Das Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils

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Die katholische Kirche vor den Herausforderungen einer neuen Zeit
Das Programm des Zweiten Vatikanischen Konzils
In seinen Dokumenten wollte das Konzil Wegweiser für die zukünftige Entwicklung der
Kirche und der Gesellschaft aufstellen. Sie zielten ab auf:
• Kollegialität und Dezentralisierung: Papst und Bischöfe haben zusammen die kollegiale Leitung der Gesamtkirche inne. Bischöfe und Bischofskonferenzen erhalten eine
größere Entscheidungskompetenz (Landessynoden). Gleichwohl bleiben Primat und die
Unfehlbarkeit des Papstes unangetastet.
• Stellung der Laien: Das Konzil wertet die Laien und ihre Arbeit als eigenständigen
Dienst in Kirche und Welt auf. Ihnen wird Mitsprache in der Kirche eingeräumt. Entscheidungs- oder Mitbestimmungsrechte in Fragen des Glaubens und der Kirchenleitung bleiben ihnen aber vorenthalten.
'• Liturgiereform: Der seit dem Trienter Konzil (1545-1563) unveränderte Gottesdienstablauf wird grundlegend reformiert, u. a. durch die Einführung der Volkssprache statt
des Lateins, durch die stärkere Betonung des Wortgottesdienstes und die Hervorhebung des gemeinschaftlichen Mahles vor dem Opfercharakter der Messe.
• Christliche Ökumene: Das Konzil bekennt die katholische Mitschuld an der Kirchenspaltung und bittet um Verzeihung. Andere christliche Gemeinschaften werden als
Kirchen anerkannt. Trotz des Aufrufs zur Zusammenarbeit bleiben aufgrund des
Wahrheits- und Selbstverständnisses der katholischen Kirche in zentralen Glaubensund
Lebensbereichen weiterreichende Wünsche unerfüllt, z. B. Interkommunion, gemeinsame sonntägliche Gottesdienste oder Mitgliedschaft der katholischen Kirche im
Ökumenischen Rat der Kirchen.
• Kirche und Judentum: Das Konzil besinnt sich auf die jüdische Herkunft des Christentums und das gemeinsame Erbe. Es setzt sich ab von Antisemitismus (Judenfeindschaft
aus rassistischen Gründen) und von der vorurteilsbeladenen Darstellung des jüdischen
Glaubens (Antijudaismus), überwindet das Jahrhunderte alte Fehlurteil von der Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu („Gottesmord") und bekennt, dass die besondere
Erwählung des Judentums unwiderruflich ist.
• Wertschätzung der nichtchristlichen Religionen: Die katholische Kirche revidiert ihr
Verhältnis zu den nichtchristlichen Religionen. Sie entdeckt Gemeinsamkeiten und
erkennt die Werte der anderen Religionen an, ohne allerdings auf den eigenen Wahrheitsanspruch zu verzichten.
• Religionsfreiheit: Niemand darf zum Glauben gezwungen werden und alle sind verpflichtet, ihrem Gewissen zu folgen. Denn jeder Mensch hat das Recht und die Pflicht,
die Wahrheit zu suchen und das, was er als richtig erkannt hat, zu tun. Allen Menschen
und Religionsgemeinschaften wird unterschiedslos das Recht auf Religionsfreiheit
zuerkannt.
• Orientierung an der Bibel: Kirche, Glaube und Tradition müssen sich immer neu an der
Heiligen Schrift messen lassen. Die Kirche braucht die Unterstützung durch eine
wissenschaftlich begründete Auslegung der Bibel, weil diese das Wort Gottes in zeitbedingten Denk- und Sprachgewohnheiten enthält.
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Dialog mit der modernen Welt: Die Kirche überwindet ihre Abwehrhaltung und sucht
das Gespräch mit der modernen Welt. Ihre Sorge gilt den Menschen. Sie will nicht
herrschen, sondern dienen, indem sie sich vor allem für die Schwachen und Rechtlosen
einsetzt. Rüstungswettlauf und Krieg werden scharf verurteilt. Das Recht auf
Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen wird anerkannt.
Bereitschaft zu Umkehr und ständiger Reform; Die Kirche erkennt sich im Bild des
pilgernden Gottesvolkes wieder. Ais Gemeinschaft von Heiligen und Sündern ist sie
zwar Zeichen der Nähe Gottes, muss sich aber ständig um ihre eigene Bekehrung und
Reform bemühen.
Kaldewey, Rüdiger: Werter, Aloys (2004): Das Christentum. Geschichte, Politik, Kultur; Religion - Sekundär- stufe I
- II. Düsseldorf: Patmos-Verl., 308-309.
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