Freizeit- und Wellnessbad „Aquamotion“ I Courchevel, Frankreich ▲ Gesamtansicht Freizeit- und Wellnessbad Courchevel, Frankreich Courchevel, ein mondäner Skiort in der „Savoie“, ist Teil der „Trois Vallées“, einem der größten zusammenhängenden Skigebiete der Welt. Das Erlebnisbad befindet sich in einer Talsenke zwischen den Bergstationen Courchevel 1550 und Courchevel 1650, von wo aus sich spektakuläre Panoramen auf die umgebende Bergwelt eröffnen. Architektur Im Süden findet sich die Hochgebirgskulisse, im Norden eine weiche Berglandschaft mit verstreuten Almhütten und dem dahinterliegenden Mont-Blanc-Massiv. Das Bad ist von fast allen umgebenden Berghängen und Bergstationen aus gut sichtbar. Seiner prominenten Lage und Einsehbarkeit trägt das Projekt Rechnung. Der behutsame Umgang mit den örtlichen Gegebenheiten zeichnet sich durch die sorgfältige topographische Einbettung des Gebäudes aus. Das Bild der fünften Fassade, der Dachlandschaft und ihrer Einbindung in die Umgebung, spielt dabei eine entwurfsbestimmende Rolle. Durch die Ausformulierung eines „Landschaftsprojekts“ wird der Eingriff in die Natur so gering wie möglich gehalten. Die Berglandschaft beeinflusst das organische Formenspiel der Gebäudehülle: Das Bauwerk entwickelt sich aus der Umgebung und identifiziert sich mit ihr. Es entsteht eine Dualität zwischen dem landschaftlich gestalteten Dachschirm und der darunterliegenden Wasserwelt. Die wie eine Landschaftsscholle geformte Skulptur des Dachschirms wird durch den charakteristischen Straßenverlauf der RD 91 sowie durch das Bett des Gebirgsbachs „Gravelles“ begrenzt. Die Böschung des Steilhangs im Osten findet im begrünten Dach des Gebäudes eine natürliche Fortsetzung. Die Landschaftsscholle schmiegt sich an das geschwungene westliche Ufer des Bachbetts, schwingt sanft nach oben und öffnet sich zu den im Norden liegenden Bergen. Darunter bietet sie genügend Raum, um die zahlreichen Funktionen SPOrt 16 Bäder Freizeit bauten 2 n 2016 ▲ Eingang in der Dämmerung ▼ Nachtansichten 2 n 2016 SPOrt Bäder Freizeit bauten 17 Freizeit- und Wellnessbad „Aquamotion“ I Courchevel, Frankreich des Bades aufzunehmen. Senkrechte, zwischen Dach und Boden eingestellte und eingerückte Fassaden bilden den Raumabschluss zum Straßen- und Vorplatzraum im Norden und Westen. Entlang des Gebirgsbachs definieren zwei große, organisch geformte Einschnitte im Dachschirm die gewünschten Außenbereiche mit ihren Liegezonen, die nach Süden ausgerichtet und somit optimal besonnt sind. Einschnitte, die durch linsenförmig aufgewölbte Kuppelelemente in der Dachfläche betont werden, versorgen das Gebäudeinnere mit natürlichem Licht. Die plastischen, holzgedeckten Kuppelelemente sowie die Dachränder der Landschaftsscholle kontrastieren in ihrer Materialität mit der begrünten Dachfläche. Während die Lichtkuppeln im Sommer klar ablesbar sind, wird das Ensemble im Winter zu einer weichen Schneelandschaft aus Flächen, Hängen und Hügeln, deren beleuchtete Einschnitte eine bizarre Schneeskulptur in die nächtliche Winterlandschaft zaubern. Der großzügig auskragende Dachschirm als östlicher Abschluss der Landschaftsscholle formuliert gemeinsam mit dem zentralen westlichen Vorplatz den Eingang zum Bad. Durch die konkave Glasfassade gelangt der Besucher in die dreigeschossige Eingangshalle. Sie ist Orientierungs- und Knotenpunkt und steht dank der transparenten Fassaden sowohl mit dem Außenbereich als auch mit den Schwimmbecken in Sichtbeziehung. Von hier aus erschließen sich der untere Empfangsbereich und die Umkleideräume des Bades sowie nördlich der Halle der über mehrere Ebenen organisierte Restaurantbereich. Von der oberen Etage des Restaurants blickt man sowohl auf die tiefer gelegene Badezone als auch auf das Bergpanora▼ Schwimmerbecken ▲ Blick in die Badehalle SPOrt 18 Bäder Freizeit bauten 2 n 2016 ▼ Lageplan 1:1000 2 n 2016 SPOrt Bäder Freizeit bauten 19 Gutshaus Liepen, Hotel am Peenetal I Neubau eines Hotelbads mit Spa-Bereich ▼ Wellnessbereich Projektbeteiligte Bauherr: Ville de Saint-Bon-Courchevel, Frankreich Architekten: Auer Weber, München Partnerarchitekt: Studio Arch, Chambery Landschaftsplanung: Axe Saône, Lyon, Frankreich Tragwerksplanung (Beton): Tractebel Engineering, Lyon, Frankreich Tragwerksplanung (Metallstruktur): Bollinger + Grohmann Ingenieure, Paris, Frankreich Technische Gebäudeausrüstung, Schwimmbadtechnik: Brière Réseaux, Annecy, Frankreich Energieplanung: Inddigo, Toulouse, Frankreich Bauleitung, Objektüberwachung: Arpège Ingénierie, Caluire, Frankreich Leitsystem: Intégral Ruedi Baur, Paris, Frankreich Gebäudeakustik: Rez´On, Villaz ; Acson, Lyon, Frankreich Szenographie: Les murs ont des plumes Architectes, Valenciennes, Frankreich Lichtplanung: Ingenieure Bamberger, Pfünz, Deutschland Bauleitung: JML International, Albertville, Frankreich Bilder: © Aldo Amoretti, www.aldoamoretti.it SPOrt 20 Bäder Freizeit bauten 2 n 2016 Centre aquatique de Courchevel Freizeit- und Wellnessbad „Aquamotion“ I Courchevel, Frankreich RDC Echelle 1:1000 ◀ Kinderplanschbecken, Rutschenlandebecken, Nichtschwimmer- und Schwimmerbecken ▼ Grundriss Erdgeschoss ▼ Die Ausschnitte ermöglichen eine überwältigende Aussicht in die Bergwelt 2 n 2016 SPOrt Bäder Freizeit bauten 21 Freizeit- und Wellnessbad I Courchevel, Frankreich ◀ Grundriss Obergeschoss ▼ Innenraum ma im Norden. Im Osten entwickelt sich die eigentliche Wasser- und Freizeitlandschaft des Bades: ein großer, offener Raum erstreckt sich über zwei Niveaus und ist lediglich durch transparente Fassaden unterteilt. Alle Aktivitäten und Attraktionen sind somit überschaubar, alle wichtigen Funktionen und Ausblicke visuell und räumlich vernetzt: Familienspaß im unteren Bereich, Wellness im oberen mit Blick über den Spaßbereich und auf das grandiose Bergpanorama des Mont-Blanc-Massivs. Durch die Sichtbeziehungen zwischen Innenraum und Landschaft, durch die Ausrichtung der Fassaden und Dacheinschnitte zum Licht stehen die innere Badelandschaft und die Außenanlagen in enger wechselseitiger Beziehung. Die Dynamik der Außenform spiegelt sich im Inneren wieder und wird durch die landschaftliche Organisation der zwei Niveaus und deren Vermittlung über großzügige, bewegte Stufenanlagen, welche sich von innen nach außen kontinuierlich fortsetzen, zum gestaltprägenden Leitbild für den Badebereich. Das neue Bad ist die selbstbewusste bauliche Antwort auf die außergewöhnlichen Gegebenheiten, die alpines Bauen von jeher beeinflussen. Der architektonische Ansatz steht dem naturhaften dialektisch gegenüber; die Tradition ursprünglich alpinen Bauens wird weitergeführt, während die Architektur, ermöglicht durch neue Materialien und Bauweisen, mit der Umgebung verschmilzt. Kurzbeschreibung der Stahlkonstruktion Die Dachfläche von 120 x 80 m steht auf wenigen Stützen und ermöglicht freie Sicht nach außen. An einigen Stellen kragt das Dach bis zu 17 m aus. Das Gebäude muss starken Schneelasten standhalten und befindet sich außerdem in einem Erdbebengebiet. Die Dachstruktur besteht aus einem räumlichen Fachwerk von 2 m Höhe. Die Struktur wird durch vier unterschiedlich große Dachöffnungen unterbrochen, die für die notwendige Belichtung im Innenraum sorgen. Drei Brücken verbinden das Dach mit der angrenzenden Berglandschaft. SPOrt 22 Bäder Freizeit bauten 2 n 2016 Freizeit- und Wellnessbad I Courchevel, Frankreich ▶ Schnitt ▲ Detail Dach 2 n 2016 ▼ Warmaussenbecken SPOrt Bäder Freizeit bauten 23