Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO01 am 11.10.2006 „Psychologie“ erschien im Titel eines Buches erstmals 1840 von Friederich August Rauch (1806-1840) verwendet. Aristoteles (384-322) v.u.Z.: „Über die Seele“ Wilhelm Wundt (1832-1920) Wilhelm Wundt gründete das erste experimental – psychologische Laboratorium der Welt an der Universität Leipzig (1879). Wundt war ausgebildeter Mediziner (Physiologe – Abschluss 1857), er wurde 1857 an der Universität Heidelberg habilitiert (berechtigt LVs abzuhalten). Ab 1858 war er Assistent von Hermann von Helmholtz (!) (1821-1894) und arbeitete bei Helmholtz bis 1864 im Labor. Wundt hielt viele Vorlesungen: Experimentelle Physiologie, mikroskopische Anatomie, Ethnographie, uvm. Unter anderem auch „Psychologie vom Naturwissenschaftlichen Standpunkt“. Ab 1864 war Wundt Dozent und schrieb mehrere Lehrbücher für Mediziner. Er bekam eine Fixanstellung auf der Uni Heidelberg. 1874 wurde Wundt für einen Lehrstuhl der (induktiven) Philosophie (!) auf die Uni Zürich berufen. 1875 wurde er für einen Lehrstuhl für Philosophie auf die Uni Leipzig berufen. (Die Uni Leipzig war eine der größten und wichtigsten Unis im deutschsprachigen Raum.) Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Philosophie noch eines der wichtigsten Bereiche auf der Universität. Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835): Gründung der Humboldt – Universität. Die Humboldt – Uni „sorgte“ dafür, dass die Sprache Deutsch eine wichtige wissenschaftliche Sprache wurde. Die Philosophie wurde zu der Zeit als „Königin der Wissenschaft“ bezeichnet. Geschichtsforscher beschäftigen sich damit, die Dinge (Vergangenheit) darzustellen wie sie wirklich war. Die Philosophen beschäftigen sich mit • dem Sinn der Geschichte, mit der sinnvollen Ordnung der Welt,… • „Naturphilosophie“: Welche Bedeutung hat Ordnung in der Natur? ... Die Philosophie gerät in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in eine „Identitätskrise“. (Systematische begriffliche Durchdringung der Wirklichkeit) Max Weber (1864 – 1920) sagte dazu: „Entzauberung der Welt“ durch die moderne Wissenschaft. Identitätskrise: Wozu Philosophie? Philosophie hat doch nichts zu tun mit Wissenschaftlichkeit? Die Philosophen haben eine Berechtigung gesucht, dass Philosophie noch weiter an den Universitäten unterrichtet werden darf (wissenschaftliche Rechtfertigung!). 1 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO01 am 11.10.2006 Lösungswege: • Die Philosophie bindet die Geschichtswissenschaft (der Philosophie) mit ein. • Es müssen andere Bereiche in der/für die Philosophie gefunden werden, in der naturwissenschaftliche Forschung betrieben werden kann: Logik/Erkenntnistheorie Probleme der Erkenntnistheorie: in wahrnehmungs- bzw. denkpsychologische Fragestellungen umdeuten. Wie exakt kann Wahrnehmung ‚dargestellt’ werden? usw. Psychologie ist also zuerst nichts anderes als naturwissenschaftliche Erforschung in der Philosophie. Physiologische Methoden wurden gebraucht um Philosophie wissenschaftlich zu erforschen. Wundt als Vorbild: „Grundzüge der physiologischen Psychologie“: Erstes Lehrbuch für Psychologie (von Wilhelm Wundt). Johannes Müller (1801-1858): Ursprung der Bedeutung der modernen Biologie (=moderne Physiologie) Müller war eine „Übergangsfigur“; er hatte schon viel modernes Wissen „aufgeschnappt“, er betrieb empirische Forschung, aber philosophierte trotzdem. Müller war Vitalist Vitalismus: Was unterscheidet organische von anorganischer (/lebender von toter Materie) Lebenskraft? Lebenskraft = Seele (»Seelenbegriff aus der Biologie«) Müllers Schüler waren Anti-Vitalisten: • Emil Du Bois – Reymond (1818 – 1896) • Ernst Brüche (1819 – 1892) (war Lehrer von Freud) • Hermann Helmholtz • Carl Ludwig (war kein Schüler von Müller) „… die Wahrheit geltend zu machen, dass in Organismen keine anderen Kräfte wirksam sind, als die gemeinen physikalisch-chemischen“ organische Physik (heute Biologie) neue Art des naturwissenschaftlichen Denkens (z.B. Helmholtz: maß das erste mal elektrische Ströme im Körper) Müller: „Nemo psychologus nisi physiologus!“ („Nur die Physiologie kann die Psychologie betreiben“) Hermann Helmholtz: Physiologische Optik (wie sehen funktioniert): Helmholtz beschrieb die Funktion des Auges. „Funktionsweise des Nervenapparats im Auge“ Er meinte: Man kann nur physiologisch beschreiben wie sehen funktioniert, aber die Physiologie kann nicht alles beschrieben dazu ist eine andere Wissenschaft notwendig: „experimentelle Psychologie“. Psychologie wird „abgestoßen“ von der Physiologie; später auch von der Philosophie (angebliche „Emanzipation“ der Psychologie). Psychologismus („Fehler, der in der Philosophie begangen wurde“) - „führungswissenschaftlicher“ - „reduktionistischer“ (logische Probleme bearbeiten) 2 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO01 am 11.10.2006 Die Philosophie stieß die Psychologie ab: Reine Philosophen (die sich gegen die wissenschaftliche Forschung stellten) griffen zurück auf: „Kritik der reinen Vernunft“ (1781) von Immanuel Kant. Sie meinten, die Philosophie hätte selbst genug zu bieten. Das Studienfach Psychologie gibt es erst seit 1941 (seit dem Nationalsozialismus): „Diplomprüfungsordnung für Psychologie“ 3 Allgemeine Psychologie III WS06/07 VO02 am 08.11.2006 Wie ist Psychologie als Wissenschaft möglich? Wie erlebt eine andere Person die Welt? Erleben andere Personen die Welt so wie ich? Das Erleben selbst ist nur dem Erlebenden selbst zugänglich. Fremderleben kann man nur vermuten. Zimbardo und Gerrig: „Gegenstand der Psychologie sind Verhalten, Erleben und Bewusstsein der Menschen, deren Entwicklung über die Lebensspanne und deren innere (im Individuum angesiedelte) und äußere (in der Umwelt lokalisierte) Bedingungen und Ursachen.“ Wissenschaftliches Wissen = „öffentliches Wissen“ Wissen ist erst dann wissenschaftlich, wenn es an andere kommuniziert und für diese überprüfbar ist. Privates Wissen kann also nicht wissenschaftlich sein. Wie ist öffentliches Wissen über privates Erleben möglich? Forschungssubjekt und –objekt sind eine Person; nur der Erlebende kann sein Erleben erforschen. Das beobachtende Subjekt fällt mit dem zu beobachtenden Objekt zusammen. Erleben ist „in der inneren Wahrnehmung gegeben“ – „Beobachtung des in der inneren Wahrnehmung Gegebenen“: Introspektion oder Selbstbeobachtung z.B.: man fährt mit dem Auto und ärgert sich über jemanden: Gefühl Ärger beobachten wie er entsteht: Selbstbeobachtung. Ist die Selbstbeobachtung eine wissenschaftliche Beobachtung? (So wie z.B. Naturbeobachtung?) Psychologie als Wissenschaft vom Erleben, Beobachtung Selbstbeobachtung: Im 18. Jhdt.: • Immanuel Kant (1724 – 1804) (Buch: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft (1786)) Kritik an der Introspektion: „… und selbst die Beobachtungen an sich schon den Zustand des beobachteten Gegenstandes alterieret und verstellt.“ Wenn wir unseren Ärger beobachten, kann er schnell wieder vergehen: ExtremBsp. Autofahren: Ich ärgere mich, greife zur Schrotflinte und schieße. ABER: Wenn ich meinen Ärger beobachte: Ärger vergeht -> Ich reagiere ruhiger. „Denn wer den Zorn, der in ihm glüht, beobachten wollte, bei dem wäre er offenbar bereits gekühlt, und der Gegenstand der Beobachtung Verschwunden.“ • Wilhelm Wundt zu Introspektion: Teilte die Meinung von Kant:. „Externalisierung“ psychischer Vorgänge im Experiment. Der Zeitliche Verlauf ist dabei entscheidend Experiment: 1. Teil: Vpn hört einen Ton Vpn soll reagieren wie schnell reagiert sie? 2. Teil: 2 akustische Reize Vpn soll nur bei einem der beiden Töne drücken Reaktion verlangsamt sich. Beweis: Wegen „Unterscheidungsakt“ ist ein psychischer Vorgang notwendig. Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS06/07 VO02 am 08.11.2006 3. Teil: zu den 2 verschieden Tönen kommen 2 unterschiedliche Reaktionen hinzu: Bei einem Reiz soll die Vpn mit der rechten Hand drücken, beim zweiten Ton mit der linken Hand. Reaktionszeit verlangsamt sich wieder. Externalisierung: „zeitlicher Ablauf, den die psychische Verarbeitung in Anspruch nimmt. Wundt spricht also nicht wie Kant von Introspektion sondern von Willensvorgängen, Unterscheidungsakten: Beweis: Es muss etwas in der Psyche abgelaufen sein wegen der zeitlichen Beanspruchung. Wundt gilt als Begründer der Psychologie – seine Schüler vertraten aber eine andere Psychologie. Psychisches und Physisches laufen parallel ab Zugang zu hirnphysiologischen Aktivitäten um psychologische Aktivitäten festzustellen. Psychisches wird über seine Beziehungen zu physischen Vorgängen erfasst. • Erleben aus dem Gedächtnis reproduzieren: Retrospektion: Erleben aus dem Gedächtnis/ der Erinnerung beschreiben, ABER: Verzerrungen der Erinnerung. Retrospektion von Franz Brentano formuliert. (Buch: Psychologie vom empirischen Standpunkte (1874) –Begründung der phänomenologischen Psychologie) Oswald Külpe (1862 – 1945) griff Retrospektion auf und erforschte sie an Experimenten. „Würzburger Schule“ ! Narziss Ach (1871-1946) ! Karl Bühler (1879-1963) -> Begründer des psychologischen Instituts in Wien Ernst Dürr (1878-1913) Karl Marbe (1869-1943) August Messer (1867-1943) !Otto Selz (1881-1943) -> zur Psychologie des Denkens Karl und Charlotte Bühler: Charlotte Bühler war die dritte Frau an der Wiener Uni, die unterrichten durfte; sie blieb nicht unauffällig als Frau (Wissenschaftlerin), wie es damals üblich/notwendig war: „Antifeminismus“. Methode der Würzburger Schule: rückschauende Selbstbeobachtung von unter experimentellen Bedingungen erzeugten psychischen Vorgängen. Experiment von Narziss Ach: Vpn mussten Paare von sinnlosen Silben lernen. 1. Teil: Erste Silbe wird gezeigt -> Vpn sollen mit der zweiten Silbe antworten. 2. Teil: Vpn sollen nicht mit der zweiten Silbe antworten sondern mit einer Reimsilbe (Reim auf erste Silbe) Vpn sollten rückwirkend sagen, wie sie sich fühlten. Vpn brauchten beim 2. Teil länger und haben sich öfter vertan. Experiment von Ernst Dürr: Denkaufgaben galten zu lösen – z.B. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS06/07 VO02 am 08.11.2006 Ist es richtig? Das Zukünftige ist ebenso eine Bedingung des Gegenwärtigen wie des Vergangenen. Nein. Die Vorstellung von der Zukunft kann die Gegenwart ändern, nicht die Zukunft selbst. Hier: Problem der sprachlichen Kommunizierbarkeit von inneren Erlebnissen. -------------Wissenschaftssprache für Psychologie war bis in die 30er Jahre Deutsch -> wurde mehr und mehr englisch -> der Nationalsozialismus beschleunigte dies. -------------Gestalttheoretische Schule Begründer: - Max Wertheimer (1980-1943) - Kurt Koffka (1886-1941) - Wolfgang Köhler (1887-1967) Psychologie war zu der Zeit im deutschsprachigen Raum noch nicht praktisch, nur theoretisch. Amerika: Psychologie-Entstehung und Universitäten-Gründungen fielen zusammen. Unis werden von politischen Repräsentanten geleitet -> Unis waren von wirtschaftlicher Bedeutung. Somit war in der Psychologie die Berufspraxis von Anfang an vorhanden. BEHAVIOURISMUS: Verhalten im Vordergrund, Erleben nicht wichtig. (radikale und originelle Lösung des Problems der Introspektion) Entwicklung der Psychologie in den USA: Das innere Erleben wird als Gegenstand fallengelassen; Psychologie wird als die Wissenschaft vom Verhalten von Organismen bestimmt. Beobachtung von psychischen Aktivitäten von dritten Personen. 1913: Gründung des Behaviourismus von John B. Watson (1878-1958) (Aufsatz: “Psychologie as the Behaviourist views it“ (1913)) Behaviourisms: • Psychologie als objektiver Zweig der Naturwissenschaft • Vorhersage und Kontrolle von Verhalten • Introspektion spielt keine Rolle • Verhalten wird nicht in Bewusstseinsbegriffen interpretiert Inneres Erleben ist für das Verhalten irrelevant(!), das Verhalten ist nur von Reizen bestimmt. • Menschliches trennt sich nicht vom tierischen Verhalten Verhalten ist nie (!!!) Ausdruck des Erlebens! Introspektionsproblem ist somit „gelöst“! Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS06/07 VO02 am 08.11.2006 Bis in die 50 – 60er Jahre dominiert der Behaviourismus kognitive Wende: Kognitive Psychologie: lehnt den „seelenlosen“ Behaviourismus ab. Seite 4 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO03 am 15.11.2006 Grundrichtungen der Psychologie „Geisteswissenschaftliche Psychologie“ Geschichte der Psychophysik Wiederholung: Psychologie als Wissenschaft vom inneren Erleben – Psychologie als Wissenschaft vom Verhalten Mitteleuropa – USA Behaviourismus: USA, Psychologie als Wissenschaft vom Verhalten Verhalten ist unabhängig vom inneren Erleben. -> Problem der Introspektion „gelöst“. Der Behaviourismus ist kein Fortschritt der Psychologie, sondern nur eine andere Richtung. Kognitive Wende: ist nicht die Rückkehr zum inneren Erleben, sondern es geht um Informationsverarbeitungsprozesse. (-> wieder Introspektionsproblem) Es hat nicht direkt mit dem inneren Erleben (Gefühl) zu tun, sondern mit kognitiver Verarbeitung. Dritte Richtung: GEISTESWISSENSCHAFTLICHE PSYCHOLOGIE Verstehende Psychologie deutschsprachig/ aus Deutschland Wilhelm Dilthey (1833-1911) Begründer der Geisteswissenschaftlichen Psychologie Begründungsschrift: „Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie“ (1894) -> Gründungsjahr der geisteswissenschftl. Psych. 3 Vertreter der geisteswissenschaftlichen Psychologie: • Eduard Spranger (1882-1963) • Karl Jaspers (1883-1969) • Theodor Erismann (1883-1961) Geisteswissenschaftliche Psychologie hat kein „Programm“, sondern ist eine Denkrichtung. Hier wird hauptsächlich qualitative Forschung betrieben. Heute spricht man von geisteswissenschaftlicher Psychologie als „Kulturpsychologie“. 3 Charakteristika der geisteswissenschaftlichen Psychologie: • Menschliche Lebensverhältnisse sind nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden zu erforschen. sondern mit geisteswissenschaftlichen Methoden; hermeneutischen Methoden • Einfluss der Kultur/Geschichte Kultur gibt individuellem Handeln erst den Sinn. Ist man interessiert daran, so muss man den kulturellen Kontext verstehen. Dieser ist bestimmt durch den „objektiven Geist“: Kulturelle Lebensäußerungen wie z.B. Sprache, Gemälde, Wirtschaft, Riten, Traditionen, Dichtungen,… Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO03 am 15.11.2006 • Methoden Introspektion: Ist keine wissenschaftliche Methode, da individuelles Erleben der Forschung nicht zugänglich ist. Aber es kann sich äußern: man kann auf das individuelle Erlaben rückschließen. Erlabensausdruck sind z.B. Tagebuch, Erzählungen, Handlungen, … Erleben – Ausdruck – Verstehen = methodische Basis der geisteswissenschaftlichen Psychologie. Wichtig dabei ist es, den Kontext zu beachten. Erleben, das durch Kultur geprägt ist kann nur verstanden werden, wenn der, der es verstehen will, auch demselben Kontext angehört. In biografischen Interviews, wo beispielsweise gefragt wird „Wie ist dein Leben abgelaufen?“ dienen Erzählungen dazu Hinweise zu finden um die Lebenswelt der Person zu interpretieren bzw. zu deuten. Diese Methoden heißen: Hermeneutik: Methode des Verstehens symbolisch artikulierter Bedeutungen. Dies kann Schriften, Gebäude, Dichtungen, Gesprochenes, Bilder,… betreffen. Die Methode beruht auf dem „hermeneutischen Zirkel“: Einzelnes kann nur in seiner Beziehung zum Ganzen, das Ganze aber wiederum nur über die Auslegung des Einzelnen verstanden werden. Um das Ganze zu verstehen, muss man also die Einzelheiten kennen. Ein Beispiel für den hermeneutischen Zirkel wäre das Lesen eines Buches. Ein Buch ist in Kapitel (= Teile) gegliedert und die Bedeutung des gesamten Buches kann erst durch die Interpretation aller Teile verstanden werden. Einzelnes kann nur in seiner Beziehung zum Ganzen, das Ganze aber wiederum nur über die Auslegung des Einzelnen verstanden werden. Wird jetzt beispielsweise ein Buch wieder gelesen, so werden die Kapitel neu verstanden weil man anders an sie herangeht. Das Verständnis des Objektes verändert das Subjekt. Durch den Rückblick vom Subjekt auf das Objekt wird das Subjekt durch das bereicherte Verständnis verändert usw. Gemeinsamkeiten der psychologischen Grundrichtungen: Damit beschäftigte sich Karl Bühler: „Die Krise der Psychologie“ „So viele Psychologien nebeneinander wie heute, so viele Ansätze auf eigene Faust sind wohl noch nie gleichzeitig beisammen gewesen“ Damit beschrieb er das drohende Auseinanderbrechen der Psychologie. 3 notwendige Aspekte der Psychologie (Aspektenlehre: notwendig um einheitliche Psychologie zu betreiben): • Erleben • Verhalten • Symbolische Artikulationen Methoden: • Introspektion • Beobachtung • Hermeneutik Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO03 am 15.11.2006 In der Psychologie herrscht ein Methodenpluralismus vor, der nach Bühler zu befürworten ist. Methodenpluralismus = Vielfalt der Forschungsmethoden. PSYCHOLOGIE UND MATHEMATIK – PSYCHOPHYSIK Psychologie ist nicht nur „Seelenlehre“. -> Immanuel Kant Die Selbstbeobachtung als empirische Grundlage der Psychologie ist problematisch, weil (Benetka) „die Beobachtung an sich schon der Zustand des beobachtenden Gegenstandes alteriert und verstellt“ (Kant) Die „empirische Seelenlehre (muss) jederzeit von dem Range einer eigentlich so zu nennenden Naturwissenschaft entfernt bleiben […] weil Mathematik auf die Phänomene des inneren Sinnes und ihre Gesetze nicht anwendbar ist“ Dieses Kant’sche Argument soll bedeuten, dass die Psychologie nie eine Wissenschaft sein kann, weil man in ihr keine Mathematik anwenden kann. Die Naturwissenschaft kann nur eine Wissenschaft sein, wenn Mathematik anwendbar ist. Je mehr Mathematik angewendet werden kann, desto wissenschaftlicher ist es. Mathematik ist nur anwendbar, wenn beide Dimensionen (Raum und Zeit) erfüllt sind. Die erste Dimension war akzeptiert, die besagt, dass psychische Erscheinungen sich in der Zeit abspielen = Psychisches existiert als Zeitliches. Viele Philosophen nach Kant waren auf der Suche nach der zweiten Dimension, in der psychische Phänomene existieren könnten. Bsp.: Woher wissen wir, dass die Winkelsumme eines Dreiecks 180° beträgt? Wir können es wissen, ohne dass es eine konkrete empirische Wissenschaft erforscht hat – durch Beobachtung: Man zieht eine Parallele zur Grundlinie c, α+β+γ ergibt eine halbe Drehung und die ist in der Mathematik als 180° definiert. Das ist das besondere an der Mathematik. Man erzeugt einerseits sicheres Wissen und andererseits kommt dieses sichere Wissen ohne Erfahrungsinstanzen/Messungen zustande. Wie kann man also etwas a priori (vor allen Erfahrungen) über die Welt wissen? „Kritik der reinen Vernunft“ (1981) von Immanuel Kant: Der Verstand kann nur einsehen, was er durch seine eigene Tätigkeit hervorbringt. Das erste Kapitel des Buches beschäftigt sich mit „transzendentaler Ästhetik“: Wie ist reine Mathematik möglich? Wie kommt unsere Wahrnehmung der Welt zustande? Wir fassen alles in räumlichen und zeitlichen Strukturen auf. Raum und Zeit sind keine Eigenschaften der Dinge, sondern unseres Erkenntnisvermögens durch den Akt des Auffassens. . Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 transzendental Diesseits (aller Erfahrungen) VO03 am 15.11.2006 transzendent jenseits (des Erfahrbaren, außerhalb der Erfahrungsmöglichkeiten) aller Erfahrungen Was muss gegeben sein, dass wir die Welt über unsere Sinne aufnehmen? Raum und Zeit als transzendentale Anschauungsformen. = a priori Die Möglichkeit der reinen Mathematik beruht nach Kant auf transzendentalen Anschauungsformen – auf Raum und Zeit. Erleben liegt nicht als etwas Räumliches vor, sondern nur als etwas Zeitliches und die Mathematik setzt das Vorhandensein beider Dimensionen voraus – somit kann Mathematik auf die Phänomene des inneren Sinnes nicht angewendet werden. (Kant’sches Argument) (1824/1825) „Psychologie als Wissenschaft neu gegründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik“ von Johann Friedrich Herbart (1776-1841) Herbart meint, er habe die zweite Dimension gefunden somit ist die Mathematik für die Psychologie anwendbar. Damit wäre das Kant’sche Problem, dass die Psychologie keine Wissenschaft sein könnte, gelöst. Herbart war ein österreichischer Philosoph. Nach Johann Friedrich Herbart ist der Träger der psychischen Eigenschaften die Seele. Seele ist jedoch kein beliebter Begriff in der Wissenschaft. Herbart gilt als großer Kritiker der Vermögenspsychologie. Vermögenspsychologie argumentiert in etwa folgendermaßen: Warum gibt es so etwas wie Eifersucht? Weil die Seele es vermag Eifersucht zu empfinden. Die Seele ist zu keiner anderen Modifikation fähig als zur Selbsterhaltung gegen Störungen von außen. Seelische Modifikationen sind „Vorstellungen“. Vorstellungen existieren solange die Seele arbeitet. Vorstellungen sind etwas überzeitliches, überdauerndes (substantiell). Nicht alle Vorstellungen können bewusst sein sie existieren aber weiter im Unbewussten. Begriff der „Verdrängung“: Vorstellungen entwickeln, wenn sie im Bewusstsein auftretet Intensitäten – „Kräfte“. Eine Vorstellung ist dann intensiv, wenn sie klar in unserem Bewusstsein ist. Wenn die Intensität nachlässt, sinken die Vorstellungen unter die Bewusstseinsschwelle. Die „Intensität“ ist also als neben der Zeit zweite Dimension, in der psychische Erscheinungen existieren. Psychologie existiert nicht nur als zeitliches, sondern auch als etwas psychisch Intensives. Die Intensität ist jedoch keine Konstante, sondern unterliegt Schwankungen. Die Zunahme und Abnahme der Intensität passiert nicht beliebig, basiert auf strengen Gesetzmäßigkeiten. Jede Zunahme der Intensität einer Vorstellung setzt eine streng proportionale Abnahme der Intensität einer anderen Vorstellung voraus. Diese Zu- und Abnahme versucht Herbart mathematisch zu demonstrieren. Zunahme Klarheit der Darstellung im Bewusstsein. Weil Herbart diese zweite Dimension gefunden hat, glaubt er dass die Mathematik zur Beschreibung psychischer Vorgänge heranzuziehen ist. Seite 4 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO04 am 22.11.2006 Zur Geschichte der Psychophysik Gustav Theodor Fechner Wiederholung: Kant: Die Möglichkeit der Mathematik beruht auf den a priori gegebenen Anschauungsformen Raum und Zeit Die Psyche ist nur auf die Zeit ausgedehnt, aber nicht auf den Raum Mathematik ist für die Psychologie nicht anwendbar. Dieser Kantsche Einwand ist wirkungsmächtig geworden. Will die Psychologie eine Wissenschaft werden, muss sie danach trachten den Kantschen Einwand zu widerlegen. Herbart: Psychisches muss in 2 Dimensionen existieren. Er hat neben der Zeit die 2. Dimension gefunden: INTENSITÄT. Klar bewusste Vorstellungen sind intensive Kräfte. Vorstellungen treffen im Bewusstsein aneinander sind sie gleich, stärken sie sich, sind sie gegensätzlich schwächen sie sich. Intensitätsänderungen gehorchen strengen Gesetzen: Jede Zunahme der Intensität bedingt eine Abnahme einer anderen Intensität einer Vorstellung. So wird Mathematik in die Psychologie eingebaut: Zunahme/Abnahme wird mit Gleichungen dargestellt, Zunahme und Abnahme sind proportional. Herbarts System von Gleichungen Bsp.: Gegeben 2 einander entgegengesetzte Vorstellungen a und b, die gleichzeitig im Bewusstsein aufeinander treffen, wobei die Intensität von a>b. a und b werden einander hemmen, beide werden an Intensität verlieren (weil sie gegensätzlich sind). a intensiver als b Folgendes Verhältnis soll gelten: d(b):b = a:(a+b) d(b)= ab:(a+b) d(b)… Ausmaß der Intensitätsabnahme von b a hemmt b b hemmt a Ausmaß der Intensitätsabnahme d(b) = Intensität von a:(Intensität von a + Intensität von b) Intensitätsabnahme d(b) = ab:(a+b) b’ … Intensität der gehemmten Vorstellung b b’<b b’ = b-d(b)= =b-ab:(a+b) =[ab+b2-ab]:(a+b)= = b2:(a+b) b’ immer größer als 0 2 b’ = b : (a+b) (Rechenbeispiel kommt nicht zur Prüfung) Mathematik angewandt auf Psychologie Herbart schließt daraus, dass a und b konkrete Kräfte sind. a und b können nie 0 werden b’>0 b’≠0 Seite 1 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO04 am 22.11.2006 Herbarts Schluss! Sind 2 einander entgegengesetzte Vorstellungen ungleicher Intensität gegeben, dann kann die Vorstellung mit größerer Intensität jene mit schwächerer Intensität zwar hemmen, nicht aber aus dem Bewusstsein verdrängen! Erstes Axiom der Herbart Psychologie: Die Weite des Bewusstseins ist größer als 2 Vorstellungen. Schwächen: 1. Grundgleichung ist willkürlich gesetzt. 2. Gleichungen bleiben immer abstrakt; es ist nicht vorstellbar wie man für a und b konkrete Werte (Zahlen) einsetzen kann. Gustav Theodor Fechners (1801-1887) Einwand gegen Herbarts Theorie: (!) Bei Herbart fehlt der Bezug auf körperliche Vorgänge und damit ein konkreter Ansatz zur Messung! Fechner hatte eine psychotische Phase So wurde er vom Physiker zum psychologisch Interessierten. »Haben Pflanzen eine Seele?« (Ein Buchthema Fechners) (Fechner schaffte auch Grundlagen für die Psychoanalyse. Freud stimmte oft mit ihm überein.) NATURWISSENSCHAFTLICHE PSYCHOLOGIE Fechner war davon überzeugt, dass alles was existiert eine Seele hat. Fechner war also PAN-Psychist. Leib – Seele – Problem: Fechners „Lösung“ des Leib – Seele – Problems: »Ein und dasselbe Wesen erscheint sich selbst als „Geist“ und zugleich anderen als „Leib“.« Jedes Wesen hat eine Innenseite (nur für sich zugänglich) und eine Außenseite (für andere zugänglich). Fechners Annahme eines psychophysischen Parallelismus: Jede Änderung im Psychischen geht eine Änderung im Physischen einher und umgekehrt. „funktionelle Beziehung“: (Zusammenhang nicht kausal oder ausgehend vom Hirn sonder nur einfach:) Ändert sich etwas auf der einen Seite etwas, ändert sich auch etwas auf der anderen Seite. Aus einem Buch Fechners: Psychophysik ist die „exakte Lehre von den funktionellen oder Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Körper und Seele, allgemeiner zwischen körperlicher und geistiger, physischer und psychischer Welt“ Fechner will leisten, was Herbart nicht konnte: Fechner wollte nicht nur Gleichungen aufstellen sondern konkrete Maßbestimmungen der Psyche, konkrete Messungen der Intensität. Ziel der Fechnerschen Psychophysik: Maßbestimmung des Psychischen! Wenn man den Zusammenhang zwischen Psychischen und Physischen mathematisch darstellen kann, dann ist aus den Ergebnissen der Messung der Intensität physischer Vorgänge der Intensität der begleitenden psychischen Vorgänge zu erreichen. Problem Fechners: es gibt keine Formel/mathematische Darstellung der psychischen und physikalischen Zusammenhänge. (Formel noch nicht gefunden.) „Weltformel“ (mathematische Darstellung) ist Fechner eingefallen – am 22.10. 1850 (»früh morgens im Bette liegend«): Seite 2 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO04 am 22.11.2006 Zend – Avasta oder über die Dinge des Himmels und des Jenseits (1851) (in diesem Buch wurde die Formel das erste mal publiziert) Mathematisierung der Psychologie: Fundamentalformel: dγ=dβ/β (Differentialgleichung) dγ… momentane Änderung der Intensität der geistigen Tätigkeit β… die zu einem bestimmten Zeitpunkt gemessene ursprüngliche Intensität der die geistige Aktivität begleitenden körperlichen Vorgänge dβ… momentane… Maßformel: γ = logβ/d Wobei d den Wert von β bezeichnet, für den γ=0 [Formel ist nicht Prüfungsstoff, sondern wie Fechner dazu gekommen ist (Gedankengang)] Man kann aber nichts mit der Formel anfangen, das hat Fechner eingesehen und hat sich an einen Freund gewandt: Wilhelm Weber (Prof. für Physik) Fechner schrieb Weber: „…sehen sie, was mir eingefallen ist…“ (betrifft die Formel) Weber antwortete ihm: „… das ist eine interessante Formel, aber es wäre besser, wenn sich ein unterstützender Faktor finden ließe…“ Fechner sucht nach einem unterstützenden Faktor. Er bemerkt, dass die begleitenden körperlichen Vorgänge einfach zu messen sind, aber nicht einfach zu differenzieren. Fechner fehlen die Instrumente zum Messen (1860), aber er geht von hirnphysiologischen Prozessen aus; kann sie aber weder identifizieren noch messen. Somit scheitert Fechner an seiner Theorie. »Das ursprüngliche Programm der Psychophysik ist nicht empirisch zu realisieren, weil sich die das subjektive Erleben begleitenden hirnphysiologischen Prozesse nocht eindeutig identifizierbar…« Fechners Lösung: „Wir werden […] den Reiz, das Anregungsmittel der Empfindung, als Elle an der Empfindung anlegen.“ Nicht mehr Hirnphysiologie soll gemessen werden, sondern physiologische (physikalische) Prozesse! R „kausal“ S „funktionell“ P S = Reiz P = hirnphysiologische Vorgänge R = Empfindung Innere Psychophysik: physiologische und psychologische Veränderungen Äußere Psychophysik: Reizintensität und Empfindungsstärken Seite 3 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO04 am 22.11.2006 Experimente! (durch äußere Psychophysik möglich!) mit Ernst Heinrich Weber (1795 – 1878) (Bruder von Wilhelm Weber) … beschäftigte sich mit dem Tastsinn (Körperempfindungen) und fand Empfindungsunterschiede am ganzen Körper. einfache Gewichtsversuche: Vl legt Gewichte auf den Handrücken der Vp -> Vp muss entscheiden, ob beide Gewichte gleich schwer sind oder eines schwerer ist. 1. Gewichte werden zuerst auf die eine, dann auf die andere Hand gestellt (nacheinander) 2. Gewichte werden gleichzeitig auf die Hände gestellt der Unterschied muss relativ hoch sein, damit er bemerkt wird! z.B. Ausgangsgewicht 100g -> Unterschied merkbar bei ca. 133 g o Simultan (gleichzeitig aufgelegt) o Sukzessiv (nach einander aufgelegt) bessere Unterscheidung z.B. Ausgangsgewicht 200g -> 66g 1000g -> 333g Weber hat dies erforscht ABER Fechner (!) hat erkannt, dass somit eine mathematische Darstellung möglich ist: Gleichung: ∆S/S0 = k = konstant z.B.: 100/33 -> ⅓ -> das Verhältnis bleibt konstant = „Weber – Bruch“ Die relative Unterschiedsschwelle ist konstant. Beim Heben (also nicht beim Auflegen) der Gewichte: 1/60 genug für Unterschiedserkennung Ursprüngliche „Fundamentalformel“: dγ = dβ/β Jetzt: ∆S/S0 = k = konstant Formeln sind relativ ähnlich dR = c · ds/s durch Integration erhält man die „Maßformel“: R = C + c logS Wobei c vom Weber – Bruch k und die additive Konstante C von der Absolutschwelle so abhängig ist. !!! Empfindungsintensität ist proportional dem Logarithmus der Reizintensität !!! Empfindungsintensität R (negativ beschleunigte Kurve) Reizintensität S Seite 4 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO04 am 22.11.2006 Absolute Schwelle: wie intensiv muss der Reiz sein, dass er gerade noch wahrgenommen wird? Nullpunkt (der Empfindungsskala; Nullpunkt muss festgelegt werden) Wie viel Reizintensität muss ich vom Ausgangsreiz hinzufügen, dass die Person den Unterschied merkt? Unterschiedsschwelle Just noticeable different Seite 5 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Zur Psychologie des Lernens I: Klassischer Behaviorismus und klassische Konditionierung (Die Psychoanalyse ist außerhalb der Universität entstanden und wird auch auf der Uni kaum gelehrt.) Psychotherapie - Verhaltenstherapie Betrifft den Output; ist gut empirisch abgesichert; ist auch theoretisch gut abgesichert. BEHAVIORISMUS. Die Psychologie wird und wurde auch von Laien verfolgt: öffentliche Kritik an der Psychologie psychologische Lerntheorien Aldous Huxley (1894 – 1963) “Brave New World“ (1932) Herbert Marcuse (1898 – 1979) “The One-dimensional Man. Studies in the Ideology of Advanced Industrial Society“ (1964) Die Gesellschaft verursacht eindimensionale Menschen. Zusammenhang: Herrschaft Kontrolle Menschen kontrollieren (Behaviorismus) Noam Chomsky (geb. 1928) Was (wir) Psychologen gut finden, kritisieren andere oft. Psychologie as the Behaviourist Views it (1913) John B. Watson (1878-1958) Watsons Lehrer in Philosophie: George Herbert Mead (1863-1931) John Dewey (1859-1952) James Rowland Angell (1869-1949) (Begründer einer “funktionellen Psychologie”) Watson fand sehr schnell Anhänger seiner Theorie. „Behaviorismus“ • Psychologie als objektiver Zweig der Naturwissenschaft • Vorhersage und Kontrolle von Verhalten • Introspektion spielt keine Rolle • Verhalten wird nicht in Bewusstseinsbegriffen interpretiert • Kein prinzipieller Unterschied zwischen tierischen und menschlichen Verhalten Behaviorismus ist Verhaltensbeobachtung Lösung des Introspektionsproblems Seite 1 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Pragmatismus (Dewey): „Anpassung“ als Funktion des Bewusstseins Bei Dewey hat das Bewusstsein noch eine Funktion: Subjekte anpassen an die jeweiligen Bedingungen – „Anpassung“ an Umweltgegebenheiten, aber auch anpassen der Umwelt an die Bedürfnisse des Subjekts. Der Bewusstseinsbegriff geht langsam verloren. Funktionalismus (Angell): interessiert sich für mentale Operationen und nicht für Bewusstseinsinhalte = Aufgabe der Introspektion Das Bewusstsein wird als mentale Operation aufgefasst. Mentale Operationen sind jedoch nicht direkt von der Forschung erfassbar; aber man kann vom Verhalten rückschließen, welche mentalen Operationen stattgefunden haben. Introspektion nicht mehr relevant. Rolle der Tierpsychologie Es werden Schlüsse aus Reaktionen/Verhalten von Tieren geschlossen; diese sollen auch auf den Menschen „übertragbar“ sein. (Tierexperimente) Watson: Behaviorismus: Psychologie ohne Bewusstsein keine Bewusstseinsvorgänge. Watsons Argumentation • Bewusstseinsprozesse sind nicht experimentell bestimmbar (weil sie nicht direkt beobachtbar sind) • Bewusstseinsprozesse sind für die auf experimentellem Wege zu untersuchenden Probleme irrelevant Letzteres konnte Watson zunächst nur behaupten, nicht aber zeigen! Wenn ich mich so und so verhalte, ist für den Behavioristen das „wieso“ irrelevant zur Vorhersage von verhalten. 1913: Gründung des Behaviourismus. Watson hatte zu der Zeit noch keine Idee, wie er die zweite Behauptung experimentell beweisen/zeigen soll. Er sucht nach experimentellen Versuchsanordnungen und findet ein Paradigma/ eine Experimentiertechnik: Watson entdeckt Pawlow! (Watson interessiert nur die Methode von Pawlow) Idee und Methode des bedingten Reflexes rücken in den Mittelpunkt seines Systems. „Little – Albert – Experiment“ (= theoretischer Kontext zur Behauptung -> Umsetzung in ein empirisches Experiment) John B. Watson & Rosalie Rayner (Zweite Frau von Watson) Conditioned emotional reactions (1920) • Kann bei einem Kind Angst gegenüber einem Tier ausgelöst werden, wenn gleichzeitig ein lautes Geräusch auftritt? • Wird diese Angst auf andere Objekte generalisiert? • Wie lange wird diese Angst anhalten? Little Albert war zur Zeit des Experiments 11 Monate alt. Jedes mal, wenn sich das Kind der Ratte zuwendet, wird mit einer Stange gegen ein Metall geschlagen das Kind beginnt zu weinen. Nachdem dies 7 Mal durchgeführt wurde, reichte allein der Anblick der Ratte aus, dass das Kind zu weinen beginnt. Seite 2 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 1. Frage bestätigt Angst kann ausgelöst werden 2. Frage bestätigt Kind weint auch bei anderen pelzigen/haarigen Dingen/Tieren 3. Frage: Neuer Versuchsdurchgang nach 5 Tagen: Ratte -> Geräusch: „auffrischen“ der Angstreaktion Nach 31 Tagen: Albert wird mit Objekten konfrontiert (Fellmantel, Hund,…) Vermeidungsreaktion gegenüber den Furcht auslösenden Tieren, aber er fasst sie nach gutem Zureden doch an (-> keine Phobie ankonditioniert) (Watson filmte das Experiment: Grundproblem: Das Kind war durch den lauten Lärm nicht zu beeindrucken, wenn es Daumen lutschte -> die Vl sorgten dafür, dass Albert nicht an seinen Daumen lutschte -> Geräusch. Kritik am Experiment: wieso heulte Albert? Wegen dem Geräusch oder weil er nicht am Daumen lutschen durfte?) Das Little-Albert-Experiment ist ein wichtiges Experiment für den Behaviorismus: Es soll damit gezeigt werden, dass auf den Reiz eine Reaktion folgt und das Bewusstsein somit keine Rolle spielt. Außenweltreize nicht mehr Bedingungen, sondern Determinanten des Verhaltens d.h.: habe ich die Kontrolle über die Außenreize, habe ich auch die Kontrolle über das Verhalten. Durch die Anwendung einfacher Lerngesetzte, ist das Verhalten kontrollierbar. „Verhaltenskontrolle“ – dadurch seien Gesellschaftsprobleme lösbar, die Welt kann man so umgestalten. „Alle Probleme der Menschheit sind zu lösen“ Russische Physiologie • Iwan Michailowitsch Sechenow (1829-1905) „Die Reflexe des Gehirns“ (1863) – das menschliche Denken geht auf Reflexe zurück • • Ivan Petrowitsch Pawlow (1849-1936) Wladimir Michailowitsch Bechterew (1857-1927) „Psychoreflexologie“ – ist der Pawlowschen Theorie sehr ähnlich Ivan Petrowitsch Pawlow 1904 – Nobelpreis für Physiologie - Arbeiten zur Physiologie der Verdauung Erforschung des bedingten Reflexes Reflex: unwillkürliche Reaktion auf einen Reiz bedingter Reflex: Übertragung von unwillkürlicher Reaktion auf einen neutralen Reiz Versuchsanordnung Wenn die Mundschleimhaut (vom Hund) mit Futter (UCS) in Berührung kommt Reflex Speichelproduktion Speichelfluss Auslöserreiz: unconditioned Stimulus UCS Reflex: unconditioned Reaktion UCR neutraler Reiz: S0 (null) Seite 3 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Glockenton Futter Speichelfluss Glockenton allein S0 wird zu CS CS verursacht CR conditioned Stimulus conditioned Reaktion CS CR S0 UCS UCR konditionierter Reiz CS CR Optimales Zeitintervall: Varianten der Konditionierung verzögerte Konditionierung simultane Konditionierung Spurenkonditionierung rückwirkende Konditionierung Zeit Beste Wirkung durch verzögerte Konditionierung Optimale Wirkung: Ton ½ Sekunde vor der Futterverabreichung + anhaltend während dem Futter Optimale Wirkung = höchste Reaktionsstärke erreichen - hier: Menge des Speichelflusses = Indikator Die konditionierte Reaktion ist weniger stark als die unkonditionierte Reaktion CR ≠ UCR! Nach der Konditionierung wird nur der Glockenton geboten: • Wie oft sabbert der Hund noch, ohne dass er Futter bekommt? • Reaktionsstärke? Nimmt ab. konditionierter Reiz Cs konditionierte Reaktion CR = Löschung einer bedingten Reaktion: Extinktion Konditionierung S0 neutraler Reiz Extinktionsphase Reaktion wird gelöscht (gleich null) Seite 4 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO05 am 29.11.2006 Spontanerholung: Darbieten des CS nach einer Pause von 20 Minuten Wenn die Reaktion gelöscht wurde und der Glockenton allein nach einer Pause von 20 min wieder präsentiert wird Hund sabbert wieder. Bei der ersten Darbietung fällt die Reaktion am stärksten aus und wird dann immer schwächer. Konditionierung ist ein aktiver Lernvorgang. Seite 5 von 5 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO06 am 13.12.2006 Zu Klassische Konditionierung: Löschung (Extinktion): Aktiver Lernvorgang Spontanerholung: durch eine Pause wird die Hemmung geschwächt Bei Little-Albert wurde keine Extinktion durchgeführt Watson interessierte, wie lange eine Konditionierung bestehen bleibt. Reizgeneralisierung: CS muss nicht der gleiche Reiz bleiben, sondern auch diesem Reiz ähnliche Reize Versuchstier -> optischer Reiz: Kreis -> Futter Speichelfluss auch bei Kreis-ähnlichen Strukturen (z.B. Ellipse) Je ähnlicher der Reiz dem ursprünglichen Reiz, desto stärker ist die Reaktion. Reizdiskrimination: Reaktion nur bei sehr ähnlichen Reizen, bei anderen nicht. Diskriminationstraining: Dem Versuchtier wird Futter gegeben, wenn der Kreis gezeigt wird; wenn die Ellipse gezeigt wird, wird kein Futter gegeben das Tier „lernt“ zwischen Kreis und Ellipse zu unterscheiden. Eine Reaktion erfolgt nur noch beim Kreis. Bei einer sehr kreisähnlichen Ellipse hat das Tier Schwierigkeiten bei der Unterscheidung – es reagiert auch bei Ellipsen. (Dieser Vorgang findet in der Extinktionsphase statt.) ABER: es verursacht starke emotionale Reaktionen, Verhaltensstörungen, das Tier verweigert das Futter = experimentelle Neurose: Konflikt zwischen Erregungs- und Hemmungsinnervationen. Konditionierung höherer Ordnung: konditionierte Reaktion konditionierter Reiz wird mit einem unkonditionierten Reiz gekoppelt UCS wird auch zum CS. Speichel Ton Ton Speichel Licht Licht Speichel Je länger die Kette der Konditionierung, desto geschwächter ist die Reaktion. Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO06 am 13.12.2006 • War Pawlow ein Behaviorist? NEIN! Pawlow interessierten neurophysiologische Prozesse. Die Hemmungsvorgänge und Erregungsprozesse sind nicht direkt sichtbar sondern lassen sich nur durch das Verhalten erschließen. Den Behavioristen interessiert dies nicht, da er nur beobachtbares Verhalten akzeptiert, die inneren Prozesse und neurophysiologischen Prozesse sind für ihn irrelevant. Pawlow hingegen „stellt Mutmaßungen über inneres Geschehen an“: Konditionierung: UCS (Unkonditionierter Reiz) hat „Signalfunktion“: Das Signal für das Tier (z.B. Glockenton) ist die Ankündigung für das Futter, d.h. das Signal stiftet die Erwartung im Tier auf Futter. Der Behaviorismus lehnt jedoch die „Erwartung“ ab, da hier die inneren Vorgänge keine Rolle spielen. Pawlow lehnte den Behaviourismus (als abscheulich) ab. • Lernen von konnotativen Wortbedeutungen mitschwingen von Emotionen im Wort Wie kommt das Lernen von konnotativen Wortbedeutungen zustande? Bsp.: Ein Elternteil nimmt das Kleinkind zu sich und streichelt es -> dies ist eine Auslösersituation für eine positive Reaktion: UCS positive UCR Wörter sind neutrale Reize. Bsp.: Wort „brav“ = neutraler Reiz „brav“ sagt man oft wiederholt; irgendwann wurde „brav“ zu einem konditionierten Reiz (CS) für eine positive Reaktion. (auch dies ist eine Konditionierung höherer Ordnung) Pawlow bezeichnet die Sprache als „zweites Signalsystem“ – „Signale von Signalen“: Signale 1. Ordnung: Reize 2. Ordnung: einsetzen Signale zweiter Ordnung um Signale erster Ordnung zu regulieren (hemmen, stärken…) • Semantische Generalisation Wolkowa – Experiment Vp: Junge, 13 Jahre Versuchsanordnung: „gut“ Verabreichung von Essen Speichelfluss Nach der Konditionierung löst das Wort „gut“ alleine Speichelfluss aus. Extinktionsphase: Sätze, die mit „gut“ assoziiert werden, werden präsentiert. ebenfalls Speichelfluss (teilweise sogar mehr, als beim Wort „gut“) Nicht ähnlich klingende Wörter, sondern inhaltlich ähnliche Wörter/Sätze lösen Speichelfluss aus. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO06 am 13.12.2006 Zur Psychologie des Lernens II Thorndike, Hull und Skinner Edward Lee Thorndike (1874-1949) “Animal Intelligence. An Experimantal Study of Associative Process in Animals (1898)” Thorndike ist wichtig für die Entwicklung der amerikanischen Psychologie. Er sah sich selbst nie als Behaviorist und wollte auch nie als solcher bezeichnet werden. Thorndike meinte, dass naturwissenschaftliche Forschung und praktische Anwendung kein Widerspruch sind Psychologie sollte also: 1. nach streng naturwissenschaftlichen Prinzipien forschen 2. das erforschte soll praktisch anwendbar sein. Thorndike experimentierte mit Katzen: Versuchsanordnung: „puzzle box“: Eine Katze wird in eine Art Käfig gesperrt – in eine puzzle box. Futter ist außerhalb der box positioniert, so dass es die Katze nicht erreichen kann. Die Box hat einen oder mehrere Mechanismen, die die Katze betätigen muss, damit sich das Türchen öffnet. Die Katze ist hungrig und eingesperrt. Sie versucht an das Futter ran zu kommen, sie führt mehrere verschiedene Bewegungen durch um das Futter zu erreichen. Durch Zufall betätigt sie den Mechanismus, die Katze kommt heraus, wird aber vom Vl wieder in die Box zurückgesperrt. Die Katze wird weiter beobachtet: Verhaltensbeschreibung und –erklärung: Von der Katze werden Bewegungsfolgen verschwendet. Nach mehreren Durchgängen wird ihr Verhalten zielgerichteter (betätigen des Mechanismus) bis sie keine „unnötigen“ Bewegungen mehr macht. Alle Bewegungen, die nicht zum Erfolg/zu satisfaction (Zufriedenheit) führen werden nach und nach ausgemerzt. Es werden Bewegungsfolgen „eingeprägt“ die zum Ziel führen. Lernen durch „trial and error, and accidental success“ Bei klassischer Konditionierung: neutraler Reiz wird mit konditioniertem Reiz verknüpft. Hier: Verknüpfung von Situationen mit Aktionen: „habits“ Law of effekt – Gesetz des Effekts: Es werden die Aktionen mit Situationen verknüpft, die zum Erfolg führen. „habit – Stärke“: Enge der Verknüpfungen; hängt von den Lerndurchgängen ab. Law of exercise – Gesetz der Übung: Die Zielgerichtetheit hängt von den Lernwiederholungen ab. Diese Art der Konditionierung nennt man „instrumentelle Konditionierung“ (wird später durch „operante Konditionierung“ ersetzt) Instrumentelle und klassische Konditionierung sind 2 verschiedene Lerntheorien Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO06 am 13.12.2006 Neo – Behaviorismus Clark L. Hull (1884-1952) Modell von Hull: Ansatz: Lassen sich die beiden Lerntheorien vereinen? Lernprozesse haben einen inneren Antriebszustand zur Voraussetzung – „drive“ („Trieb“) Im Inneren: physiologischer Mangezustand Erregungsniveau steigt an. z.B.: die Katze zeigt viele Bewegungen um zum Futter zu kommen. Hull stellt fest, dass weder Hund (Watson) noch Katze (Thorndike) handeln würden, wenn nicht der Trieb vorhanden wäre. Triebzustand (D) Physischer Mangelzustand - unspetifische Aktivierung Triebreiz (SD) Was Thorndike „satisfaction“ nennt = Triebbefriedigung. 2. Motivation: „Anreiz“ (K) = Reduktion von Spannungszustand, der verantwortlich für die Aktivität der Katze ist; diese hört bei Befriedigung auf. Wenn ich der Katze in der Box Futter hinlege und gleichzeitig einen Kater präsentiere, hat die Katze die Auswahl, was sie wählt verschiedene Reaktionsstärken. Wie das Tier reagiert ist abhängig von: • Wie ist die Trieblage des Tieres? • Lerngeschichte – in welcher Situation war das Tier schon vorher? Habit – Stärke (mathematische Abbildung:) Wenn Beschäftigungen in gleichmäßigen Abständen einander folgen, wächst – unter sonst gleichen Bedingungen – das Gewicht H als beschleunigte Funktion der Zahl von Wiederholungen, und zwar nach der Gleichung H = 1-10-0,0305N Welche Faktoren beeinflussen das Verhalten des Tieres? 1. Trieb D 2. Anreiz K 3. Habit-Stärke H 4. Reaktionspotentiale E E=H·D·I·K = Determinanten des Verhaltens (ob man reagiert oder nicht) I = Stärke des Auslöserreizes Die Determinanten bestärken sich gegenseitig. Seite 4 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO07 am 10.01.2007 Zur Psychologie des Lernens III Verstärkerpläne; Konditionierung vegetativer Funktionen; kognitiver Behaviorismus Radikaler Behaviorismus Burrhus Frederik Skinner (1904-1990) …betrieb rein auf Beobachtung gestützte Psychologie. Theorie: „Skinner Box“: einfachste Form: Schachtel, in dem ein Hebel ist. in die Box kommt ein Vt (=Versuchstier) (hier: Ratte) das Verhalten des Tieres in der Box wird beobachtet: das Vt führt verschiedene Verhaltensweisen aus hin und wieder betätigt es durch Zufall den Hebel: beobachtet wird die Verhaltenshäufigkeit, wie oft der Hebel betätigt wird; die Auftrittswahrscheinlichkeit (in einem bestimmten Zeitraum) wird registriert: Basisrate. Nach Bestimmung der Basisrate beginnt der Lernvorgang: jedes Hebeldrücken wird mit Futter belohnt die Verhaltenshäufigkeit steigt erst stark an bis zu einem gewissen Punkt ein Plateau wird erreicht – die Verhaltenshäufigkeit bleibt in etwa gleich. Stoppt man die Futterzufuhr (Extinktionsphase), sinkt die Häufigkeit des Hebeldrückens wieder ab und pendelt sich wieder auf die Basisrate ein. Re ak ti on s st är ke Plateau Basisrate Konditionierung mit S+ Extinktion Zeit = „Operante Konditionierung“ Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO07 am 10.01.2007 Nach Skinner gibt es 2 Typen von Verhalten: • Reflexe: Verhalten abhängig von der Auslösersituation • Operanten: nicht an Auslöserreiz gebunden „Operanten“ sind Verhaltensweisen, deren Auftreten an keine Auslöserreize gebunden sind. Das Verhalten der Vt in der Skinner Box sind Operanten. 2 Arten der Konditionierung nach Skinner • Konditionierung vom Typ S (Stimulus) (=klassische Konditionierung nach Pawlow) • Konditionierung vom Typ R (Reaktion) (=operante Konditionierung nach Skinner) Reize Verhalten Reize: • Positive Verstärkung: ein positiver Reiz, der auf ein Verhalten folgt, erhöht die Auftrittswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens. • Negative Verstärkung: (aversiver oder Strafreiz) die Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens steigt, wenn auf dieses Verhalten… (siehe Folien) Bestrafung vom Typ 1 („positive Bestrafung“): ein aversiver Reiz, der auf ein bestimmtes Verhalten folgt, senkt die Auftrittswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens. Bestrafung vom Typ 2 („negative Bestrafung“): der Entzug eines positiven Reizes, der auf ein Verhalten folgt, … (siehe Folien) einblenden ausblenden S+ SWie kann man diese Beobachtung an Tieren auf Menschen umlegen? Verbales Konditionieren Durch Zustimmung („mhm“ oder Nicken, Lächeln, …) genügt, um das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken. Bsp.: Man verstärkt durch Lächeln nur die Sätze, in denen „ich“ vorkommt „ich“ wird öfter benutzt (meist ohne, dass es der jenige mitbekommt) bis zu einem Plateau (siehe Kurve). Extinktionsphase: man verstärkt „ich“ nicht mehr Häufigkeit der Sätze mit „ich“ nimmt wieder ab bis auf die Basisrate. Reiz- Generalisation und Deskription Erklärung anhand Experimenten: Generalisation: Taube pickt auf eine Scheibe. Lernphase: die Scheibe leuchtet zwischendurch auf in grün-gelb. Wenn die Scheibe in grün-gelb leuchtet und die Taube pickt drauf Futter (nur, wenn die Scheibe leuchtet). Nach öfterem Wiederholen wird die Scheibe in verschiedenen Farben beleuchtet. Die Taube pickt bei jeder Farbe, jedoch öfter, je ähnlicher die Farbe dem grün-gelb ist. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO07 am 10.01.2007 Deskrimination: In der Lernphase erleuchtet die Scheibe in verschiedenen Farben. Die Taube bekommt Futter, wenn die Scheibe grün-gelb leuchtet. Die Taube „lernt“, dass sie nur picken soll/muss, wen die Scheibe grün-gelb leuchtet oder in der sehr ähnlichen Farben. Die Scheibe wurde zu einem diskrimitativen Reiz SD. (Verhalten nur bei grün-gelb) 4 Klassen von Reizen: • Positiver Reiz (S+): wenn er auf ein bestimmtes Verhalten folgt Verhaltenshäufigkeit nimmt zu. • Negativer Reiz (S-): wenn er auf ein Verhalten folgt Verhaltenshäufigkeit nimmt ab. • Neutraler Reiz (S0): kein Einfluss auf Verhaltensweisen • Diskriminativer Reiz (SD) Primäre – sekundäre Verstärker Primäre Verstärker: positive Verstärker – vor jeder Lernerfahrung (jene, die physiologische Bedürfnisse befriedigen) sekundäre Verstärker: ursprünglich neutrale Reize, die durch Lernprozesse ihre Verstärkerfunktion bekamen. (z.B. verbale Zuwendung = sekundärer Verstärker) der sekundäre Verstärker erhält seine Verstärkerfunktion durch Klassische Konditionierung vom Typ S. token economies Z.B. Patient soll Pillen nehmen, wenn er menschliche Bedürfnisse verrichtet, dafür bekommt er jedes mal einen Gutschein/eine Münze oder ähnliches = sekundärer Verstärker Geld ist ein sekundärer Verstärker. Verhalten/Aktivität das/die gerne ausgeführt wird hat eine hohe Auftrittswahrscheinlichkeit. Dieses Verhalten kann als Verstärker für ein Verhalten geringerer Auftrittswahrscheinlichkeit eingesetzt werden. Z.B. Belohnung nach einem harten Arbeitstag. = Premack-Prinzip Reicht es aus, wenn nicht jede Verhaltensweise verstärkt wird? (Tier: nicht jedes Hebeldrücken) Verstärkerpläne: • kontinuierlicher Verstärkerplan (jedes Verhalten wird verstärkt) • intermittierender Verstärkerplan (nicht jedes Verhalten wird verstärkt) Quotenplan – jedes z.B. 2. Verhalten wird verstärkt Intervallplan – nach einem bestimmten Zeitintervall wird verstärkt (z.B. alle 2 min) Zu Quotenplan: o fester Plan – z.B. jedes 5. Verhalten wird verstärkt o variabler Plan – z.B. nur ca. jedes 5. Verhalten wird verstärkt (im Durchschnitt) (jedes 3., 7., 11., … mal wird verstärkt) Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO07 am 10.01.2007 Lerngeschwindigkeit und Extinktionsresistenz bei kontinuierlicher und intermittierender Verstärkung Intermittierende Verstärkung Extinktionsresistenz Vergleich der Wirkung intermittierender Verstärker: • Quotenpläne: höhere Verhaltenshäufigkeit • variable Pläne: relativ stabile Verteilung der Verhaltenshäufigkeit (feste Pläne: zyklische Phänomene: Lorbeer-Effekt) • variable Pläne: langsamere Lerngeschwindigkeit, höhere Löschungsresistenz. Seite 4 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO08 am 17.01.2007 Zur Psychologie des Lernens III Konditionierung vegetativer Funktionen Generalisierbarkeit von Lerngesetzen Kognitiver Behaviorismus Klassische Konditionierung vegetativer Funktionen Anwendung: klinischer Zusammenhang Klassische Konditionierung: alles kann konditioniert werden. Bsp.: Blutzuckerspiegel – Insulin senkt den Blutzucker Insulin: konditionierter Reiz Desinfektion mir Mentholgeruch: neutraler Reiz Führt der Mentholgeruch alleine zu Blutzuckersenkung? JA! Der Blutzucker sinkt auch bei der Injektion alleine (ohne Insulin) Auch das Immunsystem kann klassisch konditioniert werden. Operante Konditionierung vegetativer Funktionen Neil E. Miller • Miller und DiCara (1967) Konditionierung der Herzschlagfrequenz bei Ratten Bei der Ratte wird jede Erhöhung der Herzschlagfrequenz wird verstärkt Herz schlägt dann auch öfter. • Miller (1969) Durchblutung der Ohren: Die Ratte bekommt Futter (Verstärkung), wenn 1 Ohr stärker durchblutet wird das Ohr wird weiter stärker durchblutet 1 Ohr bleibt weiß, das Andere wird rot. Biofeedback – auf dem Prinzip der operanten Konditionierung Hier werden Veränderungen von Zustandsgrößen biologischer Vorgänge, die der unmittelbaren Sinneswahrnehmung nicht zugänglich sind, mit technischen Hilfsmitteln beobachtbar gemacht – dem eigenen Bewusstsein wahrnehmbar gemacht (durch Töne oder Visualisierungen). z.B. Muskelverspannungen können gut kontrolliert werden. Rehabilitation von Schlaganfallspatienten Lähmungserscheinungen werden behandelt. Eine Verbesserung von Herz-Kreislauf Krankheiten mittels Biofeedback ist allerdings nicht gelungen. Klassische Konditionierung – Pawlow (Hund) „Puzzle – box“ – Thorndike (Katze) Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO08 am 17.01.2007 Skinner – box Experiment: Katze in der Skinner-box. Wenn das Licht in der Box leuchtet und die Katze den Hebel drückt, wird wie belohnt. • Ist dieses Verhalten auf andere Tierarten und auf Menschen übertragbar (gneralisierbar)? • Warum wird nicht im natürlichen Lebensraum getestet? Wegen der Wegnahme von Komplexität. 2 Probleme: - Laborsituation nicht „echt“ – somit leicht übertragbar auf andere Situationen. - Behaviorist: Gerade weil es nicht natürlich ist (nicht art-typisch), kann es auf andere Arten übertragbar sein. Generalisierbarkeit der Lerngesetze … nicht nur durch Glauben und Meinen sondern ist auch Sache der Empirie erforsch- und beweisbar. Können die in den einfachen Versuchsanordnungen der Klassischen und Operanten Konditionierung demonstrierten Gesetzmäßigkeiten Allgemeingültigkeit erlangen? Martin P. E. Seligman (1970): biologische Dispositionen beeinflussen den Aufbau von Verknüpfungen zwischen Verhalten und Reizsituationen wesentlich. es kann nicht beliebig zwischen Reiz und Reaktion verknüpft werden. Experimente zum Beweis: Biologische Beschränkungen Bsp.: Geschmacksaversion im Kontext klassischer Konditionierung Experiment von Garcia und Koelling (1966) Vt: Ratten 3 Reize: o Gesüßtes Wasser o Lärmbeschallung (akustisch) o Lichtblitze (optisch) Ratten wird mit Sacharin gesüßtes Wasser zu trinken gegeben und werden dabei mir Röntgenstrahlen bestrahlt den Ratten wird übel. Neutrale Reize: Lärm, Lichtblitze, Wasser den Ratten wird nicht übel. Unkonditionierter Stimulus: Röntgenstrahlen Testphase: haben die Ratten eine Aversion gegen neutrale Reize entwickelt? nur gegen das Wasser 2.Teil: beim Trinken des Wassers werden die Ratten durch Elektroschocks gestört Aversion gegen Lichtblitze und Lärm, trinken aber das Wasser. dieses Experiment soll zeigen, dass die biologische Disposition der klassichen Konditionierung Grenzen setzt! Vt bekommt gesalzenes, blau eingefärbtes Wasser. + das Wasser ist zusätzlich vergiftet, soviel, dass den Vt „nur“ schlecht wird. Ratten meiden das gesalzene Wasser Wachteln/Tauben entwickeln eine Aversion gegen die Farbe blau. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO08 am 17.01.2007 Welche Reize können mit welchen Reaktionen verbunden werden? biologische Disposition Biologische Beschränkungen (operante Konditionierung) Bsp.: aktives Vermeidungslernen Skinner Box: Der Boden wird unter Strom gesetzt. Durch Hebeldrücken ist der Schmerzreiz (Strom) zu Ende. Doch relativ wenige Ratten drücken den Hebel, denn bei Ratten ist die natürliche Reaktion auf aversive Reize Fluchtverhalten. Kognitiver Behaviorismus Edward Chase Tolman (1886 – 1959) “Vorläufer” der kognitiven Wende studierte Elektro-Chemie, erst nachher Psychologie (in Harvard) War häufig auch in Wien, unterrichtete 1 Jahr am psychologischen Institut (1933/34). Tolman engagierte sich dafür, dass aus Österreich emigrierte Wissenschaftler auf amerikanischen Universitäten Stellen bekamen. Tolman wählte für seine Psychologie paradoxe Begriffe: kognitiver Behaviorismus. Egon Brunswik (1903-1955) emigrierte nach Amerika molekulare – molare Aspekte des Verhaltens molekular: Abfolge von Muskelzuckungen molar: „ganzheitliche“ Betrachtungsweise; Tolman: mehr als Folge von Muskelzuckungen. Verhalten ist immer zielgerichtet zielgerichtet: Verhaltens- und Beobachtungsbegriff Beobachtung: z.B. Ratte in Labyrinth Hinstreben zum Ausgang (zum Futter) = beobachtbar. Innere Vorgänge sind nicht direkt beobachtbar, nicht erklärbar. „purposive behavior in animals and men“ (1932) Experiment Labyrinth: Ziel Sperre B Einweggatter Weg 1 Sperre A Weg 3 Weg 2 Start Vortraining: Wenn Sperre A aktiviert wird – Durch selektive Verstärkung In 90% der Fälle nimmt die Ratte den Weg 2, in 10% nimmt sie Weg 3 Wenn keine Verstärkung gegeben wird, wenn die Ratte den Weg 2 nimmt, sondern nur, wenn sie den Weg 3 nimmt Futter bekommt, benutzt sie den Weg 3 öfter. Wenn beide Wege wieder verstärkt werden, nimmt die Ratte den Weg 2 wieder zu 90%. Testphase: Aktivierung der Sperre B Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO08 am 17.01.2007 Das Vt nimmt den Weg A bis zur Sperre B die Ratte wird zurück an den Start gesetzt. Was tut die Ratte jetzt? Sofort beim nächsten Versuch wählen 73% der Ratten den Weg 3. Dieses Verhalten ist nur durch kognitive Abläufe erklärbar, da sich etwas im Kopf verändert haben muss (beim Vortraining), sonst würde die Ratte nicht sofort den Weg 3 wählen, wenn die Sperre B aktiviert wird. Im Vortraining hatte sich die Ratte eine Kognitive Landkarte (kognitive map) angeeignet. Tolman geht davon aus, dass Ratten lernen Zeichen zu erkennen. Die Ratte bildet Hypothesen und testet sie auch im Verhalten. Zwischen Zeichen und Bezeichneten (Ziel) besteht ein Zusammenhang. Versuchstiere lernen keine Reiz-Reaktions-Verknüpfungen, sondern Beziehungen zwischen Zeichen (signs) Zeichen-Gestalt (sign-gestalt) Wir können das in Beziehungstellen von Zeichen nicht direkt beobachten. Lernen manifestiert sich nicht unmittelbar ins Verhalten. Latentes Lernen: Lernprozess, der sich zum Zeitpunkt seines Ablaufes nicht im Verhalten manifestiert. Kompetenz – Performanz Kompetenz: durch latentes Lernen Performanz: nur durch die Umsetzung der Kompetenz (des Gelernten) kann beobachtet werden! Seite 4 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Zur Psychologie des Lernens IV Kognitiver Behaviorismus Beobachtungslernen Lernen durch Einsicht Wiederholung: Edward Chase Tolman „Kognitiver Behaviorismus“ “Purposive behaviour in animals and men“ (1932) „Ortslernen”: Lernen vom Verhalten des Vt im Labyrinth. Im Vortraining lernt die Ratte alle Wege im Labyrinth kennen. Wenn keine Sperre aktiv ist, nimmt die Ratte den kürzesten Weg (Weg 1). Wenn die Sperre A aktiv ist nimmt die Ratte in 90% der Fälle den nächst kürzeren Weg (Weg 2). Wie macht das die Ratte? Die Ratte bildet sich im Vortraining eine Kognitive Landkarte (cognitive map). Versuchstiere lernen keine Reiz-Reaktions-Verknüpfungen (wie beim Behaviorismus), sondern Beziehungen zwischen „Zeichen“ (signs). Das Lernen von Beziehungen zwischen Zeichen (innere Vorgänge) ist nicht direkt beobachtbar, weil - Latentes Lernen: Lernprozess, der sich zum Zeitpunkt seines Ablaufes nicht im Verhalten manifestiert. Wahrnehmungsgegebenheiten im Labyrinth (Zeichen) sollen das Vt zum Bezeichneten (Futter) führen. Kompetenz – Performanz Erwerb von Kompetenz (latentes Lernen). Performanz: Umsetzung der Kompetenz im Verhalten. „Lernen“ als Erwerb von Kompetenz (Tolman) vs. „Lernen“ als Änderung der Auftrittswahrscheinlichkeit eines Verhaltens (Skinner) Umsetzung von Kompetenz (Erlerntes) Konkretes Verhalten hängt ab von: • Trieb (wie bei Hull) • Erwartungen über die Konsequenzen von Verhaltensweisen • Wert des Zielobjekts (bewerten) Diese Theorie war schon in den 30er Jahren formuliert! Der Weg zur kognitiven Wende war damit geebnet. Beobachtungslernen (Lernen am Modell) Einleitung: Skinner: operantes Konditionieren In der Skinner-box: Ratte und Hebel. Das Spontanverhalten der Ratte wird beobachtet – Taste drücken mit beinhaltet (=Basisrate). Skinner geht davon aus, dass das Vt das Verhalten schon kann; Lernen ist also eine Änderung einer schon bestehenden Verhaltensweise. Seite 1 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Wie entstehen neue Verhaltensweisen? Skinner: Entstehung neuer Verhaltensweisen durch: 2 Prinzipien: • Shaping: Lernprozess in kleinen Schritten: positive Verstärkung von Änderungen in Richtung neuer Verhaltensweisen. • Chaining: Verketten von elementaren Verhaltensweisen. Skinner hat eine umständliche Erklärungsweise für die Entstehung neuen Verhaltens. Durchschnittliche Anzahl von Nachahmungsaggressionen Albert Bandura (geb. 1925) Erstmals Experimente mit Menschen! Experiment: Kinder zwischen 4 und 5 Jahren sehen alleine einen Film an: (siehe Folien) Eine Frau traktiert eine Puppe (‚Modellperson’) und beschimpft die Puppe auch mit Neologismen (neu erfundenen Wörtern - Wortneuschöpfungen). Kinder aufgeteilt in: 2VG, 1KG VG 1: Ende des Filmes: Ein erwachsener Mann kommt ins Zimmer (im film) und lobt und belohnt die Frau für ihr Verhalten. VG 2: Ende des Filmes: Ein Mann kommt ins Zimmer, beschimpft die Frau und schlägt ihr mit der Zeitung auf den Kopf. KG: Film ohne Ende. Testphase: die Vpn werden im Anschluss in einen Raum geführt, in dem Spielsachen liegen unter anderem eine Puppe wie im Film und ein Holzhammer und andere Dinge die im Film benutz wurden. Spontanverhalten: die Kinder beginnen zu spielen. Ahmen die Kinder das Verhalten vom Film nach? Ja! Alle Kinder ahmen es nach. Sie beschimpfen die Puppe auch, sogar mit den Neologismen, die im Film benutzt wurden. Der einzige Unterschied liegt im Ausmaß der Nachahmung. ohne zusätzlichen Anreiz mit zusätzlichen Anreiz Vorbild Vorbild keine belohnt bestraft Konsequenzen Versuchsbedingungen KG + VG1 reagieren stark, VG2 weniger stark. 2. Phase: Die Kinder werden aufgefordert, so zu handeln wie im Film und bekommen eine Belohnung versprochen (Süßigkeiten). Bei VG2 (Bestrafung) ist kein unterschied mehr zu den anderen Gruppen. Spontanverhalten sagt also nicht direkt etwas über das Gelernte/Lernen aus. Seite 2 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 „Lernen“: Speicherung des an einem Modell beobachteten Verhaltens im Langzeitgedächtnis. = rein kognitiver Vorgang – nicht beobachtbar (anders als Behaviorist) Welche Faktoren beeinflussen die Speicherung im LZG? o Aufmerksamkeit o Bilder oder Sprache? o Art der Kodierung … Die kognitive Psychologie akzeptiert innere Vorgänge. (Das Erklären von Lernen ist einfacher.) Reicht beobachten zum Lernen aus? „Lernen“ eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Ausführung einer Verhaltensweise (Nachahmung). Wovon hängt Nachahmungsverhalten ab? 1) Lernen 2) motivationale Faktoren = Verstärkungserwartung: erwartete Konsequenzen Verhalten ist konsequenzabhängig. Modell des Beobachtungslernens nach Bandura Siehe Folie (nur zum Verständnis, kein Prüfungsstoff) Europa: Gestaltpsychologie – Lernen durch Einsicht Psychologie des Denkens Wolfgang Köhler (1887-1967) Köhlers Karriere begann in Teneriffa. Er war 7 Jahre in der dortigen Anthropoidenstation und führte Experimente an Schimpansen durch. Seine theoretischen Überlegungen (wie Thorndike): Ein Tier sitzt in der Puzzlebox, die hinten offen ist. Auf der Vorderseite außerhalb des Käfigs liegt eine Belohnung. Köhler beobachtet das Abb. a Verhalten des Tieres. Sein Hund schaffte es auf direktem Weg. (siehe Abb. a). Auch seine Tochter ging auf direktem Weg zur Puppe. Abb. b stellt den Lösungsversuch eines Hühnerkükens. Das Küken „verirrte“ sich durch Zufall aus dem Käfig und gelangt zum Futter. Abb. b Köhler meinte deswegen: Das Lernprinzip von Thorndike ist wichtig, aber höher organisierte Lebewesen reagieren anders als einfache Lebewesen; sie lösen die Probleme nicht durch Zufall. Lernen durch Einsicht Seite 3 von 4 Allgemeine Psychologie III WS 2006/2007 VO09 am 24.01.2007 Schimpansenversuche: (siehe auch Bilder) Der Schimpanse ist im Gehege, der Zielgegenstand (eine Banane) hängt an der Decke. Der Schimpanse kann sie nicht durch springen erreichen. Es gibt aber Hilfsmittel (Köhler nannte sie „Werkzeuge“) = Kisten im Gehege. Können die Schimpansen die Kisten stapeln um die Banane zu erreichen? Ja! Sie stellen die Kisten übereinander, aber nicht sehr stabil. Wichtig: Sie lösten die Probleme allein: das Kistenstapeln hat ihnen keiner gezeigt! (Die Tiere beobachten sich aber gegenseitig.) Weitere Experimente: Ein Schimpanse sitzt im Käfig. Außerhalb des Käfigs liegt eine Banane, soweit weg, dass der Affe sie mit den Hilfsmitteln = Stöcke, nicht erreichen kann. Der Affe hat verschieden dicke Stöcke zur Verfügung, die ineinander gesteckt werden können und somit eine Verlängerung möglich wäre. Der Affe versucht mit einem Stock an die Banane ran zu kommen, es gelingt ihm aber nicht. Er ärgert sich und wendet sich von der Banane ab, spiel aber mit den Stöcken. Jedoch schaut er im Spiel immer wieder zur Banane (ständiger Kontakt zw. Stöcken und Zielobjekt. Im Spiel gelang es dem Schimpansen 2 Stöcke ineinander zu stecken (durch Zufall). Plötzlich springt er auf und holt sich mit dem verlängerten Stock die Banane. Lernen durch Einsicht. Er hat laut Köhler eine schlechte Gestalt in eine gute Gestalt übergeführt. Vorhandenes umgestalten in eine gute Gestalt. Ohne probieren stürmte der Affe hin und holte sich die Banane Einsicht. Er hat beim Anblick des längeren Stockes verstanden (eingesehen), dass er damit sein Futter erreicht. Ich wünsche allen viel Erfolg bei der Prüfung und natürlich viel Spaß beim Lernen ☺ ! Liebe Grüße Isabella ([email protected]) Seite 4 von 4