CLEMENS HOF RECHTSANWALT MAG. GEMA UND GVL – WIE WAR DAS NOCHMAL? JUR . Kalckreuthstr. 10 10777 Berlin tel.: 030 - 420 923 46 fax: 030 - 886 836 59 email: [email protected] web: www.anwalthof.de Wer Musik macht und damit Geld verdienen will, kommt an GEMA und GVL früher oder später nicht vorbei. Umso überraschender, dass vielen Musikern in meinem Bekanntenkreis zu diesen wichtigen Themen wenig bis nichts bekannt ist. Ich versuche daher, hier einen Überblick zu geben. I. Allgemeines Wichtig und vorab: Weder die GEMA noch die GVL sind für alle Möglichkeiten, die es zur Verbreitung von Musik gibt, zuständig. 1. GEMA Die GEMA kennt fast jeder, der sich mal ein Video im Internet anschaut. Hohen Bekanntheitsgrad hat sie in neuerer Zeit nämlich vor allem mit der Sperrung von Youtube-Videos erlangt. Überwiegend werden mit ihr daher keine guten Eigenschaften verbunden (siehe z.B. hier), ihr Ruf scheint nicht allzu weit entfernt von dem der GEZ anzusiedeln zu sein. Die Aufgabe der GEMA ist der der GEZ nicht ganz unähnlich. Kurz zusammengefasst: Die GEMA treibt Geld ein, und zwar für Komponisten, Textdichter und Verleger von Musikwerken. Im Einzelnen lässt sich sicher viel an der GEMA kritisieren, um das zu vertiefen, ist dieser kleine Überblick leider nicht der richtige Platz. Vom Grundgedanken her ist die GEMA für Musikschaffende eigentlich etwas Gutes, zumindest wenn man zur der Gruppe der von ihr repräsentierten Personen (siehe oben) gehört (zu Nachteilen siehe unten). Dann gibt's nämlich jedes Mal Geld, wenn z.B. der Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 1 von 6 Rechtsanwalt Hof Mag. jur. eigene Song im Radio läuft – und zwar ohne, dass der Künstler dafür selbst eine Rechnung an den Radiosender schreiben muss. Was da zusammenkommt, ist gar nicht so wenig, immerhin wurden im Jahr 2010 rund 300 Mio. € an die Mitglieder der GEMA ausgeschüttet1. Um das liebe Geld geht es letztlich übrigens auch bei der berühmt-berüchtigten GEMASperre bei Youtube (vgl. z.B. hier): Zwischen Youtube/Google und GEMA bestand ursprünglich ein Vertrag, der den von der GEMA vertretenen Urhebern Geld sicherte. Dieser Vertrag lief 2009 aus, im Anschluss wollte die GEMA höhere Gebühren für die Internetvideos durchsetzen, nämlich 0,00375 € pro Video. Youtube bzw. Google, zu dem Youtube ja gehört, will zwar gerne Content für seine Seite, vor allem attraktiven Content wie bekannte Musik, um damit Geld zu verdienen. Bezahlt werden soll aber am besten wenig bis nichts. Gut für Google, da viele Nutzer natürlich mehr Einnahmen durch Werbung bedeuten, ohne Alternative aber schlecht für die Urheber. Natürlich sind dabei verschiedene Seiten zu beachten: Hier trifft schließlich die alte Medienwelt (CDs, Radio, Fernsehen) auf die neue (Internet). Auch dafür ist hier leider nicht genug Platz. Soviel zu Google, zurück zur GEMA. Die GEMA ist ein Verein, der eine Aufnahmegebühr und eine jährliche Mitgliedsgebühr verlangt. Mit der Mitgliedschaft geht außer diesem finanziellen auch ein organisatorischer Aufwand einher (Anmeldungen etc.). Der Jahresbeitrag beträgt derzeit (Juli 2013) 25,56 €, zuzüglich einer einmaligen Aufnahmegebühr, die für Komponisten und Textdichter 60,84 €, für Musikverleger 121,69 € beträgt2. Nicht nur deswegen muss man abwägen, ab wann sich die Mitgliedschaft tatsächlich lohnt. Sonst kostet sie nämlich mehr als sie einbringt. Als grobe Faustregel gilt, dass sich die GEMA – Mitgliedschaft bei a) einer fünfköpfigen Band, bei der b) alle Mitglieder in der GEMA sind, c) die über ca. eine Stunde Repertoire verfügt, das ausschließlich aus eigenen Songs besteht und die d) 1 2 alle diese Songs bei der GEMA angemeldet haben, GEMA Geschäftsbericht 2010, zitiert nach http://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_musikalische_Auff %C3%BChrungs-_und_mechanische_Vervielf%C3%A4ltigungsrechte Stand 2013 https://www.gema.de/musikurheber/neu-hier/rund-um-die-mitgliedschaft/wie-wird-man-mitglied.html Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 2 von 6 Rechtsanwalt Hof Mag. jur. etwa ab 20 GEMApflichtigen Shows pro Jahr lohnt. Vorsicht: Für Newcomer und bei Bandwettbewerben kann sich die Mitgliedschaft in der GEMA sogar als großer Wettbewerbsnachteil erweisen, weil viele Veranstalter bei unbekannten Bands gerade ausdrücklich GEMA-freie Musik verlangen. Das kostet sie nämlich weniger. Also gilt gerade hier: Vor dem Eintritt in die GEMA nachdenken! 2. GVL Die GVL ist im Vergleich zur GEMA weithin unbekannt. Sie macht aber eigentlich nichts anderes als diese, denn ihr Geschäft ist es ebenfalls, Geld einzutreiben und zu verteilen. Da das Inkasso für die GVL aber von der GEMA übernommen wird, fällt das keinem auf. Ähnliche Proteste wie gegen die „große Schwester“ GEMA sind daher nicht bekannt. Was ist dann der Unterschied zur GEMA? Es sind die Personen, die die GVL vertritt. Anders als die GEMA wird die GVL unter anderem für die ausübenden Künstler tätig. Wer ist nun ausübender Künstler? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, wie so oft bei Rechtsfragen. Beginnen kann man aber bei § 73 UrhG3, der sagt: „Ausübender Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ein Werk oder eine Ausdrucksform der Volkskunst aufführt, singt, spielt oder auf eine andere Weise darbietet oder an einer solchen Darbietung künstlerisch mitwirkt.“ Ein Beispiel zur Verdeutlichung. Die Band „No Power“ besteht aus A, B und C. A schreibt die Texte, komponiert und singt, während B und C ausschließlich ihre Instrumente spielen. Sie nehmen zusammen einen Song von A auf. A fällt hier eine Doppelrolle zu. Während er Urheber des Songs ist, sind B und C (aber auch A) zusammen als Band ausübende Künstler des Werkes von A . A sollte sich daher Gedanken über eine Anmeldung bei GEMA und GVL machen, B und C um eine bei der GVL – sonst wird es für sie schwierig, Geld zu erhalten, wenn die Songs z.B. im Radio abgespielt werden. Aber auch hier ist zu beachten: Weder GEMA noch GVL sind für alle Vertriebskanäle zuständig. 3 Urheberrechtsgesetz Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 3 von 6 Rechtsanwalt Hof Mag. jur. 3. Zusammenfassung Weder GEMA noch GVL sind für alle Vertriebskanäle von Musik zuständig. GEMA und GVL sorgen auf ihre Art dafür, dass Künstlern für ihre Leistungen Geld zufließt. Sie nehmen ihnen die Arbeit ab, selbst bei jedem Kneipenwirt zu kontrollieren, ob er Songs von oder mit ihnen spielt, was den Künstlern selbst auch wohl nur theoretisch möglich wäre. Komponisten, Texter und Verleger sind bei der GEMA richtig, Interpreten im weitesten Sinn bei der GVL. Wichtig: Der wirksame Urheberrechtsschutz hängt nicht von einer Mitgliedschaft in GEMA oder GVL ab! Am besten stellt man sich diese beiden Institutionen einfach nur als Geldeintreiber vor. II. Wie komme ich in den Club? 1. GEMA Die GEMA unterscheidet zwischen angeschlossenen, außerordentlichen und ordentlichen Mitgliedern. Die Details hierzu müssen im Rahmen dieses Überblicks erst einmal dahingestellt bleiben. Um in den Genuss der Ausschüttungen zu kommen, reicht es jedenfalls, angeschlossenes Mitglied zu werden. Dazu reicht man den Aufnahmeantrag ein (hier zu finden). Weitere Informationen hier. Bei der GEMA ist ein Mitgliedsbeitrag zu bezahlen, zu den Kosten hierfür siehe oben. 2. GVL Die GVL ist kein Verein, bei ihr muss man daher auch nicht Mitglied werden. Mit ihr schließt man einfach einen Wahrnehmungsvertrag ab (hier erhältlich). Weitere Informationen hier. Der Abschluss des Wahrnehmungsvertrages mit der GVL ist kostenfrei. Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 4 von 6 Rechtsanwalt Hof Mag. jur. III. (Einige) Nachteile der Mitgliedschaft Das Thema Pro & Contra GEMA/GVL ist endlos, wie eine einfache Recherche im Internet problemlos bestätigt. Daher hier nur einige Hinweise auf zwei zentrale Punkte: 1. Aus rechtlicher Sicht muss man als Künstler vor allem beachten, dass bei dem Abschluss der Wahrnehmungsverträge mit den Gesellschaften sämtliche Nutzungsrechte an diese übertragen werden. Was bedeutet das? Vielleicht hilft zum Verständnis folgender Vergleich: Eigentümer der Mietwohnung ist in der Regel der Vermieter. Solange er sie vermietet, darf er sie nicht selbst benutzen, er darf sie prinzipiell nicht einmal betreten. Dafür bekommt er die Miete. Laienhaft sagt man daher, dass die Wohnung dem Mieter „gehört“. In etwa so ist es auch mit dem Wahrnehmungsvertrag. Solange dieser läuft, kann der Künstler seine eigenen Stücke nicht ohne Erlaubnis der Gesellschaft nutzen. Während der Laufzeit des Vertrages sind alle Werke, die der Urheber schon erschaffen hat oder noch erschaffen wird, von diesem erfasst4 – sie „gehören“ also, laienhaft gesagt, der GEMA. Folglich kann, wer sich von den Gesellschaften vertreten lässt, während der Laufzeit des Vertrages keine GEMA- oder GVL-freien Werke schaffen. 2. Wie schon oben angesprochen, wollen einige Veranstalter, speziell im NewcomerBereich, keine Zusatzkosten für GEMA-Gebühren übernehmen. Dann hat man also einen echten Nachteil, weil die Band weniger Gigs an Land ziehen kann. IV. Alternativen 1. C3S Als Alternative hat sich in den letzten Jahren vor allem die „cultural commons collecting society (c3s)“ aufgestellt. Sie befindet sich derzeit in der Gründungsphase und sollte daher weiter beobachtet werden. Im Prinzip will sie wie eine Verwertungsgesellschaft 4 vgl. § 1 Abs. 1 GEMA-Berechtigungsvertrag: „Der Berechtigte überträgt hiermit der GEMA als Treuhänderin für alle Länder alle ihm gegenwärtig zustehenden und während der Vertragsdauer noch zuwachsenden, zufallenden, wieder zufallenden oder sonst erworbenen Urheberrechte [...]“ Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 5 von 6 Rechtsanwalt Hof Mag. jur. arbeiten, sich aber auf die neuen Medien, also vor allem den Online-Markt, konzentrieren und eine bessere Verteilungsgerechtigkeit liefern. Sie stützt sich dabei vor allem auf Creative Commons – Lizenzen. Diese ermöglichen dem Urheber durch ihre Abstufungen hinsichtlich der Nutzbarkeit des Werkes eine größere Flexibilität als das GEMA-Monopol-Modell. Der Urheber kann bei Creative Commons selbst festlegen, wie sein Werk genutzt werden darf. 2. Creative Commons (CC) CC ist eine gemeinnützige Organisation, die seit ca. 2001 Standard-Lizenzverträge veröffentlicht, die dem Urheber eine Abstufung der Verwendungsmöglichkeiten für sein Werk erlauben. So ist zum Beispiel dieser Text CC-lizensiert, er darf unter Namensnennung verbreitet, aber nicht bearbeitet werden. Auch bei CC handelt es sich um ein System, das noch etabliert werden muss, aber auf einem guten Weg ist. Anders als GEMA, GVL oder C3S treibt CC aber keine Gelder ein, sondern sorgt nur dafür, einen Rechtestandard zur Verfügung zu stellen, mit dessen Hilfe dann natürlich Geld verdient werden kann. Hier ist dann die eigene (wirtschaftliche) Kreativität gefragt. V. Zusammenfassung GEMA und GVL sind für Musikschaffende von der Idee her sinnvoll. Die GEMA vor allem für Komponisten, Texter und Verleger, die GVL für die auf den Aufnahmen mitwirkenden Musiker. Denn für diese Personen treiben GEMA und GVL Geld ein. Insbesondere für die Internetverwertung haben beide Gesellschaften aber nur beschränkte Wahrnehmungsrechte. Es kann also Nutzungsformen geben, die von beiden nicht erfasst werden. Nicht nur deshalb muss man sich überlegen, ob sich, insbesondere die GEMAMitgliedschaft überhaupt lohnt. Wer sich von GEMA oder GVL vertreten lässt, darf über die Verwertungsart seiner eigenen Musik nicht mehr frei entscheiden. Man kann die eigne Musik weder verschenken (bzw. man kann, aber bekommt eine Rechnung von der GEMA), noch „GEMA-frei“ etwas für z.B. Freunde komponieren oder aufführen. Es gibt Alternativen, die allerdings die Bereitschaft erfordern, sich alternative Gedanken dazu zu machen, wie man mit seiner Musik Geld verdienen will. Nur Songs schreiben und dann auf die GEMA/GVL-Abrechnung warten – das geht dann natürlich nicht. Urheberschutz hat man in jedem Fall auch ohne GEMA oder GVL! Überblick GEMA / GVL Rechtsanwalt Hof Berlin | Seite 6 von 6