SaThZ 7 (2003) 232 matisch und weniger theologiegeschichtlich gehalten ist, gefolgt (B.) von der Vierfachperspektive auf die relevanten Themen der Weltreligionen. In einer anschließenden Reflexion (C.) werden die Positionen miteinander konfrontiert und darauf hin befragt, welche Bereicherung oder Korrektur für das eigene Selbstverständnis oder auch für die anderen Religionen daraus erwachsen könnten. Eine abschließende Thesenreihe (D.) fasst Ergebnisse zusammen und regt weiterführende Diskussionen an. Acht Themen, häufig mit zahlreichen Untergliederungen, werden auf diese Weise behandelt: Glaube, Glaubensbegründung (Offenbarung, Wahrheitsgewissheit, Vermittlungsinstanzen), Gott (Gotteserkenntnis, Trinität), Christologie, Pneumatologie, Schöpfung und Anthropologie, Soteriologie (Grund des Heils in Gnade und Rechtfertigung, Vermittlung des Heils in Wort und Sakrament, in Taufe und Abendmahl, Ekklesiologie) und Eschatologie. Der Schlussteil legt den Finger auf eine offene Wunde der Religionswissenschaften und holt die dogmatische Themenpalette in Andeutungen für gegenwärtige Weltanschauungen des Atheismus, Agnostizismus und Materialismus nach. Ein ausführlicher Anhang mit Registern und Bibliographien qualifiziert das Werk zusätzlich als hilfreiches Arbeitsbuch. H.-M. Barth leistet damit mehr, als der Titel mit „im Kontext der Weltreligionen“ angibt. Zielt kontextuelle Theologie in der Hauptsache auf die unterschiedlich soziokulturelle Situiertheit meist außereuropäischer Kirchen, so konzentriert er sich auf die inhaltliche Auseinandersetzung mit anderen Religionen, von denen er die monotheistischen und die beiden großen asiatischen ausgewählt hat. Er rezipiert sie hinsichtlich ihrer wichtigsten Quellen und mittels deutschsprachiger Religionswissenschaftler. Über eine religionstheologische Kontextualisierung der Dogmatik, eine religionsphilosophische Erörterung des prinzipiellen Verhältnisses und über einen religionsphänomenologischen Traktat über andere Religionen hinaus wird ein entschiedener Schritt zu einem echten und selbstbewussten Dialog mit diesen anderen Religionen vollzogen, der nach dem Dialog mit den Inhalten – ganz in der Intention des Autors – in einen Dia log mit den Vertretern dieser Religionen münden muss, in dem etwa nach den von W.C. Smith vorgeschlagenen Kriterien nach der Übereinstimmung der christlichen Fremdwahrnehmung mit deren eigenem Selbstverständnis gefragt wird. Dabei erweist es sich als weit blickend, dass Barth entgegen mancher Erwartungen einer Bindestrichtheologie mit jüdisch-christlichen Nivellierungstendenzen trotz des singulären Naheverhältnisses zum Judentum dieses unter die Weltreligionen einreiht. Dessen Wahrnehmung als andere Religion unterstreicht ihren vom Christentum unabhängigen Eigenwert und qualifiziert die Lernchancen. Bisherige Dogmatiken haben sich vereinzelt in Andeutungen zu ausgewählten Themen anderer Religionen erschöpft. Barth hingegen legt ein ganzes Kompendium vor, das weniger einen Abschluss darstellt, als vielmehr eine Epoche und ein Forschungsprogramm für ganze Theologinnengenerationen mit vielen SaThZ 7 (2003) 233 ausständigen Grundlagen- und Detailuntersuchungen eröffnet. Begegnender Dialog und vertiefende Theologie könnten Wechselseitigkeit und Themen forcieren, die aus einem echten Begegnungsprozess erwachsen. Die Traktatengestalt der Dogmatik wird sich damit ändern. Dem Verlag sei die dritte Auflage als preiswertes Paperback empfohlen, damit das Werk rasch Eingang in die Handbibliotheken aller Theologinnen und Religionspädagogen findet. Ulrich Winkler HACKBARTH-JOHNSON , Christian, Interreligiöse Existenz. Spirituelle Erfahrung und Identität bei Henri Le Saux (OSB) / Swami Abhishiktananda (1910-1973) (Europäische Hochschulschriften 23/763), Peter Lang Frankfurt u.a. 2003, 709 p., geb. 85,00 EU[D]; ISBN 3-631-50333-4 Eine Theologie der Religionen, besser eine pluralistische Religionstheologie in praktischer Anschauung, so könnte der Titel der äußerst umfangreichen Disserta tion auch lauten, die beim Münchner evangelischen Religionswissenschaftler Michael von Brück erstellt worden ist. Obwohl das Gliederungsprinzip den Lebensstationen des französischen Benediktiners folgt, wäre es zu kurz gegriffen, das Buch einfach als Biographie zu bezeichnen. Denn genau beides wird hier eindrucksvoll verbunden: Hackbarth-Johnson analysiert den spirituellen Lebensweg Le Saux’ in seiner religionstheologischen Bedeutung. Statt einer religionsphilosophischen Theorie über das Verhältnis von Christentum und Hinduismus zeichnet er nach, wie sich eine Begegnung dieser Weltreligione n exemplarisch in der konkreten Existenz eines Menschen vollzieht. Mit der Sehnsucht nach einer vertieften Spiritualität, aber noch ganz im missionarischen Bewusstsein, übersiedelt 1948 der Ordensmann aus der Bretagne nach Indien. Er war überzeugt, dass die spirituelle Suche Indiens ihre Erfüllung im Christentum finde, wenn sich das Christentum ganz in den dortigen kulturellen Kontext integriere. Ausgestattet mit einem Indult zur Exklaustration beginnt er ein Eremitenleben als „der, dessen Seligkeit der gesalbte Herr ist“ und trägt das orange Gewand der Sannyasis, in denen er eine Geistesverwandtschaft erhoffte und fand. Die zunehmende Wertschätzung des Hinduismus wird zu einer bedrängenden Herausforderung und fürchterlichen Krise, die er buchstäblich am eigenen Leib erfährt. Durch die advaitische (Nicht-Zweiheit) Erfahrung sah er in dieser den ebenfalls unbedingten Anspruch und war gezwungen, seine bisherige Erfüllungstheorie aufzugeben. Noch mehr, indem er in der advaitischen Erfahrung die Erfahrung Jesu wiedererkannte, sah er darin die Erfüllung des Chris- SaThZ 7 (2003) 234 SaThZ 7 (2003) 235 tentums, an dessen Form wie an der des Hinduismus er immer deutlicher deren beider Kulturbedingtheit erkannte. Er konvertierte nicht, sondern hielt am Christe ntum fest. An einer Synthetisierung auf theologischer Ebene scheiterte er, das existentielle Experiment mit dem Risiko des ungewissen Ausgangs setzte er fort. Sein Ziel hat sich vom Missionsbestreben abgelöst und auf die Suche nach der Wahrheit verlagert, nach der kontemplativen Erfahrung Gottes, der Transzendenz, des Absoluten. Darin erfuhr er trotz der theologischen Unüberbrückbarkeit der beiden religiösen Systeme die Transzendierung aller Akzidentalien und Religion, was ihm vor dem unmittelbaren Ende seines Lebens beglückend geschenkt war.Durch das Zweite Vatikanum wusste er sich sehr ermutigt, diesen Fragen nachzugehen, und hat so zur Inkulturation des indischen Christentums viel beigetragen. Er ist ein Pionier des interreligiösen Dialogs und ein noch rela tiv unbekannter Meister der Spiritualität. Hackbarth-Johnson verschafft uns einen lebendigen Einblick in Le Saux’ dramatisches Ringen um Identität, die er in einer doppelten Religionszugehörigkeit und in dem einen spirituellen Weg fand. Der Verfasser interpretiert Le Saux’ Leben als Zeugnis für diesen Weg des existentiellen als Mönch vollzogenen Dialogs, der ihm durch die Unvereinbarkeit der Absolutheitsansprüche der beiden Religionen aufoktroyiert war und durch die Entwicklung von einer exklusiven, inklusiven und schließlich zu einer religionstheologisch pluralistischen Haltung gekennzeichnet war, die er auf eine kontemplative Spiritualität gegründet wissen wollte. Nicht das Gefälle zwischen den Religionen, sondern die wechselseitige Erfüllung führ ten ihn zur Anerkennung ihrer Gleichwertigkeit und Vorläufigkeit in Bezug auf ihren „Gegenstand“. Hackbarth-Johnson legt seine These überzeugend dar, schreibt ansprechend, schildert spannend und belegt ge wissenhaft, nicht zuletzt in einem umfangreichen Anhang. Die Studie ist ein wichtiger Beitrag, die religionsdialogisch paradigmatische Bedeutsamkeit Swami Abhishiktanandas in die aktuelle Diskussion einzubringen. Sein Weg ist ein Weg für wenige, vor seinem Problem stehen viele. Pluralitätserfahrungen sind unsere globale Zeitsignatur, die freilich nicht immer mit ihren widerstreitenden Beanspruchungen wahrgenommen werden. Insofern ist das pluralistisch verstandene Modell des christlichen Swami alles andere als die von Theologen viel gescholtene pluralistische Beliebigkeit der Postmoderne. Das genaue Gegenteil. Pluralismus unter dem vollen Anspruch von Religion, eben von zwei in ihrer Tiefe ausgeloteten und als gleichwertig erkannten religiösen Traditionen. Ulrich Winkler KRECH , Volkhard, Götterdämmerung. Auf der Suche nach Religion, transcript Verlag Bielefeld 2003, 106 p., K t., 12,80 EU[D]; ISBN 3-89942-100-0 Der Essay ist in der Theologie leider eine eher selten gepflegte Sprachform. Zu sehr haftet an ihm noch der Nimbus des Unwissenschaftlichen und Artifiziellen. Ein altes, sehr hartnäckiges Vorurteil. Dabei liegen seine Vorzüge auf der Hand: Er begrenz t den Textumfang und verbietet große Ausladungen, er zwingt zur Konzentration auf das Wesentliche und erlaubt ungewöhnliche thematische Zugriffe. Er schließt einen Wechsel der Perspektiven ebenso ein wie er für sich das Recht auf Vorläufigkeit in Anspruch nehmen darf. Die oftmals nuancierten Positionen rufen zur Zustimmung, reizen aber auch zum Widerspruch. Der von Krech vorgelegte Essay über das Religiöse in der modernen Gesellschaft weist alle Vorzüge dieses Genres auf: stilistisch versiert, aspekthaft in der Darstellung, pointiert in der Argumentation und nachvollziehbar in seinen Geda nken. Vielleicht liegt, wie der Autor in seinen Anmerkungen schreibt, das Originelle des Essays schlichtweg „nur darin, verschiedene Gedanken zu verdichten, die gerade in der Luft liegen – ob sie nun dem Zeitgeist entsprechen oder ihn konterkarieren“ (92). Krech versucht in dieser Schrift das Religiöse, wie es sich mit Blick auf die kulturelle und intellektuelle Landschaft der modernen Kultur so vielfältig präsentiert, zu verdichten und mit knappen Federstrichen zu beschreiben. Das fällt dem Autor, der eine vorzügliche Studie über Simmels Religionstheorie vorgelegt hat, sichtlich leicht. In kurzen Kapiteln, denen jeweils eine präzisierende Überschrift vorangestellt ist, wird ohne den Ballast eines ausführlichen Anmerkungsapparates präzise informiert, dabei kein relevantes Thema ausgelassen. Der Bogen reicht vom grundlegenden Verhältnis zwischen Immanenz und Transzendenz bis zur religiösen Praxis, Fragen des Verhältnisses zur Politik und Gewalt kommen ebenso zur Sprache wie das Problem der Säkularisierung oder der religiösen Erfahrung. Im Unterschied zu früheren Zeiten, so eine These, machen wir uns heute kaum noch Gedanken über die religiöse Bedeutung der Welt, sondern nur mehr über die Religion selbst, die sich, der Tradition der Aufklärung entsprechend, dem rationalen Diskurs stellen und an ihm bewähren müsse. Aber wird das, so die berechtigte Frage, der reichhaltigen Palette des Religiösen gerecht? Die viel zitierten Stichworte Säkularisierung, Pluralisierung und Individualisierung, mit denen die Religion in der Moderne meist gekennzeichnet wird, beschreiben an sich nichts Neues, neu ist nur, dass sie „in einem bislang unbekannten Ausmaß in das öffentliche Bewusstsein eingegangen sind“ (28). Das hat natürlich Folgen für das Selbstverständnis des Religiösen ebenso wie für die Praxis, die unter erhöhtem Erklärungsdruck geraten ist, vor allem nach außen hin. Allerdings – und darin zeigt sich die Grenze dieses Unternehmens, verzichtet Krech auf eine eigene These, er gibt lediglich wieder, was dem interessier ten