„Psychologie“ erschien im Titel eines Buches erstmals 1840 von

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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO01 am 11.10.2006
„Psychologie“ erschien im Titel eines Buches erstmals 1840 von Friederich August
Rauch (1806-1840) verwendet.
Aristoteles (384-322) v.u.Z.: „Über die Seele“
Wilhelm Wundt (1832-1920)
Wilhelm Wundt gründete das erste experimental – psychologische Laboratorium der
Welt an der Universität Leipzig (1879).
Wundt war ausgebildeter Mediziner (Physiologe – Abschluss 1857), er wurde 1857
an der Universität Heidelberg habilitiert (berechtigt LVs abzuhalten).
Ab 1858 war er Assistent von Hermann von Helmholtz (!) (1821-1894) und arbeitete
bei Helmholtz bis 1864 im Labor.
Wundt hielt viele Vorlesungen: Experimentelle Physiologie, mikroskopische
Anatomie, Ethnographie, uvm. Unter anderem auch „Psychologie vom
Naturwissenschaftlichen Standpunkt“.
Ab 1864 war Wundt Dozent und schrieb mehrere Lehrbücher für Mediziner. Er
bekam eine Fixanstellung auf der Uni Heidelberg.
1874 wurde Wundt für einen Lehrstuhl der (induktiven) Philosophie (!) auf die Uni
Zürich berufen.
1875 wurde er für einen Lehrstuhl für Philosophie auf die Uni Leipzig berufen. (Die
Uni Leipzig war eine der größten und wichtigsten Unis im deutschsprachigen Raum.)
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Philosophie noch eines der wichtigsten Bereiche
auf der Universität.
Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835): Gründung der Humboldt – Universität.
Die Humboldt – Uni „sorgte“ dafür, dass die Sprache Deutsch eine wichtige
wissenschaftliche Sprache wurde.
Die Philosophie wurde zu der Zeit als „Königin der Wissenschaft“ bezeichnet.
Geschichtsforscher beschäftigen sich damit, die Dinge (Vergangenheit) darzustellen
wie sie wirklich war.
Die Philosophen beschäftigen sich mit
• dem Sinn der Geschichte, mit der sinnvollen Ordnung der Welt,…
• „Naturphilosophie“: Welche Bedeutung hat Ordnung in der Natur? ...
Die Philosophie gerät in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in eine
„Identitätskrise“.
(Systematische begriffliche Durchdringung der Wirklichkeit)
Max Weber (1864 – 1920) sagte dazu: „Entzauberung der Welt“ durch die
moderne Wissenschaft.
Identitätskrise: Wozu Philosophie? Philosophie hat doch nichts zu tun mit
Wissenschaftlichkeit? Die Philosophen haben eine Berechtigung gesucht, dass
Philosophie noch weiter an den Universitäten unterrichtet werden darf
(wissenschaftliche Rechtfertigung!).
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO01 am 11.10.2006
Lösungswege:
• Die Philosophie bindet die Geschichtswissenschaft (der Philosophie) mit ein.
• Es müssen andere Bereiche in der/für die Philosophie gefunden werden, in der
naturwissenschaftliche Forschung betrieben werden kann:
Logik/Erkenntnistheorie
Probleme der Erkenntnistheorie: in wahrnehmungs- bzw. denkpsychologische
Fragestellungen umdeuten. Wie exakt kann Wahrnehmung ‚dargestellt’ werden?
usw.
Psychologie ist also zuerst nichts anderes als naturwissenschaftliche Erforschung in
der Philosophie. Physiologische Methoden wurden gebraucht um Philosophie
wissenschaftlich zu erforschen. Wundt als Vorbild:
„Grundzüge der physiologischen Psychologie“: Erstes Lehrbuch für Psychologie (von
Wilhelm Wundt).
Johannes Müller (1801-1858):
Ursprung der Bedeutung der modernen Biologie (=moderne Physiologie)
Müller war eine „Übergangsfigur“; er hatte schon viel modernes Wissen
„aufgeschnappt“, er betrieb empirische Forschung, aber philosophierte trotzdem.
Müller war Vitalist Vitalismus: Was unterscheidet organische von anorganischer
(/lebender von toter Materie) Lebenskraft? Lebenskraft = Seele (»Seelenbegriff aus der
Biologie«)
Müllers Schüler waren Anti-Vitalisten:
• Emil Du Bois – Reymond (1818 – 1896)
• Ernst Brüche (1819 – 1892) (war Lehrer von Freud)
• Hermann Helmholtz
• Carl Ludwig (war kein Schüler von Müller)
„… die Wahrheit geltend zu machen, dass in Organismen keine anderen Kräfte
wirksam sind, als die gemeinen physikalisch-chemischen“
organische Physik (heute Biologie)
neue Art des naturwissenschaftlichen Denkens (z.B. Helmholtz: maß das erste mal
elektrische Ströme im Körper)
Müller: „Nemo psychologus nisi physiologus!“ („Nur die Physiologie kann die
Psychologie betreiben“)
Hermann Helmholtz:
Physiologische Optik (wie sehen funktioniert): Helmholtz beschrieb die Funktion des
Auges. „Funktionsweise des Nervenapparats im Auge“
Er meinte: Man kann nur physiologisch beschreiben wie sehen funktioniert, aber die
Physiologie kann nicht alles beschrieben dazu ist eine andere Wissenschaft
notwendig: „experimentelle Psychologie“.
Psychologie wird „abgestoßen“ von der Physiologie; später auch von der
Philosophie (angebliche „Emanzipation“ der Psychologie).
Psychologismus („Fehler, der in der Philosophie begangen wurde“)
- „führungswissenschaftlicher“
- „reduktionistischer“ (logische Probleme bearbeiten)
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO01 am 11.10.2006
Die Philosophie stieß die Psychologie ab:
Reine Philosophen (die sich gegen die wissenschaftliche Forschung stellten) griffen
zurück auf: „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) von Immanuel Kant. Sie meinten, die
Philosophie hätte selbst genug zu bieten.
Das Studienfach Psychologie gibt es erst seit 1941 (seit dem Nationalsozialismus):
„Diplomprüfungsordnung für Psychologie“
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Allgemeine Psychologie III WS06/07
VO02 am 08.11.2006
Wie ist Psychologie als Wissenschaft möglich?
Wie erlebt eine andere Person die Welt? Erleben andere Personen die Welt so wie ich?
Das Erleben selbst ist nur dem Erlebenden selbst zugänglich. Fremderleben kann
man nur vermuten.
Zimbardo und Gerrig: „Gegenstand der Psychologie sind Verhalten, Erleben und
Bewusstsein der Menschen, deren Entwicklung über die Lebensspanne und deren
innere (im Individuum angesiedelte) und äußere (in der Umwelt lokalisierte)
Bedingungen und Ursachen.“
Wissenschaftliches Wissen = „öffentliches Wissen“
Wissen ist erst dann wissenschaftlich, wenn es an andere kommuniziert und für diese
überprüfbar ist. Privates Wissen kann also nicht wissenschaftlich sein.
Wie ist öffentliches Wissen über privates Erleben möglich?
Forschungssubjekt und –objekt sind eine Person; nur der Erlebende kann sein
Erleben erforschen. Das beobachtende Subjekt fällt mit dem zu beobachtenden Objekt
zusammen. Erleben ist „in der inneren Wahrnehmung gegeben“ – „Beobachtung
des in der inneren Wahrnehmung Gegebenen“: Introspektion oder
Selbstbeobachtung
z.B.: man fährt mit dem Auto und ärgert sich über jemanden: Gefühl
Ärger beobachten wie er entsteht: Selbstbeobachtung.
Ist die Selbstbeobachtung eine wissenschaftliche Beobachtung? (So wie z.B.
Naturbeobachtung?)
Psychologie als Wissenschaft vom Erleben, Beobachtung Selbstbeobachtung:
Im 18. Jhdt.:
• Immanuel Kant (1724 – 1804)
(Buch: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786))
Kritik an der Introspektion: „… und selbst die Beobachtungen an sich schon den
Zustand des beobachteten Gegenstandes alterieret und verstellt.“
Wenn wir unseren Ärger beobachten, kann er schnell wieder vergehen: ExtremBsp. Autofahren: Ich ärgere mich, greife zur Schrotflinte und schieße. ABER:
Wenn ich meinen Ärger beobachte: Ärger vergeht -> Ich reagiere ruhiger.
„Denn wer den Zorn, der in ihm glüht, beobachten wollte, bei dem wäre er
offenbar bereits gekühlt, und der Gegenstand der Beobachtung Verschwunden.“
• Wilhelm Wundt zu Introspektion:
Teilte die Meinung von Kant:.
„Externalisierung“ psychischer Vorgänge im Experiment. Der Zeitliche Verlauf ist
dabei entscheidend
Experiment: 1. Teil: Vpn hört einen Ton Vpn soll reagieren wie schnell
reagiert sie?
2. Teil: 2 akustische Reize Vpn soll nur bei einem der beiden Töne
drücken Reaktion verlangsamt sich. Beweis: Wegen „Unterscheidungsakt“ ist
ein psychischer Vorgang notwendig.
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Allgemeine Psychologie III WS06/07
VO02 am 08.11.2006
3. Teil: zu den 2 verschieden Tönen kommen 2 unterschiedliche
Reaktionen hinzu: Bei einem Reiz soll die Vpn mit der rechten Hand drücken,
beim zweiten Ton mit der linken Hand. Reaktionszeit verlangsamt sich wieder.
Externalisierung: „zeitlicher Ablauf, den die psychische Verarbeitung in Anspruch
nimmt.
Wundt spricht also nicht wie Kant von Introspektion sondern von
Willensvorgängen, Unterscheidungsakten:
Beweis: Es muss etwas in der Psyche abgelaufen sein wegen der zeitlichen
Beanspruchung.
Wundt gilt als Begründer der Psychologie – seine Schüler vertraten aber eine andere
Psychologie.
Psychisches und Physisches laufen parallel ab Zugang zu hirnphysiologischen
Aktivitäten um psychologische Aktivitäten festzustellen. Psychisches wird über
seine Beziehungen zu physischen Vorgängen erfasst.
• Erleben aus dem Gedächtnis reproduzieren:
Retrospektion: Erleben aus dem Gedächtnis/ der Erinnerung beschreiben, ABER:
Verzerrungen der Erinnerung.
Retrospektion von Franz Brentano formuliert. (Buch: Psychologie vom
empirischen Standpunkte (1874) –Begründung der phänomenologischen
Psychologie)
Oswald Külpe (1862 – 1945) griff Retrospektion auf und erforschte sie an
Experimenten.
„Würzburger Schule“
! Narziss Ach (1871-1946)
! Karl Bühler (1879-1963) -> Begründer des psychologischen Instituts in Wien
Ernst Dürr (1878-1913)
Karl Marbe (1869-1943)
August Messer (1867-1943)
!Otto Selz (1881-1943) -> zur Psychologie des Denkens
Karl und Charlotte Bühler: Charlotte Bühler war die dritte Frau an der Wiener Uni, die
unterrichten durfte; sie blieb nicht unauffällig als Frau (Wissenschaftlerin), wie es damals
üblich/notwendig war: „Antifeminismus“.
Methode der Würzburger Schule: rückschauende Selbstbeobachtung von unter
experimentellen Bedingungen erzeugten psychischen Vorgängen.
Experiment von Narziss Ach:
Vpn mussten Paare von sinnlosen Silben lernen.
1. Teil: Erste Silbe wird gezeigt -> Vpn sollen mit der zweiten Silbe antworten.
2. Teil: Vpn sollen nicht mit der zweiten Silbe antworten sondern mit einer
Reimsilbe (Reim auf erste Silbe)
Vpn sollten rückwirkend sagen, wie sie sich fühlten. Vpn brauchten beim 2.
Teil länger und haben sich öfter vertan.
Experiment von Ernst Dürr:
Denkaufgaben galten zu lösen – z.B.
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Allgemeine Psychologie III WS06/07
VO02 am 08.11.2006
Ist es richtig? Das Zukünftige ist ebenso eine Bedingung des Gegenwärtigen wie
des Vergangenen. Nein. Die Vorstellung von der Zukunft kann die Gegenwart
ändern, nicht die Zukunft selbst.
Hier: Problem der sprachlichen Kommunizierbarkeit von inneren Erlebnissen.
-------------Wissenschaftssprache für Psychologie war bis in die 30er Jahre Deutsch -> wurde mehr und
mehr englisch -> der Nationalsozialismus beschleunigte dies.
-------------Gestalttheoretische Schule
Begründer:
- Max Wertheimer (1980-1943)
- Kurt Koffka (1886-1941)
- Wolfgang Köhler (1887-1967)
Psychologie war zu der Zeit im deutschsprachigen Raum noch nicht praktisch, nur
theoretisch.
Amerika:
Psychologie-Entstehung und Universitäten-Gründungen fielen zusammen. Unis
werden von politischen Repräsentanten geleitet -> Unis waren von wirtschaftlicher
Bedeutung. Somit war in der Psychologie die Berufspraxis von Anfang an
vorhanden.
BEHAVIOURISMUS: Verhalten im Vordergrund, Erleben nicht wichtig.
(radikale und originelle Lösung des Problems der Introspektion)
Entwicklung der Psychologie in den USA:
Das innere Erleben wird als Gegenstand fallengelassen; Psychologie wird als die
Wissenschaft vom Verhalten von Organismen bestimmt.
Beobachtung von psychischen Aktivitäten von dritten Personen.
1913: Gründung des Behaviourismus von
John B. Watson (1878-1958)
(Aufsatz: “Psychologie as the Behaviourist views it“ (1913))
Behaviourisms:
• Psychologie als objektiver Zweig der Naturwissenschaft
• Vorhersage und Kontrolle von Verhalten
• Introspektion spielt keine Rolle
• Verhalten wird nicht in Bewusstseinsbegriffen interpretiert
Inneres Erleben ist für das Verhalten irrelevant(!), das Verhalten ist nur von Reizen
bestimmt.
• Menschliches trennt sich nicht vom tierischen Verhalten
Verhalten ist nie (!!!) Ausdruck des Erlebens!
Introspektionsproblem ist somit „gelöst“!
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Allgemeine Psychologie III WS06/07
VO02 am 08.11.2006
Bis in die 50 – 60er Jahre dominiert der Behaviourismus kognitive Wende:
Kognitive Psychologie: lehnt den „seelenlosen“ Behaviourismus ab.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO03 am 15.11.2006
Grundrichtungen der Psychologie
„Geisteswissenschaftliche Psychologie“
Geschichte der Psychophysik
Wiederholung:
Psychologie als Wissenschaft vom inneren Erleben –
Psychologie als Wissenschaft vom Verhalten
Mitteleuropa – USA
Behaviourismus: USA, Psychologie als Wissenschaft vom Verhalten
Verhalten ist unabhängig vom inneren Erleben. -> Problem der Introspektion
„gelöst“.
Der Behaviourismus ist kein Fortschritt der Psychologie, sondern nur eine andere
Richtung.
Kognitive Wende: ist nicht die Rückkehr zum inneren Erleben, sondern es geht
um Informationsverarbeitungsprozesse. (-> wieder Introspektionsproblem)
Es hat nicht direkt mit dem inneren Erleben (Gefühl) zu tun, sondern mit
kognitiver Verarbeitung.
Dritte Richtung:
GEISTESWISSENSCHAFTLICHE PSYCHOLOGIE
Verstehende Psychologie
deutschsprachig/ aus Deutschland
Wilhelm Dilthey (1833-1911)
Begründer der Geisteswissenschaftlichen Psychologie
Begründungsschrift: „Ideen über eine beschreibende und zergliedernde
Psychologie“ (1894) -> Gründungsjahr der geisteswissenschftl. Psych.
3 Vertreter der geisteswissenschaftlichen Psychologie:
• Eduard Spranger (1882-1963)
• Karl Jaspers (1883-1969)
• Theodor Erismann (1883-1961)
Geisteswissenschaftliche Psychologie hat kein „Programm“, sondern ist eine
Denkrichtung. Hier wird hauptsächlich qualitative Forschung betrieben.
Heute spricht man von geisteswissenschaftlicher Psychologie als „Kulturpsychologie“.
3 Charakteristika der geisteswissenschaftlichen Psychologie:
• Menschliche Lebensverhältnisse sind nicht mit naturwissenschaftlichen
Methoden zu erforschen.
sondern mit geisteswissenschaftlichen Methoden; hermeneutischen Methoden
• Einfluss der Kultur/Geschichte
Kultur gibt individuellem Handeln erst den Sinn.
Ist man interessiert daran, so muss man den kulturellen Kontext verstehen.
Dieser ist bestimmt durch den „objektiven Geist“: Kulturelle Lebensäußerungen
wie z.B. Sprache, Gemälde, Wirtschaft, Riten, Traditionen, Dichtungen,…
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO03 am 15.11.2006
• Methoden
Introspektion: Ist keine wissenschaftliche Methode, da individuelles Erleben
der Forschung nicht zugänglich ist.
Aber es kann sich äußern: man kann auf das individuelle Erlaben rückschließen.
Erlabensausdruck sind z.B. Tagebuch, Erzählungen, Handlungen, …
Erleben – Ausdruck – Verstehen = methodische Basis der
geisteswissenschaftlichen Psychologie.
Wichtig dabei ist es, den Kontext zu beachten.
Erleben, das durch Kultur geprägt ist kann nur verstanden werden, wenn der,
der es verstehen will, auch demselben Kontext angehört.
In biografischen Interviews, wo beispielsweise gefragt wird „Wie ist dein Leben
abgelaufen?“ dienen Erzählungen dazu Hinweise zu finden um die Lebenswelt der
Person zu interpretieren bzw. zu deuten.
Diese Methoden heißen: Hermeneutik: Methode des Verstehens symbolisch
artikulierter Bedeutungen. Dies kann Schriften, Gebäude, Dichtungen,
Gesprochenes, Bilder,… betreffen.
Die Methode beruht auf dem „hermeneutischen Zirkel“: Einzelnes kann nur in
seiner Beziehung zum Ganzen, das Ganze aber wiederum nur über die
Auslegung des Einzelnen verstanden werden. Um das Ganze zu verstehen,
muss man also die Einzelheiten kennen.
Ein Beispiel für den hermeneutischen Zirkel wäre das Lesen eines Buches. Ein Buch
ist in Kapitel (= Teile) gegliedert und die Bedeutung des gesamten Buches kann erst
durch die Interpretation aller Teile verstanden werden. Einzelnes kann nur in seiner
Beziehung zum Ganzen, das Ganze aber wiederum nur über die Auslegung des
Einzelnen verstanden werden. Wird jetzt beispielsweise ein Buch wieder gelesen, so
werden die Kapitel neu verstanden weil man anders an sie herangeht. Das Verständnis
des Objektes verändert das Subjekt. Durch den Rückblick vom Subjekt auf das Objekt
wird das Subjekt durch das bereicherte Verständnis verändert usw.
Gemeinsamkeiten der psychologischen Grundrichtungen:
Damit beschäftigte sich Karl Bühler: „Die Krise der Psychologie“
„So viele Psychologien nebeneinander wie heute, so viele Ansätze auf eigene Faust
sind wohl noch nie gleichzeitig beisammen gewesen“
Damit beschrieb er das drohende Auseinanderbrechen der Psychologie.
3 notwendige Aspekte der Psychologie (Aspektenlehre: notwendig um einheitliche
Psychologie zu betreiben):
• Erleben
• Verhalten
• Symbolische Artikulationen
Methoden:
• Introspektion
• Beobachtung
• Hermeneutik
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO03 am 15.11.2006
In der Psychologie herrscht ein Methodenpluralismus vor, der nach Bühler zu
befürworten ist. Methodenpluralismus = Vielfalt der Forschungsmethoden.
PSYCHOLOGIE UND MATHEMATIK –
PSYCHOPHYSIK
Psychologie ist nicht nur „Seelenlehre“. ->
Immanuel Kant
Die Selbstbeobachtung als empirische Grundlage der Psychologie ist problematisch,
weil (Benetka) „die Beobachtung an sich schon der Zustand des beobachtenden
Gegenstandes alteriert und verstellt“ (Kant)
Die „empirische Seelenlehre (muss) jederzeit von dem Range einer eigentlich so zu
nennenden Naturwissenschaft entfernt bleiben […] weil Mathematik auf die
Phänomene des inneren Sinnes und ihre Gesetze nicht anwendbar ist“
Dieses Kant’sche Argument soll bedeuten, dass die Psychologie nie eine Wissenschaft
sein kann, weil man in ihr keine Mathematik anwenden kann. Die Naturwissenschaft
kann nur eine Wissenschaft sein, wenn Mathematik anwendbar ist. Je mehr
Mathematik angewendet werden kann, desto wissenschaftlicher ist es.
Mathematik ist nur anwendbar, wenn beide Dimensionen (Raum und Zeit) erfüllt sind.
Die erste Dimension war akzeptiert, die besagt, dass psychische Erscheinungen sich in
der Zeit abspielen = Psychisches existiert als Zeitliches.
Viele Philosophen nach Kant waren auf der Suche nach der zweiten Dimension, in der
psychische Phänomene existieren könnten.
Bsp.: Woher wissen wir, dass die Winkelsumme eines Dreiecks 180° beträgt? Wir können es
wissen, ohne dass es eine konkrete empirische Wissenschaft erforscht hat – durch
Beobachtung:
Man zieht eine Parallele zur Grundlinie c, α+β+γ ergibt eine halbe Drehung und die ist in der
Mathematik als 180° definiert.
Das ist das besondere an der Mathematik. Man erzeugt einerseits sicheres Wissen und
andererseits kommt dieses sichere Wissen ohne Erfahrungsinstanzen/Messungen zustande.
Wie kann man also etwas a priori (vor allen Erfahrungen) über die Welt wissen?
„Kritik der reinen Vernunft“ (1981) von Immanuel Kant:
Der Verstand kann nur einsehen, was er durch seine eigene Tätigkeit hervorbringt.
Das erste Kapitel des Buches beschäftigt sich mit „transzendentaler Ästhetik“: Wie ist
reine Mathematik möglich?
Wie kommt unsere Wahrnehmung der Welt zustande? Wir fassen alles in räumlichen
und zeitlichen Strukturen auf. Raum und Zeit sind keine Eigenschaften der Dinge,
sondern unseres Erkenntnisvermögens durch den Akt des Auffassens.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
transzendental
Diesseits (aller Erfahrungen)
VO03 am 15.11.2006
transzendent
jenseits (des Erfahrbaren, außerhalb der
Erfahrungsmöglichkeiten)
aller Erfahrungen
Was muss gegeben sein, dass wir die Welt über unsere Sinne aufnehmen?
Raum und Zeit als transzendentale Anschauungsformen. = a priori
Die Möglichkeit der reinen Mathematik beruht nach Kant auf transzendentalen
Anschauungsformen – auf Raum und Zeit.
Erleben liegt nicht als etwas Räumliches vor, sondern nur als etwas Zeitliches und die
Mathematik setzt das Vorhandensein beider Dimensionen voraus – somit kann
Mathematik auf die Phänomene des inneren Sinnes nicht angewendet werden.
(Kant’sches Argument)
(1824/1825)
„Psychologie als Wissenschaft neu gegründet auf Erfahrung, Metaphysik und
Mathematik“ von Johann Friedrich Herbart (1776-1841)
Herbart meint, er habe die zweite Dimension gefunden somit ist die Mathematik für
die Psychologie anwendbar. Damit wäre das Kant’sche Problem, dass die Psychologie
keine Wissenschaft sein könnte, gelöst. Herbart war ein österreichischer Philosoph.
Nach Johann Friedrich Herbart ist der Träger der psychischen Eigenschaften die Seele.
Seele ist jedoch kein beliebter Begriff in der Wissenschaft.
Herbart gilt als großer Kritiker der Vermögenspsychologie. Vermögenspsychologie
argumentiert in etwa folgendermaßen: Warum gibt es so etwas wie Eifersucht? Weil
die Seele es vermag Eifersucht zu empfinden.
Die Seele ist zu keiner anderen Modifikation fähig als zur Selbsterhaltung gegen
Störungen von außen. Seelische Modifikationen sind „Vorstellungen“.
Vorstellungen existieren solange die Seele arbeitet. Vorstellungen sind etwas
überzeitliches, überdauerndes (substantiell). Nicht alle Vorstellungen können bewusst
sein sie existieren aber weiter im Unbewussten.
Begriff der „Verdrängung“:
Vorstellungen entwickeln, wenn sie im Bewusstsein auftretet Intensitäten – „Kräfte“.
Eine Vorstellung ist dann intensiv, wenn sie klar in unserem Bewusstsein ist. Wenn
die Intensität nachlässt, sinken die Vorstellungen unter die Bewusstseinsschwelle.
Die „Intensität“ ist also als neben der Zeit zweite Dimension, in der psychische
Erscheinungen existieren. Psychologie existiert nicht nur als zeitliches, sondern auch
als etwas psychisch Intensives. Die Intensität ist jedoch keine Konstante, sondern
unterliegt Schwankungen. Die Zunahme und Abnahme der Intensität passiert nicht
beliebig, basiert auf strengen Gesetzmäßigkeiten. Jede Zunahme der Intensität einer
Vorstellung setzt eine streng proportionale Abnahme der Intensität einer anderen
Vorstellung voraus. Diese Zu- und Abnahme versucht Herbart mathematisch zu
demonstrieren. Zunahme Klarheit der Darstellung im Bewusstsein.
Weil Herbart diese zweite Dimension gefunden hat, glaubt er dass die Mathematik zur
Beschreibung psychischer Vorgänge heranzuziehen ist.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO04 am 22.11.2006
Zur Geschichte der Psychophysik
Gustav Theodor Fechner
Wiederholung:
Kant: Die Möglichkeit der Mathematik beruht auf den a priori gegebenen
Anschauungsformen Raum und Zeit
Die Psyche ist nur auf die Zeit ausgedehnt, aber nicht auf den Raum Mathematik ist
für die Psychologie nicht anwendbar.
Dieser Kantsche Einwand ist wirkungsmächtig geworden. Will die Psychologie eine
Wissenschaft werden, muss sie danach trachten den Kantschen Einwand zu widerlegen.
Herbart: Psychisches muss in 2 Dimensionen existieren. Er hat neben der Zeit die 2.
Dimension gefunden: INTENSITÄT.
Klar bewusste Vorstellungen sind intensive Kräfte. Vorstellungen treffen im
Bewusstsein aneinander sind sie gleich, stärken sie sich, sind sie gegensätzlich
schwächen sie sich. Intensitätsänderungen gehorchen strengen Gesetzen: Jede
Zunahme der Intensität bedingt eine Abnahme einer anderen Intensität einer
Vorstellung. So wird Mathematik in die Psychologie eingebaut:
Zunahme/Abnahme wird mit Gleichungen dargestellt, Zunahme und Abnahme sind
proportional.
Herbarts System von Gleichungen
Bsp.: Gegeben 2 einander entgegengesetzte Vorstellungen a und b, die gleichzeitig im
Bewusstsein aufeinander treffen, wobei die Intensität von a>b. a und b werden
einander hemmen, beide werden an Intensität verlieren (weil sie gegensätzlich sind).
a intensiver als b
Folgendes Verhältnis soll gelten:
d(b):b = a:(a+b)
d(b)= ab:(a+b)
d(b)… Ausmaß der Intensitätsabnahme von b
a hemmt b
b hemmt a
Ausmaß der Intensitätsabnahme d(b) = Intensität von a:(Intensität von a + Intensität
von b)
Intensitätsabnahme d(b) = ab:(a+b)
b’ … Intensität der gehemmten Vorstellung b
b’<b
b’ = b-d(b)=
=b-ab:(a+b)
=[ab+b2-ab]:(a+b)=
= b2:(a+b)
b’ immer größer als 0
2
b’ = b : (a+b)
(Rechenbeispiel kommt nicht zur Prüfung)
Mathematik angewandt auf Psychologie
Herbart schließt daraus, dass a und b konkrete Kräfte sind. a und b können nie 0
werden b’>0
b’≠0
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO04 am 22.11.2006
Herbarts Schluss!
Sind 2 einander entgegengesetzte Vorstellungen ungleicher Intensität gegeben, dann
kann die Vorstellung mit größerer Intensität jene mit schwächerer Intensität zwar
hemmen, nicht aber aus dem Bewusstsein verdrängen!
Erstes Axiom der Herbart Psychologie:
Die Weite des Bewusstseins ist größer als 2 Vorstellungen.
Schwächen:
1. Grundgleichung ist willkürlich gesetzt.
2. Gleichungen bleiben immer abstrakt; es ist nicht vorstellbar wie man für a und
b konkrete Werte (Zahlen) einsetzen kann.
Gustav Theodor Fechners (1801-1887)
Einwand gegen Herbarts Theorie:
(!) Bei Herbart fehlt der Bezug auf körperliche Vorgänge und damit ein konkreter
Ansatz zur Messung!
Fechner hatte eine psychotische Phase So wurde er vom Physiker zum psychologisch
Interessierten.
»Haben Pflanzen eine Seele?« (Ein Buchthema Fechners)
(Fechner schaffte auch Grundlagen für die Psychoanalyse. Freud stimmte oft mit ihm überein.)
NATURWISSENSCHAFTLICHE PSYCHOLOGIE
Fechner war davon überzeugt, dass alles was existiert eine Seele hat. Fechner war also
PAN-Psychist.
Leib – Seele – Problem:
Fechners „Lösung“ des Leib – Seele – Problems:
»Ein und dasselbe Wesen erscheint sich selbst als „Geist“ und zugleich anderen als
„Leib“.«
Jedes Wesen hat eine Innenseite (nur für sich zugänglich) und eine Außenseite (für
andere zugänglich).
Fechners Annahme eines psychophysischen Parallelismus: Jede Änderung im
Psychischen geht eine Änderung im Physischen einher und umgekehrt.
„funktionelle Beziehung“: (Zusammenhang nicht kausal oder ausgehend vom Hirn sonder
nur einfach:) Ändert sich etwas auf der einen Seite etwas, ändert sich auch etwas auf
der anderen Seite.
Aus einem Buch Fechners:
Psychophysik ist die „exakte Lehre von den funktionellen oder
Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen
körperlicher und geistiger, physischer und psychischer Welt“
Fechner will leisten, was Herbart nicht konnte: Fechner wollte nicht nur Gleichungen
aufstellen sondern konkrete Maßbestimmungen der Psyche, konkrete Messungen der
Intensität. Ziel der Fechnerschen Psychophysik: Maßbestimmung des Psychischen!
Wenn man den Zusammenhang zwischen Psychischen und Physischen mathematisch
darstellen kann, dann ist aus den Ergebnissen der Messung der Intensität physischer
Vorgänge der Intensität der begleitenden psychischen Vorgänge zu erreichen.
Problem Fechners: es gibt keine Formel/mathematische Darstellung der psychischen
und physikalischen Zusammenhänge. (Formel noch nicht gefunden.)
„Weltformel“ (mathematische Darstellung) ist Fechner eingefallen – am 22.10.
1850 (»früh morgens im Bette liegend«):
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO04 am 22.11.2006
Zend – Avasta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits (1851) (in diesem
Buch wurde die Formel das erste mal publiziert)
Mathematisierung der Psychologie:
Fundamentalformel:
dγ=dβ/β
(Differentialgleichung)
dγ… momentane Änderung der Intensität der geistigen Tätigkeit
β… die zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessene ursprüngliche Intensität der die
geistige Aktivität begleitenden körperlichen Vorgänge
dβ… momentane…
Maßformel:
γ = logβ/d
Wobei d den Wert von β bezeichnet, für den γ=0
[Formel ist nicht Prüfungsstoff, sondern wie Fechner dazu gekommen ist (Gedankengang)]
Man kann aber nichts mit der Formel anfangen, das hat Fechner eingesehen und hat
sich an einen Freund gewandt:
Wilhelm Weber (Prof. für Physik)
Fechner schrieb Weber: „…sehen sie, was mir eingefallen ist…“ (betrifft die Formel)
Weber antwortete ihm: „… das ist eine interessante Formel, aber es wäre besser, wenn
sich ein unterstützender Faktor finden ließe…“
Fechner sucht nach einem unterstützenden Faktor. Er bemerkt, dass die
begleitenden körperlichen Vorgänge einfach zu messen sind, aber nicht einfach zu
differenzieren. Fechner fehlen die Instrumente zum Messen (1860), aber er geht von
hirnphysiologischen Prozessen aus; kann sie aber weder identifizieren noch messen.
Somit scheitert Fechner an seiner Theorie.
»Das ursprüngliche Programm der Psychophysik ist nicht empirisch zu realisieren,
weil sich die das subjektive Erleben begleitenden hirnphysiologischen Prozesse nocht
eindeutig identifizierbar…«
Fechners Lösung:
„Wir werden […] den Reiz, das Anregungsmittel der Empfindung, als Elle an der
Empfindung anlegen.“
Nicht mehr Hirnphysiologie soll gemessen werden, sondern physiologische
(physikalische) Prozesse!
R
„kausal“
S
„funktionell“
P
S = Reiz
P = hirnphysiologische Vorgänge
R = Empfindung
Innere Psychophysik: physiologische und psychologische Veränderungen
Äußere Psychophysik: Reizintensität und Empfindungsstärken
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO04 am 22.11.2006
Experimente! (durch äußere Psychophysik möglich!)
mit Ernst Heinrich Weber (1795 – 1878) (Bruder von Wilhelm Weber)
… beschäftigte sich mit dem Tastsinn (Körperempfindungen) und fand
Empfindungsunterschiede am ganzen Körper.
einfache Gewichtsversuche:
Vl legt Gewichte auf den Handrücken der Vp -> Vp muss entscheiden, ob beide
Gewichte gleich schwer sind oder eines schwerer ist.
1. Gewichte werden zuerst auf die eine, dann auf die andere Hand gestellt
(nacheinander)
2. Gewichte werden gleichzeitig auf die Hände gestellt
der Unterschied muss relativ hoch sein, damit er bemerkt wird!
z.B. Ausgangsgewicht 100g -> Unterschied merkbar bei ca. 133 g
o Simultan (gleichzeitig aufgelegt)
o Sukzessiv (nach einander aufgelegt) bessere Unterscheidung
z.B. Ausgangsgewicht 200g -> 66g
1000g -> 333g
Weber hat dies erforscht ABER Fechner (!) hat erkannt, dass somit eine
mathematische Darstellung möglich ist:
Gleichung: ∆S/S0 = k = konstant
z.B.: 100/33 -> ⅓ -> das Verhältnis bleibt konstant
= „Weber – Bruch“
Die relative Unterschiedsschwelle ist konstant.
Beim Heben (also nicht beim Auflegen) der Gewichte: 1/60 genug für
Unterschiedserkennung
Ursprüngliche „Fundamentalformel“:
dγ = dβ/β
Jetzt:
∆S/S0 = k = konstant
Formeln sind relativ ähnlich
dR = c · ds/s
durch Integration erhält man die „Maßformel“:
R = C + c logS
Wobei c vom Weber – Bruch k und die additive Konstante C von der Absolutschwelle
so abhängig ist.
!!! Empfindungsintensität ist proportional dem Logarithmus der Reizintensität !!!
Empfindungsintensität R
(negativ beschleunigte Kurve)
Reizintensität S
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO04 am 22.11.2006
Absolute Schwelle:
wie intensiv muss der Reiz sein, dass er gerade noch wahrgenommen wird? Nullpunkt (der Empfindungsskala; Nullpunkt muss festgelegt werden)
Wie viel Reizintensität muss ich vom Ausgangsreiz hinzufügen, dass die Person den
Unterschied merkt? Unterschiedsschwelle
Just noticeable different
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO05 am 29.11.2006
Zur Psychologie des Lernens I:
Klassischer Behaviorismus und klassische Konditionierung
(Die Psychoanalyse ist außerhalb der Universität entstanden und wird auch auf der Uni kaum
gelehrt.)
Psychotherapie
- Verhaltenstherapie
Betrifft den Output; ist gut empirisch abgesichert; ist auch theoretisch gut
abgesichert. BEHAVIORISMUS.
Die Psychologie wird und wurde auch von Laien verfolgt:
öffentliche Kritik an der Psychologie
psychologische Lerntheorien
Aldous Huxley (1894 – 1963)
“Brave New World“ (1932)
Herbert Marcuse (1898 – 1979)
“The One-dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial
Society“ (1964)
Die Gesellschaft verursacht eindimensionale Menschen.
Zusammenhang: Herrschaft Kontrolle
Menschen kontrollieren (Behaviorismus)
Noam Chomsky (geb. 1928)
Was (wir) Psychologen gut finden, kritisieren andere oft.
Psychologie as the Behaviourist Views it (1913)
John B. Watson (1878-1958)
Watsons Lehrer in Philosophie:
George Herbert Mead (1863-1931)
John Dewey (1859-1952)
James Rowland Angell (1869-1949)
(Begründer einer “funktionellen Psychologie”)
Watson fand sehr schnell Anhänger seiner Theorie.
„Behaviorismus“
• Psychologie als objektiver Zweig der Naturwissenschaft
• Vorhersage und Kontrolle von Verhalten
• Introspektion spielt keine Rolle
• Verhalten wird nicht in Bewusstseinsbegriffen interpretiert
• Kein prinzipieller Unterschied zwischen tierischen und menschlichen Verhalten
Behaviorismus ist Verhaltensbeobachtung Lösung des Introspektionsproblems
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO05 am 29.11.2006
Pragmatismus (Dewey): „Anpassung“ als Funktion des Bewusstseins
Bei Dewey hat das Bewusstsein noch eine Funktion: Subjekte anpassen an die
jeweiligen Bedingungen – „Anpassung“ an Umweltgegebenheiten, aber auch anpassen
der Umwelt an die Bedürfnisse des Subjekts.
Der Bewusstseinsbegriff geht langsam verloren.
Funktionalismus (Angell): interessiert sich für mentale Operationen und nicht für
Bewusstseinsinhalte = Aufgabe der Introspektion
Das Bewusstsein wird als mentale Operation aufgefasst. Mentale Operationen sind
jedoch nicht direkt von der Forschung erfassbar; aber man kann vom Verhalten
rückschließen, welche mentalen Operationen stattgefunden haben. Introspektion
nicht mehr relevant.
Rolle der Tierpsychologie
Es werden Schlüsse aus Reaktionen/Verhalten von Tieren geschlossen; diese sollen
auch auf den Menschen „übertragbar“ sein. (Tierexperimente)
Watson: Behaviorismus: Psychologie ohne Bewusstsein keine
Bewusstseinsvorgänge.
Watsons Argumentation
• Bewusstseinsprozesse sind nicht experimentell bestimmbar (weil sie nicht
direkt beobachtbar sind)
• Bewusstseinsprozesse sind für die auf experimentellem Wege zu
untersuchenden Probleme irrelevant
Letzteres konnte Watson zunächst nur behaupten, nicht aber zeigen!
Wenn ich mich so und so verhalte, ist für den Behavioristen das „wieso“ irrelevant zur
Vorhersage von verhalten.
1913: Gründung des Behaviourismus.
Watson hatte zu der Zeit noch keine Idee, wie er die zweite Behauptung experimentell
beweisen/zeigen soll.
Er sucht nach experimentellen Versuchsanordnungen und findet ein Paradigma/ eine
Experimentiertechnik:
Watson entdeckt Pawlow! (Watson interessiert nur die Methode von Pawlow)
Idee und Methode des bedingten Reflexes rücken in den Mittelpunkt seines Systems.
„Little – Albert – Experiment“ (= theoretischer Kontext zur Behauptung ->
Umsetzung in ein empirisches Experiment)
John B. Watson & Rosalie Rayner (Zweite Frau von Watson)
Conditioned emotional reactions (1920)
• Kann bei einem Kind Angst gegenüber einem Tier ausgelöst werden, wenn
gleichzeitig ein lautes Geräusch auftritt?
• Wird diese Angst auf andere Objekte generalisiert?
• Wie lange wird diese Angst anhalten?
Little Albert war zur Zeit des Experiments 11 Monate alt.
Jedes mal, wenn sich das Kind der Ratte zuwendet, wird mit einer Stange gegen ein
Metall geschlagen das Kind beginnt zu weinen.
Nachdem dies 7 Mal durchgeführt wurde, reichte allein der Anblick der Ratte aus,
dass das Kind zu weinen beginnt.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO05 am 29.11.2006
1. Frage bestätigt Angst kann ausgelöst werden
2. Frage bestätigt Kind weint auch bei anderen pelzigen/haarigen Dingen/Tieren
3. Frage: Neuer Versuchsdurchgang nach 5 Tagen: Ratte -> Geräusch:
„auffrischen“ der Angstreaktion
Nach 31 Tagen: Albert wird mit Objekten konfrontiert (Fellmantel, Hund,…)
Vermeidungsreaktion gegenüber den Furcht auslösenden Tieren, aber er fasst
sie nach gutem Zureden doch an (-> keine Phobie ankonditioniert)
(Watson filmte das Experiment: Grundproblem: Das Kind war durch den lauten Lärm nicht zu
beeindrucken, wenn es Daumen lutschte -> die Vl sorgten dafür, dass Albert nicht an seinen
Daumen lutschte -> Geräusch. Kritik am Experiment: wieso heulte Albert? Wegen dem
Geräusch oder weil er nicht am Daumen lutschen durfte?)
Das Little-Albert-Experiment ist ein wichtiges Experiment für den Behaviorismus: Es
soll damit gezeigt werden, dass auf den Reiz eine Reaktion folgt und das Bewusstsein
somit keine Rolle spielt.
Außenweltreize nicht mehr Bedingungen, sondern Determinanten des Verhaltens
d.h.: habe ich die Kontrolle über die Außenreize, habe ich auch die Kontrolle über das
Verhalten.
Durch die Anwendung einfacher Lerngesetzte, ist das Verhalten kontrollierbar.
„Verhaltenskontrolle“ – dadurch seien Gesellschaftsprobleme lösbar, die Welt kann
man so umgestalten. „Alle Probleme der Menschheit sind zu lösen“
Russische Physiologie
• Iwan Michailowitsch Sechenow (1829-1905)
„Die Reflexe des Gehirns“ (1863) – das menschliche Denken geht auf
Reflexe zurück
•
•
Ivan Petrowitsch Pawlow (1849-1936)
Wladimir Michailowitsch Bechterew (1857-1927)
„Psychoreflexologie“ – ist der Pawlowschen Theorie sehr ähnlich
Ivan Petrowitsch Pawlow
1904 – Nobelpreis für Physiologie
- Arbeiten zur Physiologie der Verdauung
Erforschung des bedingten Reflexes
Reflex: unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz
bedingter Reflex: Übertragung von unwillkürlicher Reaktion auf einen neutralen Reiz
Versuchsanordnung
Wenn die Mundschleimhaut (vom Hund) mit Futter (UCS) in Berührung kommt Reflex Speichelproduktion Speichelfluss
Auslöserreiz: unconditioned Stimulus UCS
Reflex: unconditioned Reaktion
UCR
neutraler Reiz:
S0 (null)
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO05 am 29.11.2006
Glockenton Futter Speichelfluss
Glockenton allein S0 wird zu CS
CS verursacht CR
conditioned Stimulus
conditioned Reaktion
CS
CR
S0
UCS UCR
konditionierter Reiz
CS CR
Optimales Zeitintervall:
Varianten der Konditionierung
verzögerte Konditionierung
simultane Konditionierung
Spurenkonditionierung
rückwirkende Konditionierung
Zeit
Beste Wirkung durch verzögerte Konditionierung
Optimale Wirkung: Ton ½ Sekunde vor der Futterverabreichung + anhaltend während
dem Futter
Optimale Wirkung = höchste Reaktionsstärke erreichen
- hier: Menge des Speichelflusses = Indikator
Die konditionierte Reaktion ist weniger stark als die unkonditionierte Reaktion
CR ≠ UCR!
Nach der Konditionierung wird nur der Glockenton geboten:
• Wie oft sabbert der Hund noch, ohne dass er Futter bekommt?
• Reaktionsstärke? Nimmt ab.
konditionierter Reiz Cs konditionierte Reaktion CR
= Löschung einer bedingten Reaktion: Extinktion
Konditionierung
S0 neutraler Reiz
Extinktionsphase
Reaktion wird gelöscht (gleich null)
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO05 am 29.11.2006
Spontanerholung: Darbieten des CS nach einer Pause von 20 Minuten
Wenn die Reaktion gelöscht wurde und der Glockenton allein nach einer Pause von
20 min wieder präsentiert wird Hund sabbert wieder. Bei der ersten Darbietung
fällt die Reaktion am stärksten aus und wird dann immer schwächer.
Konditionierung ist ein aktiver Lernvorgang.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO06 am 13.12.2006
Zu Klassische Konditionierung:
Löschung (Extinktion): Aktiver Lernvorgang
Spontanerholung: durch eine Pause wird die Hemmung geschwächt
Bei Little-Albert wurde keine Extinktion durchgeführt
Watson interessierte, wie lange eine Konditionierung bestehen bleibt.
Reizgeneralisierung: CS muss nicht der gleiche Reiz bleiben, sondern auch diesem
Reiz ähnliche Reize
Versuchstier -> optischer Reiz: Kreis -> Futter
Speichelfluss auch bei Kreis-ähnlichen Strukturen (z.B. Ellipse)
Je ähnlicher der Reiz dem ursprünglichen Reiz, desto stärker ist die
Reaktion.
Reizdiskrimination: Reaktion nur bei sehr ähnlichen Reizen, bei anderen nicht.
Diskriminationstraining:
Dem Versuchtier wird Futter gegeben, wenn der Kreis gezeigt
wird; wenn die Ellipse gezeigt wird, wird kein Futter gegeben das Tier „lernt“ zwischen Kreis und Ellipse zu unterscheiden. Eine Reaktion erfolgt nur noch beim Kreis.
Bei einer sehr kreisähnlichen Ellipse hat das Tier Schwierigkeiten
bei der Unterscheidung – es reagiert auch bei Ellipsen. (Dieser
Vorgang findet in der Extinktionsphase statt.)
ABER: es verursacht starke emotionale Reaktionen,
Verhaltensstörungen, das Tier verweigert das Futter =
experimentelle Neurose: Konflikt zwischen Erregungs- und
Hemmungsinnervationen.
Konditionierung höherer Ordnung: konditionierte Reaktion konditionierter Reiz wird mit einem unkonditionierten Reiz gekoppelt UCS wird auch zum CS.
Speichel
Ton
Ton
Speichel
Licht
Licht
Speichel
Je länger die Kette der Konditionierung, desto geschwächter ist die Reaktion.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO06 am 13.12.2006
• War Pawlow ein Behaviorist?
NEIN!
Pawlow interessierten neurophysiologische Prozesse.
Die Hemmungsvorgänge und Erregungsprozesse sind nicht direkt sichtbar sondern
lassen sich nur durch das Verhalten erschließen.
Den Behavioristen interessiert dies nicht, da er nur beobachtbares Verhalten akzeptiert,
die inneren Prozesse und neurophysiologischen Prozesse sind für ihn irrelevant.
Pawlow hingegen „stellt Mutmaßungen über inneres Geschehen an“:
Konditionierung: UCS (Unkonditionierter Reiz) hat „Signalfunktion“:
Das Signal für das Tier (z.B. Glockenton) ist die Ankündigung für das Futter,
d.h. das Signal stiftet die Erwartung im Tier auf Futter.
Der Behaviorismus lehnt jedoch die „Erwartung“ ab, da hier die inneren Vorgänge
keine Rolle spielen. Pawlow lehnte den Behaviourismus (als abscheulich) ab.
• Lernen von konnotativen Wortbedeutungen
mitschwingen von Emotionen im Wort
Wie kommt das Lernen von konnotativen Wortbedeutungen zustande?
Bsp.: Ein Elternteil nimmt das Kleinkind zu sich und streichelt es -> dies ist eine
Auslösersituation für eine positive Reaktion: UCS positive UCR
Wörter sind neutrale Reize.
Bsp.: Wort „brav“ = neutraler Reiz
„brav“ sagt man oft wiederholt; irgendwann wurde „brav“ zu einem konditionierten
Reiz (CS) für eine positive Reaktion.
(auch dies ist eine Konditionierung höherer Ordnung)
Pawlow bezeichnet die Sprache als „zweites Signalsystem“ – „Signale von Signalen“:
Signale
1. Ordnung: Reize
2. Ordnung: einsetzen Signale zweiter Ordnung um Signale erster
Ordnung zu regulieren (hemmen, stärken…)
• Semantische Generalisation
Wolkowa – Experiment
Vp: Junge, 13 Jahre
Versuchsanordnung:
„gut“ Verabreichung von Essen Speichelfluss
Nach der Konditionierung löst das Wort „gut“ alleine Speichelfluss aus.
Extinktionsphase: Sätze, die mit „gut“ assoziiert werden, werden präsentiert.
ebenfalls Speichelfluss (teilweise sogar mehr, als beim Wort „gut“)
Nicht ähnlich klingende Wörter, sondern inhaltlich ähnliche Wörter/Sätze lösen
Speichelfluss aus.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO06 am 13.12.2006
Zur Psychologie des Lernens II
Thorndike, Hull und Skinner
Edward Lee Thorndike (1874-1949)
“Animal Intelligence. An Experimantal Study of Associative Process in Animals
(1898)”
Thorndike ist wichtig für die Entwicklung der amerikanischen Psychologie. Er sah
sich selbst nie als Behaviorist und wollte auch nie als solcher bezeichnet werden.
Thorndike meinte, dass naturwissenschaftliche Forschung und praktische Anwendung
kein Widerspruch sind Psychologie sollte also: 1. nach streng naturwissenschaftlichen Prinzipien forschen
2. das erforschte soll praktisch anwendbar sein.
Thorndike experimentierte mit Katzen:
Versuchsanordnung:
„puzzle box“:
Eine Katze wird in eine Art Käfig gesperrt – in eine puzzle box. Futter ist außerhalb
der box positioniert, so dass es die Katze nicht erreichen kann. Die Box hat einen oder
mehrere Mechanismen, die die Katze betätigen muss, damit sich das Türchen öffnet.
Die Katze ist hungrig und eingesperrt. Sie versucht an das Futter ran zu kommen, sie
führt mehrere verschiedene Bewegungen durch um das Futter zu erreichen. Durch
Zufall betätigt sie den Mechanismus, die Katze kommt heraus, wird aber vom Vl
wieder in die Box zurückgesperrt.
Die Katze wird weiter beobachtet: Verhaltensbeschreibung und –erklärung:
Von der Katze werden Bewegungsfolgen verschwendet. Nach mehreren Durchgängen
wird ihr Verhalten zielgerichteter (betätigen des Mechanismus) bis sie keine
„unnötigen“ Bewegungen mehr macht.
Alle Bewegungen, die nicht zum Erfolg/zu satisfaction (Zufriedenheit) führen werden
nach und nach ausgemerzt. Es werden Bewegungsfolgen „eingeprägt“ die zum Ziel
führen.
Lernen durch „trial and error, and accidental success“
Bei klassischer Konditionierung: neutraler Reiz wird mit konditioniertem Reiz
verknüpft.
Hier: Verknüpfung von Situationen mit Aktionen: „habits“
Law of effekt – Gesetz des Effekts:
Es werden die Aktionen mit Situationen verknüpft, die zum Erfolg führen.
„habit – Stärke“: Enge der Verknüpfungen; hängt von den Lerndurchgängen ab.
Law of exercise – Gesetz der Übung:
Die Zielgerichtetheit hängt von den Lernwiederholungen ab.
Diese Art der Konditionierung nennt man „instrumentelle Konditionierung“ (wird
später durch „operante Konditionierung“ ersetzt)
Instrumentelle und klassische Konditionierung sind 2 verschiedene Lerntheorien Seite 3 von 4
Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO06 am 13.12.2006
Neo – Behaviorismus
Clark L. Hull (1884-1952)
Modell von Hull:
Ansatz: Lassen sich die beiden Lerntheorien vereinen?
Lernprozesse haben einen inneren Antriebszustand zur Voraussetzung –
„drive“ („Trieb“)
Im Inneren: physiologischer Mangezustand Erregungsniveau steigt an.
z.B.: die Katze zeigt viele Bewegungen um zum Futter zu kommen.
Hull stellt fest, dass weder Hund (Watson) noch Katze (Thorndike) handeln würden,
wenn nicht der Trieb vorhanden wäre.
Triebzustand (D)
Physischer Mangelzustand - unspetifische Aktivierung
Triebreiz (SD)
Was Thorndike „satisfaction“ nennt = Triebbefriedigung.
2. Motivation: „Anreiz“ (K)
= Reduktion von Spannungszustand, der verantwortlich für die Aktivität der Katze ist;
diese hört bei Befriedigung auf.
Wenn ich der Katze in der Box Futter hinlege und gleichzeitig einen Kater präsentiere,
hat die Katze die Auswahl, was sie wählt verschiedene Reaktionsstärken.
Wie das Tier reagiert ist abhängig von:
• Wie ist die Trieblage des Tieres?
• Lerngeschichte – in welcher Situation war das Tier schon vorher?
Habit – Stärke (mathematische Abbildung:)
Wenn Beschäftigungen in gleichmäßigen Abständen einander folgen, wächst – unter
sonst gleichen Bedingungen – das Gewicht H als beschleunigte Funktion der Zahl von
Wiederholungen, und zwar nach der Gleichung
H = 1-10-0,0305N
Welche Faktoren beeinflussen das Verhalten des Tieres?
1. Trieb D
2. Anreiz K
3. Habit-Stärke H
4. Reaktionspotentiale E
E=H·D·I·K
= Determinanten des Verhaltens (ob man reagiert oder nicht)
I = Stärke des Auslöserreizes
Die Determinanten bestärken sich gegenseitig.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO07 am 10.01.2007
Zur Psychologie des Lernens III
Verstärkerpläne; Konditionierung vegetativer Funktionen;
kognitiver Behaviorismus
Radikaler Behaviorismus
Burrhus Frederik Skinner (1904-1990)
…betrieb rein auf Beobachtung gestützte Psychologie.
Theorie:
„Skinner Box“: einfachste Form: Schachtel, in dem ein Hebel ist.
in die Box kommt ein Vt (=Versuchstier) (hier: Ratte) das Verhalten des Tieres in
der Box wird beobachtet: das Vt führt verschiedene Verhaltensweisen aus hin und
wieder betätigt es durch Zufall den Hebel: beobachtet wird die Verhaltenshäufigkeit,
wie oft der Hebel betätigt wird; die Auftrittswahrscheinlichkeit (in einem bestimmten
Zeitraum) wird registriert: Basisrate.
Nach Bestimmung der Basisrate beginnt der Lernvorgang: jedes Hebeldrücken wird
mit Futter belohnt die Verhaltenshäufigkeit steigt erst stark an bis zu einem
gewissen Punkt ein Plateau wird erreicht – die Verhaltenshäufigkeit bleibt in etwa
gleich.
Stoppt man die Futterzufuhr (Extinktionsphase), sinkt die Häufigkeit des
Hebeldrückens wieder ab und pendelt sich wieder auf die Basisrate ein.
Re
ak
ti
on
s
st
är
ke
Plateau
Basisrate Konditionierung mit S+
Extinktion
Zeit
= „Operante Konditionierung“
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO07 am 10.01.2007
Nach Skinner gibt es 2 Typen von Verhalten:
• Reflexe: Verhalten abhängig von der Auslösersituation
• Operanten: nicht an Auslöserreiz gebunden
„Operanten“ sind Verhaltensweisen, deren Auftreten an keine Auslöserreize
gebunden sind.
Das Verhalten der Vt in der Skinner Box sind Operanten.
2 Arten der Konditionierung nach Skinner
• Konditionierung vom Typ S (Stimulus) (=klassische Konditionierung nach
Pawlow)
• Konditionierung vom Typ R (Reaktion) (=operante Konditionierung nach
Skinner)
Reize Verhalten
Reize:
• Positive Verstärkung: ein positiver Reiz, der auf ein Verhalten folgt, erhöht die
Auftrittswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens.
• Negative Verstärkung: (aversiver oder Strafreiz) die Auftrittswahrscheinlichkeit
eines Verhaltens steigt, wenn auf dieses Verhalten… (siehe Folien)
Bestrafung vom Typ 1 („positive Bestrafung“): ein aversiver Reiz, der
auf ein bestimmtes Verhalten folgt, senkt die Auftrittswahrscheinlichkeit
dieses Verhaltens.
Bestrafung vom Typ 2 („negative Bestrafung“): der Entzug eines
positiven Reizes, der auf ein Verhalten folgt, … (siehe Folien)
einblenden
ausblenden
S+
SWie kann man diese Beobachtung an Tieren auf Menschen umlegen?
Verbales Konditionieren
Durch Zustimmung („mhm“ oder Nicken, Lächeln, …) genügt, um das Gespräch in
eine bestimmte Richtung zu lenken.
Bsp.: Man verstärkt durch Lächeln nur die Sätze, in denen „ich“ vorkommt „ich“ wird öfter benutzt (meist ohne, dass es der jenige mitbekommt) bis zu einem
Plateau (siehe Kurve). Extinktionsphase: man verstärkt „ich“ nicht mehr Häufigkeit
der Sätze mit „ich“ nimmt wieder ab bis auf die Basisrate.
Reiz- Generalisation und Deskription
Erklärung anhand Experimenten:
Generalisation: Taube pickt auf eine Scheibe. Lernphase: die Scheibe leuchtet
zwischendurch auf in grün-gelb. Wenn die Scheibe in grün-gelb leuchtet und die
Taube pickt drauf Futter (nur, wenn die Scheibe leuchtet). Nach öfterem
Wiederholen wird die Scheibe in verschiedenen Farben beleuchtet. Die Taube pickt
bei jeder Farbe, jedoch öfter, je ähnlicher die Farbe dem grün-gelb ist.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO07 am 10.01.2007
Deskrimination: In der Lernphase erleuchtet die Scheibe in verschiedenen Farben. Die
Taube bekommt Futter, wenn die Scheibe grün-gelb leuchtet. Die Taube „lernt“, dass
sie nur picken soll/muss, wen die Scheibe grün-gelb leuchtet oder in der sehr ähnlichen
Farben.
Die Scheibe wurde zu einem diskrimitativen Reiz SD. (Verhalten nur bei grün-gelb)
4 Klassen von Reizen:
• Positiver Reiz (S+): wenn er auf ein bestimmtes Verhalten folgt Verhaltenshäufigkeit nimmt zu.
• Negativer Reiz (S-): wenn er auf ein Verhalten folgt Verhaltenshäufigkeit
nimmt ab.
• Neutraler Reiz (S0): kein Einfluss auf Verhaltensweisen
• Diskriminativer Reiz (SD)
Primäre – sekundäre Verstärker
Primäre Verstärker: positive Verstärker – vor jeder Lernerfahrung (jene, die
physiologische Bedürfnisse befriedigen)
sekundäre Verstärker: ursprünglich neutrale Reize, die durch Lernprozesse ihre
Verstärkerfunktion bekamen. (z.B. verbale Zuwendung = sekundärer
Verstärker)
der sekundäre Verstärker erhält seine Verstärkerfunktion durch Klassische
Konditionierung vom Typ S.
token economies
Z.B. Patient soll Pillen nehmen, wenn er menschliche Bedürfnisse verrichtet, dafür
bekommt er jedes mal einen Gutschein/eine Münze oder ähnliches = sekundärer
Verstärker Geld ist ein sekundärer Verstärker.
Verhalten/Aktivität das/die gerne ausgeführt wird hat eine hohe
Auftrittswahrscheinlichkeit. Dieses Verhalten kann als Verstärker für ein Verhalten
geringerer Auftrittswahrscheinlichkeit eingesetzt werden. Z.B. Belohnung nach
einem harten Arbeitstag.
= Premack-Prinzip
Reicht es aus, wenn nicht jede Verhaltensweise verstärkt wird? (Tier: nicht jedes
Hebeldrücken)
Verstärkerpläne:
• kontinuierlicher Verstärkerplan (jedes Verhalten wird verstärkt)
• intermittierender Verstärkerplan (nicht jedes Verhalten wird verstärkt)
Quotenplan – jedes z.B. 2. Verhalten wird verstärkt
Intervallplan – nach einem bestimmten Zeitintervall wird verstärkt (z.B.
alle 2 min)
Zu Quotenplan:
o fester Plan – z.B. jedes 5. Verhalten wird verstärkt
o variabler Plan – z.B. nur ca. jedes 5. Verhalten wird verstärkt (im
Durchschnitt) (jedes 3., 7., 11., … mal wird verstärkt)
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO07 am 10.01.2007
Lerngeschwindigkeit und Extinktionsresistenz bei kontinuierlicher und
intermittierender Verstärkung
Intermittierende Verstärkung
Extinktionsresistenz
Vergleich der Wirkung intermittierender Verstärker:
• Quotenpläne: höhere Verhaltenshäufigkeit
• variable Pläne: relativ stabile Verteilung der Verhaltenshäufigkeit (feste Pläne:
zyklische Phänomene: Lorbeer-Effekt)
• variable Pläne: langsamere Lerngeschwindigkeit, höhere Löschungsresistenz.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO08 am 17.01.2007
Zur Psychologie des Lernens III
Konditionierung vegetativer Funktionen
Generalisierbarkeit von Lerngesetzen
Kognitiver Behaviorismus
Klassische Konditionierung vegetativer Funktionen
Anwendung: klinischer Zusammenhang
Klassische Konditionierung: alles kann konditioniert werden.
Bsp.: Blutzuckerspiegel – Insulin senkt den Blutzucker
Insulin: konditionierter Reiz
Desinfektion mir Mentholgeruch: neutraler Reiz
Führt der Mentholgeruch alleine zu Blutzuckersenkung? JA!
Der Blutzucker sinkt auch bei der Injektion alleine (ohne Insulin)
Auch das Immunsystem kann klassisch konditioniert werden.
Operante Konditionierung vegetativer Funktionen
Neil E. Miller
• Miller und DiCara (1967)
Konditionierung der Herzschlagfrequenz bei Ratten
Bei der Ratte wird jede Erhöhung der Herzschlagfrequenz wird verstärkt Herz schlägt dann auch öfter.
• Miller (1969)
Durchblutung der Ohren: Die Ratte bekommt Futter (Verstärkung), wenn 1
Ohr stärker durchblutet wird das Ohr wird weiter stärker durchblutet 1
Ohr bleibt weiß, das Andere wird rot.
Biofeedback – auf dem Prinzip der operanten Konditionierung
Hier werden Veränderungen von Zustandsgrößen biologischer Vorgänge, die der
unmittelbaren Sinneswahrnehmung nicht zugänglich sind, mit technischen Hilfsmitteln
beobachtbar gemacht – dem eigenen Bewusstsein wahrnehmbar gemacht (durch Töne
oder Visualisierungen).
z.B. Muskelverspannungen können gut kontrolliert werden.
Rehabilitation von Schlaganfallspatienten Lähmungserscheinungen werden
behandelt.
Eine Verbesserung von Herz-Kreislauf Krankheiten mittels Biofeedback ist
allerdings nicht gelungen.
Klassische Konditionierung – Pawlow (Hund)
„Puzzle – box“ – Thorndike (Katze)
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO08 am 17.01.2007
Skinner – box
Experiment: Katze in der Skinner-box. Wenn das Licht in der Box leuchtet und die
Katze den Hebel drückt, wird wie belohnt.
• Ist dieses Verhalten auf andere Tierarten und auf Menschen übertragbar
(gneralisierbar)?
• Warum wird nicht im natürlichen Lebensraum getestet? Wegen der Wegnahme
von Komplexität.
2 Probleme: - Laborsituation nicht „echt“ – somit leicht übertragbar auf andere
Situationen.
- Behaviorist: Gerade weil es nicht natürlich ist (nicht art-typisch),
kann es auf andere Arten übertragbar sein.
Generalisierbarkeit der Lerngesetze
… nicht nur durch Glauben und Meinen sondern ist auch Sache der Empirie erforsch- und beweisbar.
Können die in den einfachen Versuchsanordnungen der Klassischen und Operanten
Konditionierung demonstrierten Gesetzmäßigkeiten Allgemeingültigkeit erlangen?
Martin P. E. Seligman (1970): biologische Dispositionen beeinflussen den Aufbau von
Verknüpfungen zwischen Verhalten und Reizsituationen wesentlich.
es kann nicht beliebig zwischen Reiz und Reaktion verknüpft werden.
Experimente zum Beweis:
Biologische Beschränkungen
Bsp.: Geschmacksaversion im Kontext klassischer Konditionierung
Experiment von Garcia und Koelling (1966)
Vt: Ratten
3 Reize:
o Gesüßtes Wasser
o Lärmbeschallung (akustisch)
o Lichtblitze (optisch)
Ratten wird mit Sacharin gesüßtes Wasser zu trinken gegeben und werden dabei mir
Röntgenstrahlen bestrahlt den Ratten wird übel.
Neutrale Reize: Lärm, Lichtblitze, Wasser den Ratten wird nicht übel.
Unkonditionierter Stimulus: Röntgenstrahlen
Testphase: haben die Ratten eine Aversion gegen neutrale Reize entwickelt? nur
gegen das Wasser
2.Teil: beim Trinken des Wassers werden die Ratten durch Elektroschocks gestört Aversion gegen Lichtblitze und Lärm, trinken aber das Wasser.
dieses Experiment soll zeigen, dass die biologische Disposition der klassichen
Konditionierung Grenzen setzt!
Vt bekommt gesalzenes, blau eingefärbtes Wasser.
+ das Wasser ist zusätzlich vergiftet, soviel, dass den Vt „nur“ schlecht wird.
Ratten meiden das gesalzene Wasser
Wachteln/Tauben entwickeln eine Aversion gegen die Farbe blau.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO08 am 17.01.2007
Welche Reize können mit welchen Reaktionen verbunden werden? biologische
Disposition
Biologische Beschränkungen (operante Konditionierung)
Bsp.: aktives Vermeidungslernen
Skinner Box: Der Boden wird unter Strom gesetzt. Durch Hebeldrücken ist der
Schmerzreiz (Strom) zu Ende. Doch relativ wenige Ratten drücken den Hebel, denn
bei Ratten ist die natürliche Reaktion auf aversive Reize Fluchtverhalten.
Kognitiver Behaviorismus
Edward Chase Tolman (1886 – 1959)
“Vorläufer” der kognitiven Wende
studierte Elektro-Chemie, erst nachher Psychologie (in Harvard)
War häufig auch in Wien, unterrichtete 1 Jahr am psychologischen Institut (1933/34).
Tolman engagierte sich dafür, dass aus Österreich emigrierte Wissenschaftler auf
amerikanischen Universitäten Stellen bekamen.
Tolman wählte für seine Psychologie paradoxe Begriffe: kognitiver Behaviorismus.
Egon Brunswik (1903-1955) emigrierte nach Amerika
molekulare – molare Aspekte des Verhaltens
molekular: Abfolge von Muskelzuckungen
molar: „ganzheitliche“ Betrachtungsweise; Tolman: mehr als Folge von
Muskelzuckungen. Verhalten ist immer zielgerichtet
zielgerichtet: Verhaltens- und Beobachtungsbegriff
Beobachtung: z.B. Ratte in Labyrinth Hinstreben zum Ausgang (zum Futter) =
beobachtbar.
Innere Vorgänge sind nicht direkt beobachtbar, nicht erklärbar.
„purposive behavior in animals and men“ (1932)
Experiment Labyrinth:
Ziel
Sperre B
Einweggatter
Weg 1
Sperre A
Weg 3
Weg 2
Start
Vortraining: Wenn Sperre A aktiviert wird –
Durch selektive Verstärkung
In 90% der Fälle nimmt die Ratte den Weg 2, in 10% nimmt sie Weg 3
Wenn keine Verstärkung gegeben wird, wenn die Ratte den Weg 2 nimmt, sondern
nur, wenn sie den Weg 3 nimmt Futter bekommt, benutzt sie den Weg 3 öfter. Wenn
beide Wege wieder verstärkt werden, nimmt die Ratte den Weg 2 wieder zu 90%.
Testphase: Aktivierung der Sperre B
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO08 am 17.01.2007
Das Vt nimmt den Weg A bis zur Sperre B die Ratte wird zurück an den Start
gesetzt. Was tut die Ratte jetzt? Sofort beim nächsten Versuch wählen 73% der Ratten
den Weg 3.
Dieses Verhalten ist nur durch kognitive Abläufe erklärbar, da sich etwas im Kopf
verändert haben muss (beim Vortraining), sonst würde die Ratte nicht sofort den Weg
3 wählen, wenn die Sperre B aktiviert wird.
Im Vortraining hatte sich die Ratte eine Kognitive Landkarte (kognitive map)
angeeignet.
Tolman geht davon aus, dass Ratten lernen Zeichen zu erkennen. Die Ratte bildet
Hypothesen und testet sie auch im Verhalten. Zwischen Zeichen und Bezeichneten
(Ziel) besteht ein Zusammenhang.
Versuchstiere lernen keine Reiz-Reaktions-Verknüpfungen, sondern Beziehungen
zwischen Zeichen (signs)
Zeichen-Gestalt (sign-gestalt)
Wir können das in Beziehungstellen von Zeichen nicht direkt beobachten. Lernen
manifestiert sich nicht unmittelbar ins Verhalten.
Latentes Lernen: Lernprozess, der sich zum Zeitpunkt seines Ablaufes nicht im
Verhalten manifestiert.
Kompetenz – Performanz
Kompetenz: durch latentes Lernen
Performanz: nur durch die Umsetzung der Kompetenz (des Gelernten) kann beobachtet
werden!
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO09 am 24.01.2007
Zur Psychologie des Lernens IV
Kognitiver Behaviorismus
Beobachtungslernen
Lernen durch Einsicht
Wiederholung:
Edward Chase Tolman
„Kognitiver Behaviorismus“
“Purposive behaviour in animals and men“ (1932)
„Ortslernen”: Lernen vom Verhalten des Vt im Labyrinth.
Im Vortraining lernt die Ratte alle Wege im Labyrinth kennen. Wenn keine Sperre
aktiv ist, nimmt die Ratte den kürzesten Weg (Weg 1). Wenn die Sperre A aktiv ist
nimmt die Ratte in 90% der Fälle den nächst kürzeren Weg (Weg 2).
Wie macht das die Ratte?
Die Ratte bildet sich im Vortraining eine Kognitive Landkarte (cognitive map).
Versuchstiere lernen keine Reiz-Reaktions-Verknüpfungen (wie beim Behaviorismus),
sondern Beziehungen zwischen „Zeichen“ (signs).
Das Lernen von Beziehungen zwischen Zeichen (innere Vorgänge) ist nicht direkt
beobachtbar, weil - Latentes Lernen: Lernprozess, der sich zum Zeitpunkt seines
Ablaufes nicht im Verhalten manifestiert.
Wahrnehmungsgegebenheiten im Labyrinth (Zeichen) sollen das Vt zum Bezeichneten
(Futter) führen.
Kompetenz – Performanz
Erwerb von Kompetenz (latentes Lernen).
Performanz: Umsetzung der Kompetenz im Verhalten.
„Lernen“ als Erwerb von Kompetenz (Tolman)
vs.
„Lernen“ als Änderung der Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens (Skinner)
Umsetzung von Kompetenz (Erlerntes) Konkretes Verhalten hängt ab von:
• Trieb (wie bei Hull)
• Erwartungen über die Konsequenzen von Verhaltensweisen
• Wert des Zielobjekts (bewerten)
Diese Theorie war schon in den 30er Jahren formuliert! Der Weg zur kognitiven
Wende war damit geebnet.
Beobachtungslernen (Lernen am Modell)
Einleitung:
Skinner: operantes Konditionieren
In der Skinner-box: Ratte und Hebel. Das Spontanverhalten der Ratte wird beobachtet
– Taste drücken mit beinhaltet (=Basisrate).
Skinner geht davon aus, dass das Vt das Verhalten schon kann; Lernen ist also eine
Änderung einer schon bestehenden Verhaltensweise.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO09 am 24.01.2007
Wie entstehen neue Verhaltensweisen?
Skinner: Entstehung neuer Verhaltensweisen durch: 2 Prinzipien:
• Shaping: Lernprozess in kleinen Schritten: positive Verstärkung von
Änderungen in Richtung neuer Verhaltensweisen.
• Chaining: Verketten von elementaren Verhaltensweisen.
Skinner hat eine umständliche Erklärungsweise für die Entstehung neuen Verhaltens.
Durchschnittliche Anzahl von
Nachahmungsaggressionen
Albert Bandura (geb. 1925)
Erstmals Experimente mit Menschen!
Experiment: Kinder zwischen 4 und 5 Jahren sehen alleine einen Film an: (siehe
Folien) Eine Frau traktiert eine Puppe (‚Modellperson’) und beschimpft die Puppe
auch mit Neologismen (neu erfundenen Wörtern - Wortneuschöpfungen).
Kinder aufgeteilt in: 2VG, 1KG
VG 1: Ende des Filmes: Ein erwachsener Mann kommt ins Zimmer (im film) und lobt
und belohnt die Frau für ihr Verhalten.
VG 2: Ende des Filmes: Ein Mann kommt ins Zimmer, beschimpft die Frau und
schlägt ihr mit der Zeitung auf den Kopf.
KG: Film ohne Ende.
Testphase: die Vpn werden im Anschluss in einen Raum geführt, in dem Spielsachen
liegen unter anderem eine Puppe wie im Film und ein Holzhammer und andere Dinge
die im Film benutz wurden. Spontanverhalten: die Kinder beginnen zu spielen.
Ahmen die Kinder das Verhalten vom Film nach?
Ja! Alle Kinder ahmen es nach. Sie beschimpfen die Puppe auch, sogar mit den
Neologismen, die im Film benutzt wurden. Der einzige Unterschied liegt im Ausmaß
der Nachahmung.
ohne zusätzlichen Anreiz
mit zusätzlichen Anreiz
Vorbild
Vorbild
keine
belohnt
bestraft
Konsequenzen
Versuchsbedingungen
KG + VG1 reagieren stark, VG2 weniger stark.
2. Phase: Die Kinder werden aufgefordert, so zu handeln wie im Film und bekommen
eine Belohnung versprochen (Süßigkeiten).
Bei VG2 (Bestrafung) ist kein unterschied mehr zu den anderen Gruppen.
Spontanverhalten sagt also nicht direkt etwas über das Gelernte/Lernen aus.
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO09 am 24.01.2007
„Lernen“: Speicherung des an einem Modell beobachteten Verhaltens im
Langzeitgedächtnis. = rein kognitiver Vorgang – nicht beobachtbar (anders als
Behaviorist)
Welche Faktoren beeinflussen die Speicherung im LZG?
o Aufmerksamkeit
o Bilder oder Sprache?
o Art der Kodierung …
Die kognitive Psychologie akzeptiert innere Vorgänge. (Das Erklären von Lernen ist
einfacher.)
Reicht beobachten zum Lernen aus?
„Lernen“ eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Ausführung
einer Verhaltensweise (Nachahmung).
Wovon hängt Nachahmungsverhalten ab?
1) Lernen
2) motivationale Faktoren = Verstärkungserwartung: erwartete Konsequenzen
Verhalten ist konsequenzabhängig.
Modell des Beobachtungslernens nach Bandura
Siehe Folie (nur zum Verständnis, kein Prüfungsstoff)
Europa:
Gestaltpsychologie – Lernen durch Einsicht
Psychologie des Denkens
Wolfgang Köhler (1887-1967)
Köhlers Karriere begann in Teneriffa. Er war 7 Jahre in der dortigen
Anthropoidenstation und führte Experimente an Schimpansen durch.
Seine theoretischen Überlegungen (wie Thorndike):
Ein Tier sitzt in der Puzzlebox, die hinten offen ist. Auf der Vorderseite
außerhalb des Käfigs liegt eine Belohnung. Köhler beobachtet das
Abb. a
Verhalten des Tieres. Sein Hund schaffte es auf direktem Weg. (siehe
Abb. a). Auch seine Tochter ging auf direktem Weg zur Puppe.
Abb. b stellt den Lösungsversuch eines Hühnerkükens. Das Küken
„verirrte“ sich durch Zufall aus dem Käfig und gelangt zum Futter.
Abb. b
Köhler meinte deswegen: Das Lernprinzip von Thorndike ist wichtig, aber höher
organisierte Lebewesen reagieren anders als einfache Lebewesen; sie lösen die
Probleme nicht durch Zufall. Lernen durch Einsicht
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Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007
VO09 am 24.01.2007
Schimpansenversuche: (siehe auch Bilder)
Der Schimpanse ist im Gehege, der Zielgegenstand (eine Banane) hängt an der Decke.
Der Schimpanse kann sie nicht durch springen erreichen. Es gibt aber Hilfsmittel
(Köhler nannte sie „Werkzeuge“) = Kisten im Gehege. Können die Schimpansen
die Kisten stapeln um die Banane zu erreichen? Ja! Sie stellen die Kisten übereinander,
aber nicht sehr stabil. Wichtig: Sie lösten die Probleme allein: das Kistenstapeln hat
ihnen keiner gezeigt! (Die Tiere beobachten sich aber gegenseitig.)
Weitere Experimente: Ein Schimpanse sitzt im Käfig. Außerhalb des Käfigs liegt eine
Banane, soweit weg, dass der Affe sie mit den Hilfsmitteln = Stöcke, nicht erreichen
kann. Der Affe hat verschieden dicke Stöcke zur Verfügung, die ineinander gesteckt
werden können und somit eine Verlängerung möglich wäre.
Der Affe versucht mit einem Stock an die Banane ran zu kommen, es gelingt ihm aber
nicht. Er ärgert sich und wendet sich von der Banane ab, spiel aber mit den Stöcken.
Jedoch schaut er im Spiel immer wieder zur Banane (ständiger Kontakt zw. Stöcken
und Zielobjekt. Im Spiel gelang es dem Schimpansen 2 Stöcke ineinander zu stecken
(durch Zufall). Plötzlich springt er auf und holt sich mit dem verlängerten Stock die
Banane.
Lernen durch Einsicht.
Er hat laut Köhler eine schlechte Gestalt in eine gute Gestalt übergeführt.
Vorhandenes umgestalten in eine gute Gestalt.
Ohne probieren stürmte der Affe hin und holte sich die Banane Einsicht. Er hat
beim Anblick des längeren Stockes verstanden (eingesehen), dass er damit sein Futter
erreicht.
Ich wünsche allen viel Erfolg bei der Prüfung und natürlich viel Spaß beim Lernen ☺ !
Liebe Grüße
Isabella
([email protected])
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