Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 Markus Graube * Leon Urbas * * Professur für Prozessleittechnik Technische Universität Dresden 01069 Dresden 0351/463-33387 * Professur für Prozessleittechnik Technische Universität Dresden 01069 Dresden 0351/463-33387 [email protected] [email protected] Schlüsselwörter: Informationsintegration, Semantic Web, Linked Data Mit der zunehmenden Modularisierung und dynamischen Kollaborationen in virtuellen Fabriken geht eine Dezentralisierung der Datensätze einher, die eine Integration von Information aus verschiedenen Gewerken und Lebensphasen erfordert, um die Planung und den Betrieb einer Anlage möglichst gut zu unterstützen und somit die Vision von Industrie 4.0 weiterzutragen [1]. Die Automatisierungs- und Prozessleittechnik ist jedoch gekennzeichnet durch eine große Heterogenität und Inkompatibilität von Werkzeugen und Datenbeständen. Bisherige Ansätze wie Weltmodelle (ISO 15926, ISO 10303) oder domänenspezifische Ontologien (CAEX) konnten dieses Problem nur in wenigen Bereichen zufriedenstellend lösen. Hauptargument gegen diese Lösungen sind stets die fehlende Erweiterbarkeit und die fehlende Interoperabilität mit bereits bestehenden Werkzeugen bei zu hohen Anfangsinvestitionen mit zu geringem unmittelbarem Nutzen. Eine Alternative zu der Herstellung der Interoperabilität auf Werkzeugebene besteht in der Informationsintegration auf Datenebene (siehe Abb. 1). Dabei müssen die für ihren Anwendungsfall spezialisierten Werkzeuge eine Schnittstelle zu einer gemeinsamen Datenbasis bereitstellen. In dem gemeinsamen Informationsraum können dann direkt Verknüpfungen zwischen den einzelnen Datensätzen erstellt werden und somit auf Aktualisierung aus anderen Systemen reagiert werden. Auf Grund der Vielzahl der Tools mit unterschiedlicher Historie und Philosophie wird es dabei aber nicht möglich sein, die Datenschnittstelle komplett zu standardisieren. Vielmehr ist hier die Notwendigkeit nach einem flexiblen und sich selbst beschreibenden Datenmodell gegeben. Als sinnvollen technischen Lösungsansatz wird hierfür Linked Enterprise Data verwendet, welches eine Erweiterung der Konzepte des Semantic Abbildung 1: Linked Enterprise Data als Web um die Belange und Anforderungen Konzept zur semantischen Integration der industriellen Datenverarbeitung darstellt [2]. So unterstützt es z.B. auch Versionierung und Zugriff auf dynamische Prozessdaten unterstützt wird. Dieses nutzt das Konzept von Linked Data und ermöglicht so die Integration von Informationsentitäten aus verschiedenen Quellen direkt auf der Datenebene. Die explizite Semantik des verwendeten Datenmodells RDF (Resource Description Framework) erlaubt es Mehrdeutigkeiten aufzulösen und mit der Verwendung von URIs Informationsentitäten organisationsübergreifend eindeutig zu referenzieren. Verschiedene Domänen können ihre spezifischen Informationsräume mit Hilfe von Ontologien, z.B. in OWL, modellieren und mit Informationsteilen aus anderen Domänen direkt wieder verknüpfen. Damit entsteht eine unbegrenzte, domänenübergreifende Erweiterbarkeit des Informationsraumes. Somit können Teile der Datenbestände nach Bedarf bereitgestellt werden, wodurch sich ein sofortiger Mehrwert bei sehr geringem Anfangsaufwand einstellt. Zudem werden die Datenbestände durch die inhärente explizite Semantik vollständig durch Maschinen interpretierbar, wodurch sich bisher kaum realisierbare Möglichkeiten zur Datenaggregation und Inferenz ergeben. Als Zugangstechnologie werden etablierte Internetprotokolle genutzt, die eine sichere, hochverfügbare und kostengünstige Kommunikation ermöglichen. Damit können heterogene Datenbestände mit einheitlichen, frei verfügbaren Werkzeugen abgefragt und bearbeitet werden. Als Abfragesprache kommt SPARQL zum Einsatz, das graphenbasierte Abfragen mit komplexen Filterfunktionen erlaubt. Basierend auf dem Anwendungsfall der mobilen industriellen Instandhaltung zeigen wir, wie Linked Data genutzt werden kann, um komplexe Informations- und Zugriffsstrukturen für Anwendungsentwickler und Endnutzer beherrschbar zu machen. Wir stellen dar, wie die explizite Semantik der Daten auf Anwendungsebene genutzt werden kann [3]. Dabei ist die Resourcenorientierung von Linked Data eine gute Möglichkeit um einerseits Applikationen zu entkoppeln und andererseits definierte Schnittstellen zu schaffen. Literatur: [1] Graube, M., Schneider, F., Obst, M., & Urbas, L. (2015). Integrierter Informations- und Interaktionsraum: Modularisierung und Digitale Anlage von der Leitwarte bis ins Feld. Presented at the Automation 2015, Baden-Baden. [2] Graube, M., Pfeffer, J., Ziegler, J., & Urbas, L. (2011). Linked Data as Integrating Technology for Industrial Data. In Proceedings of the 14th International Conference on Network-Based Information Systems (pp. 162–167). IEEE. http://doi.org/10.1109/NBiS.2011.33 [3] Graube, M., Ziegler, J., Hladik, J., & Urbas, L. (2013). Linked Data as Enabler for Mobile Applications for Complex Tasks in Industrial Settings. In Proceedings of IEEE 18th Conference on Emerging Technologies & Factory Automation (ETFA 2013) (pp. 1–8). IEEE. 23.02.2016 Elektrotechnik & Informationstechnik, Institut für Automatisierungstechnik, Professur für Prozessleittechnik Prozessleittechnik / AG Systemverfahrenstechnik Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 Markus Graube Boppard, 19.02.2016 Agenda 1. Motivation 2. Anforderungen an Informationsräume 3. Aktuelle Ansätze 4. Linked Enterprise Data 5. Diskussion Boppard, 19.02.2016 2 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 1 23.02.2016 Aktuelle Herausforderungen in der Prozessautomatisierung Mechanisierung und Automation • • • • Produktivität Ressourceneffizienz Qualität Anlagensicherheit Kommunikation und Integration • • • • Transparenz Flexibilität Geschwindigkeit Informationssicherheit Boppard, 19.02.2016 3 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 Virtuelle Unternehmen Wertschöpfungsnetzwerk aus selbstständigen Einheiten • • • • Herausforderungen • • • • • Komplexe Produkte aber „Single Face to the Customer“ Einheiten haben spezifischen Kernkompetenzen Hohe Innovationsgeschwindigkeit Temporäre, dynamische Zusammenarbeit der Einheiten Kontinuierliche veränderliche Anforderungen Leichtgewichtige Schnittstellenmodelle und Algorithmen Tiefe Integration Security by Design Starke Abhängigkeiten Problem: starke Heterogenität über gesamte Wertschöpfungskette • • Begrifflichkeiten, Datenstrukturen und Workflows Zeitliche, vertikale und horizontale Integration 2 23.02.2016 Use Case 1 : Mobile Informationssysteme Information statt Dokumente MCC Use Case 2 : Erweiterte Geräte/Moduldiagnose Kontext für erweiterte Diagnose und SLA … ? … …? … … Links to roles in the organisational structure Technician R R Smith Joe Maintenance Dpt. MCC Boppard, 19.02.2016 Expert 6 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 3 23.02.2016 Anforderungen an Informationsräume Boppard, 19.02.2016 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 7 Informationsintegration Integration von Informationen aus unterschiedlichen Quellen • • • • • Detailliertes Informationsmodell mit hoher Granularität Keine Brüche zwischen Planung und Betrieb Vernetzung zwischen vorhandenen Informationen Nachverfolgbarkeit bei Änderungen über Systemgrenzen Abbildung unterschiedlicher Modelle aufeinander Integration auf Datenebene wichtig • • • • Verteilte Anwendungen sollen auf gleichen Informationsstand zugreifen können Teilen der anwendungsspezifischen Verknüpfungen Quellenübergreifende Sichten auf Informationen (z.B. für KPI) Semantische Beziehungen für (teil-)automatisierte Auswertung 4 23.02.2016 Semantische Integration in der Prozessindustrie • • • • Prozesse Produkte Rezepte Substanzen • • • • • • Strukturen Geräte Usage Grenzen Werte Parameter • • Kommunikation Automation Tirana, 08.09.2011 9 Linked Data as integrating technology for industrial data Definition Informationsraum Verbund aus Informationsträgern, der für einen bestimmten Kontext Wissen aufbereitet, verknüpft und bereitstellt Anmerkung 1: Dabei ist ein zentraler Aspekt, dass es sich dabei um mehrere Datenbanken handeln kann, die auch heterogen sein können Anmerkung 2: Wichtig ist eine Verknüpfung unterschiedlicher Informationen um komplexe Fragestellungen beantworten zu können Boppard, 19.02.2016 10 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 5 23.02.2016 Anforderungen an moderne industrielle Informationsräume Beschreibungsmittel • • • • • Methoden Mächtige Informationsmodellierung Erweiterbarkeit Selbstbeschreibungsfähigkeit Identifizierbarkeit Organisationsübergreifende Verknüpfungen • • • • • • • Prozesse • • • • • • Modelltransformationen Revisionierung Entwicklungsunterstützung Schnittstellen/Adapter für andere Systeme Werkzeugunterstützung Nachverfolgbarkeit Boppard, 19.02.2016 Abstraktion der Kommunikation Statische Daten Dynamische Daten Informationssicherheit Dienstorientierung Standardisierung vs. Flexibilität Betrachtung des Lebenszyklus Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 11 Aktuelle Ansätze für Informationsräume Boppard, 19.02.2016 Ansatz Domain Vorteile OPC UA Automation Dynamische Daten Statische Daten AutomationML Automation Erweiterbarkeit Nur statisch ISO15926 Automation Starke Semantik Schwergewichtig Enterprise Service Bus Automation Gute Integration Anwendungsspezifische Kopplung WBEM/CIM IT Weit verbreitet Stark IT-spezifisch; große Eclipse EMF IT Gute Werkzeugintegration Dynamische Daten werden nur ungenügend abgebildet Linked Data (Semantic Web) IT Offenheit, Leichtgewichtig, Erweiterbarkeit, Cross-DomainVerknüpfungen Geringe Einschränkungen 12 Nachteile Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 6 23.02.2016 Linked Enterprise Data Boppard, 19.02.2016 13 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 Linked Data Prinzipien Vier Grundsätze (Tim Berners-Lee) • Einfache Erweiterbarkeit 1. URIs zur Bezeichnung von Objekten • Model as you use / Pay as you go 2. HTTP URIs, damit sich Bezeichnung nachschlagen lassen • Semantisches Informationsmodell • Dezentrale Architektur • Leichtgewichtiger Ansatz • Domänenübergreifende Verknüpfungen 3. Zweckdienliche Informationen unter Nutzung von Teilmodellen und Standards 4. Links auf andere URIs zur Entdeckung weiterer Objekte 7 23.02.2016 Linked Data = RDF + URI + HTTP + SPARQL RDF Subjekt Prädikat Objekt • • • URIs Eindeutig derefenzierbar Verteilte Datenhaltung • • HTTP/HTTPS SPARQL Zur Verständigung/Nutzung curriertes Vokabular notwendig! Standard Internet-Methode zum Zugriff • Graphenbasierte Abfragesprache • Lightweight Ontologies Gleiches Meta-Modell mit gleichem Zugriff • • Linked Enterprise Data Integration Aufbau auf vorhandenen Informationssystemen • • Adapter • • Kontrollierte Vokabulare Großer Fundus an bestehenden Daten Link-Discovery Graph-Abbildung • • Semantische Anreicherung mit Domänenwissen Speicherung in TripleStores Vernetzung der Informationswolken • • • Strukturierte Daten SQL, XML, Excel, CSV, … Filtermöglichkeiten Nutzung von Graphentheorie Gesicherter transparenter Zugriff • • SPARQL Abfragen Mobile Anwendungen Boppard, 19.02.2016 16 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 8 23.02.2016 Notwendige Erweiterungen für Linked Data für industriellen Einsatz Adapter • OPC UA • CAE-Systeme Informationssicherheit • Domänenübergreifende feingranulare Zugriffskontrolle • Dynamische Rollenmodelle, Businessmodelle Versionierung • Semantisches Revisionsverwaltungssystem mit Branches und Merging Integrierte Modelltransformation • SPARQL als Transformation-Engine Linked Data Adapter Statische Adapter Dynamische Adapter • Semantic Lifting • Statische Beschreibung des Zugriffs • Replizierung in Triplestores • REST Services für dynamischen Zugriff • Regelmäßige Synchronisierung • Ressourcenorientiert => Mapping möglich • Revisionsverwaltung als Mittel zur Zusammenführung 9 23.02.2016 Model Transformation Unterschiedliche Informationsmodelle • Speziaisierung • Mapping zu anderen Modellen Anwendungsfälle (Kindler & Wagner, 2007) • Modell-Transformation • Modell-Integration • Modell-Synchronisation (Czarnecki und Helsen, 2006) SPARQL als Transformationsengine • INSERT/DELETE • Deklarative Regelbasis als RDF ausdrückbar • Komplexe Ansätze realisierbar (u.a. TGG) (Schürr, 1994) 20.02.2015 - MATHMOD 2015 Modeling and Transformation of systems of systems using Linked Data 19 Zusammenfassung und Diskussion Boppard, 19.02.2016 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 20 10 23.02.2016 Linked Enterprise Data: Integrierter Informationsraum für die industrielle Datenhaltung Ziel • Überwindung der Heterogenität in den Daten und Strukturen zur Etablierung einer Interoperabilität zwischen Organisationen in allen Produktlebensphasen Lösungsweg • Linked Data als universelle Technologie zur Darstellung von beliebigen Informationen • Nutzung von LOD Konzepten, Tools und Best Practises Herausforderung • Spezielle Herausforderungen für industriellen Einsatz • Erweiterung mit industriellen Anforderungen Boppard, 19.02.2016 21 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 Diskussion Linked Enterprise Data • Semantische Integration unterschiedlicher Quellen • Adapter für eine Reihe von Systemen der Prozessindustrie (Comos, PDM, OPC UA) • Erweiterung um industrielle Aspekte Offene Punkte • Echtzeitverhalten • Performance der Revisionierung • Query-Transformation auf unterschiedliche Datenmodelle Boppard, 19.02.2016 22 Linked Enterprise Data als Konzept zur semantischen Integration für Industrie 4.0 11 23.02.2016 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr.-Ing. habil. Leon Urbas Technische Universität Dresden Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Automatisierungstechnik Für spätere Fragen: Tel.: +49 351 463-34604 Fax: +49 351 463-39681 Besucheradresse: Barkhausen-Bau Georg-Schumann-Str. 11 01187 Dresden Postanschrift (Briefe): Technische Universität Dresden Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik Institut für Automatisierungstechnik 01062 Dresden ghj hgjgh 23 12