Ergebnisse der Länderübergreifenden Hochschulmarketingkampagne „Mein Campus von Studieren in Fernost“ Startschuss für Fernost Seit 1990 sinken in Ostdeutschland die Geburtenzahlen. Deshalb gibt es weniger Studienanfängerinnen und Studienanfänger aus der Region. Vor diesem Hintergrund prognostiziert die Kultusministerkonferenz (KMK) 2005 einen anhaltenden Rückgang der Studienberechtigten in den ostdeutschen Ländern. Gleichzeitig rechnet sie deutschlandweit mit einem starken Anstieg der Studierendenzahlen in den kommenden Jahren.1 Um in Zukunft möglichst vielen Studieninteressierten ein qualitativ hochwertiges Hochschulstudium zu ermöglichen, vereinbaren Bund und Länder 2007 deshalb den Hochschulpakt 20202. Die ostdeutschen Länder verpflichten sich darin, ihr Studienplatzangebot für Studienanfängerinnen und Studienanfänger trotz der demografischen Entwicklung auf dem Niveau von 2005 zu halten. Dazu müssen mehr ostdeutsche Studienberechtigte zum Studieren in ihrer Region bleiben und mehr Studienberechtigte aus den westdeutschen Ländern ein Studium im Osten aufnehmen. Die Länderübergreifende Hochschulmarketingkampagne der ostdeutschen Länder – vormals Hochschulinitiative Neue Bundesländer – hat seit 2008 diesen Prozess begleitet. Ziel der Kampagne ist es, einen Imagewandel herbeizuführen und die Attraktivität des Hochschulstandorts Ost bei westdeutschen Abiturientinnen und Abiturienten zu steigern. Darüber hinaus gilt es, zusammen mit den beteiligten Hochschulen den Imagewandel zu gestalten. Als zweites wichtiges Kampagnenziel wird daher vereinbart, die ostdeutschen Hochschulen mittel- und langfristig wettbewerbsfähiger zu machen und sie bei ihren kommunikativen Aktivitäten rund um das Studienanfängermarketing zu unterstützen. Die Kampagne richtet sich stark am Kommunikationsverhalten ihrer Kernzielgruppe aus. Dabei setzt sie insbesondere auf Online-Maßnahmen und nutzt die sozialen Netzwerke. „Studieren in Fernost“ ist die erste öffentliche Online-Kampagne im Bildungsbereich in Deutschland. Ob SchülerVZ, Facebook oder WhatsApp – die Kampagne ist immer dort vertreten, wo die Zielgruppe zu finden ist. Erfolgreiche Positionierung der ostdeutschen Hochschulen Gemäß der Prognose der Kultusministerkonferenz von 2005 geht die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger, die ihre Hochschulzugangsberechtigung (HZB) im Osten erworben haben, in den folgenden Jahren stark zurück. Die Prognose ist auf Grund des demographischen Wandels eingetreten: Im Wintersemester 2005/06 starten bundesweit 46.794 Studienanfängerinnen und Studienanfänger mit 1 Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz, Dokumentation Nr. 176 – Oktober 2005. Bekanntmachung der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über den Hochschulpakt 2020 vom 5. September 2007. 2 ostdeutscher HZB ihr Studium. Im Wintersemester 2014/15 sind es nur 33.543. Das entspricht einem Minus von 28 Prozent.3 Dennoch gelingt es den ostdeutschen Hochschulen, die Studienanfängerzahlen insgesamt im Osten über dem Referenzwert der KMK-Prognose des Jahres 2005 zu halten. Zwischen dem Wintersemester 2005/06 und dem Wintersemester 2014/15 lässt sich sogar ein leichter Anstieg von Studienanfängerinnen und Studienanfängern verzeichnen – um 5,5 Prozent von 47.215 auf 49.791. Damit haben die ostdeutschen Hochschulen eingelöst, was 2007 im Hochschulpakt 2020 vereinbart wurde. Abbildung 1: Zur beschriebenen Entwicklung der Studienanfängerzahlen im Osten haben nicht allein die Kommunikationsaktivitäten von „Studieren in Fernost“ beigetragen. Auch externe Einflussfaktoren wie doppelte Abiturjahrgänge, die Abschaffung der Wehrpflicht und die Erhebung von Studiengebühren in einigen westdeutschen Ländern haben Studieninteressierte bei der Hochschulwahl beeinflusst. Fest steht aber: Dank der Kampagne, dank der Aktivitäten der einzelnen ostdeutschen Hochschulen und dank der Sondereffekte haben in den vergangenen Jahren immer mehr westdeutsche Studieninteressierte den Osten als Studienort für sich entdeckt. 3 Alle hier genannten Studienanfängerzahlen stammen aus der amtlichen Statistik. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht einmal jährlich die endgültigen Studienanfänger- und Studierendenzahlen in der Fachserie 11, Reihe 4.1. Die derzeit aktuellste Prognose wurde am 4. September 2015 veröffentlicht und bezieht sich auf die Zahlen aus dem Wintersemester 2014/15. 2 Jeder dritte Studienanfänger an ostdeutschen Hochschulen aus dem Westen Noch vor zehn Jahren war ein Studium im Osten für viele westdeutsche Studieninteressierte undenkbar. Im Wintersemester 2005/06 starteten gerade einmal 7.720 Westdeutsche im Osten. Im Wintersemester 2014/15 sind es mit 16.218 mehr als doppelt so viele. Das entspricht einer Steigerung um 110 Prozent. Jeder dritte Studienanfänger (32,6 Prozent) an ostdeutschen Hochschulen hat eine westdeutsche Hochschulzugangsberechtigung. Im Wintersemester 2005/06 waren es nur 16,3 Prozent. Abbildung 2: Das Werben zeigt Wirkung: Positive Wanderungsbilanz für ostdeutsche Länder Seit der Wiedervereinigung waren immer mehr Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit ostdeutscher Hochschulzugangsberechtigung (HZB Ost) in den Westen gegangen als westdeutsche in den Osten. Dieses Verhältnis, die sogenannte Wanderungsbilanz, ändert sich erstmals im Wintersemester 2010/11 zugunsten der ostdeutschen Länder. Seitdem gehen jedes Jahr mehr Studieninteressierte mit Hochschulzugangsberechtigung aus dem Westen an ostdeutsche Hochschulen als umgekehrt. Im Wintersemester 2014/15 kommen für zwei ostdeutsche Abiturientinnen und Abiturienten, die in den Westen gehen, etwa drei westdeutsche in den Osten. Abbildung 3: 3 Ostdeutsche Hochschulen steigen in der Gunst von Studieninteressierten Ein Blick auf die Hauptzielgruppe der Kampagne, westdeutsche Studieninteressierte, zeigt, dass auch das Image der ostdeutschen Hochschulen im Kampagnenzeitraum gestiegen ist: Während 2009, in der Anfangsphase der Kampagne, 39 Prozent der Befragten noch grundsätzlich ein Studium in Ostdeutschland ablehnten, waren es bei der kampagnenbegleitenden Testmessung im Jahr 2014 nur noch 31 Prozent.4 Mittlerweile hält es rund jeder zweite westdeutsche Studieninteressierte (53 Prozent) für sehr wahrscheinlich bis zumindest vorstellbar, im Osten zu studieren. 2009 war dies nur für 42 Prozent denkbar. Auch die Bewertung des Studienangebots als sehr attraktiv beziehungsweise attraktiv hat sich im Kampagnenzeitraum positiv entwickelt – von anfangs 35 Prozent auf 52 Prozent. „Dass die Studienbedingungen im Osten oftmals besser sind als im Westen, hat sich schon seit einer Weile herumgesprochen“, konstatiert auch die Süddeutsche Zeitung in diesem Herbst.5 Abbildung 4: Fragt man westdeutsche Studieninteressierte allgemein nach den Stärken ostdeutscher Hochschulen, so stehen auf den ersten Plätzen der freundliche Umgang im Miteinander (49 Prozent) und die Möglichkeit, einfach Leute kennenzulernen (48 Prozent). Darüber hinaus punkten die ostdeutschen Hochschulen durch gute Studienbedingungen: 36 Prozent der westdeutschen Studieninteressierten schätzen, dass es keinen Massenauflauf in den Seminaren gibt, 44 Prozent schreiben ostdeutschen Hochschulen eine schnelle Zulassung zu einem Studienplatz zu, 43 Prozent gute Zulassungsvoraussetzungen. 4 Ab 2009 wurden im Rahmen der Kampagne jährlich Testmessungen durchgeführt. Im Rahmen der Online-Umfrage wurden etwa 500 Studierwillige im Alter von 16 bis 24 Jahren befragt. 5 Süddeutsche Zeitung vom 2. Oktober 2015: Warum Ost-Unis attraktiv für West-Studenten sind [http://www.sueddeutsche.de/bildung/studium-in-deutschland-uni-hochburg-ost-1.2671807, abgerufen am 19.11.2015]. 4 Im Vergleich zur Situation zum Kampagnenstart hat sich insbesondere die Bewertung zum guten Ruf der Hochschulen verbessert. Während 2009 nur 19 Prozent der westdeutschen Befragten ostdeutschen Hochschulen einen guten Ruf konstatierten, sagten dies 2014 bereits 29 Prozent. Auch die Einschätzung, mit einem Abschluss an diesen Hochschulen gute Jobchancen zu haben, steigerte sich zwischen 2009 und 2014 in der Zielgruppe westdeutsche Studieninteressierte von 20 Prozent auf 31 Prozent. Kampagne setzt Impulse für teilnehmende Hochschulen Die Länderübergreifende Hochschulmarketingkampagne hat an den teilnehmenden Hochschulen erfolgreich Veränderungen und Innovationen im Bereich Kommunikation und Marketing angestoßen. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage zur Evaluation der Kampagne, die im Oktober und November 2015 unter Vertreterinnen und Vertretern der beteiligten Hochschulen durchgeführt wurde.6 Nahezu alle Befragten (98 Prozent) sind der Meinung, dass die Kampagne voll und ganz (70 Prozent) oder zumindest teilweise (28 Prozent) ihr Ziel erreicht hat, allgemeine Impulse im Bereich Hochschulmarketing zu geben. Insgesamt 93 Prozent der Befragten meinen, die Kampagne habe dazu beigetragen, mehr Aufmerksamkeit für das Angebot von ostdeutschen Hochschulen zu schaffen. 87 Prozent glauben, dass die Kampagne geholfen hat, das Image ostdeutscher Hochschulen allgemein zu verbessern. Abbildung 5: 6 Forsa-Umfrage, Oktober/November 2015, unter 89 Vertretern von 40 der beteiligten 43 Hochschulen, darunter 22 Rektoren und Präsidenten ostdeutscher Hochschulen, 22 Studienberater und 45 Hochschulkommunikatoren aus den Bereichen Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. 5 Die guten Ergebnisse spiegeln sich auch in der hohen Zufriedenheit der Hochschulvertreter mit der Kampagne wider: 13 Prozent sind der Ansicht, dass die Kampagne sehr erfolgreich war. 57 Prozent bewerten sie als erfolgreich. Fragt man die Hochschulvertreter nach den Veränderungen an den Hochschulen durch die Teilnahme an der Kampagne, so geben 80 Prozent der Befragten an, dass die Bereitschaft gestiegen sei, in der Kommunikation mit Studieninteressierten neue Wege zu gehen. Zudem sagen über 70 Prozent, ihre Hochschule habe bessere Kenntnisse zu den unterschiedlichen Kommunikationskanälen und zu deren Nutzung durch Studieninteressierte sowie für die Ansprache verschiedener Zielgruppen im Studierendenmarketing erworben. 67 Prozent meinen, das Bewusstsein an der Hochschule sei gestiegen, dass man auch im Bereich Marketing und Kommunikation ein Innovationstreiber sein muss, um im Wettbewerb um Studieninteressierte zu bestehen. Abbildung 6: Die überwiegende Mehrheit der Befragten (82 Prozent) gibt an, dass ihre Hochschule im Bereich Kommunikation und Marketing viel besser (40 Prozent) oder etwas besser (42 Prozent) aufgestellt ist als zu Kampagnenbeginn im Jahr 2008. Beim Blick in die Zukunft lässt sich feststellen, dass die Hochschulvertreter Impulse aus der Kampagne aufgreifen und fortführen wollen. 35 Prozent der Befragten nennen hier die Nutzung Neuer Medien, insbesondere Social Media. 29 Prozent meinen, dass sie generell verstärkt Marketing betreiben beziehungsweise in der Öffentlichkeit präsent sein wollen. 6 Positive Bilanz für Bildungshochburg Ost Ein vielfältiges Studienangebot, moderne Ausstattung und eine gute Betreuung durch die Lehrenden – die ostdeutschen Länder haben Studieninteressierten viel zu bieten. Mit ihren innovativen Marketingaktivitäten haben die Länderübergreifende Hochschulmarketingkampagne und ihre 43 Hochschulen dazu beigetragen, die Zielsetzung aus dem Hochschulpakt von 2007 zu erfüllen und einer steigenden Zahl von Studienberechtigten ein qualitativ hochwertiges Hochschulstudium zu ermöglichen. Und sie haben es geschafft, immer mehr Westdeutsche zum Studium in den Osten zu locken. Ein Trend, der auch zum Kampagnenende anhält: Laut vorläufigem Ergebnis der aktuellen Hochschulstatistik7 sind die Studienanfängerzahlen im ersten Hochschulsemester insgesamt zwar leicht zurückgegangen (von 504.882 im Studienjahr 2014 auf 503.639 im Studienjahr 2015), aber in den ostdeutschen Ländern im Studienjahr 2015 insgesamt gestiegen – um plus 1,3 Prozent auf 55.542 im Vergleich Studienjahr 2014 (54.846). 7 Statistisches Bundesamt, Schnellmeldungsergebnisse der Hochschulstatistik zu Studierenden und Studienanfänger(inne)n – Vorläufige Ergebnisse – Wintersemester 2015/16 vom 25. November 2015. 7