Dioxin-ähnlicher Botenstoff macht Hirntumoren besonders aggressiv

Werbung
Powered by
Seiten-Adresse:
https://www.gesundheitsindustriebw.de/de/fachbeitrag/pm/dioxin-aehnlicher-botenstoffmacht-hirntumoren-besonders-aggressiv/
Dioxin-ähnlicher Botenstoff macht Hirntumoren
besonders aggressiv
Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums
Heidelberg entdecken einen neuen, an einen Dioxin- Rezeptor gekoppelten Stoffwechselweg,
durch den das Immunsystem geschwächt und das Wachstum von bösartigen Hirntumoren
gesteigert wird. Gliome sind die häufigsten und bösartigsten Hirntumoren bei Erwachsenen.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 4.500 Menschen an einem Gliom.
Eine Forscherallianz des Universitätsklinikums Heidelberg und des Deutschen
Krebsforschungszentrums hat gemeinsam mit Kollegen des Helmholtz-Zentrums für
Umweltforschung in Leipzig einen neuen Stoffwechselweg entdeckt, der bei Patienten mit
bösartigen Hirntumoren (Gliome) den Tumor aggressiver macht und das Immunsystem
schwächt. Die Blockierung dieses Stoffwechselwegs mit Hilfe von Medikamenten stellt einen
neuen Angriffspunkt für die Krebsbehandlung dar. Die Arbeiten sind in der aktuellen Ausgabe
der bedeutenden Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.
Gliome sind die häufigsten und bösartigsten Hirntumoren bei Erwachsenen. In Deutschland
erkranken jährlich ca. 4.500 Menschen an einem Gliom. Etwa 75 Prozent davon gelten als
besonders aggressiv. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt acht Monate bis zwei
Jahre. Standardtherapie ist die möglichst vollständige Entfernung des Tumors gefolgt von
einer Strahlenbehandlung, meist in Kombination mit Chemotherapie . Dennoch sind die
Resultate unbefriedigend, da der Tumor eine hohe Widerstandskraft besitzt und frühzeitig
nachwächst. Neue Behandlungsansätze werden daher dringend benötigt.
Im Hirntumorgewebe kann sowohl das Enzym TDO (rot) als auch der Dioxin-Rezeptor AHR (braun) in denselben
Arealen nachgewiesen werden (Färbung: Felix Sahm, Abteilung Neuropathologie, Universitätsklinikum Heidelberg. ©
Nature
1
Tumoren wachsen stärker und Immunsystem wird geschwächt
Die Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe Experimentelle Neuroimmunologie am Deutschen
Krebsforschungszentrum unter Leitung von Professor Dr. Michael Platten sowie die Abteilung
Neuroonkologie des Universitätsklinikums Heidelberg und des Nationalen Centrums für
Tumorerkrankungen unter der Leitung von Professor Dr. Wolfgang Wick sind bei ihren Arbeiten
an Zellen von Krebspatienten sowie im Mausmodell auf die Spur des Moleküls Kynurenin
gestoßen. Es entsteht, wenn im Körper die Aminosäure Tryptophan - ein Bestandteil von
Eiweißen, die mit der Nahrung aufgenommen werden - abgebaut wird. "Wir konnten in
Krebszellen von Gliom-Patienten, bei denen der Tumor besonders aggressiv ist, verstärkt
Kynurenin nachweisen", erklärt Professor Michael Platten. Aber auch bei anderen Krebsarten,
wie z.B. Blasen-, Darm-, oder Lungenkrebs, scheint nach den aktuellen Heidelberger
Forschungsergebnissen dieser Zusammenhang zu bestehen.
Prof. Dr. med. Michael Platten © DKFZ
Was die Forscher noch mehr erstaunte: Kynurenin aktiviert den so genannten Dioxinrezeptor.
Dies führt wiederum zu einer Kette von Reaktionen, die schließlich das Tumorwachstum
fördern und das Immunsystem schwächen. Bislang war lediglich bekannt, dass der
Dioxinrezeptor, wissenschaftlich auch Arylhydrokarbonrezeptor (AHR) genannt, durch
Umweltgifte, z.B. das krebserregende Dioxin, aktiviert wird. "Warum dieser Rezeptor überhaupt
in Körperzellen vorhanden ist und welchen körpereigenen Aktivierungspartner er hat, war
bislang nicht bekannt", so Dr. Christiane Opitz, Erstautorin der Forschungsarbeit. Aber:
"Kynurenin scheint ganz ähnliche Auswirkungen zu haben wie Dioxin, nur dass es vom Körper
2
selbst gebildet wird", erläutert Professor Platten.
Und noch ein weiteres Novum können die Forscher präsentieren: Der Abbau der Aminosäure
Tryptophan erfolgte durch einen Eiweißstoff, ein so genanntes Enzym, den die Wissenschaftler
bislang vor allem in Leberzellen entdeckt hatten. "Dass das Enzym mit dem Namen
Tryptophan-Dioxygenase, kurz TDO, auch in Krebszellen und verstärkt in besonders
aggressiven Tumoren aktiv ist, hat uns überrascht."
Substanzen suchen, die diesen Stoffwechselweg gezielt blockieren
Der neu entdeckte Stoffwechselweg stellt einen möglichen Angriffspunkt für die Krebstherapie
dar. Ziel ist es, das Tumorwachstum zu hemmen und das Immunsystem zu stärken. "Wir
werden nach Substanzen suchen, die diesen Stoffwechselweg gezielt blockieren und sich als
mögliche Tumormedikamente eignen", blickt Professor Wolfgang Wick in die Zukunft.
Pressemitteilung
12.10.2011
Quelle: Universitätsklinikum und Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg (06.10.11)
Weitere Informationen
Literatur:
Christiane A. Opitz, Ulrike M. Litzenburger, Felix Sahm, Martina Ott, Isabel Tritschler, Saskia Trump, Theresa
Schumacher, Leonie Jestaedt, Dieter Schrenk, Michael Weller, Manfred Jugold, Gilles J. Guillemin, Christine L.
Miller, Christian Lutz, Bernhard Radlwimmer, Irina Lehmann, Andreas von Deimling, Wolfgang Wick, Michael
Platten. An endogenous ligand of the human aryl hydrocarbon receptor promotes tumor formation. An
endogenous ligand of the human aryl hydrocarbon receptor promotes tumor formation. DOI:
10.1038/nature10491 n:
Prof. Dr. med. Michael Platten
Leiter der
Helmholtzgruppe Experimentelle Neuroimmunologie
Deutsches Krebsforschungszentrum
Ltd. Oberarzt Abteilung Neuroonkologie Neurologische Universitätsklinik Heidelberg Nationales Centrum für
Tumorerkrankungen
E-Mail: michael.platten(at)med.uni-heidelberg.de
Tel.: 06221-56-6804Prof. Dr. med. Wolfgang Wick
Ärztl. Direktor
Abteilung Neuroonkologie
Neurologische Universitätsklinik Heidelberg
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen KKE Neuroonkologie (G370) Deutsches
Krebsforschungszentrum
E-Mail: wolfgang.wick(at)med.uni-heidelberg.de
Tel.: 06221-56-7075
3
4
Herunterladen