Zusammenfassung Wuillemin, Roland: Entwicklung und Stagnation in der Kirche. Eine empirische Studie über Religiosität in reformierten Gemeinden in Bern. Zürich 2006 Dissertation im Fach Praktische Theologie, eingereicht bei der CETheol. Fakultät der Universität Bern Die Studie ist eine empirische Untersuchung zur religiösen Entwicklung von Personen, die sich in verschiedenen reformierten Gemeinden in der Region Bern engagieren. Fragestellung: Welche Faktoren von Religiosität hemmen die religiöse Entwicklung und welche fördern sie? Stehen diese Faktoren in einem Zusammenhang mit den Gemeinden, in denen die Personen engagiert sind? Lässt sich somit einerseits ein religiöses Umfeld erkennen, welches die Entwicklung seiner Mitglieder zu reifer Religiosität unterstützt und andererseits eines, das zu Stagnation führt? Theoretische Grundlage (Teil I): Theoretische Grundlage ist der strukturgenetischen Ansatz von Fritz Oser und Paul Gmünder. Die Untersuchung ist eingebettet in ein qualitatives Forschungsparadigma, das sich vor allem an Philipp Mayring orientiert. Empirische Untersuchung (Teil II): Die empirische Untersuchung erfolgte in zwei Phasen (zwei Interviewstudien 1. n = 19; 2. n = 98). Es kann deutlich festgestellt werden, dass manche religiöse Umfelder ihre Mitglieder in der religiösen Entwicklung fördern und andere sie hemmen. Folgende Merkmale einer kirchlichen Gemeinschaft können als entwicklungshemmende bzw. entwicklungsfördernde Faktoren nachgewiesen werden: entwicklungshemmend: Kontingenzeliminierung Bekehrungstheologie Subkulturbildung Harmoniesehnsucht Autoritäre Struktur Patriarchalische Struktur Wortwörtliches Bibelverständnis Exklusivitätsanspruch entwicklungsfördernd: Kontingenzvergegenwärtigung (H. Lübbe) Offenes Milieu Konstruktive Streitkultur Demokratische Struktur Gleichberechtigung Offenheit für andere religiöse Traditionen Neue Formen von Spiritualität Linke politische Einstellung Rechte politische Einstellung Infantile Tendenzen Klima religiöser Anstrengung Zusammenfassend: Starke fundamentalistische Tendenzen Schwache fundamentalistische Tendenzen In den entwicklungshemmenden religiösen Gemeinschaften kann eine starke Ausprägung der religi ösenDenkst r ukt ur„ r el i gi ösesEx t r em“nachgewi esenwer den.Eshandel tsi chum ei ne Denkstruktur, welche Göttliches und Weltliches einerseits völlig trennt, anderseits aber aufeinander be- 2 zieht, indem der Mensch als allein konstitutiv für die Gottesbeziehung angesehen wird. Dies entspricht einer besonderen Ausprägung der Stufe 3 des Stufenmodells von Oser/Gmünder. Praxis (Teil III): Im letzten Teil werden praktisch-theologische Folgerungen der Untersuchung reflektiert. Dabei geht es zuerst um Folgerungen aus der Tatsache, dass viele kirchlich geprägte Personen die Denks t r ukt urdes„ r el i gi ösenEx t r ems“auf wei sen.Anschl i essendwer dendr ei Themenkr ei sedi s kutiert, welche für Kirchen entwicklungsfördernde Impulse haben können: Eine kirchliche Praxis, die Kontingenz vergegenwärtigt und nicht eliminiert. Das Konzept der öffentlichen Kirche (Public Church: James W. Fowler). Eine Theologie der Menschlichkeit Gottes. Roland Wuillemin