Details im Griff September 2014 Holzfassaden Haltet den Brand auf! Holzfassaden sieht man nun auch in Städten immer häufiger. Bei ihrer Realisierung ist auf die Kombination von Brandwand und brennbarer Fassade besonders zu achten. Wo lauern die Gefahren? Die sichtbare Fassade ist als diffusionsoffene Holzwand (normalentflammbarer Baustoff) geplant. Innerhalb des Gebäudes werden durch eine innere Brandwand zwei Brandabschnitte gebildet. Die Brandwand verspringt dabei zwischen dem Erdgeschoss und dem 1. Obergeschoss von der Achse 9 zu Achse 10 (siehe Foto, Seite 36 oben). Schadensbild Objekt Die Aufgabe: ein Brandschutzgutachten für ein neues Firmengebäude mit Holzfassade. Die Bruttogrundfläche des Gebäudes beträgt etwa 13 700 m². Zusätzliche Erweiterungen sind vorgesehen. Die obersten Geschosse, in denen Aufenthaltsräume möglich sind, liegen zwischen 8,70 m und 12,20 m Gebäudehöhe. Aufgrund der Größe der Nutzungseinheiten liegt somit gemäß Berliner Bau-Ordnung (BauO Bln) Gebäudeklasse 5 vor. Außerdem gilt der Neubau wegen der Größe der Nutzungseinheiten als Sonderbau. Der gesamte Gebäudekomplex wird durch eine Brandmeldeanlage überwacht, die auf die zuständige Meldestelle der Feuerwehr aufgeschaltet wird. Damit sind eine frühzeitige Entdeckung von Bränden in der Entstehungsphase und eine schnelle Alarmierung der Feuerwehr gewährleistet. www.mikado-online.de ▴▴So wird das neue Firmengebäude mit Holzfassade aussehen Das Schutzziel von Brandwänden ist eine ausreichend lange Verhinderung der Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Brandabschnitte. Aufgrund der Brennbarkeit von Holz ist die Brandweiterleitung die größte Gefahr. Sie kann massive Brandschäden an einem Gebäude verursachen. Ohne rechtzeitiges Eingreifen bzw. Löschen durch die Feuerwehr setzt sich ein Brand auf der Fassade ungehindert fort. Dann ist im schlimmsten Fall sogar die völlige Zerstörung eines Gebäudes möglich. Um dies zu verhindern, sind die Schutzziele ein- Auf einen Blick Objekt Neubau eines Firmengebäudes in Berlin Schadensbild Brandweiterleitung über Brandwände hinaus Schadensursachen Brennbare Materialien im Bereich von Brandwänden und mangelhafte Anschlüsse Schadens­ vermeidung Brandschutztechnisch optimale Planung von Brandwänden bei Holzfassaden zuhalten. Der Detailausbildung des Anschlusses von Brandwand und brennbarer Fassade kommt deshalb eine wichtige Bedeutung zu. Schadensursachen Die Brandweiterleitung über Brandwände hinaus kann viele Ursachen haben. Oftmals ist eine mangelhafte oder nicht sachgemäße Ausführung auf der Baustelle der Grund für die Übertragung von Feuer auf andere Brandabschnitte. Dabei ist die falsche Verwendung von Baumaterialien wie brennbaren Dämmungen häufig ausschlaggebend für Schäden. Geringe Produktkenntnisse und Fachwissen stellen immer wieder Hindernisse bei der korrekten brandschutztechnischen Ausführung dar und können so Be- und Anwohner gefährden. Aber nicht nur ausführende Firmen tragen ihren Teil dazu bei. Auch Fachplaner schätzen das Brandrisiko des Öfteren falsch oder ungenügend ein. Oder anders gesagt, sie bewerten es fehlerhaft. Vor allem beim Brandschutz im Holzbau sind die erhöhten Anforderungen durch die Brennbarkeit des Holzes, der daraus resultierende Umgang mit „Erleichterungen/Abweichungen“ von den entsprechenden Verordnungen und die dazugehörigen Kompensationsmaßnahmen entscheidend für die Genehmigungsfähigkeit bzw. das Gelingen eines Projektes. Eine Sicherstellung analog dem Baurecht ist darum unumgänglich, um eine Brandweiterleitung zu verhindern bzw. die Schutzziele des Brandschutzes einzuhalten. 35 Brandwand Brandsperren (horizontale Brandsperren; ≥ 15 mm) Auskragung im Deckenbereich ≥ 15 mm keine brennbaren Dämmstoffe (normalentflammbare Oberfläche, mit Fenstern) Auskragung im Bereich des Brandwandversatzes (Decke im Erdgeschoss ≥ 30 cm) Schadensvermeidung Außenwände: Die Bekleidung der Fassade im Außen- sowie im Innenbereich besteht aus normalentflammbaren Baustoffen (Holz). Das Schutzziel, die Brandausbreitung ausreichend lange zu begrenzen und eine Brandausbreitung auf andere Geschosse zu verhindern, wird dennoch eingehalten. Als Kompensationsmaßnahme wird die Holzfassade durch horizontal durchgängige Brandsperren ≥ 15 mm pro Geschoss in Höhe des Fenstersturzes unterbrochen. Alternativ können die Brandsperren in Höhe der Fensterbank bzw. in Höhe der Geschossdecke verlaufen. Die Hinterlüftung der Außenwand wird auf Höhe der Decke in jedem Geschoss durch eine horizontale HolzVerblockung (Höhe ≥ 50 mm) bzw. Schürzen aus Metall (Stahl, Aluminium) unterbrochen. Durch die Ausbildung der Brandsperren innerhalb der Fassade wird eine geschossübergreifende Ausbreitung des Brandes im Hohlraum (Hinterlüftung) verhindert. Die Hinterlüftung der Holzfassade wird zusätzlich vertikal im Bereich und über die Breite der Brandwand durch ein U-Profil aus Stahl mit entsprechender Befestigung unterbrochen. Die Dämmebene im Bereich der Brandwand sowie beidseitig 1 m im Außenwandbereich wird mit nichtbrennbarer Dämmung mit einem Schmelzpunkt > 1000 °C ausgefüllt. (Innere) Brandwand: An die Decke besteht gemäß § 30 (4) Nr. 2 BauO Bln die Anforderung, „nichtbrennbar und feuerbeständig in der Breite des Versatzes“ zu sein. Dies wird in diesem Objekt nicht erfüllt. Bei der Deckenkonstruktion handelt es sich um eine Holz-Beton-Verbunddecke und bei der Außenfassade um einen diffusionsoffenen Holzbau. Das Schutzziel, die Brandausbreitung ausreichend lange zu verhindern, wird aber auch hier erreicht. Die Decke mit den Stützen und der Wandscheiben-Tragkonstruktion ist auf Abbrand von 90 Minuten Tragfähigkeit [Wandscheiben REI 90, Decken: REI 90 – E-d1; Stützen: R 90] ausgelegt. Zusätzlich wird die Decke beidseitig (von oben und unten) im Bereich des Versprungs nichtbrennbar bekleidet. So entsteht ein Feuerwiderstand von 90 Minuten, ohne im Zusammenhang mit den tragenden Teilen der Decke zu stehen (Achse 9 bis 10, siehe Foto oben). Innerhalb der Fassade wird zur Verhinderung des Brandüberschlages auf den nächsten Brandabschnitt eine vertikale Brandsperre ≥ 15 cm im Verlauf der Brandwände (siehe Foto oben, lila Linie) geplant. Die brennbaren Bauteile werden im Bereich der Brandwände durch nichtbrennbare Bauteile unterbrochen. Die Dämmung wird im Außenfassadenbereich des Brandwandversatzes über zwei Geschosse nichtbrennbar (rosa Fläche) ausgeführt. Die Brandwand ist durch Schilder „Brandwand“ gemäß DIN 4066-E4 zu kennzeichnen. Um den Brandüberschlag in der Fassade zu verhindern, wird die Decke im Erdgeschoss mit einer min- 36 mikado 9.2014 ▴▴Schematische Ansichtsdarstellung der verspringenden Brandwand und der Brandsperren destens 30 cm tiefen Auskragung im Bereich des Brandwandversatzes (rot eingekreister Bereich) ausgebildet. Damit ist das Schutzziel von Decken, dass diese im Brandfall ausreichend lange standsicher und widerstandsfähig gegen die Brandausbreitung sein müssen, gewährleistet. Die Holzfassade wird geschossweise durch horizontale, durchgängige Brandsperren (≥ 15 mm; Abb. Nr. 3, grüne Linie) in Höhe der Fensterstürze unterbrochen. Brandschutztechnisch ist zu beachten, dass innerhalb des Deckenbereiches zwischen Achse 9 und 10 (Versprung) keine Öffnungen (Durchbrüche) zulässig sind. Weiter ist die Ausführung der inneren Brandwand entsprechend der BauO Bln als feuerbeständige Wand unter zusätzlicher mechanischer Belastung [REI-M 90] 50 cm über Dach zu führen. Die Abschlüsse in den Öffnungen innerhalb der Brandwand sind als feuerbeständige, dicht- und selbstschließende Türen ausgeführt. Sie werden mit Feststellanlagen ausgestattet, die bei Raucheinwirkung selbsttätig schließen. ▪ Der Autor Filipp Neuhardt (M.A. Architektur) ist Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz (EIPOS) und Mitarbeiter im Büro Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz. EBERL-PACAN GESELLSCHAFT VON ARCHITEKTEN MBH Details im Griff September 2014