Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 129, 2014 Inhalt und Zusammenfassungen Inhalt Peter Kranz Anakreons Mäntelchen Arne Thomsen Zwischen Mühsal und Muße. Eine Analyse der Ikonographie der sog. Danaiden in der apulischen Vasenmalerei Elena V. Vlachogianni Fragmente eines Reliefgiebels aus Athen Ralf Krumeich – Achim Lichtenberger »Seiner Wohltätigkeit wegen«. Zur statuarischen Repräsentation Herodes’ I. von Iudaea Walter Trillmich Die Inschrift-Basis des Quadriga-Monuments für Germanicus und Drusus vor dem AugustusRoma-Tempel in Lepcis Magna Hinweise für Autoren Zusammenfassungen Peter Kranz Anakreons Mäntelchen Die besondere Mäntelchentracht der Porträtstatue des Anakreon in Kopenhagen findet bekanntlich in der Gestalt des Oinomaos im Ostgiebel des Zeus-Tempels in Olympia ihre nächste Entsprechung. Die hierbei zugrundeliegende Form eines kurzen Mantels wird gewöhnlich mit dem Komos in Verbindung gebracht, mit dem ausgelassenen Umzug im Anschluss an das Symposion. Zwar war der Dichter Anakreon für seine Teilnahme an Symposion und Komos berühmt, nur schwer vorstellbar ist jedoch, dass auch im Falle des Oinomaos durch das kurze Mäntelchen auf diesen Zusammenhang verwiesen werden sollte. Tatsächlich zeigt sich, dass das kurze Mäntelchen deutlich früher – und zwar als spezifisches ›Attribut‹ aristokratischer Gestalten – bezeugt ist als im Zusammenhang mit dem Komos; und als ein solches ›aristokratisches Attribut‹ fungiert es offensichtlich auch an der Statue des Oinomaos. Was mag also diese königliche Gestalt mit der des Dichters Anakreon verbinden, dass beide dieses Mäntelchen sogar auf ein und dieselbe Weise tragen? Zumindest möglich wäre, dass sich der Bildhauer der Anakreon-Statue seinerzeit bei der Gestaltung des kurzen Mäntelchens bewusst an dessen besonderer, uns bisher allein durch die Gestalt des Oinomaos bezeugten Form orientiert hat, um hierdurch – ganz im Sinne des griechischen ›Ganzkörper-Porträts‹ – die Person des Dichters auf besondere Weise zu charakterisieren. Griechisches Porträt • Ikonographie • Kleidung • Symposion Arne Thomsen Zwischen Mühsal und Muße. Eine Analyse der Ikonographie der sog. Danaiden in der apulischen Vasenmalerei Das Bildthema der Frauen mit Hydrien in der Unterwelt, das auf den rotfigurigen apulischen Bildervasen etwa um die Mitte des 4. Jhs. v. Chr. erscheint, wird meist umstandslos mit der mythischen Unterweltstrafe der Danaiden identifiziert. Dabei ergeben sich aus philologischer wie ikonographischer Perspektive Probleme. Eine präzise Untersuchung der Ikonographie lässt erkennen, dass die Frauen mit Hydrien als ein Bildzeichen benutzt werden, mit dem sich trefflich verschiedene Seinszustände in der Unterwelt auf einer Skala zwischen der Mühsal der Arbeit am Pithos und einer den Göttern angenäherten Muße darstellen lassen. Die mit aphrodisischen Attributen aufgeladenen Bilder schildern Abstufungen, aber letztlich suggerieren sie ein hoffnungsvolles Jenseitsbild, in dem die Mühsal nur der (systematische) Ausgangspunkt ist, während die müßige Ferne von der Arbeit das eigentliche Bildthema ist. Dem mythischen Exempel, das in den Frauen wohl gesehen werden muss, kann sich der moderne Betrachter nur auf Umwegen und hypothetisch annähern. Danaides • Unterwelt/Hades • Apulisch-rotfigurige Vasenmalerei • Pithos • Hydria Elena V. Vlachogianni Fragmente eines Reliefgiebels aus Athen Das Relieffragment im Athener Archäologischen Nationalmuseum Inv. 12059 unbekannter Herkunft stammt von der linken Eckplatte des Tympanons eines kleinen Giebels und trägt die Reliefdarstellung eines nach links gelagerten Papposilens, der durch das eng anliegende wollene Trikot identifiziert werden kann. Das Relief ist zusammen mit der vortretenden Standleiste, auf dem der Silen liegt, aus demselben Block gearbeitet. Das Relieffragment Inv. 4760 im Akropolis-Museum, das die Figur eines nach rechts gelagerten Papposilens mit einem identischen Wolltrikot zeigt, ist auf der Grundlage der Maße, der technischen Merkmale und des Stils der gegenüberliegenden rechten Ecke desselben Giebels zuzuweisen. Mit dem rechten Arm stützt der Papposilen sich auf einen Weinschlauch, dessen Hals er auf eine Weise zusammendrückt, dass sich der Wein in das Trinkhorn ergießen kann. Die beiden Relieffragmente stammen vom Giebel eines kleinen Gebäudes, sehr wahrscheinlich eines tempelförmigen choregischen Monuments. Der Naiskos, der aufgrund des Reliefstils in die 2. Hälfte des 4. Jhs. v. Chr. datiert werden kann, stand (sehr wahrscheinlich) an der Tripodenstraße östlich vom Eingang zum Dionysosheiligtum. Athen, Tripodenstraße • Naiskos • Choregisches Monument • Reliefgiebel • Papposilen Ralf Krumeich – Achim Lichtenberger »Seiner Wohltätigkeit wegen«. Zur statuarischen Repräsentation Herodes’ I. von Iudaea Der späthellenistische Herrscher Iudaeas und Klientelkönig Roms Herodes I. trat außerhalb der jüdischen Gebiete seines Reiches und gegenüber griechischen Poleis primär als großzügiger Euerget hellenistischer Prägung auf und wurde hierfür unter anderem durch staatliche Ehrenstatuen geehrt. Eine Analyse der in der Forschung bisher kaum wahrgenommenen originalen Basen der zu Lebzeiten des Königs entstandenen vier (oder fünf) Porträtstatuen in Sia, Athen und auf Kos kann zunächst deren äußere Erscheinung in Grundzügen klären; deutlich werden darüber hinaus aber auch die Aufstellungskontexte der Porträtstatuen in der Öffentlichkeit sowie ihre Einbindung in regionalspezifische Konventionen der statuarischen Repräsentation sowie in Ehrenpraktiken, zu denen auch die Wiederverwendung älterer Statuen (auf der Athener Akropolis) gehörte. Indizien für eine postume damnatio memoriae des Herodes fehlen, und zumindest in Athen wurde die Erinnerung an seine Euergesien noch bis etwa 70 n. Chr. aufrechterhalten. Möglicherweise waren die zwei (oder drei) athenischen Ehrenstatuen des Königs daher noch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nach seinem Tod zu sehen. Herodes I. von Iudaea • Ehrenstatuen • Athen • Kos • Sia (Syrien) Walter Trillmich Die Inschrift-Basis des Quadriga-Monuments für Germanicus und Drusus vor dem AugustusRoma-Tempel in Lepcis Magna Die vom ›Foro Vecchio‹ in Lepcis Magna stammenden Inschriften-Fragmente IRT 334 a–b werden unter archäologischen Gesichtspunkten dokumentiert und neu geordnet. Es ergibt sich die Frontseite einer 24 Fuß (= 7,06 m) breiten und 51 cm hohen Basis (Klapptaf. Abb. 30). Diese stand auf den dem Augustus-Roma-Tempel vorgelagerten rostra und trug eine auch in der neopunischen Inschrift über der Cellatür erwähnte (bronzene) Quadriga. Das Monument war ein Ehrenmal der Stadt Lepcis Magna für den 19 n. Chr. verstorbenen Germanicus und für Drusus minor, aufgestellt frühestens im Todesjahr des letzteren (23 n. Chr.). Aus Form, Größe und Verteilung der Standspuren der Pferde ergibt sich ein stillstehendes Viergespann von gewaltigen Dimensionen. Der Wagen war vermutlich leer; die bekannten von dem Tempel stammenden marmornen Kolossalköpfe des Germanicus und Drusus haben jedenfalls mit diesem Weihgeschenk nichts zu tun. Lepcis Magna • Augustus-Roma-Tempel • Inschriften • Quadriga • Kaiserkult