1. Einleitung Hochgezogene Schultern, zappelnde Beine, zusammengezogene Augenbrauen – damit werden Sie bei Ihrem Gesprächspartner wohl kaum auf Sympathie stoßen. Ihr Körper drückt Abwehr aus. Auch wenn Sie gleichzeitig etwas sehr Freundliches sagen und dabei lächeln. Zuneigung, Ablehnung, Freude, Trauer, Wut oder Angst: Unser Körper verrät oft deutlich, in welcher Verfassung wir uns befinden. Ob wir wollen oder nicht. Entscheidungen und Verhalten werden nur zu einem kleinen Teil bewusst gesteuert. Viel bestimmender als Verstand oder Vernunft ist unser Unterbewusstsein, das unmittelbar auf Impulse reagiert. Dieses findet Ausdruck in unseren nonverbalen Signalen. Die Körpersprache ist die ursprüngliche Kommunikation aller Menschen und Tiere. Allerdings vergessen wir leider oft, sie bewusst einzusetzen und zu entschlüsseln. „Was wir sind, sind wir durch unseren Körper. Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens. Jede innere Bewegung, Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken sich durch unseren Körper aus.“, sagte Körperspracheexperte Samy Molcho über die Relevanz der nonverbalen Signale. Ihre Körpersprache ist wichtiger, als Sie denken. Ob Sie vor ein Publikum treten oder auch einfach nur zur Tür hereinkommen, um einen guten Morgen zu wünschen, immer wird man zuerst auf Ihre Körpersprache reagieren – bewusst oder – in den meisten Fällen – unbewusst. Sie ist zu 55 % für den ersten Eindruck verantwortlich, der sich erwiesenermaßen nur schwer korrigieren lässt. Das hat der Sozialpsychologe Albert Mehrabian 1972 in einer Studie festgestellt. Diesen überwältigenden 55 % folgen der Eindruck, den Klang und Timbre Ihrer Stimme machen, mit 38 % und schließlich der Inhalt Ihrer Worte mit schwachen 7 %. Mehrabian führte seinen Testpersonen Videos ohne Ton vor, um die Wirkung von Mimik und Gestik zu testen. Anschließend wurde der Tonfall mit Hilfe von Bandfiltern untersucht. Der Inhalt der gesprochenen Worte war dadurch unverständlich, der Klang der Stimme und der Tonfall blieben dagegen erhalten. Das Ergebnis war eindeutig: beide nonverbalen Signale hatten eine viel stärkere Wirkung als der verbale Inhalt. Und – Sie werden danach beurteilt, meist sogar unbewusst. Das Gehirn wertet zunächst einmal, was es kennt. Das geschieht blitzschnell. Was wir früher an 1 „ähnlichen“ Menschen beobachtet haben, färbt unser Urteil über den neuen Kommunikationspartner. Wenn dessen Nase beispielsweise an einen unsympathischen Lehrer erinnert, finden wir ihn ebenfalls unsympathisch, bevor wir überhaupt relativieren können. Hat die beste Freundin eine ähnliche Stimme, gehen wir von vornherein offen und freundlich auf die noch unbekannte Person zu. Wir unterstellen unbewusst den unbekannten Gesprächspartnern die Eigenschaften der uns bekannten Menschen. Und worauf bereiten Sie sich am gründlichsten vor? Natürlich auf den sachlichen Inhalt Ihrer Mitteilung. So sind wir in unserer kopflastigen Zeit erzogen. Liegt es da nicht nahe, sich auch körpersprachlich vorzubereiten, wenn man einen guten Eindruck machen will? Wenn man erfolgreich sein möchte? Wenn man gut verkaufen, seine Mitarbeiter motivieren und Kunden begeistern will? Und natürlich auch, wenn man im privaten Bereich erfolgreich kommunizieren möchte? Dafür gibt es Regeln und Übungen, die leicht erlernbar sind, wenn man sie sich erst einmal bewusst gemacht hat. Sie werden Ihnen helfen, leichter in Kontakt mit Ihrem Körper als Ausdrucksmittel zu treten und ihn bewusst wahrzunehmen. Die Ziele dieses Trainings sind: • Ihre authentische Präsenz, Energie und körperliche Ausdrucksfähigkeit zu erhöhen • Bewusste Wahrnehmung Ihres Körpers, Ihrer Emotionen und Gedanken, Ihrer Gesprächspartner und Ihrer Umgebung • Gezieltes, erfolgsorientiertes Einsetzen Ihrer nonverbalen Ausdrucksmittel • Größere Sicherheit und Souveränität bei Ihrer Kommunikation Wenn Sie sich Ihrer Körpersprache bewusst sind, wird Ihre Gesamterscheinung in jeder Situation Charisma und natürliche Autorität ausstrahlen. Sie werden bei jedem öffentlichen Auftritt professionell, selbstsicher und überzeugend wirken. 2 2. Die Wirkung der Körpersprache Häufig müssen wir uns anders geben, als wir uns tatsächlich fühlen. In der Öffentlichkeit pflegen wir das äußere Erscheinungsbild. Unser Gesichtsausdruck ist dabei oft wie eine Maske. Wir zeigen nur selten unser wahres Gesicht. Das Lächeln ist dafür das beste Beispiel: Wir lächeln andere Menschen – zum Beispiel unseren Chef – an, innerlich womöglich zähneknirschend, obwohl wir in Wirklichkeit ärgerlich oder wütend sind. Ein falsches Lächeln lässt sich allerdings oft enttarnen, weil dabei lediglich die Mundwinkel verzogen werden. Ein echtes Lächeln ist dagegen in der Regel von hochgezogenen Wangen, kleinen Hautverdickungen und Fältchen unter den Augen begleitet. Dadurch informieren wir immer über unseren Zustand, unabhängig davon, was wir dem anderen bewusst mitteilen möchten. „Es ist egal, was du meinst, es ist wichtig, wie du aussiehst!“, sagt der Pantomime Samy Molcho. Kleinste Zuckungen im Gesicht, ein Blinzeln mit den Augen, angespannte Muskeln können Worte Lügen strafen. Es gibt leider keine Patentrezepte für die Interpretation der Körpersprache. Nicht immer bedeutet zum Beispiel das Reiben der Nase „Missfallen“. Wichtig ist, immer den Gesamtkontext der Situation zu beachten, denn Körpersprache und gesprochene Sprache stehen in engem Zusammenhang. Die gesprochene Sprache transportiert nicht die volle Bedeutung dessen, was eine Person mitteilen möchte. Aber auch die Körpersprache allein kann nie die volle Bedeutung einer Aussage vermitteln. Das Ziel ist die größtmögliche Kongruenz beider Ausdrucksmittel, damit Ihre Mitteilung den anderen so klar und eindeutig wie möglich erreicht. 2.1 Das Zusammenspiel von Körper, Gedanken und Gefühlen Wenn ein Kind lügt, bedeckt es den Mund mit der Hand. Wenn wir älter werden, geht dieser unbewusste Reflex nicht verloren, aber er verändert sich: Ein Erwachsener, der die Unwahrheit sagt, verspürt ebenfalls den Impuls, die falschen Worte zurückzuhalten, kann diesen Impuls jedoch häufig im letzten Moment unterdrücken – und so landet die Hand an der Nase, wie um ein Jucken zu beseitigen. Aber da das Verhalten der Menschen sehr unterschiedlich ist, kann die Hand auch einfach nur zucken, oder vielleicht zuckt stattdessen Ihr Fuß oder ein anderer Körperteil. Die Veränderung von Körpersignalen erzeugt auch bei uns selbst veränderte Gefühle und Gedanken. Sind wir in bestimmten Situationen unsicher und zeigen 3 das unbewusst durch Verlegenheitsgesten, verstärken gerade diese das Gefühl der Unsicherheit. Wer es sich abtrainiert, die Hände in die Hosentaschen zu stecken oder sich nervös an den Hals zu greifen, gewöhnt sich nicht nur ein Signal der Unsicherheit, sondern auch ein Stück Unsicherheit selbst ab. Denn nicht nur Ihre Gedanken und Gefühle formen Ihre Körpersprache. Hier besteht eine Wechselwirkung: Ihre Körpersprache kann umgekehrt auch Ihre Gedanken und Gefühle verändern. Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Muskelbewegung und Gedanke bzw. Gefühl. Probieren Sie doch einmal Folgendes: Ziehen Sie die Augenbrauen hoch und versuchen Sie, jetzt aggressiv zu sein. Das wird Ihnen kaum möglich sein – vermutlich fühlen Sie sich dabei eher wie ein Komiker. Wenn Sie dagegen die Augenbrauen zusammenziehen, klappt es auch mit der Aggression! Eine Körperbewegung kann Gefühle blockieren, sie kann sie aber auch erzeugen. In jedem Fall wirkt sie auf den anderen als Reiz, noch bevor wir uns dessen bewusst sind. Ihre nonverbalen Signale beeinflussen übrigens auch Ihren Gesprächspartner. Intuitiv reagiert er sofort auf Ihre Körpersprache – er geht mit Ihnen in Resonanz. Ein freundlicher Gesichtsausdruck kann beim Gesprächspartner ebenfalls positive Gefühle auslösen. Eine ablehnende Körperhaltung evoziert beim anderen dagegen eher Ablehnung. Daher ist das körpersprachliche Verhalten ein wesentlicher Faktor bei der gegenseitigen Verständigung. Körpersprache ruft immer bestimmte Emotionen beim Gegenüber hervor. Jeder Mensch wirkt durch seine Haltung und sein Verhalten auf seine Umgebung wie ein Reiz- oder Reflex-Auslöser. Wenn jemand uns gegenüber aggressiv ist, muss das nicht bedeuten, dass er schlechter Laune ist. Es kann auch die Reaktion auf unser eigenes Verhalten sein, unsere eigene Ausstrahlung, die wir selbst möglicherweise gar nicht als aggressiv empfinden – zumindest nicht bewusst. Manchmal genügt ein einziges nonverbales Signal, um auf den anderen aggressiv zu wirken – selbst, wenn es nur eine Angewohnheit sein sollte. Natürlich spielt auch hier der sprachliche Kontext eine erhebliche Rolle. Der gleiche körpersprachliche Ausdruck kann in unterschiedlichem Zusammenhang völlig verschieden interpretiert werden. Die geballte Faust in einem Streitgespräch wird vermutlich andere Emotionen auslösen als bei einer sachlichen Erklärung, einer Erzählung oder einer Entspannungsübung. Wir werden das bei diesem Workshop ein wenig genauer betrachten. Genauso können Sie Ihre eigenen Gedanken und Gefühle durch eine kleine körperliche Aktion verändern. 4 Versuchen Sie doch einmal diesen einfachen Trick, um innerhalb einer Minute Ihre Laune zu verbessern: Denken Sie an etwas, das Sie sehr ärgert. Halten Sie dann einen Stift mit den Zähnen fest, ohne ihn mit den Lippen zu berühren. Das beansprucht die Gesichtsmuskulatur ähnlich wie Lächeln oder Lachen und führt zu einer Hormonausschüttung im Gehirn, die tatsächlich die Laune verbessert. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die Psychologie beschäftigt sich neuerdings intensiv mit nonverbaler Kommunikation. Denn selbst wenn wir schweigen, kommunizieren wir immer noch. Es ist schlichtweg unmöglich, nicht zu kommunizieren. Unsere Körperhaltung, Gestik und Mimik drücken immer etwas aus – ob wir wollen oder nicht. Die nonverbale Kommunikation ist entwicklungsgeschichtlich viel älter als die verbale. Denken Sie an das Tierreich: dort ist sie in den verschiedensten Ausprägungen vorhanden. Die Ausdrucksmöglichkeiten nonverbaler Kommunikation sind: • • • • • • Blickverhalten Gesichtsausdruck (Mimik) Körperhaltung und Körperbewegung (Gestik), Berührung (Taktilität), räumliche Distanz (interpersonaler Raum) stimmliche Merkmale (Tonfall, Sprechgeschwindigkeit, Betonungen, Pausen etc.) Hinzu kommen Faktoren wie Kleidung, Schmuck, Frisur, Make-up und Parfüms, die besonders auf der Selbstkundgabe- und Beziehungsebene wirken. Ein allgemeingültiges Lexikon nonverbaler Kommunikation, anhand dessen wir nachschlagen können, was welche Körperhaltung, Gestik oder Mimik zu bedeuten hat, gibt es nicht. Dennoch läuft die nonverbale Kommunikation nicht ohne Regeln ab. Zum Beispiel weiß jeder von uns, wie intensiv ein Blickkontakt sein darf, wie groß die Distanz bei einem Gespräch zu sein hat und wann ein Händeschütteln bei einer Begrüßung zu beenden ist. Und wir alle haben in der Regel ein empfindliches Gespür dafür, wenn diese Regeln verletzt werden. Übung Achten Sie in der nächsten Zeit bei sich und anderen einfach einmal auf den Einsatz der nonverbalen Signale. Oder machen Sie eine Videoaufnahme und schauen sich diese mehrfach an. 5