Regelungen von Staat
und Politik."
5
Sehe keine Risiken
Fehlerhafte BI Anwendung
"Woher weiß ich, dass mit
den Daten alles korrekt ist?
Und wie gehe ich mit dieser
Masse an Informationen
zielführend um?"
9
Negative Einflüsse auf die Unternehmenskultur (Überwachung)
12
Fehlinterpretationen
13
Technische Probleme
13
Fehlinvestitionen
15
Datenschutz
15
"Das wäre unser Aus."
"Gerade bei
Kundendaten spielt
das eine große Rolle."
Datensicherheit
35
0
5
10
15
20
25
30
35
40
"Wir wollen nichts von uns
preisgeben!"
n = 50, Darstellung der absoluten Zahlen. Mehrfachnennungen möglich
Abbildung 9: Risiken durch Big Data I Ergebnisse Online-Befragung I Typische Antworten aus
Pilot und Deep Dive
Auch nach einer Einführung von Big Data sehen bisher unerfahrene Mittelständler die größten
Risiken in den Themen 'Datensicherheit' und 'Datenschutz': man kennt die hohe Sensibilität der
eigenen Kunden in Bezug auf Datenschutz und weiß gleichzeitig, wie wichtig
Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität sind. Gleichzeitig kennt man sich nicht oder nur
rudimentär mit Datensicherheit und Datenschutz aus – was große Unsicherheit auslöst.
Die Gefahr von Fehlinvestitionen bei der Einführung von Big Data und aufgrund von
Fehlinterpretationen bei der Nutzung von Big Data stellt insbesondere für kleine Mittelständler
ein großes Risiko dar. Dies trifft verstärkt auf diejenigen zu, die sich bereits näher mit Big Data
beschäftigt haben oder sogar erste Erfahrungen mit Big Data gesammelt haben.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
17
"Mit großartigen Beispielen aus anderen Branchen
kann ich nicht nach-vollziehen, was mir das bringt."
Die größten Hürden für den Einsatz von Big Data in Ihrem Unternehmen sind …
… das Fehlen belastbarer Anwendungsfälle
35
… die zu hohen Kosten
32
… Nutzen von Big Data / Big Data Analysen nicht erkennbar
30
… fehlendes technisches Know How
29
… fehlende anlaytische Fähigkeiten
25
… mangelnde Datenqualität
25
… mangelnde/r Datensicherheit / Datenschutz
22
…fehlender Managementfokus
n=50, Teilnehmer*innen ohne Big Data Erfahrung
"Bisher konnte
mir keiner
sagen, welche
konkreten
Vorteile mir
das bringt."
21
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Darstellung der absoluten Zahlen. Mehrfachnennungen möglich. Zustimmung mit 4er-Skala von stimme voll und ganz zu bis
stimme überhaupt nicht zu – Darstellung der TOP-2-Boxen stimme voll und ganz zu / stimme zu
Abbildung 10: Hürden für den Einsatz von Big Data I Ergebnisse Online-Befragung I Typische
Antworten aus Pilot und Deep Dive
Aufgrund mangelnder Erfahrungswerte ist bei denjenigen ohne konkrete Erfahrung mit Big Data
die Skepsis groß, ob sich der notwendige Aufwand tatsächlich lohnen wird. Das zeigen die
Antworten auf die Frage nach den Hürden, die die mittelständischen Unternehmen bisher vom
Einsatz von Big Data abgehalten haben: fehlende belastbare Anwendungsfälle und das NichtErkennen des Nutzens von Big Data Analysen werden neben den zu hohen Kosten am
häufigsten genannt.
Die Hürde 'zu hohe Kosten', die viele Mittelständler sehen, ist mit den anderen beiden Hürden
eng verknüpft: ohne Bezug zum eigenen Unternehmensziel und ohne erkennbaren Nutzen sind
Kosten nicht zu rechtfertigen.
Das erklärt auch, warum die meisten mittelständischen Unternehmen, die noch keine Big Data
Erfahrung haben, auch keine Investitionen dazu planen: der Transfer auf die eigenen Bedarfe ist
für sie noch nicht zu leisten:
Sind in Ihrem Unternehmen in den nächsten Jahren
Investitionen für Big Data Initiativen/Projekte geplant?
I n = 26 I
8
9
9
Ja
Nein
Weiß nicht
n=26, Teilnehmer*innen ohne Big Data Erfahrung
Abbildung 11: Geplante Investitionen für Big Data Initiativen/Projekte
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
18
Ergebnis 4: Künftige Mitarbeiter*innen für Big Data Projekte sollten eine
fundierte wirtschaftliche Ausbildung und analytische Kompetenzen mitbringen
"Irgendwie ist alles
wichtig, oder?"
"Es reicht nicht, die
Daten zu nur sammeln.
Sie müssen vor dem
Hintergrund der
Unternehmensziele und
der Wettbewerbssituation analysiert und
interpretiert werden."
"Diese Leute müssen im großen
Datenheuhaufen die berühmte goldene
Nadel finden können. Das geht nur,
wenn sie die Gesamtlage verstehen."
Big Data
unerfahrener Mittelstand
Big Data
erfahrener Mittelstand
Abbildung 12: Anforderungen an Mitarbeiter*innen mit Tätigkeitsschwerpunkt Big Data I
Ergebnisse Pilot-, Deep Dive Interviews
Wissen um wirtschaftliche Zusammenhänge und die Fähigkeit nutzenbringende
Anwendungsszenarien zu erkennen, sind entscheidende Kompetenzen für Mitarbeiter*innen im
Themenfeld Big Data, so die Ergebnisse der Interviews. Interessant sind auch die Ergebnisse der
Onlinebefragung, die zeigen, dass analytische Fähigkeiten und eine betriebswirtschaftliche
Ausbildung in diesem Zusammenhang als besonders wichtige Kompetenzen benannt werden.
Damit zeigt sich auch beim Anforderungsprofil an die Mitarbeiter*innen, dass der
betriebswirtschaftliche Nutzen von Big Data bei den KMU im Fokus steht.
Welche Anforderungen gibt es in Ihrem Unternehmen an Mitarbeiter*innen mit dem
Tätigkeitsschwerpunkt Big Data?
I n = 34 I
Programmierkenntnisse
14
22
Berufserfahrung
Kenntnisse über Anwendungsszenarien
26
Informatik, Mathematik
28
Wirtschaftliche Ausbildung
30
Analytische Ausbildung
30
0
5
10
15
20
25
30
n=34, Darstellung der absoluten Zahlen, Mehrfachnennungen möglich
Abbildung 13: Anforderungen an Mitarbeiter*innen mit Tätigkeitsschwerpunkt Big Data I
Ergebnisse Online-Befragung
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
19
Je weniger die Geschäftsleitung über das Thema Big Data selbst Bescheid weiß, desto größer ist
das Anforderungsprofil an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Ursache ist die Angst, eine
wichtige Kompetenz zu vergessen, die bei der Analyse und Nutzung der Daten später
erforderlich sein könnte. Gesucht werden deshalb Big Data Allroundtalente mit wirtschaftlicher
Ausbildung, analytischen Fähigkeiten, Informatik-, Mathematik- und Statistikkenntnissen, die
auch vertraut mit Anwendungsszenarien sind.
Diejenigen Unternehmen, die bereits erste Big Data Erfahrung gesammelt haben, legen mehr
Wert auf wirtschaftliche und analytische Fähigkeiten und die Kenntnis von
Anwendungsszenarien. Sie fokussieren damit stärker auf die Kompetenzen, die bei der
Umsetzung im eigenen Unternehmen und für zielführende Entscheidungen notwendig sind, weil
die Erfahrung zeigt, dass eine reine Datensammlung nicht ausreicht. Intelligente
Interpretationen, die Fähigkeit, die Erkenntnisse in einen Gesamtzusammenhang zu stellen,
stellen sich als die entscheidende Kompetenzen heraus.
Es überrascht nicht, dass diejenigen mit Big Data Erfahrung die Big Data Anwendung als
fortlaufenden Prozess wahrnehmen, der kontinuierlicher Fortbildung der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter bedarf.
Auf die Frage, ob sie Weiterbildung für Ihre Mitarbeiter*innen anbieten bzw. wünschen, wird
häufiger mit Ja geantwortet. Big Data Unerfahrene haben sich dazu noch kaum Gedanken
gemacht. 90% der Teilnehmenden der Online-Befragung, die derzeit keine Weiterbildung für
ihre Mitarbeiter*innen anbieten, planen auch keine.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
20
FAZIT: BRUCH ZWISCHEN ZWEI WELTEN
Wissenschaft und Anbieter von Big Data Anwendungen sind länger und stärker im Thema verwurzelt und
damit weit von der Welt der KMU entfernt – es gilt sich wieder aufeinander zu zubewegen: konkrete
Anwendungsfälle wären ein erster wichtiger Schritt
Die Analyse aller für die vorliegende Studie gesammelten Informationen führt zu der Erkenntnis,
dass das häufig verwendete 'Big Data Reifegradmodell'11 (Big-Data-Maturity-Modell) zur
Bewertung des Ist-Standes von Unternehmen beim Thema Big Data um mehrere Vorstufen
ergänzt werden muss, wenn die kleinen und sehr kleinen Mittelständler der Metropolregion bei
der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse richtig typisiert werden sollen. Für eine erfolgreiche
Implementation von Big Data müssen die Unternehmen dort abgeholt werden, wo sie derzeit
stehen. Informations- und Beratungsangebote für diese Vorstufe müssen grundlegende Fragen
beantworten, übertragbare Best Practise Beispiele vorstellen und konkret auf das jeweilige
Unternehmen angepasste Unterstützung bei den ersten Schritten in eine digitale Zukunft
anbieten.
5. Stufe
4. Stufe
3. Stufe
2. Stufe
1. Stufe
0.3
0.2
0.1
Unternehmensweit kommunizierte, anerkannte Strategie;
Tools, Prozesse, ROI-Messung
Fachbereichsübergreifende Strategie, zentrale
Technologieorganisation
Erste Prozesse für Datensammlung / -integration
Erste Projekte in einzelnen Abteilungen
Erste Konzepte und Initiativen
Transfer der Big Data Kenntnisse auf das eigene Unternehmen
Erkennen der Big Data Relevanz für das Unternehmen, erste Annäherung
Big Data hat generelle Bedeutung, keine Relevanz für das Unternehmen
Abbildung 14: Das erweiterte Big Data Reifegradmodell für die Metropolregion Rhein-Neckar
12
Die meisten der Teilnehmer der vorliegenden Studie befinden sich auf den Vorstufen 0.1 bis 0.3.
Nur wenige der befragten Unternehmen (N=15), haben bereits erste Konzepte und Initiativen
entwickelt, stehen somit in den Startlöchern für erste Projekte oder haben diese gerade
11
in Anlehnung an Bitkom (2013): Management von Big-Data-Projekten - Leitfaden, S.32
Stufe 0.1 – 0.3 Ergebnis der Analyse der vorliegenden Studie / 1. Stufe – 5. Stufe in Anlehnung Bitkom (2013):
Management von Big-Data-Projekten – Leitfaden, S. 32
12
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
21
angeschoben. Die Mehrzahl der befragten Mittelständler erkennt die generelle Bedeutung von
Big Data und sieht teilweise auch Anknüpfungspunkte für das eigene Unternehmen. Aufgrund
der Komplexität von Big Data einerseits und aufgrund der Heterogenität des Mittelstands
andererseits (Branchen, Unternehmensgrößen, Märkte) gelingt der Transfer von Big Data
Visionen und den zahllosen Möglichkeiten auf die eigenen alltäglichen Herausforderungen nur
schwer. Noch fehlt in den Unternehmen die Kreativität zum Entwickeln spezifischer
Anwendungsszenarien.
Dies würde aber benötigt, um auf die eigentlich erste Reifegradstufe aufschließen zu können.
Von einer Implementation von Big Data in ihren Unternehmensablauf sind diese
Teilnehmer*innen somit noch weit entfernt. Dazu fehlt ihnen eine entsprechend auf ihre
Bedürfnisse zugeschnittene digitale Strategie als Entscheidungsgrundlage für Investitionen in
Hard- und Software sowie das Know-how.
Wann und wie sich die kleinen und mittleren Unternehmen der digitalen Transformation
anschließen wird wesentlich davon abhängen, inwieweit sie bei dieser Aufgabe auf zielführende
Unterstützung zugreifen können. Besonders schnell kann dies für alle Unternehmen der Vorstufe
0.3 funktionieren. Der Schlüssel hierfür ist die Hilfe beim Konzeptionieren geeigneter
Anwendungsszenarien für diese Unternehmen.
Für eine erfolgreiche Digitalisierung des Mittelstandes in der Metropolregion Rhein-Neckar sind
bedarfsgerechte Begleitangebote, die die Unternehmen auf der jeweiligen Vorstufe abholen und
schrittweise an die erste Einstiegsstufe des bisherigen 'Reifegradmodells' heranführen,
notwendig.
Im Rahmen der Interviews wurde auch immer wieder deutlich, dass zur Verständigung zwischen
KMU und Aktiven rund um Big Data sprachliche Barrieren überwunden werden müssen. Die
KMU finden sich im „Buzz-word-Dschungel“ meist nur sehr schwer zurecht.
Diese Erkenntnis dürfte für alle Akteure rund um das Thema „Big Data“ von Relevanz sein,
insbesondere für Anbieter von Big Data Anwendungen, die sich meist mit ihrem verwendeten
Vokabular und ihren Beispielszenarien auf der Ebene der üblichen 1-5 Stufen des
Reifegradmodells bewegen und sich damit im Grunde genommen in einer „anderen Welt“ als
kleine und mittlere Unternehmen befinden.
Ein sich Aufeinander zu bewegen wäre ratsam, um den KMU den Anschluss an die digitale
Transformation zu erleichtern.
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
22
APPENDIX
Themenkatalog Pilotstudie und Online-Befragung
Unternehmen








Einstellung zu Big Data
Verständnis Big Data / Business Analytics
Bedeutung für das eigene Unternehmen – Unternehmensbereiche / Anwendungen
Bedeutung für die Branche – Vergleich zu anderen Branchen
Ist-Stand des eigenen Unternehmens – Unternehmensbereiche / Anwendungen
Wahrnehmung Chancen / Bedarfe / Risiken für das eigene Unternehmen
Zukünftige Planung für das eigene Unternehmen
Mögliche Hürden / Barrieren / Hemmnisse für die Einführung im eigenen Unternehmen
Big Data Anbieter und Vertreter von Verbänden








Einstellung zu Big Data
Verständnis Big Data / Business Analytics
Bedeutung für den Mittelstand der Metropolregion
Bedeutung für Branchen – Vergleich untereinander
Ist-Stand des Mittelstands der Metropolregion
Wahrnehmung Chancen / Bedarfe / Risiken für den Mittelstand der Metropolregion
Zukünftige Planung für den Mittelstand der Metropolregion
Mögliche Hürden / Barrieren / Hemmnisse beim Mittelstand der Metropolregion
Themenrahmen Deep Dive / Cross Check
Offene Diskussion der Ergebnisse aus der Onlinebefragung / Spiegelung am individuellen
Auftaktgespräch in der Pilotphase und an den Erkenntnissen aus der Ethnographie bei
Veranstaltungen zum Thema Big Data in der Metropolregion
Zitierte Studien:
Bitkom (2016): diconomy – Digitalisierung der Wirtschaft 2016; Thorsten Dirks, Bitkom-Präsident;
https://www.bitkom.org/Presse/Anhaenge-an-PIs/2016/Maerz/Digitalisierung-Gesamtwirtschaft.pdf /Abruf:
08.05.2016
Bitkom (2015): Big Data und Geschäftsmodell-Innovationen in der Praxis: 40+ Beispiele, Berlin;
www.bitkom.org /Abruf: 08.05.2016
Bitkom (2013): Management von Big-Data-Projekten – Leitfaden, Berlin; www.bitkom.org /Abruf:
08.05.2016
IDC Central Europe GmbH (2013): In 5 Stufen zum Big-Data-Projekt, in: IDC Newsletter Oktober
2013/IDC Viewpoint/von Lynn-Kristin Thorenz, Director Research & Consulting und Matthias Zacher,
Senior Consultant; http://idc.de/de/research/viewpoints /Abruf: 27.05.2016
IDC Central Europe GmbH (2014): IDC-Studie: Big Data – Business Value in deutschen Unternehmen
auf dem Prüfstand, in: IDC Newsletter Januar 2014/IDC Focus/IDC Focus/von Matthias Zacher, Senior
Consultant; http://idc.de/de/research/viewpoints /Abruf: 27.05.2016
PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (PwC) (2014):
Revolution Big Data; https://www.pwcwissen.de/pwc/de/shop/publikationen/Revolution+Big+Data/?card=12919 /Abruf: 27.05.2016
BIG DATA IM MITTELSTAND DER METROPOLREGION RHEIN-NECKAR
23
IMPRESSUM
Herausgeber:
SRH Hochschule Heidelberg, Fakultät für Informationen, Medien und Design, Studiengang
Wirtschaftsinformatik | Ludwig-Guttmann-Str. 6 | 69123 Heidelberg |Tel.: 06221-881121 |
[email protected] | www.hochschule-heidelberg.de
Ansprechpartnerinnen:
Prof. Dr. Anke Schuster
Studiengangsleiterin Wirtschaftsinformatik
Tel.: 06221-881121 | [email protected]
Ursula Kloé
Forschungs- und Beratungsagentur 70EINS, Heidelberg
Tel.: 0172 622 4015| [email protected]
http://www.70eins.de
Projektteam:
Prof. Dr. Anke Schuster | Ursula Kloé | Faruk Algir | Janis Backes | Nuri Bagis | Martin Daum |
Amanda Farozi | Robin Heckmann | Alexander Hero | Manuel Hölzer | Alexander Kez | Inessa
Laukart | Özge Ölmez | Christian Oswald | Rico Riedmüller | David Schäfer | Lukas Weinmann |
Yannik Zemann
Forschungskooperationspartner:
Amt für Wirtschaft und Beschäftigung der Stadt Heidelberg | Wirtschafts- und Strukturförderung
der Stadt Mannheim | Amt für Nahverkehr und Wirtschaftsförderung des Rhein-Neckar-Kreises
Copyright: SRH Hochschule Heidelberg 2016
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