Populäre Musik, mediale Musik?

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Rezension zu: Jost, Christofer / Klug,
Daniel / Schmidt, Axel / Neumann-Braun,
Klaus (Hrsg.): Populäre Musik, mediale
Musik? Transdisziplinäre Beiträge zu den
Medien populärer Musik. Baden-Baden:
Nomos Verlagsgesellschaft 2011, 248 S.
(Short Cuts / Cross Media. 3.).
29,-- EURO. ISBN: 978-3-8329-6719-2.
Wieviel Interdisziplinarität verträgt ein Sammelband, wenn er sein
Thema nicht aus den Augen verlieren will? Ist er gut gemacht, sehr viel,
wie das Buch Populäre Musik, mediale Musik? Transdisziplinäre
Beiträge zu den Medien populärer Musik beweist. Der von Christofer
Jost, Daniel Klug, Axel Schmidt und Klaus Neumann-Braun
herausgegebene Band versteht Musik als einen Erfahrungszugang, der
über verschiedene Medien erfolgen kann. Unterteilt nach den Medien
Computer, Print, Bühne und Musikvideo erkunden die einzelnen
Beiträge aus musikwissenschaftlicher, soziologischer oder auch
filmwissenschaftlicher Perspektive, auf welche Art und Weise Musik in
ihren verschiedenen Formen der Vermittlung und Verwendung
Bedeutungen produziert.
Während die thematische Einführung der Herausgeber wesentliche
Begriffe und das Anliegen des auf einer Forschungstagung am Institut
für Medienwissenschaft (Universität Basel) im Sommer 2010
basierenden Bands klar und präzise darstellt, widmet sich der erste
Teilbereich explizit dem Einsatz von Musik in unterschiedlicher
Computersoftware. So gibt Claudia Bullerjahn einen Überblick über die
Vielfalt der Verwendung und Wirkung von populärer Musik in
Computerspielen, während sich Tobias Hübner dem konkreten
Verhältnis von populärer Musik und musikbasierten Computerspielen
wie beispielsweise Guitar Hero widmet. Der Beitrag von Christoph
Hempel fokussiert hingegen unterschiedliche Visualisierungsarten
populärer
Musik
in
professionellen
und
semiprofessionellen
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AND
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Musikbearbeitungsprogrammen. Printmedien bilden den Schwerpunkt
des zweiten Teils: Martin Pfleiderer stellt sich die Frage, wie sich die
Darstellung des Jazz bzw. seiner Musiker in der professionellen
Fotografie über die Jahre gewandelt hat. Mit der schreibenden Zunft
und hier konkret mit der Entwicklung der Kritik populärer Musik in USamerikanischen Printmedien nach 1965 setzt sich Simon Obert in
seinem Beitrag auseinander. Liveness und die Bühne als Aufführungsort
populärer Musik sind das Thema des dritten Teils. Susanne BinasPreisendörfer analysiert am Beispiel eines Konzerts der deutschen Band
Rammstein die Renaissance der Bedeutung des Live-Konzerts vor dem
Hintergrund der allgegenwärtigen Digitalisierung populärer Musik. Die
Transmedialität als eine Form der Konzeption populärer Musik
diskutiert Christofer Jost, indem er das 1991er Album Achtung Baby
und die sich daran anschließende Tour der Rockband U2 als ein
mustergültiges Beispiel transmedial verstandener und gestalteter
Popmusik charakterisiert. Der vierte Teil stellt den Musikclip in den
Mittelpunkt der Betrachtungen und fokussiert dabei „die transmedialen
und strukturellen Relationen von Bild und Musik“ (24). Henry Keazor
untersucht die Interdependenz von Filmkunst und Populärkultur am
Beispiel verschiedener Musikvideos, die in unterschiedlicher Form auf
Stanley Kubricks Film 2001 – A Space Odyssey verweisen. Am Beispiel
der Technik der Lippensynchronität (lip synching) analysiert Daniel
Klug die Besonderheiten der Visualisierung des Gesangs in Musikclips.
Der Band wird abgeschlossen durch den thematisch eher
übergeordneten Beitrag von Silke Borgstedt, die ausgewählte
Ergebnisse einer Langzeitstudie zur Medienpräferenz Jugendlicher
vorstellt.
Besonderes Augenmerk liegt in nahezu allen Beiträgen auf der
„medienbedingten Materialiät“ – also konkret darauf, welche
„Erfahrungs- und Sinnpotenziale“ spezifische Formen der Darbietung
von Musik – z.B. in Computerspielen (Bullerjahn und Hübner), bei
Konzerten
(Binas-Preisendörfer)
oder
als
Musikerfotografien
(Pfleiderer) hervorbringen. Ein solcher Fokus macht es möglich, auch
einen Beitrag aufzunehmen, der sich mit der „Visualisierung populärer
Musik in Musikbearbeitungsprogrammen“ (Hempel) auseinandersetzt
und damit eine spezifische Form der Medialität von Musik untersucht,
die ansonsten in der wissenschaftlichen Diskussion über populäre
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Musik nur höchst marginal berücksichtigt wird. Diese Kombination
macht den Band tatsächlich gelungen und auf sinnvolle Art und Weise
interdisziplinär
und
letztlich
auch
transmedial.
Einzig
der
abschließende Beitrag zur Medienpräferenz Jugendlicher (Borgstedt)
scheint thematisch – obwohl er für sich genommen durchaus relevant
und gelungen ist – nicht so recht zu den restlichen Beiträgen zu passen,
da das Thema Musik nicht im Zentrum der Diskussion steht.
Nichtsdestotrotz ist der Band ohne Einschränkung zur Lektüre all jenen
Lesern und Leserinnen empfohlen, die einerseits einen fundierten
wissenschaftlichen Überblick darüber erhalten wollen, welche Medien
in welcher Form an der (weiteren) Popularisierung von Musik beteiligt
sind und sich andererseits neben der Breite der Themen auch die
notwendige Tiefe und das damit verbundenen fachspezifische Wissen
wünschen.
(Andreas Wagenknecht)
Empfohlene Zitierweise:
Wagenknecht, Andreas: Rez. zu: Jost, Christofer / Klug, Daniel / Schmidt, Axel /
Neumann-Braun, Klaus (Hrsg.): Populäre Musik, mediale Musik? Transdisziplinäre
Beiträge zu den Medien populärer Musik. In: Rock and Pop in the Movies 4, 2015, S. 124126.
URL: http://www.rockpopmovies.de
Datum des Zugriffs: 31.7.2015.
Rock and Pop in the Movies (ISSN 2193-3901)
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