Musikalisches Lernen als soziale Interaktion Neue Einsichten auf neuen Wegen Maria Spychiger Beitrag zum 8. Internationalen AGMÖAGMÖ-Kongress Salzburg, 2.2.-5. November 2006 Gekürzte Fassung und Auswahl von Folien für CAS, ohne Fotos und Hinweise auf Filmausschnitte Departement Erziehungswissenschaften Pädagogik u. Pädagogische Psychologie …ja, aber jeder Unterricht ist soziale Interaktion – was ist an der sozialen Interaktion im Musikunterricht spezifisch? (das ist die Leitfrage) Maria Spychiger / 2 Nov. 2006 für CAS 2 UNIVERSITÉ DE FRIBOURG SUISSE 1 UNIVERSITÄT FREIBURG SCHWEIZ Begriff Begriffsaufklärung Soziale Interaktion Interaktion: bezeichnet allgemein das Phänomen der wechselseitigen Beeinflussung Maria Spychiger / 3 Nov. 2006 für CAS 3 (1) Sozialpsychologische Definition: Die gegenseitige Beeinflussung von Individuen innerhalb von und zwischen Gruppen und die dadurch entstehenden VeränVeränderungen des Verhaltens, der Einstellungen, Meinungen usw. Maria Spychiger / 4 Nov. 2006 für CAS 4 1 Begriff Soziale Interaktion (2) handlungstheoretische Definition: sich aufeinander beziehendes Handeln von wenigstens zwei Individuen. … „sich aufeinander beziehendes Handeln von wenigstens zwei Individuen“ : die gemeinsame Handlung ist das Musizieren Maria Spychiger / 5 Nov. 2006 für CAS 5 Medien der sozialen Interaktion: Körpersprache: Gestik, Mimik, Blickkontakt, Bewegung / physische Position zueinander Maria Spychiger / 6 Nov. 2006 für CAS 6 Das Musikalische als Medium der Bewegung, des emotionalen Ausdrucks und der Begegnung: „Music education is important, important, because music moves“ moves“ (Maria Spychiger, Spychiger, 1995, S. 62) Sprache Das wesentliche Moment der Musikwirkungen liegt in der Begegnung Bilder, Objekte (Volker Schütz, 1997). Klang und Melodie, Rhythmus, Tempo Klangfarbe, Musik Gemeinschaftsbildendes ebenso wie identitätsstiftendes Element des Musikalischen Maria Spychiger / 7 Nov. 2006 für CAS 7 Maria Spychiger / 8 Nov. 2006 für CAS 8 2 Teil II: Pädagogische, lernpsycholernpsychologische und didaktische Aspekte ___________________________ Es wäre naiv zu behaupten, dass jeder Musikunterricht die Begegnung und die GemeinGemeinschaft fördert. Es kommt auf den ErziehungsErziehungs- (Führungs(Führungs-) und Unterrichtsstil der Lehrperson an. Demokratischer oder sozialsozial-integrativer ErziehungsErziehungs- und Unterrichtsstil: freundlicher und höflicher Umgangston Verständnis, Optimismus Feedbackkultur demokratische Konfliktregelung Kleingruppenarbeit, Variation in den Lernformen Fehlerkultur Selbstreflexion und Metakommunikation Maria Spychiger / 9 Nov. 2006 für CAS 9 Vier Merkmale einer humanen Grundhaltung einer Lehrperson: Achtung, Wärme, Rücksichtnahme (vs. Geringschätzung-Kälte-Härte) Echtheit, Selbstkongruenz einfühlendes Verstehen fördernde (nicht dirigierende) Tätigkeit Maria Spychiger / 10 Nov. 2006 für CAS 10 vs. autokratischer (autoritärer) Erziehungsstil: Häufige Anordnungen und Befehle Vorwürfe, Kritik, Tadel, Bedingungen Verwarnungen, Drohungen, Strafen geringe Respektierung der Wünsche und Probleme der ‚untergebenen‘ untergebenen‘ Personen viel Frontalunterricht häufige Kontrollen (nach Tausch & Tausch, 1970/1991) Maria Spychiger / 11 Nov. 2006 für CAS 11 geringe Akzeptierung andersandersartiger Personen Maria Spychiger / 12 Nov. 2006 für CAS 12 3 Gemäss der Analyse im MehrMehr-EbenenEbenenModell des Unterrichts ereignet sich im Musikunterricht viel auf der Ebene 2. Aus: Herzog, Walter (2002). Zeitgemässe Erziehung. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. Reziprozität… (nach Herzog, 2002) …ist das Prinzip der Gegenseitigkeit in sozialen Beziehungen. Reziproke Beziehungen sind egalitäre Beziehungen. aus Kapitel 5, 4 Medien der Reziprozität sind: Anerkennung, Anerkennung, Vertrauen, Vertrauen, Gespräch, Gespräch, Spiel. Spiel. Sie bewirken soziale StrukturStrukturbildung und Systemintegration. 3 2 Reziprozität ist Investition in die Zukunft: Man gibt zuerst etwas und bekommt dann etwas zurück 1 (vgl. Indische Weisheit „Das Lächeln, das du aussendest, kehrt zu dir zurück“). S. 453 Maria Spychiger / 13 Nov. 2006 für CAS 13 Prozessmerkmale des Lernens nach ReinmannReinmann-Rothmeier & Mandl, 2001, S. 626 _______________________________________________ _ In einem konstruktivistischen Verständnis ist Lernen ein… (1) (2) (3) (4) (5) Maria Spychiger / 14 Nov. 2006 für CAS 14 Konstruktivistisches LehrLehr-LernLernverständnis: verständnis: Rolle der Lehrperson (nach Richardson, Richardson, 2003): Schülerzentriert, individuumszentriert, Respekt für die Herkunft, Verständnis für das Weltbild und den Sachzugang der Schüler/innen aktiver selbstgesteuerter konstruktiver situativer sozialer Gruppengespräche, Ziel, ein gemeinsames Verständnis eines Gegenstandes zu finden Einführung von Sachwissen in die UnterrichtsUnterrichtsgespräche durch direkte Instruktion, Bezug auf einen Text, Exploration einer Website etc. Prozess… …der im Musikunterricht zu kreativen Handlungen der Schülerinnen und Schüler führen kann Maria Spychiger / 15 Nov. 2006 für CAS 15 Arbeit an Aufgaben, welche das Wissen oder die vorhandenen Auffassungen der Schüler/innen in Frage stellen, verändern, erweitern oder festigen Reflexive Tätigkeiten, Entwicklung der Metaebene des eigenen Verstehens von Sachverhalten und Lernprozessen Maria Spychiger / 16 Nov. 2006 für CAS 16 4 Gesammelte Antworten auf die Frage nach der Spezifität der sozialen Interaktion im Musikunterricht: Limitierung für den Musikunterricht: Die Individualisierung ist ein wichtiges Moment konstruktivistischer Pädagogik. Der selbsttätige Aufbau von Wissen findet in einem individuellen Geist statt. (1) für die soziale Interaktion im Musikunterricht sind die Medien Klang und Bewegung besonders spezifisch Beim Musizieren im Klassenverband ist dies nicht uneingeschränkt gültig (3) Klang und Bewegung sind musikspezifische Medien der Reziprozität. Es gibt auch Formen kollektiveren Wissenserwerbs. Selbsttätigkeit ist zwar durchaus ein Merkmal des Musizierens und Singens im Klassenverband, aber der Fokus auf das individualisierte Arbeiten (wie z.B. im Werkstattunterricht) ist hier nicht die Hauptsache. (2) Die soziale Interaktion im Musikunterricht ist besonders stark auf einen demokratischen (auch sozial-integrativ genannten) Erziehungsstil bzw. partizipativen Unterrichtsstil angewiesen. (4) Musizieren, Singen und bewegungsbezogene Tätigkeiten wie Tanzen entfalten ihre Qualität und Wirkung in der Verbindung der ausübenden Individuen, im Überschreiten des Individuellen. (5) Die soziale Interaktion im Musikunterricht kann extrem beglücken. Über die soziale Interaktion hinaus… …gibt es die Begegnung mit der Musik. …gibt es die Begegnung mit sich selbst. Maria Spychiger / 17 Nov. 2006 für CAS 17 Maria Spychiger / 18 Nov. 2006 für CAS 18 5