Psychodramatherapie in der Begegnung mit Musik

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Psychodramatherapie in der Begegnung mit Musik
Zur Wirkung von Musik im Psychotherapieprozess
Master Thesis zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Science (Psychotherapie)
im Universitätslehrgang Psychotherapie (Psychodrama)
von
Martin Geiger, Zistersdorf
Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit
an der Donau-Universität Krems
Zistersdorf, 4. Jänner 2012
Eidesstattliche Erklärung
Ich, Martin Geiger, geboren am 27. Juni 1961 in Feldkirch, Vorarlberg erkläre,
1. dass ich meine Master Thesis selbständig verfasst, andere als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten
Hilfen bedient habe,
2. dass ich meine Master Thesis bisher weder im In- noch im Ausland in
irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe,
3. dass ich, falls die Arbeit mein Unternehmen (Klinik, Beratungszentrum…) betrifft,
meinen Arbeitgeber über Titel, Form und Inhalt der Master Thesis unterrichtet
und sein Einverständnis eingeholt habe.
Zistersdorf, 4. Jänner 2013
.......................................................
-2-
Abstract
Titel: Psychodramatherapie in der Begegnung mit Musik. Zur Wirkung von Musik
im Psychotherapieprozess
Autor: Martin Geiger
Typ der Arbeit: themengeleiteter und theorieverschränkter Praxisbericht
Inhalt und Ziel der Arbeit: Diese Arbeit untersucht den Einsatz von Musik in der
Psychodramatherapie. Aufgebaut auf Konzepten von J.L. Moreno und Joseph J.
Moreno sucht sie die Parallelen zur Musiktherapie. Anhand von Fallbeispielen des
Autors werden 14 Funktionen, in denen Musik auf der psychodramatischen Bühne
zu finden ist, beschrieben. Die praxisnahen Beispiele und Überlegungen sollen zur
Nachahmung anregen.
Ergebnis: KlientInnen profitieren vom Einsatz von Musik, weil sie davon wichtige
Anreize erhalten, die Erinnerungen oder auch Phantasiebilder wecken können.
Weiters befruchtet gemeinsame Musikerfahrung die therapeutische Beziehung
und dient ihr zugleich als schützender Container. Wie im Psychodrama hilft Musik
dabei, innere Impulse wahrzunehmen und sie zu externalisieren - eine der
Grundfunktionen von Psychotherapie. Musik wirkt dabei auf präverbaler Ebene.
Schließlich kann Musik noch zur Entspannung sowie Entängstigung der
KlientInnen eingesetzt werden. Bei vielen KlientInnen wie auch
PsychotherapeutInnen ist Musik Teil des kulturellen Atoms.
Schlüsselwörter: Psychodrama, Musik, Musiktherapie, musikalische Bühne, Innerer Musiker, Intermediärobjekt.
-3-
Abstract
Title: Psychodrama therapy in the encounter with music. The effect of music in the
psychotherapeutic process
Author: Martin Geiger
Type of thesis: theory orientated experience report
Content and aim of the thesis: This paper examines the use of music in psychotherapy. It is based on concepts of J.L. Moreno and Joseph J. Moreno and finds
parallels to musictherapy. The case studies of the author illustrate 14 functions, in
which music on the psychodramatic stage can be found. The practical examples
and considerations are meant to encourage imitation.
Result: Clients benefit from the use of music whereby key incentives can awake
memories or even images of new ideas. Common musical experience also fertilizes the therapeutic relationship and at the same time serves as a protective
container. As in the psychodrama, music helps to perceive inner impulses and to
externalize them - one of the main functions of psychotherapy. Music affects preverbal levels. Finally music can be used for relaxation and to reduce fears of the
clients. For many clients as well as for psychotherapists music is part of the cultural atom.
Keywords: Psychodrama, music, music therapy, musical stage, inner musician,
intermediary object.
-4-
Inhaltsverzeichnis
Vorwort............................................................................................. 7
Einleitung ......................................................................................... 8
1.
Psychodrama Begrifflichkeiten.......................................... 10
1.1
Einführung ...................................................................... 10
1.2
J.L. Moreno und die Psychomusik.................................. 11
1.3
Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music” ............. 16
1.4
Therapieprozess im Psychodrama ................................. 22
1.5
Verbale und musikal. Phasen im Therapieprozess......... 26
1.6
Arbeitsbühnenmodell nach H. Pruckner ......................... 28
1.7
Bedeutung von Requisiten ............................................. 29
1.8
Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez.................. 30
1.8.1
Merkmale der IO’s .......................................................... 30
1.8.2
Funktionen der Intermediärobjekte ................................. 32
1.8.3
Facit................................................................................ 35
1.9
Das Symbol im Psychodrama ........................................ 36
1.10
Berührungsflächen von Musiktherapie | Psychodrama... 40
2.
Musiktherapie Begrifflichkeiten ......................................... 42
2.1
Einleitung Musiktherapie ................................................ 42
2.2
Musikpsychologie & Neurophysiologie ........................... 45
2.3
Rezeptive Musiktherapie ................................................ 49
2.4
Musikimagination............................................................ 51
2.5
Musikalische Improvisation............................................. 55
2.6
Musik als Metapher ........................................................ 57
3.
Praktische Durchführung ................................................... 63
3.1
Voraussetzungen............................................................ 63
3.2
Vorbereitungen ............................................................... 63
3.3
Raum, Technik und Instrumente..................................... 64
3.4
Musikstücke.................................................................... 65
3.5
Anamnese der musikalischen Erfahrungen .................... 66
3.5.1
Anamnesebogen - Muster .............................................. 67
3.5.2
Ergebnisse musikalischer Anamnesen........................... 71
3.6
Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess ....................... 73
-5-
3.6.1
Verbale Einstimmung ..................................................... 73
3.6.2
Hörphase (= musikalische Spielphase) .......................... 74
3.6.3
Psychodramatische Spielphase ..................................... 75
3.6.4
Nachbearbeitung / Integration ........................................ 75
3.6.5
Muster eines Stundenprotokolls ..................................... 75
4.
Funktionen von Musik im Therapieprozess...................... 77
4.1
Rollenanteil des inneren Musikers.................................. 77
4.2
Diagnostische Funktion .................................................. 78
4.3
Warm-up-Funktion von Musik......................................... 79
4.3.1
Musik zum inneren Rollenwechsel ................................. 80
4.3.2
Arbeit mit inneren Bildern ............................................... 82
4.4
Musik als Impulsgeber zwischen Therapiestunden ........ 83
4.5
Musik belebt die Begegnungsbühne............................... 84
4.6
Entspannung und Entängstigung ................................... 86
4.7
Spontane Improvisation.................................................. 88
4.8
Musik als Intermediärobjekt in vermittelnder Funktion.... 89
4.9
Musikinstrumente als Hilfs-ICH ...................................... 91
4.10
Musikalisches Sharing.................................................... 93
4.11
Musik als “Markierung” ................................................... 94
4.12
Musik begleitet ein Rollenspiel ....................................... 95
4.13
Musik als Container ........................................................ 95
5.
Resümee - Musik im Psychotherapieprozess................... 98
5.1
Kontraindikationen........................................................ 102
5.2
ProtagonistInnen der Fallbeispiele ............................... 102
Literaturverzeichnis ....................................................................... 104
Abbildungsverzeichnis................................................................... 108
Tabellenverzeichnis....................................................................... 109
-6-
VORWORT
Welchen Bezug haben Sie (als LeserIn dieser Arbeit) zur Musik?
Kennen Sie Situationen, die für Sie mit bestimmter Musik verbunden
sind?
Haben Sie bereits Zusammenhänge zwischen Ihrer seelischen Gestimmtheit
und unterschiedlichen Musiken beobachtet?
Im Anamnesegespräch komme ich immer auf die Ressourcenlage der KlientInnen zu sprechen und stelle dabei diese Fragen. Manchmal ergibt die
erhöhte gemeinsame Aufmerksamkeit für das „Nebenthema“ Musik einen
„Treffer“. Die KlientInnen sind oft überrascht und werden davon sichtlich belebter und wacher. Musik ist häufig die Metapher für Ressource.
Dieser Spur möchte ich in der Arbeit nachgehen und Sie als Leserinnen und
Leser aus dem Fachbereich Psychotherapie dazu ermutigen, die musikalische Bühne als Erweiterung zur psychodramatischen oder
psychotherapeutischen ebenfalls nutzbar zu machen.
Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann
und worüber zu schweigen unmöglich ist.
Victor Hugo
-7-
EINLEITUNG
In diesem theorieverschränkten Praxisbericht geht es um die Frage, welche
Rolle Musikerfahrung oder -anwendung im psychodramatischen Therapieprozess spielen kann.
Die KlientInnen befinden sich dazu im Einzelsetting, es wird gemeinsam Musik angehört, Musikerfahrungen werden gezielt angesprochen und fallweise
wird auch elementar improvisiert. Es geht um die Qualitäten von Musik als
nonverbales Medium und wie sich diese psychodramatisch weiterentwickeln
lassen.
Nicht jede/r hat Zugang zur Wirkmächtigkeit von Musik. Manchmal ist der
musikalische Weg verbaut, weil Menschen nicht entsprechend gefördert oder was häufiger vorkommt - durch überhöhte Leistungsanforderungen „gestört“ wurden. Musik und musikalisches Handeln wird dann vermieden oder
allenfalls aus der Rolle der ZuhörerIn konsumiert.
Der Geschicklichkeit und den „detektivischen“ Fähigkeiten des/der PsychotherapeutIn obliegt es, entsprechende Brücken zur Kreativität und zu nützlichen
Medien wieder zu finden. Dies können in einem Fall die Musik, aber auch
andere Künste wie das Schreiben oder der Einsatz von Materialien, z.B. Stoffe (C. Ancochea 2006), Fotos, bestimmter Spiele oder Medien etc. sein. Sie
erweitern und bereichern ebenfalls die therapeutische Bühne.
Im Kapitel eins und zwei werden die Erkenntnisse von PsychodramatikerInnen, die die Parallelen zwischen Psychodrama und Musiktherapie bereits
erforscht haben, dargestellt. Die wichtigsten und grundlegendsten Forschungen sind dabei jene von Jakob L. Moreno sowie Joseph. J. Moreno. Weiters
werden die spezialisierten Ansätze der VertreterInnen der Musiktherapie sowie die Sicht von Neuropsychologen über die physiologische Wirkung von
Musik beschrieben.
-8-
Die praxisorientierten Hinweise zur musikalischen Anamnese sowie zum Einsatz von Musik werden im Kapitel drei dargelegt.
In den Fallbeispielen aus eigener Praxis des Autors widerspiegeln sich sehr
unterschiedliche Aspekte, so z.B. die förderliche Auswirkung von Musik auf
die therapeutische Beziehungsqualität (Begegnungsbühne), deren Ressourcen stärkende Wirkung und deren Erweiterung von Ausdrucksmöglichkeiten
für die KlientInnen.
Musik hat die besondere Eigenheit, dass mit ihr Emotionen sowie Erfahrungen mit sich oder der Umwelt assoziiert sind. Bei entsprechender Musik kann
auch die Erinnerung an bestimmte Erfahrungen wiederkehren. Die ZuhörerInnen können ihre Befindlichkeit ändern und andere innere Rollenanteile
aktivieren. Der innere Musiker-Anteil wird auf die Bühne(n) der Therapiestunde geholt.
Im Kapitel vier werden die verschiedenen Funktionen des Musikeinsatzes mit
ihren therapeutischen Wirkungen beschrieben.
Im Resümee werden die Ergebnisse aus der Praxis verknüpft mit den theoretischen Erkenntnissen zusammenfassend dargestellt.
-9-
Kap. 1.1 - Einführung
1. PSYCHODRAMA BEGRIFFLICHKEITEN
1.1
Einführung
In Anlehnung an die Definition, dass das Psychodrama als diejenige Methode
bezeichnet werden kann, welche die Wahrheit der Seele durch Handeln ergründet (J.L. Moreno, 1959, S.77), lässt sich sagen, dass über Musik die
Botschaften der Psyche hörbar und damit behandelbar gemacht werden können. In der Reinform geht es dabei in Richtung klassischer Musiktherapie. Wir
bleiben jedoch beim Psychodrama und betrachten die zusätzlichen Möglichkeiten des Musikeinsatzes für diese Therapieform.
In welcher Form kommt die Musik „auf die Bühne“? Indem an Musikerfahrungen
erinnert wird, durch Anhören von Musikstücken der KlientInnen oder in einem
spontanen musikalischen Spiel (elementare Improvisation). Vor einer psychodramatischen Szene kann ein musikalisches Warm-up (Anwärmung) stattfinden
und am Ende ein Closure (Ausklang, Abschluss). Die KlientInnen können weiters zur Erforschung persönlicher Musikerfahrungen als Teil des eigenen
kulturellen Atoms angeleitet werden oder es werden musikalische Metaphern im
Therapieprozess verwendet.
Das Medium Musik hat seine Vorteile, warum diese ungenutzt lassen?
J. L. Moreno hatte dies in seinen frühen Konzepten überlegt und schreibt bereits 1946 erstmals von psychomusic und weiters auch von psychomusical
drama. Er erkannte damals viele übereinstimmende Ansatzpunkte bei (psycho)dramatischem und musikalischem Spiel, siehe auch Seite 36 (J.L. Moreno,
1985, S. 277-314).
Sein Neffe Joseph J. Moreno, der Sohn von J.L. Morenos Bruder William berichtet von gemeinsamen Gesprächen bereits in den 1960ern über die
Integration von Psychodrama und Musik. J.L. Moreno sei ganz besonders empfänglich für neue Konzepte gewesen und habe sehr viel Wert darauf gelegt,
sein originäres psychodramatisches Behandlungssystem nicht als Kulturkon-
- 10 -
Kap. 1.2 - J.L. Moreno und die Psychomusik
serve „verstauben“ zu lassen sondern ständig weiterzuentwickeln und durch
Innovation zu beleben.
Joseph J. Moreno nennt diese Methodenkombination seitdem musical psychodrama und geht dabei noch weiter, indem er das Psychodrama als einzigartige
und ganzheitliche Heilmethode bezeichnet, die alle Künste (Drama, Musik, darstellende Kunst und Tanz) in sich vereinen kann (Joseph J. Moreno, 2005).
1.2
J.L. Moreno und die Psychomusik
J.L. Moreno beginnt seine Ausführungen zum Einsatz von Musik im Psychodrama damit, dass die Musik wie das Drama auch erst zu seiner ursprünglichen
kreativen Wirkung zurückgeführt werden muss. Das darstellende Spiel habe ein
Potential zur Psychokatharsis, zur „ability to create in statu nascendi“ (J.L. Moreno, 1985, S. 277) und dazu, neues Vertrauen in den Faktor Spontaneität zu
fassen und sich damit von gewissen Kulturkonserven zu entfernen.
Einen solchen Bedarf sah er bei der Musik ebenfalls. Denn sie sei zu einer professionellen Fähigkeit geraten, mit geübten SängerInnen und virtuosen
InstrumentalistInnen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die meisten Menschen
sich zu passiven ZuhörerInnen, desillusionierten und frustrierten SängerInnen
und MusikerInnen entwickelt hätten.
Die Musik in Gestalt der psychomusic sollte daher in ähnlicher Weise wie das
Drama seine aktive und aktivierende Bedeutung für jedermann im Leben wiedererlangen. J.L. Morenos Idee war es, die Menschen zurück zur Wiege der
musikalischen Erfahrungen zu führen.
“Psychodrama stimulated me to a parallel effort in behalf of music
which I have called psychomusic” (J.L. Moreno, 1964, S. 277).
Sein radikaler Ansatz war es, die ursprünglichsten Instrumente des Menschen –
das Körperinstrumentarium und insbesondere die Stimme - einzusetzen. Die
primäre Form musikalischer Spontaneität sei im eigenen Körper zu finden. So
nennt er die erste Variante die organische Form der psychomusic, die zweite
bezeichnet er dann als die instrumentale Form.
- 11 -
Kap. 1.2 - J.L. Moreno und die Psychomusik
“There are two forms of psychomusic, both still in an experimental
stage:
a) the organic form – instruments are eliminated, the organism becomes, singly or in groups, the sole musicodramatic agent;
b) the instrumental form – instruments are reintroduced, but as functions and extensions of the musical spontaneity the human organism
is able to produce, not as its master and conserver” ( J.L. Moreno,
1964, S. 278).
ad a.) organische Form
Den praktischen Einsatz beschreibt er wie folgt: Die organische Form des musical psychodrama beginnt mit Aufwärmübungen durch den Leiter. Dieser
stimuliert mit Gesten und stimmlichen Reizen die Gruppe. Unter Einsatz seiner
Arme, Beine, rhythmischer Impulse und kurzer Gesänge bringt J.L. Moreno die
Gruppe „auf Touren“. In Rücksprache mit dem Leiter beginnt die Sitzung, teils
werden die Dialoge nonverbal oder unter Verwendung von Nonsens Silben geführt. Dem Publikum kommt dabei die Funktion zu, wie im antiken Drama als
Chor zu antworten, mit seinen Lauten den Prozess zu verstärken und mit zu
tragen. Die Instrumente, als Repräsentanten der „unspontanen Kulturkonserve“,
sind hier aus den vorgenannten Gründen nicht erwünscht.
Schließlich können einzelne Gruppenmitglieder hervortreten und eine Leitungsrolle übernehmen, in dem sie die Gruppe mit ihren Gesten und Geräuschen
vorübergehend anführen. Insgesamt ist Katharsis das Ziel. Für die Leitung in
einem psychomusical (J.L. Moreno, 1985, S. 279) können Leute aus dem Publikum gewählt werden, denen der Gruppenleiter dann die Leitung überträgt.
Maximale Spontaneität beim Individuum steht dabei in Resonanz mit entsprechend stimmungsvollen Warm-up Handlungen durch wechselnde
GruppenleiterInnen.
ad b.) instrumentale Form der Psychomusik
- 12 -
Kap. 1.2 - J.L. Moreno und die Psychomusik
J.L. Moreno experimentierte dazu bereits ab 1930 mit einem Ensemble von
professionellen MusikerInnen, da er fürchtete, dass musikalische Improvisation
in der Gruppe Probleme machen würde.
Er beschreibt Versuche mit einem impromptu orchestra, das war 1931 im Guild
Theater in New York. In einem Exkurs führt er weiter aus, dass musikalische
Improvisation nie eine eigene Wissenschaft oder Kunstrichtung für sich alleine
geworden ist. So ließ er StudentInnen mit Musik experimentieren. Sie versuchten damals die Regeln herauszufinden, nach denen eine Gruppe frei
improvisieren konnte. Ein Vorbild fand J.L. Moreno in den Roma-Musikern („the
gypsies“) und deren Gabe, spontan zu musizieren. Eine Parallele zum Stehgreifspiel im Theater schien nicht möglich, weil das Hindernis im fehlenden
Instumentalkönnen bestand.
Schließlich musste er in Anbetracht der „unperfekten Ergebnisse“ bei der musikalischen Improvisation eingestehen, dass Musik keine „exakte Wissenschaft“
sein kann und dass musikalisch ein eigener Weg, mit eigener Ästhetik und eigenen musikalischen Werten zu suchen ist.
“We had to find our own way. We had to reach different techniques
of creation and to develope a different aesthetics of musical values.
Music existed before it was an exact science” (J.L. Moreno, 1985, S.
282).
J.L. Moreno greift damit einer Entwicklung in der Musikgeschichte vor, durch
welche später viel mehr improvisatorische Elemente Platz finden. Besonders
gut ist dies in der Jazzmusik sichtbar, die in ihren Strukturen der freien Improvisation einen fixen Platz einräumt, meist im Wechsel von Solo mit Tutti Parts.
Er fand mit seinen Experimenten heraus, dass es eine Art musikalische Übertragung (musical transference) gibt. Wenn eine Gruppe unter einer Leitung
improvisiert und die Leitungsrolle reihum weitergegeben wird, funktioniert das
ohne besondere Abmachung und Zeichengeben – und damit ist bereits eine
klassische musiktherapeutische Situation beschrieben.
J.L. Moreno vergleicht immer wieder das Drama mit der Musik. Er meint, dass
auch Beethoven bei seinen Werken von der Dichtung, von den Erfahrungen
- 13 -
Kap. 1.2 - J.L. Moreno und die Psychomusik
mit seinen Eltern, von seiner Umwelt beeinflusst gewesen sei. Infolge dessen
sei es zulässig, auch die Psychomusiker im Experiment bestimmten psychologischen Einflüssen auszusetzen.
In einem kleinen Fallbeispiel beschreibt J.L. Moreno eine Art Kriminalgeschichte in 4 Akten, die vom impromtu orchestra entsprechend begleitet wird. Dabei
ist es ihm wichtig, dass die Musik nicht einfach nur die Handlung spiegelt,
sondern sie kreativ mitträgt und spontan beeinflusst.
Fallbeispiel vom Geigenspieler, mit „Leistungsneurose“ (performance neurosis) - (J.L. Moreno, 1985, S. 285)
Der Spieler leidet darunter, dass die Hand zu zittern beginnt und er dadurch
den Ton nicht mehr sicher halten kann. In einer Metapher spricht der Patient
davon, dass die „Saiten kalt und tot geworden sind“ (J.L. Moreno, 1985, S.
285). Auch die andere Hand ist von Lähmungszittern befallen. Seine weiteren
Symptome sind: Er lebt sehr isoliert, hat Angstzustände und Suizidgedanken
sowie quälende sexuelle Phantasien.
Sehr detailliert geht Moreno nun in das Bild des Geige spielenden Mannes
hinein, nimmt wahr, dass das Instrument zwei Teile, Bogen und Geige besitzt
und untersucht diese auf ihre Symbolwirkung. Er beobachtet die Nähe des
Spielers zum Instrument, auch wie weit sich der Spieler ans Instrument anpassen muss. Er betrachtet verschiedenste Aspekte des Spielers und seinen
Bezug zur Musik. Der Geiger spielt reproduzierend, nie etwas Eigenes. Er lebt
vom Spiel und ist davon ökonomisch abhängig.
Im Spiel einer Symphonie ist das Orchestermitglied immer Teil eines Ganzen.
Es hat eine symbolische Position im Orchester. Die musikalische Position des
Einzelnen korrespondiert mit den Positionen der anderen, es besteht eine Gegenabhängigkeit. So gelangt er zur Bezeichnung musikalisches Tele. Die
orchestrale Symphonie bildet ein kulturelles Atom, eine ästhetische Analogie
zum sozialen Atom und zu sozialen Strukturen.
Dann kommt Moreno auf die Position des Geigers als Mann und Musiker im
Orchester zurück. Er findet heraus, dass er der Konzertmeister ist, also die
- 14 -
Kap. 1.2 - J.L. Moreno und die Psychomusik
„erste Geige“ spielt und neben ihm ein italienischer Spieler sitzt. Eifersucht
verbindet die beiden.
Besonders auffällig ist die Entwicklung im sozialen Atom des Musikers. Es ist
gewissermaßen zweigeteilt, die Welt als Musiker und seine private Welt haben
fast keine Verbindung. Der Großteil seines Tele fließt in die Kunst. Nun erhebt
J.L. Moreno detailreich eine Analyse der Familiengeschichte. Der Musiker
zeigt kaum aktive positive Bezüge zur Familie, eigentlich ist das Orchester zu
seiner Familie geworden.
J.L. Moreno verordnet dem Patienten bestimmte musikalische Übungen wie:
-
Chaos Spiel, völlig freie Improvisation und Ausnutzung aller auch unkonventionellen Klangerzeugungsmethoden. Dies ist ebenfalls eine typische
musiktherapeutische Intervention (vgl. Schmölz, 1980).
-
Freies „normalen Spiel“, der Patient darf sich Tempo, Spielart und Thema
bereits selbst spontan wählen, später bekommt er ein Thema oder eine
Tonart angeboten.
-
In einer weiteren Übung erhält der Patient Impulse durch pantomimische
und dramatische Szenen von außen angeboten und soll spontan darauf
reagieren.
-
Die Spielzeiten werden mehr und mehr gesteigert.
-
Auch mit dem Publikum wird experimentiert. Es gibt ein Testpublikum, anfangs bestehend aus wenigen Personen, aus musikalischen Laien, später
auch ausgewählten MusikerInnen. Bemerkenswert ist, dass der Musiker
seiner eigenen Familie sowie seinen SchülerInnen problemlos vorspielen
kann.
Diverse geleitete und spontane Improvisationen führen zu einer Besserung.
- 15 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
Abbildung 1-1 Soziogramm J.L.Moreno, (1985), S 290
Das Soziogramm zeigt überwiegend positiven Bezug nur zu Objekten und
Symbolen und kaum zu lebenden Personen. In beeindruckender Weise nutzt
J.L. Moreno die Verbindung von Soziometrie, der Analyse mit Hilfe des Kulturellen und Sozialen Atoms, von Protagonistenspiel und von
musiktherapeutischen Interventionen.
1.3
Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
Joseph J. Moreno konnte der Autor im Rahmen eines Intensivseminares in Bad
Vöslau kennen lernen. Der Neffe von J.L. Moreno arbeitet als Psychodramatiker
wie auch als Musiktherapeut in ganz unterschiedlichen Bereichen. Ein wichtiges
Anliegen ist ihm die „Wiedervereinigung“ der Heilkünste: Drama, Musik, Tanz,
Malen u. Gestalten. Dazu hat er sich auch mit schamanistischen Traditionen in
der ganzen Welt beschäftigt. Er setzt diese Elemente daher meist in Kombination im Therapieprozess ein. Therapie sieht er als multimodalen Prozess. Joseph
J. Moreno nützt musikalische Improvisation als Verstärker und Spiegel der
Gruppenthemen auf der psychodramatischen Bühne.
Beispiel aus Seminar „Acting your inner music“, Bad Vöslau 2008:
Eine Übung bestand darin, die Gruppe in 3 verschiedene Klangsektionen aufzuteilen, mit Klangbausteinen auszustatten, um dann auf der
- 16 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
Basis des Blues-Schemas die Klangstufengruppen Dreiklänge improvisieren zu lassen.
Joseph J. Moreno selbst improvisierte eine Solostimme darüber und
leitete den Wechsel der Klanggruppen als Dirigent an. Die Zugehörigkeit zu einem Dreiklangraum gibt Sicherheit und das Spiel ist in
eine Struktur eingebunden. Siehe auch Kap.4.13 Containerfunktion
von Musik. Diese Einengung kann in bestimmten Settings hilfreich
sein, weil weniger Angst aufkommt, der Einzelne nicht so exponiert ist
und doch beteiligter Zeuge wird, wenn der Solo-Improvisateur seinen
Part singt.
Dies ist vergleichbar mit einem psychodramatischen Gruppenspiel (Soziodrama) mit vorgegebener Thematik als Strukturhilfe. Diese Spielart verwendet er
z.B. bei seiner Arbeit im Strafvollzug mit Jugendlichen. Das Blues-Singen an
sich gibt bereits thematisch etwas vor, es ist per se eine Katharsis von Leid,
Liebeskummer, Heimatverlust. So ermöglicht das Singen/Spielen nach diesem
Schema eine Erleichterung von emotionaler Last. Hier bietet bereits die musikalische Form eine bestimmte Wirkung bzw. Anwendungsform an. Hier liegen
allerdings die Grenzen für Nicht-MusikerInnen und es ist diese Form der Improvisation nahe am Feld der Musiktherapie angesiedelt.
Ein weiteres Beispiel wäre etwa mit dem Wiegenlied gegeben, das die Arbeit
mit kindlichen inneren Anteilen begleitet und trägt. Zum Beispiel könnte die bekannte Kuschelübung mit dem Polster von Manfred Stelzig sich möglicherweise
gut mit Musik kombinieren. (M. Stelzig, 2008)
Joseph J. Moreno meint, dass beide Professionen von einander lernen können,
die MusiktherapeutInnen müssten deswegen keine Psychodramasitzungen in
Kliniken abhalten – wohl aber könnten sie Elemente wie Rollentausch, Spiegel,
Doppeln aus dem PD (=Psychodrama) übernehmen und diese in ihrem Sinne
adaptieren.
Analog dazu könnten die PsychodramatherapeutInnen Elemente aus der musikalischen Improvisation übernehmen. Diese, meist improvisationsbasierten
Techniken, sind im Folgenden aufgelistet. Sie hängen seiner Meinung nach
weniger von einem formal musikalischen Wissen ab als von Sensibilität und
- 17 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
Auffassungsgabe. Improvisation als Ansatz sei ein Schlüssel (Schlüsselszene)
und ein vereinigendes Element, welches beiden Methoden, der Musiktherapie
wie dem Psychodrama, gemeinsam sei. So können KlientInnen ihre innere
Musik spielen.
Beschreibung und Auflistung der Techniken
•
Vorgangsweise im Gruppensetting
Joseph J. Moreno nutzt dazu ein kleines Ensemble (psychodramatic musical
improvisation) an MusikerInnen (musikalische Hilfs-ICHe), welche mit einfachen
Instrumenten gezielt und unter seiner Anleitung improvisierte Musik machen.
Damit sollen verschiedenste emotionale Stimmungen musikalisch unterstützt
werden. Er meint, wenn auch die menschliche Gefühlsskala sehr differenziert
ist, so ließen sich doch einige Grundkategorien feststellen, wie Freude, Angst,
Traurigkeit, Friede, … die auch musikalisch ausgedrückt und mitgetragen werden können.
Die verwendeten Instrumente sind ungestimmte und gestimmte PerkussionsInstrumente wie Trommeln, Gongs, Rasseln etc. Er berichtet von seiner Erfahrung, dass Klavier und Gitarre oft dazu verführen, in Akkorden begleitete
diatonische Melodien entstehen zu lassen und es somit musikalisch gesehen
nur zu klischeehaften Ergebnissen kommt. Er vergleicht es mit stereotypen verbalen Aussagen, die keine Originalität besitzen. Musikunerfahrene würden
außerdem freier improvisieren können.
• Gruppenspiele zum Warm-up
JedeR spielt zu Beginn einzeln seine momentane Stimmung, reihum in der
Gruppe. Wie in einer Befindlichkeitsrunde, aber zunächst ohne Worte tritt hierbei tritt die Gruppenstimmung, vielleicht auch das Thema zutage. Joseph J.
Moreno beobachtet dann, ob es Übereinstimmungen oder Unterschiede in
Lautstärke bzw. Dynamik gibt. Wie gelingt das Einzelspiel, wie werden die Instrumente gewählt und bedient, darauf liegt sein Fokus. Interessant ist die
folgende feedback Runde, wenn wieder Worte als Ausdruck zu Verfügung ste-
- 18 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
hen. Inwieweit stimmen Spielausdruck und verbale Beschreibung (selbst- und
Fremdbild) überein?
Mit diesen Spielrunden zu Beginn einer Gruppensitzung will er das Zuhören
können, das Gruppenthema, die Einfühlung, aber auch das Selbstgefühl fördern. Und: Mögliche geeignete ProtagonistInnen können anhand ihres
Spielverhaltens bereits identifiziert werden, denn durch das musikalische Spiel
haben alle TeilnehmerInnen bereits viel mehr Profil bekommen.
• Freie Gruppenimprovisation, ohne Leitung
In diesem Beispiel kann der/die GruppenleiterIn wieder viel interessante Information über die Gruppe gewinnen. Wer beginnt das Spiel, wer dominiert es,
wer unterstützt wen, wer bleibt passiv, welche Verbindungen entstehen - lines
of communication, welche Botschaften werden mit wem ausgetauscht. Hier
scheint bereits der soziometrische und auch gruppendynamische Ansatz durch.
Für die TeilnehmerInnen entstehen spezifische Lernsituationen hinsichtlich der
Entwicklung ihres Rollenverhaltens. Personen, die vorerst nur gleichlaufend
spielten, können angeleitet werden, Variationen in ihr Repertoire aufzunehmen.
Musikalische Vorbilder sind in der Gruppe sicher zu finden. Auf einer basalen
spielerischen Ebene können bestimmte Übungssituationen geschaffen werden
– wieder eine Parallelität zum PD. Natürlich kann auch mit der Leitungsrolle
experimentiert werden, in dem sie abwechselnd ausgeübt wird. Wer sich noch
nicht recht traut, kann eineN „VerstärkerIn“ beigestellt bekommen. An jeder
Stelle kann aber der Prozess in ein psychodramatisches Spiel umgeleitet werden.
• Musik und Imagination in Psychodrama (music and imagery)
Wird übersetzt mit imaginativer Psychodramatherapie mit Musik. J.J. Moreno
hält sich dabei an die GIM Methode von H. Bonny (siehe Kap 2.4), wandelt dabei das Konzept etwas ab und nutzt sie als Warm-up Technik.
Im Unterschied zu Bonny beginnt er nach einer Entspannungsphase mit dem
folgenden Einsatz der Musik und er setzt mit dem Erzählen einer kleinen Ge-
- 19 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
schichte fort. Dabei erzählt er eine Art Rahmengeschichte und begleitet die
TeilnehmerInnen bis zu dem Punkt, ab dem er sie den eigenen Bildern respektive der Bildentwicklung überlässt.
Als Psychodramatiker bietet Joseph J. Moreno nach der Gedankenreise mit
Musik an, dass aufgetauchte Gedanken der Gruppe mitgeteilt werden. Nun
kann das dramatische Spiel beginnen, indem die Gedanken in spontanes Rollenspiel umgesetzt werden. Die Entspannung, von der Musik getragen, fördert
mitunter spannende Themen zu Tage.
Joseph J. Moreno hat weiters die wichtigsten psychodramatischen Techniken in
musikdramatische übersetzt – einige davon sollen hier beschrieben sein.
• Musikalischer Rollentausch (role reversal)
J.J. Moreno berichtet, dass er auf der Psychodramabühne, wenn der herkömmliche RT (=Rollentausch) nicht mehr effizient läuft, das verbale Spiel stoppt und
die KontrahentInnen nonverbal mit Musikinstrumenten weiter ihren Part spielen
lässt. Bedarfsweise werden auch die Instrumente getauscht. Die musikalische
Improvisation bringe die Thematik viel klarer und vereinfachter auf die Bühne.
• Musikalischer Dialog (musical dialogue):
Auch hier nutzt er die vereinfachende Wirkung der Musik, weil die Themen viel
pointierter zu Tage treten. Er macht dabei auch schnelle Wechsel vom Verbalen
ins Musikalische und zurück.
• Musikalischer Abschied/Abschluss (musical closures)
Eine interessante Variation, die bei Abschieden, Trennungen, Verabschieden
von inneren Anteilen, alten Rollen etc. indiziert sein kann. Hier meint J.J. Moreno, dass den ProtagonistInnen über die Musik mehr Schutz der Privatsphäre
geboten werden kann, als wenn sie sich verbal äußern müssen. Der Prozess
scheitere oft an dieser Schwelle. Interessant ist, dass Joseph J. Moreno den
Abschluss durch eine eigene Begrifflichkeit (Closure) aufwertet.
• Musik und das geteilte Selbst (music and the divided self)
Dabei geht es um das Drama von Ambivalenzen. Hilfs-ICHs werden für die unterschiedlichen Positionen gewählt, wieder erst verbal, dann mit Instrumenten
ausgestattet. Der/die ProtagonistIn hilft den Teams beim Einspielen, kann sich
- 20 -
Kap. 1.3 - Joseph J. Moreno’s – “Acting your inner music”
dazwischen stellen, kann mit den Hilfs-ICH’s Rolle wechseln, sich das ganze
aus Distanz ansehen – oder in diesem Fall anhören – welche Musik klingt in
meinen Ohren besser?
• Musik im Soziodrama
Bei dieser Variante kann die Musik die Rollenidentifikation der Gruppenmitglieder sehr verstärken. Er bringt Beispiele für Themen: Die Schüler- die Lehrer, die
Polizei – eine street gang, die Liberalen- die Konservativen. Beispielsweise
können für die unterschiedlichen Gruppierungen eigene Lieder gewählt oder gar
kreiert werden. Die Wahl der Instrumente kennzeichnet die Zugehörigkeiten etc.
Weitere Techniken sind das musical mirroring (Spiegeltechnik), musical modeling (Modelltechnik), musical doubling (Doppeln), musical empty chair (leerer
Stuhl Technik), musical Sharing (musikalisch (mit-)geteilte Betroffenheit), musical break in / break out (Durchbruch Spiele) – die ich hier nicht ausführen
werde.
Bei den folgenden musikalischen Inszenierungsmöglichkeiten sprechen die jeweiligen Titel für sich. Es sind Möglichkeiten, wie Gruppenspiele thematisch
angeleitet werden können. Dies kann mit und ohne Musik gemacht werden –
alle Beispiele stammen aus „Acting your inner music“ (Joseph J. Moreno, 2005)
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Concerto technique
A Psychodrama of dreams
The musical circle
Drum dialogue
The Dance of Life
A Dance to the spirit of wisdom
The musical time machine
Death and reprieve
A musical rebirth
Drawing your life
The song of life
Zusammenfassung
Der Musikeinsatz nach Joseph J. Moreno verstärkt die Spielkraft, er vereinfacht
die Botschaften und hilft beim Finden des Fokus in der Gruppe. Ein Wechsel
von der verbalen zur musikalischen Ebene und wieder zurück ist jederzeit mög-
- 21 -
Kap. 1.4 - Therapieprozess im Psychodrama
lich. J.J. Moreno nimmt dabei methodisch Anleihen bei der klassischen Musiktherapie und bringt sie ins Psychodrama (Instrumentales Partnerspiel, Geleitete
Imagination mit Musik, Musikimagination, Führen/Folgen Spiele, Verbindung
von Musik mit Malen oder Bewegungseinsatz).
Viele klassische psychodramatische Interventionstechniken erfahren durch das
zusätzliche Medium eine Verstärkung der Symbolwirkung, der Atmosphäre vor
und während einem Spiel. Umgekehrt erhält die Musiktherapie durch das Psychodrama eine Erweiterung, weil aufgetauchte Inhalte in sichtbare Handlung mit
Worten übergeführt werden kann.
Für das Ausprobieren genügen einfache Rhythmusinstrumente, unser natürlichster Klangerzeuger – die menschliche Stimme, Körperklänge und natürlich
Experimentierfreude. Was Joseph J. Moreno immer wieder beschreibt ist die
Verwendung von Klangaufnahmen, um das Stück danach teils gemeinsam mit
der Gruppe durchhören und analysieren zu können.
1.4
Therapieprozess im Psychodrama
Im Psychodrama geschieht
die Entwicklung des Selbst
durch den Erwerb neuer Rollen auf den unterschiedlichen
Rollenebenen.
Die Bewältigung von Problemen und Befreiung von
Störungen geschieht auf gleiche Weise. Spontaneität
führt in Richtung der Steh-
Abb. 1 - Kreativer Zirkel – Hutter & Schwehm (Hrsg.),
(2012), S. 27
greiflage.
In einer immer aufs Neue beginnenden zyklischen Bewegung gelangen wir von
einer Ausgangslage über die Problemstellung zur Entscheidung hin zu Veränderung. Die damit veränderte oder neue Rolle wird, so sie als tauglich bewertet
- 22 -
Kap. 1.4 - Therapieprozess im Psychodrama
ist, ins Rollenrepertoire übernommen und konserviert. Der Zirkel der Kreativität
(Hutter, 2012, S. 283 ff.) hilft als Schema beim Verständnis dieses Vorgangs.
Die Veränderung einer Situation startet mit Hilfe der Spontaneität und geht über
die Erwärmung hin zum Erlangen einer Stehgreiflage. Nun können neue Handlungen entstehen. (status nascendi) Die Kreativität hilft bei der Gestaltung des
Neuen. Bei Erfolg kommt es sodann zur Konservierung des Verhaltens. Die
neue Rolle wird in das Rolleninventar der Person integriert und kann habituell
genutzt werden. (Hutter
Die Beschreibung dieses Ablaufschemas ist deswegen relevant, weil Musik an
unterschiedlichen Stellen in diesem Zirkel andocken kann. Wann aber kann
Musik eingesetzt werden?
Ein kurzes musikalisches Spiel kann die
„Situation“ (Stufe 1) oder das Handlungsproblem (nach Schacht) so treffend
darstellen, dass nicht viele Worte notwendig sind.
Wichtig wird dies besonders dann, wenn
der verbale Ausdruck (noch) nicht gelingt.
Psychosomatische Störungen aber auch
Depressionen oder Ängste können der
Abb. 2 - Kreativer Zirkel mit Musik 1
Grund für eine Ausdruckshemmung sein.
Es könnte auch sein, dass die Person mit viel intellektuellen Worten über ihr
eigentliches Thema hinwegsteigt. Im spontanen Spiel, sei es dramatisch oder
musikalisch, wäre dies erschwert – oder würde stärker auffallen.
Fallbeispiel: Frau Meixner leidet unter Panikattacken und ist mit ihrer
Partnerschaft sehr unzufrieden. Sie hat beim Betreten ihrer Wohnung (hier als Symbol für ihre Beziehung) eine unangenehme
Stimmung. Was genau los ist kann sie nicht benennen. Ich rege an,
dazu eine stimmige Körperhaltung einzunehmen. Frau M. spielt es
kurz an und dazu gebe ich die Spielanweisung: Gehen Sie dem Gefühl nach und machen Sie bitte ein dazu passendes Geräusch. Nun
- 23 -
Kap. 1.4 - Therapieprozess im Psychodrama
erklingt eine Art Knurren, ein gezwungenes beengtes Geräusch. Ich
verstärke es und mache es mit (akustisches Spiegeln / Doppeln),
langsam bekommt sie „Anschluss“ an ihre Emotionen. In der Gruppe
würden die ZuhörerInnen darauf reagieren und Feedback geben. Ich
gebe als Identifikationsfeedback zurück, dass Frau Meixner sich
sichtlich unwohl gefühlt hat. Durch die (humorvolle) Intervention hat
sich ein Teil der Hemmung lösen können. In den folgenden Stunden
wird das Unbehagen dann besprechbar. So gelingt eine Erwärmung
für die Veränderung ihres Verhaltens.
Mitunter kann es aber auch erwünscht sein, verbal die Dinge nicht expressis
verbis anzusprechen, weil Widerstand die Folge wäre. Die „Knurr-Szene“, bei
der auch der Humor nicht zu kurz gekommen ist, könnte im weiteren Therapieverlauf auch als Metapher für das Zurückhalten von Ärger genutzt werden.
„Wann war Ihnen das letzte Mal nach „Knurren, wie beißfreudig sind Sie heute,
oder: Wie geht es Ihnen mit der „Beisshemmung““
- 24 -
Kap. 1.4 - Therapieprozess im Psychodrama
Ein nächster Anknüpfungspunkt besteht in
der Phase der Erwärmung, also beim
„Schwung holen“ für die Entscheidung und
in der folgenden aktionalen Phase. Musik
verstärkt hierbei das Warm-up, siehe Seite
79. Es macht im wahrsten Sinne des Wortes „Stimmung“.
Das Anhören einer speziell besetzten Musik verstärkt eine Stimmung, daraus folgt
Abbildung 1-2 Kreativer Zirkel - Musik 2
ein innerer Monolog, der psychodramatisch gespielt wird.
Für das kreative Gestalten „frisch“ angelegter Rollen (Gestaltungsphase 6 nach
Hutter) bietet sich u.a. die musikalische
Improvisation an. Der elementares Musizieren schafft ebenso wie das Stehgreifspiel eine Ausprobiersituation, in der wertfrei, hörbar treffsicher und mit Humor
experimentiert werden kann. Beispiel siehe
S. 88
Abbildung 1-3 Kreativer Zirkel - Musik 3
Zur Festigung neu erlernter Rollen bedarf
es Erfolgserlebnisse; sie bedeuten eine
positive Verstärkung und bewirken über
die Wiederholung ein erfolgreiches Einüben des Neuen. Im Stundenablauf könnte
z.B. eine musikalische Phase eingebaut
sein, die bestimmte Qualitäten erfahrbar
macht. Das „Lautsein“ beispielsweise
durch einen Gong- oder Paukenschlag.
Abbildung 1-4 Kreativer Zirkel – Musik 4
- 25 -
Kap. 1.5 - Verbale und musikal. Phasen im Therapieprozess
1.5
Verbale und musikal. Phasen im Therapieprozess
Für die Verwendung von Musik in der Psychodramatherapie ist es wichtig, dass
die/der LeiterIn zuvor mit den KlientInnen abklärt, ob am Therapieprozess Musik beteiligt sein darf. Es ist sinnvoll, dies vorher zu klären und den Nutzen zu
besprechen.
Können Sie sich vorstellen, einen Teil Ihrer Therapiezeit mit Musik zu
verbringen? Haben Sie Lust darauf, den musikerfahrenen Teil in sich
selbst wieder zu entdecken? Wir können die entspannende Wirkung
von Musik ausprobieren. Lassen Sie uns einmal etwas Neues spielen. Wer sich als TherapeutIn darin geübt hat, kann dieses
zusätzliche Werkzeug explizit bei Therapiebeginn erwähnen und als
Qualität anbieten.
Im Folgenden werden Schemata beschrieben, an welcher Stelle im Therapieverlauf Musik zum Einsatz kommen kann.
- 26 -
Kap. 1.5 - Verbale und musikal. Phasen im Therapieprozess
Zur Einstimmung wird ein Musikbeispiel gehört. Es wärmt den/die
SpielerIn an, um das Gespräch weiter in eine bestimmte Richtung zu
führen. Eine Stimmung wird verstärkt
oder wieder aufgerufen. Die Auswahl
Abbildung 1-5 Warm-up mit Musik
und der Einsatz werden bereits in
der vorangegangenen Stunde vorbereitet.
Das Musikhören führt zu einem Gespräch, es wird wiederholt, um die
Aufmerksamkeit auf bestimmte Details zu lenken. Damit kann die
Anwärmung für neue Rollenanteile
gesteigert werden. Diese Vorgangs-
Abbildung 1-6 Musikal. Warm-up + Spielphase
weise steht dem musiktherapeutischen Ablauf sehr nahe.
Beispiel für ein Gruppensetting, die
musikalischen Protagonisten widerspiegeln das Spiel der psychodramatischen ProtagonistInnen.
Daran schließt sich die psychodramatische Nachbearbeitungs-Phase
Abbildung 1-7 PD Spiel mit Musik
mit Sharing, Rollenfeedback.
- 27 -
Kap. 1.6 - Arbeitsbühnenmodell nach H. Pruckner
Frei nach J.L. Morenos psychomusic
im Gruppensetting; der/die LeiterIn
intoniert oder wählt Musik, nach dem
Warm-up wird das folgende Spiel
durch Instrumentalisten begleitet und
stimuliert. Es endet mit der Feedback und Sharing Phase.
Abbildung 1-8 Eine weitere Variante
1.6
Arbeitsbühnenmodell nach H. Pruckner
Nach Pruckner (2012) werden drei Arbeitsbühnen unterschieden; die soziale
Bühne, die Begegnungsbühne sowie die Spielbühne.
Auf der sozialen Bühne kann es z.B. in der Arbeit mit Kindern um das reale soziale Atom gehen. Die Eltern oder die Betreuungseinrichtung brauchen
beispielsweise Informationsaustausch, die/der PsychotherapeutIn hat Inhalte zu
„dolmetschen“, damit im Interesse der KlientIn zusammengearbeitet wird. Dies
gilt auch bei intellektuell behinderten Personen und teils bei psychiatrisch Erkrankten, wenn TherapeutInnen enger mit BetreuerInnen oder ÄrztInnen
zusammenarbeiten. In jeder Fallverlaufskonferenz kann der Psychotherapeut in
die Lage kommen, Anliegen im Sinne seines/r KlientIn einzubringen.
Die Begegnungsbühne hingegen gibt Strukturen für die Therapiestunde vor.
Hier ist die/der TherapeutIn ebenso ProtagonistIn im Sinne einer gelingenden
Begegnung mit der/die KlientIn. Der Teleprozess zwischen KlientIn und PsychotherapeutIn wird zum therapeutischen Agens.
In der Sprache der Musik ist Tele mit Resonanz übersetzbar. Jungaberle definiert psychische Resonanz als „kooperatives Erleben ähnlicher
Bewusstseinsphasen [damit sind auch Körperempfindungen, Emotionen, Stimmungen gemeint, Anm. Autor] in einem gemeinsamen Handlungszusammenhang“ (Jungaberle, 2007, S. 304).
Das Teilen von Erfahrungen wie z.B. das gemeinsam Gehörte bildet für den
Begegnungsprozess eine nährende Grundlage.
- 28 -
Kap. 1.7 - Bedeutung von Requisiten
Auf der Spielbühne findet die szenische Bearbeitung statt. Begegnungs- und
Spielbühne können, müssen jedoch nicht, räumlich getrennt sein. Im Gruppensetting ist diese Trennung häufig und hilft bei der strukturierten Aufarbeitung
des im Spiel Erlebten.
Im Einzelsetting können sich KlientInnen auch imaginativ (noch auf der Begegnungsbühne sitzend) mit Themen beschäftigen und es kommt zu einem inneren
Rollenwechsel. Auf der Spielbühne kann auch eine musikalische Szene gespielt
werden, beispielsweise in dem ein einfaches Instrument zum Ausdruck einer
Stimmung, einer Beziehungskonstellation o.ä. eingesetzt wird. Beispiel 4.7 Danach findet die Aufarbeitung nach dem klassisch psychodramatischen
Procedere statt.
Durch Musikeinsatz kommt es zu einer Erweiterung der Spielbühne um eine
musikalische Hörbühne.
Die Trennung der Bühnen hilft beim Verständnis des Vorgangs, sie ordnet die
Eindrücke, sodass sie für KlientIn und TherapeutIn nutzbar werden können.
1.7
Bedeutung von Requisiten
Requisiten unterstützen den Szenenaufbau der die Externalisierung der inneren
Anteile der ProtagonistInnen unterstützt. Abgespaltenes und Verdrängtes soll
auf die Bühne gebracht werden. „Wo Empfinden ist, soll Szene werden“ (J.
Bleckwedel, 2000, S.16).
Im Psychodrama sind Requisiten Hilfsobjekte beim Einrichten und Aufbau einer
Spielszene auf der Spielbühne. Sie sollen eine Atmosphäre schaffen, die „…für
Protagonistin, Leiter und Gruppe ein stimmiges Bild der „Gestalt“ des Raumes
wiedergibt“ (von Ameln, Gerstmann & Kramer, 2004, S. 161 ff.).
Requisiten nehmen nach von Ameln (2004) auch die Rolle von Kontextreizen
ein, die den KlientInnen stärker in das emotionale Erleben hinein zu helfen vermögen.
Das Pendant zu den Requisiten auf der Psychodramabühne ist in der Musiktherapie das verwendete Instrumentarium. Musikinstrumente helfen bei Gestaltung
und Ausdruck, sie „locken“, sie erweitern den Handlungsraum der SpielerInnen,
- 29 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
sie verführen zu kreativem Tun und symbolisieren etwas durch ihre äußere
Gestalt wie auch durch ihr spezielles Klangbild.
Schließlich bringen sie die Innenwelt für das Außen zum Klingen. Sie sind Mittler, um der Seele Gehör zu verschaffen. Sieht man den Kommunikationsvorgang von der anderen Seite, dann können Musikinstrumente an der Pforte
zu tiefer liegenden Inhalten stehen.
1.8
Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
Die Verwendung von Musik unter dem Aspekt der Intermediärobjekte (IO) Theorie führt uns zum musikalischen Dialog mit Instrumenten, einer klassisch
musiktherapeutischen Intervention. Zum Einsatz gelangen Instrumente, die von
Laien leicht bedienbar sind, diverse Perkussionsinstrumente (und dem eigenen
Körper als Klangquelle), Trommeln, Kantelen (einfache fest gestimmte Saiteninstrumente), Klangbausteine (in leicht kombinierbaren Tonskalen). Die
KlientInnen sollen bei ihrem spontanen Ausdruck nicht von technischen Dingen
oder Versagen abgelenkt sein. (Motto: Da können Sie nichts falsch machen)
Das Instrument befindet sich häufig zwischen [latein. inter] KlientIn und TherapeutIn, oder es wird hin und her gereicht. Der Dialog der beiden kommt ohne
Worte aus; es kann ohne Anleitung oder mit einer Aufgabenstellung gespielt
werden. Ein Klassiker ist z.B. das „Streitgespräch an der Trommel“ oder das
„Töne geben und nehmen“ an Saiteninstrumenten. Der Ablauf ist spontan und
danach werden die Eindrücke besprochen, Feedback gegeben.
Mit Intermediärobjekt meint Rojas-Bermudez jenes Objekt, „…(…) welches im
passenden Kontext eingesetzt und auf Grund seiner einzigartigen Eigenschaften die unterbrochene Kommunikation wiederherstellt“ (vgl. Rojas-Bermudez,
2003, S. 158-176). Er bezieht sich auf die Arbeit mit psychotischen Menschen,
die in ihrer „Kapsel“ (Sí mismo psicologico) eingesperrt leben und zu denen der
Kontakt z.B. über Handpuppen wieder aufgebaut werden soll.
1.8.1
Merkmale der IO’s
Bei der Beschreibung der wichtigsten Merkmale von IO’s laut Rojas-Bermudez
treffen dabei weitgehend auch folgende Merkmale auf Musikinstrumente zu:
- 30 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
•
Reale konkrete Existenz des IO; ein freier u. persönlicher Bezug zum Objekt
soll möglich sein,
•
harmlos und ungefährlich, sollen keine Alarmwirkung haben – Auswahl
wichtig,
•
leicht identifizierbar – charakteristische Gestalt von Instrumenten – Archetypen,
•
als Übermittler einsetzbar – jeder kann damit Signale „absetzen“, einfache
Handhabung,
•
adaptionsfähig – beweglich, Spielart variabel, Zusammenstellung verschiedener Instrumente möglich.
•
Das Nicht-Menschsein des IO; Instrumente als IO entsprechen dem eindeutig, auch wenn Trommeln durchaus „sprechen“ können.
•
Das IO „ (…) soll dem Individuum die Möglichkeit eröffnen, als seine Verlängerung, als ein Instrument eingesetzt zu werden“ (Rojas-Bermudez, 2003,
S. 161).
Besonders wichtig ist dies in schwierigen Situationen, wo es einen persönlichen
Bezug zu bedrohlichen Themen (wie z.B. Gewalt, Sexualität) gibt. In Ergänzung
dazu würde ich auch Inhalte dazurechnen, die durch den Widerstand blockiert
sind, also Abgespaltenes, Unaussprechliches, schwer verbal Vermittelbares,
„Unvernünftiges“ oder wenn Sprache eingeschränkt zu Verfügung steht.
Die Wiener Schule der Musiktherapie hat über lange Zeit das „Instrumentale
Partnerspiel“ (Schmölz, 1983, zit. nach Decker-Voigt, S. 58) entwickelt und
gelehrt. Das Klavier kann von Laien unter Anleitung so gespielt werden, dass
emotional differenziert interagiert werden kann. Es ist jedoch ein Beispiel für
eine Technik, die uns PsychodramatikerInnen ohne entsprechendem musiziertechnischen Hintergrund nicht zugänglich ist. Hier ist auch die Grenze zwischen
musiktherapeutischem und Psychodrama Berufsfeld zu ziehen.
Leicht auszuprobieren ist die Verwendung einer Trommel oder Trommelfläche
(Tisch) – die zu einer Spielfläche und akustischen Bühne für die Hände werden
- 31 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
kann. Ebenso leicht möglich ist in der Gruppe die Verwendung des Körperinstrumentariums zum Ausdruck von Stimmungen, als akustische Aufwärmung
und Belebung oder um die TeilnehmerInnen auf eine andere Wahrnehmungsebene zu bringen. Siehe J.L. Moreno und seine organische Form der
Psychomusik in Kap 1.2
IO’s reduzieren die Komplexität der auszutauschenden Botschaften, z.B. durch
Ausklammern der Sprache (trifft auf Musikinstrumente zu), Wegfall von Mimik
(bei Verwendung von Masken / Puppen). Sie bieten beispielsweise bei traumatisierten Kindern Schutz für KlientInnen wie auch für TherapeutInnen – durch
die vereinfachte Decodierung. (H. Pruckner).
1.8.2
Funktionen der Intermediärobjekte
Nach Rojas–Bermúdez können IO’s zu verschiedenen Zwecken eingesetzt
werden und dasselbe Objekt kann in der gleichen PD Sitzung durchaus unterschiedliche Funktionen zugewiesen bekommen. Drei Hauptgruppen sieht er
dabei: Das IO in unterstützender, vermittelnder und in kreativer Funktion.
•
Unterstützende Funktion
„Das Objekt betont oder unterstreicht etwas, das in der Sitzung bereits passiert.
In der Aufwärmphase werden häufig IO eingesetzt. Das Objekt wird als ‚Radar‘
benutzt und hilft damit, die Rollen und Situationen, die im Spiel sind, zu definieren. Während dieser Phase wird dem Objekt keine explizite Bedeutung, die
über die ursprüngliche hinausgeht, zugeschrieben, es wird einfach interpretiert.
Es interveniert und erleichtert und schützt dadurch die Interaktionen, die Entwicklung von Rollen etc.“ (Rojas–Bermúdez, 2003, S.166).
Beispiel für unterstützende Funktion
Anstelle einer verbalen Aufwärmrunde sollen sich die GruppenteilnehmerInnen Instrumente wählen, die ihrer momentanen Stimmung
entsprechen. Der Leiter kann durch die Art der Instrumente bereits
Einfluss nehmen, es könnten beispielsweise nur Perkussionsinstrumente zur Auswahl gestellt werden – dadurch ergibt sich eine
Reduktion auf rhythmisches Spiel.
- 32 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
Jeder/r stellt seine Stimmung in einem kurzen Spiel vor. Untergruppen mit thematischer Ähnlichkeit könnten gebildet werden
(„musikalische Soziometrie“) Für die Variante mit Melodie könnten es
Klangstäbe sein.
Durch die Reduktion von verbalem auf non-verbale Äußerung – und weiter auf
sehr elementare Instrumentierung fallen herkömmliche „Aussagen“ weg. Es
muss durch die Reduktion alles pointierter, spontaner geschehen. Unzählige
Varianten sind möglich. Allein die Instrumentenwahl, also auch die Entscheidung der TeilnehmerInnen dazu ist im Prozess wichtig und drückt Dynamik,
Anpassung und Individualität aus. Unterstützend kann der Reiz der Instrumente
und das „Neuland Musik“ sein, für manche auch hemmend. Es empfiehlt sich
daher, mit unterschiedlichen Materialien und Medien als „Starter“ zu experimentieren.
•
Vermittelnde Funktion
„Von der Anwesenheit des Objektes hängt das kommunikative und
expressive Verhalten des Protagonisten ab. Ohne das Objekt würde
das nicht passieren, das heißt dessen Einführung verursacht oder erleichtert eine Änderung der Darstellung des Protagonisten“ (Rojas–
Bermúdez 2003, S.166).
Wenn die direkte Kontaktaufnahme mit einer Person durch große Angst oder
eine erhöhte Alarmbereitschaft unmöglich ist, verwendet der/die Therapeutin
ein Intermediärobjekt als Kommunikationsbrücke.
Es gibt nach Rojas–Bermúdez zwei Arten der vermittelnden Funktion bei Objekten:
“Als IO, wenn über das Objekt eine unterbrochene Kommunikation
wiederhergestellt wird. Das Objekt funktioniert als Kommunikationsbrücke, der Protagonist kommuniziert in diesem Falle mit dem
Objekt” (ibid., S. 78).
Oder als IIO:
- 33 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
“Als Intra-intermediärobjekt, wenn es vom Protagonisten selbst verwendet wird, ist es ein Katalysator in der Kommunikation mit sich
selbst und zweitrangig mit anderen” (ibid., S. 78).
•
Kreative Funktion
Wenn die Protagonisten das Objekt selbst gestalten, spricht man von der kreativen Funktion des Intermediärobjektes. Indem die äußere Form gestaltet wird
fördert das IO damit den Ausdruck von Inhalten (Maskenbau, Puppen gestalten)
Der Protagonist wird durch das IO sogar selbst repräsentiert.
„Die Schaffung eines Objektes durch den Protagonisten eignet sich
dazu, neues Material zum Vorschein zu bringen, neue Standpunkte,
von denen aus, das vorherige Material neu bearbeitet werden kann“
(Rojas–Bermúdez, 2003, S. 341).
•
Intra-Intermediärobjekt
Während Intermediärobjekte die Kommunikation zwischen zwei Personen fördern stellt das Intra-Intermediärobjekt eine Verbindung zwischen der Person
und ihren eigenen Gefühlen (wieder) her.
Die Merkmale der IO’s treffen auf IIO’s ebenfalls zu, das heißt die unterstützende, vermittelnde und kreative Funktion sind auch bei IIO’s zu finden. Übertragen
auf die Musikverwendung können Musikinstrumente beides, als IO und auch IIO
Funktion haben.
Im musikalischen Dialog zweier SpielerInnen wird das Instrument / akustische
Spielobjekt zum Intermediärobjekt. Über das „verbindende Dritte“, also das
Spiel und die entstandene Musik entstehen nach Frohne-Hagemann (1990) die
Interattentionalität und eine Beziehung zum Gegenüber. Nähe und Distanz
lassen sich über das „neutrale Dritte“ regeln.
Hingegen wird in einem Solospiel = musikalischer Monolog das Musikinstrument zum Mittler der Beziehung zu inneren Anteilen und ist somit ein IntraIntermediärobjekt. In einer kurzen Improvisation erkennt der Spieler, dass er
auch „zärtlich spielen kann“, sprich Wünsche nach Zärtlichkeit in sich trägt, was
sich in Spielhaltung und –weise unüberhörbar ausrückt. Der Therapeut kann
dies erforderlichenfalls leicht spiegeln, indem er es nachspielt.
- 34 -
Kap. 1.8 - Intermediärobjekte nach J. Rojas-Bermudez
Beim Musikhören wird häufiger die intra-intermediäre Wirkung genutzt. Bestimmte Musiken können zum Symbol werden und sind z.B. Stellvertreter für
Gefühle, Haltungen, Denkweisen oder früher gelebter Anteile. Siehe „Symbol“
nach J. Fürst.
Fallbeispiel Herr Border: Er hat bei sich einen „innere Hippie“ entdeckt, dieser lebt auf, wenn eine spezielle Musik gehört wird; noch
mehr verstärkt es sich, wenn er selbst ans Schlagzeug geht und
spielt. Sein „Hippie“ steht als Symbol für weniger Angst vor dem Leben, für Unbekümmertheit und Ausprobierfreude. Er steht weiters für
Aktionshunger, für den entspannteren Umgang mit sich und anderen;
für Spielfreude und vor allem für Interesse an der eigenen Person.
Der Hippie bedeutet Naturliebe, absolute Toleranz, Hilfsbereitschaft
und respektvoll aber auch mit weniger Hemmungen in der Sexualität.
1.8.3
Facit
Bestimmte Aufgabenstellungen „finden Sie Musik, die an … erinnert“ fördern die
Auseinandersetzung mit inneren Anteilen und binden diese wieder an. Musiken
können innere Rollenanteile markieren oder sie repräsentieren emotionale Zustände. Im Folgenden zwei Beispiele für die vermittelnde Funktion als IIO.
Im Fallbeispiel von Frau Schwarz wurde in einer Stunde der „mutige aktive Anteil“ über die Musik aus Costa Rica erweckt, als Gegenpart zu einem „ängstlichbegegnungsvermeidenden Anteil“
Im Fallbeispiel von Frau Berger weckt das Harfenspiel die Erinnerung an den
Rückzugsbereich in ihrer Kindheit, als die Welt noch in Ordnung war und sie mit
ihrem inneren spielerischen Anteil besser in Verbindung stand. Das Anhören
wurde zu einem Warm-up dafür, dass sie wieder selbst zu musizieren begann.
Musikalische Interaktion hingegen widerspiegelt mehr die soziale Interaktion,
den Beziehungsaspekt und bringt sie dabei „auf den Punkt“. Durch Reduktion
der Kodierung werden wesentliche Merkmale unterstrichen und somit leichter
erfassbar.
- 35 -
Kap. 1.9 - Das Symbol im Psychodrama
Musikinstrumente erfüllen die von Rojas-Bermudéz geforderten Merkmale von
IO’s und können im Kommunikationsprozess sowohl als „Radar“ wie auch als
„Verlängerung“ eingesetzt werden.
1.9
Das Symbol im Psychodrama
Symbole bündeln Erfahrungen, Sinneseindrücke, Emotionen in einem Zeichen
und repräsentieren damit bestimmte Inhalte. Im Psychodrama verwenden wir
Requisiten, weil sie Symbolkraft besitzen und kleiden damit die RollenspielerInnen ein. Musik kann ebenfalls in dieser Funktion verwendet werden. Nach J.
Fürst (2004) sind Symbole Verdichtungen mit strukturierender Funktion. Sie
haben unterschiedlichen Abstraktionsgrad, das heißt, ihre Be-Deutung kann
sehr einfach aber auch komplex sein.
Die Bedeutung eines Symbols kann auf der psychodramatischen Bühne durch
einen Rollenwechsel mit dem Symbol erschlossen werden.
Frau Berger benennt die Bedeutung ihrer Musikinstrumente in einem
Interview nach Therapieende so: „Sie [die Instrumente] sind immer
für mich da. Sie fordern nichts von mir und sind wie Eltern.“
Die Codierung und Decodierung der Bedeutung eines Symbols erfolgt durch
deren BenutzerInnen, weil das Symbol zuvor individuelle Zuschreibungen erhalten hat. Für den einen ist der Stein ein Symbol der Festigkeit u. Stabilität, dem
anderen liegt der Stein am Herzen und das Lösen des Steines vom Herzen wird
als Erleichterung erlebt.
Fallbeispiel Herr Border: In unseren Gesprächen wurde mit dem Begriff „Hippie“ ein Symbol geschaffen, das bei Bedarf ohne viele Worte
etwas wichtiges Heilsames darstellt. Es ist der Bezug von Herrn B. zu
sich, der Umgang mit den inneren spielerischen Impulsen.
Wie geht’s eigentlich Ihrem „Hippie“ bedeutet: Haben Sie sich Zeit für
sich selbst genommen? Haben Sie sich neben der Arbeitswut auch
einen lockeren Umgang „geleistet“? Der Hippie steht für Herrn B. besonders auch für musikalische Aktivitäten.
- 36 -
Kap. 1.9 - Das Symbol im Psychodrama
Es gibt jedoch auch kulturell überlieferte Bedeutungen für Symbole, über deren
Entschlüsselung es ein allgemeines Einverständnis gibt – z.B. das Kreuz als
christliches Symbol für den Tod, das Wasser als Lebensspender etc. . Musikalisch typisch dafür sind zum Beispiel Filmmusiken (zu J. Bond Filmen, E.
Morricone). Hier werden Instrumentierung und Spannung steigernde musikalische Elemente gezielt eingesetzt. Musiken sind für viele Menschen symbolisch
kodiert, individuell wie auch kulturell.
Zum einen haben KomponistIn, TexterIn u. InterpretInnen dafür gesorgt, dass
bestimmte Inhalte mit „eingepackt“ worden sind, dadurch ergibt sich die kulturelle Besetzung des Symbols. Dazu werden die musikalischen Strukturen genutzt
– wird Tempo und Ausdruck einer Liebes-Ballade mit der Dynamik eines Tangos oder Orchesterwerke wie die symphonische Dichtung von F. Smetana „Die
Moldau“ verglichen, so fällt auf, wie in der Instrumentierung, Melodieführung,
Wahl der Tonart etc. alles darauf abgestimmt ist, bestimmte Assoziationen zu
wecken oder Bilder zu erzeugen.
Zum anderen kann der nähere Umstand einer Musikerfahrung zu einem Symbol
werden. Für den einen symbolisiert klassische Musik z.B. den Geschmack der
Eltern, die Herkunftsfamilie und kann aus bestimmten Gründen (z.B. Abgrenzung) abzulehnen sein (weil nur Hip-Hop Musik im Alter von 14 Jahren wirklich
cool ist). Für eine andere Person weckt dieselbe Musik angenehme Erinnerungen an das frühere Zuhause und ist jetzt szenisch ein wichtiger Teil eines
gepflegten Abendessens mit der eigenen Familie.
Herr Border berichtet, dass ihm als Junge in seinem Elternhaus bestimmte Musiken verboten waren. Über die musikalische Anamnese
kam die Geschichte heraus, dass er Udo Lindenberg nur heimlich
hören konnte, weil der Musiker optisch (lange Haare) und textlich absolut nicht in die Vorstellungen der Eltern passte. Lindenbergs
„Andrea Doria“, für die Eltern Symbol der Verkommenheit und des
Chaos, stellt für den jungen Burschen Symbol der Auflehnung gegen
rigide Familienstrukturen und wichtiger Anhaltspunkt für seine wachsende Selbständigkeit dar.
- 37 -
Kap. 1.9 - Das Symbol im Psychodrama
Der Abstraktionsgrad einer Musik kann sehr unterschiedlich sein, oft wird nur
die Musikgattung grob differenziert („Jazz klingt schräg, … Rockmusik ist wild
und Volksmusik hört sich kitschig an“). Je nach musikalischer (Vor-)Erfahrung
symbolisieren Epochen, einzelne Stücke, sogar Passagen von Symphonien
etwas ganz Spezielles.
Nach Lorenzer handelt es sich dabei um präsentative Symbolbildung die musikalisch, bildhaft, dramatisch sein kann und mit sinnlich-körperlichen Regungen
verankert ist. (Lorenzer, zit. nach J. Fürst aus Handbuch Psychodrama, 2004,
S. 253)
Im Fallbeispiel Frau Berger – siehe Kap.4.9 - Musikinstrumente als Hilfs-ICH wird gezeigt, wie die Begegnungen mit sich über das Violinspiel zum Symbol
einer glücklichen Jugendzeit kodiert sind. Über die Begegnung mit dem Symbol
kommt Frau B. wieder in Verbindung mit diesem innern Anteil. Die Violine ist
zugleich ein Intra-Intermediärobjekt, weil sie den „Anschluss“ an Gefühle einer
glücklichen Jugendzeit herstellt.
Zum Intermediärobjekt wird das Violinspiel für sie dann, wenn ihr Partner sie in
Zukunft zu Hause öfters spielen hört und ihm damit ohne viel Worte signalisiert
wird, dass Frau Berger einen verspielten Anteil in sich trägt und nicht immer nur
arbeiten möchte.
„Das Symbol ist (…) ein Bild oder Zeichen für etwas Ganzes. Das
Symbol kann zu einem Intermediärobjekt werden, wenn es von jemandem als solches benutzt wird“ (J. Fürst, 2004, S. 255).
Nach J. Fürst’ Darstellung lassen sich innere und äußere Bühne differenzieren,
unser Gedächtnis verarbeitet und regelt den Informationsfluss zwischen den
beiden.
Auf der Psychodramabühne haben wir Zugang zu beiden Sphären, wir holen
Inhalte aus der Vorstellung ins Spiel herein und lassen sie in der surplus reality
der Bühne Wirklichkeit werden. (in der Abbildung von rechts nach links) In der
anderen Richtung gedacht hinterlassen Erlebnisse von der Spielbühne einen
Eindruck, sie berühren unsere Emotionen, werden als Erfahrungen eingespei-
- 38 -
Kap. 1.9 - Das Symbol im Psychodrama
chert, bewertet und verinnerlicht. Sie können auch beim Zusehen kathartische
Wirkung haben.
Abbildung 1-9 Innere-äußere Bühne nach J. Fürst, 2004, S. 246
Die Musikerfahrung bildet auf der psychodramatischen Bühne einen kleinen
zusätzlichen „Balkon“. Siehe modifizierte Grafik Abb.1-10 Zum dramatischen
Spiel bildet sie eine räumliche und sinnliche Erweiterung, welche ebenfalls
wechselseitige Verbindungen zwischen innerer und äußerer Bühne herzustellen
vermag. Gleichzeitig grenzt sie an die psychodramatische Spielbühne und kann
diese begleiten oder ihr gänzlich neue Impulse geben.
Abbildung 1-10 Innere-Äußere Bühne erweitert um Musikbühne
- 39 -
Kap. 1.10 - Berührungsflächen von Musiktherapie | Psychodrama
1.10 Berührungsflächen von Musiktherapie | Psychodrama
In Psychodrama und Musiktherapie wird davon ausgegangen, dass ausgehend
von einer Problemlage die freigesetzte Spontaneität zum Spiel und weiter zu
kreativer Entwicklung führt.
•
Beide Methoden haben gleiche Anwendungsfelder: Therapie, Beratung,
Pädagogik und sie werden im Einzel- wie auch Gruppensetting angeboten.
•
Eine weitere große Gemeinsamkeit besteht im interdisziplinär-übergreifenden
Ansatz, denn beide beziehen Konzepte aus Psychotherapie, Psychologie,
Medizin, Philosophie, Musik- und Sozialwissenschaften.
•
Psychodrama und Musiktherapie sind beides Aktionsmethoden. Statt über
Probleme zu reden erkunden KlientInnen ihre Problemlage aktiv im Spiel. Sie
erarbeiten ihre Konflikte und auch im Zusehen respektive Zuhören sind sie
innerlich aktiv.
•
Psychodrama (Theater) wie auch Musik haben jeweils eigene künstlerische
Ausformungen wie auch Herkunft.
In beiden Methoden sind folgende Konstrukte handlungsleitend:
•
Jeder Mensch besitzt ein Potential an Spontaneität und die
Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln.
•
Das Spiel ist ein interaktiver, helfender und heilende Erfahrungen
vermittelnder Prozess.
•
Die Kreativität kann freigesetzt und/oder wieder entdeckt werden,
dazu sind entsprechende Techniken vorgesehen.
•
Bestimmte Phänomene in der Beziehung zwischen KlientIn und
TherapeutIn sind diagnostisch bedeutend und therapeutisch
wirksam.
•
Begegnung ist eine heilsame Erfahrung.
- 40 -
Kap. 1.10 - Berührungsflächen von Musiktherapie | Psychodrama
•
Dem Tele im Psychodrama entspricht die Resonanz in der Musiktherapie; für
beide Methoden ist dieses Phänomen ein wichtiges Mittel zur Diagnose, eine
Erklärung für bestimmte Störungen und ein therapeutisches Agens.
•
Große Ähnlichkeiten gibt es bei beiden auch bei den Techniken: Monolog,
Dialog, Spiegeln, Doppeln, Gruppenspiel, ProtagonistInnenspiel, Warm-up,
Rollen- und Instrumententausch etc.
•
Beide Methoden sind als ganzheitliche anzusehen, sie nehmen den zu
behandelnden Menschen auf allen Ebenen wahr, Körper, Psyche, spirituelle
Ebene.
Unterschiede zwischen den beiden sind in Folgendem zu sehen:
•
Im Menschenbild: J.L. Moreno sieht den Menschen als soziales Wesen und
nutzt dazu eine eigens geschaffene Philosophie. (vom DU zum ICH); in der
Musiktherapie gibt es je nach ihren EntwicklerInnen keine einheitliche
Sichtweise dazu. Das Spektrum reicht von humanistisch bis
anthroposophisch. Grundsätzlich fließen in der Musiktherapie ebenfalls
systemische, tiefenpsychologische und soziale Konzepte ein. Auch die
Spiritualität hat ihren Platz darin.
•
Das verwendete therapeutische Medium bringt Unterschiede mit sich: In der
Musiktherapie ist es Musik selbst und deren intermediäre Verwendung, mit
einer Einbeziehung von Bewegung, Tanz, Körpereinsatz sowie auch der
darstellende Kunst (musikalische Grafik). Im Psychodrama ist es die Sprache,
das darstellende Spiel (Drama), Stehgreifspiel, Aufstellungs- und
symbolorientierte Techniken. Bereits beim Einbeziehen des Körpers
(Ausdruck, Tanz) nähern sich PD und Musiktherapie wieder an.
- 41 -
Kap. 2.1 - Einleitung Musiktherapie
2. MUSIKTHERAPIE BEGRIFFLICHKEITEN
2.1
Einleitung Musiktherapie
Das folgende Kapitel beleuchtet Musikanwendung aus Sicht der Musiktherapie,
der Musik- und der Neuropsychologie.
Musiktherapie hat grundsätzlich mit Kommunikation zu tun. Sie kommt zum
Einsatz, wenn Sprache versagt oder schwer handhabbar ist. Musiktherapie soll
durch ihre Ansätze den „Boden aufbereiten“, damit eine Psychotherapie oder
andere Therapieform gut ansetzen können.
Im Lehrbuch Musiktherapie erfolgt die Definition Musiktherapie wie folgt:
„Musiktherapie ist allgemein dort indiziert, wo die Behandlung (…)
am wirkungsvollsten unter Einbezug des Mediums Musik ist. Dies gilt
beispielsweise bei stark eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit,
bei erhöhtem Bedarf an Katharsis und Regression, gestörtem oder
nicht ausreichendem Sprachverständnis, fehlender Symbolisierungsfähigkeit, starker Alexithymie (…) und Patienten in existenziellen
Extremsituationen“ (Decker-Voigt, Oberegelsbacher & Timmermann,
2012, S. 102).
Das österreichische Musiktherapiegesetz (MuthG, 2009) beschreibt Musiktherapie als eigenständige wissenschaftlich-künstlerisch-kreative und
ausdrucksfördernde Therapieform. Sie bezieht sich als bewusste Behandlung
auf Menschen mit emotional, somatisch, intellektuell oder sozial bedingten
Verhaltensstörungen oder Leidenszuständen. Weitere Eckpunkte sind: musikalische Mittel, therapeutische Beziehung, Entwicklung, Reifung,
Symptombeseitigung, Verhaltensänderung, Gesundheit.
Frohne-Hagemann (1990) sieht Musiktherapie als einen Sammelbegriff für drei
neben einander stehende unterschiedliche Auffassungen:
•
Musiktherapie als eine medizinische Heilhilfsmethode (Bereich Anästhesie,
Neonatologie, Palliativbereich), manche AutorInnen sprechen auch von Musikmedizin,
- 42 -
Kap. 2.1 - Einleitung Musiktherapie
•
weiters als heilpädagogische, sozial-rehabilitative, zielorientierte Maßnahme,
z.B. in der Behindertenarbeit zur Anregung von Sprachentwicklung und Motorik, als kreativer Ansatz in der Sozialarbeit mit Randgruppen, im Strafvollzug.
•
und schließlich als prozessorientierte, psychodynamisch-orientierte und klinisch-fundierte Musikpsychotherapie, wie sie in dieser Arbeit verstanden sein
soll.
Jungaberle (2007) ist es ein Anliegen, Musiktherapie in einen wissenschaftlich
klar umrissenen Rahmen zu stellen und findet fünf Thesen zur Musik als psychotherapeutischer Methode:
•
Erst das therapeutische Handlungsziel sorgt dafür, in der Musiktherapie die
„musikalischen Szenen zu therapeutischen Szenen zu machen“.
•
Es besteht ein Unterschied zwischen Musik an sich und musikalischen
Szenen, die durch musiktherapietypische Interventionen erst zu solchen
werden.
•
Therapiebedürfnisse der KlientInnen und das Behandlungsmodell des Therapeuten üben Einfluss auf das Musikerleben aus.
•
Das therapeutische Konzept bringt Ordnung in musikalische Szenen, nicht
die Musik selbst mit ihren Prinzipien.
•
Freie Improvisation seien kein Abbild der Seele, sondern kreative und situationsbezogene Produktionen, die im Kontext betrachtet und verstanden
werden sollten.
Er sieht weiters vier Ebenen, auf denen Musik klinisch interessante Veränderungen bewirken können und veranschaulicht diese in seinem KESIModalitätsmodell, siehe Grafik 2-1. Demnach kann der therapeutische Fokus
auf kognitive (K), emotionale (E), sensomotorische (S) oder interaktionelle (I)
Perspektive gelegt werden.
Für die Anwendung bezogen auf diese Arbeit wird der Schwerpunkt auf E, der
emotionalen Perspektive und I, der interaktionellen Perspektive, oder in Kombinationen von beidem liegen.
- 43 -
Kap. 2.1 - Einleitung Musiktherapie
Abbildung 2-1 KESI – Modalitätsmodell, Jungaberle, 2007, S. 300
Jungaberle (2007) spricht von musikalischen Experimenten als „kooperativen
Handlungen“, während denen Musik ihren Einfluss auf den Menschen erst
durch dessen Umgang mit ihr gewinnt. Improvisationen und Musikhören seien
„zentrierte Interaktionen“, in denen die TeilnehmerInnen ein gemeinsames Zentrum der Aufmerksamkeit aufrechterhalten. Die durch Musik vermittelten
Erlebnisqualitäten (mentale Bilder, Emotionen, Körperzustände sowie auch
transpersonale Erfahrungen) stehen im Zentrum.
Zur Bedeutung von improvisierter Musik in der Therapie meint FrohneHagemann (1990):
„In den Gestaltungen der improvisierten Musik im Rahmen der Musiktherapie kommt demnach etwas zum Ausdruck von der
prozesshaften Morphologie des Seelenlebens des Patienten, von der
seiner seelischen Konstruktion. Treffender als von ,,Ausdruck-“ können wir hier vielleicht von „Abdruckformen“ des seelischen Umgangs
mit der Welt im Medium des Musikalischen sprechen.
Dieser ,,Abdruck“ hat quasi ,,Objekt-" oder „Werkcharakter“, er ist
sinnlich wahrnehmbar, man kann darüber reden oder sich im Weiterspielen gemeinsam darauf beziehen, damit so etwas wie
Geschichtlichkeit entstehen kann“ (Frohne-Hagemann, 1990, S. 52).
- 44 -
Kap. 2.2 - Musikpsychologie & Neurophysiologie
2.2
Musikpsychologie & Neurophysiologie
Wenn Musik in der Psychotherapie eingesetzt wird, sollten PsychotherapeutInnen beachten, dass sie damit eine sehr alte „Technologie“ verwenden, an die
auch unser Gehirn bereits „gewöhnt“ ist. Wir sind mit Bestimmtheit empfänglich
dafür.
Der Psychiater G. Harrer und die Psychologin C. Frank gehörten zum Kreis der
PionierInnen in Österreich, die sich in den 1980ern bereits intensiv mit dem Musikerleben beschäftigt haben. Vornehmlich mit der Wirkung auf der (psycho)somatischen Ebene, weil es damals noch keine bildgebenden Verfahren in der
Hirnforschung gab.
Mit Hilfe von polygraphischen Messungen gelang der Nachweis einer eher unspezifischen Wirkung von Musikrezeption auf das Vegetativum. Diese
Erfahrungen entstanden bereits um 1975, wobei die Neuropsychologie und
Neurophysiologie seitdem eine Vielzahl neuer Erkenntnisse gemacht hat.
Abbildung 2-2 C. Frank – aus Harrer, 1975, S. 85
C. Frank (1975) bewies damals an Hand von Versuchen mit dargebotenen
Trommelwirbeln, dass Puls-/Atemrhythmen sich an rhythmische Trommelschläge angleichen. Ziel war es, eine Wirkungskontrolle für den therapeutischen
Einsatz von Musik zu finden. Die Wirkung der Musik auf die Psyche war anerkannt, es fehlte aber noch am wissenschaftlichen Nachweis und an einer
präziseren Ausrichtung.
- 45 -
Kap. 2.2 - Musikpsychologie & Neurophysiologie
Zwischenzeitlich sind große Fortschritte in der Hirnforschung erzielt worden. Eine besondere Stellung
nimmt dabei die Positronen-Emissions-Tomographie
(PET) ein, welche als bildgebendes Verfahren die
Schnittbilder von lebenden Organismen erzeugt, indem sie unter Verwendung schwach radioaktiver
Substanzen biochemische und physiologische Funktionen abbildet.
Die Bilder zeigen die aktivierten Regionen bei Darbietung von „Gänsehaut-Musik“ farblich skaliert.
Damit kann die Musikwirkung mit der Wirkung anderer bekannter Stimuli verglichen werden.
Belohnungssysteme werden sichtbar gemacht. Experiment von Blood & Zahorre (2001)
Abbildung 2-3 PET-Untersuchung, Blood & Zahorre (2001)
Der Psychiater, Psychologe und Philosoph Manfred Spitzer (2007) meint, dass
sich Musik und Hirnforschung gegenseitig brauchen. Die meisten von uns haben seit der Zeit vor der Geburt mit Musik zu tun. Unser Gehirn entwickelt sich
quasi unter Musikeinfluss.
In der psychodramatischen Sprache gesagt: Musik ist somit Teil unseres individuellen und soziokulturellen Atoms. Sie repräsentiert historische und
soziokulturelle Vorgänge und ist in einem kollektiven Bewusstsein verankert.
Als Beweis dazu hat Musik Einzug in unseren Sprachgebrauch gehalten.
„ Wenn wir etwas mögen, ist es Musik in unseren Ohren, wer den Ton
angibt, spielt die erste Geige, und wem der Marsch geblasen wird,
der pfeift aus dem letzten Loch“ (Spitzer 2007, Im Vorwort zu „Musik
im Kopf“).
In Spitzers musikalischen Metaphern im Zitat spiegeln sich emotionale und Beziehungsthemen wider, wie sie in der Psychotherapie bekannt sind. Auch ist
den PsychodramatikerInnen ist diese bildhafte Sprache sehr vertraut.
- 46 -
Kap. 2.2 - Musikpsychologie & Neurophysiologie
Das Erleben von Musik bedeutet Hören und dafür sind neuronale Prozesse im
Gehirn verantwortlich. Hören hat bestimmte Repräsentationen im Gehirn. Es
gibt daher spezifische Neurone, die auf akustische Einganssignale spezialisiert
sind. Aber nicht nur, dass diese Neurone Ja/nein signalisieren, sie können auch
Ja/Aber oder Nur/wenn signalisieren und haben somit sehr differenzierte Reaktionsmuster für ihre Arbeit zu Verfügung.
Neuroplastizität bedeutet, dass bei entsprechendem Reizangebot auch entsprechende neuronale Verbindungen wachsen – was sich messbar durch
Vergrößerung ganzer Regionen in cm-Dimensionen zeigt, wenn z.B. jemand ein
Instrument erlernt. Bezogen auf das Musikmachen und musikalische Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass es im Gehirn zur Bildung
spezifischer neuronaler Netzwerke kommt. Auch die Bewertung und assoziative
Verbindungen (Emotionen, Gedankenbilder) werden gespeichert.
•
Verbindung von Musik mit dem Gehirn
Eine Koppelung von Musikerfahrungen mit erlebten Emotionen könnte nach
Spitzer (2007) dadurch erklärt werden, dass die Verbindung von zwei Neuronen
immer dann an Stärke zunimmt, wenn sie gleichzeitig aktiv sind. Das wird auch
als Langzeitpotenzierung bezeichnet und ist Grundlage jeglichen Lernens. Nach
Hebbs Prinzip heißt es auch: „Neurons that fire together wire together.“
In Versuchen wurde weiters gezeigt, dass die Vorstellung von Musik ähnliche
Impulse im Gehirn erzeugt wie die reale Wahrnehmung oder die Produktion.
Beim Erleben von Musik spielt die persönliche Lerngeschichte, d.h. die musikalische Sozialisation eine entscheidende Rolle. Dem einen wird als Kind
vorgesungen, wer anderer lernt bereits mit 3 Jahren Violine – oder keines von
beidem geschieht. Auch die Bewertung der musikalischen Reize hat Einfluss
darauf, wo, wie und wie viel davon im Gehirn gespeichert, d.h. neuronal vernetzt wird. (Altenmüller 2000)
Es gibt daher kein „Musikzentrum“ im Gehirn, das bei allen Menschen am gleichen Ort zu finden wäre. Allerdings gilt schon als bewiesen, dass angenehm
- 47 -
Kap. 2.2 - Musikpsychologie & Neurophysiologie
erlebte Musik die „Belohnungszentren“ aktiviert und parallel auch die Angstzentren hemmen kann.
Dies zeigt der Bericht vom „Gänsehaut-Effekt“ - Versuch nach Blood & Zatorre
(2001), der mit MusikerInnen durchgeführt wurde. Diese sollten Musikstücke
und Passagen darin angeben, die bei ihnen ein wohliger Schauer über den Rücken erzeugt. Während des Anhörens der Stücke wurde mittels PET gemessen,
welche Gehirnregionen beteiligt waren. Bestimmte Regionen wurden aktiviert,
wie wenn natürliche Belohnungsreize gesetzt würden (Nahrung, Sex, stimulierende Drogen). Andere Regionen (Amygdala und Hippocampus) zeigten sich im
Einfluss von hemmenden Impulsen, was einer Hemmung von Angst entspricht.
“The ability of music to induce such intense pleasure and its putative
stimulation of endogenous reward systems suggest that, although
music may not be imperative for survival of the human species, it may
indeed be of significant benefit to our mental and physical well-being”
(Blood & Zatorre, 2001, S. 11).
Das Experiment beweist natürlich nicht einen generellen Kausalzusammenhang, dass jegliche Musik gleich einer Droge das Gehirn belohnt und die Angst
wie durch einen Tranquilizer senkt.
Aber die AutorInnen der Studie kommen zu der Erkenntnis, dass Musik unser
psychophysisches Wohlbefinden deutlich positiv beeinflussen kann. Und obwohl Musik in der Entwicklungsgeschichte nie überlebensnotwendig war, übt sie
auf unser endogenes Belohnungssystem einen mächtigen Einfluss aus.
Die folgende Grafik zeigt den Zusammenhang von Gehirnaktivität und Musik in
den unterschiedlichsten Regionen. Spitzer kommt daher zusammenfassend zur
Feststellung, dass das ganze Hirn Musik macht und erlebt.
- 48 -
Kap. 2.3 - Rezeptive Musiktherapie
Abbildung 2-4 Das Gehirn hört mit, Spitzer 2007, S. 209
2.3
Rezeptive Musiktherapie
Schwabe (1974) beschreibt mehrere einzelmusiktherapeutische Verfahren, in
denen Musik gehört wird und nennt sie zusammengenommen gerichtet rezeptive Einzelmusiktherapie. Er legt Wert darauf, dass das Verfahren nicht als
passive Musiktherapie bezeichnet wird, da bei Musikhören immer eine rege
innere Beteiligung bei KlientInnen geschieht.
Auf diese rezeptiven Verfahren beziehe ich mich zum Beispiel bei der Anwendung von Musik als Warm-up Technik auf Seite 79 führe jedoch die
Weiterarbeit, die Aufarbeitungsphase psychodramatisch fort.
•
Kommunikative Form der Einzelmusiktherapie
Darunter versteht Schwabe „ (…) gemeinsames Anhören von Musik
durch Therapeut und Klient mit der Absicht, eine Brücke gegenseitigen Vertrauens herzustellen. Die Hinwendung zum gemeinsamen
Musikerleben kann beim Patienten eine emotionale Aufgeschlossenheit fördern, die als Voraussetzung einer psychotherapeutisch
erfolgreichen Gesprächsführung anzusehen ist“ (Schwabe, 1974, S.
111).
- 49 -
Kap. 2.3 - Rezeptive Musiktherapie
Lange vor der Erforschung therapeutischer Wirkfaktoren in der Psychotherapie
durch Grawe (2004) findet Schwabe es wichtig, das Vertrauensverhältnis und
die Beziehung zum Klienten zu pflegen und darauf zu achten, wenn negative
Konfliktzusammenhänge aktualisiert werden. (Schwabe 1974) Er nutzt dabei
Musik auf der Begegnungsbühne.
• Reaktive Form
In diesem Verfahren sollen durch entsprechende Musiken starke emotionale
Spannungen erzeugt bzw. bestehende verstärkt werden. Das „Fass soll zum
Überlaufen gebracht werden“, so könnte man meinen. Er verwendet diese Form
bei chronifizierten Störungen oder wenn der therapeutische Dialog durch Widerstände, Rationalisieren und Fixierungen verlangsamt ist oder stillsteht. Dies
mag der damaligen Kultur der Therapieführung (den Prozess „pushen“) entsprochen haben, wird heute vermutlich ein Kopfschütteln hervorrufen. J.L.
Moreno hätte die reaktive Form vielleicht schon als Möglichkeit gesehen, das
„Feuer der Spontaneität zu schüren“.
• Regulative Form
„Der Vorgang der regulativen Musiktherapie besteht im Erlernen und
Praktizieren einer bestimmten Aufmerksamkeitshaltung
(Konzentration ohne Willensanspannung), wobei die Aufmerksamkeit
in einem Wechselspiel zwischen dem Anhören von Musik und der
Beobachtung von körperlichen Phänomenen korrespondiert“
(Schwabe, 1974, S. 116).
Musik- und Körperwahrnehmung soll in einer Art Pendelbewegung geschehen,
ohne dass es nötig ist, sich besonders auf eines zu konzentrieren. Den Gedanken ist es ausdrücklich erlaubt zu „floaten“, sie sollen sich nur nicht verhaken.
„Vielmehr besteht das Musikrezipieren innerhalb der regulativen Musiktherapie in einem Angemutetwerden durch bestimmte
charakteristische Merkmale der betreffenden Musik, das heißt durch
die Wahrnehmung und regulative Wirkung wesentlicher Details, beispielsweise melodischer Figuren und Wendungen, charakteristischer
Instrumente, Grundstimmungen (…)“ (Schwabe, 1974, S. 117).
- 50 -
Kap. 2.4 - Musikimagination
Einzeln erfahren die KlientInnen die Methoden im Liegen, bequem gelagert, der
Therapeut am Kopfende sitzend. Das Aufwachen ist rituell mit Strecken, Räkeln
und Gähnen verbunden – eine langsame Rückkehr in die Wachlage ist erwünscht. Daran schließt jeweils eine kurze Besprechung zur Gefühlslage jetzt /
Vergleich mit davor, sowie mit Benennen der aufgetretenen Gedanken. Allen
drei Formen ist gemeinsam, dass sie auch im Gruppensetting bewährt sind.
Den Fallbeispielen aus der eigene Praxis des Autors am nahesten kommen die
beschriebene kommunikative -siehe Musik als IO auf Seite 89 und die regulative Form - siehe Entspannung-Entängstigung Seite 86.
Bei der kommunikativen Form scheint es mir wichtig, dass dabei bevorzugt Musikmaterial der KlientInnen verwendet wird. Es geht schließlich um deren
individuelle Szenen, emotionale Verbindungen, Kodierung der Symbolik, Interpretationsweise etc.
2.4
Musikimagination
Musikimagination (MI) ist eine musiktherapeutische Technik, die aus der geführten Imagination mit Musik (GIM) nach Bonny (Geiger & Maack, 2010) heraus
entwickelt wurde. Als Methodengründerinnen gelten F. Goldberg (1992) und
Lisa Summer (1995). Für die Kombination mit dem Psychodrama erscheint MI
geeigneter als GIM.
Zum grundlegenden Verständnis sei die Beschreibung der GIM Methode als
„Mutter der Methoden“ hier vorangestellt.
•
Geleitete Imagination mit Musik (GIM) nach Bonny
In der GIM leitet nicht der/die TherapeutIn die Imagination, sondern es sollen
sich die Imaginationen bei den KlientInnen frei entwickeln. Die Methode sieht
vor, dass das Unbewusste der PatientInnen, die Musik, der/die TherapeutIn,
sowie die impliziten Wechselwirkungen wirksam werden. Gehört werden speziell zusammengestellte Programme von meist klassischer Musik, eine GIM
- 51 -
Kap. 2.4 - Musikimagination
Sitzung dauert dabei 1,5-2 Stunden, es gibt thematisch spezifizierte Programme
– GIM kennt spezielle Kriterien, wie geeignete Musik gefunden wird. Dies erfordert eine spezielle Schulung. Die GIM-Musikprogramme tragen Bezeichnungen
wie: Explorations, Quiet Music, Creativity, Imagery, Recollections, Positive
Affect, Peak Experience, Transitions, Caring, Grieving, Nurturing, etc. und sind
aus 4-6 klassischen Musikstücken zusammengesetzt.
•
Musikimagination (MI)
Als Modifikation der GIM Methode nach H. Bonny (Geiger & Maack, 2010) umfasst MI den Einsatz von Musik und Imagination in einem stärker
strukturierteren Rahmen. Die KlientInnen verweilen bei einem inneren Bild, statt
im Fluss der Bilderabfolge weiter zu „schwimmen“ und erkunden dieses durch
weitere kreative Techniken wie Schreiben, Malen Bewegen. Die Dauer einer
Musikimagination entspricht einer Psychotherapieeinheit von 50 min. Meist
reicht dazu ein Musikstück, welches ggf. wiederholt wird.
Das dramatische Spiel als fortführende Bearbeitungsmöglichkeit wird nicht erwähnt und stellt somit ein Merkmal meines Ansatzes – siehe folgendes
Fallbeispiel dar.
Vom Ablauf her ist MI viel kürzer als GIM gehalten, mit einer kurzen Entspannungsphase und mit Induktion nur während der Musik. Meist wird ein einziges
Musikstück anegboten. Bei Bedarf wird es wiederholt und hat hier die Aufgabe,
die KlientInnen in einer Imagination zu halten. In der stützenden Form ist es ein
positives Bild (z.B. der „sichere Ort“), in der fokalen MI kann auch ein konflikthaftes Bild hinzukommen. Die KlientInnen tauchen nicht so tief ein und sind
eher wach. Entspannung und Körperwahrnehmung sind nicht das vorrangige
Ziel. Ein Muster für eine playlist ist auf Seite 65 zu finden.
Es folgt ein Fallbeispiel eines 59 jährigen Mannes in schwerer depressiver Krise
nach vorangegangenen Verlustereignissen (Erkrankung, Jobverlust, Beziehungsverlust, schwere Kindheit mit depressiver Mutter – Themen, die schon in
vorangegangener Therapie bearbeitet wurden). Jetzige Therapieziele: Bearbeitung der Verluste, Loslassen, neue Perspektiven, wieder Stärke in sich finden.
- 52 -
Kap. 2.4 - Musikimagination
Zu Beginn der Psychotherapie bietet die Psychotherapeutin eine stützende Musikimagination an.
Fallbeispiel – depressiver Mann (aus Fausch-Pfister, 2012, S. 176)
Die Therapeutin (=Thp) leitet den Klienten an, sich einen Ort vorzustellen, wo er sich wohl und geborgen fühle. Der Klient findet den Ort
an einem Strand, die Thp spricht während der gesamten Imagination
und vertieft die Vorstellung auf allen Sinnesebenen. Worte und Sätze
werden dem Musiktempo angeglichen. Er empfindet Geborgenheit im
Wasser und fühlt sich im Rhythmus mit den Wellen. Der Klient kann
das angenehme Gefühl während der Sitzung halten.
In den Folgesitzungen wird das Gefühl wieder wachgerufen und es
verankert sich auch im Alltag. Weiters beschäftigt er sich in der Therapie damit, was ihm sonst noch gut tun könnte. Der Klient kommt auf
Chorsingen als Hobby. Nach ein paar Monaten ist er gefestigt genug,
sich mit den Verlusterlebnissen zu beschäftigen. Traurigkeit und Wut
kommen erst jetzt zum Ausdruck.
Im Grunde ähnelt die Vorgangsweise jener der Traumatherapie (nach L. Reddemann 2001), bei der in der Stabilisierungsphase ausschließlich
ressourcenorientiert gearbeitet wird. Es bietet sich die Musikimagination sehr
für die Behandlung des PTBS (Posttraumatischen Belastungssyndrom) in Verbindung mit Psychodrama an, zum jetzigen Zeitpunkt kann der Autor dazu noch
keine Erfahrungen aus seiner Praxis vorweisen.
Im Folgenden geht um eine depressiv verstimmte Frau 58 Jahre, pflichtbewusst, aus gefühlskaltem Elternhaus stammend, die sich mehr Lebensfreude
und mehr Gefühle wünschte. Ein ungelöster innerfamiliärer Konflikt verhindere
dies. Einige Einheiten stützende MI gingen der folgenden Szene voraus – die
dem fokalen Ansatz entspricht – darin kommen auch konflikthafte Themen vor.
- 53 -
Kap. 2.4 - Musikimagination
Fallbeispiel – depressive Frau (Fausch-Pfister, 2012, S. 178)
Während einer eher leicht-heiteren Musik leitet die Therapeutin sie
an, sich ein „ganz eigenes Zimmer“ vorzustellen. Sie sollte sich dort
umsehen und auch später das Gefühl bei den Auseinandersetzungen
mit ihrem Bruder auftauchen lassen. Die KlientIn beschreibt ein helles
freundliches Zimmer mit Pflanzen darin.
Am Ende taucht dazu das Bild eines Leistungssportlers = Hammerwerfers auf, der gleich sein Gerät werfen wird. (Symbol für Kraft /
Ärger / Familienkram), Lösungsmöglichkeit: diesen Grant wegzuwerfen, also sich zu distanzieren. Das eigene Zimmer als Symbol für
„das Eigene“, das Selbst.
Es sei auch erwähnt, dass aus der GIM neben der Musikimagination (MI) noch
weitere Verfahren abgeleitet und entwickelt wurden. Weil weiter oben der Einsatz bei TraumapatientInnen angesprochen war möchte ich auch das Music
Breathing, entwickelt vom schwedischen Psychiater, Psychotherapeuten und
GIM Ausbildner Dag Körlin erwähnen. Es ist eine Trauma spezifische Anwendung von Imaginationstechnik in Kombination mit Musik und Atem.
„Music breathing“ (MB)
Hierbei geht es um die Kombination von zentriertem moduliertem Atmen
mit/ohne Musik, der psychotherapeutischen Arbeit und der Verbindung von Atmen mit Musik nach einem bestimmten Ablaufschema. Zielgruppe sind
traumatisierte Personen, denen durch Einsatz der Atmung ein Werkzeug in die
Hand geben werden soll, um selbst die Dysregulation des Stammhirns stabilisieren zu lernen. Stichwort: Selbstberuhigung. Es wird mit der Visualisierungen
des Atemraumes gearbeitet, dieser wird auch gezeichnet. Das konzentrierte
Atmen wird erst eingeübt, dann mit Musik verbunden.
Abschließend ein paar Informationen zu H. Bonny (GIM), weil ich meine, dass
ihre Vita eigentlich als Metapher dafür steht, welche Aspekte in diese sehr praxisorientierte Methode „gepackt“ worden sind.
- 54 -
Kap. 2.5 - Musikalische Improvisation
Helen Bonny wuchs als Tochter einer Musikerin und eines Pastors in Kansas /
USA auf und hatte mit 27 ein Schlüsselerlebnis während des Musizierens in der
Art einer Bewusstseinsveränderung. Dies bewog sie, den Zusammenhang von
Musik, Bewusstseinszuständen und Spiritualität zu erforschen. Sie studierte mit
40 Jahren Musiktherapie und absolvierte selbst eine Psychotherapie (humanistische Psychotherapie nach Maslow und Hypnotherapie). Später forschte sie
am Maryland Psychiatric Research Center gemeinsam mit Kenneth Godfrey,
Stanislav Grof, Walter Prahnke zum Einsatz von LSD in der Therapie, mit und
ohne Musik. In den 70ern wurde die LSD Forschung eingestellt. Damals waren
die Probandinnen: Neurotiker, Suchtkranke und Menschen mit Krebs im Endstadium.
Später verfeinerte sie ihre Ansätze und entwickelte spezielle Kriterien, nach
denen geeignet Musik gefunden werden konnte. Ebenso unterscheidet sie für
die Anwendung bei den KlientInnen verschiedene Strukturniveaus und passt die
Methode spezifisch an deren Erfordernisse an.
2.5
Musikalische Improvisation
Fausch-Pfister (2011) berichtet von Techniken, die sie aus dem Psychodrama
abgeleitet und in den musiktherapeutischen Kontext übertragen hat.
Im sozialen Atom in der Musiktherapie werden beginnend mit der/dem KlientIn
im Zentrum weitere Instrumente um das Zentrum angeordnet, die KlientInnen
wählen geeignete musikalische RepräsentantInnen aus, spielen diese Personen dann. Es entsteht ein Bild der sozialen Situation, IST-Stand und
Wunschbilder können ebenso gestaltet werden.
Das kulturelle Atom oder kulturelles Orchester, wie es Fausch-Pfister aus Sicht
der Musiktherapie nennt, führt als Wegweiser zu Neuorientierung. Welche Rollen möchten KlientInnen nicht mehr spielen, welche aber klingen verlockend?
Folgende Spielanleitung ist vorstellbar, konnten jedoch mangels Instrumenten nicht praktisch ausprobiert werden.
Ausgehend von der Arbeit am kulturellen Atom auf der Tischbühne,
mit Papier und Buntstiften – könnten KlientInnen in einem weiteren
- 55 -
Kap. 2.5 - Musikalische Improvisation
Schritt angeleitet werden, sich für die wahrgenommenen Anteile entsprechende Musikinstrumente zu wählen. Am Boden werden mit
Seilen Kreise markiert, dann erfolgt die Aufstellung der Geräte. Weiters geht der/dieKlientIn von einem Instrument zum anderen und
spielt kurze Sequenzen, welche die jeweiligen Qualitäten entsprechend darstellen. Welcher Klang zieht sie/ihn besonders an, wo mag
er/sie länger bleiben. Was fehlt im Bild, was gehört archiviert und entfernt? Was fällt dem/der TherapeutIn auf, Spielweisen lassen sich
spiegeln, etc..
Die musiktherapeutische Improvisation wird von Frohne-Hagemann (2001) als
spontanes Medium beschrieben, in welchem sich die PatientInnen in vollkommener Gegenwart befinden und keine Zeit haben, ihre Impulse zu kontrollieren.
Unbewusstes, Abgespaltenes und Verdrängtes werde hörbar, bevor der innere
Zensor es unterdrücken kann.
Hier haben die Musiktherapie und das Psychodrama eine wichtige Gemeinsamkeit. Erst das Wagnis des Unkontrollierbaren ermöglicht das Verlassen von
Rollenfixierungen und die Entwicklung von Neuem.
Nach Hegi (2010) geht es in der Therapie um die Erlebnisfähigkeit mit Musik.
Die Musik stellt (zu den verbalen) weitere Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung. Diese können unter Anleitung zur Ressource werden:
Zum Beispiel in der Improvisation das erste Mal die eigene „lautere Seite“ zu
entdecken, im unverfänglichen Ausprobieren der Klangmöglichkeiten des Instrumentes auf neue eigene Impulse zu stoßen.
In der Wiener Schule der Musiktherapie gibt es folgende Intervention:
Verwendet werden z.B. eine Pauke, Kantele, Gong (siehe Seite 64)
Phase 1 – Warm-up:
Erkunden Sie einmal das Instrument, durch z.B. Umfassen, Betasten,
Beklopfen, Streicheln, … welche Form, welches Gewicht hat das Instrument. Alle Sinne werden hier einbezogen. Nun geht es ans
Erforschen der akustischen Möglichkeiten, auch der ungewöhnlichen.
- 56 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
Klopfen, Streichen, Zupfen, Schlagen stärkerer und schwächerer
Krafteinsatz. Dann erst beginnt eine Spielphase.
Phase 2 – geleitetes Spiel, musikalischer Dialog am Instrument
Nach einer Stillephase beginnen TherapeutIn und KlientIn wechselseitig Einzeltöne zu spielen. Die Anleitung lautet: “Gegenseitiges
Geben und Nehmen von Tönen“. Sich und dem Gegenüber dabei
Zeit lassen, bis der Ton ausgeklungen ist.
Phase 3 – Nachbearbeitung, verbal
In der Nachbesprechung könnte herauskommen, dass das Töne Geben leichter gefallen ist, als das Nehmen. Dass Ungeduld zu spüren
war. Dass es sich gut angefühlt hat, wie der Partner bis zum „Ausklang“ gewartet hat. „Es lässt mich endlich wer ausreden, ich werde
gehört.“ Nächste Frage des Thp: „Woran erinnert Sie diese Erfahrung?“
Daran könnte sich ein Sharing durch den/die Musiktherapeutin
schließen. Dies Vorgangsweise beschreibt typisch musiktherapeutische Interventionen. (Schmölz, 1980)
2.6
Musik als Metapher
Metaphern, hier sind es musikalische Metaphern, sind effektive Werkzeuge in
der Psychotherapie. Lakoff & Johnson (2007) meinen dazu, dass dem menschlichen Denken grundsätzlich eine metaphorische Struktur inne wohnt. Das legt
nahe, im psychotherapeutischen Prozess ebenfalls Metaphern als „Sprache“ zu
verwenden.
„Genauso wie wir Metaphern ausfindig machen, um die Gemeinsamkeiten zu beleuchten und kohärent zu machen, die wir mit einem
anderen Menschen teilen, so machen wir persönliche Metaphern ausfindig, um unsere Biographie, unsere Aktivitäten, unsere Träume,
Hoffungen und Ziele zu beleuchten und kohärent zu machen.
- 57 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
In weiten Teilen ist der Versuch, das eigene Selbst zu verstehen, die
Suche nach passenden persönlichen Metaphern, die unserem Leben
einen Sinn verleihen. Um das eigene Selbst verstehen zu können, ist
ein endloser Aushandlungsprozess notwendig, in dem wir die Bedeutung finden, die unsere Erfahrungen für uns haben“ (Lakoff &
Johnson, 2007, S. 266).
Nach Aristoteles entsteht die Metapher durch die Übertragung eines fremden
Wortes auf ein wahres (griechisch: metà phérein für „anderswohin tragen“).
Metaphern werden im Psychodrama wie auch in der Musiktherapie häufig verwendet. Im Drama ist es die Metapher vom Protagonisten (KlientIn), der die
Bühne (des Lebens) betritt, vom Regieführen (Ziele im Leben verfolgen), von
den GegenspielerInnen (z.B. der strenge Chef), vom Thema des Stückes (ich
will Karriere machen), vom Gelingen der In-szen-ierung, wie er oder sie sich in
Szene setzt. (müsste mich mehr durchsetzen) Damit ist psychodramatisch das
Leben an sich, den Menschen und seine Geschicke auf dieser Welt gemeint.
Auch aus musikalischer Sicht kann der handelnde Mensch in Metaphern betrachtet werden. Er bringt sich erst „in Stimmung“, vergreift sich vielleicht „im
Ton“ oder „haut auf die Pauke“, sie „spielt“ mit, findet mit der Meinung in der
Gruppe „Anklang“, er findet „seine Melodie“ oder wird „vom Rhythmus gepackt“,
sie „spielt die erste Geige“, sie zieht „alle Register“, greift „in die Tasten“ oder
„pfeift aus dem letzten Loch“. Es gibt den musikalischen „Dialog“, das „Solo“
(ProtagonistIn), das Orchester als „Großgruppe“, die „Begleitung am Klavier“
usf. Das alles findet auch auf einer „Bühne“ vor ZuseherInnen statt.
Mit dem therapeutischen Einsatz von Metaphern sind PsychodramatikerInnen
nicht alleine, andere Fachrichtungen benutzen diese ebenfalls. Ganz besonders
findet sich diese Technik bei den HypnotherapeutInnen und systemischen FamilientherapeutInnen. Wie können Musik und Metaphern zusammenhängen?
Zur Metapher: Musik ist Sprache
Jungaberle (2007) meint dazu: Psychotherapie funktioniere über Sprache und
Musik habe zu Sprache Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede. Beide wollen
- 58 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
erlernt werden, sie basieren auf einem bedeutungstragenden Gebrauch von
Klangmustern und sie sind Modi der Kommunikation, allerdings mit unterschiedlicher Zielsetzung. Sprache ziele auf digitale Information, bei der Musik ist das
Kommunikationsziel der Austausch analoger Information.
Beim freien oder thematischen dialogischen Improvisieren mit Musik zeigt sich
die Metapher: Musik sei eine Sprache. Musik hat bekanntlich für jeden viele
Bedeutungen, der ihr zuhört, semantisch ist sie somit vieldeutig.
„Wenn man die Metapher, Musik sei eine Sprache akzeptiert, dann
erscheinen musiktherapeutische Dialoge als Erweiterung und Hervorhebung non- und parasprachlicher Aspekte der Kommunikation“
(Jungaberle, 2007, S, 282).
Unter Umständen kann diese „Sprachfunktion“ der Musik hilfreich sein, nämlich
dann, wenn es an Worten fehlt. Hier befinden wir uns auf dem Weg Richtung
Musiktherapie. Die Wiener Schule der Musiktherapie sieht Musik als Kommunikationsmedium oder Feld, in dem Kommunikationsphänomene beobachtbar
und behandelbar werden.
Zur Metapher: Musik ist ein virtueller Raum
Weiters findet Jungaberle (2007): In der Metapher, Musik sei ein virtueller
Raum [vgl. im Psychodrama die surplus-reality, Anm. d. Autor] stecke das
„Gleichnis für die Fähigkeit, eine durch musikalische Aktivität vermittelte gemeinsame Realität aufzubauen. Imaginäres und Subjektives können einander
mitgeteilt werden.
„Im privaten Raum ermöglicht es Musik, eine subjektive Metarealität,
einen von Emotionen und Phantasien bewegten Eigenraum zu schaffen, in dem sich persönliche Empfindungen, Erinnerung und Vision
ein akustisches Gegenstück verschaffen. Im öffentlichen Raum bringt
Musik Begegnungen zustande indem das Private durch Gesten, Tänze und Körperhaltung musikalisch in Szene gesetzt wird“
(Jungaberle, 2007, S. 284 ff).
- 59 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
Der virtuelle musikalische Raum illustriert den privaten und öffentlichen, subjektiven und kulturellen Gestaltungsprozess, der sich beim Musikhören und
Musikspielen vollzieht.“
Als Beispiel sei die Metapher vom Schlagzeugspielen beschrieben.
Herr Border, der bereits mit seinem „inneren Hippie“ hier erwähnt
wurde, geht von Zeit zu Zeit in den Keller seines Hauses, wo er
Schlagzeug spielt. An der Art und Weise wie es ihm gelingt, kann er
sich selbst erfahren. Zum einen tut er etwas Zweckfreies, er exponiert
sich aber auch vor sich selbst denn er spielt Rocknummern nach und
versucht die Sache „gut zu machen“. Das ganze passiert in einem
geschützten Bereich, er will dazu alleine sein. Er konzentriert sich auf
die Musikimpulse, auf sein Spiel, auf seinen Anspruch oder seine Gelassenheit. Dazu beobachtet er sich, wie er mit seinen „Fehlern“
umgeht. Das Schlagzeugspiel dient ihm zur Unterhaltung aber auch
als Spiegel seiner Befindlichkeit. Es hilft ihm oft aus Stimmungstiefs
heraus.
Nun zu einem fiktiven Beispiel einer Intervention mit musikalischen Metaphern.
Im Verlauf der Anamnese wird entdeckt, dass Musik im Leben der KlientIn eine
Rolle spielt und es daher eine Resonanz für musikalische Metaphern geben
könnte. Dabei wird Musik ohne Musizieren als Metapher eingesetzt.
Thp: Wie geht es Ihnen derzeit, was möchten Sie heute bearbeiten?
Kl: Nicht besonders gut, ich weiß nicht wo ich anfangen soll.
Thp: Sie haben mir einmal erzählt, dass Sie Musik mögen?
Kl: Ja, das stimmt.
Thp: Wenn Sie in sich heute / jetzt hineinhören, wie klingt es derzeit
in Ihnen?
Kl: Mmmh, komische Frage, da ist es eher still in mir.
- 60 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
Thp: Schließen Sie einmal die Augen und hören Sie genauer hin. Sie
sitzen nun in Ihrem eigenen Konzertraum. Es kann gut sein, dass
derzeit in Ihnen nichts gespielt wird, vielleicht gibt es bei Ihnen gerade eine „Pause“. Aber bleiben Sie dran.
Vertiefend könnte der Thp fragen: Was wurde zuletzt bei Ihnen gespielt, was steht denn am „Programmzettel“, was würde Sie freuen
zu hören?
Was wäre, wenn Ihr Leben ein „Wunschkonzert“ wäre, …oder Sie
selbst die Programmgestalterin?
Fischer (2003) nennt den Vorgang reflexive Metaphorisierung, wenn Metaphern
mit KlientInnen durch Fragen erst dekontextualisiert werden. Was bedeutet
denn Konzert allgemein? Etwas das ich mir nur anhören brauche? Im zweiten
Schritt wird der Bezug zur Person hergestellt. Formuliert im „Als-ob“-Modus
könnte es heißen: „In meinem Leben schaut es derzeit so aus, wie wenn ich
darauf warte, das „es“ endlich los geht. Ich spiele kaum mehr aktiv mit.
Die Metapher kann, wenn sie einmal erfolgreich eingeführt wurde zu einem fixen Baustein des Therapieprozess werden. Auf Grund des positiven Bezugs
der KlientInnen zum Medium steht sie als Ressource immer wieder zu Verfügung. Die/der TherapeutIn kann das Spiel mit der musikalischen Metapher
nutzen, ohne musikalisch ausgebildet zu sein. Metaphern stehen als Bilder zu
Verfügung, die zu weiteren Assoziationen anregen und PatientInnen können ihr
Leben durch die „Brille neuer alternativer Metaphern“ (Lakoff und Johnson,
2007) sehen.
Metaphern können nach Krause und Revenstorf (1997) im Psychotherapiekontext verschiedene Funktionen erfüllen, wie es auch auf musikalische Metaphern
zutrifft. Hier seien nur solche Funktionen erwähnt, die im Resümee der Arbeit
nicht enthalten sind:
•
(Musikalische) Metaphern sind leicht zu merken und unterstützen in der Argumentation, sie involvieren emotional. – vgl. „Innerer Monolog mit einer
Violine“ – Kap. 4.9
- 61 -
Kap. 2.6 - Musik als Metapher
•
Sie regen zum Assoziieren an und unterstützen so Suchvorgänge – vgl. „Impulsgeber zwischen den Stunden“ – Kap. 4.4 .
•
Sie regen zum Perspektivenwechsel an und machen Problem- aber auch
Lösungsstrukturen sichtbar – Kap. 4.7 .
•
Metaphern regen zum Denken an, sind annehmbare oder auch ablehnbare
Angebote und umgehen damit den Widerstand.
- 62 -
Kap. 3.1 - Voraussetzungen
3. PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG
3.1
Voraussetzungen
Eine Vielfalt an eigener Hör- oder Spielerfahrung sind für Therapeutin & Therapeut vorteilhaft. Das Wissen über Epochen und Musikkultur, sowie
Grundkenntnisse im Musizieren sind nicht zwingend erforderlich, aber nützlich.
Weiters hilfreich ist eine „Portion Verspieltheit“, wie sie den meisten PsychodramakollegInnen zueigen ist.
3.2
Vorbereitungen
Eine gute Vorbereitung auf das spätere Aufrufen des Inneren Musiker (IMU)
Rollenanteiles besteht in der Erhebung der aktuellen Rollen mittels kulturellen
Atoms im Anamnesegespräch bzw. in den folgenden Stunden.
Abbildung 3-1 Kulturelles Atom mit Musik (roter Knopf)
- 63 -
Kap. 3.3 - Raum, Technik und Instrumente
3.3
Raum, Technik und Instrumente
In der Praxis sollte ein CD und mp3 Abspielgerät vorhanden und der/die TherapeutIn mit den unterschiedlichen Medien vertraut sein. Der Raum selbst
erfordert keine besonderen Vorkehrungen, die üblichen Sitzgelegenheiten reichen aus. Die Hörsituation sollte ungestört sein und die Möglichkeit, mit der
Lautstärke ungehindert zu experimentieren wäre vorteilhaft.
Von Vorteil ist es, wenn KlientInnen eine angenehme Sitzhaltung einnehmen
können, wobei ein Entspannungssessel als „Hörbühne“ ideal, aber nicht zwingend nötig ist.
Bei der Verwendung von Instrumenten als Intermediärobjekte haben sich folgende Geräte bewährt: großflächige Trommeln, Djemben, Kantele, Monochord,
Kazoo, Kalimba und andere Kleinperkussion. Alle abgebildeten Instrumente
sind auch von musikalischen Laien gut spielbar, machen mit ihrer ansprechenden äußeren Form neugierig und spielfreudig.
Tabelle 1 Musikinstrumente a
Monochord; Entspannung
und Zentrierung, individuell stimmbar.
Rahmentrommel; für dialogisches Spiel, preislich
günstig.
Kantele; ebenfalls Dialog,
auch Beruhigung, in verschiedenen Größen.
- 64 -
Kap. 3.4 - Musikstücke
Tabelle 2 Musikinstrumente b
Diverse Gongs; starke
Impulse für Zentrierung,
Mitsingen.
Drehpauke; stimmbar; für
kraftvolle Dialoge wie
„Streitgespräche“.
Xylophon–Bausteine; in
der Gruppe gut brauchbar.
Tabelle 3 Musikinstrumente c
Kazoo; zum Singen und
Summen, animierend
und einfach.
3.4
Kleinpercussion, ansprechend für Jung und Alt.
Kalimba, ungewöhnlicher Klang, Melodiespiel
möglich.
Musikstücke
Eine entsprechend Musiksammlung kann nützlich sein, dabei ist vorwiegend auf
die Hörgewohnheiten der KlientInnen Rücksicht zu nehmen. Es eignet sich fast
alles, was die KlientInnen selbst mitbringen. Für ruhige einstimmende und entspannende Aktivitäten passt instrumentale klassische Musik gut.
In der Tabelle 4 findet sich eine typische Titelsammlung aus der Musikimagination. Es empfiehlt sich, die Stücke selbst mehrmals vorher durchzuhören. Mit
der Länge der Stücke sollte nicht gleich übertrieben werden, 3-5 Minuten Länge
reicht aus, so dass ein Musikstück nicht erdrückend lange oder in seiner gesamten Gestalt schwer erfassbar ist.
- 65 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Ein Stück kann auch wiederholt angehört werden – siehe 1.5 – verbale und
non-verbale Phasen im Prozess.
Tabelle 4 - Titelsammlung (MI), Geiger & Maack, 2010, S. 320
3.5
Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Zur Unterstützung wurde bei Bedarf ein Fragebogen verwendet und damit den
gemeinsamen Fokus gleich zu Beginn auf möglicherweise förderliche Erfahrungen sowie Rollenanteile gelenkt.
Abgefragte Inhalte sind die Musikerfahrung in der Primärfamilie, bestimmte Vorlieben, aktuelle Situationen in denen Musik gehört wird, damit verknüpfte
Emotionen, die Wissensbreite punkto Musik und besonders die Bewertung der
Musikerfahrungen.
- 66 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Eine gewissenhafte Anamnese schafft einen Ausgangspunkt für die „therapeutische Reise“. Sie zeigt auf, wo Erfahrungen fehlen, beleuchtet frühe
Prägungen, Denkmuster und bereitet den Boden für die Fragestellung vor. Dies
gilt für den musikerfahrenen und erfahrenden Anteil gleichermaßen wie andere
Ressourcenanteile. Besonders wichtig ist auch die Erhebung des Kontextes, in
dem die KlientInnen ihre Erfahrungen gemacht haben.
3.5.1
Anamnesebogen - Muster
Nachdem der gesamte Fragebogen zeitintensiv zu beantworten ist, wurden die
Fragen in wichtige erste und später zu vertiefende Fragen aufgeteilt. Mit einigen
KlientInnen wurde der gesamte Fragebogen außerhalb der regulären Therapiezeit durchgearbeitet. Dies hat damit zu tun, dass dabei die Zeit für eine
Forschungsfrage genutzt wird, wofür die KlientInnen ihrerseits nicht bezahlen
sollten.
Die Fragen dienten als Leitfaden für ein längeres (90 Minuten) Interview, aus
dem vor allem für die Teilnehmenden förderliche Impulse entstehen sollten. So
ergaben sich teils Bestätigungen für Bekanntes, teils tauchten durch die Befragung „Vorboten“ von wichtigen Entwicklungsprozessen auf, an denen in den
folgenden Therapiestunden weitergearbeitet wurde. Die Interviews wurden in
unterschiedlichsten Phasen des Therapieprozesses geführt.
Es kamen durch alle Befragungen neue biografische Details (z.B. „Szenen meines Aufwachsens“) der KlientInnen hinzu und gaben Impulse zu neuen
Ansätzen.
Im Folgenden sind die leeren Anamnesebögen abgebildet, eine Zusammenfassung von Ergebnissen der Interviews folgt dem. Insbesondere fruchtbar war die
Erstellung von kulturellen Atomen mit Fokus auf die Rolle der Musik. Davon ist
eines mit Kommentaren abgebildet.
- 67 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Abbildung 3-2 musikal. Anamnese Seite 1
- 68 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Abbildung 3-3 musikal. Anamnese Seite 2
- 69 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
Abbildung 3-4 musikal. Anamnese Seite 3
- 70 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
3.5.2
Ergebnisse musikalischer Anamnesen
Statt eines ausgefüllten Bogens werden hier kurze statements aus diversen
Befragungen angeführt. Wörtlich zitierte sind kursiv und in Anführungszeichen
gesetzt.
•
Personen, die als Kind keine Schlaf- oder Weihnachtslieder gehört haben
können dennoch eine ausgeprägte Liebe zur Musik entwickeln.
•
„Ich möchte in der nächsten Zeit gerne 3 Instrumente zu lernen beginnen.“
•
Musik kann ein perfekter Begleiter durch das Leben sein, um sich nie einsam
fühlen zu müssen.
•
Die Erfahrung elterlicher „Schlagermusik“ verlangt im Jugendalter nach einem
Gegen“mittel“, z.B. Technomusik.
•
„Musik widerspiegelt meine Gefühle – ich höre in bestimmten Stimmungen
etwas ½ Stunde und dann ändert sich mein Gefühl, Unangenehmes verpufft.“
•
Es gibt sie immer noch, die Vorsing-Horror-Szenen in der Schule und sie wirken leider auch sehr lange nach.
•
„Musik sorgt bei mir beständig für Entspannung und auch für Abgrenzung zu
anderen Personen.“
•
„Ich habe mich oft in die Musik geflüchtet – es hat immer Lieder gegeben, in
denen ich mich vergraben habe, um den Tag zu ertragen.“
•
Mehrfach beschrieben wird die Verwendung von Musik zur Berauschung,
zum sich Verlieren, Austoben, sich in andere Welten zu flüchten.
•
„Ich lebe ein Lied, in dem ich es spiele. Die Umgebung fühlt sich dann ganz
anders an.“
•
Der Drang nach Musik überwindet viele Schranken, es finden sich immer
Wege, an sie zu gelangen. Musik, für manche ein „Grundnahrungsmittel“?
•
„Musik hat in meinem Leben einen wichtigeren Stellenwert als jeder Partner
gehabt.“
•
Musik spielt häufig in den Übergangsphasen (Kind /Pubertät/ Adoleszenz)
eine wichtige Rolle. Ist sie eine Art Übergangsobjekt?
- 71 -
Kap. 3.5 - Anamnese der musikalischen Erfahrungen
•
Alle Befragten haben zu den unterschiedlichen Wirkungen großteils präzise
Antworten gefunden (Frage Nr. 9) und konkrete Titel genannt. Die Verknüpfung von Emotion und Musik ist ohne langes Überlegen zu benennen.
•
„Mich selbst habe ich immer über Musik definiert.“
•
„Meine Instrumente sind wie Eltern, immer da und nie fordernd.“
Abbildung 3-5 Kulturelles Atom mit Musik (roter Knopf)
Im Kulturellen Atom von Frau Schwarz vertreten sind: das innere beleidigte
Kind (gelb), die Intuitition (weiss), der innere Zweifler (gr. schwarz), meine Heimat (kl. Schwarz) und die Musik.
- 72 -
Kap. 3.6 - Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess
Bei so großen und bedeutsamen Rollen der Musik drängt sich eine Frage auf,
die im Fragebogen bisher fehlt und die in einigen Interviews später ergänzend
gestellt wurde:
Was wäre mein Leben ohne Musik?
Dieser Gedanke führt zu einer weiteren Rolle oder Funktion, in der Musik im
Therapieprozess gesehen werden kann: Die Rolle als Projektionsfläche
und/oder kreativer „Ersatzhandlung“ und damit Stoff für weitere Therapiestunden oder Masterthesen.
3.6
3.6.1
Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess
Verbale Einstimmung
Die Erklärung warum nun „Psychotherapie mit Musik gemacht wird“ ist wichtig
für die motivationale Haltung der KlientInnen. Ohne entsprechende Induktion
(„Regieanweisung“) durch den/die TherapeutIn können die KlientInnen nicht
wissen, was auf sie zukommt und wozu dies geschieht. Das sollen sie aber,
weil die Wirksamkeit auch davon bestimmt wird, in welchen Rahmen therapeutische Handlungen gestellt werden.
Folgende Fragen werden dabei behilflich sein:
•
Ist der Bezug zu Musik besprochen, kennt Thp (=TherapeutIn) die Hörgewohnheiten von Kl (=KlientIn) – dabei hilft die musikalische
Anamnese.
•
Hat Thp das Einverständnis des Kl und selbst Interesse für den Musikeinsatz?
•
Weiß Thp wozu die Musik eingesetzt wird (der Kl könnte dies wissen
wollen)
•
Geht es um die Entspannung, den Blick auf den Körper
•
Geht es um das Zentrieren, den Blick nach Innen, auf ein bestimmtes
Thema?
- 73 -
Kap. 3.6 - Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess
•
Geht es um innere Bilder: hat Thp Text dazu und weiß wo die Reise „hin“
gehen soll?
•
Geht es um eine Spielszene, die mit Musik unterstützt werden soll?
•
Sollen Erinnerungen aufgefrischt werden, findet Thp Musik im Fundus?
•
Wofür steht diese Musik bei KlientInnen, nachfragen, mit einbeziehen?
Je nach Zweck wird sodann die verbale Einstimmung eine andere sein, denn es
reicht nicht, die KlientInnen der Musik einfach zu überlassen.
Hilfreich ist beim Einstieg oft zunächst in die Stille „hineinhören“ um zu sich
zukommen, bei sich anzukommen.
Schließen Sie bitte wenn möglich die Augen oder finden Sie einen
visuellen „Ruhepunkt“. Versuchen Sie, die Geräusche um uns herum
zu hören, stellen Sie sich vor, wie Sie „angekommen“ sind. Hier gelandet. Wir sitzen nun beide kurz in der Stille und wenden uns dann
gemeinsam dem folgenden Musikstück zu.
Das Anhören kann bei Bedarf auch wiederholt werden, bis sich KlientInnen und
TherapeutIn sicher sind.
In der Eingangsphase können Fragen das Thema stimulieren und die KlientInnen können selbst dazu einführend reden:
Wo befinden wir uns, wenn wir das folgende Stück hören, wer ist dabei, welche Zeit ist es, … dies wird durch Wiederholung und
Tranceinduzierung verstärkt. Im Grunde verläuft diese Phase sehr
ähnlich dem Einkleiden vor einem Rollenspiel ab.
3.6.2
Hörphase (= musikalische Spielphase)
Nach der verbalen Einstimmung wird z.B. das Stück angehört, das kann durchaus mehrmals sein. Anfangs kann noch gesprochen und geklärt werden.
Wichtig ist es, vorhandene Störungen (passende Lautstärke, bequeme Sitzposition) gleich zu beseitigen.
Ich leite an, in eine bequeme Sitzhaltung zu gehen und wenn einverstanden
auch zum Augenschließen. Im Allgemeinen ist die sitzende Haltung die „siche- 74 -
Kap. 3.6 - Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess
rere“, weniger regressionsfördernde. In Gruppen kann auch liegend gearbeitet
werden, das erfordert jedoch mehr Zeit zum Aufkommen und Zurückkehren.
Die Hörphase ist eine Art Trancezustand, der mit einem Aufwachritual (sich
Strecken und Gähnen) wieder beendet werden soll. Danach wird die Hörbühne/Spielbühne wieder verlassen und der alte Sitzplatz eingenommen. Die
Trennung von Hörplatz und Besprechungsplatz erfolgen bedarfsweise.
3.6.3
Psychodramatische Spielphase
Im Anschluss an die Hörphase kann eine psychodramatische Spielphase stattfinden – auf Seite 95 wird ein Beispiel gezeigt, in dem gleichzeitig ein
Rollenspiel stattfindet. Die Spielszene wird dabei durch Musik atmosphärisch
unterstützt – siehe auch Containerfunktion von Musik, Seite 95.
Die musikalische Spielbühne ist der Bereich im Raum, wo Instrumente gespielt
werden können, wo es zum z.B. zum Rollentausch mit dem Instrument kommen
kann.
3.6.4
Nachbearbeitung / Integration
Die Nachbearbeitung erfolgt im bekannten psychodramatischen Schema: Rollenfeedback des/der Protagonistin als Person von früher, Sharing als Person
von jetzt, meinem Sharing als Zuhörer. Das Sharing bezieht sich von beiden
Seiten zunächst auf das Musikerlebnis.
Im Gruppensetting schlägt Fausch-Pfister (2011) vor, das Sharing ebenfall auf
musikalischer Ebene zu geben. Die Gefühle, die bei den ZuhörerInnen ausgelöst wurden, „übersetzen“ diese in eine kurze Improvisation.
3.6.5
Muster eines Stundenprotokolls
Für diese Arbeit wurden zahlreiche Therapiestunden mit einer gleich bleibenden
Protokollstruktur erfasst. Wichtig ist dabei das Item: Rolle der Musik. Es wird
empfohlen, beim Weiterexperimentieren auf diese Frage zu achten. Möglicherweise ergeben sich dadurch noch weitere beobachtbare Funktionen.
- 75 -
Kap. 3.6 - Ablaufphasen - Musikeinsatz im Prozess
Abbildung 3-6 Stundenprotokoll - Fallbeispiel Fr. Anna
- 76 -
Kap. 4.1 - Rollenanteil des inneren Musikers
4. FUNKTIONEN VON MUSIK IM THERAPIEPROZESS
4.1
Rollenanteil des inneren Musikers
Zunächst soll hier ein Begriff eingeführt werden, um das Wirkprinzip „Musik im
Psychodrama“ besser beschreiben zu können. Wenn im Zuge der Exploration
des kulturellen Atoms der KlientIn fest zustellen ist, dass es positiv besetzte
Erfahrung mit dem Medium gibt, dann…nenne ich diesen Anteil den inneren
Musiker (IMU).
Jener Rollenanteil versetzt die Person in die Lage, zu bestimmten emotionalen
Zuständen, oder zu Szenen im Leben eine musikalische Reaktanz zu zeigen.
So zum Beispiel können gedankliche Assoziationen in musikalische Impulse
transformiert werden. Es besteht eine nonverbale Ausdrucksfähigkeit über musikalisches Spiel oder ein in Resonanz gehen. Wenn Menschen diese Fähigkeit
im Spiel zeigen, beschreibt Joseph J. Moreno dies als acting your inner music.
Als IMU bezeichne ich weiters jenen inneren Anteil, der einen positiven Bezug
zum Medium Musik gefunden hat, sei es durch alltägliches Hören (rezeptive
Anwendung oder spezielle Hörgewohnheiten), das Sammeln von bestimmten
Tonträgern und damit verbundene Erlebnisse – oder auch durch aktives Musizieren. Der Grad an Perfektion ist unwesentlich, denn es geht um Hingabe an
die Sache und eine positive Besetzung.
Was kann als Beweis für das Vorhandensein dienen? Erfahrungen in Chorgesang, Instrumentalkenntnisse, das Ensemblespiel in der Jugendband,
Hausmusik in der Familie, Gesang in der Badewanne, Platten und CD Sammlung, in der heutigen Zeit die mp3 Sammlung auf der Festplatte des Computers
oder am Handy.
Auch der späte Zugang (ich wollte schon immer einmal Klavierspielen lernen)
gilt als Zeichen, dass dieser Anteil angelegt wurde. Oft geschieht dies nach längerer Pause und Entfernung vom Medium, z.B. wenn KlientInnen selbst Eltern
werden und mit den eigenen Kindern wieder einen positiven Zugang zu musikalischem Handeln und Erleben finden.
- 77 -
Kap. 4.2 - Diagnostische Funktion
Wenn im Erstgespräch bekannt geworden ist, dass es für den/die KlientIn auch
eine/n IMU gibt, kann auf diesen Rollenanteil immer wieder Bezug genommen
werden. Oft steht dieser auch in Verbindung mit einer Metapher für neu gewünschte Anteile. Dies ist im Fallbeispiel Herr Border, der seinen Rollenanteil
als „den Hippie“ nennt, auf Seite 80 ff. beschrieben.
4.2
Diagnostische Funktion
Wenn in der Anamnese nach musikassoziierten Erlebnissen gefragt wird, zeigt
sich gleich der diagnostische Wert: Fragen nach der Musik in der Jugendzeit, hin
zu Schlüsselerlebnissen, der Kultur im Elternhaus, den Werten u. Wichtigkeiten,
mit denen der/die KlientIn aufgewachsen ist.
Manches davon ist nicht gleich erinnerlich, erwacht emotional jedoch über den
Musikstimulus und steht dem Prozess zu Verfügung. Ausgelöst kann es bereits
durch die „Fragerichtung“ mit Fokus auf Musik werden. Eine Vertiefung könnte
spontan an dieser Stelle durch ein gemeinsames Anhören möglich sein. Vgl.
Kap.4.5 , Belebung der Begegnungsbühne.
Schnell entsteht durch die musikalische Anamnese ein Stimmungsbild, eine
Atmosphäre, in der jemand geprägt wurde. Der Umgang mit Musik kann Z.B. als
Metapher für den Stellenwert von Freizeit, des Bildungsgrades und im weitesten
Sinne auch des Spielerischen und des „Lustprinzipes“ angesehen werden. Der in
Kap. 3.5.1 zu findenden Fragebogen wird bedarfsweise als Gesprächsstruktur
eingesetzt.
Für das Störungsverständnis löst die Frage nach Musikerfahrungen oft wertvolle
Informationen heraus, die sonst bei direktem Befragen verborgen bleiben.
Fallbeispiel Fr. Ackerl, hierbei wird nur über die Rolle der Musik gesprochen.
Thp: Was für eine Bedeutung hat Musik in Ihrer Herkunftsfamilie gehabt?
Fr. Ackerl: Keine! Für so was haben wir keine Zeit gehabt. Ich hatte
ganz andere Sorgen mit meinen Eltern. Der Vater war unser Sorgenkind, wir mussten aufpassen, dass er nicht das ganze Geld anbringt
und sich krank trinkt.
- 78 -
Kap. 4.3 - Warm-up-Funktion von Musik
Thp: Hätten Sie denn als Kind gerne ein Musikinstrument erlernt?
Fr. Ackerl: Ich bin mit meinen Wünschen kaum wahrgenommen worden. Ich habe für meine Eltern die Elternrolle inne gehabt. Da war
wenig Zeit zum Spielen
Thp: Wie ist es denn jetzt als Erwachsene mit Musik?
Fr. Ackerl: meine Tochter geht in die Musikschule, ich höre ab und zu
Radio – die meiste Zeit bin ich froh, wenn ich ein bisschen Ruhe habe. Mein Leben ist einfach zu stressig, ich finde keine Zeit für solche
Dinge.
Thp: Kann es sein, dass Sie sich auch heute noch kaum Zeit für sich
selbst nehmen können?
In einer der folgenden Stunden versuchen wir das Erleben von etwas Auszeit mit
Musikunterstützung nachzuholen (siehe Seite 86).
Über die Befragung zur Musikbedeutung in der Familie ist ein größerer biografischer Teil ans Licht gekommen. Der Musikbezug wird zum Gradmesser für den
Umgang mit Freizeit, Spielinteressen, Zeit für sich selbst etc.
4.3
Warm-up-Funktion von Musik
Erwärmungstechniken sollen im Psychodrama beim Übergang zu aktivem Spiel
helfen. Zeintlinger-Hochreiter (1996) sieht Imaginationen, Identifikationen und
Assoziationen als wichtige Beiträge für die psychische Erwärmung an. Nach ihrer
Einteilung kann Musik zu den psychischen wie auch zu den körperlichen Startern eingeordnet werden.
Gleich in der Warm-up Phase des Therapieprozess ist Gelegenheit für einen
ressourcenorientierten Blick auf die eigene Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Musikerfahrungen. Ziel: Auffinden von bekannten oder neuen
Rollen, in denen es den KlientInnen besser oder jedenfalls anders ging/ oder
geht.
Fallbeispiel Frau Schwarz, aus der Praxis des Autors
- 79 -
Kap. 4.3 - Warm-up-Funktion von Musik
Frau Sch. 25 a, leidet unter einem sozialen Rückzug, seit sie in einer
Beziehung gescheitert und wieder zur Mutter zurückgezogen ist. Sie
erlebt derzeit einen totalen Stillstand, sucht eigentlich Arbeit, ist übergewichtig geworden. Von der Ratio her ist alles geklärt, sie kennt
Ursachen und sie weiß wie sie „tickt“ - aber sie schafft den Sprung
über ihren Schatten nicht – sie kommt nicht ins Handeln. Einmal vereinbaren wir für die nächste Stunde, dass wir uns gegenseitig mit
etwas überraschen werden. Meine Überraschung für sie besteht darin, dass ich sie anleite, in die Rolle einer Dirigentin zu schlüpfen.
Dazu drehe ich einen Walzer aus dem Neujahrskonzert auf. Ganz
rasch gelangt Frau Sch. von der Rolle der Passiven zur Überraschten
und weiter in die Rolle einer Konzertleiterin und dirigiert dann mit einem Stift in der Hand und mit viel Hingabe einen Walzer. Der Punkt
ist getroffen, der „Handlungsbann“ ist in dieser Stunde gebrochen.
Spontane Rollenübernahme will geübt sein. Das Experiment wäre im Einzelsetting ohne Musik und nur in der Phantasie wohl sehr stockend geraten, falls
überhaupt. Die Analyse der Hindernisse hatte bisher auch keine Erweiterung
gebracht, denn die Klientin ist sehr reflektiert und hat in vielen Stunden des Grübelns schon einiges erkannt. Nur ist sie dabei selten in die handelnde Rolle
gelangt.
So gelang ein lustvoller Durchbruch der hemmenden Handlungsmuster, bei
Bedarf die Rollen zu wechseln. Vor allem aber wurde die Stunde zu einer positiven Erfahrung, dass sich Frau Schwarz dies zumuten und zutrauen kann. Dies
stellen Erkenntnisse und va. Erfahrungen dar, um depressive „Schleifen“ zu
unterbrechen. Auf diese Szene konnte Frau Sch. in der Zwischenzeit mehrfach
zurückgreifen.
4.3.1
Musik zum inneren Rollenwechsel
Joseph J. Moreno (2005) beschreibt eine Technik mit dem „Leeren Stuhl“ im
Gruppensetting, für den Fall, dass ProtagonistInnen kein Hilfs-ICH für ihr Spiel
finden. So nimmt er einen leeren Stuhl als „vis a vis“ und ein Musikinstrument
und macht fortlaufende Rollenwechsel (frequent musical role reversal) mit dem
- 80 -
Kap. 4.3 - Warm-up-Funktion von Musik
imaginierten Hilfs-ICH, in dem er einmal aus der eigenen und wechselweise aus
der imaginierten Position (markiert durch Stuhl) heraus spielt. Dies bietet sich für
besonders heikle Inhalte an oder wenn in der Gruppe zu viel Befangenheit unter
den Mitgliedern herrscht, zum Beispiel, wenn der Protagonist in eine Teilnehmerin verliebt ist (Joseph J. Moreno, 2005, S. 57).
Im folgenden Fallbeispiel wurde zuerst ein kulturelles Atom erstellt.
Herr Border besitzt neben der Verletztheit, der Angst und einer mächtigen
Sammlung an perfektionistischen Anteilen auch noch Tierliebe und einen verspielten-musischen inneren Anteil.
Im Sinne einer Ressourcen stärkenden Vorgangsweise sollen die letzteren im
Fokus bewahrt werden. Bereits zu Beginn der Therapie nennt Hr. B. nach seinen
Therapiezielen befragt, dass er einmal wie ein Hippie werden möchte. Er meint
damit nicht Blumenkleidung und lange Haare, sondern Gelassenheit, Unbekümmertheit, mehr für den Augenblick leben, Musik und anderes genießen, Freisein
von Angst. Die Metapher vom Hippie bleibt in der Therapie eine wichtige Leitlinie.
Also Herr B. für die nächsten 10 Minuten steigen Sie in Ihre Traumrolle vom Hippie ein. Eine entsprechende Musik dient uns als „Lift“
und danach erzählen Sie mehr über Ihren Hippie. [Musik wird jetzt
angehört] Danach folgt eine Nachbesprechung mit folgenden Fragen:
Wie lebt es sich, wenn Sie den Hippie in sich spüren, … was sagt
der Hippie zu Ihrer Lage, wie kann er helfen,…holen wir einmal den
Hippie in unsere heutige Stunde.
Danach erfolgen der Ausstieg aus der Szene sowie die Nachbesprechung. Im
Verlauf der Therapie haben wir immer wieder in der Phantasie das Bild vom
Hippie herbeigeholt und Ressourcen in diese Richtung versucht zu aktivieren.
Positive Emotionen und Annäherungsbereitschaft (Annäherungspriming) sind
nach Grawe (2004) sehr bedeutsam, wenn eine Angsthemmung aufgebaut werden soll. Dies gehört in der Therapie mit Herrn B. zu einer grundlegenden
Leitlinie.
- 81 -
Kap. 4.3 - Warm-up-Funktion von Musik
4.3.2
Arbeit mit inneren Bildern
Musik erleichtert das Auftauchenlassen innerer Bilder. Auf der inneren Bühne
der Gedanken können Zeit, Ort und Personen beliebig umgestaltet werden und
es dürfen sich Anteile neu bilden. Die „surplus reality“ kennt keine Grenzen. Das
Pendant dazu im Musiktherapiebereich ist die Methode: MI (Musikimagination),
welche aus der Guided Imagery & Music weiterentwickelt wurde.
Möglich ist es auch, Bilder vorzugeben und diese dann mit klassisch psychodramatischen Werkzeugen weiterzubearbeiten oder zu einer monodramatischen
Spielszene überzuleiten.
Fallbeispiel: Musikimagination nach Joseph J. Moreno in einem Seminar / Bad Vöslau, anlässlich einer Benefiz Veranstaltung für das
Moreno Museum.
Joseph J. Moreno leitete eine Imagination mit einer kurzen körperorientierten Entspannungsübung ein. Wir sollten auf den Gang unseres
Atems achten und danach bot er den TeilnehmerInnen eine entsprechende Musik an. In die Musikrezeption hinein leitete er verbal das
Bild eines Flusses an, auf dem wir unterwegs sind und forderte uns
auf, das Bild weiter zu entwickeln. Wo fließt der Fluss hin, wie sieht
es dort aus, wie fühlt es sich an.
Wie geht es mir als Reisendem dort? … wo bin ich hingelangt?
Die rezipierte Musik und ein vorgegebenes Bild bildeten die Rahmenhandlung
auf deren Basis wir uns auf die Reise in die eigenen Phantasien begeben haben.
Musik und induziertes Bild waren in der Funktion eines Containers, innerhalb
dessen Grenzen die Phantasien arbeiten sollten. Diese wurden anschließend auf
Gruppenebene bearbeitet (Rollenfeedback, Sharing).
Für therapeutische AnwenderInnen ist es wichtig zu wissen, dass es in manchen
Fällen wichtig sein kann, den inneren Bildern einen unterstützenden Rahmen zu
bieten. Hier sei wieder darauf hingewiesen, dass bei traumatisierten KlientInnen
der Rahmen eine wichtige Sicherheitsmaßnahme darstellt, damit nicht Angst und
Verletzung die Regie übernehmen. Auch bei neurotischen AngstpatientInnen
sollte z.B. auf passende Länge der Reise, auf ein „Notstopp-Signal“, vor allem
- 82 -
Kap. 4.4 - Musik als Impulsgeber zwischen Therapiestunden
aber auf ein „Reiseziel“ geachtet werden. Sehr viel Wirkung hängt von der verbalen Induktion ab, also von der „Geschichte“ in welche das Musikhören
eingebettet ist.
4.4
Musik als Impulsgeber zwischen Therapiestunden
Therapie passiert vor allem zwischen den Stunden, wenn es um den Transfer
der Erfahrungen aus den Therapiestunden geht. Beobachtungs- und andere
Aufträge für Zuhause können daher als kreative Impulse dienen, diesen Prozess
am Laufen zu halten.
Grawe (2004) weist darauf hin, dass es im Sinne einer besseren Bahnung von
neuen neuronalen Mustern sei, wenn Erfahrungen so oft wie möglich wiederholt
werden. Für die PsychotherapeutInnen heißt es daher: Verhaltensänderung wird
mit der Wiederholung neuer Rollenerfahrungen immer leichter. Diesen Zweck
unterstützen „Hausaufgaben“ zwischen den Stunden.
Die Hausaufgabe mit Musik ermöglicht einen spielerisch-lustvollen Weg zur
Vertiefung, Anregung zu neuen Wegen und Rollen. Ein Beispiel dafür bietet die
folgende Spielanleitung durch den Thp:
Thp: Hören Sie sich in diese Stimmung ein, beobachten Sie, an welchem Tag welche Musik Sie wählen würden. Bringen Sie bitte eine
Beispielmusik für dies und jene … Stimmung von sich mit.
Die zuvor zitierte Frau N. erhielt von mir einmal die Aufgabe, ein Lied
ihres letzten Urlaubes mitzubringen, welches die damalige Grundstimmung gut repräsentiert. Es war damals eine abenteuerliche Reise
nach Costa Rica gewesen, damals, als die Ängste noch nicht so stark
aufgetreten waren.
Sie kam in die Folgestunde mit einer ganzen CD Kompilation! Dazu
hatte sie sich wieder ihre Urlaubsfotos angesehen und jede Menge
Musik aus dem Internet besorgt. Nicht dass davon ihre Störung weggezaubert worden ist, aber sie hat sich an einen wichtigen
Rollenanteil wieder erinnert und der Selbstwert erhöhte sich beträchtlich..
- 83 -
Kap. 4.5 - Musik belebt die Begegnungsbühne
Mit Genuss hörten wir uns akustische Kostproben aus ihrer Sammlung an. Dabei gelang auch eine Begegnung wie sie im folgenden
Kapitel 4.5 beschrieben ist.
So gestaltet sich eine ansonsten trockene Beobachtungs- oder Selbstwahrnehmungsaufgabe ganz anders. Dieser Ansatz empfiehlt sich besonders für junge
Erwachsene und Jugendliche. Natürlich gelangen wir von der Musik zur Befindlichkeit.
Frau Anna (18 a, depressive Episoden nach Mobbing) hatte ich die
Aufgabe gestellt, dass sie mir zu ihren schwarzen Stimmungen den
passenden Soundtrack mitbringen sollte. Sie kam mit einer mittelgroßen mp3 Sammlung auf einem USB stick und spielte mir den
wichtigsten vor. Eine lange Hardrock-Nummer mit Gitarrensoli hörten
wir uns in der Stunde durch und Frau A. übersetzte mir den Text bzw.
ließ ich sie das ganze interpretieren und Zusammenhänge zu ihrer
emotionalen Lage herstellen. Auf diese Weise kam Leben in die Szene, obwohl es um tiefe Verzweiflung ging.
Möglich ist dabei auch ein provokativer Ansatz z.B. indem paradoxe Aufgaben
gegeben werden, die den Blick auf Gegensätzliches und somit auf einen Perspektivenwechsel anregen.
Fallbeispiel provokativer Ansatz mit Frau Anna. – folgende Spielanweisung:„Bitte bringen Sie in die nächste Stunde einmal eine „GegenMusik“ mit, also eine, die einen entgegen gesetzten Zustand ausdrückt, beweist (oder bewirken könnte).“
Damit müsste sich die Klientin zumindest einmal mit anderen Stimmungen beschäftigen, in der Phantasie, aber vielleicht auch real. Es könnte zu einem
inneren Rollenwechsel kommen. Dieser nächste Schritt steht noch an.
4.5
Musik belebt die Begegnungsbühne
„In der therapeutischen Beziehung überschneiden sich die Sozialen
und Kulturellen Atome von KlientIn und TherapeutIn. Auf der Begegnungsbühne treffen sich nicht zwei Individuen, sondern zwei
- 84 -
Kap. 4.5 - Musik belebt die Begegnungsbühne
Personen mit ihren jeweiligen Sozialen und Kulturellen Atomen“
(Schacht & Pruckner, 2010, S. 241).
Zum Kulturellen Atom gehören auch die jeweiligen musikalischen Lebenserfahrungen. Die Begegnungsbühne bekommt einen weiteren Fokus, noch dazu
einen unverfänglich persönlichen, wenn TherapeutIn und KlientIn etwas Gemeinsames erleben.
Das gemeinsame Hören ist eine beziehungsfördernde Erfahrung. Mit dem Hörerlebnis entsteht Begegnung. In der nachfolgenden Besprechung berichtet der/die
ProtagonistIn von seinem/ihrem Bezug und den Emotionen, der/die TherapeutIn
kann dies gefahrlos auch tun.
Eine erhöhte Wirksamkeit konnte ich feststellen, wenn ich dabei ebenfalls offen
über meine Empfindungen spreche. Da sich KlientIn und Therapeut auf einer
symbolischen Ebene befinden, ist dies gefahrlos möglich. Der Begriff Begegnungsbühne wird in Kap.1.6 erläutert. Inspirierend zu dieser Anwendung waren
die Ausführungen von Schwabe (1974). Er nennt es kommunikative rezeptive
Einzelmusiktherapie.
Fallbeispiel Herr Werner aus der Praxis des Autors
Herr W., 20a, nach depressiver Episode in einer psychosozialen Einrichtung stationär wohnend. Seine Krise steht in Zusammenhang mit
der Trennung der Eltern. Musik hat bei ihm Zuhause eine wichtige
Rolle gespielt und gehört für ihn zur Inszenierung der „glücklicheren
Tage“.
Er zählt Musiker und Titel auf, die er aus dieser Zeit kennt. Besonders
die Lieblingsmusik seines Vaters ist ihm in lebhafter Erinnerung. Für
die kommenden Stunden bringe ich diese Titel mit und wir hören uns
diese gemeinsam an. Es kommt auch bei mir zu angenehmen Erinnerungsszenen, teils singen wir gemeinsam die Texte mit. Auch das ist
eine positiv verbindende Erfahrung.
Herr W. ist sichtlich lebendiger geworden. Das Beispiel gilt auch für
die Container oder Haltefunktion von Musik. Herr Werner wird von der
- 85 -
Kap. 4.6 - Entspannung und Entängstigung
Musik emotional getragen und damit von den schmerzhaften Erfahrung dieser Zeit geschützt.
4.6
Entspannung und Entängstigung
Diese zwei Begriffe sind nicht synonym zu verstehen, sie haben von außen betrachtet Ähnlichkeiten aber der Unterschied liegt im Fokus. Entspannung mit
Musik fokussiert mehr auf körperliches Geschehen wie Atmung, Körperspannung und Temperaturgefühle, Schwere (Schwabe, 1979).
Entängstigung wird mehr mit Bildern arbeiten, die sichere Gefühle induzieren. In
der Achtsamkeit (Kabat-Zinn,1982) liegt die Orientierung auf das Hier und Jetzt,
Offenheit für Neues, Regulation der Aufmerksamkeit liegt. Die genannten Konzepte lassen sich durchaus mit Musikrezeption erfahrbar machen und bei Bedarf
als einleitende Übung an den Anfang einer psychotherapeutischen Stunde stellen.
Die Stunde wird mit einer Hörphase eingeleitet, danach beginnt erst der Gesprächsteil. Durch diese Entspannungshilfe erreichen KlientInnen eine zentrierte
Haltung, bauen Ängste ab oder können sich leichter öffnen (vagotoner Zustand).
Dazu kann auch vereinbart werden, dass die Hörphase zur Themenfindung für
die jeweilige Stunde genutzt wird.
Die Regieanweisung dazu lautet zum Beispiel: „Bevor wir beginnen,
lade ich Sie zu einer kurzen musikalischen Reise ein, die vielleicht zu
Ihrem heutigen Thema führt.
Machen Sie sich empfangsbereit für Gedanken …für Ihre Themen,
die wir heute in der Stunde bearbeiten möchten.
Lassen Sie Ideen kommen und gehen, atmen Sie dabei ein paar Mal
tief durch. Ungefähr nach 5 Minuten geht die Reise zu Ende und …“
Wenn für KlientInnen das Erlernen einer Entspannungstechnik grundsätzlich
wichtig scheint, dann leite ich eine Übung (z.B. Progressive Muskelentspannung)
einmal als Beispiel an und gebe diese als Entspannungs-CD zum selbst Üben
mit nach Hause.
- 86 -
Kap. 4.6 - Entspannung und Entängstigung
Entspannung und Beruhigung gehören zu den sehr frühen Gefühlsqualitäten, die
mittels kompetenter Bindungsperson (als Kind die Eltern) erfahren oder nicht
ausreichend erfahren werden. Entspannende Erfahrung ist auch im folgenden
Fallbeispiel etwas, das die frühen Erfahrungen berührt. Frau A. bringt aus dieser
Zeit eine schlecht versorgte Lage mit, denn sie war früh zuständig, die Eltern gut
zu versorgen und zu beruhigen und nicht umgekehrt.
Grawe (2004) stellt eine störungsfokussierte therapeutische Arbeit in völligen
Zweifel, wenn KlientInnen nicht auch (vorher) bedürfnisbefriedigende Erfahrungen machen. Er nennt die Konsistenzverbesserung durch positive
bedürfnisbefriedigende Erfahrungen als Grundbedingung für eine erfolgreiche
Psychotherapie. Konsistenz ist nach seiner Definition die „ … Übereinstimmung
bzw. Vereinbarkeit der gleichzeitig ablaufenden neuronalen/psychischen Prozesse“ (Grawe, 2004, S. 186).
Wo KlientInnen Angst vor etwas haben, sich abgewertet fühlen oder Widersprüchliches empfinden, sich nicht entscheiden können, etc. etc. … fehlt es an
Konsistenz.
Fallbeispiel Frau Ackerl 35a, Überlastung mit familiären Themen Pflegetätigkeit,
Probleme mit Partner, depressive Verstimmung, Bulimie;
Frau A. kommt, wie meist, atemlos in die Stunde, hat eigentlich selten
Zeit für sich und wenn, dann ist sie häufig müde. Ich lade sie zum
zweiten Male ein, „es sich einfach gemütlich zu machen und was anzuhören“. Es gelingt und sie steigt auf das Spielangebot ein.
Harfenmusik. Sie berichtet von angenehmer Wirkung zu Anfang und
von etwas Beruhigung, dann seien Streicher hinzugekommen und es
habe sie gestört, dass die Musik nun zu komplex geworden sei.
Schließlich sind stressende Gedanken aufgetaucht, das habe sie
nicht verhindern können. Diese Störung hat sie aus der Entspannung
wieder herausgeholt.
Es zeigt sich, dass Frau A. einen großen Bedarf hat, ihre „hemmenden Systeme“
wieder zu aktivieren. Sie sollte sich Zeit für sich selbst nehmen, es würde ihr gut
tun, sich selbst „etwas zu geben“ im Sinne der Selbstfürsorglichkeit. Dazu gehört der Umgang mit „Störgedanken“ die sie schwer abweisen kann. Dazu
- 87 -
Kap. 4.7 - Spontane Improvisation
braucht sie Anleitung und Begleitung. Musikhören bildet eine Modellsituation
(„jetzt üben wir 3 Minuten lange Entspannung“) und einen „Container“ im Sinne
einer zeitlichen Begrenzung, von positivem Anreiz und dem Getragensein. Es
wird Sinn machen, das Entspannen noch öfters anzuleiten.
4.7
Spontane Improvisation
Tüpker (2008) nennt die Improvisationserfahrung mit Musik eine Explikation des
Augenblicks, beide, KlientIn und TherapeutIn kommen mit ihrer Vorgeschichte
und der Vorerfahrung und begegnen sich im Hier und Jetzt der Therapiestunde.
Es entsteht damit ein “...gemeinsam hergestelltes, unreflektiertes Handlungsgefüge". (Grootaers,1996, S. 142)
Das improvisierende Spiel kann mit einem leicht bedienbaren Instrument, beispielsweise einer Rahmentrommel erfolgen.
Vorschlag für eine Regieanweisung: Angenommen, es ginge um eine
KlientIn mit einer partnerschaftlichen Thematik.
Probieren Sie, wie es sich auf der Trommel anhören würde, wenn Sie
Ihrem Partner einmal die Meinung sagen, …oder ihm/ihr eine Liebeserklärung machen. Falls der Thp mitspielt - instruiert Kl den Thp,
damit er entsprechend reagieren kann. Nach dem Spiel: Spüren Sie
dem Klang nach, fühlen Sie, was Ihre Hände gerade erlebt haben,
wie sich die Bewegungen ihres Körpers dazu anfühlen. Beobachten
Sie aus der Sicht des Spielers oder der ZuhörerInnen. Versetzen Sie
sich in Ihren phantasierten Partner hinein, wie hätte er/sie das Spiel
erlebt?
Nach Schmölz (1983) ist dies ein Beispiel für das instrumentale Partnerspiel mit
themenzentriertem Vorgehen. Im Psychodrama wir die Nachbearbeitung wie
nach einem Protagonistenspiel durchgeführt. Das Instrument kann stellvertretend für eine phantasierte Person auf der Bühne stehen bleiben.
Ein Beispiel für eine themengeleitete dialogische Improvisation ist das folgende:
Herr Summer, wegen neurologischem Leiden in einer Pflegeeinrichtung lebend
und hier bereits zitiert - zeigt seit einiger Zeit zunehmend mehr Vergesslichkeit
- 88 -
Kap. 4.8 - Musik als Intermediärobjekt in vermittelnder Funktion
und Fehlleistungen, die er auch selbst bemerkt und sich stumm darüber ärgert.
Mangels Sprache kann er es nicht deutlicher artikulieren als mit angestrengtem
Gesichtsausdruck und den Worten „Mein Gott!“ Singen gelingt jedoch und auch
bei der Melodiefindung hat er keine Probleme. Er macht das sehr gerne und
besitzt ein großes Lieder-Repertoire.
Im Rahmen einer weihnachtlichen Stunde beginnen wir „Es wird scho
glei dumpa“ zu singen und stoßen bald auf das Hindernis, dass ihm
der Text, den er vor einiger Zeit noch singen konnte nun abhanden
gekommen ist. Das stört seinen Gesang erheblich. Nun nehmen wir
einerseits Musik von einer CD als Container und haben diese im Hintergrund laufen und statt des Textsingens gebe ich Herrn W. ein
Kazoo, ein Metallröhrchen mit einer Membran, in das hineingesummt
werden kann. Das Instrument wurde schon früher verwendet. Es verstärkt und verfremdet die Stimme, verführt zum Spielen mit der
Stimme. Nach dem Lied summen und spielen wir munter weiter mit
unseren beiden Kazoos.
In diesem Fallbeispiel ist eine verbale Nachbearbeitung der Spielphase schwer
möglich. Ich drücke es für Herrn Summer aus und erzähle über meinen Eindruck
vom Spiel, thematisiere auch den Ärger über die Vergesslichkeit – schließlich
wird dieser im Spiel auch überwunden. Es ging nicht um die korrekte Interpretation eines Weihnachtsliedes, sondern um die gemeinsame Überwindung aller
damit verbundenen Hindernisse im Hier und Jetzt. Die Begegnung über das
Spiel ist gelungen.
4.8
Musik als Intermediärobjekt in vermittelnder Funktion
Gemeinsame Musikerfahrung dient als eine Brücke, wann immer sprachliche
Kommunikation erschwert ist und dennoch Ausdruck, Wahrnehmung, Entlastung
von/für Gefühle oder drohende Isolation wichtig sind. Die folgenden Beispiele
beziehen sich auf Menschen mit intellektueller Behinderung, mit Sprachausfall
bei hirnorganischen Problemen wie Schlaganfall oder bei beginnender Demenz.
,,Weil die Formen des menschlichen Fühlens den musikalischen
Formen viel kongruenter sind als denen der Sprache, kann Musik die
- 89 -
Kap. 4.8 - Musik als Intermediärobjekt in vermittelnder Funktion
Natur der Gefühle in einer Weise detailliert und wahrhaftig offenbaren, der die Sprache nicht nahe kommt" ( Frohne-Hagemann, 1990,
Langer, S. 231).
Eine grundlegende therapeutische Aufgabe besteht darin, „… eine Brücke zum
Klienten zu bauen, nicht umgekehrt (…). Das ist ein zentraler Aspekt der ‚Heilung aus der Begegnung‘“ (Hycner, zit. nach H. Pruckner, 2001).
Das Intermediärobjekt Musik hilft beim Aufbau einer Verbindung zwischen KlientIn und TherapeutIn. In der folgenden Vignette hat Musik in der Realität des
Klienten einen speziellen Stellenwert, ist sie oft eine der wenigen Möglichkeiten,
Individualität zu erfahren und zu bewahren.
Fallbeispiel Herr Summer, er hat wegen einem neurologischen Leiden
nur passives Sprachverständnis und Musik war immer schon seine
große Leidenschaft. Er besitzt eine umfangreiche CD Sammlung in seinem Zimmer, die sein Ein und Alles ist. Es wirkt wie ein eigener
Mikrokosmos. Im Heim kann er sich mit niemandem über seine Musikwelt austauschen. Ich besuche ihn regelmäßig seit 4 Jahren und
entwickelte ein Ritual mit elementarem Musikspiel auf für ihn bedienbaren Geräten, mit Musikhören nach seiner Wahl und mit einem
musikalischen Logbuch (Hr. S. kann lesen). Ich verbalisiere die wahrgenommenen Emotionen und Eindrücke so gut es geht für ihn und für
uns. Er bejaht oder verneint nur. So nehmen wir Kontakt zu einander
auf.
In einer Stunde kommt es zu einer langen getragen klingenden Improvisation auf der Gitarre. Diese ist auf einen Moll-Dreiklang gestimmt,
Herr S. braucht nur über die Seiten zu streichen. Seine Gestaltungsmöglichkeit besteht in der Rhythmik und Dynamik des Anschlages. Es
entsteht ein schleppender Rhythmus mit schweren Klängen.
Herr Summer gelangt in eine Spieltrance, danach frage ich ihn, ob er es auch
so schwer und mühselig empfunden habe. Er ringt nach Worten und antwortet
mir dann in einer Metapher – er sagt „Bydtlo“. Manchmal antwortet er spontan
mit einzelnen Worten. Mit Bydtlo ist ein Musikstück gemeint, aus den „Bildern
einer Ausstellung“ von M. Moussorgsky. Es ist der Ochsenkarren, der musika- 90 -
Kap. 4.9 - Musikinstrumente als Hilfs-ICH
lisch durch den Acker gezogen wird. Mit dem Titel „Bydtlo“ drückt er seine Emotion während des Spieles aus und nimmt dabei Bezug auf meine Frage. Es
kommt zu einer berührenden Begegnung.
Unter Brückenfunktion ordne ich auch folgendes Fallbeispiel ein:
Herr Müller lebt in einer Behinderteneinrichtung und empfindet große
Begeisterung für volkstümliche Musik. Bei jedem Konzert seiner Band
ist er nach Möglichkeit dabei. Für ihn ist diese Art Musik ein essenzieller Bestandteil des Lebens. Wenn er sich Musik CD’s seiner Band
kauft, gehört dies zu den wenigen selbst bestimmten und persönlichen
Aktivitäten, die er nur für sich allein tut. Indem ich mir diese Musik vorführen lasse und wir sie besprechen, geben wir ihm und seinem
Interessensgebiet einen würdigen Platz in der gemeinsamen Aufmerksamkeit. Herr M. fühlt sich verstanden und angenommen damit. So ist
ein kleiner Teil der Stunde immer der Musik gewidmet, im anderen Teil
werden die Probleme besprochen, soweit es die sprachlichen Behinderungen zulassen. Umso wichtiger ist die Schaffung einer förderlichen
Atmosphäre.
Dies ist auch als ein Beispiel zu sehen, wie das „neuronale Annäherungssystem“
stimuliert werden kann (Grawe, 2004). Das Anhören verursacht eine Umstimmung, ein Öffnen und Angenommensein ohne explizite Erklärungen.
4.9
Musikinstrumente als Hilfs-ICH
Ein Beispiel für den Rollentausch mit einem Musikinstrument zeigt Frau Berger,
30 a, die sich in einer persönlichen Krise in Erschöpfung befindet. Sie hatte ihre
Lebendigkeit während des Studierens fast völlig eingebüßt. Viele schöne Dinge
waren geschaffen (Haus gebaut und eingerichtet), doch es wollte ihr nichts mehr
Freude machen. Bei einem Besuch im früheren Elternhaus kam sie auch in ihr
vormaliges Kinderzimmer. In der Stunde danach berichtete sie unter Tränen,
dass eigentlich ihre „wichtigsten Freunde“ von früher noch dort zurückgeblieben
waren - ihre Musikinstrumente. Um sie mit diesen wichtigen kreativen Anteilen
- 91 -
Kap. 4.9 - Musikinstrumente als Hilfs-ICH
wieder in Verbindung zu bringen bot es sich an, einen Rollenwechsel mit einem
der Instrumente durchzuspielen.
Thp: Frau Berger. wenn Sie einmal an die Stelle Ihrer Violine gehen
würden und aus deren Sicht blicken.
Frau B. als Violine: Ok, ja als Violine waren die letzten Jahre total
langweilig, war viel alleine. Ich bin schon ganz verstaubt. Meine liebe
Besitzerin ist sehr selten da und mit den Eltern habe ich nicht so viel
Kontakt, die verstehen uns nicht so.
Thp: Was sagen Sie als Violine denn zu Frau B.? Wissen sie was von
ihr? Haben Sie Neuigkeiten?
Frau B. als Violine: Letzthin kam sie nach langem wieder vorbei und
war etwas traurig. Sie hat mich da im Kinderzimmer gefunden und liebevoll abgewischt.
Thp: Haben sie miteinander gesprochen?
Frau B. als Violine: Ja, ganz leise.
Thp: Wie geht es denn Frau B.?
Frau B. als Violine: Tja, sie hat Karriere gemacht und mit ihrem Partner sogar ein Haus gebaut. Ich weiß, wie fleißig sie sein kann, … aber
das hat sie halt unglücklich gemacht. Ich bin mir gar nicht sicher, ob sie
den richtigen Beruf gewählt hat. Jedenfalls … ich verstaube da. Und,
was mich besonders stört, Frau B. hat mich noch kein einziges Mal zu
sich ins neue Haus eingeladen. Außerdem ist da noch die Harfe, mit
der verbringt sie viel mehr Zeit.“
Der Rollentausch mit der Violine ergab in der Spielszene, dass mit den Instrumenten auch ein großes Stück Lebendigkeit zurückgelassen wurde. Die KlientIn
war der väterlichen Erwartung nach Leistung gefolgt und hatte den spielerischen
Teil in sich völlig zurückgestellt.
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Kap. 4.10 - Musikalisches Sharing
4.10 Musikalisches Sharing
Die Idee stammt aus dem Gruppentherapiesetting, beschrieben von Josef J.
Moreno in „Acting your inner music“. Im Anschluss an ein psychodramatisches
Gruppenspiel findet zunächst das Rollenfeedback statt. In gewohnter Weise
berichten alle SpielerInnen aus ihren Rollen.
Wie das verbale Sharing bindet das musical sharing auch die ZuseherInnen ein,
indem sie nach dem Spiel ihre Berührtheit zeigen und dem/der ProtagonistIn
damit signalisieren: „Du bist nicht alleine mit deinem Thema!“ Joseph J. Moreno
(2005) schlägt vor, dass GruppenteilnehmerInnen entweder verbal oder als
zusätzliche Möglichkeit über ein kurzes Instrumentalspiel ihrem Gefühl Ausdruck
verleihen. Gerade wenn Worte das Thema mehr stören würden oder nicht treffend beschreiben können, sei diese Möglichkeit wertvoll. Beim Sharing geht es ja
um nicht wertende, nicht kritisierende oder ratschlagende Mitteilungen, was
musikalisch gut ausgedrückt werden kann.
Fallbeispiel Irene 48 a, gehemmt, Angst, berufliche Misserfolge, depressive
Stimmung, Aggressionshemmung, Misserfolge im beruflichen Kontext, Teamprobleme.
Fallbeispiel „Irene“ aus Fausch-Pfister
Nach einer Gruppenimprovisation in der Irene wieder nur eines der
leisesten Instrumente (Kalimba) gespielt hatte beklagte sie sich nett u.
moralisierend, dass in dieser Gruppe die „Leisen“ rücksichtslos behandelt würden. Die Sharing Runde gestaltet Fausch-Pfister rein
musikalisch. Als Erste die Sharing gibt tritt Sonja vor und spielt (aus
ihrem eigenen Leben) mit gesenktem Kopf finsterem Gesicht leise
krabbelnd auf dem Tamburin: „Du darfst nicht laut sein, das gehört
sich nicht für ein Mädchen“. Elvira kommt nach vor spielt in schlapper
Haltung: „Mein Bruder war ohnehin immer der Lautere“. Renate geht
mit einem Flexiton, hält es still und betritt still die Bühne und geht wieder zurück auf ihren Platz: „Ich musste still sein, sonst bekam meine
Mutter Kopfweh.“
- 93 -
Kap. 4.11 - Musik als “Markierung”
Fausch-Pfister (2011) meint, das musikalische Sharing habe den Vorteil, dass es
durch die multisensorische Vorgangsweise leichter erinnerlich sei. Das musikalische Sharing kann mit Sprache kombiniert werden oder in Spielvignetten
erfolgen und so zu einem weiteren Spiel hinführen. Wenn es rein musikalisch
bleibt, können ProtagonistInnen dadurch vor einem allzu ausufernden Sharing, in
denen die Personen mit ihrem Erleben zu dominant auftreten (“Leidenskonkurrenz“, geschützt werden. Durch die Wahl eines bestimmten Instrumentes und die
pointierte Spielart werden die Botschaften der ZuhörerInnen stark verdichtet.
4.11 Musik als “Markierung”
Fallbeispiel Fr. Hertl (21 a, depressive Episoden / Entwicklungskrisen)
Im Verlauf einer Stunde stoßen wir auf einen starken „zweifelnden Rollenanteil“
in Fr. H. Dieser Teil mische sich immer wieder ins Leben ein, im schulischen
Bereich, in Beziehungen zu Männern. Wir lassen die „Zweiflerin“ auf der Spielbühne auftreten, auf einem Stuhl sitzt sie dann und wird von mir (Thp) interviewt.
Wann wird der Zweifel stärker, was schwächt ihn, wie ist er entstanden – wo
kommt er her etc.
Bei der Frage nach den Gegenkräften berichtet die „Zweiflerin“, dass sie besonders wenig Zugriff auf Fr. H. habe, wenn diese bestimmte Musik höre.
Fallbeispiel Fr. Hertl 21 a vertieft sich bei bestimmten Stücken in die
musikalische Struktur, nachdem sie Gitarre spielen kann kennt sie
sich damit aus. Wenn die „bridge“ [eine melodische Überleitung zum
nächsten Thema, Anm.] besonders gelungen ist, es geht um Musik
von anderen Bands, dann „lasse sich Fr. Hertl in diese Passagen völlig fallen“ – da habe der Zweifler-Anteil in ihr nicht die mindeste
Chance, sie zu beeinflussen.
Die „gelungene bridge“ Musik steht im Therapieprozess in Zukunft als „marker“,
als speziell markierte Erfahrung, auf die wir uns immer wieder berufen können.
Im Grunde dient hier Musik wieder als Symbol. Sie ist ebenfalls mit einem körperlichen Gefühl (vgl. beim focusing „felt shift“) verbunden. Auch ist sie
verbunden mit dem gelingenden „sich-fallen-lassen“.
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Kap. 4.12 - Musik begleitet ein Rollenspiel
4.12 Musik begleitet ein Rollenspiel
Fallbeispiel Herr Stefan, 27 a, mit einer geistigen Behinderung. Das Behandlungsziel bestand darin, dass er „von Mann zu Mann“ über Beziehungsfragen
reden wollte. Wir fingen wie gewohnt bei den Ressourcen an und Herr St. berichtete mir von seiner Leidenschaft, der Musik (!).
Das Interessante daran war, Hr. Stefan hatte einen bestimmten Sänger gefunden, dessen Gesten und Eigenheiten er besonders gerne
hatte. Er war so stark mit dem Pop-Sänger identifiziert, dass er ihn
als Alter-Ego erlebte. Die Größe und Berühmtheit hatten eine große
Anziehungskraft.
Es lag nahe, Hr. Stefan als seinen phantasierten „Star“ auf die Bühne zu bitten. Immer wieder gab er in unseren Stunden Konzerte, mit
Original-Musik, improvisierter Bühne und auch mit Bühnenbeleuchtung. Zurück auf der Begegnungsbühne konnten wir dann erst die
Themen bearbeiten.
Wichtig war dabei, den jungen erwachsenen Mann immer wieder
spielen zu lassen und doch ernst zu nehmen.
In diesem Fall war die Musik unverzichtbare Requisite und Rahmen zugleich.
Statt den Rockkonzerten hätte es auch etwas anderes sein können. Ob Luftgitarrenspiel-Wettbewerb, ob Vorspielabend in der Musikschule von früher, oder
der private Auftritt als „Romeo“, der vor dem Balkon seiner Julia hingebungsvoll
spielt, um sie später zu verführen - der Phantasie sind im Psychodrama keine
Grenzen gesetzt. Die „also-ob-Bühne“ wird durch den Musikeinsatz bereichert.
4.13 Musik als Container
Frohne-Hagemann (2005) bezeichnet die Containerfunktion auch als Haltefunktion von Musik. Das rezipierte Musikstück mit seinen intramusikalischen
Strukturen kann Sicherheit und Stütze für bewegte seelische Prozesse im Hintergrund bieten. In ihrer musiktherapeutischen Arbeit mit retardierten Kindern,
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Kap. 4.13 - Musik als Container
Kontaktmodus 0-1 (0=Kontaktlosigkeit / Abwehr 1= Reaktion), berichtet sie davon, wie Musik „einhüllt“ und einfach nur Präsenz signalisiert. Die
Containerfunktion vermittle auch Objektkonstanz.
Frohne-Hagemann (2005) meint, dass die Haltefunktion allen Beziehungsfunktionen zu Grunde liege, als Geborgenheit und Getragensein, kurz als leibliches
Urvertrauen. Sie vermutet, dass diese Musikfunktion auf den ersten Erfahrungen mit Rhythmus basiert.
Wie im Kapitel 2.4 über Musikimagination erwähnt, begrenzt bereits die Dauer
des angehörten Musikstücks die Länge der Gedankenreise. Der regressive Zustand erhält einen Beginn- und Endpunkt. Dies ist wichtig für KlientInnen, bei
denen sonst Kontrollverlustängste auftreten können.
Jungaberle sieht eine Wechselwirkung zwischen Container und dem was darin
erlebt wird. Er bezeichnet es als einen metaphorischen Zirkel von Hinein- und
Heraushören.
„Extramusikalische Strukturen beeinflussen die Erfahrung von Musik,
während die Erfahrung intramusikalischer Strukturen eine Vorlage für
subjektive Lebenswelten sein kann“ (Jungaberle, 2007, S. 337).
Abbildung 4-1 metaphorischer Zirkel, Jungaberle, 2005, S. 335
- 96 -
Kap. 4.13 - Musik als Container
Mit der entsprechenden Auswahl des Musikstückes können der Gedankenfluss
und die Emotionen auch mit beeinflusst werden. Tempo, Instrumentierung,
Komplexität, Ausdruck, Höhen/Tiefen, Dynamikumfang, Spannungsbogen – alle
diese Faktoren werden wirksam und stellen dem Zuhörenden einen Rahmen
(Container) für dessen Erleben bereit.
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Kap. 4.13 - Musik als Container
5. RESÜMEE - MUSIK IM PSYCHOTHERAPIEPROZESS
Über die Fallbeispiele ist der Autor bisher zu 14 Funktionen gelangt, die häufig
mit einander verbunden auftreten. Häufig ergeben sich daher bei Betrachtung
der gleichen Szene neue Blickwinkel, wenn andere Funktionen im Fokus stehen. Ob der Einsatz des Medium Musik bei den KlientInnen Anklang findet,
stellt sich meist rasch heraus. Gindl (2002) definiert „Anklang“ als seelische
Resonanz. Bei der Wahl der therapeutischen Mittel wird jenes Erfolg zeigen, bei
dem es auch auf Seiten der KlientInnen eine Entsprechung gibt. Fehlende Resonanz zu Musik soll TherapeutInnen anspornen, nach anderen passenderen
Mitteln zu weiterzuforschen.
Die Zusammenfassung kommt für KlientInnen und TherapeutInnen zu folgenden Ergebnissen:
1. TherapeutInnen und KlientInnen können über Musik auf der Begegnungsbühne intensiver andocken. Gemeinsames Musikerleben schafft eine
weitere Gemeinsamkeit. Das Medium steht beiden als eine zusätzliche positive Ressource zur Verfügung.
2. Den KlientInnen wird auf präverbaler Ebene zusätzliche vertiefende Ausdrucksmöglichkeit angeboten, die später verbal oder psychodramatisch
nahtlos weitergeführt werden kann.
3. Durch Musikeinsatz (Hören, elementares Improvisieren aus dem Stehgreif)
kann die psychodramatische Spielbühne um eine musikalische Spielbühne
erweitert werden.
4. Mit Musik sind Emotionen sowie Erinnerungen an Erfahrungen mit der eigenen Person und der Umwelt assoziiert. Bei entsprechender Musik können
die Erinnerungen wieder zugänglich werden.
5. Die ZuhörerInnen können in einen anderen Zustand wechseln und andere
innere Rollenanteile aktivieren bzw. in diese wechseln. Indem der innere
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Kap. 4.13 - Musik als Container
Musiker- Anteil auf die Bühne geholt wird kann sich das Kulturelle Atom erweitern.
6. Wie im Psychodrama können mit Hilfe des Medium Musik innere Impulse
externalisiert werden. Das Ergebnis wird hörbar und besprechbar. Joseph J.
Moreno zeichnet diese sogar elektronisch auf und nutzt sie im weiteren Verlauf als Spiegel oder Verstärker.
7. Über Musikrezeption kann bedarfsweise eine vegetative Umstimmung der
KlientInnen erzielt werden. Dies kann bei der Entängstigung, Entspannung
oder der Übung von Selbstwahrnehmung hilfreich sein.
8. Musik bietet mit ihren Strukturen einen Container für das Imaginieren. Innere
Bilder (z.B. lösungsfokussierte Bilder) werden durch Musik angestoßen und
bringen die KlientInnen in eine spontane Lage, wodurch im weiteren Handlungen in Gang gesetzt werden.
9. Für KlientInnen können sich folgende Vorteile ergeben:
•
Verstärkte Empathieerfahrung: KlientInnen nehmen mit ihrer Musik etwas
Substanzielles und auch Vertrautes aus seinem/ihrem Leben in die Therapiestunde mit. Empathie drückt sich dadurch aus, dass z.B. dem persönlichen
Musikstück ausdrücklich Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet wird.
•
Aspekt der „Gabe“: Mit der Musik erhalten KlientInnen etwas in der Art einer
Medikation. Im Unterschied zur medizinischen Medikation ist der Klient bereits mit dem Medium von früher her vertraut und erweckt die Wirkung aufs
Neue. Auch im Sinne der partiell komplementären Beziehungsgestaltung
können bedürftige KlientInnen so etwas bekommen.
•
Kommunikativ-entlastender Aspekt: In Phasen, in denen wenig Sprache möglich ist kann es entlastend sein, wenn aus der Musik ein Input kommt. Tiefere
und intellektuell weniger verbaute Schichten der Persönlichkeit können angesprochen werden.
•
Aspekt: Musik als Trigger für hochkommende Bilder, die dann verbal oder
szenisch weiter bearbeitet werden können. Hiermit ist auch Vorsicht geboten,
wenn z.B. traumatische Erfahrungen ausgelöst werden. Dem ist in der Anam- 99 -
Kap. 4.13 - Musik als Container
nese besondere Aufmerksamkeit zu geben. Aber grundsätzlich beleben Bilder den Prozess.
•
Verstärker-Aspekt: die Vorstellung wird belebt, es wird eine stärkere Anwärmung für den inneren Rollenwechsel ermöglicht. Musik macht Stimmung und
Atmosphäre. Die Spontaneität kann gesteigert werden.
•
Intermedialer Aspekt: Wo Worte fehlen, kann die Musik eine Brücke bilden.
Intellektuelle oder im verbalen Ausdruck eingeschränkte Menschen erhalten
eine zusätzliche Ausdrucksebene. Das Medium spricht für sich.
10. Für TherapeutInnen wurden folgende Vorteile erkannt:
•
Beziehungsaspekt: Die musikalische Anamnese lässt gleich zu Beginn des
Therapieprozess mehr Begegnungsfläche entstehen und fördert das Warmup der therapeutischen Beziehung.
•
Theragnostischer Aspekt: Berichte über Musikerfahrung bringen zusätzliche
Information in den Therapieprozess. Die Spielbühne wird um die „Hörbühne“
erweitert.
•
Entlastung und Belebung als Aspekt: Als Therapeut kann ich das Medium
selbst nutzen und Distanz zum Prozess und zur KlientInnenbeziehung finden.
Weiters bekommt das eigene Erleben des Therapeuten über die Musik Impulse und kann damit in Fluss kommen.
•
Schutzfunktion: Joseph J. Moreno nennt diese Funktion, weil das Medium
zwischen TherapeutIn und KlientIn steht. Es fängt gewisse Projektionen ab
bzw. wird teils zur Projektionsfläche. Dadurch muss der Therapeut nicht alles
davon abfangen.
11. Gibt es auch Nachteile?
Ein Nachteil kann entstehen, wo der Musikeinsatz zu einer oberflächlichen Geschichte wird, weil das Ziel dabei aus der Sicht gekommen ist. Thp und Kl
genießen bestenfalls die Musik, aber der Therapieprozess steht still.
- 100 -
Kap. 4.13 - Musik als Container
Es ist daher immer wieder die Frage zu stellen, wo wollen wir damit hin? Und:
geht es nicht auch verbal oder auf herkömmliche Weise. Wäre nicht eine „normale“ Spielszene“ zielführender?
Musikhören kann auch zu einer beabsichtigt oder unbeabsichtigt regressiven
Erfahrung werden, was bedeutet, dass Kl und Thp die „Füße auf dem Tisch“
statt am Boden haben. Es ist die Frage der Dosis zu beachten und auf ein ausgewogenes Verhältnis von Progression und Regression zu achten.
Beim Musikspiel finde ich keine Nachteile, denn es geht dabei für alle Beteiligten immer um spontanes Handeln. Das wirkt im Allgemeinen meist bereichernd
und schadet keinem, solange dadurch nicht wichtige Themen versteckt werden.
Durch die Spielaktivität wird dann das Gesamtbild „überbelichtet“.
- 101 -
Kap. 5.1 - Kontraindikationen
5.1
Kontraindikationen
Gegen angezeigt ist die Verwendung von Musik im Sinne des vorliegenden Arbeitsthemas wenn:
•
keinerlei positiver Bezug zum Medium herzustellen ist oder keine Resonanz zur Musik zu finden ist,
•
der Bezug zum Medium ein überwiegend negativer ist und es dabei
bleibt,
•
ganz besonders dann, wenn es traumatisierende Erfahrungen in Verbindung mit dem Medium gibt /gegeben hat.
Wobei es bei aller Ablehnung auch hier in Vorsicht die Möglichkeit des „wahren
zweiten Mal“ gibt, um sich vom ersten Mal zu befreien.
Das klassische Anti-Beispiel: Der Klavierlehrer und die Eltern haben mich immer so mit Üben geplagt, seitdem kann ich keine Violine mehr hören und
„spiele“ nur mehr Radio.
Das no-go Beispiel: Eine Person hat Gewalterfahrung erlitten (Zwangsprostitution, Flucht, Verschleppung, Krieg, Katastrophen) und entsprechende
akustische Reize würden die psychische Verletzung wieder antriggern.
5.2
ProtagonistInnen der Fallbeispiele
Herr Summer, 57 a, neurologisches Leiden, Heimbewohner ohne viele Worte
Herr Border, 40 a, leidet unter Unfalltrauma, mit starken gesunden Anteilen
Frau Ackerl, 35 a, immer für die anderen da sein strengt an - im Dauerstress
Frau Schwarz, 25 a, die kreative Seite im Kampf gegen Angst und Depression
Herr Müller, 50 a, behinderter Mann mit großer Leidenschaft für Volksmusik
Frau Hertl, 17 a, musikalische Frau am (positiven) Ende einer Entwicklungskrise
- 102 -
Kap. 5.2 - ProtagonistInnen der Fallbeispiele
Frau Berger, 27 a, fleißige, erschöpfte Frau entdeckt ihre spielerische Seite
wieder
Herr Werner, 20 a, ein psychotischer Schub hat sein Leben durchgeschüttelt
Frau Anna, 18 a, mobbing Erfahrung mit Folgen – im Aufschwung
Herr Stefan, 27 a, als Erwachsener noch spielen zu dürfen und doch ernst genommen werden.
Frau Meixner, 35 a, mit Beziehungsthematik, die große Ängste verursacht.
Für diese Arbeit wurden hauptsächlich Fallbeispiele aus eigener psychotherapeutischer Tätigkeit aus dem Zeitraum der vergangenen Jahre 2008 bis 2011
herangezogen. Die Praxis befindet sich in einer Kleinstadt (12.000 EinwohnerInnen) und einem Einzugsgebiet von 50.000 EinwohnerInnen. Alle Vignetten
stammen aus Einzelpsychotherapiestunden mit breit gestreuter Diagnostik: von
Depression und Angststörungen bis zu Entwicklungskrisen im Jugendalter. Das
Altersspektrum der KlientInnen reicht von 16 bis 57 Jahren. Die Beispiele sind
anonymisiert und in Details, die für die Forschungsfrage unerheblich sind, verschlüsselt. In der Verteilung gibt ungefähr 25 Prozent der KlientInnen an, dass
sie einen positiven Bezug zur Musik oder zum Musizieren haben. Es lohnt sich
daher, alle KlientInnen gleich zu Beginn der Therapie auf ihre Musikerfahrung
anzusprechen.
- 103 -
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1-1 Soziogramm J.L.Moreno, (1985), S 290 ...................16
Abbildung 1-2 Kreativer Zirkel - Musik 2 ..........................................25
Abbildung 1-3 Kreativer Zirkel - Musik 3 ..........................................25
Abbildung 1-4 Kreativer Zirkel – Musik 4 .........................................25
Abbildung 1-5 Warm-up mit Musik ...................................................27
Abbildung 1-6 Musikal. Warm-up + Spielphase ...............................27
Abbildung 1-7 PD Spiel mit Musik....................................................27
Abbildung 1-8 Eine weitere Variante................................................28
Abbildung 1-9 Innere-äußere Bühne nach J. Fürst, 2004, S. 246 ....39
Abbildung 1-10 Innere-Äußere Bühne erweitert um Musikbühne ....39
Abbildung 2-1 KESI – Modalitätsmodell, Jungaberle, 2007, S. 300 .44
Abbildung 2-2 C. Frank – aus Harrer, 1975, S. 85 ...........................45
Abbildung 2-3 PET-Untersuchung, Blood & Zahorre (2001) ............46
- 108 -
Tabellenverzeichnis
Abbildung 2-4 Das Gehirn hört mit, Spitzer 2007, S. 209 ................49
Abbildung 3-1 Kulturelles Atom mit Musik (roter Knopf)...................63
Abbildung 3-2 musikal. Anamnese Seite 1 ......................................68
Abbildung 3-3 musikal. Anamnese Seite 2 ......................................69
Abbildung 3-4 musikal. Anamnese Seite 3 ......................................70
Abbildung 3-5 Kulturelles Atom mit Musik (roter Knopf)...................72
Abbildung 3-6 Stundenprotokoll - Fallbeispiel Fr. Anna ...................76
Abbildung 4-1 metaphorischer Zirkel, Jungaberle, 2005, S. 335 .....96
Abbildung 5-1 Die Grundidee als Cartoon. ....................................109
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Musikinstrumente a ..........................................................64
Tabelle 2 Musikinstrumente b ..........................................................65
Tabelle 3 Musikinstrumente c ..........................................................65
Tabelle 4 - Titelsammlung (MI, Geiger & Maack, 2010, S. 320........66
Abbildung 5-1 Die Grundidee als Cartoon.
- 23276-
- 109 -
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