Ein guter Plan für die Holzfassade

Werbung
Brandschutz Holzfassade
FRIEDEMANN STEINHAUSEN
14
▴▴Lebendige Architektur im Kontrast zu den üblichen Putz- und Steinfassaden: So wirkt Holz in der Stadt
Ein guter Plan
für die Holzfassade
Holzfassaden sind als normalentflammbar eingestuft.
Bei Mehrgeschossern ist daher von Anfang an
ein guter Plan nötig, um auch von außen Holz zeigen zu können.
68
mikado edition 2014
Brandschutz Holzfassade
JOHANNA SCHACK/EBERL-PACAN ARCHITEKTEN + INGENIEURE BRANDSCHUTZ
14
▴▴Vertikale und horizontale Brandsperren ermöglichen eine variable Fassadengestaltung
F
assaden aus Holz bieten viele Vorzüge: Sie sorgen in
verdichteten Innenstädten für einen sichtbaren Kontrast
zu den üblichen Putz- und Steinfassaden. Ein angenehmes
Wohnklima und die Schonung wertvoller Ressourcen sind weitere
Vorteile, die für die Verwendung von Holz als Fassadenoberfläche
sprechen.
Doch trotz dieser Vorzüge und vieler Versuche, die Genehmigung
mehrgeschossiger Holzbauten zu erleichtern, sind Holzfassaden
baurechtlich als „normalentflammbar“ einzustufen. Das führt
dazu, dass diese Art der Fassadenoberfläche bei höheren Gebäuden (ab Gebäudeklasse 4) nicht eingesetzt werden darf, da die
Musterbauordnung (MBO) in § 28 (3) fordert: „Oberflächen von
Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar
sein.“ Weitere Hindernisse für den Holzbau stellen die Detailausbildung bei Brandwänden, die an Außenwände stoßen, und der
erforderliche Nachweis des feuerhemmenden Raumabschlusses
von nicht tragenden Außenwänden dar.
Abweichung vom Baurecht
Trotzdem ist die Verwendung von Holz an der Außenwand
möglich, wenn Abweichungen vom Baurecht beantragt und
genehmigt werden. Dazu ist es notwendig, geeignete bauliche
Maßnahmen (Kompensationen) zu finden, die eine Brandausbreitung oder Brandweiterleitung verhindern und Schäden durch
www.mikado-online.de
Feuer vermeiden. Außerdem müssen die Genehmigungsbehörden
zufriedengestellt werden.
Die Gefahr der Brandausbreitung über die Fassade besteht
hauptsächlich bei einem Brand innerhalb des Gebäudes, der durch
ein geborstenes Fenster nach außen schlägt. Über die Fassadenoberfläche oder über den Kamineffekt einer Hinterlüftungsebene kann
er sich nach oben ausbreiten und weitere Geschosse gefährden.
Dabei steigt das Risiko der Brandweiterleitung von einschaligen
über belüftete zu hinterlüfteten Fassadensystemen (zum Beispiel
Doppelfassaden) an.
Geeignete Mittel zur Kompensation
Um diese Gefahren zu minimieren bzw. zu vermeiden, gibt es eine
Reihe geeigneter Maßnahmen, mit denen die brandschutztechnischen Schutzziele der Bauordnung trotz Abweichung eingehalten
werden.
Oberfläche mit Brandschürzen
Die MBO besagt in § 28 (1), dass Außenwände und Außenwandteile
wie Brüstungen und Schürzen so auszubilden sind, dass eine
Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang
begrenzt ist. Um dieser Anforderung gerecht zu werden, können
Brandschürzen (zum Beispiel Blech mit einer Stärke >1 mm)
eingesetzt werden, die mindestens 15 mm über die Oberfläche
hinausragen. Brandversuche haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, bei
69
Brandschutz Holzfassade
JOHANNA SCHACK/EBERL-PACAN ARCHITEKTEN + INGENIEURE BRANDSCHUTZ
14
▴▴In enger Abstimmung mit dem Architekten entwickelt: Detail der Holzfassade an der Nachbarbrandwand
Gebäuden mit mehr als zwei Obergeschossen in jedem Geschoss
solche Brandsperren vorzusehen, um einer geschossübergreifenden Brandausbreitung vorzubeugen. Flammen können in einem
Brandfall weit über ein Geschoss hinausschlagen und Personen
in den Geschossen darüber gefährden.
Je nach architektonischem Entwurf können vertikale und
horizontale Brandsperren eingesetzt und variable Fassadengestaltungen ermöglicht werden. Ein Brand bleibt im Wesentlichen
innerhalb eines eingegrenzten Bereiches.
wie Doppelfassaden und hinterlüfteten Außenwandbekleidungen … gegen die Brandausbreitung besondere Vorkehrungen zu
treffen“ sind.
Eine mögliche Maßnahme ist dabei die Absperrung (Verblockung) der Hinterlüftungsebene. Sie dient der Begrenzung
der Brandausbreitung im Luftraum der Hinterlüftung über eine
ausreichend lange Zeit durch Unterbrechung oder Reduzierung
des freien Querschnitts. Dadurch wird eine Brandweiterleitung zu
darüber liegenden Geschossen behindert.
Hinterlüftung mit Verblockung
Verschiedene Brandsperren möglich
Viele Fassadenkonstruktionen werden hinterlüftet ausgeführt.
Sie bestehen aus mehreren Schichten: Fassadenbekleidung, Hinterlüftungsebene, Dämmung, Unterkonstruktion und tragendes
Bauteil. Neben ihren guten physikalischen Eigenschaften (zum
Beispiel bei der Wärmedämmung) bieten sie einen hohen Grad
an Gestaltungsmöglichkeiten.
Bei hinterlüfteten Fassaden aus nicht brennbaren Baustoffen wie
z. B. aus Metall oder Naturstein können verschiedene Brandsperren
wie Lochbleche oder aufschäumendes Material verwendet werden.
Diese Möglichkeiten sind auch bei Holzfassaden umsetzbar. Unter
bestimmten Voraussetzungen können, abweichend von der Anlage
DIN 18516-1, die nicht brennbare Materialien vorschreibt, Brandsperren oder Verblockungen aus Holz verwendet werden.
Vorsicht vor Kamineffekt
Bei der Auswahl der äußersten Schicht sind kaum Grenzen gesetzt,
allerdings ist die Hinterlüftungsebene brandschutztechnisch
genauer zu betrachten, da dort durch die Luftzirkulation hinter
der Außenhaut ein sog. „Kamineffekt“ entsteht. Das bedeutet,
dass im Brandfall Flammen und heiße Brandgase ungehindert
aufsteigen und in anderen Gebäudeteilen Schaden anrichten
können. So kann aus einem Entstehungsbrand – von außen
nicht sichtbar – schnell ein Vollbrand werden, der dann von
der Feuerwehr nur noch schwer in den Griff zu bekommen ist.
In § 28 (4) der MBO steht deshalb, dass „bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen
70
mikado edition 2014
Weitere Maßnahmen
Brandschürzen oder -sperren sind nicht erforderlich, wenn zum
Beispiel die Brandausbreitung durch den konsequenten Versatz
der Fensteröffnungen in den einzelnen Geschossen oder durch
Streifen aus nicht brennbaren Materialien behindert wird.
Ein alternatives Konzept, Fassaden aus Holz zu schützen, ist
die Installation einer Sprinkleranlage an der Fassade, die eine
Brandentstehung oder -weiterleitung verhindert. Die Sprinkleranlage kann entweder dauerhaft durch einen Tank oder nur im
Brandfall über eine trockene Steigleitung durch die Feuerwehr
mit Löschwasser versorgt werden.
14
Brandschutz Holzfassade
Anschluss an Brandwände
Nach Musterbauordnung dürfen brennbare Bauteile der Fassade
oder des Daches nicht über Brandwände hinweggeführt werden.
Dies gilt für innere Brandwände und Gebäudeabschlusswände,
die als Brandwände ausgebildet werden müssen. Zur Unterbrechung des Feuerüberschlags an diesen Wänden können an der
Holzfassade Brandsperren und Streifen aus nicht brennbaren
Fassadenoberflächen verwendet werden.
Da diese Maßnahmen meist für den Brandschutz größerer
Gebäude – zum Beispiel länger als 40 m oder Sonderbauten –
erforderlich sind, empfiehlt es sich ganz besonders, sie rechtzeitig
zu planen und in den Brandschutznachweis aufzunehmen. So
können in enger Abstimmung mit dem Architekten bereits
frühzeitig Details entwickelt werden, die hier sowohl die hohen
Anforderungen an den Brandschutz als auch die an die technische
und ästhetische Ausbildung der Fassade erfüllen.
Außenwände und Raumabschluss
Nach § 28 (2) Satz 1 der Musterbauordnung (MBO) sind „nicht
tragende Außenwände und nicht tragende Teile von Außenwänden
… aus brennbaren Stoffen zulässig, wenn sie als raumabschließende Bauteile feuerhemmend sind“.
Sie können als feuerhemmend klassifiziert werden, wenn sie
entweder die Bedingungen nach DIN 4102-2 einhalten oder
nach DIN EN 1363-1 geprüft wurden und dabei für mindestens
30 Minuten die Anforderungen Raumabschluss und Wärmedämmung (im Brandfall) erfüllen. Dies muss durch ein allgemeines
bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) als Verwendbarkeitsnachweis
nachgewiesen werden. Dieser hat vor dem Einbau auf der Baustelle
vorzuliegen. Der Hersteller, in der Regel die ausführende Firma,
hat eine Übereinstimmungserklärung anzufertigen, mit der die
korrekte Ausführung der Bauart bescheinigt wird.
Fazit
Die Verwendung von Holzbaustoffen für Fassaden von größeren
Gebäuden (Gebäudeklasse 4 und 5 oder Sonderbauten) ist möglich,
wenn die Normalentflammbarkeit dieser Baustoffe hingenommen
und durch andere brandschutztechnische Maßnahmen kompensiert wird. Diese Maßnahmen müssen bereits in der frühen
Planungsphase gut durchdacht sein. Zudem muss die Ausführung
gewissenhaft umgesetzt und überwacht werden. In Zukunft wird
es sicherlich weitere innovative Entwicklungen zur Verwendung
von Holz als sichtbares Bauteil geben, die unsere gewohnten
Stadtbilder bereichern und für ein gesundes Wohnklima sorgen.
Filipp Neuhardt (M.A. Architektur), Berlin ▪
Die Literaturhinweise zum Beitrag finden Sie im Internet auf
www.mikado-online.de → Downloads
Zimmerer und Holzbauer aufgepasst
Juni 2014
edition
ISSN 0944-5749
12,80 =C
edition ı Juni 2014
Unternehmermagazin für Holzbau und Ausbau
Mehrgeschosser
mikado – das Unternehmermagazin für Holzbau und
Ausbau – ist offizielles Verbandsorgan von Holzbau
Deutschland. mikado überzeugt mit fundiert recherchierten
Beiträgen, brillanten Fotos und aussagekräftigen Plänen.
Darüber hinaus erhalten Sie als Stammleser weitere
Pluspunkte: Abo-Prämien, kostenlose Newsletter und vier
exklusive Sonderhefte mikadoplus pro Jahr.
Mehrgeschosser
Abonnieren Sie jetzt per Telefon 0 82 33/23-40 00
oder per E-Mail [email protected]
www.mikado-online.de
Holz meistert jede Höhe
Organ von
71
Herunterladen