Ausländische Direktinvestitionen der BRIC-Länder

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Aktueller Kommentar
Ausländische Direktinvestitionen der BRIC-Länder – der Drache
überholt den Jaguar, den Tiger und den Bären
11. Februar 2009
Die Berichterstattung über Wirtschaft und Finanzmärkte der BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und
China konzentriert sich oft auf die Devisenreserven. Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) der
BRIC-Länder spielen dabei üblicherweise eine geringere Rolle. Obwohl das ADI-Volumen der vier Länder
relativ gering ist, besteht hier jedoch erhebliches Potential. Aufgrund der Größe seiner Volkswirtschaft,
seines raschen Wirtschaftswachstums, hoher Außenhandelsüberschüsse und politisch-strategischer
Anreize verfügt China über das mit Abstand größte Potential für ausländische Direktinvestitionen. Im
Verlauf der gegenwärtigen Krise wird sich zeigen, ob China der Realisierung dieses Potentials näher
kommt.
Die Volkswirtschaften der BRIC-Länder gewinnen zunehmend an Bedeutung. Im Jahr 2007 belief sich der Anteil
der BRIC-Länder am globalen Bruttoinlandsprodukt auf nahezu 13% (zu Marktwechselkursen) bzw. auf 20%
(gemessen an der Kaufkraftparität). Auch an den Finanzmärkten werden die BRIC-Länder zunehmend wichtiger.
Die Auslandsanlagen der BRIC-Länder stiegen auf über USD 4,1 Bill.; dies ist ein Anstieg um 45% gegenüber
Vorjahr. Obwohl die Auslandsanlagen der BRIC-Länder insgesamt noch immer deutlich geringer sind als die der
USA (geschätzte USD 17 Bill.) ist der mittelfristige Ausblick für das außenwirtschaftliche Wachstum ungeachtet
der gegenwärtig volatilen Finanzströme mittelfristig nach wie vor positiv.
Die Akkumulierung von Devisenreserven in den BRIC-Ländern
erhält in der Presse im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit als
die ausländischen Direktinvestitionen der vier Länder, wobei
politisch sensible Investitionsprojekte eine Ausnahme
darstellen. Dies ist kaum überraschend. Trotz deutlich
wachsender Auslandsanlagen sind die Investitionsströme und
der Bestand an ADI relativ gering. Im Jahr 2007 machte der
Anteil der BRIC-Länder an den globalen ADI lediglich 3.3%
(USD 510 Mrd.) aus und die Investitionsströme beliefen sich
auf etwas über 4,5% (USD 90 Mrd.); gemessen an der
allgemeinen wirtschaftlichen Bedeutung der BRIC-Länder ist
dies ein geringes Niveau. Um einen Eindruck über die
Relationen zu vermitteln, sei gesagt, dass die ADI der BRICLänder insgesamt ein geringeres Volumen aufweisen als die
Italiens. Der Anteil der BRIC-Länder an den weltweiten
Investitionsströmen hingegen hat sich von 1% in den 90er
Jahren auf 4% im Zeitraum 2003-07 erhöht. Obwohl Chinas
ADI geringer sind als die Russlands, ist zu erwarten, dass die chinesischen Investitionen im Ausland in dem
kommenden Jahren schneller und deutlicher ansteigen werden.
Der erste und letztendlich auch simpelste Grund für diese Erwartung ist die Größe der chinesischen
Volkswirtschaft sowie das raschere Wirtschaftswachstum und insbesondere die hohen außenwirtschaftlichen
Überschüsse des Landes, die eine signifikante Kapitalakkumulation im Ausland unterstützen werden. Auch die
Leistungsbilanzüberschüsse Chinas dürften die der anderen BRIC-Länder um ein Vielfaches übersteigen
(tatsächlich werden die anderen Länder in den kommenden Jahren keinerlei Überschüsse erwirtschaften). In der
Kapitalbilanz dürfte China größere Zuflüsse an ADI verzeichnen und auch von umfangreichen Kreditzuflüssen
profitieren, die mittelfristig dauerhafte Kapitalbilanzüberschüsse generieren dürften (teilweise dank stärkerer
Restriktionen für Kapitalabflüsse). Ein Teil dieses Überschusses wird über kurz oder lang in Form von ADI
„recycled“ werden.
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Zweitens verfügt China über erhebliches Aufholpotential.
Sowohl im Verhältnis zum BIP als auch anteilig an den
gesamten Auslandsanlagen bewegen sich der Bestand an
chinesischen ADI wie auch die Investitionsströme auf
niedrigem Niveau. Der Bestand an ausländischen
Direktinvestitionen beläuft sich auf lediglich 3% des BIP; in
Brasilien sind es 10% und in Russland 20%. Selbst in Dollar
gemessen sind die ausländischen Direktinvestitionen Chinas
geringer als die Brasiliens oder Russlands! Das geringere ADINiveau relativ zu anderen Bezugsgrößen ist zu einem Teil dem
raschen Anstieg des „Nenners“ (BIP in USD, Auslandsanlagen)
geschuldet und zu einem anderen den (historisch
gewachsenen) erheblichen Restriktionen, denen
Auslandinvestitionen in China unterworfen sind (oder waren).
Das in den letzten Jahren rasch gestiegene Pro-KopfEinkommen dürfte daher den Anstieg chinesischer ADI fördern.
Zugegebenermaßen bieten alle diese Daten nur eine eher
grobe Orientierung; sie sind jedoch durchaus Indikatoren für Chinas Aufholpotential.
Drittens wurden die Bestimmungen für Direktinvestitionen im Ausland in den vergangenen Jahren liberalisiert und
die entsprechenden bürokratischen Prozesse vereinfacht. Die chinesische Regierung bietet dabei den
Unternehmen im Rahmen gezielter Förderprogramme unterschiedliche Formen der Unterstützung an. Im
Vergleich zu den 90er Jahren sind die Bestimmungen bezüglich ADI heute deutlich förderlicher (oder zumindest
erheblich weniger restriktiv), was zu einem Anstieg der chinesischen Direktinvestitionen im Ausland beitragen
dürfte.
Und schließlich dürften breiter angelegte strategische Ziele die Investitionstätigkeit Chinas im Ausland stützen.
Infolge des stark auf natürlichen Ressourcen basierenden Wirtschaftswachstums hat sich die
Rohstoffabhängigkeit Chinas in den letzten Jahren deutlich verschärft. Daher dürfte die Regierung Unternehmen
unterstützen, die Anlagen im Rohstoffsektor erwägen, indem das wirtschaftliche Risiko begrenzt und finanzielle
Anreize geschaffen werden, die die Unternehmen veranlassen, sich im Ausland zu engagieren. Zwar bestehen
auch für die Regierungen in Brasilia, Delhi und Moskau strategische Anreize, Direktinvestitionen im Ausland zu
fördern; die Rohstoffabhängigkeit ist dort jedoch (deutlich) geringer.
Aufgrund der Größe seiner Volkswirtschaft, seines raschen Wirtschaftswachstums, hoher
Außenhandelsüberschüsse und politisch-strategischer Anreize verfügt China über das mit Abstand größte
Potential für ausländische Direktinvestitionen unter den BRIC-Ländern. Unter der Annahme (und dies ist in der
Tat nur eine Annahme), dass die chinesischen Unternehmen in gleichem Maße mikroökonomischen Anreizen
unterliegen wie Unternehmen aus den anderen BRIC-Ländern, könnten die chinesischen ADI in ein paar Jahren
die Summe der ADI aller anderen BRIC-Länder übersteigen. China hat das Potential, im Verlauf der nächsten
zehn Jahre einer der weltweit größten Direktinvestoren im Ausland zu werden. Es wird interessant sein zu
beobachten, wie die chinesischen Unternehmen auf die sinkenden Unternehmensbewertungen in den
Industrieländern und den aufstrebenden Volkswirtschaften sowie auf das verlangsamte Wirtschaftswachstum in
ihren Heimatmärkten reagieren.
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