Globalisierung der Lehre Kultur- und

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12. Oktober 2012
Thema
von Martina Kobiela
Raphaël Kilchör ist an zwei Vormittagen
in der Woche Buschauffeur in der Stadt
Zürich. Er ist verheiratet, zahlt Kirchensteuer und gibt auf offiziellen Dokumenten “katholisch” als Konfession an. Das
ist alles richtig. Aber diese Beschreibung
könnte kaum weiter von der Realität entfernt sein.
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Kelsang Gyalchog ist buddhistischer
Mönch katholischer Konfession
Denn obwohl auf seiner Identitätskarte
Raphaël Kilchör steht, heisst der Mann,
der mit einem Lächeln die Tür zum Innenhof des Centro Menla in Locarnos
Altstadt öffnet, eigentlich Gen Kelsang
Gyalchog, aber man solle ihn doch einfach Gyalchog nennen. Er ist der neue
Leiter des buddhistischen Kadampa-Zentrums in Locarno, des Centro Menla. Er
sieht nicht aus, wie man sich buddhistische Mönche meist vorstellt. Gyalchog ist
gross, hat eine hervorstehende Nase und
abstehende Ohren. Aber er trägt eine bodenlange rot-gelbe Robe die von einem
grellen orangen Gürtel zusammengehalten wird. Was sagen denn Buddhisten aus
Asien dazu, wenn sie einen Europäer in
der Mönchskutte sehen? Gyalchog meint:
“Anfangs finden sie es komisch, dass ein
Westler die Robe trägt.” Die Meditationskurse und Vorträge im Centro Menla werden ausschliesslich von “Westlern”, wie
er sagt, besucht. Der neue Zentrumsleiter
erklärt, dass etwa die Hälfte der Besucher
deutsch- und die andere Hälfte italienischsprachig sei. Deswegen ist auch das
Angebot im Zentrum zweisprachig. Der
Kadampa-Mönch selbst spricht kein Italienisch, seine Vorträge werden übersetzt.
Wie es in der Broschüre des buddhistischen Kadampa-Zentrums über den Lehrer Gyalchog heisst, sei er ein Beispiel für
die Verbindung eines spirituellen Lebens
als buddhistischer Mönch mit einem aktiven westlichen Lebensstil.
Moderne westliche Präsentation einer
jahrtausendealten asiatischen Lehre
Er erklärt, dass die Texte des modernen
Kadampa-Buddhismus, wie sie der
Gründer der Tradition Geshe Kelsang
Gyatso verfasst hat, so geschrieben seien, “damit wir etwas damit anfangen
können.” Es sei eine moderne westliche
Präsentation der jahrtausendealten asiatischen Lehre: “Es ist ein moderner
Buddhismus, den wir in unserem Alltag
umsetzen können.” Dazu gehöre, dass
nur Mönche und Nonnen äussere Veränderungen, wie das Tragen der Roben
und das kurzgeschorene Kopfhaar, vornehmen. Die anderen Besucher der Seminare und Meditationskurse müssten
sich nicht anders kleiden oder zum Beispiel vegetarisch essen. “Der KadampaBuddhismus ist für alle nützlich”, betont Gyalchog. Es gehe darum eine andere Sichtweise auf die Welt kennenzulernen. Dazu müsse auch niemand aus
der angestammten Kirche austreten.
Einige Stunden pro Woche wird der buddhistische Mönch und Zentrumsleiter in Locarno zum Buschauffeur Raphaël Kilchör
Das Centro Menla hat einen neuen Leiter, der den Buddhismus der Neuen
Kadampa-Tradition lehrt – auf deutsch und mit italienischer Übersetzung
DEUTSCHSCHWEIZER
MÖNCH IN LOCARNO
Genauso wie Gyalchog offiziell noch
katholischer Konfession ist.
“Unterschiede zwischen Christentum
und Buddhismus sind nicht so gross”
Dazu meint er einerseits: “die Unterschiede zwischen dem Christentum und
dem Buddhismus sind nicht so gross.
Beide glauben an das Weiterleben nach
dem Tod”, und andererseits zur Kirchensteuer, die er weiterhin bezahlt: “die
brauchen auch ein bisschen Unterstützung.” Was ihn persönlich vor ziemlich
genau 20 Jahren, als er erstmals in Kontakt mit der Neuen Kadampa-Tradition
des Buddhismus kam, von der asiatischen Religion überzeugte, drückt er
heute so aus: “Endlich sagte einmal jemand, wie es ist.” Der Buddhismus sei
für ihn, im Gegensatz zum Katholizismus, logisch nachvollziehbar. Ähnlich
wie er fänden die meisten Anhänger der
Neuen Kadampa-Tradition über Meditationskurse oder über Lebenshilfe-Angebote, wie die regelmässigen Vorträge und
Tageskurse, zum Buddhismus. Zugang
finden viele auch über die Homepage des
Centro Menla (www.buddhismo.ch).
Die meisten Besucher sind Buddhisten
der ersten Generation
Tatsächlich seien die meisten Besucher
des Zentrums und seines Tempels in der
Altstadt Locarnos Buddhisten der ersten
Generation. So auch Gyalchogs armenische Ehefrau. Sie sei zwar nicht als
Nonne ordiniert, teile aber seinen Glauben. “Sie kommt Ende Oktober auch mit
an den Retreat im Wallis.” Doch auch
für buddhistische Mönche und Nonnen,
erklärt Gyalchog, gelte das Zöllibat. Da
er aber bereits verheiratet gewesen sei,
als er ordiniert wurde, musste er sich
nicht von seiner Frau scheiden. Und so
bleibt Gen Kelsang Gyalchog, zölibatär
lebender buddhistischer Mönch der
Neuen Kadampa Tradition, administrativ weiterhin der verheiratete, katholische Raphaël Kilchör, der an zwei Vormittagen in der Woche beim Zürcher
Verkehrsverbund Bus fährt.
Die meisten Anhänger des NKT sind Westler Buddhismus ist nicht gleich Buddhismus
Globalisierung der Lehre
Der Kadampa-Buddhismus entspringt der
Lehre des Mahayana Buddhismus, einer
der drei grossen buddhistischen Lehren,
die sich auf Buddha Shakyamuni beziehen. Er wurde von Atisha, im ersten Jahrtausend nach Christus, gegründet. Atisha
war ein indischer buddhistischer Meister,
der hauptsächlich für die Wiedereinführung des Buddhismus im Tibet des 11.
Jahrhunderts verantwortlich war. In den
letzten 30 Jahren ist der KadampaBuddhismus durch den zeitgenössischen
buddhistischen Meister Geshe Kelsang
Gyatso auf der ganzen Welt in grossem
Masse gefördert worden. Indem er die
Neue Kadampa-Tradition (NKT) – Internationale Union des Kadampa-Buddhis-
mus (IKBU) gründete, hat Geshe Kelsang
eine globale Infrastruktur geschaffen, die
vor allem in den westlichen Ländern viele
Anhänger hat. Die NKT – IKBU ist eine
internationale Vereinigung der mahayanabuddhisitischen Studien- und Meditationszentren, welche der Tradition des Kadampa-Buddhismus folgen, wie es in der
Broschüre
“Moderner
KadampaBuddhismus” der Organisation selbst
heisst und weiter: “obwohl die LinienGurus der NKT von Je Tsongkhapa bis
hin zum Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso tibetische Lamas sind, ist die NKT
kein tibetischer Buddhismus.” Es sei eine
politisch und rechtlich unabhängige
buddhistische Tradition.
mk
Kultur- und Meditationszentren
Es gibt drei Hauptrichtungen im
Buddhismus: Theravada, Mahayana und Vajrayana. Aus diesen
drei Hauptlehren der viertgrössten
Weltreligion entspringen unzählige Schulen, Systeme und Zentren. Auch im Tessin sind viele
verschiedene Lehren präsent. Der
Mahayana Tradition entspringt
zum Beispiel der Buddhismus
nach der Lehre des japanischen
Reformers Nichiren Daishonin aus
dem 13. Jahrhundert, wie er bei
der Gruppe Soka Gakkai, die ein
Kulturzentrum in Lugano unterhält, gelehrt wird. Der VajrayanaTradition entstammt unter anderen
der Diamantweg-Buddhismus der
Karma Kagyü Linie, dessen Zentrum in Locarno ist, der SanghaBuddhismus Sati Zen des Hauses
Tao des St. Gallers Marcel Geisser
ist eine der Schulen, die auf der
Theravada basieren. Die meisten
Zentren berufen sich auf ein tibetisches Erbe, dazu gehören unter
anderem: das Centro Shambhala
Ticino in Giubiasco, das Centro
Lungta in Mergoscia, das Centro
Buddhista Tibetano der Tradition
Sakya in Arosio im Alto Malcantone, das Centro Kun-Zhi Ling in
Agno und das Institut Kalachakra
in Massagno.
mk
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