38 SENSORIK «SEHENDE» VISION-SENSOREN www.polyscope.ch Das Auge als Vorbild Die Grenzen der Bilderkennung sind neu gesteckt Mit integrierten Schaltungen in Form von FPGAs wird die Geschwindigkeit von Vision-Sensoren entscheidend erhöht. Komplexe Aufgaben können damit im Vergleich zu BV-Systemen in einem kompakten Gehäuse einfach und mit leistungsfähigen Algorithmen gelöst werden. » Andreas Döring Im Laufe eines Tages verändert sich die Bildaufnahmesituation bei automatischen optischen Inspektionen dramatisch. Morgens fällt Sonnenlicht durch die Fenster der Maschinenhalle, während in den Abendstunden Deckenleuchten mit dem charakteristischen 50-Hz-Flimmern eingeschaltet werden. So- mit kann eine stabile Bildaufnahme- und Beleuchtungssituation, eigentlich die Grundlage einer jeden grauwertbasierten Bildverarbeitungsaufgabe, nicht vorausgesetzt werden. Dieser Herausforderung müssen sich auch Vision-Sensoren stellen. Aufgrund ih- Für die Auswertung des Prüfobjektes stehen beide Informationen zur Verfügung: Konturen und Grauwertinformationen Schwierig zu kontrollieren sind externe Einflüsse wie Sonneneinstrahlung durch die Fenster der Halle rer kompakten Bauform haben diese Systeme eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit im Vergleich zu PC-basierten Systemen, müssen aber dennoch Erkennungsraten von 99,9 Prozent und mehr garantieren. Somit stellt sich die Frage, wie man trotz der eingeschränkten Prozessorleistung dieser Sensoren die Grenzen der Grauwertverarbeitung überschreiten kann, um die erforderliche Stabilität trotz der vielen Einflussfaktoren zu erreichen. Um diese beiden Anforderungen zu verbinden, sollte man sich an bereits bestehenden Lösungen orientieren, die ihre Leistungsfähigkeit bereits seit langer Zeit unter Beweis gestellt haben. Und was liegt näher, als sich das menschliche Auge und die visuelle Verarbeitung von Umgebungsinformation als Vorbild zu nehmen? Die Natur als Vorlage Schon früh hat der Mensch gelernt, seine Augen gezielt und fokussiert einzusetzen, um sich in seiner Umwelt zu orientieren. Millionen von Fotorezeptoren registrieren kleinste Veränderungen des Lichtes, verarbeiten diese Informationen bereits in der Netzhaut und leiten dann die gefilterten Informationen an das Gehirn weiter. Durch intensive Forschungen konnte dabei nachgewiesen werden, dass das Auge auf Kontraste reagiert und innerhalb der Netzhaut Konturinformationen ableitet. Durch diese Vorverarbeitung ist das menschliche Auge in der Lage, in der Dunkelheit wie auch am hellen Tag schnell seine Umgebung wahrzunehmen. Polyscope 3/10 «SEHENDE» VISION-SENSOREN Vision-Sensoren müssen Erkennungsraten von 99,9 Prozent und mehr garantieren Hardwareunterstützung für die Konturverarbeitung Es ist naheliegend, diesen evolutionären Vorteil des menschlichen Auges für den industriellen Einsatz nutzbar zu machen. Bereits in den 70er-Jahren wurden Algorithmen und Ideen entwickelt, die es ermöglichen, die Konturen innerhalb eines Bildes zu bestimmen und damit auszuwerten. Die Herausforderung dieser Ansätze ist, dass dabei grosse Datenmengen verarbeitet werden müssen. So basiert einer der einfachsten Vertreter dieser Algorithmen, der Sobel-Filter, auf einem 3a3-Filter, d.h., für jeden Bildpunkt werden 9 Pixel verwendet, um zu bestimmen, ob durch diesen Pixel eine Kante verläuft. So ist bereits in diesem Fall die 9-fache Datenmenge im Vergleich zu reinen Grauwerten zu verarbeiten, wofür entsprechende Ressourcen (Arbeitsspeicher und leistungsstarke Prozessoren) notwendig sind. Für eine qualitativ gute Kantenbestimmung werden jedoch grössere Filter benötigt, typischerweise in der Grösse 5a5 oder 7a7. So muss letztlich die 25- oder gar die 49-fache Datenmenge verarbeitet werden. Autor Andreas Döring, Produktspezialist Smart Vision Baumer hat mit der FEX-Technologie einen Bildverarbeitungsprozessor entwickelt, der diese Datenmengen verarbeiten kann und damit diese Algorithmen auch für Vision Sensoren einsetzbar macht. Möglich wird dies durch die neueste FPGA-Technologie. Diese flexiblen Mikroprozessoren können so programmiert werden, dass parallel beim Bildeinzug die Konturen bestimmt werden und damit in Echtzeit und subpixelgenau neben den Grauwertinformationen im Speicher abgelegt werden. Aufgaben einfach und sicher lösen Für die Auswertung des Prüfobjektes stehen beide Informationen zur Verfügung: Basierend auf den Konturen kann die Objektgeometrie präzise und schnell überprüft sowie die Position und Lage des Objektes bestimmt werden. Weitere Oberflächenmerkmale können zusätzlich anhand der Grauwerte bestimmt werden. Selbst High-Speed-Anwendungen mit 50 Auswertungen in einer Sekunde sind möglich. Trotz des kleinen Bauraums kann eine leistungsfähige Auswertung durchgeführt und auf den Einsatz externer Komponenten verzichtet werden. Der Einbau einer separaten Kamera und eines Auswertemoduls ist nicht mehr notwendig, was die Installation und Montage vor Ort erheblich vereinfacht. Konturen für die Echtzeitverarbeitung Diese Form der Konturverarbeitung ist im Bereich der Vision-Sensoren einmalig. KonvenPolyscope 3/10 SENSORIK tionelle Systeme arbeiten rein grauwertbasiert, indem mit einer Trennschwelle versucht wird, Objektinformationen zu gewinnen und damit die Position, Form und Masshaltigkeit der Prüfmuster zu bestimmen. Diesen Methoden der sogenannten Blob-Analyse (Binary Large Object) sind weit verbreitet, aber in der Praxis oft mit viel Aufwand verbunden. So setzen diese Systeme voraus, dass das Sichtfeld homogen ausgeleuchtet ist, um eine klare Trennung des Vorder- und Hintergrunds zu ermöglichen. Dieser Ansatz birgt zahlreiche Risiken. So müssen sich verändernde Umgebungsbedingungen berücksichtigt werden, wobei sowohl prozessbedingte Faktoren wie auch externe Einflüsse zu beachten sind. Prozessbedingte Faktoren sind beispielsweise Materialverfärbungen oder Verschmutzungen auf dem Transportband, die durch den Fertigungsprozess entstehen und sich durch zusätzliche Kontrollen und Reinigungsmassnahmen überwachen lassen. Schwieriger zu kontrollieren sind die externen Einflüsse, die sich durch den Aufstellort der Maschine und die Umgebung in der Maschinenhalle ergeben. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise Deckenbeleuchtungen und Halogenlampen, aber auch Sonneneinstrahlung durch die Fenster der Halle. Dies kann bei der Inbetriebnahme zu ungeplantem Zeit- und Materialaufwand führen, wenn diese Faktoren nicht von vornherein berücksichtigt wurden. Mit VeriSens-Vision-Sensoren können diese Probleme elegant und einfach gelöst werden. Hier kann der konturbasierte Ansatz seine Stärken ausspielen und die gewünschte Prozessstabilität erreichen. Wo früher aufwendige Tests und spezielle Beleuchtungsmodule benötigt wurden, um eine möglichst gleichmässige Ausleuchtung des Inspektionsfeldes zu erreichen, kann nun der Aufbau einer externen Beleuchtung vermieden werden. «Sehende» Vision-Sensoren Mit den Methoden des natürlichen Sehens können auch anspruchsvolle industrielle Applikationen gelöst werden. Durch den integrierten Baumer-FEX-Prozessor der VeriSensVision-Sensoren werden die Konturen in Echtzeit bereitgestellt und können für eine leistungsstarke Verarbeitung genutzt werden. Die Leistungsfähigkeit dieser Sensoren kann damit entscheidend erhöht werden. « Infoservice Baumer Electric AG Hummelstrasse 17, 8501 Frauenfeld Tel. 052 728 13 13, Fax 052 728 11 44 [email protected], www.baumer.com 39