Sportler in der Werbung

Werbung
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HORIZONT 43/2012
PRAXIS
25. Oktober 2012
PROJEKT STRATOS
Wie Red Bull der große Sprung im
Content Marketing gelang 22
Best Cases • Studien • Know-how
Zu Recht im Rampenlicht
Exklusiv-Studie: Mediaanalyzer untersucht das Potenzial von Sportlern in der Werbung – und zeigt Stolperfallen auf
Fußball-Nationalspielerin
Lira Bajramaj, Basketball-Star
Dirk Nowitzki und WeltklasseSchwimmer Paul Biedermann
haben als Testimonials
unterschiedliche Wirkung
Von Ingo Rentz
E
s ist eine sich stetig wiederholende Mechanik: Sobald ein Sportler
einen großen Erfolg erringt, stehen potenzielle Werbepartner
anschließend Schlange. Viele Unternehmen setzen auf die Zugkraft eines sportlichen Idols, um den Geschäftserfolg anzukurbeln. Doch sind Sportler in der
Werbung der erhoffte Motor? Was funktioniert gut, wofür eignen sie sich weniger? Antworten auf diese Fragen gibt Mediaanalyzer: Wie das Hamburger Marktforschungsunternehmen in der Studie
„Große Namen für große Brands – Sportler in der Werbung“ exklusiv für HORIZONT herausgefunden hat, entfalten
Sportler als Werbegesichter eine bessere
Wirkung als andere Prominente.
Sportler stehen für harte
und ehrliche Arbeit
Grundlage für die neue Studie ist eine
Untersuchung von diesem Sommer, die
Mediaanalyzer ebenfalls exklusiv für HORIZONT anfertigte. Darin zeigt sich: 70
Prozent der Befragten finden Prominente in der Werbung gut (HORIZONT 32/
2012). Allerdings hält nur jeder Dritte
prominente Testimonials für glaubwürdig, auf 37 Prozent wirken sie gar unseriös. In der vertieften Analyse zeigt sich
nun, dass die Konsumenten Sportlern ihre Werbebotschaften eher abnehmen als
anderen Prominenten: Von über der
Hälfte werden Sportler als glaubwürdig
eingestuft (53 Prozent), damit liegen sie
bis zu 10 Prozent vor anderen Testimoni-
als wie Moderatoren, Musiker, Schauspieler oder Models.
Wie lässt sich dieser Glaubwürdigkeitsvorsprung erklären? „Das liegt daran, dass Sportler vom Betrachter in der
Regel mit harter, ehrlicher Arbeit in Verbindung gebracht werden. Sie sind nicht
durch Glück oder gute Verbindungen bekannt geworden, sondern sie haben etwas geleistet“, sagt Steffen Egner, Gründer und Geschäftsführer von Mediaanalyzer. Kurzum: Der Konsument hat den
Eindruck, dass der Sportler es sich durch
besondere Leistungen verdient hat, im
Rampenlicht zu stehen. Verdiente Sportler glänzen auch mit hohen Wieder-
erkennungswerten: Von den 24 vorgelegten Gesichtern werden Boris Becker (97
Prozent) und die Klitschko-Brüder (96
Prozent) am häufigsten wiedererkannt,
auch Oliver Kahn, Dirk Nowitzki, Bastian Schweinsteiger, Sebastian Vettel und
Fabian Hambüchen haben Werte jenseits
der 50 Prozent. Das wirkt sich positiv auf
das Image der Werbegesichter aus: Sportler, die besonders häufig erkannt werden,
werden als wesentlich sympathischer
und glaubwürdiger beurteilt. Jedoch liegt
im spezifischen Sporthintergrund der
Testimonials auch ein gewisses Risiko.
Denn häufig werden sie nur dann erkannt, wenn sie die Werbung auch in
einem Sportumfeld zeigt. Ein Effekt, den
besonders junge und weniger bekannte
Sportler zu spüren bekommen. So weisen etwa Schwimmer Paul Biedermann
sowie die olympischen Goldmedaillengewinner Matthias Steiner (Gewichtheben) und Robert Harting (Diskuswurf)
Werte zwischen nur 7 und 34 Prozent
Sportler sind als Testimonials besonders glaubwürdig
Glaubwürdigkeit unterschiedlicher Testimonials
Angaben in Prozent
53
Sportler
Comedians/Komiker
48
Radio-/TV-Moderatoren
48
47
Sänger/Musiker
43
Schauspieler
Models
32
Frage: Wie glaubwürdig sind für Sie die hier genannten Personengruppen, wenn sie in der Werbung auftreten?
Top-3-Werte – Skala 1-6 (1 = halte ich für sehr geeignet, 6 = halte ich für überhaupt nicht geeignet);
Basis: 519 Befragte zwischen 18-59 Jahren
Quelle: Studie „Sportler in der Werbung“, Mediaanalyzer 2012
HORIZONT 43/2012
Wiedererkennung auf. Diese steigt jedoch sprunghaft an, sobald die Recken
im Sportdress auftreten.
Sportlerinnen schneiden
schlechter ab als Sportler
Auffallend ist, dass Sportlerinnen bei der
Wiedererkennung deutlich schlechter abschneiden als männliche Sport-Testimonials. Bis auf Franziska van Almsick (70
Prozent), Britta Steffen (25 Prozent) und
Magdalena Neuner (17 Prozent) erzielen
alle 24 abgefragten Sportlerinnen Werte
unter 10 Prozent. „Weibliche Sport-Testimonials haben zwei Nachteile: Die weiblichen Zielgruppen sind unter dem Strich
nicht so Sport-affin wie die Männer“, sagt
Egner. „Außerdem haben Sportlerinnen
keine so hohe mediale Präsenz wie ihre
männlichen Pendants und besitzen dementsprechend einen geringeren Wiedererkennungswert.“ Auch hier gilt jedoch:
Sobald die Sportlerinnen ihre Wettkampfkleidung tragen, erhöhen sich die
Wiedererkennungs- und damit die Sympathie- und Glaubwürdigkeitswerte um
ein Vielfaches.
Mit dem Bekanntheitsgrad des Sportlers steht und fällt auch die Werbezuordnung. So wissen 85 Prozent der Befragten,
dass Dirk Nowitzki Werbung macht, 63
Prozent nennen mit der ING-Diba sogar
den richtigen Werbepartner. Noch viel
wichtiger: andere oder falsche Marken
werden von den Probanden nicht genannt. Zur Erinnerung: Noch im Sommer glaubte jeder Zwanzigste, Nowitzki
würde für Wurstprodukte werben – eine
Auswirkung des zwischenzeitlich stark
umstrittenen ING-Diba-Spots, in dem
Nowitzki eine Scheibe Wurst verspeist.
Eine Speise sorgt hingegen im Falle Bastian Schweinsteiger größtenteils für die
richtige Assoziation: Von den 64 Prozent,
die den Mittelfeldlenker des FC Bayern
München als Werbegesicht erkennen,
bringen ihn 40 Prozent richtigerweise mit
Chips in Verbindung.
Bekanntheit und Wiedererkennung in
Verbindung mit in der Regel positiven
Image-Eigenschaften sind für Egner die
wichtigsten Argumente, auf Sportler als
Testimonials zu setzen. „Für junge Marken, die mit Erfolg, Disziplin und Fitness
in Verbindung gebracht werden wollen,
eignen sich Sportler als Testimonials besonders gut. Sie sind aber natürlich kein
Allheilmittel.“ So sollten Unternehmen
mit wissenschaftlichen oder schwer verständlichen Produkten besser einen anderen Ansatz wählen.
Vor allem jedoch sind auch die größten Saubermänner und -frauen unter den
Sportlern nicht vor einem plötzlichen, radikalen Imageverlust gefeit – dem wohl
größten anzunehmenden Unfall für die
Kampagnenplanung. Insbesondere die
Dopingproblematik ist eine unverhoffte
Stolperfalle. Die Werbepartner des einstigen Radsport-Helden Lance Armstrong
können ein Lied davon singen.
Im Printabo inklusive:
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