Praxisbeispiel Neu am Markt Online- und Social Media-Marketing für Existenzgründer Ein Praxisbeispiel des Netzwerks Elektronischer Geschäftsverkehr 2 Impressum Herausgeber KECoS - Kompetenzzentrum E-Commerce Schwaben c/o Hochschule Ravensburg-Weingarten Lazarettstrasse 1 88250 Weingarten www.kecos.net Text und Redaktion Angelika Reisch Prof. Dr. Wolfram Höpken Grafische Konzeption und Gestaltung Bildquelle Verena Gindele Michél Kaatz Photography Stand Juni 2012 Inhalt | 4 Inhalt 1 Ausgangslage............................................................... 4 2 Zielstellung ................................................................. 5 3 Vorgehen..................................................................... 6 4 Ergebnis / Fazit ..........................................................11 3 1 | Ausgangslage Als Existenzgründer Kunden finden 4 Für Existenzgründer ist es am Anfang ihrer Unternehmertätigkeit von existentieller Wichtigkeit, Kunden für ihr Produkt bzw. ihre Dienstleistung zu finden. Doch das Gewinnen von Neukunden und der Aufbau eines Kundenstamms sind sehr aufwändig. Hinzu kommt, dass für ein professionelles Marketing mit konsequenter Kundenansprache oft nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Der Vertrieb über das Internet kann den hohen Aufwand an Zeit und Kosten, die für einen traditionellen Vertrieb anfallen, deutlich reduzieren. Ein effizienter und professioneller Einsatz von Online-Marketing ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine gut funktionierende Kundenakquirierung und –bindung sowie die Erschließung von Wettbewerbsvorteilen. Vor allem das Social Media-Marketing ist ein beliebter neuer Marketing-Kanal, da soziale Medien immer verbreiteter werden und den Unternehmen die Chance der direkten Kommunikation mit den Usern bieten. Online Marketing, Social Media Marketing Unter Online-Marketing, auch Web-Marketing genannt, wird allgemein die Übertragung des traditionellen Marketings auf das Medium Internet verstanden. Es lässt sich in unterschiedliche Bereiche aufteilen, wie z.B. Suchmaschinenmarketing, Affiliate-Marketing, Bannerwerbung usw. Social Media-Marketing umfasst das gezielte Marketing über die sozialen Netzwerke. Darüber kann eine breite „Nutzergemeinde“ angesprochen werden, die über traditionelle Werbekanäle oft nicht zu erreichen ist. Bei Social MediaMarketing steht die Kommunikation im Zentrum, es geht vor allem darum, der Zielgruppe zuzuhören und angemessen zu antworten. Zielstellung | 2 Verena Gindele - Colourfly Nach einer erfolgreichen Ausbildung als Visagistin hat Frau Verena Gindele 2011 unter dem Namen „Colourfly“ in Ravensburg den Sprung in die Selbständigkeit gewagt, zunächst im Nebenerwerb. Sie bietet individuelles Make-up und außergewöhnliche Stylings für besondere Events wie Hochzeiten, Bälle, Fotoshootings oder sonstige Anlässe an. Verena Gindele Zu Beginn ihrer Tätigkeit hatte Frau Gindele zwar eine eigene FirmenWebseite über einen Provider in Form eines Homepage-Baukastens erstellt, aber die Webseite wurde im Internet von potentiellen Kunden nicht gefunden. Als Existenzgründerin hatte sie nur ein begrenztes finanzielles Budget für Marketingmaßnahmen, so dass statt der Einschaltung einer professionellen Agentur eine Lösung gesucht wurde, die trotz fehlender spezieller IT-Kenntnisse im Bereich Internet möglichst eigenständig durchführbar war. Zielstellung Vor dem Start einer Marketingmaßnahme ist es sehr wichtig, die eigenen Zielstellungen klar zu definieren, damit die Maßnahmen auch zielgerichtet durchgeführt werden und nicht als Aktionismus verpuffen. Colourfly ist neu am Markt und bietet seine Dienstleitung hauptsächlich regional. Daraus wurden folgende Marketingziele abgeleitet: 3 Da die Dienstleistung bis jetzt nur im Nebenerwerb angeboten wird, sollte der finanzielle Aufwand für die Marketingmaßnahme möglichst gering sein. 1 Colourfly soll in der Region bekannt gemacht werden und es sollen neue Kunden gewonnen werden, inkl. Models und Fotografen 5 Eine gezielte Erfolgskontrolle zur Überprüfung der durchgeführten Maßnahmen soll möglich sein. 2 Die dadurch steigende Zahl an Kunden und damit an Aufträgen soll zu einer Umsatzsteigerung führen. 4 Die Marketingmaßnahmen sollten selbständig durch- und weitergeführt werden können. 5 3 | Vor gehen Vorgehen 1. Zielgruppenanalyse 6 Grundlage erfolgreicher MarketingMaßnahmen ist die Identifizierung der relevanten Zielgruppe. Dies minimiert die Streuverluste der getroffenen Maßnahmen und ermöglicht eine kundenorientierte Kommunikation. Die Zielgruppenanalyse für Colourfly ergab, dass die Hauptzielgruppe bei weiblichen Kunden, vor allem ab 18 Jahren, liegt, die sich für besondere Anlässe wie Hochzeiten, Bälle, Fotoshootings oder sonstige Events professionell und individuell schminken und stylen lassen möchten. Häufige Kunden sind dabei Models. Männliche Kunden sind eher selten und gehören somit nicht direkt zur Hauptzielgruppe von Colourfly. Jedoch lassen sich in die Zielgruppe Fotografen mit einschließen, die für Fotoshootings mit Models auf der Suche nach professionellen Visagisten sind. 2. Webseiten-Optimierung Eine qualitativ und inhaltlich hochwertige und auf die Zielgruppe abgestimmte Webseite ist ein wichtiger Faktor, um ein Unternehmen optimal zu repräsentieren. Sie dient als Aushängeschild des Unternehmens, ist eine wichtige Informationsquelle für Interessenten und Kunden und ermöglicht diesen eine unkomplizierte unverbindliche Kontaktaufnahme. Das Unternehmen Colourfly betrieb bereits eine eigene Firmen-Website, die über einen Provider in Form eines Homepage-Baukastens erstellt wurde. Nach der Analyse der Website wurden folgende Veränderungen vorgeschlagen und durchgeführt: Weitere Informationen: Weitere Informationen zur Webseitengestaltung und zu Social Media: 1. Leitfäden: • „Social Media im Handel. Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen“: http://www.ecc-handel.de/social_media_im_handel.php • „Social Media Monitoring – so lernen Sie von Ihrer Zielgruppe im Web. Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen“: http://www.ecc-handel.de/social_media-monitoring_-_so_lernen_sie_von_ ihrer.php 2. Online-Ratgeber: • „Website-Gestaltung“ + „Regionales Internetmarketing“ http://wg.e-kompetenz-ratgeber.de/ Vor gehen | 3 ••genauere Unternehmensbeschreibung und aussagekräftigere Informationen über die angebotenen Dienstleistungen, so dass die Kernkompetenzen besser erkennbar sind. ••Ergänzung des Impressums ••Kontaktformular erstellen ••Interaktive Bildergalerie mit Bildern von Fotoshootings einbinden ••Gelegenheit bieten, auf Links anderer zu verweisen ••Anbieten von Sonderaktionen, z.B. Rabatte zu Weihnachten, Silvesterpartys und Geschenkgutscheine u.ä. ••Einfügen von Buttons, um auf die Profile auf den Sozialen Medien Facebook, Twitter, XING und Google+ zu verweisen. ••Auf das Einbinden von Buttons, wie dem „Like“-Button von Facebook oder dem „1+“ Button von Google+ wurde absichtlich verzichtet, da diese aufgrund der umfangreichen Datenübermittlung von Nutzerinformationen an Facebook bzw. Google häufig aus datenschutzrechtlichen Gründen in der Kritik stehen. 3. Suchmaschinenoptimierung Um das Auffinden der Website zu erleichtern, wurde zudem eine Suchmaschinenoptimierung durchgeführt, d.h. der Inhalt der Webpräsenz wurde optimiert, um ein besseres Ranking in Suchmaschinen zu erreichen. Der Fokus lag dabei speziell auf der Suchmaschine von Google, da diese den größten Marktanteil in Deutschland einnimmt. 7 Wichtige Aspekte einer Suchmaschinenoptimierung sind: ••Sprechende URLs, d.h. die Verwendung von Suchbegriffen in der URL ••Aussagekräftige Überschriften ••Abwechslungsreiche und interessante Texte für den Leser ••Verwendung von regionalen Inhalten (Angabe von Adress- und Kontaktdaten, Hinterlegung der nächst größeren Stadt oder des Landkreises…) ••„Verlinkungen“ von anderen Seiten erhalten 3 | Vor gehen 4. Social Media Marketing Soziale Netzwerke bieten die Möglichkeit, einen größeren potenziellen Kundenkreis anzusprechen und mit Interessenten und Kunden in direkten Dialog zu treten und sich mit diesen zu vernetzen. Doch Erfolg haben Social Media-Strategien nur, wenn sie dem (potentiellen) Kunden einen Mehrwert bieten. Daher ist es auch hier wichtig, vorab konkrete Marketingmaßnahmen festzulegen. 8 Nach eingehender Analyse mehrerer Sozialer Medien hat sich das Unternehmen Colourfly für den Einsatz von Facebook, Twitter, XING und Google+ entschieden: Facebook Es wurde eine Unternehmensseite mit sämtlichen unternehmensbezogenen Informationen und Daten erstellt und verschiedene geschäftliche und persönliche Statusmeldungen angegeben und aktualisiert, wie auch Fotos von Fotoshootings auf der Seite hinzugefügt. Zu besonderen Anlässen, wie z. B. Weihnachten und Sylvester, wurden Sonderangebote veröffentlicht, aber auch Informationen über neue Produkte oder Trends in der Kosmetikbranche. Google+ Da Google+ sich einer wachsenden Beliebtheit erfreut, wurde ebenfalls ein Benutzerprofil für das Unternehmen eingerichtet und Informationen, Fotos, Statusmeldungen etc. mit Personen geteilt. Twitter Die Hauptfunktion von Twitter ist der Austausch von klaren, unkomplizierten und kurzen Nachrichten. Colourfly nutzt dieses Microblogging-Netzwerk, um seine Kunden mit den neuesten In- Vor gehen | 3 formationen rund um das Unternehmen wie Fototshootings oder Aktionen zu versorgen und Tipps zu Produkten und Styling zu geben. XING Das Netzwerk XING bezieht sich hauptsächlich auf Unternehmen und Freiberufler und bietet das Bilden und Beitreten von Gruppen und Foren für den Austausch mit Kollegen und der Suche nach Geschäftspartnern an. Das Unternehmen Colourfly ist mit einem Basisaccount bei XING vertreten. Bewertungsportale Bewertungsportale bieten für den Verbraucher zwei Möglichkeiten an und zwar zum einen selbst Bewertungen abzugeben und zum anderen mithilfe einer Suchfunktion Unternehmen, Orte, Dienstleistungen oder Produkteanzeigen zu lassen und sich darüber zu informieren, wie andere Nutzer diese bewertet haben. Gibt ein zufriedener Kunde eine Bewertung ab, so betreibt dieser eine kostenfreie Werbung für das Unternehmen. Da Bewertungsportale eine hohe Akzeptanz bei Internetnutzern besitzen und somit eine wichtige Rolle bei den Entscheidungen über Dienstleistungen, Unternehmen und Produkte spielt, hat sich das Unternehmen Colourfly auf verschiedenen Bewertungsportalen registriert. Da viele Portale eine Produktbewertung im Fokus haben, Colourfly aber eine Dienstleistung anbietet, fiel dabei die Entscheidung auf die Portale yelp.de, dialo.de, qype.com, kennstdueinen.de und yasni.de. 5. Erfolgskontrolle Um zu analysieren, welche Maßnahmen erfolgreich bzw. nicht erfolgreich waren und welche Resonanz auf einzelne Aktivitäten erzielt werden konnte, werden regelmäßige Erfolgskontrollen durchgeführt: Für die Analyse der Website von Colourfly werden die erfolgten Seitenabrufe, so genannte Pageviews, herangezogen. Da der Provider (Strato) dazu geeignete Daten zur Verfügung stellt, wurde auf zusätzliche Tools wie Google Analytics, die aufgrund ihres Datenschutzes häufig umstritten sind, verzichtet. •• 9 3 | Vor gehen ••Die Beurteilung der durchgeführten Suchmaschinen-Optimierung stützt sich auf wöchentlich durchgeführte Google-Ranking-Analysen verschiedener Suchbegriffe. ••Im Mittelpunkt der Social Media Analyse stehen je nach Medium Merkmale wie Anzahl von Freunden, Anzahl von Followern, „Gefällt mir“Klicks, Retweets oder Abonnements. Auch konkrete Angebote von Fotographen für eine Zusammenarbeit oder Anfragen von Interessenten und Kunden werden bei der Analyse mit einbezogen. 10 ••Der Erfolg der Marketingmaßnahmen bei den gewählten Bewertungsportalen wird anhand von abgegebenen Bewertungen untersucht. Die Messung des Marketingerfolgs durch Zugriffzahlen erlauben eher quantitative Rückschlüsse. Dies sagt wenig aus über qualitative Merkmale, wie die Verbesserung des Images oder der Unternehmensbekanntheit. Diese Größen sind im Internet schwer messbar. Kritische Erfolgsfaktoren Ein kritischer Erfolgsfaktor beim Einsatz sozialer Netzwerke ist die Ausdauer: die aktuelle Pflege der Inhalte und die schnelle, professionelle Reaktion auf Nutzerkommentare kostet (täglich) Zeit. Außerdem müssen die Marketingaktionen in den Netzwerken gut überlegt sein, denn nicht die Werbung steht im Vordergrund sondern der Nutzen für den Kunden. Ansonsten schwindet das Interesse der Nutzer auch ganz schnell wieder. Es besteht auch die Gefahr, dass sich unzufriedene Kunden über das Netz öffentlich austauschen. Hierauf muss angemessen reagiert werden, damit sich die Kritik nicht verselbständigt. Auf einigen Bewertungsportalen wurden von Personen Bewertungen abgegeben, die noch nie mit dem Un- Daten zum Projekt • • • • • Investitionssumme: unbekannt Personalaufwand: 2 Personen Gewählte Lösung für Webseite: Homepage-Baukastensystem von Strato Dauer des Projekts: Mitte Dezember 2011 bis Ende Februar 2012 Vorteile: die Anzahl der Seitenabrufe der Webseite und der Freunde / Follower bei den sozialen Medien konnte deutlich gesteigert werden. Ergebnis / Fa zit | 4 ternehmen in Verbindung standen. Dies zeigte, dass durch wahlloses Abgeben von (schlechten) Bewertungen dem Unternehmensimage geschadet werden kann und potentielle Kunden verloren gehen. Ergebnis / Fazit Während vor der Durchführung der beschriebenen Online-Marketing-Maßnahmen die Suche nach dem Unternehmen bei Google recht erfolglos war, bedingte jede durchgeführte Aktion einen Anstieg bei den Seitenabrufen der Webseite. Der größte Erfolg konnte hierbei über die sozialen Medien (besonders Facebook, gefolgt von Twitter) erzielt werden. Über die Bewertungsportale wurden deutlich weniger Zugriffe erfasst. Facebook war bei der Betrachtung aller sozialen Medien auch mit den Nutzerzahlen mit Abstand am erfolgreichsten und soll auch weiterhin betrieben werden. Durch das Social Media Marketing konnten konkrete Angebote eingeholt werden, es ergab sich eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit zwei Fotografen aus der Umgebung sowie mit einigen Models. Insgesamt konnten speziell durch den Einsatz der sozialen Medien die anvisierten Ziele erreicht werden. Allerdings werden dafür auch personelle Ressourcen beansprucht. Deshalb sollte genau überlegt werden, welche Medien zum Einsatz kommen sollen, gegebenenfalls kann die Konzentration auf ein Medium von Vorteil sein. 350 300 250 200 Facebook 150 Twitter 100 Google+ 50 0 Verlauf der Anzahl der Freunde auf Facebook, Twitter und Google+ im Zeitraum von Mitte Dezember 2011 bis Ende Februar 2012 11 Das Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr – E-Business für Mittelstand und Handwerk Das Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr Das Netzwerk im Internet (NEG) ist eine Förderinitiative des Bundes­ Auf www.ec-net.de können Unternehmen neben ministe­­­­­riums für Wirtschaft und Technologie. Veranstaltungsterminen und den Ansprechpart- Seit 1998 unter­stützt es kleine und mittlere nern in Ihrer Region auch alle Publikationen des Unter­nehmen bei der Einführung und Nutzung NEG einsehen: Handlungsleitfäden, Checklisten, von E-Business-Lösungen. Studien und Praxisbeispiele geben Hilfen für die Beratung vor Ort eigene Umsetzung von E-Business-Lösungen. Mit seinen 29 bundesweit ver­teilten Kom­­pe­­­tenz­­ Fragen zum Netzwerk und dessen Angeboten zentren infor­miert das NEG kostenlos, neutral beantwortet Markus Ermert, Projektträger im und praxisorientiert – auch vor Ort im Unter­­­­­­ DLR unter 0228/3821-713 oder per E-Mail: nehmen. Es unterstützt Mittelstand und Hand­ [email protected]. werk durch Beratungen, Informations­veranstal­ tungen und Publikationen für die Praxis. Das Netzwerk bietet vertiefende Informationen zu Kundenbezie­hung und Marketing, Netz-und Informationssicherheit, Kauf­männischer Soft­ ware und RFID sowie E-Billing. Das Projekt Femme digitale fördert zudem die IT-Kompetenz von Frauen im Handwerk. Der NEG Website Award zeichnet jedes Jahr herausragen­de Internetauftritte von kleinen und mittleren Unter­nehmen aus. Informationen zu Nutzung und Interesse an E-Business-Lösungen in Mittel­ stand und Handwerk bietet die jährliche Studie „Elektro­nischer Geschäftsverkehr in Mittelstand und Handwerk“. www.ec-net.de