Pharmarecht | Mandanteninformation | 19. März 2013 | Seite 1 Zur Werbung mit Anwendungsgebieten für registrierte homöopathische Arzneimittel Daniel Hoffmann Rechtsanwalt In dem arzneimittelrechtlichen desgerichtshof bestätigten Recht- Im damaligen Fall hatte ein phar- Zulassungsregime nehmen die besonderen Therapieformen u.a. der Homöopathie eine Sonderstellung ein. Homöopathische Arzneimittel können wie chemisch definierte Präparate für ein oder mehrere bestimmte Anwendungsgebiete zugelassen werden. Darüber hinaus sieht das Arzneimittelgesetz in den §§ 38, 39 AMG besondere Vorgaben für die Registrierung homöopathischer Arzneimittel vor. Registrierte sowie von der Registrierung freigestellte homöopathische Arzneimittel unterliegen gemäß § 10 Abs. 4 AMG und § 11 Abs. 3 AMG eigenen Kennzeichnungsvorschriften, wonach insbesondere die Angabe von Anwendungsgebieten ausgeschlossen ist. Dementsprechend sieht § 5 HWG unter anderem ein Werbeverbot dahingehend vor, dass für homöopathische Arzneimittel nicht mit Anwendungsgebieten geworben werden darf. sprechung – hat das OLG Hamm mit Urteil vom 13.12.2012, Az.: I-4 U 141/12, die Grenzen der zulässigen Werbung für registrierte Homöopathika weiter konkretisiert. mazeutischer Unternehmer gegenüber den Fachkreisen ein Therapiekonzept beworben, wobei er zwar nicht für das Arzneimittel insgesamt aber für den jeweiligen homöopathischen Wirkstoff Anwendungsgebiete benannt hat. Das OLG sah hierin einen Verstoß gegen § 5 HWG und verurteilte den pharmazeutischen Unternehmer zur Unterlassung. Die Werbung für homöopathische Arzneimittel ist zuletzt wieder verstärkt in den Fokus der Rechtsprechung gerückt. In Fortführung seiner bisherigen – durch den Bun- Das OLG Hamm hatte sich bereits mit Urteil vom 15.04.2010, Az.: I-4 218/09, mit der Zulässigkeit von Werbung für registrierte homöopathische Arzneimittel befasst. I. Der Fall Das OLG Hamm hatte sich mit der Werbung für Schüssler-Salze in der „Hebammen Zeitschrift“ zu befassen. Dort wurden die registrierten homöopathischen Arzneimittel ohne Angabe einer bestimmten Indikation oder Krankheitsbilder als „sanfte Begleiter“ in der Schwangerschaft beworben. Nach erfolgter wettbewerbsrechtlicher Abmahnung wurde das werbende Unternehmen wegen Verstoßes gegen die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes auf Unterlassung in Anspruch genommen. II. Entwicklung der Rechtsprechung Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung bestätigt (BGH, Urt. v. 28.09.2011, I ZR 96/10, „INJECTIO“) und festgestellt, dass eine derartige Werbung unter das Verbot der Werbung mit Anwendungsgebieten nach § 5 HWG falle. Dies gelte auch gegenüber den erfahrenen Fachkreisen und obwohl den >> CASTRINGIUS Rechtsanwälte & Notare Zweite Schlachtpforte 7 28195 Bremen Telefon (0421) 368 000 Telefax (0421) 368 0033 [email protected] www.castringius.de Pharmarecht | Mandanteninformation | 19. März 2013 | Seite 2 Zur Werbung mit Anwendungsgebieten für registrierte homöopathische Arzneimittel Pflichttexten der Hinweis zu entnehmen sei, dass es sich bei dem Präparat um ein homöopathisches Arzneimittel handelt. Das Verbot des § 5 HWG erschließe sich aus dem arzneimittelrechtlichen Zulassungs- und Registrierungssystem. Danach setze eine arzneimittelrechtliche Zulassung die Beibringung der erforderlichen Nachweise mit Blick auf die Wirksamkeit und die Anwendungsgebiete des Arzneimittels voraus. Kann der Unternehmer diese Nachweise nicht erbringen, bleibe ihm zur Erreichung der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels der Weg der Registrierung. Hier habe der Gesetzgeber von dem Nachweis objektiv nachprüfbarer Wirkungen abgesehen. Andererseits dürften deswegen zum Schutz der Verbraucher weder in den Kennzeichnungstexten noch in der Werbung für das Arzneimittel Angaben über Anwendungsgebiete gemacht werden. Da § 5 HWG im Kern der fehlende Wirksamkeitsnachweis zugrunde liege, stehe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Schutz des Verkehrs vor irreführenden Angaben über die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der Wirksamkeitsbehauptung für das Arzneimittel im Raum. Werde ein bestimmtes Anwendungsgebiet ausgelobt, ohne dass die erforderliche wissenschaftliche Absicherung der Wirksamkeit bestehe, liege zugleich eine hinreichend konkrete Gefahr für die Gesundheit vor. § 5 HWG soll demnach eine Werbung mit wissenschaftlich nicht abgesicherten Angaben über die Wirksamkeit eines Arzneimittels verhindern. III. Die Entscheidung des OLG Hamm vom 13.12.2012, I-4 U 141/12 Vor diesem Hintergrund hat das OLG Hamm in seiner aktuellen Entscheidung die streitbefangene Werbung ebenfalls untersagt. Das OLG Hamm führt dazu aus, mit dem Hinweis „sanfter Begleiter“ in der Schwangerschaft werde zwar nicht mit Anwendungsgebieten geworben. Auch der Hinweis auf die Schwangerschaft als solche sei keine Auslobung von Anwendungsgebieten. Allerdings beinhalte der Hinweis ein Wirkversprechen gegenüber den von der Werbung angesprochenen Hebammen, dass das Produkt bei den Beschwerden einer Schwangerschaft helfen könne und einen positiven Einfluss auf Schwangere habe. Hierin sah das OLG Hamm einen Verstoß gegen § 3 Nr.1 HWG, wonach es eine unzulässige Irreführung darstellt, einem Arzneimittel eine therapeutische Wirkung oder sonstige Wirkungen beizulegen, die es nicht hat. Während die therapeutische Wirksamkeit sich auf die Anwendungsgebiete des Arzneimittels beziehe, können sich nach Auffassung des OLG Hamm sonstige Wirkungen auch auf pauschale Angaben von Einsatz- bereichen und die Verwendung von verallgemeinernden Begriffen beziehen, die als solche keine Anwendungsgebiete darstellen. Aus dem Zusammenspiel von § 3 Nr. 1 HWG und § 5 HWG sei zu folgern, dass wenn eine Werbung für registrierte homöopathische Arzneimitteln mit Anwendungsgebieten unzulässig sei, dies erst recht für die Auslobung umfassender Einsatzbereiche gelte. § 5 HWG könne nicht dadurch umgangen werden, dass der Werbende nicht Anwendungsgebiete im eigentlichen Sinne benenne, sondern nur auf allgemein gehaltene Einsatzbereiche abstelle. Dies verstoße zudem gegen die Richtigkeit, Klarheit und Eindeutigkeit gesundheitsbezogener Werbung. IV. Auswirkungen für die Praxis Das OLG Hamm hat die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits anklingende Verknüpfung der unzulässigen Auslobung von Anwendungsgebieten für Homöopathika mit dem Verbot der irreführenden Werbung weiterentwickelt. Zwar befassen sich die Urteile mit der Werbung >> CASTRINGIUS Rechtsanwälte & Notare Zweite Schlachtpforte 7 28195 Bremen Telefon (0421) 368 000 Telefax (0421) 368 0033 [email protected] www.castringius.de Pharmarecht | Mandanteninformation | 19. März 2013 | Seite 3 Zur Werbung mit Anwendungsgebieten für registrierte homöopathische Arzneimittel gegenüber den Fachkreisen. Im Bereich der Laienwerbung wird der Maßstab aber entsprechend ausfallen. Nach dem OLG Hamm führt dabei schon das Hervorrufen eines Eindrucks von bestimmten Wirkungen, die mit der Benennung eines allgemeinen Einsatzbereichs für das Arzneimittel einhergehen können, zu einem unzulässigen Wirkversprechen. Nach einer weiteren, bisher nicht rechtskräftigen Entscheidung des LG Stuttgart verbiete sich hier auch der Hinweis auf Indikationen von (zugelassenen) Vorgängerpräparaten. Im Ergebnis wird damit die werbliche Darstellung registrierter homöo- pathischer Arzneimittel außerhalb der bloßen Erinnerungswerbung regelmäßig in den Bereich der unzulässigen Irreführung gerückt. Allerdings ist zwischen der unzulässigen Werbung mit Anwendungsgebieten und der Auslobung sonstiger Wirkungen zu unterscheiden. Im Bereich der Registrierung des Arzneimittels fehlt es regelmäßig nur an der wissenschaftlichen Absicherung der therapeutischen Wirksamkeit für bestimmte Anwendungsgebiete. Die Anwendungsgebiete von Arzneimitteln entsprechen regelmäßig den klinischen Indikationen nach ICD 10. Daneben kann ein Arzneimittel aber bestimmte Wirkungen außerhalb einer klinischen Indikation haben, die wissenschaftlich belegt sein können. Werbliche Aussagen für diese sonstigen Wirkungen sind nach § 3 Nr. 1 HWG getrennt von den Anwendungsgebieten des Arzneimittels zu betrachten. Da § 3 Nr. 1 HWG die Auslobung von sonstigen Wirkungen nur ohne den erforderlichen Nachweis verbietet und sonstige Wirkungen auch nicht Regelungsgegenstand des § 5 HWG sind, können solche Wirkungen weiterhin beworben werden, wenn sie nachweisbar sind. Ein pauschales Verbot der Auslobung von Wirkungen für homöopathische Arzneimittel ist damit nicht erkennbar. Wird darüber hinaus die Angabe bestimmter Anwendungsgebiete des Arzneimittels gewünscht, ist allerdings eine Zulassung für das Arzneimittel erforderlich. Dementsprechend ist bei der Ausgestaltung der Werbung für das registrierte Arzneimittel auf die erforderliche Abgrenzung zwischen sonstigen Wirkungen und Anwendungsgebieten zu achten. CASTRINGIUS Rechtsanwälte & Notare Zweite Schlachtpforte 7 28195 Bremen Telefon (0421) 368 000 Telefax (0421) 368 0033 [email protected] www.castringius.de