A N PA S S U N G Grundlagen der Kontaktlinsen-Praxis Teil 2 – Spaltlampenuntersuchung Im zweiten Teil der Serie zu zahlreichen Aspekten der Kontaktlinsen-Praxis erläutern Jane Veys, John Meyler und Ian Davies aus der Sicht des Praktikers, was bei der Spaltlampenuntersuchung von Kontaktlinsen-Trägern zu berücksichtigen ist. ■ Einleitung Die Spaltlampe, auch Biomikroskop genannt, ist wohl das wichtigste objektive Hilfsmittel in der Kontaktlinsen-Praxis. Sie ermöglicht die eingehende Untersuchung des vorderen Augenabschnittes. Die Spaltlampenuntersuchung ist ein wesentlicher Aspekt bei der Voruntersuchung potenzieller (neuer) Kontaktlinsen-Träger sowie bei der Nachkontrolle von Personen, die bereits Kontaktlinsen tragen. Die Spaltlampenuntersuchung vor der Erstanpassung hat zwei Ziele: Festzustellen, ob die Augen des Patienten bzw. Kunden für das Tragen von Kontaktlinsen geeignet sind und um den Ausgangszustand zu erheben. Anhand dieser Befunde können später messbare Veränderungen während des Kontaktlinsen-Tragens festgestellt werden. Darüber hinaus spielt die Spaltlampe bei der Anpassung eine Rolle, weil damit die physische Passgenauigkeit sowohl formstabiler als auch weicher Kontaktlinsen begutachtet werden kann. Im Rahmen der Nachkontrolle ermöglicht die Spaltlampe dem Kontaktlinsen-Spezialisten eine objektive Beurteilung der Interaktion zwischen Kontaktlinse und Auge sowie eine grobe Einschätzung von Schäden an den Kontaktlinsen. Dieses Instrument spielt also bei allen Aspekten der Kontaktlinsen-Praxis eine Rolle, insbesondere bei Routineuntersuchungen. ■ Instrumente Alle großen Hersteller medizinischer Instrumente haben eine Reihe von Spaltlampen im Programm. Das Grundprinzip des Biomikroskops ist bei allen Modellen gleich. Bei der Auswahl eines neuen Instruments gibt es jedoch mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Spaltlampen können in zwei große Gruppen eingeteilt werden: solche mit dem Beleuchtungssystem oberhalb des Beobachtungssystems (Abbildung 1) und solche mit der Beleuchtung unterhalb des Beobachtungssystems (Abbildung 2). Die wichtigsten Punkte, die es bei der Auswahl einer Spaltlampe zu berücksichtigen gilt, sind: Beleuchtung Ein helles Beleuchtungssystem gehört zu den beiden Grundanforderungen an eine Spaltlampe. Halogenlampen sind zwar teurer als Lampen mit Wolframfaden, sie bieten aber ein helleres, klareres Licht und sind daher zu bevorzugen. Zudem sollte es auch eine Möglichkeit geben, die Lichtintensität zu regeln. 76 Graufilter bieten dem untersuchenden Kontaktlinsen-Spezialisten die Möglichkeit, die Beleuchtungsstärke zu reduzieren. Sie sind aber weder so schnell noch so flexibel wie ein Helligkeitsregler. Dieser hat den zusätzlichen Vorteil, sofort verstellbar zu sein, so dass auch lichtempfindliche Patienten bzw. Kunden untersucht werden können. Beobachtungssystem Die zweite Voraussetzung für eine Spaltlampe ist ein Beobachtungssystem, das ein klares Bild des Auges liefert. Es muss ausreichend vergrößern, damit der Kontaktlinsen-Anpasser alle Strukturen des Auges gut sehen kann. Die binokulare Betrachtung ermöglicht eine verbesserte Beurteilung der Tiefe. Die Spaltlampe sollte mindestens 40-fach vergrößern. Das kann durch austauschbare Okulare und/oder ein Spaltlampenobjektiv mit variabler Vergrößerung erreicht werden. Idealerweise sollte der Kontaktlinsen-Anpasser die Vergrößerung leicht und schnell ändern können. Deshalb sind Spaltlampen von Vorteil, die mit vier bis fünf verschiedenen Objektiven ausgestattet sind. Es gibt auch Systeme mit Zoom, die darüber hinaus den Vorteil haben, dass der Kontaktlinsen-Spezialist auf eine bestimmte Struktur fokussieren kann, ohne sie aus den Augen zu verlieren. Es kann nicht oft genug betont werden, wie wichtig es ist, eine Spaltlampe mit einem möglichst hochwertigen optischen System auszuwählen. Abb. 1: Spaltlampe mit Beleuchtungssystem oberhalb des Beobachtungssystems und Möglichkeit zur Bildaufzeichnung Abb. 2: Spaltlampe mit Beleuchtungssystem unterhalb des Beobachtungssystems DOZ 7-2008 KONTAKTLINSE A N PA S S U N G Spaltjustierung Der Spalt im Beleuchtungssystem muss justierbar sein. Von Vorteil ist, dass die Justierung bei den meisten Spaltlampen variabel ist. Der Kontaktlinsen-Anpasser sollte in der Lage sein, die Spaltbreite und -höhe leicht zu verstellen, ohne nach der Steuerung suchen zu müssen. Auch sollte es möglich sein, den Spalt horizontal und vertikal auszurichten. Noch besser ist es, wenn die Ausrichtung in jedem beliebigen Winkel möglich ist (Abbildung 3a – 3c). Das ist besonders hilfreich bei der Anpassung weicher torischer Kontaktlinsen sowie formstabiler Bifokallinsen. Bei Spaltlampen ohne Messokular sollte die Spaltbreite messbar sein. Das hilft bei der Beurteilung der Größe jeglicher Läsionen. A B C Abb. 3: Ausrichtung des Lichtspalts: vertikal (a), horizontal (b) und schräg (c) Zubehör zum Beobachtungssystem Die Spaltlampe muss über einen Kobaltblaufilter zur Anregung von Fluoreszein verfügen. Sie sollte auch mit einem Sperrfilter ausgestattet bzw. erweiterbar sein, um die mit Fluoreszein eingefärbten Strukturen besser betrachten zu können. Viele Spaltlampen haben auch einen Rotfreifilter, der zur besseren Begutachtung von Gefäßbildungen hilfreich ist. Aufbau und Einstellung Ob man sich im Umgang mit einem bestimmten Spaltlampenmodell wohl fühlt, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Auf jeden Fall sollte eine Spaltlampe einfach zu benutzen bzw. zu bedienen sein. Ein einzelner Joystick ist hilfreich, weil dann eine Hand für das zu untersuchende Auge frei bleibt. Es sollte möglich sein, die Spaltlampe bei Bedarf in der gewünschten Position zu fixieren. Auch der Tisch bzw. Unterbau für dieses Instrument sollte mit Bedacht ausgewählt werden. Für den Kontaktlinsen-Spezialisten ist es vorteilhaft, wenn die Spaltlampe auf einer „Kombi-Einheit“ montiert ist. Diese kann bei der Untersuchung einfach vor den Patienten bzw. Kunden geschoben werden. Es gibt auch Tische mit einer gemeinsamen Kopf- bzw. Kinnstütze für Keratometer und Spaltlampe. Dadurch spart der Kontaktlinsen-Anpasser Zeit, weil der Fehlsichtige in derselben Position bleiben kann, während er mit beiden Instrumenten untersucht wird. Zusatzeigenschaften An Spaltlampen lässt sich auch Zubehör für spezielle Zwecke anbringen. Dazu gehören z. B. ein Tonometer zur Messung des Augeninnendrucks, eine Linse mit 60D, 78D oder 90D zur Untersuchung des Augenhintergrundes (Abbildung 1), ein Gonioskop zur Untersuchung der vorderen Kammer, ein Pachymeter zur Messung der Hornhautdicke sowie ein Anästhesiometer für die Hornhautsensibilität. Aufgrund der weiten Verbreitung der Digitalfotografie sollte man beim Kauf einer neuen Spaltlampe die Option einer integrierten Digitalkamera unbedingt in Betracht ziehen. KONTAKTLINSE DOZ 7-2008 Fotografie und Bildaufzeichnung Beschränkende Faktoren für Spaltlampenbefunde sind das Gedächtnis des jeweiligen Kontaktlinsen-Spezialisten, die Folgerichtigkeit, mit der Symptome mit Hilfe einer Gradingskala eingestuft werden, und das Geschick bei der Erstellung der Aufzeichnungen. Eine Alternative, das Erscheinungsbild des Gewebes exakt festzuhalten, ist, das Auge zu fotografieren. Die traditionell häufigste Art, Bilder des vorderen Augenabschnittes aufzuzeichnen, war die Verwendung einer Foto-Spaltlampe mit Strahlenteiler. Diese war an die Rückwand einer analogen Kleinbildkamera montiert.1,2 Um bei der herkömmlichen Kleinbildfotografie die korrekte Belichtung einzustellen, erfordert es ein gewisses Maß an Erfahrung. Leider können die Ergebnisse nicht in „Echtzeit“ begutachtet werden. Der jüngsten Entwicklungen bei Videokameras, Bilderfassungs-Chips, Digitalkameras und Farbdrucker haben dazu geführt, dass es mittlerweile eine erschwingliche Alternative zur Kleinbildfotografie gibt: die Digitalfotografie. Um ein digitales Bild zu erstellen, sind vier Grundkomponenten erforderlich: • Ein System zur Bildaufzeichnung (z. B. digitale Video- oder Fotokamera) • Ein System zur Umwandlung des Bildes in eine digitale Datei • Ein System zur Speicherung von Bildern sowie zur Suche von Bildern (z. B. CD-ROM, Festplatte) • Ein System zur Bildbetrachtung (SVGA-Bildschirm, hochwertiger Farbdrucker) Der große Vorteil dieser Systeme ist, dass die Bilder sofort nach der Aufnahme auf dem Computerbildschirm betrachtet werden können. Qualitativ schlechte Bilder können leicht gelöscht und die Aufnahmen so lange wiederholt werden, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Häufig kann die Bildqualität durch eine separate Ausleuchtung des Hintergrundes verbessert werden (Abbildung 4a, 4b). Abb. 4: a) Foto ohne Hintergrundbeleuchtung aufgenommen b) Foto mit Hintergrundbeleuchtung aufgenommen Der Sofortbildcharakter von Digitalfotos hat den zusätzlichen Vorteil, dass dadurch die Unterweisung der Patienten bzw. Kunden gefördert werden kann. Man kann ihnen z. B. demonstrieren, welche Vorteile Ein-Tages-Kontaktlinsen bzw. Kontaktlinsen zum häufigen Austausch haben oder wie wichtig die regelmäßige Nachkontrolle ist. Die Digitalfotografie kann eine wertvolle Ergänzung zu den schriftlichen Aufzeichnungen sein, sollte diese jedoch keinesfalls ersetzen. 77 A N PA S S U N G Die Bildqualität ist von vielen Variablen abhängig, vor allem von der Belichtung. Bei überbelichteten Bildern erscheint das Auge „verwaschen“ und eine mögliche Bindehautrötung wird zu hell wiedergegeben. Bei unterbelichteten Bildern hingegen werden bestimmte Veränderungen am Auge besonders hervorgehoben. Verwendet der Kontaktlinsen-Spezialist eine Digitalkamera, muss er das Gerät kalibrieren und ein von Gerät und Umgebungslicht abhängiges Protokoll für jede verwendete Beleuchtungssituation und Vergrößerungsstufe erstellen. Außerdem ist das Digitalfoto im Gegensatz zum dreidimensionalen Bild des Beobachtungssystems ein eindimensionales Bild. Der Kontaktlinsen-Anpasser muss auch berücksichtigen durch welchen Beobachtungstubus das Bild für die Kamera entsteht. Dies ist besonders wichtig bei Bildern mit starker Vergrößerung. Darüber hinaus ist beim Fotografieren des Auges zu beachten, dass die Bildebene der Kamera eventuell von der des restlichen Beobachtungssystems abweicht. Der Kontaktlinsen-Spezialist muss gewährleisten, dass das fotografierte Bild scharf ist. Das lässt sich eher am Bildschirm als durch das Okular überprüfen und hängt stark vom Bild und von der Kalibrierung ab. Letztlich ist auch ein Digitalbild ein Dokument, das aufbewahrt und entsprechend gesichert werden sollte. Da das Bild in digitaler Form vorliegt, sind die jeweiligen Datenschutzgesetze zu berücksichtigen. Weitere Informationen über diese Art der Bildaufzeichnung finden sich in der Fachliteratur.3,4 ■ Technik Einstellung Die richtige Einstellung des Biomikroskops ist sehr wichtig. Beleuchtungs- und Beobachtungssystem müssen miteinander gekoppelt und für den Betrachter scharfgestellt sein. Der Patient bzw. Kunde muss bequem sitzen, sein Kinn an der dafür vorgesehenen Stelle abstützen und seinen Kopf fest gegen die Kopfstütze drücken. Seine Augenhöhe sollte in der Mitte des vertikalen Bewegungsbereiches des Geräts liegen. Um all dies zu erreichen, sind folgende Schritte notwendig: • Fokussieren des Geräts – Mithilfe des dazugehörigen Fokussierstabes lässt sich die Spaltlampe so einstellen, dass ein schmaler Spaltlichtstrahl durch jedes Okular einzeln scharf zu sehen ist. Damit dies auch beim binokularen Fokussieren der Fall ist, muss das Gerät entsprechend dem Pupillenabstand des Betrachters justiert werden. Wird das Gerät nur von einer Person benutzt, muss es nur von Zeit zu Zeit nachjustiert werden. • Positionieren des Patienten bzw. Kunden – Erklären Sie dem Probanden, um welche Art von Untersuchung es sich handelt und vergewissern Sie sich, dass er bequem sitzt. Das ist sehr wichtig, denn wenn er sich nicht wohl fühlt, ist die Untersuchung wesentlich schwieriger. Wenn sich das Auge nicht in der Mitte des vertikalen Bewegungsbereiches des Geräts befindet, fällt es dem untersuchenden Kontaktlinsen-Spezialisten schwer, den unteren bzw. oberen Teil des Auges zu betrachten. Die meisten Spaltlampen haben an der Kopfstütze eine Kerbe. Um eine optimale Kopfposition sicherzustellen, sollte sich diese auf Höhe des äußeren Augenwinkels befinden. 78 • Überprüfen der Fokussierung – Während der Patient bzw. Kunde die Lider geschlossen hält, sollte der untersuchende Kontaktlinsen-Spezialist das Licht auf die Lider fokussieren und die Fokussierung überprüfen, indem er das Beleuchtungssystem von einer Seite zur anderen dreht. Während der Drehung sollte das Licht an derselben Stelle des Lids bleiben. Bewegt es sich, ist das Gerät nicht scharf fokussiert. • Untersuchung des Patienten bzw. Kunden – Jetzt kann die Untersuchung beginnen. Während der Untersuchung sollte der Lichtstrahl nicht die ganze Zeit in das Auge scheinen. Immer wenn der Kontaktlinsen-Spezialist nicht durch die Okulare schaut, sollte er den Lichtstrahl ausschalten oder von den Augen wegrichten. ■ Routine im Umgang mit der Spaltlampe Wie in vielen Bereichen der Kontaktlinsen-Anpassung und Augenuntersuchung sollte der Kontaktlinsen-Spezialist eine Routine entwickeln, die es ihm ermöglicht, alle Aspekte der Beurteilung abzudecken und zwar auf logische und konsequente Art und Weise. Die Augenuntersuchung mit der Spaltlampe umfasst verschiedene Beleuchtungstechniken. Diese Techniken wurden von anderen Autoren detailliert beschrieben.5,6,7,8 In diesem Beitrag wird die klinische Routine nur ganz allgemein erläutert. In Tabelle 1 sind die bei jedem Durchlauf verwendeten Beleuchtungsarten und die beobachteten Strukturen bzw. der Zustand der Augen zusammengefasst. Der Ablauf der Untersuchung variiert von einem Kontaktlinsen-Spezialisten zum anderen. Üblicherweise beginnt die Untersuchung bei geringer Vergrößerung und diffuser Beleuchtung. Dabei werden allgemeine Beobachtungen gemacht. Anschließend wird die Vergrößerung erhöht und es werden genauere Beleuchtungstechniken angewandt, um die Strukturen im Detail betrachten zu können. Bei der Spaltlampenuntersuchung von Kontaktlinsen-Trägern muss eine starke Vergrößerung und direkte Beleuchtung gewählt werden, um Striae, Falten und Mikrozysten direkt nach dem Abnehmen der Kontaktlinsen feststellen zu können. Denn diese verschwinden eventuell im Laufe der Zeit. Von dieser besonderen Maßnahme abgesehen, sollte der Kontaktlinsen-Spezialist die Untersuchung mit den am wenigsten invasiven Techniken beginnen. Insbesondere das Einträufeln von Fluoreszein und das Ektropionieren des Lids sollten erst gegen Ende der Untersuchung und nach Begutachtung der Tränenqualität vorgenommen werden, damit der Tränenfilm möglichst wenig zerstört wird. Gesamtbeobachtung – geringe Vergrößerung, breiter, diffuser Strahl Der Kontaktlinsen-Spezialist sollte den vorderen Augenabschnitt sowie die Adnexe mehrfach mit einem breiten Strahl und geringer Vergrößerung untersuchen. Noch bei geschlossenen Lidern sollten die Lidränder und Wimpern auf Anzeichen von Gerstenkorn oder marginaler Blepharitis untersucht werden. Danach sollte man den Patienten bzw. Kunden bitten, die Augen zu öffnen, um den Lidrand auf die Durchgängigkeit der Tränengänge und Meibom'schen Drüsen zu prüfen. DOZ 7-2008 KONTAKTLINSE A N PA S S U N G sucht, die durch das Tragen formstabiler Kontaktlinsen bedingt sein kann. Wenn die Hornhaut so vergrößert betrachtet wird, muss das Beobachtungssystem vom Beleuchtungssystem abgekoppelt werden. Eine Betrachtung mit bloßem Auge kann jedoch ausreichend sein. Sobald die Hornhaut mittels sklerotischer Streuung untersucht wurde, müssen Beleuchtungsund Beobachtungssystem wieder gekoppelt werden. Der Kontaktlinsen-Spezialist sollte am Limbus beginnen und die dortigen Gefäße begutachten, um den Grad der physiologischen Vaskularisation (Blutgefäße, die die klare Hornhaut überlagern) feststellen und von einer Neovaskularisation (neue Blutgefäße, die in die klare Hornhaut hineinwachsen – Abbildung 6) abgrenzen zu können. Sobald die Untersuchung des oberen und unteren Lidrandes abgeschlossen ist, sollte der Kontaktlinsen-Spezialist die bulbäre Bindehaut betrachten, um eine Hyperämie und eine eventuelle Pinguecula oder ein Pterygium feststellen zu können. Mit der gleichen Beleuchtung sollte die obere und untere palpebrale Bindehaut auf Hyperämie, Follikel und Papillen untersucht werden. Diese Beleuchtungsart wird auch zur Beurteilung der Passform weicher Kontaktlinsen eingesetzt, und zwar im Hinblick auf die Zentrierung, Bewegung und Festigkeit des Sitzes der Kontaktlinse. Die diffuse Beleuchtung kann auch verwendet werden, um mittels Dunkelfeldbeleuchtung Schäden an der Kontaktlinse feststellen zu können. Dazu nimmt man die Kontaktlinse ab, hält sie auf der Ebene der Kopfstütze in den Spaltlampenstrahl und betrachtet sie mit Vergrößerung durch das Okular (Abbildung 5). Schäden an den Kontaktlinsen können nicht richtig beobachtet werden, solange die Kontaktlinse auf dem Auge ist. Abb. 5: Ablagerungen auf einer Kontaktlinse, betrachtet bei Dunkelfeldbeleuchtung Untersuchung der Hornhaut und des Limbus – mittlere Vergrößerung, 2mm-Strahl Die Hornhautuntersuchung beginnt üblicherweise, indem der Kontaktlinsen-Spezialist den Spalt am Limbus ansetzt und bei abgeschalteter Raumbeleuchtung die Hornhaut auf grobe opake Stellen oder auf eine zentrale Hornhauttrübung unterKONTAKTLINSE DOZ 7-2008 Abb. 6: Randschlingennetz mit Neovaskularisation Blutgefäße sieht man sowohl bei direkter Beleuchtung, wenn man den beleuchteten Hornhautbereich direkt betrachtet, als auch bei indirekter Beleuchtung von hinten, wenn man die Seite der beleuchteten Hornhaut betrachtet. Ein Rotfreifilter (Grünfilter) hilft, eine Vaskularisation festzustellen. Bei dieser Untersuchung sucht der Kontaktinsen-Spezialist nicht nur nach Blutgefäßen, sondern auch nach peripheren Infiltraten oder Dellen. Sobald der Limbus untersucht wurde, lässt der Kontaktlinsen-Spezialist den Strahl über die Hornhaut gleiten und sucht nach groben Abnormitäten. Dann verschmälert er den Strahl und erhöht die Vergrößerung, um die Hornhaut im Detail zu untersuchen. Hornhautuntersuchung – starke Vergrößerung, schmaler Strahl An diesem Punkt der Untersuchung wird die Spaltbreite auf das Minimum reduziert, damit der Kontaktlinsen-Spezialist die Hornhaut im optischen Schnitt betrachten kann (Abbildung 7). Bei starker Vergrößerung wird die Hornhaut systematisch mit dem Strahl „abgetastet“. Es ist wichtig, bei der Routine keinen Bereich der Hornhaut auszulassen. Dabei sucht der Kontaktlinsen-Spezialist nicht nur nach opaken Stellen, deren Lage und Tiefe er vermerkt. Er sucht auch nach Mikrozysten, die bei Beleuchtung von hinten neben dem direkten Strahl sichtbar werden (Abbildung 8) sowie nach Stromaschlieren und Endothelfalten. Bei der Nachkontrolle von Patienten bzw. 79 A N PA S S U N G Kunden, die bereits weiche Kontaktlinsen tragen, sollte dies zu Beginn der Spaltlampenuntersuchung durchgeführt werden, da einige Anzeichen für Ödeme kurz nach dem Abnehmen der Kontaktlinsen verschwinden. Der letzte Teil der Hornhautuntersuchung bei weißem Licht und starker Vergrößerung ist die Begutachtung des Endothels. Für viele Kontaktlinsen-Spezialisten ist dies eine der am schwierigsten zu untersuchenden Hornhautstrukturen. Sogar bei 40-facher Vergrößerung ist nur eine grobe klinische Einschätzung möglich, weil man keine einzelnen Zellen betrachten kann. Darüber hinaus ist jeweils nur ein kleiner Endothelbereich sichtbar. Um das Endothel zu betrachten, wird ein leicht verbreiterter Spalt verwendet und das Beleuchtungssystem sowie das Mikroskop so eingestellt, dass der Lichteinfallwinkel dem Ausfallwinkel entspricht. Der vom Spiegel reflektierte Bereich ist nur mit einem Auge sichtbar. Stellt man auf den hinteren Teil der Hornhautsektion scharf, erscheint das Endothel als mattgoldener Fleck im Blickfeld (Abbildung 9).9 Eine genauere Beurteilung der Zellenzahl, -größe, -form und -dichte ist mit Hilfe eines Specular microscope möglich. Geräte dieser Art sind immer häufiger auch für Routineuntersuchungen von Kontaktlinsen-Spezialisten verfügbar. Mit modernen Mikroskopen können sie sowohl das Endothel betrachten als auch die Endothelzellendichte berechnen bzw. Polymegathismus und Pleomorphismus feststellen. Ohne ein solches Instrument lässt sich der klinische Grad am besten durch Vergleiche mit einer durch Fotos illustrierten Gradingskala feststellen, wie sie von der Cornea and Contact Lens Research Unit (CCLRU) veröffentlicht wurde.10 Abb. 7: Optischer Schnitt durch die Hornhaut Abb. 8: Mikrozysten mit Neovaskularisation ■ Stippung Fluoreszein Sowohl vor der Anpassung von Kontaktlinsen als auch bei jedem Nachkontrolltermin muss die Hornhaut nach Einträufeln von Fluoreszein untersucht werden. Natriumfluoreszein ist ein Farbstoff, der geschädigtes Epithelgewebe färbt. Es ist das beste Hilfsmittel, um festzustellen, ob die Hornhaut und die Bindehaut unversehrt sind. Insbesondere kann es Gewebeveränderungen wie CLPC sichtbar machen (Abbildung 10). Kontaktlinsen-Spezialisten sollten sich nicht scheuen, Fluoreszein bei Trägern weicher Kontaktlinsen anzuwenden, denn dadurch können Hornhautveränderungen festgestellt werden, die sonst unbemerkt blieben. Fluoreszein kann auch Hydrogelmaterialien einfärben. Um Hornhautverletzungen sichtbar zu machen, ist aber nur eine minimale Menge davon im Tränenfilm erforderlich. Wird ein mit Fluoreszein imprägnierter Streifen erst mit steriler Kochsalzlösung benetzt, dann die überschüssige Flüssigkeit abgeschüttelt und das Unterlid mit dem Streifen betupft, gelangt ausreichend Fluoreszein in den Fornix. Es wird so schnell abgebaut, dass nach zehn Minuten bereits wieder weiche Kontaktlinsen aufgesetzt werden können, ohne eine Verfärbung zu riskieren. Fluoreszierende Substanzen nehmen Licht bestimmter Wellenlängen auf und geben die Energie als Lichtstrahlen einer höheren Wellenlänge wieder ab. Fluoreszein absorbiert kobaltblaues Licht im Bereich zwischen 460 und 490 nm und emittiert grünes Licht mit Wellenlängen 80 Abb. 9: Endothelbetrachtung bei mittlerer/starker Vergrößerung (nach Haag-Streit) Abb. 10: Fluoreszein hilft, Papillen sichtbar zu machen DOZ 7-2008 KONTAKTLINSE A N PA S S U N G bis zu 520 nm. Die Intensität des absorbierten und des emittierten Lichts ist jedoch ungefähr gleich. Die Sichtbarkeit des Fluoreszeins im Auge kann erhöht werden, indem man einen gelben Sperrfilter vor dem Okular anbringt. Dadurch wird das blaue Licht gefiltert und das fluoreszierende Grün tritt noch deutlicher hervor (Abbildung 11). Die Untersuchung auf Hornhautstippung mithilfe von Fluoreszein ist essenziell und muss bei jedem Termin durchgeführt werden. Abb. 8: Absorptions- und Emissionseigenschaften von Fluoreszein und Spaltlampenbilder, mit (rechts) bzw. ohne (links) Sperrfilter aufgenommen Lissamingrün Lissamingrün übernimmt zunehmend die Rolle von Bengalrosa als bevorzugtem Farbstoff zur Untersuchung der Bindehaut von Patienten bzw. Kunden mit trockenen Augen. Es färbt die geschädigte Bindehaut und ist für den Patienten bzw. Kunden beim Einträufeln wesentlich angenehmer. Die Färbung verschwindet schnell wieder, sodass die Untersuchung unmittelbar nach dem Einträufeln stattfinden muss. Viele Experten raten, diese Untersuchung bei weißem Licht durchzuführen, sodass der verfärbte Bereich grün erscheint. Andere emp- fehlen, einen Rotfilter (Wratten Nr. 25) zu verwenden, um die Sichtbarkeit der Einfärbung zu verbessern.10 Die Färbung mit Lissamingrün ist bei Patienten bzw. Kunden mit Trockenheitssymptomen an den Augen genauer als jene mit Fluoreszein.11 Aufzeichnung der Befunde Die Dokumentation der Befunde ist genauso wichtig wie die Untersuchung selbst. Es reicht nicht, zu sagen, die Hornhaut sei klar. Der Kontaktlinsen-Spezialist muss versuchen, das Gesehene aufzuzeichnen und zu messen. Mit dem Messokular können einige Befunde vor Ort gemessen werden. Andere müssen anhand einer etablierten Gradingskala eingeordnet werden. Kennen Sie einen Optiker, der seine individuellen Stärken gezielt nutzt und weiter ausbaut ? Wir kennen mehr als 1.500. AMA-Optik ist die größte Optik-Verbundgruppe Deutschlands. Mit großer Innovationskraft und Markterfahrung stärken wir die individuelle Position selbständiger Augenoptiker. Überzeugen Sie sich selbst. Kontakt: Telefon (02 11) 32 02 55, E-Mail: [email protected] Fragen? Telefon 0 211 32 02 55 oder im Internet: schritt www.ama-optik.de/erster KONTAKTLINSE DOZ 7-2008 81 A N PA S S U N G In Tabelle 2 sind Strukturen und Läsionen aufgelistet, die gemessen werden können bzw. mithilfe einer Gradingskala eingestuft werden müssen. Solche Skalen können rein quantitativer Art sein, wie z. B. bei der Hornhautstippung (Tabelle 3) oder nach klinischen Gesichtspunkten geordnet sein wie jene der US-Nahrungs- und Arzneimittelbehörde FDA (Tabelle 4). Es gibt verschiedene Gradingsysteme, die sich im klinischen Gebrauch bewährt haben. Jede Skala hat ihre Vor- und Nachteile. Wichtig ist jedoch, dass der Kontaktlinsen- Spezialist bei einem System bleibt. Die Zuverlässigkeitsgrenze bei veröffentlichten Systemen mit vier bis fünf Graden liegt bei ±1.2 Gradeinheiten.13 Nicht nur das Erscheinungsbild der Augenstrukturen muss mit Hilfe einer Gradingskala eingeordnet werden. Auch jene Aspekte, die die Kontaktlinsen betreffen, müssen dokumentiert werden. Beschädigungen können z. B. nach Rudko klassifiziert werden (Tabelle 5).14 ■ Zusammenfassung Die Spaltlampenuntersuchung ist der wohl wichtigste Aspekt der Kontaktlinsen- Praxis, sowohl bei der Beurteilung potenzieller Kontaktlinsenträger als auch bei der Kontrolle von Patienten bzw. Kunden, die bereits Kontaktlinsen tragen. Die Untersuchung muss objektiv und gründlich dokumentiert werden. Der Kontaktlinsen-Spezialist sollte darauf achten, dass die verwendete Spaltlampe die feinen Veränderungen aufzeigt, die durch das Tragen von Kontaktlinsen auftreten können. Wichtigste Punkte • Eine Spaltlampe mit großem Vergrößerungsbereich und hervorragender Optik ist unerlässlich für jede Kontaktlinsen-Praxis. • Eine festgelegte Routine trägt dazu bei, alle okularen Strukturen sorgfältig und umfassend zu untersuchen. Literaturverzeichnis: 1 Lowe R. Clinical slit lamp photography – an update. Clin Exp Optom, 1991; 74 (4): 125-129. 2 Bowen K P. Slit-lamp photography. 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Dieser Artikel wurde von Johnson & Johnson Vision Care unterstützt, und wurde erstmals veröffentlicht im Optician 06.04.07. • Zur Untersuchung des Auges auf Unversehrtheit ist Fluoreszein unerlässlich. Ein zusätzlicher Sperrfilter erleichtert die Begutachtung. • Um die Ergebnisse genau und umfassend dokumentieren zu können, ist es erforderlich, sich an ein Gradingsystem zu halten. 82 DOZ 7-2008 KONTAKTLINSE