Was darf‘s denn kosten? – Einblicke in die Preisoptimierung Prof. Dr. Thomas Winter Beuth Hochschule für Technik, Berlin [email protected] T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 1 Agenda Motivation: Ein Einstiegsbeispiel Was soll‘s denn kosten? Was ist ein optimaler Preis? Preisoptimierung Geht es noch besser? Falls ja, wie… Marktsegmentierung / Preisdifferenzierung Wie verkaufe ich jetzt? Optimierung der Verfügbarkeiten Fazit: Und weiter…? Seat map – Airbus A 320-200 – source: www.lufthansa.com T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 2 Ein Einstiegsbeispiel: Wir wollen nach Disneyland Paris • Also fliegen wir nach Paris … • … mit dem Zug und mit dem Auto dauert‘s zu lange T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 3 Ein Einstiegsbeispiel: Tegel (TXL) – Paris(CDG) am 18. April 2014 • Was sind die Gründe für die großen Preisunterschiede? • Wieso macht das Sinn? T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 4 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen Preis Angebot T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 Nachfrage 5 Preisoptimierung: ein kleines Beispiel Nachfrage y = f(x) Ertrag: E(x) = x * y 100 E(x) = x (-0.2 * x + 100) = -0.2 * x2 + 100 * x y = - 0.2 * x + 100 Dies entspricht einer Parabel, die nach unten geöffnet ist. E(x) 500 Preis x Kann man E(x) einfach in die Graphik einzeichnen? T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 6 Preisoptimierung: ein kleines Beispiel Optimum: x* = 250 =: p y* = f(x*) = 50 E(x*) = 12500 T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 7 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung … geht das noch besser …? … besser als optimal … ? Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 8 Preisoptimierung: Bildung von Kundensegmenten (Fencing) Der optimale Preis ist 250, aber fast 50 Personen wären bereit, mehr zu zahlen. Kann man das nicht ausnutzen…? Nachfrage f(x) 100 f(x)= - 0.2 * x + 100 A B • 90 Kunden sind bereit 50 € • 80 Kunden sind bereit 100 € • 60 Kunden sind bereit 200 € • 50 Kunden sind bereit 250 € • 40 Kunden sind bereit 300 € • 20 Kunden sind bereit 400 € • 10 Kunden sind bereit 450 € zu zahlen Wenn es gelingt, die Kunden in verschiedene Segmente aufzuteilen, dann kann man ggf. mehr verdienen. Preis x Fence/Barriere 500 Kunden aus B dürfen nicht billiger kaufen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 9 Preisoptimierung: Bildung von Kundensegmenten (Fencing) Gelingt die Aufteilungen der Kunden komplett, dann ergeben sich zwei separate Optimierungsprobleme Nachfrage fB(x) Nachfrage fA(x) 100 50 fB ( x ) = −0.2 x + 100 x x < 250 x ≥ 250 fA ( x ) = −0.2 x + 50 50 B A Preis x Fence/Barriere 500 Kunden aus B dürfen nicht billiger kaufen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 250 10 Preisoptimierung: Bildung von Kundensegmenten (Fencing) Gelingt die Aufteilungen der Kunden komplett, dann ergeben sich zwei separate Optimierungsprobleme Nachfrage fB(x) Nachfrage fA(x) 50 fB ( x ) = −0.2 x + 100 x x < 250 x ≥ 250 −0.2 x + 50 fA ( x ) = 50 50 A B Preis x Als optimale Preise ergeben sich: pB = 250 Als optimaler Ertrag ergibt sich: E = EB + EA = 12500 + 3125 = 15625 T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 250 500 pA = 125 (25% mehr Ertrag) 11 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung … geht das noch besser …? … Lufthansa und viele andere Fluggesellschaften nutzen 26 Buchungsklassen A, B, …, Z … Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 12 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 13 Prognose über die Zeit Für jedes Reisestrecke und für jede Buchungsklasse für jeden Verkaufsort wird eine Nachfrage für jede Phase der Buchungsperiode bestimmt. f(p) < 1y 365d LH 3240 (19.05.2014) t Die Prognose wird regelmäßig über die Zeit aktualisiert. Während der Buchungsperiode wird zudem auf signifikante Abweichungen der Prognose vom Istwert reagiert. Die Prognose erfolgt mit Hilfe statistischer Methoden. T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 14 Prognose am Beispiel der Buchungsklassen „A“ und „B“ B „Buchungsklasse der Mehrzahler“ A „Buchungsklasse des Discount-Preises“ Annahme: die Nachfrage ist normalverteilt. B: N(50,15) A: N(25, 10) T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 15 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 16 Berechnung von Buchungslimits: 2-Klassen-Problem Betrachten wir das Problem mit 2 Buchungsklassen Die erwartete Nachfrage für die beiden Klassen B A für die Mehrzahler für die Discount-Kunden und die Verteilung der Nachfrage FB der Mehrzahler sei bekannt. Die Preise der Buchungsklassen pB und pA seien bekannt. Das Buchungslimit bA für die billigere Buchungsklasse A ergibt sich nach Littlewood‘s Rule für die Kapazität K des Flugzeugs aus pA 1 − FB ( K − bA ) = Littlewood’s Regel pB Der zugehörige Reservierung (Protection) für die Mehrzahler ist −1 pA y B min FB 1 − = ,K p B T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 y* μf b* C17 Prognose am Beispiel der Buchungsklassen „A“ und „B“ B mit normalverteilter Nachfrage hier mit Wahrscheinlichkeitsverteilung B: N(50,15) T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 18 Berechnung von Buchungslimits: 2-Klassen-Problem Das Buchungslimit b für die billigere Buchungsklasse und der Protection-Level y für die teure Buchungsklasse ergibt sich zu pA 1 − FB ( K − bA ) = pB p Littlewood’s Regel = y B min FB −1 1 − A , K pB Überraschend ist, dass die optimale Protection und das optimale Buchungslimit nicht von der Nachfrageprognose für Discount-Kunden abhängt! Die Lösung hängt nur vom Preis-Verhältnis und von der Nachfrage für die Vollzahler ab! Littlewood‘s Regel lässt sich für mehr als 2 Buchungsklassen erweitern zur EMSR-a bzw. EMSR-b Heuristik von Belobaba. T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 19 Algorithmus zur Berechnung des optimalen Buchungslimits b* 1. Setze b := 0; 2. Solange (b ≤ K) { 1. Berechne E[h(b)]. E h ( b ) = 1 − FA ( b ) ⋅ pA − 1 − FB ( K − b ) ⋅ pB 2. Falls (E[h(b)] ≤ 0 oder FA(b+1)=1) { 1. Setze b* := b; 2. Stop; } 3. Sonst { // Falls (E[h(b)} > 0 und FA(b+1)<1) 1. Setze b := b +1; 2. Falls (b = K) { 1. Setze b* := K; 2. Stop; } ( ) } // Aufstiegs-Verfahren // („Hill-Climbing“-Algorithmus) T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 20 Mathematische Problemstellungen Preisoptimierung Prognose Optimierung der Verfügbarkeiten Überbuchen T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 21 Überbuchen Wie sehr ein Flug überbucht wird, hängt vom Tag, dem Passagiermix, der Flugzeit, der Saison und dem Ziel ab. Die mathem. Modellierung erfolgt über die erwartete No-Show-Rate mittels einer Binomialverteilung bzw. einer Multinomialverteilung. Strafkosten: Kompensationen für Freiwillige Denied Boardings Unfreiwillige Denied Boardings Bewertung des zusätzlichen Ertrags im Vergleich zu möglichen Kosten (Risiko) T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 22 Fazit Preisoptimierung Für lineare Nachfragefunktionen mittels Scheitelpunkt der zugehörigen Parabel des Ertrags Weitere Ertragssteigerung durch Kundensegmentierung Prognose Ansatz mittels statistischer Methoden Optimierung der Verfügbarkeiten für zwei Produkte optimal mittels Littlewoods Regel Überbuchen Bewertung des möglichen zusätzlichen Ertrags und des Risikos (Kosten, Image), bei Abflug mehr Passagiere als Plätze zu haben T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 23 Weiterführende Literatur Robert Klein und Claudius Steinhardt: Revenue Management: Grundlagen und Mathematische Methoden, Springer, 2008. Kalyan T. Talluri und Garrett J. van Ryzin: The Theory and Practice of Revenue Management, Springer, 2004. Robert L. Phillips: Pricing and Revenue Optimization, Stanford Business Books, 2005. Ian Yeoman and Una McMahon-Beattier: Revenue Management and Pricing: Case Studies and Applications, Thompson, 2004. Tudor Bodea and Mark Ferguson: Segmentation, Revenue Management and Pricing Analytics, Taylor & Francis, 2014 T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 24 T. Winter – Tag der Wissenschaften 2017– 18./19.01.17 26