Untersuchungen an panaschierten Oenotheren I Über die

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F. S C H Ü T Z
Verhaltens der Eier in Seewasser und in coffeinhaltigem Seewasser gegenüberstellen. Dabei ist über
den Einzelfall nichts ausgesagt, ebensowenig über
den prozentualen Anteil der Vorgänge z. B. des Absterbevorganges. Die Eier in normalem Seewasser
(obere Reihe) können schon nach 1 Tag oder nach 2
oder aber erst nach 3 Tagen absterben und können
fast gleichzeitig oder allmählich hintereinander zerfallen. Durchschnittlich ist ihre Lebensfähigkeit nach
2 Tagen, spätestens aber nach 3 Tagen erloschen.
Audi bei den in coffeinhaltigem Seewasser befindlichen Eiern stellt der nach 5 Tagen angegebene
Zerfallstermin das Extrem dar. Zwischen dem 2. und
o . T a g sind alle Möglichkeiten gegeben: der frühere,
der plötzlidie oder der langsame, der stoßweise oder
der allmähliche Zerf all. Die Abzweigung nach 2 Tagen soll den Beginn des Aneinanderlegens der Einzelzellen darstellen, das nach 3 und 4 Tagen zunimmt oder noch zunehmen kann und zu Reihenund Pflasterbildungen führt, um meist am 5. Tage
die ersten Auflösungserscheinungen zu zeigen. Nach
2 oder 3 Tagen beginnt nun ein Teil der Reiheneier
zu kleineren oder größeren Kugeln zu versdimelzen,
was nach 4 Tagen noch weiter geht und am 5. Tage
konstant ist oder bei kleinen Kugeln schon Zerfallserscheinungen aufweisen kann. Nach 6 Tagen sind
nur noch einzelne, große Kugeln vom Zerfall verschont. Wovon das Auftreten der braunen „Riesen-
eier" abhängt, konnte wegen mangelnder Experimentiermöglichkeiten im Binnenlande nicht festgestellt werden.
Das Wesentliche ist, daß das Vergleichsmaterial
im
normalen Seewasser immer früher abstirbt als das in
coffeinhaltigem
Seewasser,
seien es nun Einzelzellen, Reihen- oder Rieseneier. Im Durchschnitt setzt
der Zerfall in Seewasser nach 48 Stdn. ein, während
er in coffeinhaltigem Seewasser erst nach 4 Tagen
beginnt. Man kann diese Zahlen nur als Annäherung, nicht aber als Norm betraditen.
Weitere Versuche sollen nun zeigen, ob die
lebensverlängernde Wirkung auf die unbesamten
Eier des Seeigels ein Einzelfall ist oder ob ihm eine
größere Verbreitung zukommt. Wir möchten das
Letztere annehmen. Fanden wir doch, daß auch die
Zellen der Cölomflüssigkeit von Psammechinus
miliaris in vitro unter Coffeineinwirkung länger am Leben
zu erhalten waren als unter normalen Bedingungen.
Statt nach 1—2 Tagen waren die Cölomzellen bei
Konzentrationen 1 : 5 0 0 und 1 : 1000 noch nach
4 — 5 Tagen lebensfähig. Einzelheiten darüber werden an anderer Stelle veröffentlicht. Sollte auch bei
anderen Objekten durch das Coffein eine Verlängerung der Vitalität hervorgerufen werden können, so
könnte dies vielleicht sogar eine praktische Bedeutung erhalten, etwa in Fischbrutanstalten oder für
Versuchszwecke in wissen rhaftlichen Laboratorien.
Untersuchungen an panaschierten Oenotheren I
Über die photosynthetische Leistungsfähigkeit der Chloroplasten in den
blassen Arealen einiger Piastidenmutanten und Bastardschecken
Von
FRANZ
SCHÖTZ
Aus dem Botanischen Institut der Universität München
(Z. Naturforschg. 10 b. 100—108 [19551; eingegangen am 11. November 1954)
1. Die defekten Chloroplasten in den Blättern panasdiierter Formen von Oenothera zeigen
im Alter eine vakuolige Degeneration. Die jungen Chloroplasten sind bei Piastidenmutanten
zwar grün, enthalten aber (mit Ausnahme derer in den Schließzellen) niemals Stärke. Bei
den Bastardschecken gibt es zwei Typen. Die Piastiden des einen werden auch in der
Jugend niemals grün, während die Chloroplasten des anderen sich ähnlich verhalten wie die
der Piastidenmutanten, aber zudem, solange sie noch grün und nicht zu stark vakuolisiert
sind, Stärke enthalten.
2. Ungünstige Beleuchtungsverhältnisse führen bei den in der Jugend grünen Piastidenmutanten und Bastardschecken zu einer verstärkten und länger andauernden Grünfärbung.
Dies ergibt jedoch bei Keimlingen, die nur mutierte Piastiden enthalten und im Sonnenlicht
bald blaß werden und eingehen, keine längere Lebensdauer.
3. Bei den vier untersuchten Typen von Piastidenmutanten konnte mit der manometrischen
Methode auch im grünen Zustand keine photosynthetische Leistung festgestellt werden. Die
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung
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UNTERSUCHUNGEN
AN
PANASCHIERTEN
O E NOT HE R E N
1(11
drei beobachteten Bastardschecken des ergrünungsfähigen Typs assimilieren jedodi, solange
ihre Chloroplasten grün sind und ihre Vakuolisation noch nicht zu weit fortgeschritten ist.
4. Es wird versudit, bei den primär grünen Formen die Panaschierung nicht durch eine
Hemmung der Chlorophyllsynthese, sondern, auf Grund der Befunde von L ä r z . durch eine
Störung in den osmotischen Verhältnissen der Chloroplasten zu erklären.
5. Als Arbeitshypothese wird bei den untersuchten Piastidenmutanten eine Störung im
Fermentsystem der Photosynthese angenommen.
G
enetisch betrachtet gibt es bei den Oenotheren
zwei grundsätzlich voneinander verschiedene
Typen der Panaschierung. Die Entstehung des einen
geht zurück auf Piastidenmutationen, durch die
Piastiden entstehen, die nicht mehr grün zu sein vermögen. Die betroffenen Pflanzen erhalten dadurch
grüne und farblose Piastiden und Gewebe. Bei Kreuzung zeigen sie eine typische Paralbomaculatio 1 und
geben so die Möglichkeit, sie in diesem Zustand stets
weiter zu erhalten. Der zweite Typ, die Bastardschecken
sind durch Kreuzung zweier grüner Arten
entstanden. Ihre Piastiden sind also prinzipiell befähigt, zu ergriinen; aber im speziellen Fall ist die
eine der beiden Piastidensorten unter dem entstandenen Bastardkern nicht mehr befähigt, grün zu
bleiben.
Im Aussehen können sich die beiden Typen völlig
gleichen, und zwar nicht nur im äußeren Bild, sondern auch in der Ausbildung der einzelnen Piastiden,
die in beiden Fällen eine vakuolige Degeneration
zeigen. Das Endstadium dieser Degeneration zeigt
die Abb. 1 *. Das Plastidenstroma ist geschwunden bis
auf eine dünne Haut, die eine bis mehrere Vakuolen
umgibt und in der noch einige, meist nur ganz
wenige, dafür aber bis zu einem Durchmesser von
I fi vergrößerte Grana sich befinden. Der Durchmesser der Grana normaler Chloroplasten liegt etwa
bei 0,2 //.
Die genetisdie Verschiedenheit der beiden Formen
ergibt sich, auch bei äußerlicher Gleichheit, aus
Kreuzungen, zu denen etwa Blüten von rein weißen
Ästen verwendet werden. Die mutierten Piastiden
sind nämlich unter jedem Genom, unter das man sie
bringt, wieder farblos 3, während die defekten
Piastiden aus Bastardschecken farblos sein können,
wenn sie nämlich wieder unter ein Genom geraten,
das ihnen nicht adäquat ist; sie können aber auch
wieder normal ergrünen, wenn man sie wieder unter
i F. S c h ö t z , Planta 43, 182 [1954]; dort audi weitere Literatur.
- O . R e n n e r , Ber. Verli. sächs. Akad. Wiss. Leipzig,
math.-phys. Kl. 86. 241 [1934].
» O . R e n n e r , Flora [Jena] 130, 218 [1936],
4 W . S c h u m a c h e r . Planta 5, 161 [1928],
* Abb. 1, 2, 3 u. 12 s.Tafel S.68q.
ihr angestammtes oder ein anderes passendes Genom
zurückbringt 2 .
Versuch
sergebnisse
1. V o r v e r s u c h e
Meines Wissens denkt man allgemein bei der Betraditung der erwähnten farblosen Piastidenformen an eine
Störung der Synthese des Chlorophylls 4. Da ist es nun
überraschend, die Keimlinge zu beobachten, die aus
einer Selbstung weißer Äste hervorgehen \ Man erwartet
nämlich, gleichgültig, ob es sich um eine Form mit
mutierten Piastiden oder um einen Bastaidscheck handelt, farblose Nachkommen, da sich weder an den Genomen noch an den Piastiden etwas verändert hat. In der
Tat aber erhält man Keimlinge, die zunädist einmal
grün sind, dann aber innerhalb von 8—14 Tagen ausbleichen, gelblichweiß bis weiß werden und nach 2 bis
3 Wochen eingehen. Die Plastidenmutanten entwickeln
dabei außer den Keimblättern keine weiteren Blätter
mehr, während die infolge Bastardscheckung blassen
Pflanzen z. T. noch die beiden ersten Laubblätter zur
Ausbildung bringen können.
Diese Feststellung, daß Sämlinge aus Selbstungen
weißer Formen grün sein können, ist keineswegs neu.
Schon C o r r e n s 5 hat sie an den verschiedensten Pflanzen getroffen und diese Formen expallescens-Typen genannt, und auch R e n n e r fi hat dasselbe beobachtet.
Ebenso ist schon lange bekannt, daß die Blätter in den
an sich weißen Sektoren weißbunter Pflanzen grün werden können, wenn diese Pflanzen sehr sdiattig kultiviert
werden". Ich selber habe weißbunte, sektorialchimärisch
ausgebildete Formen mit mutierten Piastiden bei künstlicher Beleuchtung kultiviert (Leuchtstoffröhren Philips
T L 4 0 W , Warmton). Die Beleuchtungsstärke betrug etwa
6000 Lux. Die bereits vorher gebildeten blassen Blätter
erfuhren dabei keine Veränderung, aber die unter diesen
Bedingungen neu entstehenden jungen Blätter in den
weißen Sektoren wurden schön grün, und waren oft nur
* Dabei zeigt sich der große Vorteil, den die Oenotheren für solche Versuche dadurch bieten, daß sie Bastarde
liefern können, die in F_> nicht aufspalten. Auf diese
Weise sind die Nachkommen von einmal hergestellten
Bastardschecken (etwa einer Oe. pictirubata aus Oe. atrovirens X Oe. biennis, in der die Piastiden der atrovirens
grün und die der biennis blaß sind) in ihrem Genbestand
alle gleich und konstant weiter zu erhalten.
5 C. C o r r e n s ,
S.-B. preuß. Akad. Wiss., physik.math. Kl. 34, 585 [1919]; 44, 820 [1919]; 33, 460 [1922];
11, 203 [1931].
fi O . R e n n e r , Cytologia, Fujii-Jub.-Bd., 644 [1937].
7 Siehe etwa bei E. K ü s t e r ,
Die Pflanzenzelle,
Jena 1951, oder bei Ch. T h i e 1 k e , Planta 36, 2 [1948],
102
F. S C H Ö T 2
wenig heller als die Blätter gleichen Alters mit normalen
Piastiden. Das Grün in diesen mit mutierten Piastiden
besetzten Blättern blieb aber nidit erhalten, sondern
diese Blätter blichen audi hier, allerdings erst im Laufe
von Wochen, bis zu einem cremefarbenen Aussehen aus.
Die schwadie Beleuchtung vermag also das Ausbleichen
der Blätter und die Vakuolisierung der Piastiden nicht
zu verhindern, sondern kann den Ablauf dieser Vorgänge,
die sich sonst offenbar mit großer Geschwindigkeit vollziehen. nur weitgehend verlangsamen.
Dieses Hinauszögern der Ausbleichung im Kunstlicht
ließ erwarten, daß auch die anfänglich grünen Keimpflanzen aus den Selbstungen weißer Äste hier länger
grün bleiben und somit länger lebensfähig sein würden
als im Sonnenlicht. Ein Versuch, wieder mit einer
Plastidenmutante, zeigte zwar, daß die Pflanzen im
Kunstlidit nodi zu einem Zeitpunkt einwandfrei grün
sind, zu dem die Kontrollen im Gewächshaus schon ganz
blaß-gelblich erscheinen. Der Zeitpunkt des Absterbens
der Pflanzen konnte auf diese Weise jedoch nicht hinausgezögert werden, und sie gingen zur selben Zeit ein
wie die Gewächshausexemplare, obwohl sie immer noch
grün waren.
Als Ursache für das Absterben dieser ausbleichenden
Sämlinge wurde bisher stets der Mangel an Chlorophyll
angenommen, d. h. man setzte voraus, daß die Pflanzen
dann sterben mußten, wenn durch die Ausbleichung die
Chlorophyllmenge so gering geworden war, daß keine ausreichende Photosynthese mehr vor sich gehen konnte fi.
Nun liegt in der normalen Pflanze die Chlorophyllmenge
immer weit über dem an sich notwendigen Maß. Schon
W i 11 s t ä 11 e r und S t o 11 » haben 1918 gefunden, daß
chlorophyll-arme Blätter eine im Verhältnis zur Chlorophyllmenge weit größere assimilatorische Leistung aufweisen als normal grüne, und C o r r e n s 5 hat 1919 festgestellt, daß eine Pflanze noch mit einem Zehntel der
normalen Chlorophyllmenge am Leben bleiben und
wachsen kann. Auch ich habe bei albomaculaten Sämlingen dasselbe immer und immer wieder beobaditen
können. Da bei meinen Pflanzen aus dem Kunstlicht die
Menge der Piastidenfarbstoffe kurz vor dem Absterben
stets noch das Doppelte bis 3-fadie dieser Mindestmenge
betrug, so deutet dies darauf hin, daß es primär gar
nicht die Ausbleichung, also der Mangel an Chlorophyll
ist, der diese Pflanzen absterben läßt, sondern daß hier
andere Vorgänge im Spiele sein müssen, zumal nach informierenden Vorversuchen auch keine Anhaltspunkte
dafür vorhanden sind, daß es sich bei dem grünen Farbstoff der Piastidenmutanten nicht um die normalen
Chlorophvlle a und b handeln könnte.
2. V e r s u c h e ü b e r S t ä r k e b i l d u n g
in v akuo1 isie rten Chloroplasten
Über die Ursachen der Vakuolisierung von Chloroplasten haben zuletzt L ä r z 1942 und S c h m i d t
1951 experimentelle Untersudiungen besonders mit Alkaloiden a n g e s t e l l t B e i d e kamen zu der Annahme, daß
R . W i l l s t ä t t e r u. A. S t o 11, Untersudiungen
über die Assimilation der Kohlensäure, Berlin 1918.
8
die Vakuolenbildung osmotisdi bedingt sei dadurch, daß
die Diffusion des Assimilationszuckers durch die PiastidenGrenzschicht erschwert oder ganz verhindert wird. Sie
konnten feststellen, daß die Chloroplasten nur dann
vakuolisiert wurden, wenn nadi der Alkaloidzugabe audi
belichtet wurde. Im Dunkeln blieben die Chloroplasten
intakt und ebenso, wenn während der Belichtung die
Photosynthese auf irgendeine Weise verhindert wurde.
Bei S c h m i d t trat außerdem in den Chloroplasten der
assimilierenden, alkaloid-behandelten Pflanzen niemals
Stärke auf. Es erschienen dafür dort die Vakuolen, und
zwar zur selben Zeit, in der in den belichteten, unbehandelten Kontrollen die ersten Stärkekörner sichtbar
wurden. Da außerdem in den vakuolisierten Chloroplasten und in deren unmittelbarer Nähe Zucker nachweisbar war, so schloß S c h m i d t , daß die Vakuolen
nicht allein durch eine Verdichtung der Plastiden-Grenzsdiidit, sondern noch dazu durch die Verhinderung des
Aufbaues der Stärke oder sdion der Kondensation der
Monosaccharide zu Di- und Polysacchariden hervorgerufen werden.
Auch in den von mir untersuchten Pflanzen konnte idi
in den Sektoren, die mutierte Piastiden enthielten (mit
Ausnahme der Schließzellen, die eine Sonderstellung einnehmen), keine Stärke feststellen, gleidigültig, ob die
betreffenden Blätter noch grün oder sdion weitgehend
ausgeblichen waren. Es hatte also den Anschein, als wäre
auch hier der S c h m i d t sehe Schluß gültig, und es
würde die Piastidenmutation eine Störung bewirken, die
der durch Alkaloide verursachten vergleichbar ist. Dafür
schien auch die bei meinen Pflanzen festzustellende Abhängigkeit der Vakuolisierung und Ausbleichung von der
Photosynthese ( - Beleuchtungsstärke) zu sprechen, und
es erschien ganz charakteristisch, daß im Licht gekeimte
wie üblidi grüne Sämlinge mit mutierten Piastiden in
völliger Dunkelheit ihre grüne Farbe wodienlang unverändert beibehielten, wenn sie steril auf Agar mit
Knopscher Nährlösung und Glucose gezogen wurden.
Ich versuchte nun, um ganz sicher zu gehen, die Unfähigkeit zur Stärkebildung bei meinen mutierten Chloroplasten auch noch dadurch zu beweisen, daß ich Blätter
mit mutierten Piastiden, und zwar junge, noch grüne,
mit noch unversehrten Chloroplasten, und ganz alte,
weiße, mit sdion stark vakuolisierten Chloroplasten mit
Glucose fütterte. Nadi den Angaben bei M o t h e s 10 und
S c h u m a c h e r 4 wurden die abgeschnittenen Blätter
gewaschen, in einer 1-proz. Lösung von H.,0„ sorgfältig
abgespült und mit der Oberseite in Glasschalen auf 4proz. sterilisierte Glucoselösung gebracht, die in eintägigem Wedisel erneuert wurde. Dabei wurden die Blätter
wieder mit der H.,0 o -Lösung behandelt. Auf diese Weise
ließen sich die Blätter gut 1 Woche lang ernähren, ohne
Störung durch Bakterien- oder Pilzbefall. Das Ergebnis
war, daß sich in allen Blättern stets Stärke bildete, auch
noch in denen, deren Piastiden schon sehr stark vakuolisiert waren. Das stimmt völlig überein mit den alten
» H. L ä r z , Flora [Jena] 135, 319 [1942]; H. H.
S c h m i d t , Protoplasma 40, 209 [1951].
i" K. M o t l i e s , Planta 1, 472 [1926].
UNTERSUCHUNGEN
AN
PANASCHIER TEN
Ergebnissen von S a p o s c h n i k o f f , Z i m m e r m a n n
und W i n k 1 e r 11 .
Dabei war allerdings die Stärkebildung nur in den
jungen, noch grünen Blättern normal, d. h. der von normal grünen Blättern gleich. In diesen treten nämlich in
jedem Chloroplasten 1, 2, höchstens 3 große Stärkekörner
auf (Abb. 2), während in den stark vakuolisierten Chloroplasten 10—20 kleine Stärkekömehen entstehen (Abb. 3),
deren Zahl zudem übereinstimmt mit der Zahl der
Grana, die ich vor den Versuchen in den Piastiden dieser
Blätter im Durchschnitt nodi gefunden hatte. Die Ausbildung der Stärke hängt also offensichtlich von der Struktur der Piastiden ab, und man kann sich nach diesem
Befund des Eindrucks nicht erwehren, daß hier die
Stärkekörner zwar im Stroma entstehen, wie das von
S t r u g g e r 1 2 beschrieben ist, daß aber der Ort ihrer
Bildung durch die Lage der Grana bestimmt wird. Daß
bei der normalen Ausbildung der Chloroplasten, bei der
die Grana viel kleiner, viel zahlreicher und damit viel
dichter gelagert sind, diese örtliche Beziehung nicht mehr
gegeben ist, wäre dabei ohne weiteres vorstellbar.
Jedenfalls sind die von mir untersuchten blassen Plastiden in der Lage, Stärke zu bilden, wenn ihnen Zucker
in genügender Menge zur Verfügung steht, und deren
Fehlen im normalen Zustand ist wohl nur darauf zurückzuführen, daß die Versorgung der weißen Sektoren durdi
die grünen nicht so intensiv ist, daß es dabei audi noch
zu einer Ablagerung von Stärke kommt.
3. M a n o m e t r i s c h e
OENOTHEREN
103
durchschnittlich etwa 8 mm B r o d i e 0 0 in der Viertelstunde, während in den Helligkeitsperioden die durch
die Assimilation im selben Zeitraum erzeugte 0.,-Menge
den Verbraudi durch die Atmung um das 3- bis 4-fache
überwiegt. Die Reaktion der cremefarbenen, fast weißen
Blätter zeigt die Abb. 5. Hier ändert der Licht-DunkelWechsel am O0-Verbrauch nichts. Die Blätter sprechen
darauf überhaupt nicht an und zeigen also bei Belichtung keinerlei photosynthetische Leistung. Das entspricht
ganz der Erwartung. Überraschend waren jedoch die Ergebnisse der Untersuchung der jungen Blätter aus den
Sektoren mit mutierten Piastiden, die, wenn die Pflanzen
0
30
60 90
120 50 80 210 U0
70 300 30 60
90 U20 50 80
Min.
•
Abb. 4. Normale Reaktion eines älteren, grünen Blattes
auf den Licht-Dunkel-Wedisel. Hookeri St., HookeriPlastiden.
Untersuchungen
Der Defekt der Chloroplasten muß also an einer anderen Stelle gesucht werden, und um das zu prüfen,
wurden Blätter von Oenotheren mit der manometrischen
Methode auf ihre photosynthetische Leistung untersucht.
Es wurde dazu eine Sonderanfertigung des W a r b u r g Apparates „SL" der Fa. B . B r a u n , Melsungen, verwendet. Die Versuche wurden so durchgeführt, daß in Reaktionsgefäße DIN 14,5, Form l i l a , mit seitlichem Ansatz und rechteckiger Grundfläche 1 cm3 H o 0 gegeben
wurde. Darauf ließ ich die Blattstücke, die etwa so bemessen waren, daß sie die Grundfläche der Gefäße gerade bedeckten, mit der Oberseite nach unten (da von
unten her beleuchtet wird) schwimmen. In den seitlichen
Ansatz kamen ein Filtrierpapier-Fächer zur Vergrößerung der Absorptionsfläche und 0,75 cm3 eines Puffers
nach P a r d e e , wie er bei K a n d i e r 1 3 beschrieben ist.
Dieser hält in den Gefäßen einen konstanten CO.,-Partialdruck aufrecht, so daß der Verbrauch bzw. die Bildung
von 0 2 an den Manometern abgelesen werden kann.
Die Beleuchtung erfolgte mit Leuchtstoffröhren Philips
T140 W, Warmton. Die Beleuchtungsstärke am Boden
der Reaktionsgefäße betrug etwa 5000 Lux. Es wurde
stets eine Temperatur von 27° C eingehalten.
Für normalgrüne Blätter erhält man bei diesen Versuchen Kurven, wie sie die Abb. 4 in einem Beispiel
wiedergibt. Bei Dunkelheit veratmen dort die Blattstücke
11 W. S a p o s c h n i k o f f ,
Ber. dtsch. bot. Ges. 7,
258 [1889]; A. Z i m m e r m a n n , Ber. dtsch. bot. Ges.
8, 95 [1890]; H. W i n k l e r , Jb. wiss. Bot. 32, 525 [1898].
,15\WWWW
0
30
60 90
—
WM—
120 50 80 210 U0 70 300 30 60
Min.
«-
Abb. 5. Gleichförmiger Os-Verbrauch bei einem cremefarbigen Blatt; keine Reaktion auf den Licht-DunkelWechsel. Hookeriruhata,
mutierte fotennis-Plastiden.
im Kunstlidit gezogen werden, wie oben erwähnt, nidit
cremefarben, sondern hellgrün sind. Sie haben in diesem
Stadium manchmal fast denselben Farbton wie die
gleichalten Blätter der normalgrünen Sektoren, die auch
des öfteren ein gutes Stück heller sind als die vollausgebildeten. In der Abb. 6 ist, um von gleichen Bedingungen
auszugehen, zuerst die Reaktion eines solchen jungen
Blattes mit den normalen Piastiden dargestellt. Sie gleicht
völlig der des alten, wenn auch die 0.,-Bildung im Licht
bei etwa gleicher Atmung im Dunkeln etwas geringer
ist, wohl als Folge des zu dieser Zeit noch geringeren
Chlorophyllgehaltes. Völlig anders sehen jedoch die
Kurven aus, die man mit den erwähnten grünen Blättern
mit mutierten Piastiden erhält. Wie die Abb. 7 zeigt,
sprechen diese Blätter auf Belichtung überhaupt nicht an
und verhalten sich in dieser Hinsicht genau so wie ihre
12 S. S t r u g g e r , Ber. dtsch. bot. Ges. 64, 69 [1951].
13 O. K a n d i e r , Z. Naturforsdig. 5b, 423 [1950],
F. S C H Ü T Z
104
älteren, bereits farblosen Geschwister (Abb. 5). Im Mikroskop ist zu diesem Zeitpunkt an den Piastiden außer
einer schwachen Vergröberung der Granastruktur noch
keine Veränderung zu erkennen. Es spielt für dieses
Versuchsergebnis auch keine Rolle, ob die Blätter vor
dem Versuch belichtet oder bis zu 14 Stdn. im Dunkeln
gehalten werden.
In diesen Blättern sind also offenbar die Chloroplasten überhaupt nicht photosynthetisch tätig. Die
Piastidenmutation scheint eine Störung zu bewirken,
durch welche die Photosynthese blockiert wird, noch
tief goldgelbe Blätter. Aber auch diese Form (Abb. 8)
reagiert nicht auf den Wechsel von Licht und Dunkelheit. Noch extremer weicht eine Plastidenmutante
aus den Kulturen Prof. R e n n e r s vom gegebenen
Schema ab. Bei ihr sind Lamarckiana-Piastiden
so
mutiert, daß die von ihnen besetzten Blätter im
Kunstlicht wie im Gewächshaus stets hellgrün bleiben. Sie enthalten auch im Alter noch etwa ein Drittel der normalen Menge der Chloroplasten-Farbstoffe. Nur im Sommer, wenn die Pflanzen auf dem
Felde unter starker Besonnung stehen, geht die Ausbleichung noch bis zu einem sehr hellen weißlichen
1
0
30
60 90 120 50 80 210 UO 70 300 30 60 90 W
50 80 510
Mm.
•
Abb. 6. Normale Reaktion eines sehr jungen, grünen Blattes auf den Licht-Dunkel-Wechsel. Hookeri St., HookcriPlastiden.
0
L
1
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I
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30 60 90 120 50 80 210 W
70 300 30
Min.
•
Abb. 8. Gleichförmiger ÜL>-Verbrauch bei einem goldgelben Blatt; keine Reaktion auf den Licht-Dunkel-Wechsel.
Albilaeta, mutierte suc/Leo/ms-Plastiden.
Min.
Abb. 7. Gleichförmiger (^-Verbrauch bei einem jungen,
noch grünen Blatt; keine Reaktion auf den Licht-DunkelWechsel. Hookerirubata, mutierte foiennis-Plastiden.
Abb. 9. Gleichförmiger Oa-Verbraudi bei einem hellgrünen Blatt; keine Reaktion auf den Licht-Dunkel-Wechsel.
Hookerilaeta, mutierte Lamarckiana-Piastiden.
lange bevor es zur Zerstörung der Farbstoffe und
zur Desorganisation der Piastiden kommt.
Nach diesem überraschenden Ergebnis habe ich
alle mir zugänglichen Formen von Plastidenmutanten auf ihre photosynthetischen Fähigkeiten hin
untersucht. Im bisher geschilderten Fall hatte es sich
um Piastiden der Oenothera
biennis gehandelt. Mutierte Piastiden der Oe. Lamarckiana
stimmen in
ihrem Aussehen völlig mit diesen überein und zeigen
auch bei der manometrischen Untersuchung dieselben Ergebnisse. Im äußeren Bild sind von diesen
beiden Formen verschieden die mutierten Piastiden
einer Oe. suaveolens, wie sie in den Kulturen meines
Kollegen W. S t u b b e aufgetreten sind. Die ganz
jungen Blätter sind hier von normalgrünen kaum zu
unterscheiden, und das Endstadium der Entwicklung
sind nicht cremefarbene bis fast ganz weiße, sondern
Grün weiter. Dennoch zeigen diese unter den erstgenannten Kulturbedingungen stets grünen Blätter
wieder keinerlei Photosvnthese-Leistung und reagieren so, als ob sie farblos wären (Abb. 9).
Nach diesen Versuchen wundert nicht mehr, daß,
wie eingangs geschildert, die Keimpflanzen aller
dieser Piastidenmutanten im Kunstlicht, obwohl
grün, nach derselben Zeit eingingen wie ihre bei
normaler Belichtung schnell ausbleichenden Schwesterpflanzen. Da sie alle ohne jede photosynthetische
Leistung sind, so müssen sie sterben, wenn die
Reservestoffe des Samens verbraucht sind, und ob
sie zu diesem Zeitpunkt noch grün oder schon weiß
sind, spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Es war nun die Frage, ob sich auch die blassen
Teile der Bastardschecken ähnlich verhalten würden.
Im Farbton ist z. 13. ein Blatt der
hookerivelntina
UNTERSUCHUNGEN
AN
PANASCHIER TEN
OENOTHEREN
105
(aus der Kreuzung der grünen Oe. Lamarckiana
mit
der grünen Oe. Hookeri),
wenn es
LamarckianaPlastiden besitzt, fast weiß und ein gutes Stück heller als etwa ein solches der zuletzt genannten
Plastidenmutante. Man würde diesem Blatt, nachdem sdion die genannten grünen Blätter nicht assimilieren konnten, erst recht die Fähigkeit zur Photosynthese absprechen wollen. In der Tat gibt aber ein
solches Blatt bei der Untersuchung die in Abb. 10
wiedergegebene Kurve. Der 0 2 -Verbrauch durch die
Atmung wird hier noch weit überkompensiert, und
das Bild entspricht ganz dem der Abb. 6, in der die
Reaktion eines jungen, normalgrünen Blattes dargestellt war.
Hier sind also die Chloroplasten zur Photosynthese
befähigt, und dasselbe ist der Fall in den blassen
Teilen einer pictirubata
(s. die Anm. auf S. 101) und
in einer auctirubata
(aus
Oe.parvifloraXOe.biennis),
in der ebenfalls die Piastiden der biennis gestört
sind. Gerade diese letzten beiden sind typische Beispiele für Bastardscheckung, wie sie eingangs erwähnt wurde, und zeigen Ausbleichung bis fast zur
Farblosigkeit im Licht und schwache Grünfärbung
im Schatten und unter den angeführten Kunstlichtbedingungen. Dies entspricht genau den Piastidenmutanten, aber der große Unterschied zu diesen ist
eben, daß ihre hellgrünen Blätter assimilieren und
dabei ausbleichen und daß dann ganz folgerichtig
mit zunehmender Ausbleichung die AssimilationsLeistung mehr und mehr abnimmt, bis der dabei
entwickelte 0 2 schließlich so wenig wird, daß er
nicht mehr ausreicht, um den 0 2 -Verbrauch der
Atmung zu kompensieren (Abb. 11).
Soweit zunächst untersucht, gliedern sich also bei
den panaschierten Oenotheren die weißen Areale,
auch physiologisch betrachtet, in zwei Typen auf, in
einen, dessen Piastiden mutiert sind und nicht mehr
assimilieren können, und in einen zweiten, verursacht durch eine Störung der Korrelation zwischen
Kern und Piastiden, bei dem die Chloroplasten
photosynthetisch tätig sind, solange die Desorganisation ihrer Struktur noch nicht zu weit fortgeschritten ist.
Anfang an mit rein weißen Keimblättern aus den
Samenschalen kommen*. Ob es sich bei diesem dritten Typ (ich habe ihn bisher nur bei Bastardschecken
beobachten können) nur um einen Extremfall des
zweiten handelt, bei dem die Ausbleichung stets so
schnell vor sich geht, daß eine kurzdauernde Grünfärbung überhaupt nicht mehr faßbar ist, oder ob
Zu diesen kommt allerdings noch ein dritter Typ
Die mikroskopische Untersuchung hat zwischen den
Piastidenmutanten und den Bastardschecken noch einen
wesentlichen Untersdiied gezeigt. Wie oben erwähnt,
handelt es sich morphologisch bei dem Defekt der Plasti-
(z. B. atrovirens
mit biennis-Piastiden),
gleich in der
äußeren Ausprägung und in der Vakuolisierung der
Piastiden, bei dem ich unter keinen auch noch so
schwachen Lichtbedingungen die geringste Grünfärbung
der weißen
Areale junger
Blätter
erzielen
konnte und bei dem auch die Keimpflanzen
von
0
30
60 90
r20 50 80 210 UO 70 300 30
60
90 H20 50 80 510
Min.
Abb. 10. Normale Reaktion eines infolge Bastardscheckung
sehr blassen Blattes auf den Licht-Dunkel-Wechsel.
Lamarckiana-Flnstiden.
Hookerivelutina,
Abb. 11. Abnehmende Reaktion eines Bastardschecks auf
den Licht-Dunkel-Wechsel. Auctirubata, biennis-Piastiden,
a: junges Blatt, b: älteres Blatt.
hier ein völlig anderer Vorgang vorliegt, nämlich
eine wirkliche Störung der Chlorophyll-Synthese,
konnte zunächst nicht geklärt werden.
4. M i k r o s k o p i s c h e
Untersuchungen
* Die Angaben beziehen sich stets nur auf die Chloroplasten-Farbstoffe. Ein in wediselnder Menge möglicher
Anthocyangehalt ist für die hier dargestellten Untersuchungen völlig belanglos.
10G
F.SCHÖTZ
den im Verlaufe der Ausbleichung in beiden Fällen um
eine vakuolige Degeneration, deren Endstadium für den
einzelnen Chloroplasten die Abb. 1 wiedergibt. Von dieser Störung werden bei den Piastidenmutanten alle Plastiden einer Zelle und alle Zellen eines Gewebes gleichmäßig betroffen. Es entsteht auf diese Weise, ausgehend
vom jungen Blatt mit seinen noch hellgrünen, in ihrer
Struktur unversehrten Piastiden, ein gelbgrünes, gelbes,
cremefarbenes und schließlich weißes Blatt, wobei die
Blattspitze gemäß ihrem höheren Alter in dieser Entwicklung der Basis etwas vorauseilt. Der Übergang von
der Spitze zur Basis, solange zwischen ihnen noch Differenzen im Farbgehalt und damit auch in der strukturellen Beschaffenheit der Piastiden bestehen, vollzieht sich
aber ganz kontinuierlich. Im Endzustand liegt ein vollkommen gleichfarbiges Blatt mit völlig gleichgestalteten
Piastiden vor. Anders bei den Bastardschecken. Von den
verschiedenen Variationen seien die Verhältnisse bei der
pictirubata und der auctirubata dargelegt. Im grünen
Anfangszustand sind hier in den Blättern der defekten
Sektoren ebenfalls alle Chloroplasten gleich, und die
Störung nimmt, wie bei den Piastidenmutanten, den Weg
von der Blattspitze zur Basis, aber sie betrifft weder in
gleicher Weise alle Zellen, noch alle Piastiden einer Zelle.
Man findet stets in blassen Gewebestücken mit den typisch vakuolisierten Piastiden einzelne Zellen oder kleine
Zellkomplexe, die weitgehend intakt geblieben sind, und
man findet auch in den Einzelzellen Chloroplasten in
verschiedenen Phasen der Störung Bevorzugte Orte für
Zellen mit unversehrten Piastiden sind stets die Leitbündelscheiden.
Das Vorhandensein von normalen Chloroplasten in den
bereits blassen Blättern von Bastardschecken wirft die
Frage auf. ob die oben festgestellte Assimilations-Leistung dieser Blätter darauf beruhen kann, daß auch die
vakuolisierten Chloroplasten. wenn sie nur noch Chlorophyll enthalten, photosynthetisch tätig sind, oder ob dieser Effekt einzig und allein auf dem Vorhandensein der
noch unversehrten Chloroplasten beruht. Die Klärung
dieser Frage erscheint deshalb wichtig, weil sie zugleidi
zeigen könnte, inwieweit die Assimilations-Fähigkeit der
Chloroplasten von ihrer strukturellen Unversehrheit abhängig ist.
Dazu konnte folgendes festgestellt werden: Grüne,
strukturell nodi unversehrte Chloroplasten von Bastardschecken enthalten, im Gegensatz zu denen von Piastidenmutanten, stets Stärke in normaler Ausbildung (Abb. 2).
Chloroplasten in einem fortgesdirittenen Stadium der
Vakuolisierung lassen im natürlichen Zustand keine
Stärkebildung mehr erkennen, auch wenn sie noch erhebliche Mengen von Chlorophyll enthalten. Daneben
gibt es aber immer wieder Zwischenformen, bei denen
die Vakuolen noch verhältnismäßig klein sind und in
denen Vakuolen und Stärkekörner gleidizeitig zu finden
sind (Abb. 12). Die Größe der Stärkekörner nimmt dabei
mit zunehmender Größe der Vakuolen sehr schnell ab.
Sieht man die Stärkebildung als Kriterium für die noch
ablaufende Photosynthese an, so scheint es also dodi
immerhin einer verhältnismäßig weitgehenden strukturellen Desorganisation der Chloroplasten zu bedürfen, bis
durch sie die Photosynthese unmöglich gemacht wird.
Das deckt sidi auch mit den Befunden S c h m i d t s 9 , der
feststellen konnte, daß die Assimilations-Tüchtigkeit der
Chloroplasten zumindest bei Beginn der Vakuolenbildung nidit allzu stark gesdiädigt wird und daß erst bei
stärkerer Vakuolisierung ein starker Abfall der Photosynthese eintritt.
Jedenfalls muß anscheinend die strukturelle Schädigung der Chloroplasten, wenn sie als Ursache für die
Verhinderung der Photosynthese in Frage kommen soll,
größer sein, als idi sie bei Piastidenmutanten in den
grünen Anfangsstadien jemals feststellen konnte. Das
läßt im gegenwärtigen Stand der Untersuchungen der
Hypothese Raum, daß es sich bei der durch die Piastidenmutation verursachten Störung nicht um eine wesentliche
strukturelle Veränderung der Piastiden, sondern um
einen Defekt im Fermentsystem der Photosynthese handelt, zumal da, wie oben erwähnt, an der Qualität der
Farbstoffe nidits verändert erscheint.
Diskussion
Die vorstehenden Mitteilungen sind das Ergebnis
von über 150 Einzelversuchen, so daß die manometrischen Daten wohl gesichert sind. Die geprüften
mutierten Piastiden wurden nicht stets unter den
gleichen Genomen betrachtet, sondern sie wurden
bei den biennis-Plastiden unter 6 und bei den
Lamarckiana-Plastiden unter 4 verschiedenen Genomen untersucht. Es wurden auch Pflanzen verschiedener Altersstufen verwendet, und nicht nur solche
aus den Kunstlicht-Bedingungen, sondern auch aus
dem Gewächshaus oder sogar vom Freiland, die
dann, um die Ausbleichung hinauszuzögern, entsprechend beschattet wurden. Die Ergebnisse erfuhren
dadurch aber keinerlei Veränderungen. Es muß aber
dahingestellt bleiben, ob es nicht doch noch Kulturund Versuchsbedingungen gibt, durch welche die
gegenwärtigen Befunde noch variiert werden könnten. Bezüglich der Versuchsbedingungen sehe ich im
Augenblick eine Schwierigkeit darin, daß, infolge der
Bauart des W a r b u r g -Apparates, zur Beleuchtung
Leuchtstoffröhren verwendet werden müssen. Da gerade das Licht offenbar eine so sehr große Rolle
spielt, so wäre eine Variation (in diesem Falle eine
bedeutende Verstärkung) der Beleuchtungsintensität
sehr wünschenswert. Bislang ist dies aber an den
hohen Herstellungskosten für röhrenförmige Lichtquellen mit hoher Lichtstärke gescheitert.
Verhältnismäßig gering ist die Zahl von untersuchten Typen, von beispielsweise nur 4 verschiedenen Piastidenmutanten. Diese bilden derzeitig aber
den gesamten Bestand in den Kulturen unseres Institutes. Dies liegt daran, daß Piastidenmutationen
doch verhältnismäßig selten sind (die Angaben
UNTERSUCHUNGEN
AN P A N A S C H I E R TEN
schwanken von 0 , 0 5 % bei R e n n e r 3 bis zu 0 , 3 %
bei W . S t u b b e 14 ) und daß — dies gilt auch für
Bastardschecken — an den Einzelpflanzen die Bezirke mit defekten Piastiden nicht immer so gelagert
oder so groß sind, daß sie zu Versuchen oder zur
Weitererhaltung des Typs verwendet werden können. Es könnte daher immerhin ein Zufall sein, daß
sich in dem geringen zur Verfügung stehenden Material gerade eine Gruppe gefunden hat, die sich von
den Bastardschecken in ihren Reaktionen so scharf
unterscheidet, und daß auch die Bastardschecken,
soweit sie überhaupt Chlorophyll bilden können,
eine so einheitliche Gruppe bilden. Deshalb scheint
es verfrüht, aus den gezeigten Ergebnissen nun schon
die allgemeine Regel ableiten zu wollen, daß diese
Bastardschecken in ihren blassen Arealen zunächst
assimilieren, während die Piastidenmutanten niemals
photosynthetisch tätig sind.
Prinzipiell erscheint es sogar aus phylogenetischen
Erwägungen unwahrscheinlich, daß mutierte Plastiden niemals assimilieren sollen. Die einzelnen Oenotherenarten besitzen genetisch verschiedene Plastidensorten 15 , und diese können wir uns nur durch
Mutation auseinander oder aus einer gemeinsamen
Urform entstanden denken. Es muß also Piastidenmutanten geben, die assimilationsfähig sind. Es steht
nichts dagegen, anzunehmen, daß sie auch heute
noch gelegentlich auftreten. Wir werden sie nur, da
sie grün sind, nicht gewahr und erkennen nur bei
ausbleichenden Formen die stattgehabte Mutation.
Da, wie das Auftreten von Bastardschecken beweist,
bei den Oenotheren Piastiden und Genome ihre Leistungen (Konstanterhaltung der Struktur, Farbstoffproduktion und -erhaltung, Photosynthese) nur dann
zu vollbringen vermögen, wenn sie einander adäquat
sind, so ist es nicht einmal ausgeschlossen, daß es
auch für die im Augenblick nicht assimilations-fähigen Piastidenmutanten eine Genomvariation geben
könnte, mit der zusammen sie lebensfähige Pflanzen
zu bilden vermöchten. Die Versuche v o n W . S t u b b e ,
alle möglichen Genome mit allen möglichen Piastiden
auszustatten, könnten auch in dieser Hinsicht zu
neuen Ergebnissen führen. Vielleicht finden sich in
der Zukunft auch nodi Bastardschecken, die in ihrem
Verhalten dem der hier untersuchten Piastidenmutanten gleichen. Vorstellbar sind zweifellos alle
Möglichkeiten, solange man keine sichere Kenntnis
davon hat, wie und an welchen Punkten die gegen14 W. S t u b b e , Z. Vererbungslehre 85, 180 [1953].
is O. R e n n e r , Biol. Zbl. 44, 309 [1924],
OENOTHEREN
107
seitige Steuerung zwischen Kern und Piastiden vor
sich geht. Als allgemeines Prinzip wäre der gegenwärtig aufgedeckte Unterschied zwischen Piastidenmutanten, soweit sie sich durch Panaschierung zu erkennen geben, und Bastarkschecken wohl nur dann
denkbar, wenn etwa dem Kern nur an bestimmten
Punkten Eingriffsmöglichkeiten in die Leistung der
Piastiden zustehen und wenn umgekehrt die Plastiden nur an ausgezeichneten Stellen des ganzen
Systems selbständig reagieren können.
Wenig ansprechend ist an den gezeigten Ergebnissen, daß dasselbe äußere Bild der Panaschierung
und auch derselbe Vorgang der Vakuolisierung der
Piastiden von so verschiedenartigen anderen Störungen begleitet sind, und Piastidenmutanten und
Bastardschecken (die sich zudem u. U. nochmals untergliedern) so völlig andere Reaktionen zeigen. Da war
die bisherige Annahme einer Störung der Chlorophyll-Synthese bei allen Panaschierungs-Typen bedeutend einfacher. Noch S c h u m a c h e r 4 konnte
1928 in seiner Arbeit über den Stoffwechsel panaschierter Pflanzen feststellen, daß in den blassen
Teilen der von ihm untersuditen Formen alle grundlegenden Funktionen des Stoffwechsels intakt seien
bis auf den einzigen Faktor der Chlorophyll-Synthese. Bei meinem Versuchsmaterial ist das höchstens für die hier nur kurz erwähnten Bastardschecken gültig, an denen ich niemals eine Grünfärbung festgestellt habe.
Läßt man diesen Fall, der hier nicht weiter untersucht wurde, außer acht, so wären die Vorgänge bei
den Bastardschecken noch am einfachsten auf der
Basis der Befunde von L ä r z zu erklären. Eine Verdichtung
der Plastiden-Grenzschidit,
die den
Ab-
transport des Assimilationszuckers erschwert, könnte
hier tatsächlich
auf
rein
osmotischem
Wege
zur
Vakuolisierung und, infolge der dadurch bedingten
strukturellen Desorganisation, zur Funktionsunfähigkeit der Chloroplasten fuhren. Assimilation und Zerstörung der Chloroplasten ( = Ausbleichung der Blätter) müßten dann einander parallel gehen. Die verschieden
schnelle
und
starke
Vakuolisierung
der
Chloroplasten in einem Gewebe und auch in derselben Zelle wäre, wie das schon von
Schmidt9
festgestellt wurde, dann eine Folge ihrer durch andere Ursachen ungleichen Assimilations-Fähigkeit.
Unter dieser Voraussetzung sollte es aber möglidi
sein, für Bastardschecken, wenn sie nur die gestörte
Piastidensorte besitzen und unter normalen Umständen
nicht
lebensfähig
sind, Lichtbedingungen
zu
NOTIZEN
schaffen, unter denen sie gerade noch so viel assimilieren, daß sie leben können, und doch so wenig,
daß sie nicht zu stark geschädigt werden. Prinzipiell
hat sich das auch als möglich erwiesen. Im einzelnen
sind die Dinge aber doch etwas komplizierter als man
annehmen wollte, und deshalb soll darüber in Kürze
gesondert berichtet werden.
Setzt man auch bei den Piastidenmutanten für die
Vakuolisierung der Piastiden Änderungen in den
osmotischen Gegebenheiten voraus, so müßte dort,
da die Photosynthese nicht abläuft und infolgedessen
Glucose nicht gebildet wird, irgendeine andere
osmotisch wirksame Substanz in den Chloroplasten
entstehen, die deren Membran nur schwer zu durchqueren vermag. Der Zusammenhang mit den Vorgängen bei den Bastardschecken wäre dabei etwa so
zu finden, daß bei den Piastidenmutanten allenfalls
eine be cirnmte Stelle im Ablauf der Photosynthese
blockiert ist. Bei einer solchen Hemmung müßten
intermed.Jre Zwischenkörper auftreten, die durch
Ansammlung im Sinne einer chemischen Massenwir-
kung den gesamten Vorgang abstoppten. Sind diese
Zwischenprodukte osmotisch sehr wirksam, nicht oder
kaum fähig durch die Plastiden-Membran zu permeieren, im Stoffwechselgeschehen nicht verwendbar,
so daß ihre Menge im Laufe der Zeit nicht merklich
abnimmt, vielleicht sogar schädigend, so wären die
Vakuolisierungs- und Ausbleichungsvorgänge bei den
Piastidenmutanten auf solche Weise wohl zu erklären, und Bastardscheeken und Piastidenmutanten
(mit Ausnahme der Formen, die u. U. eine wirkliche
Störung der Chlorophyll-Synthese aufweisen) wären
trotz aller Gegensätze einem gemeinsamen Gesichtspunkt unterzuordnen. Ob diese Arbeitshypothese sich
bewähren wird, müssen allerdings weitere Untersuchungen zeigen, zu denen diese Arbeit ein Anfang
sein soll.
Meinem Kollegen, Priv.-Doz. Dr. O. K a n d i e r , danke
ich für wertvolle Ratschläge und Diskussionen zu vorliegender Arbeit. Der D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t bin ich für die Unterstützung meiner
Arbeiten zu großem Dank verpflichtet.
NOTIZEN
Über Derivate eines „Borsulfols" B.H : i S : !
IV. Zur Kenntnis des Trimethoxy-borsulfols
[B(OR)S] 3
Von E g o n W i b e r g und W i n f r i e d
Sturm
Institut für Anorgan. Chemie der Universität München
(Z. Naturforschg. 10 b. 108—109
[19551; eingeg. am 12. Jan. 1955)
Tribrom-borsulfol, IBBrSJa , läßt sich mit Hilfe von Borsäuremethylester leicht zu Trimethoxy-borsulfol,
[B(OR)S]3, methoxylieren. Die so gevvinnbare, in farblosen Nadeln kristallisierende und
bei 27,5° schmelzende Verbindung löst sich leicht in Benzol, Schwefelkohlenstoff. Tetrachlorkohlenstoff und Chloroform, wird von Aceton, Äther, Alkohol und Wasser mit zunehmender Leichtigkeit
zersetzt und disproportioniert sich beim Erhitzen in Borsulfid und
Borsäureester.
In der 3. Mitteilung 1 dieser Reihe berichteten wir
über die Darstellungeines Trimethoxy-borsulfols [B(OR)S].}
aus trimerer Metathioborsäure2, [B(SH)S] V und Borsäure-methvlester, B(OR).,:
X
s
XB
OR
s
B X
-IK
3 B(OR),
S
x
S
(1)
I
HO - B
BOR
S-
+ 3 B(OR) 3 -nX n
3. Mitt.: E. W i b e r g
forschg. 8 b. 689 [19Ö3].
1
u. W. S t u r m ,
Z. Natur-
(X
SH). Bei dieser Umsetzung werden die SH-Gruppen der Metathioborsäure gemäß (1) gegen OR-Gruppen
des Borsäureesters ausgetauscht. Um nun festzustellen, ob
auch andere Borsulfol-Derivate mittels Borsäure-methvlesters in Trimethoxy-borsulfol überzuführen sind, wurde
die Einwirkung von Borsäureester auf
Tribrom-borsulfol 3 (X — Br) untersucht. Erwartungsgemäß entstand
auch hier die gesuchte Verbindung.
Zur Durchführung der Reaktion wurden 11.1 g Tribrom-borsulfol mit 9,4 g Borsäure-methylester (Molverhältnis [BBrS]. } : B(OR) 3 --. 1 : 3 ) in 15 ml Sdiwefelkohlenstoff 6 Stdn. lang am Rückflußkühler gekocht. Das nach
dem Abdestillieren des Lösungsmittels und B(OR);5_nBrnGemisches hinterbleibende gelbe 01 war nach dieser Behandlung immer noch bromhaltig, weshalb es noch 2-mal
je 5 Stdn. lang mit 15 ml B(OR) 3 in 15 ml Schwefelkohlenstoff gekocht wurde. Nach dieser Behandlung erwies sich der beim Eindampfen zurückbleibende gelbe,
ölige Rückstand als bromfrei. Er wurde im Wasserstrahlvakuum bei 60° C von letzten Resten flüchtiger Stoffe
befreit und dann in einer Hochvakuum-Mikroapparatur
destilliert. Bei einer Badtemperatur von 85° C begann
sich in der auf —70 C gekühlten Vorlage eine weiße,
kristalline Substanz anzusammeln. Im Verlaufe von
2 Stdn. stieg die Temperatur des Paraflinbades auf
100° C, wobei sich Anzeichen für eine beginnende Zer2 2. Mitt.: E.
forschg. 8 b, 530
•)' 1. Mitt.: E.
forschg. 8 b. 529
Wiberg
[1953],
Wiberg
[1953],
u. W. S t u r m ,
Z. Natur-
u. W. S t u r m ,
Z. Natur-
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