1. Einführung und Grundlagen 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 Strom und Spannung Der Ohmsche Widerstand Widerstandsnetzwerke Kondensatoren und RC-Netzwerke Induktivitäten und RL-Netzwerke Komplexe Widerstände, Impedanzen RC- und RLC-Netzwerke Fourier-Reihen Laplace-Transformationen u. Anwendungen 1.1 Strom und Spannung • Die Elektronik beschäftigt sich mit der Verarbeitung elektrischen Ströme I und Spannungen U. • Diese Signale sind im allgemeinen nicht konstant, sondern ändern sich mit der Zeit t • Beispiele: U(t) Gleichspannung t U(t) Wechselspannung (periodisch) t Puls oder Pulsfolge U(t) t Definition der Spannung • Potentialdífferenz UAB gemessen zwischen zwei Punkten A und B einer Schaltung A U AB = φ A − φ B R B • UAB > 0 falls am Punkt A das Potential positiver ist als am Punkt B • Wenn eine Ladung q vom Punkt A zum Punkt B gebracht wird, wird die Arbeit W = e U geleistet • Einheit der Spannung: Volt • Bereich der in der Elektronik abgedeckt wird: • Erzeugung von Spannungen: (Arbeit wird investiert, Ladungen verschoben) [U] = V 1 µV bis 1 kV - Batterie (elektro-chemisch) - Generator (elektro-magnetisch) - Solarzelle (Licht) Definition von Strom • Bewegung von Ladungen (meist Elektronen) aufgrund einer Potentialdifferenz I - + I := ∆Q / ∆t = Ladung / Zeit ve • Die Richtung des Stroms geht vom höheren zum niedrigeren Potential (technische Stromrichtung) und ist daher der Bewegung der Elektronen in einem Leiter entgegengesetzt • Einheit: Ampère • Typischer Arbeitsbereich in der Elektronik: 1 nA = 10-9 A bis 100 A • Erzeugung von Strömen: Anlegen einer Spannung z.B. an einen Widerstand • Verbrauchte Leistung in einem Stromkreis: Diese wird abgegeben in Form von - Wärme - mechanischer Arbeit (Motor) - Licht - … [I] = 1 A = 1 C/sec P= ∆W ∆Q ⋅ U = = I ⋅U ∆t ∆t Die Kirchhoffschen Gesetze: Knotenregel der Ströme: i1 Die Summe der in einen Knotenpunkt (Verzweigungspunkt von Leitungen) einfließenden Ströme ist gleich der Summe der auslaufenden Ströme. (Ladungserhaltung) i3 i1 + i2 − i3 − i4 − i5 = 0 i4 i5 i2 Maschenregel der Spannungen: u1 u0 u2 Die Summe der Spannungsabfälle in einer geschlossenen Schleife ist Null. u3 + - − u0 + u1 + u2 + u3 + u4 + u5 = 0 u4 u5 1.2 Der Ohmsche Widerstand • Symbol: R R • Das Anlegen einer Spannung an einen metallischen Leiter verursacht das Fließen eines Stroms • Zwischen dem Strom I und der Spannung U besteht ein linearer Zusammenhang U = R⋅I • Die Proportionalitätskonstante R wird als elektrischer Widerstand bezeichnet (Ohmsches Gesetz) • Der Widerstand hängt von der Länge, dem Querschnitt des Leiters und dem materialabhängigen spezifischen Widerstand ρ ab R= ρ⋅ l A • Der spezifische Widerstand ist temperaturabhängig, für Metalle steigt er mit der Temperatur an ! • Einheit: Ohm • Wertebereich: [R] = 1 Ω = 1 V/A 1 m Ω bis 1GΩ Verfügbare Widerstände • Widerstandsreihen: E3, E6, E12, E24 etc • Bestimmung der Werte in der E6-Reihe: n-te Wert der Reihe ergibt sich zu Rn = 6 10 n −1 ⇒ 1,0 1,5 2,2 3,3 4,7 6,8 … mit 20% Genauigkeit (6 Widerstandswerte innerhalb einer Dekade) • Bestimmung der Werte in der E24-Reihe: n-te Wert der Reihe ergibt sich zu Rn = 24 10 n −1 ⇒ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,7 3,0 3.3 ..… 9,1 mit 5% Genauigkeit, 24 Widerstandswerte innerhalb einer Dekade • Kodierung 4 Ring Code 2% 3 Ring Code 5% Standard Farbcodes Beispiel eines 100 kΩ 5% Widerstands rot 2% 1. und 2. Farbring: 3. Farbring: 4. Farbring: Widerstandswert Zehnerpotenz Toleranz • Ausführung von Widerständen: 1. Draht: hohe Belastbarkeit, sehr hohe Stabilität und Genauigkeit erreichbar, geringe Temperaturabhängigkeit (10-4/K ) 2. Kohleschicht: sehr günstig herstellbar (meist 5% Genauigkeit), sehr hohe Werte erreichbar (bis GΩ ), geringe Temperaturabhängigkeit 3. Metallschicht: hohe Genauigkeit (0,1 bis 2%), geringe Temperaturabhängigkeit, sehr geringe Induktivität • Verlustleistung der Widerstände beachten P = I2 ⋅R = U2 R Standardwerte: 1/8, 1/4 , 1/2 und 1 Watt Drahtwiderstände auch für hohe Verlustleistungen erhältlich! Widerstand als Thermometer • Einige Materialien weisen starke Temperaturabhängigkeiten auf z.B. Platinwiderstände: 4·10-3 Ω/K PT-100 R=100 Ω bei 0 °C [ R (T ) = 100 ⋅ 1 + 3.91 ⋅ 10−3 ⋅ T − 5.78 ⋅ 10−7 ⋅ T 2 − 4.18 ⋅ 10−12 ⋅ (T − 100) ⋅ T 3 Messung des Widerstands → Temperatur o o Anwendungsbereich: -200 C < T < 500 C ] 1.3 Schaltungen mit Widerständen (i) Reihenschaltung I R1 R2 Rges I = const. U = R1 ⋅ I + R2 ⋅ I = ( R1 + R2 ) ⋅ I = Rges ⋅ I I = I1 + I 2 (ii) Parallelschaltung R1 I U1 = R1 ⋅ I1 = R2 ⋅ I 2 = U 2 = U = Rges ⋅ I 1 I ⇒ Rges = I2 U I1 + I 2 I1 I 2 1 1 1 = + = + Rges U U R1 R 2 R2 ⇒ Rges = R1 ⋅ R2 R1 + R2 Beachte: Bei einer Parallelschaltung ist der Gesamtwiderstand immer kleiner als der kleinste Einzelwiderstand ! Beispiel: 10 kΩ || 5 kΩ ergibt insgesamt 3.3 kΩ Spannungsteiler (ideal): Die Eingangsspannung U0 wird um einen festen Faktor 1/α reduziert: I= R1 U0 R1 + R2 U A = I ⋅ R2 = U 0 ⋅ U0 R2 Extremfälle: U A = α ⋅U 0 UA ⇒ α= R2 R1 + R2 R2 R1 + R2 R2 → 0 ⇒ U A = 0 R2 → ∞ ⇒ U A = U 0 R Oft wird der Spannungsteiler in der Praxis einstellbar (Potentiometer) ausgeführt. Realer Spannungsteiler R1 -Vorherige Betrachtung gilt nur für große Lastwiderstände RL >> R2 U0 RL UA R2 - In der Realität fällt UA an dem Lastwiderstand RL ab ⇒ Parallelschaltung von R2 und RL Der Gesamtwiderstand ist daher R2 ⋅ RL R2 + RL ⇒ U A = U0 ⋅ R2 L R1 + R2 L Ausgangsspannung UA [V] R2 L = • d.h. die Ausgangsspannung hängt vom Lastwiderstand ab • Problem kann durch kleine Widerstände R1 und R2 verringert werden, aber dann fließt ein hoher Strom ⇒ hohe Verlustleistung R1 = R2 = 100 Ω R1 = R2 = 1 kΩ • Abhilfe durch aktive Bauteile z.B. Transistor Lastwiderstand RL [Ohm] Spannungsquelle ¾ Bei einer idealen Spannungsquelle sollte die Ausgangsspannung UA unabhängig von der Belastung (vom Strom) sein ¾ Jede reale Spannungsquelle kann nur einen begrenzten Strom liefern und weist daher einen gewissen Innenwiderstand Ri auf U A = U0 ⋅ UA U0 RL Ri RL 1 = Ri + RL 1 + Ri RL U A = U 0 − Ri ⋅ I L Ri = 100 Ω • Innenwiderstand muss möglichst klein gegen den Lastwiderstand sein • Leistung einer Spannungsquelle: P = U A ⋅ IL = U A2 RL maximal für RL = Ri Extremfälle: RL = 0 ⇒ U A = 0 ⇒ P = 0 RL = ∞ ⇒ I L = 0 ⇒ P = 0 • Belasteter Spannungsteiler (cont.) UA + IL R2 R1 I0 = I2 + I L = U0 ⎡U ⎤ ⇒ U A = U 0 − I 0 ⋅ R1 = U 0 − ⎢ A + I L ⎥ ⋅ R1 ⎣ R2 ⎦ UA RL R2 U 0 = U1 + U A ⎡ R2 ⎤ ⎡ R1 ⋅ R2 ⎤ ⇒ U A = U0 ⋅ ⎢ ⎥−⎢ ⎥ ⋅ IL ⎣ R1 + R2 ⎦ ⎣ R1 + R2 ⎦ • Äquivalenter Innenwiderstand R2 R1 + R2 R ⋅R Ri = 1 2 R1 + R2 Ri U´0 ⇔ (R1 || R2) Thévenin-Äquivalent Schaltkreis Jedes Netzwerk von Widerständen und Spannungsquellen kann durch ein Ersatzschaltbild mit einem Widerstand Rth und einer Spannungsquelle Uth ersetzt werden RTh = U Th I Kurzschluß • Spannungsquelle: ⇒ I L= wobei UTh = U (offener Schaltkreis) i. allg. gilt: RL >> Ri U0 U ≈ 0 Ri + RL RL d.h. Strom hängt von äußerer Last ab • Stromquelle: ⇒ I L= meist gilt RL << Ri U0 U ≈ 0 Ri + RL Ri d.h. Strom nur von inneren Parametern abhängig UA RL U 0´ = U 0 1.4 Der Kondensator • Symbol: C damit von Energie • Speicherung von Ladung und • Zwischen der anliegenden Spannung und der Ladung besteht ein linearer Zusammenhang: Q = C ⋅U • C = Kapazität, hängt ab von der Geometrie (Fläche der Elektroden, Abstand der Elektroden und dem Dielektrikum) • Einheit: Farad • Gängige Werte • Strom: I= [C] = 1 F = 1 C/V 1 pF = 10-12 F bis 1 mF dQ dU =C dt dt Der Strom ist nicht proportional zur Spannung, sondern zur Spannungsänderung Frequenzabhängigkeit des Widerstands: Bei konstanter Spannung fließt kein Strom, Wechselstrom wird übertragen ⇒ Weitere Eigenschaften: verformen Impulse, verzögern Schaltvorgänge, filtern Störungen aus Verfügbare Kondensatoren Verschiedene Materialien kommen zum Einsatz: 1. Beschichtete Papiere oder Kunststofffolien (gewickelte Folienkondensatoren) • Temperaturstabil • Hohe Genauigkeit • Geringer Leckstrom 2. Keramische Dielektrika mit Metallelektroden • Sehr weiter Frequenzbereich (bis 108Hz) • Sehr stabil 3. Elektrolytische Kondensatoren • Sehr große Kapazitäten günstig herstellbar Kapazitätsbereich Toleranzen Eigeninduktivität Abmessung Betriebsspannung gepolt Kondensator PapierMetall-PapierStyroflexMetall-KunststoffMetall-LackKeramikElektrolyt- 100 pF..1µF 0,1..50 µF 2 pF..50 nF 0,01..0,25 µF 0,1..200 µF 0,5 pF..50 nF 0,5..10000 µF 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % 20 % -20%..+50% groß groß klein mittel mittel sehr klein groß groß groß mittel klein sehr klein groß sehr klein 125..1000 V 160..600 V 50..500 V 300 V..5 kV 60..120 V 250..500 V 3..650 V nein nein nein nein nein nein ja Einsatzgebiete: (i) Folienkondensatoren: Signalformung und Filterung bis 10 MHz (ii) Keramische Kondensatoren: Hochfrequenzanwendungen (iii) Elektrolytische Kondensatoren: Filterung hoher Ströme bei Frequenzen bis MHz Schaltungen mit Kondensatoren (i) Reihenschaltung U1 = Q Q , U2 = C1 C2 die gespeicherte Ladung ist auf allen Kondensatoren gleich C1 ⎛1 1 ⎞ Q U = U1 + U 2 = Q ⋅ ⎜⎜ + ⎟⎟ = ⎝ C1 C2 ⎠ Cges 1 1 1 ⇒ = + Cges C1 C2 U C2 Beachte: Bei einer Reihenschaltung ist die Gesamtkapazität immer kleiner als die kleinste Einzelkapazität ! (ii) Parallelschaltung U1 = U 2 = U U C2 C1 Qtot = Q1 + Q2 C ges = Qtot Q1 + Q2 Q1 Q2 = = + = C1 + C2 U U U1 U 2 (iii) RC-Netzwerk Serienschaltung eines Widerstands und Kondensators • Schalter wird zur Zeit t=0 geschlossen R • UA(0)=0 Uo C UA(t) • Wie verhält sich UA(t) ? • Maschenregel ergibt eine inhomogene Differentialgleichung 1.Ordnung R ⋅ I (t ) + U A (t ) = U 0 ⇒ R ⋅C ⋅ I (t ) = dU A (t ) + U A (t ) = U 0 dt • Lösung (s. Vorlesung, Tafel) dQ C ⋅ dU A (t ) = dt dt U A (t ) = U 0 ⋅ (1 − e −t / RC ) ; I (t ) = U 0 −t / RC ⋅e R Strom und Spannung in einem RC-Netzwerk U0 R=1 kΩ C=1 µF τ = 1ms U A (t ) = U 0 ⋅ (1 − e − t / RC ) τ U0 / R I (t ) = U 0 −t / RC ⋅e R Spannung über dem Kondensator für Signal mit Periode T τ=RC << T τ=RC = T τ=RC >> T 1.5 Die Induktivität (Spule) • Symbol: L L • Speicherung von magnetischer Energie • Stromänderung dI/dt in der Spule ruft eine induzierte Spannung hervor, die der Stromänderung entgegenwirkt (Induktionsgesetz, Lenz´sche Regel) U ind = − L ⋅ dI dt • L = Induktivität, hängt ab von der Geometrie und vom Material • Einheit: Henry [L] = 1 H = 1 Vs / A • Gängige Werte: 1µH bis 1 H • Da die Spannung über der Spule von dI/dt abhängt, ist der Widerstand frequenzabhängig: - Gleichstrom wird ungehindert durchgelassen - Wechselstrom wird behindert • Weitere wichtige Eigenschaften in Schaltkreisen: verformen Impulse, Filtereigenschaften, Übertragen Signale von einem Schaltkreis in einen anderen RL-Netzwerk Serienschaltung eines Widerstands und einer Induktivität • Schalter wird zur Zeit t=0 geschlossen R • UL(0) = 0 U0 • Wie verhält sich UL(t) ? L UL(t) • Maschenregel ergibt eine inhomogene Differentialgleichung 1.Ordnung R ⋅ I (t ) + U L (t ) = U 0 ⇒ R ⋅ I (t ) + L • Lösung I (t ) = dI =U0 dt U0 dI U 0 −t⋅R / L ⋅ (1 − e −t⋅R / L ) ; = ⋅e R dt L Zeitkonstante: τ = L / R Spannung über der Spule für Signal mit Periode T τ = L/R ~ T Zusammenfassung der wichtigsten Eigenschaften Bauteil/Netzwerk Spannung Widerstand U = R⋅I I =U / R Kondensator U = Q/C I= Spule U ind = − L ⋅ RC-Netzwerk (U und I am Kondensator) RL-Netzwerk (U und I der Spule) dQ dU =C dt dt 1 I = − ∫ U ind dt L dI dt ( U C (t ) = U 0 ⋅ 1 − e − t / RC U L (t ) = − L Strom ) dI = U 0 ⋅ e − t ⋅R / L dt I (t ) = I (t ) = U 0 −t / RC ⋅e R U0 ⋅ (1 − e −t⋅R / L ) R ¾ Übersicht der Schaltsymbole ZR = Widerstand R Kondensator Passive Komponenten ZC = C L Spule U I 1 i ⋅ω ⋅ C Z L = i ⋅ω ⋅ L L ~ Wechselspannungsquelle U Aktive Komponenten = Gleichspannungsquelle U → Stromquelle I Frequenzabhängigkeit der Impedanz eines Kondensators C = 10 µF 1 RC = 2π f ⋅ C Frequenzgang eines RC Tiefpasses R=1kΩ U A = 10V ⋅ 1 1 + (2π f ⋅ RC ) 2 U C=1µF UA(t) Logarithmische Übertragungsfunktion und Phase eines RC Tiefpasses “Bode-Plot” fg − 3dB R=1kΩ C=1µF 1 = 1000 Hz RC 1 fg = = 167 Hz 2π ⋅ RC ωg = − 45° Logarithmische Übertragungsfunktion und Phase eines RC Hochpasses “Bode-Plot” fg R=1kΩ C=1µF − 3dB 1 = 1000 Hz RC 1 fg = = 167 Hz 2π ⋅ RC ωg = 45° Pulsfolge durch Hochpaß τ = RC >> t d τ = RC > t d τ = RC < t d Resonanzkurve eines RLC-Netzwerkes R=1kΩ C=100µF L=1mH 2 ⎡ ⎞ ⎤ 2 ⎛ 1 g = −10 ⋅ log ⎢1 + R ⋅ ⎜⎜ − ω C ⎟⎟ ⎥ ⎢⎣ ⎠ ⎥⎦ ⎝ωL ⎡ ⎛ 1 ⎞⎤ φ = arctan ⎢ R ⋅ ⎜⎜ − ω C ⎟⎟⎥ ⎠⎦ ⎣ ⎝ωL *