Donnerstag, 31. August 2008 VO R A R L B E RG E R KULTUR NAC H R I C H T E N /D3 BLICKPUNKTE Bayreuther Festspiele suchen Nackten. Regisseurin Katharina Wagner sucht für ihre Bayreuther „Meistersinger“-Inszenierung einen Mann, der sich splitternackt auf die Bühne traut. Der bisherige Statist habe sich bei der Premiere am vergangenen Sonntag verletzt und kann nicht mehr mitwirken. Gugginger Künstler Korec gestorben. Johann Korec begann in den frühen Siebzigerjahren auf Anleitung des damaligen Primars Leo Navratil mit dem Abzeichnen von Abbildungen aus Zeitungen und Illustrierten. Später kamen seine Arbeiten in die wichtigsten Art Brut-Sammlungen. Großbritannien unter Druck Athen. Griechenland setzt Großbritannien wegen des Parthenon-Frieses unter Druck: Im neuen Akropolis-Museum in Athen werden ab Herbst Kulturschätze ausgestellt, die Museen aus aller Welt zurückgegeben haben. 56 der 96 Platten des Parthenon-Frieses befinden sich bis heute im Britischen Museum in London. Jeder Strich ist eine Fälschung Salzburg. „Ich empfinde jeden Strich am Text Dostojewskis als Fälschung, ich wollte dieses geniale Kunstwerk nicht versauen“, so Dimitre Dinev, der heuer bei den Salzburger Festspielen „Dichter zu Gast“ ist. Gemeint war damit seine nicht realisierte Bühnen-Fassung von Dostojewskis Roman „Schuld und Sühne“, die nun in der Inszenierung Andrea Breths zu sehen ist. „Kehraus um St. Stephan“ enthält so manches trübe und manches grelle Bild. (Fotos: VN/Hartinger, Karl Forster, Stiplovsek) Hoppereiter am Abgrund ■ Kreneks tolles Bilderkarussell hätte gestern Abend einen Gang mehr vertragen. Hoss ist mit „Jerichow“ nominiert. „Goldene Löwen“ in Venedig Rom. 21 Filme gehen vom 27. August bis 6. September ins Rennen um den „Goldenen Löwen“ der 65. Filmbiennale von Venedig. Aus den USA kommen fünf Filme, aus Italien vier. Während der deutsche Regisseur Christian Petzold mit „Jerichow“ (mit Nina Hoss) antritt und weiters drei Filme mit deutscher Produktionsbeteiligung im Wettbewerb sind, ist Österreich heuer nicht vertreten. Den Juryvorsitz hat heuer der deutsche Regisseur Wim Wenders inne. CHRISTA DIETRICH [email protected], 72/501-225 Bregenz (VN) Wären die Lieder einfacher nachzusingen, wäre der weitblickende Ernst Krenek im Österreich der 1930er-Jahre auf weniger Widerstand gestoßen, würde sich der „Kehraus um St. Stephan“ wohl weiterdrehen wie die „Dreigroschenoper“. Das stand auch bei der gestrigen Premiere am Bregenzer Kornmarkt wieder fest. Das Stück, das die Geld- und Glückssuche einer Reihe von Menschen (Geschäftsleute, Winzer, ehemalige Angehörige von Armee und Adel) nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie bzw. dem Ende des Ersten Weltkriegs nachzeichnet, erweist sich als dichtes Porträt der Zeit. Düster und grell zugleich. Bühnen stehen parat Beschwingt, aber belehrend wie es ist, war dem Projekt vorerst keine Bühnenzukunft beschieden. 1990 wagte man sich in Wien an die Uraufführung nach der der musikalisch ungemein bunte „Kehraus“ dann wieder vergilbte. Für den Krenek-Schwerpunkt der Bregenzer Festspiele, die für das Kornmarkttheater stets etwas „Leichteres“ brauchen, ist die Satire mit Musik optimal. Dass die Komposition nicht nur zeitgemäß ist, sondern auch melodiös einfährt, und dass sich das Zusteuern auf eine weitere Katastrophe, dieses Hoppereiter am Abgrund, auch mit dem heutigen Zustand der Welt vergleichen lässt, hat wohl dazu geführt, dass gleich zwei weitere Bühnen parat stehen. Der „Kehraus“ kommt nach den Aufführungen in Bregenz an die Volksoper in Wien und an das Theater in Luzern. Bissiger Bogen vermisst Markanter Einsatz für Krenek: Roman Sadnik als Brandstetter. Befürchtungen, das Publikum westlich des Waldviertels sei mit dem Wiener Kolorit zwischen Stephansdom-Glocken und Prater-Rummel überfordert, sind sowieso zu zerstreuen. Krenek lässt es nicht bei der Andeutung der Charaktere bewenden, er formt sie konturenreich aus. Der blanke Zynismus tritt hier bei aller Profitgier zwar nicht so arg zu Tage wie er in herkömmlichen Werkbeschreibungen gerne zitiert wird, weichgespülte Typen verhindert aber allein schon der Text mit Dialekteinschüben. Man mag lediglich bei der Regie einwenden, dass der harten, raschen Bilderfolge der entsprechend bissige Bogen fehlt. Michael Scheidl hat es mehr oder weniger bei der Choreographie der Auf- und Abtritte bewenden lassen. Auch die Personenführung hat Leerläufe, etwa bei Elisabeth, deren Partie Elisabeth Flechl dafür berührend singt. Ausstatterin Nora Scheidl setzt mit BierbankDüsternis und -Klobigkeit vielleicht doch etwas wenig Akzente. Da ist man ja fast schon dankbar, wenn einmal die Madonna mit dem Weinkrug vom Sockel prostet. Viel Potenzial Die Szenen sind kurz und zahlreich und – wie gesagt – einige wollen hoch hinaus, während andere schon vom Anschluss träumen. Das hat dramaturgisches Potenzial, das vor allem John Axelrod am Pult des Symphonieorchesters Vorarlberg auszuschöpfen hatte. Sauber und mit gutem Tempo beim Sound und im Bläserbereich, suchte man nach dem Schwelgerischen mitunter umsonst. Aber gut, man überließ diesen Part dann ja einem Schrammel-Quartett, das ähnlich gut drauf ist wie der Chor und das große Sängerensemble, aus dem Albert Pesen- Ob Prater oder Stephansdom, der Tod ist immer präsent. dorfer (Kundrather), Roman Sadnik (Brandstetter), Christian Drescher (Ferdinand), Andrea Bogner (Maria) und Michael Kraus (Fekete) markant hervortraten und Sebastian Holecek (Koppreiter) mit Schauspiel-Präsenz gefiel. Manchmal wurde ein wenig arg geschmiert. Müsste nicht sein bei dieser mutigen, klugen Stückauswahl. ##Christa Dietrich-Rudas## Weitere Aufführungen von „Kehraus um St. Stephan“ von Ernst Krenek am 1., 2. und 5. August, 19.30 Uhr, Theater am Kornmarkt, Bregenz. Dauer: knapp drei Stunden, eine Pause. mehrwissen.vol.at Inhalt der Oper. Der Inhalt der Oper „Kehraus um St. Stephan“ in grafischer Gestaltung von den „VN“. 40 Bewerber um die Einhörner ■ Das Filmfestival „Alpinale“ konnte heuer einen Einreichrekord verzeichnen. Alfred Hrdlicka ist mit riesi- gen Bühnenarbeiten unter dem Titel „Der Titan und die Bühne des Lebens“ im Wiener Künstlerhaus vertreten. Die Arbeiten des bekannten, nun 80-jährigen österreichischen Künstlers sind dort bis 21. September, täglich, 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr, zu sehen. (Foto: APA) Nenzing. Eröffnet wird die 23. Auflage des Festivals mit der Komödie „Absurdistan“ in Anwesenheit des Regisseurs Veit Helmer. Insgesamt gingen 543 Bewerbungen ein, was einem Rekord entspricht. 40 Filme aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Norwegen, Russland, Belgien, Spanien und England wurden für den Wettbewerb ausge- wählt. Das „Goldene Einhorn“ wird in den Kategorien „Publikumspreis“, „Bester Animationsfilm“, „Hochschulfilm“, „Professioneller Film“, „Preis der Jury“ und „Bester Kinderfilm“ vergeben. Filme aus Vorarlberg Unter den in der Programmschiene „Vorarlberg Shorts“ präsentierten Filme wird zudem der „Beste Vorarlberger Kurzfilm“ ermittelt. Im Rahmen des Kinderfilmfests werden vier Streifengezeigt. Für Jugendliche bietet die Alpinale einen Filmwork- Im Wettbewerb: „Embrace“ von Lucas Vossughi mit Dorit Oitzin(Foto: Alpinale) ger, Österreich 2007. shop an, dabei soll ein eigener Kurzfilm produziert werden. Mit den Filmemachern diskutieren kann man im „Cineclub“. Zum Finale wird „Hello Goodbye“ von Jury-Mitglied Stefan Jäger gezeigt. Die Alpinale findet vom 5. bis 10. August im Ramschwagsaal in Nenzing statt. Eröffnungsfilm „Absurdistan“, 5. August, 21 Uhr. Wettbewerbsfilme ab 6. August, jeweils 21 Uhr. mehrwissen.vol.at Alpinale 2008. Programmdossier des Filmfestivals Alpinale in Nenzing.