Von sparsamer zu überreicher Symbolik Welche Ausdrucksformen braucht die Lehre des Buddha? Abstract Alfred Weil Vorbemerkungen Bei einer Betrachtung über Bildnisse im Buddhismus sind vier Aspekte zu berücksichtigen. 1. Gebote oder Verbote im strengen Sinne des Wortes spielen keine Rolle. Bilderverbote sind daher unbekannt. 2. Viele religiöse Verhaltensweisen haben keinen Wert „an sich“, sondern erst in einem bestimmten Kontext. Das gilt auch für den Umgang mit religiösen Symbolen und Bildern. 3. Es besteht ein Unterschied zwischen den authentischen, tiefgründigen buddhistischen Lehren und volksbuddhistischen Formen. 4. Die frühen Perioden des Buddhismus kennen andere Ausdrucksformen als die jüngeren. Annäherung: der Buddha und Buddhabildnisse Erste Abbildungen des Buddha tauchen im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung auf. Und zwar im nordindischen Mathura und in etwa gleichzeitig und unabhängig voneinander in der GandharaRegion. In der Periode davor gibt es dagegen nur anikonische Darstellungen. Bald werden Abbildungen in menschlicher wie in übermenschlicher Gestalt populärer. Es kommt zu einer Art „Massenproduktion“ für den Hausgebrauch oder für unterwegs. Im Laufe der Entwicklung werden Buddhabilder in praktisch allen buddhistischen Schulen eine Selbstverständlichkeit. Buddhabildnisse: kein Abbild der Realität Dem buddhistischen Selbstverständnis entsprechend ist ein Buddha aus eigener Kraft aus dem Daseinstraum erwacht, er ist damit ein Wesen sui generis, das mit den Möglichkeiten von Wahrnehmung und Denken (letztlich) nicht fassbar ist. Daher kann kein Bild das Eigentliche eines Buddha zum Ausdruck bringen. Ein freiwilliger Bildverzicht ist die unmittelbare Konsequenz. Buddhabildnisse: Hilfen auf dem spirituellen Weg Der Konflikt zwischen tiefsten existenziellen Wahrheiten und der begrenzten Fähigkeit des einzelnen sie zu begreifen führt zu einem starken Bedürfnis an sinnlich Erfahrbarem, um den Buddha als Person, sein Leben und seine Lehre dem Alltagsverständnis näher zu bringen. Zahlreiche Reliefs, die den Buddha auf einzelnen seiner Lebensstationen und bei verschiedenen bedeutsamen Handlungen zeigen, werden ein probates pädagogisches Mittel der Belehrung und der Inspiration. Nicht zuletzt dienen Bilder und Statuen als Meditationsobjekte. Vom Bildverzicht zum Bilderkult Die Differenzierung der buddhistischen Lehrinhalte führt zu einer entsprechenden Differenzierung bildhafter Darstellungen. Im tibetischen Buddhismus finden die umfassende Kenntnis mentaler Faktoren und psychischer Qualitäten auch einen ikonographischen Ausdruck. Die Künste des Zen greifen gezielt ästhetische Aspekte auf. Im volksbuddhistischen Kontext kommt es andererseits zu einer „Vergöttlichung“ des Buddha, der nun naiv-konkreter Gegenstand der Anbetung und Anrufung wird. Im weiteren Sympathieumfeld des Buddhismus nehmen Skulpturen und bildhafte Darstellungen des Buddha zeitweise rein dekorativen und kommerziellen Charakter an (Restaurants, Wellness-Bereich, Werbung, Möbelhäuser). Fazit: Mit den zahlreichen Wandlungen der buddhistischen Anschauung und Praxis entsteht vielerorts aus einer sparsamen eine überreiche Symbolik, aus einem Bildverzicht ein naiver Bilderkult.