Die Migros ist humorvoll, intelligent und volksnah

Werbung
Wie soll dann die neue Migros aussehen?
Fühlten Sie sich nie überlastet?
Die Migros ist humorvoll, intelligent und volksnah. So
soll auch die Werbung sein.
Selbstverständlich. Zu Beginn der Ausbildung dachte
ich immer wieder: “Warum tust du dir das an?” Ich habe
aber schnell realisiert, dass mich die Schule leistungsfähiger macht. Sie wirkt beruflich aphrodisierend.
Hatten Sie während des Pitches Kontakt
zu anderen Agenturen?
Ausser beim Briefing ganz am Anfang hatten wir keinen Kontakt zu anderen Agenturen.
In den nächsten Monaten startet die neue
Migros-Kampagne. Wird sie eher print- oder
eher internetlastig sein?
Es werden alle Medien bedient, die für die Masse wichtig sind. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Verkaufspunkte gelegt.
Wie hat sich der Markteintritt von Lidl auf
die Kampagne ausgewirkt? Spüren Sie als
Werbeagentur dadurch einen grösseren Druck?
Das war nicht nötig. Der Druck ist schon gross genug,
wenn man sich anschickt, ein neues Kapitel in der Migros-Werbung zu schreiben. Tritt man dann noch gegen
die besten Agenturen des Landes an, ist der Adrenalinspiegel ohnehin über Normalnull. Die Migros-Kampagne wird die eigenen Stärken in den Vordergrund
stellen, nicht andere Strategien bekämpfen.
Gibt es eine vertragliche Bestimmung über
die Dauer der Zusammenarbeit?
Es gibt keine zeitliche Limitierung. Die Strategie ist
langfristig angelegt.
Aber kann ein erfolgreicher Werber überhaupt noch etwas an
einer Kreativschule lernen?
Kreative Menschen müssen ständig an ihrer Lernkurve
arbeiten. Schon die Bezeichnung Kreative verpflichtet
sie dazu. Kreative erreichen die Spitze oft, weil sie ihr
Handwerk gut beherrschen – weil sie tolle Kampagnen
machen, weil sie Preise gewinnen. Aber selten kommen
sie in den Genuss akademischer Ausbildung. Die Berlin School of Creative Leadership schliesst diese Lücke.
Wenn Sie in Präsentationen nicht irgendwann zum kreativen Clown verkommen wollen, müssen Sie sich weiterbilden. Auf Kundenseite wird Weiterbildung viel ernster
genommen. Da hat fast jeder Zweite ein MBA.
Sie haben vorhin mit dem Ausdruck “kreativer Clown” eine
– sagen wir einmal – ziemlich interes­sante Formulierung gewählt. Ist sie so negativ gemeint, wie sie tönt?
Der Kreative ist naturgemäss für den Unterhaltungsteil
in Präsentationen zuständig; für die U-Musik, wenn Sie
so wollen. Strategie und Markenführung repräsentieren
eher die E-Musik, um bei diesem Bild zu bleiben. In Wirklichkeit lassen sich aber Strategie, Markenführung und
Kreation nicht trennen. Schon gar nicht im Konzeptionsprozess. Alles ist eins. Als Kreativdirektor müssen Sie das
ganze Repertoire beherrschen: Die besten Rocksänger
haben eine klassische Gesangsausbildung.
Jung von Matt hat und hatte in der Vergangenheit etliche
Prestigekunden, so auch die Swiss.
Zu Beginn Ihrer Karriere war das Berufsbild noch anders …
Warum wurde diese Zusammenarbeit beendet?
Ich wurde in die fetten Werbejahre hineingeboren. Im
Sommer 1990 stieg ich bei BBDO als Juniortexter ein.
Kurz darauf kam der Golfkrieg, und die Kunden froren
sämtliche Budgets ein. Diese Zeit hat mich sehr geprägt.
Nichts ist selbstverständlich. Ich bin jeden Tag dankbar,
dass ich vor ein weisses Blatt Papier sitzen und Ideen
aufschreiben darf.
Wir haben uns entschieden, getrennte Wege zu gehen.
Themenwechsel. Innerhalb der Branche gelten Sie als Schwerarbeiter: Neben Ihrer Tätigkeit als CD einer der grössten
Schweizer Agenturen sind Sie auch noch dreifacher Familienvater und absolvieren soeben einen MBA bei Michael Conrad
an der
Berlin School of Creative Leadership.
Wie sind Sie überhaupt zur Werbung gekommen?
Wie bringt man das alles unter einen Hut?
In den Achtzigerjahren lief die legendäre Toni-Kampagne. Jeden Samstag im Tagi-Magi war auf der letzten
Seite eine neue Anzeige. Ich dachte: “Wow, wenn man
Geld damit verdienen kann, Toni-Gläsli anzumalen,
will ich das auch machen.” Mein Vater war fast 30 Jahre
im Marketing bei Mövenpick tätig. Ich fragte ihn, wie
man Toni-Gläsli-Anmaler wird. “Entweder wirst du Berater und machst das Sawi. Oder du wirst Grafiker und
gehst auf die Kunstgewerbeschule.” Und dann fügte er
noch hinzu: “Ach ja, und dann sind da noch die Texter.
Keine Ahnung, woher die kommen.” Ich wusste sofort:
Das ist mein Weg.
Den Hut trägt zum grössten Teil meine Frau. Sie ist die
Kreativdirektorin in meinem Leben. Sie ist ein sehr
engagierter Mensch und unterstützt mich, wo sie kann.
Gleichzeitig könnte ich meiner Tätigkeit nicht ohne die
Hilfe meiner Kreativkollegen und Partner innerhalb
der Agentur nachgehen. Die MBA-Ausbildung ist immer wieder mit Absenzen verbunden. Es ist also die
Mischung aus guter Organisation und dem Glück eines
gesunden Umfelds.
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