30 neue verpackung> 01.2001 veranstaltungen> Verpackungsdialog 2000 Verpackungsdialog 2000 Die Macht der Marken Die Macht der Marken oder die Frage nach der verführenden Kraft von Verpackungen war Thema des dritten Heidelberger Verpackungsdialogs, der Ende November 2000 rund 100 Besucher in die historischen Räume des Deutschen Verpackungsmuseums zog. Dort waren sich die Vortragenden in einem Punkt einig: Die Macht einer Marke baut sich nicht aus einzelnen Parametern auf, sondern entsteht aus der Kombination verschiedener Faktoren – wie der Tradition, Authentizität und Emotionalität –, gepaart mit einer kontinuierlichen Markenführung sowie der stimmigen Verbindung zwischen äußerem Erscheinungsbild und Inhalt eines Produktes. > Daß die Verpackung ein wesentlicher Bestandteil zumindest der Markenphilosophie des Traditionsunternehmens Underberg KG ist, bewies Emil Underberg, geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens, gleich zu Anfang des Tages. Dabei war die charakteristische Flasche ursprünglich lediglich aus praktischen Gesichtspunkten gleich anderer Konkurrenz-Produkte in Papier eingeschlagen, um den Transport und die Lagerung des Kräutergetränks zu sichern. Diese Uniformität störte allerdings den Unternehmensgründer, der seine Flasche deshalb zusätzlich mit einem Etikett ausstattete – und damit die Urform der heute noch aktuellen Underberg-Flaschenverpackung erfand. Wichtigstes Leitmotiv der Markenentwicklung im Hause Underberg sei es seitdem gewesen ein Produkt in gleichbleibender Qualität zu produzie- Die Analogie zwischen Verpackungs- und Markendesign zeigten die Hamburger Designer Peter Schmidt und Armin Angerer. „Beste Logenplätze“: Auch die Treppe des historischen Museums lieferte Platz zum Zuhören. Zwischen den einzelnen Vorträgen blieb genügend Zeit für den Erfahrungsaustausch. (Alle Fotos: Schott Relations, Stuttgart) neue verpackung> 01.2001 Verpackungsdialog 2000 eine Qualität und Geschmack bewachende Kräuterfee wurden zunächst vorsichtig eingeführt und seitdem stetig weiterentwickelt. Das weniger der Inhalt als die Botschaft einer Verpackung entscheidend für den Erfolg eines Produktes ist, bewies Dr. Helene Karmasin, Leiterin des Instituts für Motivforschung, A-Wien. Danach kauft der Konsument gleichzeiModernisierungen im Sinn der Tradition tig mit einer Marke ihre Botschaft, und erfüllt sich damit einen speziellen, in Dieser Grundsatz wird im Hause Underseiner persönlichen Vorstellung existieberg denn auch beim Marketing gerenden Wunsch. So verspräche beispielspflegt; so verbindet sich dem Betrachter weise Fastenmilch – ein österreichisches automatisch die Farbe Grün mit der Produkt – gewichtigen Verbrauchern Marke Underberg; auch Elemente wie auch dann ein ruhiges Gewissen, wenn sie gleichzeitig zum Kaffee den Apfelkuchen mit Schlagsahne genießen. Dabei ermöglicht es die Verpackung dem Verbraucher bereits am Point of Sale, sich von der Masse abzuheben oder einer bestimmten Gruppe anzugehören. Gerade bei Verpakkungen gelten alZustimmung, aber auch Fragen und Anrelerdings bestimmgungen kamen aus dem Auditorium. te Spielregeln, die das Aussehen einzelner Produktgruppen betreffen. Die wichtigste Botschaft einer Verpackung lautet denn laut Karmasin: Ich bin ein richtiges Markenprodukt, weiche aber dennoch von der Norm ab.“ Auch die Form und Gestaltung der Verpackung spräche mit dem Verbraucher. Und nur wenn es dabei gelingt, die Gratwanderung zwischen Normenerfüllung und -verletzung zu meistern, gewinnen Verpackung und Produkt die Aufmerksamkeit des Verbrauchers und damit einer der „kostbarsten Ressourcen heutiger Zeit“. ren, erläuterte Underberg weiter. Beispielsweise ist die optische Konstanz des Produktes ein wichtiges Markenzeichen, auch sollen die Kunden Änderungen – sei es des Verschlusses oder der Etikettgestaltung – nicht bewußt nachvollziehen, weswegen Modernisierungen sehr sachte, vorsichtig und in der Markentradition geschehen müssen. Erlebniswelt Verpackungsdesign Die auf Verpackungen thematisierten Erlebniswelten beschäftigten den Direktor des Verpackungsmuseums Hans-Georg Böcher. Er illustrierte in seinem Vortrag anhand verschiedener in <veranstaltungen Marketing und Verpackungsdesign genutzter Bilder, wie wichtig die Emotionalität für den Erfolg einer Marke ist. „Gelinge es der Verpackung ein Produkt zu emotionalisieren, wird das Verpakkungserlebnis durch das entsprechende Design zum Produkt- beziehungsweise Markenerlebnis“, erläuterte Böcher. Der so erzielte emotionale Mehrwert könne dann auch in einem entsprechend höheren Preis umgesetzt werden, ohne daß sich der Verbraucher betrogen fühlt. Daß die Macht oder Wiedererkennung einer Verpackung zudem identisch mit dem Kern der Marke ist, bewies Lothar S. Leonhard, GWA-Präsident und Chairman Ogilvy und Mather, in dem Beitrag „Verpackungen, das Gesicht der Marke“. In den 70er Jahren zunächst totgesagt, erleben Marken zur Zeit eine Blütezeit. Aufgabe der Verpackung sei es nun, die Marken zu kommunizieren und ihren Kern adäquat zu repräsentieren. Verpackungen sind die halbe Miete Den Bogen zwischen Marken und ihren Verpackungen schlossen letztlich die Verpackungsdesigner Peter Schmidt und Armin Angerer, beide Peter Schmidt Studios, Hamburg. Sie stellten unter anderem fest, daß „eine Marke mehr als das Produkt, und eine Verpackung schon fast die halbe Marke ist“. Außerdem postulierten sie fünf goldene Regeln eines guten Verpackungsdesign, als deren oberste Regel sie die „Verführung“ zum Kauf des Produkts nannten. Dabei müsse das Kunstwesen Verpackung ehrlich und konsequent sein – nur dann könne es seinem Produkt den Weg zur Marktführerschaft zeigen. Als weiteren wichtigen Aspekt erfolgreicher Marken nannten die Designer die Geduld als eine heute wenig verbreitete Tugend; so sei so eine Marke selten ab dem Tag ihrer Markteinführung erfolgreich, sondern erfordere die kontinuierliche Pflege und langfristige Weiterentwicklung. Nur dann könne sie sich erfolgreich und langfristig am Markt etablieren und Kunden binden. >| 31