Marketing nach Plan - Von der Einsicht zur Tat Durch eine systematische Marketingplanung vermeiden Rechtsanwälte Frustrationen und Verzettelungseffekte. Wohl die meisten Anwälte haben inzwischen erkannt, dass sie Marketing benötigen, um Mandanten zu gewinnen oder langfristig zu binden. Häufig aber folgen dieser Einsicht keine Taten. Die Gründe für solche Vollzugsdefizite sind vielfältig. Viele Anwälte verweisen darauf, im Tagesgeschäft chronisch überlastet zu sein: Strategische Planung und Marketing kämen daher immer wieder zu kurz. Oft verbirgt sich hinter diesem Argument allerdings die fehlende Bereitschaft, andere Prioritäten zu setzen und einer aktiven strategischen Entwicklung der Kanzlei den nötigen Platz einzuräumen. Der Einstieg in aktives Marketing wird auch deswegen vermieden, weil es sich um ein Terrain handelt, auf dem Anwälte sich bislang nicht wohl fühlen. Es fehlt an ausreichenden Kenntnissen über systematische strategische Marketingplanung und ein daran gekoppeltes Marketing. Solange Werbung und Marketing verwechselt werden, wird ein wirklich fundiertes Verständnis anwaltlichen Dienstleistungsmarketings im Sinne einer mandantenorientierten Ausrichtung des Leistungsprogramms einer Kanzlei kaum zu entwickeln sein. So ist es nicht verwunderlich, dass in vielen Kanzleien keine klaren Marketingziele definiert werden und die Strategien, mit denen die Ziele erreicht werden sollen, unklar bleiben. Eine professionelle Kontrolle, ob die Ziele erreicht oder aus welchen Gründen sie nicht erreicht worden sind, ist dann nicht möglich. Neben solchen konzeptionellen Defiziten sind in Anwaltskanzleien immer wieder auch operative Defizite zu beobachten. Es fehlt an einer systematischen Projektsteuerung, die nur möglich ist, wenn die Kanzlei eine marketingfähige Organisation aufgebaut hat. Dies trägt dazu bei, dass Anwälte bei der Durchführung von Marketingmaßnahmen Frustrationen entwickeln, weil ihnen ein angemessener Apparat fehlt. Diese Hindernisse lassen sich nur überwinden, wenn Marketing als kontinuierliche Aufgabe begriffen wird. In Regelkreisen denken Erforderlich ist ein Denken in Regelkreisen: Systematisches Marketingmanagement beginnt mit der Situationsanalyse. Auf diese aufbauend werden die Ziele für die Kanzleientwicklung formuliert und Strategien gewählt, um diese Ziele zu erreichen. Zur Zielerreichung bedarf es eines Umsetzungsplans, in dem die Details der Prozesssteuerung festgelegt werden. Schließlich ist zu überprüfen, ob die selbstgesteckten Marketingziele erreicht wurden. Nötig ist also Controlling, dessen Ergebnis Ausgangspunkt für den Einstieg in einen neuen Regelkreis ist 1. Situationsanalyse 2. Zielformulierung 3. Strategiefindung 4. Umsetzung 5. Controlling 1 Im Rahmen der Situationsanalyse sollte jede Kanzlei ihre Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken in Bezug auf den von ihr bedienten Teilmarkt anwaltlicher Dienstleistungen untersuchen. Hierbei ist genau zu ermitteln, welche Kompetenzen und welche daraus abgeleiteten Dienste die Kanzlei am Markt anbieten kann. Diese Inside-Out-Perspektive muss dann an die Outside-In-Überlegung, welche Anforderungen durch unterschiedliche Gruppen von Mandanten an die Kanzlei gestellt werden, gekoppelt werden. Zukunftsorientierung erhält die Analyse, indem man im Einzelnen antizipiert, wo im Markt latenter Bedarf vorhanden ist, der durch innovative Angebote rechtlicher Vertretungs- oder Beratungsleistungen aktualisiert werden kann. Ideen für solche neuen Dienste sind grundsätzlich daraufhin zu prüfen, welchen Nutzen sie für die Mandanten stiften. Je klarer diese Nutzenfunktion bestimmt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche Dienste vom Markt auch angenommen werden. Auf der Grundlage der Situationsanalyse sollten Ziele formuliert werden, die messbar sind. Die Vorgabe, man wolle neue Mandanten gewinnen, reicht nicht aus. Vielmehr ist eine exakte Angabe erforderlich, wie viele Mandanten welchen Typs in welchem Zeitraum gewonnen werden sollen. Entsprechend können auch Umsatz- oder Gewinnziele spezifiziert werden, die mit bestimmten Marketingmaßnahmen erreicht werden sollen. Unterbleiben solche Zielangaben, ist systematisches Controlling nicht möglich und weder Erfolge noch Misserfolge bestimmter Marketingmaßnahmen können in ihrer strategischen Bedeutung für die nächste Planungsperiode eingeschätzt werden. Auswahl der Marketinginstrumentt Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Planungsschritte müssen nun die einzelnen Marketinginstrumente ausgewählt und zu einer Gesamtkombination miteinander verbunden werden. In dieser Phase des Marketingprozesses sind viele Einzelentscheidungen zu treffen: Stehen für die Durchsetzung bestimmter rechtlicher Dienstleistungen am Markt innerhalb der Kanzlei die nötigen Kompetenzen und Kapazitäten bereit? Als personenbezogene Dienstleistungen sind rechtliche Dienste in ihrer Qualität vorrangig von persönlichen Kompetenzen abhängig. Angebote an den Markt müssen folglich immer mit einem soliden Kompetenzversprechen verbunden werden. Die These, man werde durch entsprechende Mandate Kompetenz entwickeln, ist unter qualitätspolitischen Aspekten riskant Die angebotenen rechtlichen Dienste sollten präzise und vor allem für Laien verständlich beschrieben werden. Hierbei kommt es darauf an, (potenziellen) Mandanten den Nutzen und die Vorteile solcher Dienste präzise zu verdeutlichen. Der Nutzen kann materieller oder immaterieller Art sein. Er kann darauf gerichtet sein, bestimmte rechtliche Risiken im Sinne von Prävention zu vermeiden oder zu begrenzen. Eine der wesentlichen Hemmschwellen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Leistungen liegt in der Unklarheit über die jeweiligen Kosten, die dem Mandanten entstehen. Es ist daher von großer Bedeutung, im Rahmen von Marketingmaßnahmen die anfallenden Entgelte möglichst präzise anzugeben. Zumindest sollten die Regeln spezifiziert werden, nach denen abgerechnet wird. Je präziser und nachvollziehbarer diese Angaben für das Zielpublikum sind, desto höher werden die Chancen für eine Inanspruchnahme anwaltlicher Leistung. Darüber hinaus werden Angebote am Markt anwaltlicher Dienste umso erfolgreicher sein, je klarer für den Mandanten ist, welcher Anwalt oder welches Team für ihn bereitsteht und wie er den jeweiligen Ansprechpartner erreichen kann. Ziel ist es dabei stets, aktuellen oder potenziellen Mandanten den Weg zum Anwalt zu erleichtern: Je geringer der Aufwand für den Mandanten, desto wahrscheinlicher wird er den Kontakt zum Anwalt suchen. 2 Verzettelungseffekten vorbeugen Ohne eine exakte Festlegung der einzelnen Maßnahmen im Rahmen des anwaltlichen Marketings droht Verzettelung. Entsprechend ist im Rahmen der Marketingplanung schließlich darüber zu entscheiden, mit welchen Mitteln das Leistungsangebot gegenüber dem Zielpublikum kommuniziert werden soll: Soll die persönliche Ansprache ganz bestimmter aktueller oder potenzieller Mandanten gesucht werden? Kommen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit – zum Beispiel in Form von Informationsveranstaltungen innerhalb oder außerhalb der Kanzlei – in Betracht? Sollen hierbei externe Partner einbezogen werden? Soll in den Medien – und wenn, in welchen – publiziert werden? Will man Direktmarketing im Sinne von Rundschreiben an aktuelle oder potenzielle Mandanten betreiben? Weil das anwaltliche Marketing hohe Anforderungen an die Organisationskapazitäten einer Kanzlei stellt, ist es wichtig, die jeweiligen Zuständigkeiten für die einzelnen Marketingschritte festzulegen und dabei die Verantwortung möglichst breit auf anwaltliche wie nicht anwaltliche Mitarbeiter zu verteilen. So hält man die Belastungen einzelner Personen möglichst gering und macht gleichzeitig deutlich, dass jeder Mitarbeiter der Kanzlei auch an ihren Marketingmaßnahmen beteiligt sein sollte. Es muss also genau festgelegt werden, wer im Rahmen des Marketings zu welchem Zeitpunkt welche Aktivitäten mit welchem Ergebnis entfalten soll. Da erfahrungsgemäß in vielen Kanzleien Marketingmaßnahmen infolge von Komplikationen im operativen Geschäft hängen bleiben, sollte man überlegen, ob bestimmte Einzelschritte durch externe Dienstleister erledigt werden können. Dabei ist jeweils kritisch zu prüfen, ob die Tätigkeit solcher Dienstleister den Ansprüchen an ein seriöses und Vertrauen bildendes Marketing von Rechtsanwälten genügt. Operatives und strategisches Controlling Die Umsetzung von Marketingmaßnahmen sollte durch ein entsprechendes Controlling begleitet werden. Im Rahmen des operativen Controllings ist zu prüfen, ob bereits im laufenden Geschäft erkennbar wird, dass angestrebte Marketingziele nicht erreicht werden. Soweit dies der Fall ist, sollte man kurzfristige Korrekturmaßnahmen einleiten. Oft ist hier festzustellen, dass Marketingmaßnahmen nicht erfolgreich sind, weil man sich zu viel auf einmal vorgenommen hat. In solchen Fällen ist es erforderlich, die Marketingpläne auf ein realistisches Maß zu begrenzen: Lieber mit wenigen Maßnahmen erfolgreich sein, als viele Maßnahmen zu keinem vernünftigen Ende bringen. Im Rahmen des strategischen Controllings wird überprüft, ob die längerfristigen Ziele erreicht wurden. Ist dies nicht der Fall, sind die Gründe hierfür detailliert und vor allem konstruktiv zu untersuchen. Das Eingeständnis von Fehlern sollte zu einer weiteren Perfektionierung des Marketings führen, unter keinen Umständen aber zu seiner Abschaffung. Quelle: Anwalt, August / September 2002, S. 18-20. 3