«MumiK» – Musizieren mit Kindern Studie zur musikalischen Entwicklung von Kindern im Alter von knapp 2 bis 7 Jahren (Projektbericht) Edith Bosshart, Manfred R. Pfiffner, Fabian Eike, Jasmin Luthardt & Catherine Walter-Laager Gefördert durch die Steo-Stiftung, Zürich Lindau, Oktober 2013 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................................. 1 Zusammenfassung ........................................................................................................................................... 4 Einleitung ......................................................................................................................................................... 5 Grundlagen ...................................................................................................................................................... 7 Musik als Begriff ................................................................................................................................................. 7 Musikalische Prinzipien ...................................................................................................................................... 7 Musikalische Kultur ............................................................................................................................................ 8 Musik als soziale Handlung ................................................................................................................................ 8 Fähigkeiten der Kinder ...................................................................................................................................... 10 Rhythmus ..................................................................................................................................................... 10 Melodie........................................................................................................................................................ 11 Intonation .................................................................................................................................................... 11 Harmonie ..................................................................................................................................................... 12 Erfahrungen von Kindern im Bereich Musik ..................................................................................................... 12 Methoden ...................................................................................................................................................... 15 Fragestellung .................................................................................................................................................... 15 Projektdesign .................................................................................................................................................... 15 Stichprobe......................................................................................................................................................... 17 Interviews .................................................................................................................................................... 17 Die Praxiseinheiten ...................................................................................................................................... 18 Vorgehen und Instrumente ............................................................................................................................... 18 Interviewleitfaden ....................................................................................................................................... 18 Die Praxiseinheiten ...................................................................................................................................... 18 Ergebnisse ...................................................................................................................................................... 20 Ergebnisse der Interviews ................................................................................................................................. 20 Die Rolle der Musik im Alltag ....................................................................................................................... 20 Musik und Bewegung .................................................................................................................................. 20 Kinder und Musik......................................................................................................................................... 21 Bedingungen zum Erlernen eines Instruments ............................................................................................ 21 Lernen durch Noten oder über das Gehör .................................................................................................. 22 Erkenntnisse aus der Praxisliteratur ................................................................................................................. 23 Ergebnisse aus den Praxiseinheiten .................................................................................................................. 24 Singen: Gesang, Singen mit rhythmischer Begleitung, Gesang und Bewegung .......................................... 24 Die zwei- bis dreijährigen Kinder ................................................................................................................. 24 Die vier- bis fünfjährigen Kinder .................................................................................................................. 25 Die fünf- bis siebenjährigen Kinder .............................................................................................................. 26 Klänge erzeugen .......................................................................................................................................... 28 Die zwei- bis dreijährigen Kinder ................................................................................................................. 28 Die vier- bis fünfjährigen Kinder .................................................................................................................. 28 Die fünf- bis siebenjährigen Kinder .............................................................................................................. 28 Musik hören und umsetzen ......................................................................................................................... 29 Die zwei- bis dreijährigen Kinder ................................................................................................................. 29 Die drei- bis vierjährigen Kinder ................................................................................................................... 29 Die fünf- bis siebenjährigen Kinder .............................................................................................................. 31 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................................................................... 31 Gesang ......................................................................................................................................................... 31 Klänge erzeugen .......................................................................................................................................... 33 Musik hören und umsetzen ......................................................................................................................... 33 Diskussion ...................................................................................................................................................... 34 Methoden ......................................................................................................................................................... 34 Literaturrecherche ....................................................................................................................................... 34 Interviews .................................................................................................................................................... 34 Halbstandardisierte Musiksequenzen in der Praxis ..................................................................................... 35 Ergebnisse ........................................................................................................................................................ 35 Musikalische Fortschritte............................................................................................................................. 35 Gesang und Bewegung ............................................................................................................................... 36 Geräusche erzeugen, Experimentieren und Geschichten musikalisch untermalen .................................... 37 Musik hören und umsetzen ......................................................................................................................... 39 Musikalische Förderung ............................................................................................................................... 39 Ausblick.......................................................................................................................................................... 41 2 Literaturverzeichnis ........................................................................................................................................ 43 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Projektdesign «MumiK» ...................................................................................... 16 Abbildung 2: Heimatländer (rot) der Interviewten² ................................................................. 17 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Plan zur Durchführung der Praxiseinheiten ............................................................. 19 3 Zusammenfassung Musik und musikalische Momente begleiten Kinder wie Erwachsene in ihrer Alltagswelt. Kinder produzieren Töne auf verschiedenen Höhen, erfreuen sich an Klängen, lassen sich durch Musik faszinieren oder auch beruhigen. Im deutschsprachigen Kulturraum sind Musikaktivitäten der ersten Bildungsjahre aber wenig verankert. Dies steht ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, in welchen Musikaktivitäten längst in Konzepte und Leitlinien des frühkindlichen Bildungsbereichs integriert sind (Stadler Elmer, 2013). Hier setzt das Projekt «MumiK» – Musizieren mit Kindern – an. Es beforscht das kindliche Muszieren in den ersten Bildungsjahren im institutionellen Rahmen. Die Stichprobe umfasst 5 Kitas und 3 Kindergärten des deutschen Sprachraums. Neben Erkenntnissen aus der Literatur, stellen Interviews und halbstandardisierte musikalische Praxissequenzen die Datenbasis der Untersuchung dar. Die Auswertung umfasst den vorliegenden Bericht sowie Filmaufnahmen der verschiedenen didaktischen Settings im Altersvergleich. Die Analysen der Daten zeigten, dass eine musikalische Förderung der Kinder in den ersten Bildungsjahren im institutionellen Rahmen leicht zu bewerkstelligen ist. Bereits die kleinen Kinder musizieren erfolgreich, wenn sie die Möglichkeit dazu erhalten und viele Wiederholungen stattfinden können. Sie lernen durch Imitation und soziale Interaktionen. Kindern im Alter von vier bis sieben Jahren gelingt es bereits nach wenigen Durchgängen im sozialen Kontext verschiedene Parameter zu koordinieren. 4 Einleitung Der musikalische Ausdruck bildet ab Geburt einen Teil der menschlichen Entwicklung. Kinder produzieren Töne auf verschiedenen Höhen, erfreuen sich an Klängen, lassen sich durch Musik faszinieren oder auch beruhigen. Eltern berücksichtigen diesen Faktor, in dem sie sowohl in der Sprache als auch bei verschiedenen Ritualen ihre Stimme in der Tonhöhe modulieren und mit Liedern experimentieren. Dies ist kulturell geprägt und höchst verschieden in der Ausgestaltung. Allgemein lässt sich sagen, dass Kinder sich durch individuelle Lernprozesse „in den ersten acht bis zehn Lebensjahren die notwendigen Kompetenzen aneignen, die sie brauchen, um die grundlegenden Ausdrucks- und Gestaltungsprinzipien der Musik ihres kulturellen Umfeldes zu verstehen und anzuwenden“ (Gembris, 2010, S. 105), falls Möglichkeiten dazu vorhanden sind. Unter dieser Prämisse ist es zentral, dass Kinder schon in der frühen Kindheit auch im institutionellen Rahmen mit Musik in unterschiedlichster Form in Kontakt kommen. Stadler Elmer (2013) nimmt dagegen wahr, dass Musikaktivitäten in den ersten Bildungsjahren unterrepräsentiert sind. Findet Musik dann statt, gründet sie nicht auf einen verpflichtenden Rahmen, sondern ist zufällig und den Erziehenden selbst überlassen. Der deutschsprachige Raum steht in diesem Bildungsbereich weit hinter anderen europäischen Ländern zurück, in denen Musikaktivitäten längst in den Alltag, in Konzepte und Leitlinien integriert sind, da frühes Musizieren die Entwicklung der kleinen Kinder positiv beeinflusst. Zwar wurde auch hierzulande die Wichtigkeit der Musik in den ersten Bildungsjahren erkannt, die Umsetzung allerdings ist schwach und eine Sensibilisierung und weiterbildende Maßnahmen sind notwendig. Für die jungen Kinder ist nicht das Lesen schwieriger Notenstücke oder die Beherrschung eines Instrumentes Ziel der musischen Aktivitäten, sondern es sind vielmehr die Grundlagen (Singen, Bewegung/Tanz, Hören, Verwendung von Objekten zur Erzeugung von Geräuschen) und ihre emotionalen, sozialen und körperlichen Aspekte (vgl. Stadler Elmer, 2013). Hier setzt das Projekt «MumiK» – Musizieren mit Kindern – an. In diesem soll das Muszieren von Kindern in den ersten Bildungsjahren im institutionellen Rahmen beforscht und durch 5 Filmaufnahmen verschiedener didaktischer Settings dargestellt werden. 6 Grundlagen Musik als Begriff Aus physikalischer Sicht wird klar, dass durch die menschliche Stimme, durch Musikinstrumente, elektrische Tongeneratoren oder andere Schallquellen verschiedene Arten der Tonerzeugung möglich sind. Die erzeugten Töne klingen verschieden. Sie können in unterschiedlicher Lautstärke und Klangfarbe erscheinen und so Melodien bilden. Dagegen entsteht der Rhythmus durch die zeitliche Staffelung von Tönen und Geräuschen. Wird mehrstimmig musiziert, entstehen durch die Beziehungen der Töne untereinander Harmonien (vgl. Holtmeier, 2010). Die physikalisch-wissenschaftliche Definition bildet nur die eine Seite ab. Viel wichtiger ist, dass Musik seit Generationen ein Ausdrucksmittel von Menschen ist, welches eine Auseinandersetzung zwischen ihnen und der Umwelt zulässt, die nicht nur rational, sondern auch emotional geprägt ist (vgl. Schmitt, 2001). Durch Musik können Stimmungen erzeugt, Emotionen vermittelt und ausgelöst werden (vgl. Stadler Elmer, 2010). So sind beispielsweise schon dreijährige Kinder in der Lage, traurige von fröhlicher Musik zu unterscheiden (vgl. Gembris, 2010). Musikalische Prinzipien Das Singen, das Hören und die Bewegung sind die elementaren und universellen musikalischen Aktivitäten, auf denen später alle weiteren kultivierten Tätigkeiten (Instrumentalmusik, Tanz, Komponieren) basieren. Diese drei basalen, aus musikalischer Sicht zentralen, Fähigkeiten sind bei jedem Menschen bereits in den ersten Lebensmonaten vorhanden (vgl. Stadler Elmer, 2011). So ist beispielsweise das fötale Ohr zum Ende des achten Schwangerschaftsmonats voll ausgebildet und daher „der erste Sinn für das Lernen und für die Erfahrung der Welt vor der Geburt“ (Lecanuet 1996, zitiert nach Davidson & Pitts 2001, S. 95). Der Klang wird allerdings durch das Fruchtwasser gedämpft. „Dadurch werden die mütterlichen Sprachmuster im Uterus als eine Serie von auf und ab wogenden und aufeinander bezogenen Tonhöhen aufgenommen. Diese Sprachmuster bekommen ihre Bedeutung durch Form, Geschwindigkeit, Stärke und Tonhöhe und sie werden verknüpft mit Elementen, die einer 7 musikalischen Melodie ähneln“(ebd., S. 95). Die relevanten musikalischen Parameter ‚Zeitstruktur‘, ‚Lautstärke‘ und ‚Tonhöhe‘ kommen bereits in dieser Lebensphase zum Tragen (vgl. Stadler Elmer, 2011). Musikalische Kultur Die musikalische Kultur, in der wir aufwachsen, prägt unser Verständnis von Musik und die Erwartungshaltung, die wir an sie haben. Dieses Wissen (in unserem Kulturkreis über westliche Musik) eignen wir uns während der frühen Kindheit implizit an. Schon Kinder erkennen Töne, die aus dem kulturellen Kontext heraus in einem Musikstück oder einer Tonleiter als ‚falsch‘ empfunden werden. Bei Liedern aus anderen Musikkulturen (beispielsweise arabisch oder asiatisch) fällt dies hingegen schwer (vgl. Hannon & Schellenberg, 2011). Bereits siebenjährige Kinder können Veränderungen in Tonhöhen erkennen, die die Harmonie und Tonart stören. Dies fällt ihnen allerdings schwer, wenn die Harmonie erhalten bleibt. Im Gegensatz dazu erkennen achtmonatige Babys beide Arten von Veränderung gleich gut, weil das kulturspezifische Wissen über Harmonien und Tonarten noch nicht ausgeprägt ist (vgl. ebd.). Zur Rhythmik zeigen sich in der aktuellen Forschung ähnliche Ergebnisse. Bei einem Versuch zur Wahrnehmung von Rhythmus und Metrum war es Erwachsenen aus Nordamerika nicht möglich, einen metrischen Bruch in einem balkanesischen Volkslied zu erkennen. Die sechs Monate alten nordamerikanischen Säuglinge waren im Gegensatz zu ihren Eltern in der Lage, stilistische Brüche wahrzunehmen (vgl. ebd.). Musik als soziale Handlung „Singen und Musizieren ist eine soziale und sozial vermittelte Handlung [...]. Musikalische Entwicklung, wie sie sich in der Kindheit am deutlichsten im Singen äußert, ist stets vom Individuum geleistete kreative Anpassung an die Anforderungen der spezifischen soziokulturellen Umwelt“ (Stadler Elmer, 2011, S. 145). Die Möglichkeiten zur Klanggestaltung sind angeboren. Das Tonsystem, auf dessen Grundlage sich diese Klanggestaltung vollzieht, muss aber erlernt werden und ist daher durch den kulturellen Kontext bedingt. Für Kinder ist es nicht wichtig, dass sie eine Melodie ‚rein’ singen, so dass jeder Ton richtig klingt – für sie stehen stattdessen „Freude, Wiederholungen, sprachliche 8 Bedeutung, Bewegung, die Gesamtstruktur der Handlung und die Stimmung“ (ebd., S. 146) im Vordergrund. Die Theorie von Davidson (1994) besagt, dass das Lebensalter der Kinder die Singentwicklung maßgeblich beeinflusst und sich analog zum Lebensalter die Fähigkeit, Intervalle zu singen, ausbildet (mit drei Jahren eine Terz, mit vier Jahren eine Quarte usw.). Stadler Elmer (2011) stellt diese Theorie in Frage, da auch Kinder desselben Alters teilweise signifikante Unterschiede bezüglich ihrer musikalischen Fähigkeiten oder Entwicklung aufweisen. Statt die Singentwicklung anhand der Fähigkeit festzustellen, ab einem gewissen Alter Intervalle singen zu können, fordert Stadler Elmer, dass der „Entwicklungsstand einer Person durch die Art und Weise der Organisation des wiederholten Liedersingens“ (ebd., S. 147) beschrieben werden sollte. Bei der Frage, wie wir Kindern die Kultur, in der sie aufwachsen, nahe bringen, muss zwischen implizierter und expliziter Kultur unterschieden werden. Als explizit werden geschichtlich und kulturell angesammelte Formen und Inhalte (Wissenschaft, Kunst, Religion) sowie die Fähigkeit, dazwischen zu unterscheiden, definiert (vgl. Schäfer, 2010). Die Definition für eine implizierte Form der Kultur geht auf Bourdieu zurück: Denken und Handeln formen einen kulturellen Habitus, eine Art kultureller Grammatik. Um sich einer sozialen Gruppe zugehörig zu fühlen und von dieser akzeptiert zu werden, muss man diesen Habitus erlernen. Dieser Habitus, der in der Körperlichkeit verankert ist und jede Handlung und kommunikative Geste prägt, wird weitgehend unbewusst artikuliert. Bezogen auf das musikalische Lernen bedeutet dies, dass man „musikalisches Erleben und Gestalten in einem Habitus gemeinschaftlichen Handelns – auf einer nicht bewussten Ebene“ (ebd., S. 34) verankern muss. Schäfer vermutet weiter, „dass die Auswirkungen des Habitus umso mehr die Nachhaltigkeit von Bildungsprozessen bestimmen, je kleiner die Kinder sind“ (ebd., S. 35). In den frühen Lebensjahren ist es deshalb wichtig, den pädagogischen Alltag bewusst zu gestalten und immer wieder zu reflektieren. 9 Fähigkeiten der Kinder Spychiger (2010) fasst zusammen, dass sich Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren häufig auf einen einzigen Parameter fokussieren, beispielsweise auf die Melodie, nicht aber auf den Rhythmus, die Tonhöhe oder -länge. Im Allgemeinen können Kinder innerhalb eines Parameters die entscheidenden Merkmale erkennen. Die Forschung liefert Hinweise, dass – je nach Teilfertigkeit der Kinder – deutliche Unterschiede in diesen Fähigkeiten zu Tage treten. Kröner und Kollegen (2009) legen dar, dass signifikante Korrelationen zwischen dem musikalischem Selbstkonzept von Grundschulkindern, dem künstlerischen Interesse und der musikalischen Praxis der Eltern sowie des besten Freundes bestehen. Die musikalische Praxis des Kindes hängt wiederum vorwiegend mit den musikalischen Aktivitäten der Freunde wie auch dem musikalischen Selbstkonzept zusammen (vgl. Kröner, Schwanzer & Dickhäuser, 2009). Rhythmus Minkenberg (1991) zeigt, dass über die Hälfte der Kinder bereits mit fünf Jahren ein festes Metrum einhalten kann. Diese Fähigkeit steigert sich noch einmal stark zwischen dem fünfeinhalbten und sechsten Lebensjahr. Weiter können nahezu 50% der fünfjährigen Kinder einen zweitaktigen Rhythmus nachklatschen, der zwei verschiedene Tonlängen enthält. Sobald sich der Rhythmus komplexer gestaltet, klatschen die Fünfjährigen aber nur noch einen Aspekt eines Rhythmusbeispiels nach. Weiter stellt Minkenberg fest, dass sich viele Kinder einzelne Rhythmusfiguren besser merken und wiedergeben als das Metrum des Beispiels. Der Befund von Davidson und Colly (1987) bringt die zusätzliche Erkenntnis, dass die Erinnerung der Sequenzen bei den fünfjährigen Kindern von drei Bedingungen abhängt: a) von der Komplexität des Rhythmus, b) von der Länge der Sequenz und c) von der Präsenz von Text. Die Kinder konnten sich an die Sequenzen besser erinnern, wenn es einen Text dazu gab. Zudem prägten sie sich einfache und längere Sequenzen besser ein. Mit sieben Jahren war 10 nur noch die Länge der Sequenz bedeutend. Auch hier konnten sich die Kinder besser an längere Sequenzen erinnern. Weiterhin fand sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Komplexität des Rhythmus, der Länge der Sequenz sowie der Präsenz von Text und der Detailgenauigkeit der Notation. Die fünf- und sechsjährigen Kinder konnten weder einfache noch komplexe Rhythmen notieren. Mit sieben Jahren gelang ihnen dies (vgl. ebd.). Die Schülerinnen und Schüler verbessern während ihrer Schulzeit ihre rhythmischen Fähigkeiten sukzessive. Mehr als die Hälfte aller Schüler kann nach sechs Jahren Schule ein vorgesungenes Lied rhythmisch nahezu korrekt wiedergeben. Gleiches gilt auch für die reine Rhythmusreproduktion: Sie verbessert sich im Laufe der ersten sechs Jahre mit einem signifikanten Leistungsvorsprung der Mädchen gegenüber den Jungen über den gesamten Testzeitraum (vgl. Bastian, 2002) Melodie Nahezu die Hälfte aller Kinder kann zu Beginn der Schulzeit den richtigen Anfangston eines Liedes aufnehmen, im zweiten Schuljahr kann dies schon mehr als die Hälfte der Kinder. Am Ende ihrer Grundschulzeit können 80% der Kinder den richtigen Anfangston aufnehmen. Dabei führt eine musikbetonte Erziehung zu einer Verdoppelung der Leistung. Mädchen zeigen gegenüber den Jungen einen signifikanten Vorsprung. Zu Beginn der ersten Klasse ist das richtige Reproduzieren der Melodie für mindestens die Hälfte aller Kinder unmöglich. Am Ende des ersten Schuljahres verbessert sich diese Fähigkeit. Rund die Hälfte der Kinder singt eine Melodie nun fast richtig und nur noch 25% der Kinder zeigen eine defizitäre Singleistung. Bis zur sechsten Klasse ändern sich die Ergebnisse nicht mehr wesentlich (vgl. Bastian, 2002). Intonation Unter Intonation wird die Abstimmung von Tonhöhe, Lautstärke und Klangfarbe einzelner Töne verstanden. In diesem Bereich zeigt die Hälfte der Kinder bei der Einschulung deutliche Schwächen. Im Verlauf der sechsjährigen Grundschulzeit verbessert sich das Nachsingen 11 bezogen auf die tonale Richtigkeit signifikant. Förderung wirkt sich in diesem Bereich besonders auf die Leistungen der Mädchen aus. Eine Melodie wird zunehmend reiner und treffsicherer nachgesungen (vgl. Bastian, 2002). Harmonie Die fünfjährigen Kinder können eine bitonale, dissonante oder harmonische Harmonisierung noch nicht unterscheiden. Viele Kinder favorisierten im Klangbeispiel die dissonante Harmonisierung. Zwischen fünfeinhalb und sechs Jahren konnte dann ein sprunghafter Anstieg bei der Bevorzugung der harmonischen Begleitung beobachtet werden. Die Sechsjährigen schienen zu erkennen, dass die bitonalen Fassungen in unserer Kultur ungewohnt sind. Zudem wurden starke Dissonanzen positiver bewertet als eine in sich stimmige Begleitung, die um einen Halbton versetzt worden war. Minkenberg (1991) folgert aus diesen Ergebnissen, dass die Kinder in unserer Kultur bereits im Alter von sechs Jahren dazu in der Lage sind, eine als falsch geltende Begleitung von einer dissonanten zu unterscheiden. Erfahrungen von Kindern im Bereich Musik Die Schule in unseren Breitengraden hat das Fach Musik oder zumindest den Gesang schon lange als festes Element im Unterricht verankert. Dabei hat das Fach Musik eine Sonderstellung, indem es die Möglichkeit gibt, Ideen nonverbal zu erproben und durch die Gestaltungen von Klangmaterial Erfahrungen von Balance, Spannung und Entspannung sowie Veränderung in der Zeit zu sammeln (Paynters (1970, 1992)). Dabei war der Zweck nicht immer, die Ausdrucksfähigkeit zu fördern und den Kindern einen emotionalen Zugang zur Auseinandersetzung mit der Welt zu ermöglichen, sondern ganz andere Anliegen: Seit Jahrhunderten befriedigte der Gesangsunterricht in der Schule kirchliche Bedürfnisse (beispielsweise durch Singen von Chorälen) oder staatliche Absichten (zum Beispiel durch Singen von Soldaten- und Vaterlandsliedern), wodurch stets bestehende gesellschaftliche Verhältnisse gefestigt werden sollten. Dies wurde Anfang des 20. Jahrhunderts kritisiert. In den verschiedenen reformpädagogischen Strömungen wurde die Musik alternativ 12 aufgenommen. Mit Orff bekam der Musikunterricht Mitte des 20. Jahrhunderts aber definitiv eine neue Ausrichtung auf das Kindesalter: Erstens eine Erschließung individueller Gestaltungs- und Erlebnismöglichkeiten durch die Verbindung von Musik mit Bewegung, Tanz und Sprache und zweitens eine einfache Musik, die für das Kind leicht erleb- und erlernbar ist (vgl. Schmitt, 2001). Trotzdem berichtet Minkenberg (1991), dass die musikalischen Erfahrungen, die Kinder in ihren jungen Jahren im institutionellen Rahmen machen, relativ eingeschränkt sind: So wird das Tanzen sowohl im Kindergarten als auch in der Schule vernachlässigt, obwohl 60% der Kinder fast jeder Altersgruppe angaben, gerne zu tanzen. Einzig in der Gruppe der sechs- bis siebenjährigen Kinder berichteten nur rund 35%, gerne zu tanzen . Das Singen wird hingegen häufig praktiziert: Im Kindergarten bauen Kinder ein differenziertes Repertoire an Liedern auf. Dabei werden sowohl die neuen Kinderlieder als auch die Kinderlieder des 19. Jahrhunderts zu jeweils 31% von den Kindern als ihre Lieblingslieder bezeichnet. Nahezu 45% der Lehrpersonen, die selber gerne singen, singen auch mehrmals täglich mit den Kindern. Weitere 44,5% gaben an, dass sie im Durchschnitt einmal pro Tag mit den Kindern singen (vgl. Brünger, 2003). Neben dem institutionellen erleben die Kinder vor Allem im privaten Rahmen Musik: Das passive Auseinandersetzen mit Musik in Form von Musikhören ist weit verbreitet. 75% der Kinder hören regelmäßig Musik. Dagegen erhalten nur 38% der Kinder Instrumentalunterricht. Die beliebtesten Instrumente aller Altersgruppen sind die Blockflöte und das Glockenspiel. Tasteninstrumente gewinnen erst ab dem achten Lebensjahr an Bedeutung (vgl. Minkenberg, 1991). Dass sich das Interesse der jungen Kinder an Instrumenten, die den älteren Kindern vorbehalten sind, bereits vorher entwickeln kann, wird ihnen ein entsprechender Zugang ermöglicht, liegt nahe. In Schriften des Musikethnologen John Blacking ist beschrieben, dass Musik in der afrikanischen Kultur (im Gegensatz zu unserer) ab Geburt zelebriert und gefördert wird; dazu 13 gehört alltägliches Tanzen und Singen sowie Rhythmik. Im Stamm der Vendas ist eine wirkliche Kindermusikkultur zu finden, in der sich Kinderlieder deutlich von denen der Erwachsenen unterscheiden. Kinder komponieren hier selbst und lernen die Lieder einander. Der frühzeitige Kontakt der Kinder zur Musik in diesen Kulturen führt zur erhöhten Musikalität (vgl. Blacking, 1967, zitiert nach Spychiger, 2010). 14 Methoden Geräusche und Klänge wahrnehmen und selbst lustvoll produzieren sowie gemeinsam Singen oder in einen Rhythmus finden, sind sehr ursprüngliche Formen menschlicher Interaktionen und werden kulturspezifisch geprägt. Wissenschaftliche Erkenntnisse über das gemeinsame Musizieren in den ersten Jahren der Kindheit bestehen aber erst lückenhaft. Mit der praxisnahen Forschungsarbeit ‚MumiK’ – Musizieren mit Kindern soll hier ein Beitrag geleistet werden. Fragestellung Für unsere Forschung bestehen zwei Hauptfragestellungen: a. Welche musikalischen Fortschritte lassen sich in den ersten Bildungsjahren beobachten? b. Wie können Kinder in den ersten Bildungsjahren im institutionellen Rahmen musikalisch gefördert werden? Die zu analysierenden musikalischen Aktivitäten umfassen dabei den Bereich Wahrnehmung sowie das Produzieren von Tönen und Klängen durch die eigene Stimme und unter Zuhilfenahme von verschiedenen wertlosen Materialien. Projektdesign Das Projekt teilt sich in verschiedene Projektphasen auf, die unmittelbar aufeinander aufbauen (vgl. Abb.1): 15 Abbildung 1: Projektdesign «MumiK» Bereits bei der Literaturrecherche (1. Phase) zeigte sich, dass nur wenig Wissen über unterschiedliche musikalische Kinderkulturen sowie basale musikalische Fähigkeiten bei Kleinkindern wissenschaftlich aufgearbeitet worden sind. Die zweite Projektphase beinhaltete das Erstellen eines standardisierten Fragebogens zum Thema Musikkultur und die Durchführung der Interviews. In der dritten Phase wurde deutschsprachige, aktuelle Praxisliteratur über das Musizieren mit Kindern analysiert. Unter Einbeziehung der bis dahin zusammen gestellten Erkenntnisse entwarf die Projektgruppe Musikaktivitäten (Praxiseinheiten) für Kinder im Alter zwischen zwei und sieben Jahren (4. Phase). Nach Pretests der Praxiseinheiten wurden diese in verschiedenen Kitas und Kindergärten1 durchgeführt und auf Film festgehalten. 1 In den schweizerischen Strukturen wird mit Kita die kostenpflichtige, freiwillige, außerfamiliäre Betreuung für Kinder bis 4 Jahre gemeint; der Kindergarten bildet in der Deutschschweiz die erste obligatorische Bildungsstufe des öffentlichen Schulsystems für Kinder ab rund 4 Jahren. Alle Kinder besuchen den Kindergarten. Die Öffnungszeiten, nicht aber die Gestaltung des pädagogischen Alltages, sind weitestgehend gleich wie in den ersten Grundschuljahren. 16 Stichprobe Die Stichproben unterscheiden sich phasenweise. Dabei ist die Rekrutierung hier geprägt durch bereits vorhandene berufsbedingte Zugänge des Forschungsteams zum Feld. Damit verbunden besteht eine Selbstselektion und hohe Motivation der beteiligten Probanden. Interviews 2 Abbildung 2 : Heimatländer (rot) der Interviewten Um Einblicke in die Musikkulturen anderer Länder zu erhalten, wurde ein halbstandardisierter Interviewleitfaden erstellt. Ziel der Interviews war es, über musikalische Eindrücke sowie die erlebte (Kinder)Musikkultur von Menschen anderer Kulturkreise mehr zu erfahren. Dazu wurden 16 Personen verschiedenen Alters aus dem asiatischen, afrikanischen, arabischen Raum, aber auch aus Südamerika und der geografisch nicht zu determinierenden kurdischen und jüdischen Kultur interviewt. Die befragten Personen waren Schüler- und Schülerinnen einer Lübecker Schule (9. Klasse), Studenten und Studentinnen der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg, Doktoranten dieser Universität aus dem Fach Musik sowie drei erwachsene Frauen aus einem Weiterbildungsmodul zu Musik einer schweizerischen Hochschule (vgl. Abb. 2). Die Stichprobe war anfallend. 2 Quelle: http://douweosinga.com/projects/visited?region=world#americas – Farbliche Ergänzungen durch das Autorenteam [13.01.2013] 17 Die Praxiseinheiten An den Praxiseinheiten waren pädagogisches Personal und Kinder der verschiedenen Altersgruppen (zwei- bis siebenjährige Kinder) aus einer deutschen Kita sowie aus vier Schweizer Kitas und drei Deutschschweizer Kindergärten beteiligt. Die Kindergärten und Kitas sind zum einen Teil städtisch und zum anderen ländlich gelegen. Die Stichprobe war anfallend. Vorgehen und Instrumente Interviewleitfaden Der Leitfaden umfasste vier Teile: Fragen zur Person, zur allgemeinen Musikkultur im Herkunftsland, zur Musikkultur für Kinder und zu erlebten Unterschieden zwischen den Musikkulturen des Herkunfts- und Wohnlandes (vgl. Anhang I). Alle Fragen wurden offen gestaltet, so dass die Interviewpartnerinnen und -partner frei berichten konnten. Der narrative Zugang schien an dieser Stelle besonders notwendig, da Studien, die Musik für Kinder in unterschiedlichen Kulturkreisen beforschen, über die gegebenen üblichen Recherchenetzwerke nicht auffindbar waren. Die Praxiseinheiten Aus theoretischer Sicht sollten die drei basalen musikalischen Fähigkeiten (Singen, Hören und Bewegung) in die Praxiseinheiten einfließen: a) Geräusche und Klänge wahrnehmen, b) Geräusche, Klänge und im Speziellen auch Gesang selbst erzeugen sowie c) Musik und Gesang mit Bewegung kombinieren. Des Weiteren wurden die gesichtete, umfangreiche, aktuelle Praxisliteratur sowie die Erfahrungen der Projektgruppe herangezogen. Die entwickelten Praxiseinheiten wurden vorgängig mehrfach getestet und mit sämtlichen beteiligten Fachpersonen aus der Praxis vorbesprochen. Die Kinder in den Kindergärten und Kindertagesstätten wurden zur Durchführung der Praxiseinheiten in drei verschiedene Altersgruppen eingeteilt: Alle zwei- bis dreijährige Kinder in Altersgruppe I, 18 alle drei- bis fünfjährige Kinder in Altersgruppe II und alle fünf- bis siebenjährigen Kinder in Altersgruppe III (in einzelnen Sequenzen wurde diese Gruppe noch weiter in fünf- bis sechsjährige und sechs- bis siebenjährige Kinder unterteilt). Die jeweiligen Settings wurden in Leitfäden zur Durchführung festgehalten und vor Ort an die Gruppe angepasst (siehe Tab. 1). Tabelle 1: Plan zur Durchführung der Praxiseinheiten Altersgruppe II und III Altersgruppe I Ablauf der Praxiseinheit (immer mehrere Wiederholungen mit Variationen) Kinder betreten den Raum und dürfen die in Gruppen platzierten Glöckchen begutachten und ausprobieren. In einer Variante spielt die Pädagogin mit einem pentatonischen Glockenspiel eine Melodie. Immer dann, wenn diese verklingt, spielen die Kinder mit einer Glocke. Dann bewegen sie sich wieder zur Musik. Anschließend bringen die Kinder alle Glöckchen zu einem Reifen und die Pädagogin singt ein Lied von wilden Pferden. Die Kinder stampfen, wenn im Lied die Pferde stampfen, und später lassen sie auch die Schellen klingen an der entsprechenden Liedstelle. Abschlusslied (allen Kindern bekannt): „Mir singend 1, 2 Stei“ Kinder betreten den Raum und dürfen eine bereit gestellte Kiste mit wertlosem Material begutachten und alles ausprobieren. Im Anschluss gibt die Pädagogin Impulse: Sie macht mit drei Materialien rhythmische Geräusche als Untermalung zu spezifischen Worten. Danach erzählt sie eine Musikgeschichte. Unterschiedliche Ereignisse in der Geschichte können durch die Materialien begleitet werden (Elemente wiederholen sich). Abschlusslied (allen Kindern bekannt): „Mir singend 1, 2 Stei“ Kinder werden nach Begrüßung aufgefordert sich auf den Boden zu legen (vorbereitet mit Kissen für jedes Kind, Satinbändern und Seidentüchern), die Augen zu schließen und den Wind zu spüren (mit Tuch dargestellt). Die Kinder hören sich das Musikstück „La toupie“ an und danach berichten sie über ihre Empfindungen. Beim zweiten Hören werden die Kinder dazu aufgefordert mit Material die Musik in Bewegung umzusetzen. Dies geschieht in mehreren Durchgängen. Anschließend bekommen die Kinder Schellenbänder an die Fußgelenke und dürfen diese zur Begleitung der Musik erproben. Musikalische Fähigkeit Klänge erzeugen Musik hören und umsetzen (beispielsweise in Bewegung) Singen Gesang untermalen mit Geräuschen Geräusche erzeugen Rhythmus hören und umsetzen Singen Musik hören und umsetzen 19 Ergebnisse Ergebnisse der Interviews Die 16 Interviews geben einen kleinen Einblick, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Musikkulturen verschiedener Länder existieren. Wie Musik im Alltag oder im Bildungswesen gelebt wird variiert deutlich und beeinflusst die Musikkultur der Kinder in den entsprechenden Ländern. Die Rolle der Musik im Alltag Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass in jedem Land auf Hochzeiten, Geburtstagen und Beerdigungen die Musik eine wichtige Rolle spielt. In Afrika und in arabischen Ländern scheint die Musik darüber hinaus den Alltag in einer omnipräsenten Form mitzugestalten. Trotz des hohen Stellenwertes der Musik ist eine Kindermusikkultur, wie wir sie im mitteleuropäischen Raum kennen, in vielen Herkunftsländern der Befragten nicht ausgeprägt. In afrikanischen Ländern singen die Kinder von klein auf die Lieder der Erwachsenen, im arabischen Raum sind Kinderlieder ebenfalls rar. So scheint es in Syrien für Kinder nur Gutenacht- und Geburtstagslieder zu geben. Hingegen berichten Interviewpartnerinnen aus dem asiatischen Raum von vielen Kinderliedern und einer eigentlichen Kindermusikkultur. Musik und Bewegung Die Interviewpartnerinnen aus Afrika berichten eine zwingende Verbindung von Bewegung, beziehungsweise Tanz und Musik. In etwas weniger ausgeprägten Maße berichten dies auch die befragten Personen aus arabischen Ländern – hier wird zusätzlich von Tänzen für bestimmte Gelegenheiten mit festgelegten Schrittfolgen berichtet. Im asiatischen Raum gehören Tänze mit festgeschriebenen Schrittfolgen zur Musik. An Tänze werden die Kinder schon früh herangeführt: „Das Tanzen kommt eigentlich noch früher als das Singen“ 20 (Interviewtranskript3_Kamerun, Z. 55), hält eine Kamerunerin fest, denn Tanzen „...gehört ja mit dazu“ (IT Kamerun_2, Z.53) und „...ist eigentlich fast Pflicht“ (IT Ghana, Z. 47). Nur in Japan tanzen die Kinder „...nicht so viel wie Europäer“ (IT Japan, Z. 45). Kinder und Musik Von einer Heranführung an Musik in der Familie erzählen Interviewpartnerinnen und partner aus arabischen, afrikanischen, asiatischen und jüdischen Kulturen. Erst beim Erlernen eines Instruments werden Unterschiede sichtbar. Während in den arabischen und afrikanischen Ländern auch hier der Fokus auf der Familie liegt, berichten die Gesprächspartner und -partnerinnen aus asiatischen und jüdischen Kulturen, dass die Kinder den Umgang mit Instrumenten bei externen Lehrern lernen. „Die Kinder singen, wenn die Erwachsenen auch singen” (IT Nigeria, Z. 55). Dieser Satz eines Nigerianers fasst exemplarisch die Antworten auf die Frage zusammen, bei welchen Gelegenheiten mit Kindern gesungen wird (Syrien, Nigeria, Kamerun). Aufgrund der Interviewaussagen kann davon ausgegangen werden, dass es in arabischen und afrikanischen Ländern unüblich ist, spezielle Situationen oder Räume für Kinder zu schaffen, um zu singen. Ähnliches gilt für die jüdische Kultur. Dagegen berichten die Gesprächspartnerinnen aus den asiatischen Ländern, dass sich das Singen auf Institutionen wie Kindergärten (vgl. IT China, Z. 73; 90)) oder die Schule (vgl. IT Vietnam, Z. 23; 31) beschränkt. Zumindest in der vietnamesischen Schule erlebte eine Interviewpartnerin, dass das Singen auch einen Pflichtcharakter hat, da an jedem Montag alle Schüler singen müssen (ebd.). Antworten wie diese aus Japan „Es gibt Gruppen, wo schon mit ganz kleinen Kindern gesungen wird” (IT Japan, Z. 42), sind eine Ausnahme. Die Frage, ab welchem Alter die Kinder mitsingen, wird häufig mit „sehr früh“ (vgl. IT Ghana, Z. 44; IT Kamerun_2, Z. 51; IT Syrien, Z.28) beantwortet. Bedingungen zum Erlernen eines Instruments Die meisten Befragten gaben an, dass jedes Kind unabhängig vom Geschlecht ein Instrument 3 Folgend wird ‚Interviewtranskript‘ abgekürzt als ‚IT‘, die Zahl dahinter gibt die Zeilennummer innerhalb des Transkriptes an. 21 erlernen darf, wenn es dies möchte. Die einzigen beschränkenden Faktoren, die genannt wurden, sind das Alter der Kinder und die finanzielle Situation der Familie. So gibt es in Syrien Musikschulen, die Kinder nur bis zu einem gewissen Alter unterrichten, dafür unterrichten andere Musikschulen erst ab einem gewissen Alter (vgl. IT Syrien, Z. 40; 46). Die Interviewten berichten auch von Einschränkungen finanzieller Natur. „In Vietnam gibt es viele arme Leute, nicht viel Geld für Instrumente“ (IT Vietnam, Z. 37f). Diese Armut wird auch vom Interviewpartner aus Kamerun genannt: „Wenn es ein Instrument gibt, darf das Kind es lernen. Aber Instrumente sind teuer – wenn die Eltern keins haben oder keins kaufen können, kann das Kind nicht spielen lernen. Manchmal werden Instrumente von den Eltern weitergegeben [...]” (IT Kamerun, Z. 44f). In Ghana bauen viele Kinder ihre Instrumente einfach selbst und das Musizieren belastet das Familienbudget nicht. (vgl. IT Ghana, Z. 40f). Die Gesprächspartnerin aus China berichtet, dass die finanzielle Situation der Eltern automatisch darüber entscheidet, ob ein Kind ein Instrument lernt oder nicht, auch wenn das Kind dieses nicht möchte – das Spielen eines Instrumentes wird dann zur Verpflichtung (vgl. IT China, Z. 105f). Eine jüdische Interviewpartnerin berichtet, dass ein Kind konsequent üben müsse, damit es auch in Zukunft weiterhin Unterricht erhält (vgl. IT jüdisch, Z. 36). Lernen durch Noten oder über das Gehör Mehrere Gesprächspartnerinnen aus arabischen und afrikanischen Ländern sowie aus Peru erzählen, dass bei ihnen das Erlernen eines Instrumentes fast ausschließlich über das Gehör und die Imitation erfolgt, wohingegen in Asien und im jüdisch-orthodoxen Kulturkreis primär mit Noten unterrichtet wird. Hier liegen zwei verschiedene Zugangsarten zu Musik vor – auf der einen Seite eine praktische über den Körper (Gehör und Gefühl), auf der anderen Seite eine eher theoretische über den Kopf (Noten und Musiktheorie). Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf die Funktion der Musik im sozialen Kontext der jeweiligen Länder interessant. Während die Interviews den deutlichen Eindruck hinterlassen, dass Musik in den erstgenannten Ländern und Kulturkreisen vorwiegend eine verbindende Funktion hat, somit der Fokus auf dem kommunikativen Charakter der Musik liegt und in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert hat, wird sie im asiatischen Raum eher in der Schule praktiziert und es wird zusätzlich der Leistungsaspekt betont. 22 Erkenntnisse aus der Praxisliteratur Die aktuell auf dem Markt erhältliche Praxisliteratur für den Elementarbereich bietet sehr viele Beispiele für Kinderlieder, Musikgeschichten oder Strampelspiele, die verschiedenen Ansprüchen dienen. Beispielhaft sind hier etwa Begrüßungslieder wie „Ich und du“ (Rubli, 2010) oder „Grüezi miteinand“ (ebd.), die für das Singen mehrerer Kinder konzipiert sind, zu nennen. In solchen Liedern treten die Kinder miteinander in Kontakt, wodurch die Sozialkompetenz gefördert wird. Andere Lieder zielen auf eine Förderung der Sachkompetenz ab: „Bennis neue Rassel“ (Reuys & Viehoff, 2010) ist eine Musikgeschichte, die sich an dreijährige Kinder richtet. Jedes Kind hat eine Rassel in der Hand (gekauft oder vorher selbst angefertigt), mit der an bestimmten Stellen der Geschichte gerasselt werden soll. Auch die „Erkundung der Trommel“ (ebd.) zielt durch die Heranführung an ein Instrument auf eine Förderung der Sachkompetenz ab. Die Wahrnehmung wird durch das ‚Klingelseil‘ (ebd.) gefördert: Ein Seil, an dem mehrere Glöckchen verschiedener Größen befestigt sind, wird im Raum aufgehängt. Die Kinder nehmen die Klänge wahr, die durch das Berühren des Seils entstehen. Auch die ‚Rappelkiste‘ (ebd.), in der wertlose Alltagsgegenstände liegen, soll die Wahrnehmung fördern. Die Lieder sind inhaltlich variabel, es gibt Lieder zu vielen verschiedenen Themengebieten: Sie handeln zum Beispiel von Tieren („Der Igel Kasimir“ (Hirler, 1998), „Die Spinne Rosalinde“ (Kemper, 2003), „Schweinchen Rosi“ (Kemper, 2003) oder von verschiedenen Arten der Fortbewegung („Zug fahre“ (Rubli, 2010), „Drachenfliegen“ (Gulden et al., 2010) „Flugzüg flüge“ (Rubli, 2010)). Die Erscheinungsformen sind vielseitig. So gibt es für den Elementarbereich Bewegungs- und Tanzlieder, Musikgeschichten, Klanggeschichten, Strampelspiele, Rollen- und Reimspiele und Fingerverse. In vielen Liedern wird das Singen mit einer Bewegungsart kombiniert, in anderen lernen die Kinder den Umgang mit einem Instrument, manche Lieder führen Kinder spielerisch an theoretische Lernbereiche wie das Notenlesen heran („Fußspuren umsetzen“ (Danuser et al., 2010)). 23 Die beobachtete Vielfalt macht deutlich, dass in Deutschland und der Schweiz eine etablierte Kindermusikkultur existiert, mit speziell für jede Altersgruppe konzipierten Liedern. Die Musik wird den Kindern dabei altersgerecht präsentiert, meist steht eine Idee im Vordergrund, die mit einer einfachen Melodie kombiniert wird, so dass die Auseinandersetzung mit dem Lied und der Bewegung den Kindern nicht schwer fällt. Die vorgefundene Musikkultur ist eine Kinderkultur, die sich klar von der Musikkultur Erwachsener abgrenzt. Ergebnisse aus den Praxiseinheiten Die während der Praxiseinheiten aufgenommenen Filme wurden transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse werden zum einen als didaktisches Material aufbereitet und zum anderen hier zusammenfassend dargestellt. Singen: Gesang, Singen mit rhythmischer Begleitung, Gesang und Bewegung Die zwei- bis dreijährigen Kinder Gesang: Alle zwei- bis dreijährigen Kinder hören dem erstmals vorgesungenen Lied schweigend zu (vgl. Transkript Gesang, 2-3, 29:08 – 29:27; Transkript Gesang, 2-3 (2), 07:45 – 08:03; Transkript Gesang, 2-5, 14:32 – 14:50)4. Partiell lässt sich schon in dieser Altersgruppe ein Rhythmusgefühl beobachten, beispielsweise nimmt ein Kind den Rhythmus kurz mit dem Körper auf (TG, 2-3, 29:08 – 29:27). In einer Gruppe sprechen einige Kinder. Als das Lied zum zweiten Mal vorgesungen wird, sprechen sie punktuell einzelne Worte mit (TG, 2-3, 29:47 – 30:06). In den anderen Gruppen bleiben die Kinder still. Rhythmische Begleitung: Bei der rhythmischen Begleitung sind die Ergebnisse ambivalent: In einer Gruppe klingeln die Kinder nie von sich aus oder nach Anleitung an der vorgegebenen Stelle (TG, 2-3(2), 08:17 – 08:35). Bei einer anderen Gruppe klingelt ein Kind, weil es bei 4 Die Praxiseinheiten wurden gefilmt und anschließend beschreibend dokumentiert. Die Quellenangaben bezeichnen das Filmtranskript und die beschriebene Filmstelle. Aus Gründen des Leseflusses wird der Begriff Transkript fortan mit ‚T‘ abgekürzt, Gesang mit ‚G‘ und die anschließenden Nummern geben die jeweilige Textstelle innerhalb des Dokumentes an. 24 einer Erzieherin auf dem Schoß sitzt und diese seine Hand bewegt (ebd., 09:00 – 09:21). Bei einer weiteren Kindergruppe beteiligen sich die Kinder nicht, obwohl die Erzieherinnen versuchen, sie zu aktivieren (ebd., 10:05 – 10:23). Bereits beim zweiten und dritten Mal orientieren sich die Kinder an dem Erwachsenen (ebd., 15:34 – 15:52, 15:56 – 16:16) und klingeln mit. Ein Metrum ist nicht zu erkennen. In einer Gruppe erhalten die Kinder statt Glöckchen und Schellen von der Erzieherin Rasseln, mit denen rasseln sie sporadisch (TG, 2-3, 32:33 – 32:55). Dabei lässt ich nur bei einem Kind ein Rhythmusgefühl beobachten (ebd.). Bei einem weiteren Durchgang in dieser Gruppe orientiert sich ein Kind metrisch an der Erzieherin und stoppt, als auch diese stoppt (ebd., 33:20 – 33:44). Ein einziges Kind kann von sich aus das Metrum halten (ebd.). Gesang und Bewegung: Die meisten Kinder machen mit und gehen im Kreis umher, dabei macht kein Kind den Versuch, das Lied mitzusingen oder einen Teil mitzusprechen (TG, 2-3, 34:13 – 34:34; TG, 2-3 (2), 10:49 – 11:06; TG, 2-5, 19:21 – 19:38). Ein Kind steht die meiste Zeit auf einem Fleck und stampft mit dem Fuß, um den das Schellenband gewickelt ist (TG, 25,19:21 – 19:38). Dabei hat es Schwierigkeiten das Gleichgewicht zu halten und fällt hin (ebd.). Andere Kinder, die unsicher auf den Beinen sind, werden von den Erzieherinnen an der Hand gehalten (TG, 2-3 (2),34:13 – 34:34). Die vier- bis fünfjährigen Kinder Gesang: Als das Lied zum ersten Mal vorgesungen wird, sind die Kinder still und hören zu (TG, 4-5(2) 29:16 – 29:33; TG, 4-5, 27:00 – 27:40). Nach der Aufforderung zum Mitsingen sprechen einige zunächst den ersten Teil des Liedes5 mit, im zweiten Teil6 werden sie leiser (TG, 4-5, 27:46 – 28:07). Kinder einer anderen Gruppe singen bereits beim zweiten Durchgang leise an ein paar Stellen mit (TG, 4-5 (2), 30:46 – 31:06). Beim nächsten Versuch singen Kinder bereits lauter mit, dabei geben sie Teile der Melodie richtig wieder. Außerdem beherrschen sie Teile des Textes (TG, 4-5, 28:15 – 28:33; TG, 4-5 (2),31:18 – 31:34). Die Unsicherheit im zweiten Teil bleibt bestehen, die Kinder werden hier 5 6 «Das ist der Tanz von den wilden, wilden Pferden, das ist der Tanz von den wilden, wilden Pferden.» «Los, wir stampfen, los wir schellen, das ist der Tanz von den wilden, wilden Pferden.» 25 immer leiser und die Beteiligung lässt nach (ebd.). Rhythmische Begleitung: Sobald die Kinder den Gesang mit der rhythmischen Begleitung kombinieren sollen, verstummen sie teilweise ganz und konzentrieren sich auf die Begleitung (TG, 4-5, 28:34 – 28:50; 28:51 – 29:22), nur ein Kind singt (ebd., 28:51 – 29:22). Dabei lässt sich rhythmische Sicherheit bloß bei wenigen Kindern beobachten – es war in jeder Gruppe nur jeweils ein Kind in der Lage, das Metrum zu halten (TG, 4-5, 28:51 – 29:22; TG, 4-5 (2), 30:46 – 31:06). Immer beginnen die Erwachsenen mit der Liedbegleitung und die Kinder steigen ein (ebd.). Teilweise brauchen Gruppen zwei Durchgänge um einzusteigen (TG, 4-5 (2), 29:55 – 31:16). Gesang und Bewegung: Die Kinder bewegen sich bereits beim ersten Durchgang im Takt, den der Erwachsene mit einer Rassel vorgibt, mehrere galoppieren auch im Kreis herum (TG, 4-5, 31:43 – 32:02; TG, 4-5(2), 32:29 – 32:52). Sie beschränken sich dabei auf die Bewegung und singen nicht mit (ebd.). Bei weiteren Durchgängen sind die Kinder in der Lage, die Anweisung „Stampfen“ umzusetzen und dies gelingt mit Übung immer besser und teilweise kombiniert mit dem Singen einzelner Liedteile (ebd., 32:03 – 32:22; 33:18 – 33:30; TG, 4-5(2), 32:55 – 33:13). Die fünf- bis siebenjährigen Kinder Gesang: Auch diese Altersgruppe hört beim ersten Vorsingen des Liedes konzentriert zu. Die Kinder lassen die PET-Flaschen und Klanghölzer in ihren Händen ruhen und schauen den Erwachsenen an (TG, 5-6, 11:27 – 11:42; TG, 5-6(1),19:30 – 19:47; TG, 5-6(2),16:40 – 17:00). Auffällig dabei ist, dass die Kinder im zweiten Teil das Metrum, das der Erwachsene mit einer Rassel zu schlagen beginnt, teilweise übernehmen, obwohl sie nur zuhören sollen. In einer Gruppe tut dies ein Kind (TG, 5-6(1),19:30 – 19:47), in einer anderen Gruppe alle bis auf ein Kind (TG, 5-6(2), 16:40 – 17:00). Nur in einer Gruppe sind die Kinder still. Bereits beim zweiten Mal singen manche Kinder schon mit, andere murmeln. Es beteiligen sich alle Kinder (TG, 5-6(1), 19:51 – 20:09). Der erste Teil ist textlich und melodisch gut zu erkennen (ebd.). 26 Singen mit rhythmischer Begleitung: Die Ergebnisse sind ambivalent. Während in einer Gruppe der Gesang zu Gunsten des Begleitens komplett verstummt (TG, 5-6(1),20:41 – 20:58)), können andere Kinder beides miteinander kombinieren (TG, 5-6,11:56 – 12:13; TG, 5-6(2),17:22 – 18:19). Dies gelingt unterschiedlich gut: In einer Gruppe kann nur ein Kind den Rhythmus nicht halten (TG, 5-6(2),17:22 – 18:19), wo hingegen in den anderen Gruppen rhythmische Sicherheit nur bei ein paar Kindern zu beobachten ist (TG, 5-6,11:56 – 12:13; TG, 5-6(1),21:25 – 21:45). Die Textsicherheit nimmt mit den Wiederholungen teilweise zu. In einer Gruppe singen die Kinder auch den zweiten Teil mit, lediglich das letzte Wort „schellen“ singen sie nicht mit (TG, 5-6,12:29 – 12:46). In anderen Gruppen lässt sich dieser Fortschritt nicht erkennen, der zweite Teil wird melodisch gemurmelt (TG, 5-6(1),21:06 – 21:24; TG, 5-6(2),17:22 – 18:19, 18:37 – 18:53). Gesang und Bewegung: Alle Kinder bewegen sich zur Musik, die Mehrheit singt dazu (TG, 56,14:41 – 14:57). Die Hälfte der Kinder kann das Stampfen in Kombination mit dem Gesang umsetzen (ebd., 15:04 – 15:20), im zweiten Teil nimmt der Gesang aber deutlich ab. Es ist ein gutes Rhythmusgefühl bei allen Kindern erkennbar. Als die Kinder den Gesang und Tanz ohne die Hilfe des Erwachsenen kombinieren sollen, wiederholen sie den ersten Teil mehrfach und gehen erst nach Intervention des Erwachsenen in den zweiten Teil über (ebd., 15:24 – 15:49). In der zweiten Gruppe nehmen die Kinder spontan den Takt des Liedes in ihre Bewegung auf und setzen es in einen Seitwärts-Galopp um (TG, 5-6(1), 22:11 – 22:35). Gesang und Bewegung können sie problemlos kombinieren, ein Kind kann zwischen den Bewegungsformen wechseln (ebd., 22:44 – 23:02). Dabei nimmt aber die rhythmische Sicherheit ab, es bewegt sich kein Kind mehr im Metrum. Auch in der dritten Gruppe setzen ein paar Kinder das Metrum mit der Bewegung um (TG, 56(2),19:23 – 19:35). Die Stampfbewegung wird nur von einem Kind umgesetzt, die Kinder galoppieren, wobei sie sich stark an der erwachsenen Person orientieren. Der Text im zweiten Teil wird gemurmelt (ebd.). Die Kinder koordinieren Bewegung und Stimme nicht 27 spontan. Klänge erzeugen Die zwei- bis dreijährigen Kinder Wenn die Pädagogin den zwei- bis dreijährigen Kindern Geräusche rhythmisch vormacht, nehmen sie das Geräuschmuster (Pattern) auf. Die Kinder klopfen mit zwei Deckelchen auf den Boden und untermalen eine Geschichte musikalisch. Sie reiben zudem einen Stab über eine gerippte Flasche. Sie brauchen dazu aber eine kurze Beobachtungszeit (vgl. beispielsweise Transkript Musikgeschichte7, 2-3, 40:00 – 43:13). Die vier- bis fünfjährigen Kinder Die drei- bis vierjährigen Kinder folgen einer Geschichte aufmerksam. Sie hören die Stichworte zum Erzeugen der Geräusche in der Geschichte und reagieren verzögert mit der musikalischen Untermalung. Dazu nutzen sie das bereitgestellte Material und differenzieren über die Gesamtdauer des Settings ihre Bewegungen. Sie orientieren sich beim Erzeugen der Geräusche an ihrer sozialen Umwelt, an anderen Kindern und an den Erwachsenen. Als die Pädagogin verschiedene Rhythmen mit unterschiedlichen Materialien vorzeigt, gelingt es einigen Kindern spontan und sofort das Material richtig einzusetzen (vgl. TMg, 3-4, 34:03 – 41:36; TMg, 3-4(2), 41:29-50:07; TMg, 3-4(3), 29:36-37:55). Die fünf- bis siebenjährigen Kinder Die fünf- bis siebenjährigen Kinder können einer Musikgeschichte aufmerksam folgen. Die im Vorfeld eingeführten Techniken zum Erzeugen der Geräusche setzen alle Kinder zum richtigen Zeitpunkt in der Musikgeschichte ein und dort, wo dies die Pädagogin ermöglicht, generieren die Kinder selber Ideen für eine musikalische Untermalung (vgl. TMg, 5-6, 21:0327:13; TMg, 5-6(2), 23:50-30:10; TMg, 5-6(3), 03:15-09:28). 7 Der Begriff Transkript wird fortan mit ‚T‘ abgekürzt, Musikgeschichte mit ‚Mg‘ und die anschließenden Nummern geben die jeweilige Textstelle innerhalb des Dokumentes an. 28 Musik hören und umsetzen Die zwei- bis dreijährigen Kinder Die zwei- bis dreijährigen Kinder rezipieren das Musikstück ohne dokumentierbare Auffälligkeiten beim Zuhören. Die Aufforderung die Musik in Bewegung umzusetzen, kann in einem Setting von keinem Kind ausgeführt werden. (vgl. Transkript Musik hören8, 2-3, 08:57 – 09:55, 16:19 – 17:16). In einem weiteren Setting sind Kinder teilweise beim Hören in der Lage, Musik mit dem Körper aufzunehmen und bestimmte Elemente in Bewegung (Cresendo) umzusetzen (vgl. TMh, 2-3(2), 4:59 – 5:57). Die Mehrheit der Kinder setzt das Gehörte mit unterschiedlichen Bewegungselementen um: Ein Kind macht im Takt Hüpfbewegungen, ein anderes Kind nimmt die musikalische Steigerung durch Trippeln auf, ein weiteres Kind hört aufmerksam zu und holt tief Luft (leichtes Hüpfen), sobald die Musik sehr laut ist, und ein weiteres Kind kommentiert das Ende des Musikstücks verbal (ebd., 7:15 – 7:31). Das zusätzliche Element Tuch animiert die Kinder damit zu spielen und sich zu bewegen, wird aber von den Kindern nicht mit der Musik synchron eingesetzt (ebd., 8:29 – 8:43). Ein Teil der Kinder wartet auf die Musik und bewegt erst dann die Tücher oder Schellenbänder dazu, wobei die Beinbewegungen entfallen (ebd., 10:39 – 10:59, 14:17 – 14:37). Bei einem weiteren Durchgang koordiniert ein Kind seinen ersten Bewegungsimpuls mit der neuen Bewegung passend zur Musik (ebd., 16:03 – 16:24). Mehrere der zwei- bis dreijährigen Kinder orientieren sich visuell an den Bewegungen der Pädagogin (ebd., 17:02 – 18:45). Die drei- bis vierjährigen Kinder Die drei- bis vierjährigen Kinder eines Settings sind beim Hören der Musik unruhig und schließen die Augen beim Zuhören nicht (vgl. TMh, 3-4, 04:06-05:29). Einige Kinder können Assoziationen, die sie zur Musik haben, konkret benennen, andere Kinder können keine sprachliche Zuordnung machen (ebd., 05:35-08:52). Um im ersten Durchgang die gehörte 8 Der Begriff Transkript wird fortan mit ‚T‘ abgekürzt, Musik hören mit ‚Mh‘ und die anschließenden Nummern geben die jeweilige Textstelle innerhalb des Dokumentes an. 29 Musik in Bewegung umzusetzen, brauchen die Kinder immer eine verbale Anweisungen zum Tempowechsel und konkrete Bewegungsvorschläge durch den Erwachsenen (ebd., 09:1214:13). Bei der darauffolgenden Umsetzung der Musik in Bewegung mit Tüchern, Glöckchen oder Schellenbändern benötigen die Kinder ebenfalls Hilfestellung der Pädagogin, denn die Tempowechsel können noch nicht nachvollzogen und allein umgesetzt werden (ebd., 14:5317:34). Beim Einsatz der Glöckchen und Schellenbänder werden die Anweisungen nur von der Minderheit der Kinder in Ansätzen ausgeführt; kein Kind kann trotz Hilfestellung die Anweisungen komplett ausführen (ebd., 18.11-25:05). In einem zweiten Setting mit drei- bis vierjährigen Kindern beschreiben sie die Musik als schön (vgl. TMh, 3-4(2), 09:58-10:00) und sie erkennen unterschiedliche Sequenzen der Musik. Die drei- bis vierjährigen Kinder warten bis die Musik beginnt und orientieren sich an der Pädagogin. Nach einem ersten Durchlauf finden sie zu einem eigenen Ausdruck (springen, drehen, lachen) und orientieren sich nur noch bei den Wechseln zwischen den Sequenzen (ebd., 11:53-11:57). Sie bewegen sich selbstständig zur Musik (springen) und kehren am Ende des Stücks zurück zu ihrem Sitzkissen (ebd., 13:27-13:34). Bei der Umsetzung der Musik mit dem Tuch ergeben sich für diese Kinder Schwierigkeiten, da sie beim Laufen über die Tücher stolpern. Die Schwenkbewegung wird stehend von den Kindern ausgeführt (ebd., 15:11-15:17). Die Elemente Glöckchen und Schellenband werden von allen Kindern ausprobiert, jedoch nicht synchronisiert oder in Bezug zur Musik gesetzt (ebd., 21:34-26:48). Die Drei- bis Vierjährigen eines dritten Settings verbalisieren im Gespräch mit der Pädagogin keine Assoziationen nach dem Hören der Musik (vgl. TMh, 3-4(3), 00:36-03-44). Die Kinder benötigen durchweg konkrete Anweisungen zur Bewegung und zum Tempowechsel mit und ohne Gebrauch des Zusatzmaterials. Die Nutzung des Tuchs wird durchgehend verbal von der Pädagogin begleitet. Die gegebenen Anweisungen werden von den Kinder umgesetzt, Bewegungen von selbst finden nicht statt (ebd., 03:45-08:15). Der Beginn der Musik wird von der Pädagogin ebenfalls verbal kommentiert, da die Kinder nicht von alleine loslaufen. Die Glöckchen und Schellen werden von den Kindern genutzt. Stille wird von der Pädagogin angezeigt. Es können nur einige Kinder prompt mit Ruhighalten des Instruments reagieren (ebd. 10:42-16:16). Das Schellenband wird nicht unmittelbar mit der 30 Musik synchronisiert. Einige Kinder zeigen Rhythmusgefühl und übertragen den Tempowechsel der Musik auf ihre Bewegung nach Anweisung und Zeichen der Pädagogin. Ein Kind erkennt Tempowechsel ohne Hilfe und setzt ihn um (ebd., 16:17-24:26). In einem vierten Setting zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Die Kinder orientieren sich in ihren Bewegungen an der Pädagogin. Das eingesetzte Zusatzmaterial wird nicht in Bezug zur Musik gesetzt (vgl. TMh, 3-4(4), 01:35-14:14). Die fünf- bis siebenjährigen Kinder Die fünf- bis siebenjährigen Kinder können alle Assoziationen zur Musik konkret verbal beschreiben. Ein Kind erkennt nach dem ersten Hören der Musik den Tempowechsel und benennt die Dynamik der Musik, ein anderes übernimmt mit dem Körper den Rhythmus (vgl., TMh, 5-6, 03:25-08:43). Die Umsetzung der Musik in (individuelle) Bewegung erfolgt bei der Mehrheit der Kinder nicht von selbst und hängt von den Anweisungen der Pädagogin ab. Auch der Tempowechsel wird nicht durch die Bewegungen der Mehrheit der Kinder angezeigt; ein Kind erkennt den Wechsel und passt seine Bewegungen ohne Hilfestellung an (ebd., 08:45-12:37; 00:20-03:28). Auch beim Einsatz des Tuches orientieren sich die Kinder an der Bewegung des Erwachsenen. Die verbale Anweisung reicht nicht aus, eine individuelle Umsetzung erfolgt überhaupt nicht. Die Glöckchen und Schellen werden von den Kindern ausprobiert. Ein eingeführtes Signal zur Stille kann von den Kindern umgesetzt werden (ebd., 06:13-11:39). In einem weiteren Setting kann der Tempowechsel der Musik von einem Kind intuitiv umgesetzt werden, die anderen Kinder orientieren sich wieder am Erwachsenen, später auch an einem Kind. Der Tempowechsel in der Musik kann nicht umgesetzt werden, auch nicht durch verbale Zeichen des Erwachsenen) (vgl., TMh, 5-6(2),01:50-20:40). Zusammenfassung der Ergebnisse Gesang Zusammenfassend lässt sich ein Zuwachs der musikalischen Fähigkeiten der Kinder in den Bereichen «Singen», «Rhythmische Begleitung» und «Musik und Bewegung» bei steigendem Alter erkennen. Am gravierendsten ist der Unterschied beim Gesang von Altersgruppe I zu 31 Altersgruppe II. Dieser zeigt sich in der Beobachtung, dass die Kinder der ersten Gruppe weder gesungen, noch zur Musik gesprochen haben. Bei den Kindern der Altersgruppe II und III ist der Unterschied nicht deutlich: In beiden Gruppen sind einige Kinder bereits beim zweiten Mal in der Lage mitzusingen, es unterscheidet sich lediglich die Anzahl der Kinder. In Altersgruppe III singen alle Kinder von Anfang an mit, die Kinder aus Altersgruppe II brauchen mehrere Durchläufe bis alle mitsingen. Die Zeile „Los, wir stampfen, los, wir schellen“ beim Tanz der wilden Pferde konnte keine Altersgruppe reproduzieren. An dieser Stelle des Liedes wechselte der Gesang immer zu einem melodischen Murmeln im Sprachrhythmus. Auch das Rhythmusgefühl der Kinder wird mit zunehmendem Alter sicherer: In der Altersgruppe I gab es nur ein Kind, das kurz zum Rhythmus der Musik wippte. Das Begleiten mit den Glöckchen und Rasseln war beliebig und orientierte sich nicht am Metrum. Bei der Bewegung gingen oder liefen die Kinder nur im Kreis. In Altersgruppe II lässt sich bei vielen Kindern ein richtiges Rhythmusgefühl erkennen, welches sie in ihren Bewegungen ausdrücken. Es haben aber fast alle Schwierigkeiten mit dem Begleitrhythmus, wobei dies an der komplexen Form des Begleitens liegen könnte, da die Kinder noch nie mit einem Klangholz über eine PET-Flasche gerieben haben. In der Altersgruppe III hingegen können die meisten Kinder den Rhythmus schnell reproduzieren. Erst in dieser Altersgruppe sind einige Kinder in der Lage mehrere musikalische Ausdrucksarten miteinander zu kombinieren und korrekt auszuführen; die jüngeren Kinder der anderen Altersgruppen schafften dies noch nicht. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Kinder sich mit zunehmendem Alter immer weniger auf die erwachsenen Personen fixieren. Schauen alle zwei- bis dreijährigen Kinder (Altersgruppe I) oft zu den Erwachsenen und werden nur dann aktiv, wenn auch die Erwachsenen dies tun, beobachten und imitieren die Kinder der Altersgruppe II nur bei der rhythmischen Begleitung. Bei den Kindern der Altersgruppe III ist dies gar nicht mehr zu erkennen. Mit zunehmendem Alter steigt das Interesse an musikalischen Fertigkeiten wie beispielsweise dem Singen, die Kinder können das Lied schneller reproduzieren. 32 Geräusche und Klänge erzeugen Die jüngsten Kinder (Altersgruppe I) können vorgemachte Geräuschmuster nachmachen und mit etwas Übung eine Geschichte musikalisch untermalen. Die Kinder in Altersgruppe II differenzieren schnell innerhalb einer Praxiseinheit ihren Umgang mit dem bereitgestellten Material und erzeugen Geräusche, untermalen eine Geschichte. Sie orientieren sich stark an ihrer sozialen Umwelt. Die Kinder der Altersgruppe III sind in der Lage, nach kurzer Einführung beziehungsweise Erläuterung das Material zum Untermalen der Geschichte selbstständig einzusetzen und beginnen zu improvisieren sowie Ideen weiter zu entwickeln. Musik hören und umsetzen Einige Kinder der Altersgruppe I können noch nicht im Rahmen eines Settings Musik in Bewegung umsetzen. Andere Kinder verwenden schon sehr vielseitig ihren Körper oder die Stimme, um das gehörte Musikstück umzusetzen. Die Kinder zeigen in ihren Fertigkeiten eine große Bandbreite. Visuell orientieren sich alle an der Pädagogin. Eingesetztes Zusatzmaterial animiert die jungen Kinder zum Spielen. Es wird allerdings noch nicht in Einklang mit der Musik gebracht. Die drei- bis vierjährigen Kinder in der Altersgruppe II können teilweise ihre Assoziationen zur Musik verbalisieren. Auch sie orientieren sich an den Anweisungen und Bewegungsvorschlägen der Pädagogin. Die Umsetzung der Musik (mit und ohne Zusatzmaterial) ist alleine noch nicht vollständig möglich, aber viele Kinder finden schnell zu eigenen Ausdrücken und greifen im Laufe des Settings immer weniger auf die Hilfestellung der Pädagogin zurück. Das Zusatzmaterial wird noch nicht im Einklang mit der Musik eingesetzt. In der Altersgruppe III verbalisieren alle Kinder Assoziationen zur Musik, benennen zum Teil auch Tempowechsel oder die Dynamik der Musik und setzen auch manchmal selbständig Musik mit ihren Körpern in Bewegung um. Die Orientierung an der Pädagogin ist beim Umsetzen mit und ohne Zusatzmaterial nach wie vor stark ausgeprägt. 33 Diskussion Methoden Literaturrecherche Bei der Literaturrecherche zeigte sich, dass eine große Fülle an praxisorientiertem Material besteht. Dagegen fällt auf, dass auch nach einer vertieften Literaturrecherche im deutschsprachigen Raum nur wenige wissenschaftliche Artikel über frühkindliche musikalische Bildung existieren. Ergänzend wurden Expertinnen und Experten nach ihnen bekannten Studien und Masterarbeiten befragt. Es ergaben sich keine zusätzlichen Informationen. Auch die Literaturrecherche im angloamerikanischen Raum brachte keine umfangreichen Ergänzungen. Die Analyse der Praxisliteratur war dagegen sehr aufschlussreich. Sie ergab schnell ein Bild, wie in unserem Kulturraum das Musizieren mit Kindern vorgesehen ist. Dabei zeigten sich regionale Unterschiede zwischen Deutschland und der Deutschschweiz. Solche Unterschiede sind zwischen den differierenden Sprachregionen wie beispielsweise der Romandie und der italienischsprachigen Schweiz vermutlich noch beachtlicher. Feingliederige Recherchen in den verschiedenen Sprachregionen konnten im Rahmen des vorliegenden Projekts aber nicht getätigt werden. Ein überregionales Expertinnen- und Expertentreffen mit vorgelagerten Recherchen könnte in diesem Bereich weitere Aufschlüsse bringen, in welchen Varianten eine Kindermusikkultur jeweils gestaltet wird. Interviews Der Interviewleitfaden ließ den GesprächspartnerInnen genügend Freiraum, über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zu berichten, so dass sehr schnell ein Bild entstehen konnte, wie die befragten Personen die Einführung von Kindern in Musik und gelebte Musik im Alltag in ihrer Umgebung erlebt haben. Die Stichprobe ist allerdings zu klein, so dass in den Untergruppen keine Sättigung erreicht werden konnte. Zudem war die Rekrutierung und damit die Auswahl der GesprächsteilnehmerInnen zufällig. Das Ergebnis ist illustrierend und bildet einen Horizont von verschiedenen kulturell geprägten Gepflogenheiten ab. 34 Halbstandardisierte Musiksequenzen in der Praxis Die Halbstandardisierung der Unterrichtssequenzen ermöglichte es den Pädagoginnen die Sequenzen an die vorhandenen Rahmenbedingungen und die Kindergruppen anzupassen. Trotzdem sind wichtige Elemente in allen Filmsequenzen in einer vergleichbaren Art zu sehen. Die externen Pädagogen und Pädagoginnen sowie die Filmequipe haben sich problemlos in das Praxisgeschehen eingegliedert, so dass die Kinder beinahe ohne Aufwärmzeit ihr Interesse auf das musikalische Geschehen richten konnten. Es hat sich zudem bewährt, dass sämtliche Filmenden zuvor eine ganztägige Filmschulung absolviert hatten. Das eingesetzte Musikstück müsste in einer weiteren Phase geändert werden. Zwar sind die verschiedenen Sequenzen bei „La toupie“ für die Kinder gut und einfach erfassbar, insgesamt ist das Tempo für einen Teil der kleinen Kinder aber zu hoch. Bei der Einführung der Lieder hätten die kleinen Kinder mehr Wiederholungen benötigt als im Skript für die Pädagoginnen vorgesehen war. Ergebnisse Die Ergebnisse sollen folgende Fragen beantworten: a) Welche musikalischen Fortschritte lassen sich in den ersten Bildungsjahren beobachten? b) Wie können Kinder in den ersten Bildungsjahren im institutionellen Rahmen musikalisch gefördert werden? Musikalische Fortschritte In der Literatur werden Ergebnisse dargestellt, wann Kinder gewisse Fertigkeiten wie die Einhaltung eines Rhythmus oder Übernahme eines Grundtones in der Regel gelingen. Spychiger (2010) führt aus, dass Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren Fähigkeiten erwerben innerhalb eines Parametes (z.B. Rhythmus oder Tonhöhe) die entscheidenden Merkmale zu beherrschen und zu erkennen, wobei sich die Fähigkeiten der Kinder stark 35 voneinander unterscheiden können. Auch Minkenberg (1991) stellt bereits bei Fünfjährigen die Fähigkeit fest ein Menturm einhalten zu können. Ergänzend sind die Befunde von Davidson und Colly (1987): Auch das junge Kind kann rhythmische Sequenzen gut erinnern, sofern es sich um einfache und lange Sequenzen mit Text handelt. Dagegen betont Elmer Stadler (2013), dass der Aufbau musikalischer Kompetenzen in Abhängigkeit vom Angebot steht und dieses gerade im deutschsprachigen Raum in der außerfamiliären Betreuung für den Bereich Musik eher marginal ist. MumiK ermöglichte es den Kindern verschiedene musikalische Situationen zu erleben und durch die filmischen Aufnahmen konnten diese im Nachgang analysiert werden. Gesang und Bewegung Die zwei- bis dreijährigen Kinder zeigen Interesse zu singen. Zuerst nehmen sie einzelne Worte auf und sprechen diese mit einer noch kaum erkennbaren Melodie mit. Ab vier Jahren ergibt sich ein anderes Bild. Nach dem erstmaligen Zuhören versuchen die Kinder sofort mitzusingen. Dies gelingt ihnen teilweise bereits im zweiten Durchgang. Beim dritten Mal können die meisten Kinder im Kontext der Gruppe bereits über weite Strecken mitsingen. Das Interesse der Kinder zu singen ist bei allen untersuchten Altersabschnitten vorhanden. Dies entspricht Stadler Elmers (2011) Ausführungen, denn für Kinder sind Spaß, wiederkehrende Melodien, sich dazu Bewegen und die Sprache beim Singen vordergründig wichtig. Bei kleinen Kindern muss bewusst sein, dass die Pädagogin alleine singen muss und vielfache Wiederholungen angezeigt sind. Generell sind die Kinder auf die Pädagoginnen fokussiert und orientieren sich an ihnen, lernen also durch Imitation und soziale Interaktion. Bei den Kindern vor dem Übergang in die Primarschule zeigte sich, dass alle untersuchten Kindergruppen durchaus in der Lage sind, wenn es genügend Zeit zum Wiederholen gibt, Melodien im Gruppenkontext erkennbar wiederzugeben. Dies steht im Einklang mit den Ergebnissen von Bastian (2002): die Fähigkeit der Kinder den richtigen Anfangston aufzunehmen verbessert sich vor allem gravierend im ersten Schuljahr, da vermutlich hier der erste lehrplanmäßige, regelmäßige Kontakt mit Musik stattfindet. Nur ganz wenige kleine Kinder und einige der älteren können das Metrum über kurze 36 Strecken aufnehmen. Der Mehrheit der kleinen Kinder gelingt es aber nicht, einen Rhythmus zu halten. Für die größeren Kinder ist es hilfreich, wenn mindestens ein Kind in der Gruppe den Rhythmus vorgeben kann. Dann fallen die anderen nach und nach in den Takt ein. Auch hier zeigt sich der unterstützende Faktor der Gruppe. Wenn sich die kleinen Kinder auf den Rhythmus konzentrieren, geschieht dies auf Kosten des Gesangs. Nur bei den fünf- bis siebenjährigen Kindern lässt sich beobachten, dass sie Bewegung und Gesang koordinieren können. Durch Wiederholungen wurde die Koordination besser. Kinder aller Altersgruppen bewegen sich zum Lied spontan. Ab vier Jahren koordinieren die Kinder ihre Bewegungen mit dem Inhalt des Liedes oder mit dem Takt der Melodie. Dies gelingt ihnen mit zunehmendem Alter besser. Spychiger (2010) fasst zusammen, dass sich Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren häufig auf einen einzigen musikalischen Parameter fokussieren, beispielsweise auf die Melodie und dabei Rhythmus, Tonhöhe und Tonlänge vernachlässigt werden. Im Allgemeinen können Kinder innerhalb dieses Parameters die entscheidenden Merkmale wahrnehmen (vgl. Spychiger, 2010). Im Gegensatz zu Spychigers Aussagen zeigte sich, dass es den vier- bis siebenjährigen Kindern bereits nach wenigen Durchgängen im sozialen Kontext gelingt, verschiedene Parameter zu koordinieren. Geräusche erzeugen, Experimentieren und Geschichten musikalisch untermalen Klänge mit bereitgestelltem Material zu erzeugen bereitet den Kindern aller Altersgruppen keine großen Probleme. Sie probieren aus und nehmen das neue Material schnell an. Bei den kleinen Kindern fällt auf, dass sie zu Beginn das Material zur Klangerzeugung nur zögerlich aus der Kiste nehmen. Sie orientieren sich dabei stark an ihrer sozialen Umwelt. Wenn ein älteres Kind oder eine erwachsene Person etwas erprobt, greifen sie sich oft das gleiche Material und probieren es ebenfalls sofort aus. Die kleinen Kinder warten häufig auf Impulse von Erwachsenen. In einer Gruppe, in der die Kinder das Material bereits zum zweiten Mal ausprobieren konnten, wurden sämtliche Elemente, die beim ersten Mal unter dem Impuls von Erwachsenen eingeführt wurden, schnell wieder aufgegriffen und durch mehrfache 37 Wiederholungen sowie Variationen vertieft. Kita-Kinder, die das Material erstmals ausprobieren konnten, begaben sich häufig zuerst in die Rolle des Zuschauers und erzeugten erst etwas später selbst Geräusche. Bei den Kindern der Altersgruppe III fällt auf, dass sie sofort auf eine Aufforderung hin einsteigen und zu musizieren beginnen. Häufig produzieren sie dabei zuerst einfache Schlagmuster. Vielfach steigen darauf große Teile der Gruppe ein. Bei anderen Geräuschen brauchte es oft die Unterstützung von Erwachsenen (so beispielsweise beim Rascheln mit Kunststoffsäckchen) bevor die Kinder selber Geräusche produzieren. Vor allem bei den Kindern der Altersgruppe III ist deutlich zu erkennen, dass sie ihre Fertigkeiten schnell ausdifferenzieren, sich von den Vorgaben der Pädagogin lösen können und beginnen zu improvisieren. Allen Altersgruppen ist es gelungen, Geschichten musikalisch zu untermalen. Bei den Kindern der Altersgruppe I wurde die Untermalung allerdings lediglich beim Lied «Tanz der wilden Pferde» ausprobiert. Hier war die Zeit aber so knapp bemessen, dass sie das Stampfen zum richtigen Zeitpunkt nicht zeigen konnten. Bei den Kindern ab drei Jahren fällt auf, dass sie sehr einfache rhythmische Untermalungen zu bestimmten Begriffen schnell aufnehmen. Nachdem sie das Prinzip verstanden haben, können sie die Untermalung auch eigenständig umsetzen. Die älteren Kinder sind dagegen deutlich schneller und teilweise auch schon von alleine in der Lage eine Geschichte an entsprechenden Stellen mit unterschiedlichen rhythmisch passenden Geräuschen zu versehen. Kritisch anzumerken ist, dass die Übungen mit den Zwei- bis Dreijährigen nicht in der gleichen Art umgesetzt wurden und daher keine Aussage über diese Altersgruppe möglich ist. Es ist aber zu vermuten, dass sie viel Zeit zur Koordination der sprachlichen und der musikalischen Leistung brauchen und dass die Grenzen zur Sprachleistung (beispielsweise Lautmalerei) parallel oder leicht verschoben verlaufen. Diese Ergebnisse gehen über die in der Literatur dargestellten Erkenntnisse hinaus. In der vorliegenden Forschungsarbeit zeigte sich, dass die Anregung der sozialen Umwelt und gerade auch die stützende Funktion der Peers eine zentrale Rolle spielt: Die Gruppe zieht einzelne, noch unsichere oder unerfahrene Kinder mit und gemeinsam entstehen 38 Schlagmuster, viele Geräusche und Klänge sowie Variationen von Ideen. Wenn die Kinder über keine Vorerfahrungen verfügen, braucht es Impulse von den erwachsenen Bezugspersonen. Diese können – wie hier gezeigt wurde – in gemeinsamen Interaktionen einfließen oder auch allen Kindern gleichzeitig vorgemacht werden. Im Verlauf einzelner Settings und bei bereits einer Wiederholung zeigen die Kinder schnelle Lernfortschritte. Musik hören und umsetzen Kinder verschiedenen Alters reagieren körperlich auf Musik. Die Bewegungen sind facettenreich und meist spontan. Die Pädagogin ist in allen Altersgruppen für die Kinder vorbildhaft, die jüngeren und älteren Kinder orientieren sich stark an den Vorschlägen zur Umsetzung der Musik in Bewegung. Aufgrund der vorliegenden Gesamtergebnisse sowie der in den Filmausschnitten zu beobachtenden Einzelfälle (ein Kind besuchte beispielsweise seit längerer Zeit eine Tanzgruppe) ist zu vermuten, dass es den Kindern mit viel Übung und Impulsen von kompetenteren Spielpartnern gelingt, ein eigenes Bewegungsrepertoire, das zu musikalischen Inhalten passt, aufzubauen und selbstbewusst einzusetzen. Nach dem Rezipieren der Musik sind Kinder in den Altersgruppen II und III in der Lage im Dialog ihre Assoziationen zu verbalisieren. Beim Hören eines Musikstückes können von einigen älteren Kindern besondere Merkmale benannt werden. Werden Zusatzmaterialien ergänzend eingesetzt, haben vor allem die kleinen Kinder aber auch viele ältere Mühe, ihre Bewegungen spontan mit der Musik zu koordinieren. Musikalische Förderung Im deutschsprachigen Raum gibt es unzählige Kinderlieder für alle Altersstufen. Es gibt auch Literatur aus dem Bereich der Rhythmik, die genau beschreibt, wie Kinder sich zu Musik bewegen können. Anschauungsmaterialien, die zeigen, wie musikalische Aktivitäten in verschiedenen Alterssegmenten in der frühen Kindheit eingesetzt werden können, existieren gemäß unserer Recherche nicht. Wir stellen diese Möglichkeinen in der Beilage (DVD) mit vielfältigen Filmbeispielen zur Verfügung. Des Weiteren werden diese Möglichkeiten für KiDiT®-Nutzerinnen im Login-Bereich des Beobachtungstools zugänglich gemacht. Wir sind 39 sicher, dass dies Praktikerinnen Anregungen geben wird, wie sie mit ihren häufig altersgemischten Gruppen Musik im Alltag umsetzen können. Diese DVD schafft als modernes Unterrichtsmedium einen Anfang, bei dem alle Pädagoginnen im Rahmen ihrer alltäglichen Arbeit (Beobachtung und Dokumentation kindlicher Fähigkeiten) mit dem Bildungsbereich Musik einfach in Kontakt kommen. 40 Ausblick Mit der vorliegenden Arbeit konnten ansatzweise Lücken in den folgenden Forschungsdesideraten geschlossen werden: a) Interaktionen von Erziehenden und deren Wirkungen Gesungen wird häufig, als alternativer Zugang zur Welt wird Musik aber nur wenig und eher bei den größeren Kindern genutzt. Innerhalb des Forschungsprojektes ‚MumiK’ lassen Beschreibungen, wie sich Interaktionen im Rahmen von musikalischen Aktivitäten beispielsweise auf die Beziehung oder die Stimmung auswirken, nicht feststellen. Was aber deutlich wurde: Gemeinsames Musizieren ermöglicht es den Kindern in Beziehung zu auch noch fremden Pädagoginnen zu treten. b) Alterstypische Veränderungen bei einzelnen musikalischen Parametern Diese wurden in einigen wenigen Forschungen für Schulkinder untersucht. Für den Frühbereich fehlten bis anhin systematische Angaben. ‚MumiK’ kann hier Einblicke geben: Das eigene Singen ändert sich in den ersten Lebensjahren deutlich. Die kleinsten Kinder in unserer Untersuchungsgruppe stiegen innerhalb von drei Durchgängen nicht in ein neues Lied ein. Dies ist bei den beiden anderen Gruppen anders: Bereits die Dreijährigen nehmen den Text von Liedern und einzelne hervorgehobene musikalische Elemente auf und setzen sie um. Bei der Produktion von Geräuschen und Klängen betraten wir ein Feld, zu welchem uns keinerlei Forschungsergebnisse vorlagen. Es war eindrücklich, wie alle untersuchten Kinder mit sichtbarer Lust mit Materialien hantierten und sich stark durch die Ideen von Pädagogin oder den anderen Kindern anregen ließen. Je älter die Kinder waren, umso eigenständiger bearbeiteten sie diesen Bereich. Die Verbindung zwischen Sprache und Geräuschen brauchte für die jüngeren Kinder etwas Übung und dann gelang auch dieses. Offen bleiben weiterhin: c) Kleinkinder & Bewegung im Raum: In praxisorientierten Schriften wird die Bewegung häufig mit der Musik abgestimmt. Für den elementarpädagogischen Forschungsbereich ist wenig darüber bekannt, wie Musik die 41 Kinder aktiviert. In musiktherapeutischen Schriften wird auf einer anderen, psychologisch ausgelegten Ebene die Wirkung von Musik beschrieben und zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Ein kompromissloser Übertrag der Handlungsempfehlungen aus dem therapeutischen Bereich auf das Musizieren im Kita-Alltag ist aber nicht möglich. d) Individuelle Varianz: Wichtig scheint, dass Pädagoginnen wissen, dass und wie unterschiedlich sich musikalische Fertigkeiten aufbauen. Im Bildmaterial von ‚Mumik’ zeigt sich dies in Ansätzen, kann aber aufgrund der vorliegenden Datenbasis nicht weiter konkretisiert werden. Musik ist ein Bildungsbereich, der den Kindern große Freude macht und sowohl Kommunikation wie Interaktion auf umfassende Art anregt, indem der Mensch mittels Bewegung, durch Emotionen und in sozialer Interaktion involviert wird. Es ist aus unserer Sicht daher wichtig, Musik bereits im Frühbereich auf verschiedenste Art und Weise in den Alltag zu integrieren und im Kindergartenbereich – in dem Musik bereits eine lange Tradition hat – nicht zu verlieren, sondern kontinuierlich weiter auszubauen. Gerade die Musik hat großes Potenzial viele Kinder emotional zu erreichen und neben den aktuell forcierten Sprach- und Mathematiktrainings auf eine andere Art (Lern)Chancen zu ermöglichen und Interessen zu wecken. Des Weiteren ermöglicht Musizieren u.U. gerade auch jüngeren oder wenig sprachgewandten Kindern zu einem persönlichen Ausdruck zu gelangen und gleichberechtigt mit anderen Kindern und Erwachsenen zu kommunizieren. Musik ist dabei das verbindende Element. In diesem Sinne danken wir der STEO-Stiftung, die dieses Forschungsprojekt ermöglicht hat und hoffen, dass möglichst viele Leserinnen und KiDiT®-Userinnen aus dem vorliegenden Bericht und den Filmbeispielen Anregungen für ihren pädagogischen Alltag entnehmen können. 42 Literaturverzeichnis Bastian Hans Günther (2002). Musik(-erziehung) und ihre Wirkung. Eine Langzeitstudie an Berliner Grundschulen. Mainz: Schott Musik International. Brünger Peter (2003). Singen im Kindergarten. Eine Untersuchung unter bayrischen und niedersächsischen Kindergartenfachkräfte. Augsburg: Wißner-Verlag. Davidson Lyle & Colly Bernadette (1987). Children’s Rhythmic Development from Age 5 to 7: Performance, Notation, and Reading of Rythmic Patterns. In Peery: J. Craig, Peery Irene Weiss & Draper Thomas W. (Hrsg.). Music and Child Development. New York: Springer Verlag (S. 107 - 135). Davidson Jane W. & Pitts Stephanie E. (2001). Musik und geistige Fähigkeiten. In: Heiner Gembris, Rudolf-Dieter Kraemer & Georg Maas (Hrsg.), Macht Musik wirklich klüger? Musikalisches Lernen und Transfereffekte. Augsburg: Wißner (S. 91-102). Gembris Heiner (2010). Entwicklung. (Abschnitt Sozialwissenschaftlich). In: Helga de la Motte-Haber, Heinz von Loesch, Günther Rötter & Christian Utz (Hrsg.), Lexikon der Systematischen Musikwissenschaft. Laaber: Laaber-Verlag (S. 104 - 108). Gembris Heiner, Kraemer Rudolf-Dieter & Maas Georg (2001). Macht Musik wirklich klüger? 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Fachtexte zu einer interdisziplinären Tagung von Pädagogen der frühen Kindheit, Elementarpädagogen und Schulmusikern und zur Evaluation des Bundesmodellprojektes ‚Musikkindergarten’, Weimar Mai 2010. Marburg: Tectum (S. 26 – 42). Schmidt Kitty & Schmidt-Oberländer Gero (2010). MusikKultur in der Kindheit. Fachtexte zu einer interdisziplinären Tagung von Pädagogen der frühen Kindheit, Elementarpädagogen und Schulmusikern und zur Evaluation des Bundesmodellprojektes ‚Musikkindergarten’, Weimar Mai 2010. Marburg: Tectum. Schmitt Rainer (2001). Musik. In: Wolfgang Einsiedler, Margarete Götz; Harmut Hacker, Joachim Kahlert, Rudolf W. Keck & Uwe Sandfuchs (Hrsg.). Handbuch Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (S. 532-543). 43 Spychiger Maria (2010). Kinderkultur, musikalische Bildung und das Ethos der Differenz. In: Kitty Schmidt & Gero Schmidt-Oberländer (Hrsg.), MusikKultur in der Kindheit. Fachtexte zu einer interdisziplinären Tagung von Pädagogen der frühen Kindheit, Elementarpädagogen und Schulmusikern und zur Evaluation des Bundesmodellprojektes ‚Musikkindergarten’, Weimar Mai 2010. Marburg: Tectum (S. 103 – 126). Stadler Elmer Stefanie (2010). Singen, Solmisation. (Abschnitt Serielle Musik). In: Helga de la Motte-Haber, Heinz von Loesch, Günther Rötter & Christian Utz (Hrsg.), Lexikon der Systematischen Musikwissenschaft. Laaber: Laaber-Verlag (S. 428-429). Stadler Elmer Stefanie (2011, 3. Auflage). Entwicklung des Singens. In: Herbert Bruhn, Reinhard Kopiez & Andreas C. Lehmann (Hrsg.), Musikpsychologie. Das neue Handbuch. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt (S. 144–161). Stadler Elmer Stefanie (2013). Musik in der Frühen Bildung. In: Stadt Zürich (Hrsg.), Dossier: Erfahrungsfelder und Standards für den Frühbereich. Zürich: Schulamt (S. 20-25). Stadler Elmer S. (2013). Musik in der Frühen Bildung. In: Walter-Lager, C., Pfiffner, M. R. & Schwarz, J. (Hrsg.). Fachtexte für die Arbeit mit Kindern bis 4 Jahren. Institut für Elementar- und Schulpädagogik GmbH, Lindau. 44 Anhang I. Interviewleitfaden Wir danken Ihnen/dir für die Bereitschaft, uns Auskunft zu geben. Das Interview wird vollständig anonymisiert und die Ergebnisse werden als Anregungen für musikalische Aktivitäten mit ganz jungen Kindern genutzt. Wir hier im deutschsprachigen Raum haben unsere ganz eigene Art »Musik« zu leben. Wahrscheinlich gibt es noch ganz andere, vielleicht viel lustvollere Formen gerade auch mit Kindern zu musizieren. Bitte erzählen Sie/erzähle uns davon. Die Fragen, welche wir stellen, sind als Erzählimpuls gedacht und Sie dürfen/du darfst gerne auch darüber hinaus von anderen Aspekten erzählen. Einstiegsfragen: Welchen kulturellen Hintergrund haben Sie/hast du? Wo sind Sie/bist du geboren? (Falls Frage 2 nicht Deutschland/Schweiz ist): Wann sind Sie/bist du nach Deutschland/in die Schweiz gekommen? Haben Sie/hast du viel Kontakt zu deiner Kultur und speziell auf die musikalischen Traditionen gehabt? Hauptfragen: 1. Bei welchen Gelegenheiten spielt in Ihrem/deinem Land Musik eine Rolle? Wird Musik selbst gemacht oder wird vor allem zugehört? In welchen Zusammenhängen wird Musik mit Bewegung verbunden? Welcher Art ist die Musik (Volksmusik, Unterhaltungsmusik, Klassische Musik)? Welchen Stellenwert haben in Ihrer/deiner Kultur Straßenmusikanten oder anders gefragt: Wird bei Ihnen/euch häufig öffentlich musiziert? Wenn ja, bitte erzählen Sie/erzähle genauer. 2. Wie werden die Kinder in Ihrem/deinem (Herkunfts-)Land an Musik herangeführt und gefördert? Welche Musikinstrumente sind populär? Wie wird den Kindern die Handhabung von Musikinstrumenten gelernt? In Musikstunden oder beim gemeinsamen Musizieren im familiären Rahmen? Evtl. nach der obigen Frage nachfragen: Wie wird Musik Kindern beigebracht? (Übers Gehör/Gefühl, über Noten/Musiktheorie?) Gibt es Bedingungen, welche an das Kind gestellt werden, um ein Musikinstrument erlernen zu dürfen (Alter, Geschlecht, andere)? Bei welchen Gelegenheiten wird mit den Kindern gesungen und ab welchem Alter singen die Kinder selbst auch mit (einstimmig, Chor, Kanon)? Ist es üblich, dass die Kinder zur Musik tanzen (Mädchen//Jungen/Knaben, an welchen Orten)? Welchen Stellenwert hat die Musik in der Schule? Welchen Stellenwert hat die Musik in der Familie? Gibt es eine musikalische Kinderkultur in deinem Land oder werden die Kinder einfach in die Erwachsenenkultur integriert/hereingeholt? 3. Was ist aus Ihrer/deiner Sicht der größte musikalische Unterschied zwischen den Ihnen/dir bekannten Kulturkreisen?