Schriftfassung - peter

Werbung
Nepal- Umbruchim Himalaya
Vortragam 17.März 2009
beimRC Essen
v. PeterRißler
Gliederung
Lageund Umfeld
Geschichteund Gegenwart
Von denAnfängenbis zur Jahrtausendwende
vom l. Juni2001
DasMassaker
Die Maoisten
Die jüngsteEntwicklung
Religionen
Hinduismus
DashinduistischePantheon
Buddhismus
Durchdringungder Religionen
Kastenwesen
Wirtschaft
Wasserkrtifte
Lage und Umfeld
Nepalliegt eingeklemmtzwischenseinengroßenNachbarnIndienundChina(Tibct).
Politisch,wirtschaftlich und verkehrstechnisch
ist Indiendominierend.
DasLandist in Ost-WestRichtung850km lang und in Nord-SüdRichtung150bis 200 km
breit.Flächenmtißig
entsprichtesin etwaBayern,Baden-Württemberg,
Hessenund
( I 50.000km').
Rheinland-Pfalz
zusammen
Auch die Bevölkerungszahlen
machsndie DominanzseinerNachbarn
deutlich(Tabellel).
TabelleI Einwohnerzahlen
Land
lndien
Pakistan
Nepal
Einwohner
1.0Mrd.
140Mio.
25Mio.
China
1,3Mrd.
Bangladesh
130Mio.
Nepal gliedert sich in drei Gmßlandschaften
das südliche Tiefland (Terai),
das mittlere Bergland mit Höhen bis ca. 2500m
den Himalaya
Der Kern des Landes liegt im mittleren Bergland, in einem 200 km langen Streifen zwischen
der HauptstadtKathmandu (mehr als 1 Mio. Einwohner) und Pokhara(150.000).
Beide Städteliegen in Talkesselnauf dem Boden frtihererSeen,Kathmandu 1300bis 1500m,
Pokhara950 m hoch.
Geschichteund Gegenwart
Von den Anf?ingenbis zur Jahrtausendwende
Aus grauerVorzeit sind zwei nennenswerteEpochenbelegt:
In der Licchavi- Dynastie (450 - 879 n. Chr.) soll es eine erstewirtschaftliche und
kulturelle Blüte im Kathmandu-Tal gegebenhaben,welche auch Tibet beeinflussthat.
In der Thakuri- Epoche (9. - 13. Jahrhundert)sollen indische Herrschervor
vorrückendenmuslimischen Eroberem nach Norden geflohen sein und mit ihnen viele
hinduistischeund buddhistischeGelehrte.In dieser Zeitblldete sich, zumindest
partiell, ein gut organisiertesStaatswesenheraus,welches gesellschaftlicheund
religiöse Impulse aus Indien aufnahm und umsetzte.
Die heutenoch existierendenhochrangigenZeugnissenepalesischenKunstschaffensstammen
jedoch nahezusämtlichausder Malla- Epoche(1200 - 1768).In diesenJahrhunderten
wurde
Nepal zumZentrum religiösen Lebens,geistiger Entwicklungen sowie künstlerischerund
handwerklicher Techniken. Künstler und Handwerker ausNepal wurden auch ins Ausland
gerufen. So stammenviele der tibetanischenKunstschätze,welche vor Jahrenin der Villa
Hügel bewundert werden konnten, von Nepalesen,welche als Gastarbeiterin Tibet geschätx
wafen.
Die Malla- Periodeunterteilt sich in
die desungeteiltenKönigreichs(1200 - 1482)und
die der drei Königreiche(1482 - 1768).
Die Mallas sind vermutlich Ende des 13 Jahrhundertsaus Indien eingewandertund errichteten
zunächstein kleines Königreich mit der HauptstadtBhaktapur (ca.20 km östlich von
Kathmandu). Sie musstensich bis zur Mitte des 14. JahrhundertspermanentgegenÜberftille
islamischerMoguln aus dem Westen zur Wehr setzen.
Als diese Gefahrennachließen,ordneteJayasthiti Malla (1366-95) das bis dahin chaotische
Staatswesenmit harter Hand nach den Regeln des orthodoxen Hinduismus neu. Nach seinem
Tode regiertenzunächstseinedrei Söhnegemeinsam.Als zwei bald starben,war einer
Alleinherrscher. Auf ihn folste dessenSohn Yaksha Malla. dann wiederum dessenSöhne
gemeinsam.
Einer von ihnen, Ratna Malla, dem das kleine Königreich zu eng wurde, eroberte
eigenmächigdas benachbarte,autonomeKantipur, den Kern des heutigen Kathmandu. Er
konnte sich jedoch dort erst auf Dauer festsetzen,nachdemer bei einem Gastmahl die 12
Stadtältestenvergiften hatte lassen.
Ziemlich gleichzeitig wurden die Reibereiender Brüder untereinandervon Feudalherrenin
Patan(heute ein Teil von Lalitpur, südlich und angrenzendan Kathmandu) ausgenutzt,um die
Vorherrschaft Kantipurs abzuschüttelnund einen eigenenStadtstaatauszurufen.
So gab es am Ende drei kleine Königreiche auf engstemRaum.
Politisch hat diese Aufsplitterungzwar letztlich zum Untergang geführt. Kulturell lassensich
die folgenden drei Jahrhundertejedoch als goldenesZeitalter beschreiben.Die kulturelle
Entwicklung wurde aufs Höchste dadurch stimuliert, dasssich alle drei Reiche stets
gegenseitigzu übertrumpfentrachteten.
Im beginnenden18. Jahrhundertetablierte sich 100 km weiter westlich, um das heutige
Gorkha. ein neuesMachtzentrum. SeineGründer waren Inder aus dem Geschlechtder
Rajpudenaus Radjasthan,welche vor islamischenHerren geflohen waren. Sie sind als die
Shah-Dynastiebekannt geworden.Der heutige König stammt noch aus dieser Dynastie.
Das Shah-Regime breitete sich zunächstnach Westnepalaus und begannspätereinen 25
JahredauerndenKrieg gegendie Malla- Königreiche.1768 musstendie Mallas kapitulieren.
Das Ergebnis brachteeine dramatischeWende für Nepal. Mit der Weltoffenheit, mit dem
freien Austauschvon Ideen, Fertigkeiten, Waren und Personenhatte es ein abruptesEnde. Die
ShahsschlossenNepal von der Außenwelt ab. Europäer,insbesondereMissionare, wurden
des Landesverwiesen.Eine starkeArmeg, deren Keimzellen aus dem Gurkha-Kemland
gespeistwurde, verhindertejeden Eroberungsversuchvon außen,auch der britischen
Kolonialmacht. Dadurch blieben Nepal die negativenErfahrungenerspart,welche Indien mit
der Kolonialmacht machenmusste.
Andererseitsfürderte das Inseldaseinzweifelhafte innenpolitischeEntwicklungen.
RajendraBikram Shah (ersteHälfte 19. Jahrhundert)wurde von seinenbeiden Frauen
politisch kalt gestellt, praktisch entmachtet.Am 14. September1846 verübte ein Neffe des
Königs, Jung Bahadur Rana,mit Unterstützungder einen, damalsnoch lebendenKönigin, in
Kathmandu ein Massakerunter seineninnenpolitischenFeinden, dem32 Menschenzum
Opfer fielen (kot-Massaker [kot: Festung]).Damit wurde der gesamteAdel ausgeschaltet,
soweit er nicht zur Familie gehörte.
Bereits am Tage darauf ernannteihn die Königin zum Premierminister.Die Zustimmung des
Königs war lediglich eine Formsache.
SechsMonate spätertrieb der neue Premier die Königin ins Exil nach Indien, ließ weitere
Mitglieder des Königshausesumbringen und setztemit SurendraBikram Shah einen neuen,
ihm völlig ergebenenKönig auf den Thron.
In der Folge beanspruchtendie Rana für mehr als 100 Jahredas Amt des Premierministersals
erblich. Dabei kam es gelegentlich auch zu tödlichen Auseinandersetzungeninnerhalb der
Familie.
Wesentlicheweitere Ereisnissein der Rana Ara:
1854 Kodifi zierung des Kastenwesens
(erst) 1924 Abschaffung der Sklaverei
In beiden Weltkriegen stellte Nepal wegen seiner engenBeziehungenzu England
(gegenVergünstigungen)200.000 Gurkha- Krieger. Diese kämpften an allen Fronten,
so z.B. in Flandernund in Burma.
1947 Konstitution desNepali National Congressals Interessenvertretungder
Bevölkerung
Nach der UnabhringigkeitIndiens (1947) verkomplizieren sich die Beziehungenzu
Indien.
1950wird Tibet von China besetzt.
Indien erzwingt das Recht, zur Verteidigung seiner Grenzenin Nepal einmarschieren
zu dürfen, Nepal also praktisch zum Kriegsschauplatzzu machen.
Indien erzwingt das Recht, der Regierung in Kathmandu die Steuersätzefür
importierte Waren vorzuschreiben.
Am 6. November 1950 nutzte König Tribhuvan, der faktisch sein ganzesbisherigesLeben
unter Hausarrestgestandenhatte, einen Picknickausflug, um in der indischen Botschaft Asyl
zubeantragen.Grund: Er hatte die gegendas Rana-RegimeagierendenOppositionsparteien
unterstützt.Er wurde nach Indien ausgeflogen.
Im darauf folgendenpolitischen Streit mit dem König, dem nepalesischenExilkongress und
Nehrus Indien gingen die Rana politisch unter. Der König konnte am I 5. Februar 195 1
zurückkehren.
Versammlung
Er berief sofort eine Interimsregierung,welche eine verfassungsgebende
vorbereiten sollte.
In den folgenden Jahren,eigentlich bis zur Gegenwart,erwies und erweisensich fehlende
oder mangelhafteErfahrungenmit demokratischenParteienund demokratischenSpielregeln
als Problem.
Als der MinisterpräsidentB.P. Koirala (ein Bruder des heutigen Ministerpräsidenten)
wiederum versuchte,nach alter Rana-Sittedie Macht des Königs einzuschränken,schwenkte
Mahendra (der Vater des heutigen Königs) emeut zum autoritärenRegierungsstil.Er ließ
1960 alle Kabinettmitglieder verhaften und nahm die Regierungsgeschäfteselbstin die Hand.
Sein Sohn, Birendra Bir Bikram ShahDev (1972-2001),der Bruder des heutigen Königs,
wiederum versuchte,ein Mehrparteiensystemeinzuführen und dafi.irdas alte PanchayatSystemabzuschaffen.
Das Panchayat-systemgeht in den Anfüngen in graueVorzeiten zurück. Es bestehtaus einer
pyramidenlormigen Hierarchie. Auf der Basis von 400 Dorf- und 33 Stadtgemeindenwerden
,,8ürgermeister" gewählt, welche als Deputierte in einem Bezirk wiederum dessenVertreter
wählen usw.. An der Spitze der Pyramide steht der König als geborenerFührer.
Birendras Versuche wurden allerdings von den Großgrundbesitzerntorpediert.
4
Weitere Entwicklunsen:
Im November 1990 neue Verfassungals konstitutionelle Monarchie.
Im Mai 1991freie Wahlen (Die Nepali CongressParty erobert110 von 205 Sitzen)
1994Neuwahl: Mehrheit fiir die Kommunisten
Seitdem stäindig instabile Koalitionen, Misstrauensanträge,Machtkämpfe,
Parteienspaltungenusw.
Das MassakerYom 1. Juni 2001
In dieserNacht wurden 10 Mitglieder der Königsfamilie, einschließlich König und Königin,
vom betrunkenenKronprinzen Dipendra erschossen.Anschließendrichtete er die Waffe
gegensich selbst. Soweit die offiziellen Verlautbarungen!
\/
Dipendra starb nicht sofort, sondernlagzwei Tage im Koma. Trotz allem, was vorgefallen
war, wurde er in dieser Situation zum König proklamiert. Nach zwei weiteren Tagen wurde er
für tot erklärt.
Die Hintergründe sind nie geklärt worden.
These 1: SeineEltern hätten ihm die Heirat mit einerjungen Dame aus einem
niedrigeren Standverboten.
These2: CIA oder der Indien SecretServicehätten ihre Hrinde im Spiel gehabt.
These3: Der Bruder des Königs, der heutige König Gyanendra,hätte die Morde
verüben lassen.
Anmerkung: GyanendrasSohn Parashat als Einziger,
obwohl am Ort des Geschehens,das Morden unverletzt
überlebt. Gyanendrabefand sich zur Zeit desMassakers
in Pokhara.
Was nach Berichten befreundeterNepalesenbefremdlich anmutet:
1. Der Kronprinz wird geschildertals ein analytisch denkenderund handelnderMensch.
Sein Vater hatte in Kathmandu eine High School errichtet, mit dem Ziel, dort die
Keimzelle flir eine moderneElite zu legen. Der Kronpnnzhat diese Schulejahrelang
(zusammenmit,,btirgerlichen" Kindern) besucht.Er hatte dann ein Biologiestudium
begonnen.Dies spricht nicht geradefür eine Affekthandlung.
2. Der Kronprinz habe sich selbstin den Rücken geschossen.Fachleutebezweifeln, ob
dies überhaupttechnischmöglich ist, Andere, ob dies in einer solchen Situation
wahrscheinlich wäre.
3. Die Leichen wurden, dem üblichen hinduistischenBräuchenentsprechend,bereits am
nächstenTage eingeäschert.Detaillierte Untersuchungenwurden nie durchgeführt.
Gyanendrawurde der neue König. Er ist das Odium des Mörders in Nepal nie losgeworden.
Zvsätzlichwar seine Regierungszeitbestimmt von
flinf Premierministem
zwei Parlamentsauflösungendurch ihn (Okt. 2002 uns Febr. 2005)
dem Guerillakrieg der Maoisten
politischenMorden
vielen Generalstreiksund Ausgangssperren
Korruptionsfüllen
usw.
Die Maoisten
1996 deklariertendie Maoisten (,,CommunistParty of Nepal - Maoist", ein radikaler Flügel
der kommunistischenPartei) ausUnzufriedenheit mit der Situation (Komrption, mangelnde
Fortschrittebei der Armutsbekämpfung,Auflösung der kommunistischenRegierung) den
,,Volkskrieg". Der Aufstand begannin den armen und weit abgelegenenRegionen
.2004105hattendie MaoistenT} YodesLandesunter Kontrolle. Sie schufensich
Westnepals
zu Anfang Ansehenbei der Bevölkerung, da sie Nahrungsmittel besorgten(insbesondere
durch Plünderungbei Großgrundbesitzern)und eigene Schuleneinrichteten.In zunehmendem
Maße wurde jedoch jedermann von ihnen ausgeplündert(Schutzgelder).
Ihre Waffen erhielten sie aus Indien, finanzielle Ressourcenschufen sie sich durch einen
schwunghaftenHandel mit Rauschgift (erzeugtim wenig unzugänglichenWestnepal).In
Nepal wird von allen übereinstimmendbeurteilt, dassdie Maoisten nicht von China
unterstütztwerden. Viel eher hätte Indien ein Interessedaran,Nepal zu destabilisieren(s.
,,Wasserkräfte"weiter unten).
Der Verlauf des Bürgerkriegs ließ sich in den letzten Jahrensehr deutlich an Pressemeldungen
ablesen.Es gibt in Kathmandu einige Zeitungenmit englischsprachigenAusgaben.Diese
berichteten2004 nber täglich zehn, Anfang2006 über im Schnitt 30 Tote je Tag, wobei dies
natürlich nur die Spitze eines Eisbergsdarstellt. Die Maoisten suchtensich gezielt
Staatsdiener(Lehrer, Polizisten, Verwaltungsangestellte)aus; die Armee nahm
Kollateralschädenan Unbeteiligten unbekämmert in Kauf. Insgesamtsind allein zwischen
1996 bis 2000 schätzungsweise1700 Menschengetötet worden. Insgesamtdürften es
zehnmalsoviel gewesensein.
Die j üngsteEntwicklung
Gyanendrahat, wie erwähnt, zweimal das Parlamentaufgelöst,letztmals im Februar 2AA5.Er
begrtindetedies mit der Komrption von Regierungund Parlament,was sicherlich nicht
abwegig war. Seitdemregierte er als Alleinherrscher.
Im April 2006kames in Kathmandu und in anderenStädtenzu einem zweiwöchigen
Massenaufstand.Hunderttausendewaren in Kathmandu auf den Straßen.Armee und Polizei
sichertenden Palastab. Es kam zu 2l Toten.
Dafür waren wahrscheinlich weniger gewollte Reaktionender Staatsmachtursächlich, als
vielmehr Panikreaktionenjunger Soldaten,welche mit der Situation nicht fenig geworden
sind.
Mobilisiert worden waren die Massendurch die siebendemokratischenParteienzusammen
mit den Maoisten, welche im Benehmenmit den Parteienplötzlich wieder auf der Oberfläche
erschienenwaren.
Gyanendra,auch bedrängtvon Indien, sicherteam20. April zu, ,,die Macht wieder an das
Volk zurückzuseben."
Am 18. fvfui b"-r"hlossdas Interimparlamentdie Entmachtungdes Königs und dass
die nepalesischeArmee dem Parlamentunterstellt wird,
die führenden Offiziere von Armee und Polizei wesen der 2l Toten vor Gericht
kommen,
das Parlamentdas Recht hat, ein neuesStaatsoberhauptzu wählen,
dasbisherige Beratergremiumdes Königs aufgelöst wird,
die staatlichenZuwendungenan den Palastreduziert werden,
das königliches Vermögen versteuertwird,
viele Ländereienvon König und Kronprinz an den Staatfallen und
der König seineImmunität verliert.
\-.
Seitdem sind die Maoisten die einzige faktisch bewaffneteMacht in Nepal, da Armee und
Polizei, führerlos, sich in ihren Kaserneneinigeln.
Seitdem schwelt auch ein Verfahrensstreitzwischen den siebenParteienund den Maoisten
Versammlung
zuerstAbschaffung der Monarchie und dann verfassungsgebende
(Maoisten)
oder
zuerstNeuwahlen, dassEntscheidungüber Zukunft der Monarchie (7 Parteien)
Bis vor wenigen Tagen haben sich die Maoisten nicht durchsetzenkönnen, aber sie haben
bereits zwei Wahltermine platzenlassen.Dahinter steht vermutlich auch ihre Erkenntnis, dass
ihre Reputationwegen der vielen Repressionenpraktisch bei jedem (vom Unternehmerbis
zum Arbeiter auf der Baustelle), auf naheNull gesunkenist.
g zrrffrPlatzen,an der sie
Im September2007 brachtensie zudem eine Übergangsregierun
beteiligt waren.
Am23. Dezember 2A07 vrüerzeichnetenalle Parteien(auch die Maoisten) eine
Grundsatzvereinbarung
zur Bildung einer neuen Allparteienregierung,
zu Parlamentswahlenim April2008 und
zur Ausrufung der Republik in der erstenParlamentssitzung.
Damit dürfte das Ende der Monarchie in wenisen Wochen Tatsachewerden.
Es ist zu vermuten, dassdas nächsteJahr einen Massenexoduskonservativ eingestellter
Nepalesenbringen wird.
Religionen
9A YoderNepalis sind Hindus, 5,3 oÄBuddhisten,2,7 yo Muslime und 50.000sind Christen.
Hinduismus
DerHinduglaubt
an Brahman, die Existenz einer ewigen, unveränderlichenUrkraft, die einen
fortwährendenKreislauf von Entstehenund Vergehen ohne Anfang und Ende bewirkt.
Dies manifestiert sich auf der Erde durch die ewige Ordnung Dharma. Diese umfasst
Naturgesetzeund sittliche Ordnung.
Dadurch wird die gesamtelebendigeWelt, die als einziger Organismusmit
unterschiedlichen,aber verwandtenLebensformenbegriffen wird, dem Urprinzip von
Schöpfungund Zerstörung unterworfen.
Der Menschhat zwar einen hohen Stellenwert; er ist jedoch nicht die Krone der
Schöpfung.Über ihm ist der Göuerhimmel, der ebensowie Tiere und Pflanzen den
Gesetzendes zyklischen Prinzips gehorcht.
Die menschlicheSeeleist unvergänglich.In welcher Form die Seeleihre neue Heimat
findet, hängt von den Verdienstendes Lebendenin seinerderzeitigenExistenz ab
(,,Karma").
Den Kreislauf der Wiedergeburtenzu durchbrechenund durch Verschmelzender
individuellen Seelemit der Weltseele(,,Brahman") die endgültige Erlösung zu
erlangen,ist höchstesStrebenjedes gläubigen Hindus.
Das hinduistische Pantheon
Der Hinduismus kennt keine zentraleAutorität für die Lehre. Deshalb hat sich die Religion
über die Jahrtausendein den Regionen sehr unterschiedlichentwickelt. Dementsprechend
werden auch die Werrigkeiten der Gottheiten unterschiedlichgesehen.
An der Spitze des Götterhimmels steht die Dreiheit (,,Trimurti")
Brahma, der Schöpferdes Universums,
Vishnu, der Welterhalter und
Shiva. der Weltenzerstörerund -erneuerer.
Obwohl Brahma die ältesteund eigentlich höchsteGottheit ist, wird er kaum verehrt. Es gibt
auch kaum Darstellungenvon ihm. Dies ist die Folge unterschiedlicherEntwicklungen der
Lehre, welche teilweise Vishnu, teilweise Shiva den höchstenRang einräumt.
Vishnu kann in vielerlei Inkarnationenauftreten,so als Krishna, Rama, Vishnu Narayanaoder
sogarals Buddha. Nach hinduistischerAnschauungist Buddha die 9. Inkamation Vishnus.
Vishnu Narayanawiederum ist die Dreiheit Gott, Schlange,Wasserund hat seinenUrgrund in
einer Legende.Der nepalesischeKönig sieht sich als Inkarnation Vishnu Narayanas.
Verwirrend wird das Bild fiir den Nichthindu, wenn Vishnu, wie auch anderenGottheiten,
Göttinnen als Partnerinnen(,,Shakti") zugeordnetwerden. Vishnus Shakti ist Lakshmi. Sie ist
die,,Schutzpatronin" für Reichtum und Schönheit.
Dies hat theologisch durchauseinen einleuchtendenSinn:
Obwohl z.B. Vishnu als männliche Gottheit dargestelltwird, ist das Göttliche
nach hinduistischemVerständnisletztlich weder Mann noch Frau, sondern
transpersonal,all unseremenschlichenVorstellungen überschreitend,
umgreifend.Umzuzeigen, dassVishnu letztlich dasmännliche wie das
weibliche Prinzip in sich vereint, wird ihm eine,,Gemahlin" zur Seite gegeben.
Dies kann sich in Darsteilungendadurch ausdrücken,dassVishnu und
Lakshmi wie ein vertrautesPaar abgebildetwerden oder aber (seltener),dass
sich in einer Personbeideskonzentriert, also z.B. linke Hälfte Mann, rechte
hälfte Frau.
Noch verwirrender wird es, da auch die verschiedenenInkarnationenvon Vishnu jeweils
eigene Shaktis habenkönnen, so z.B. Rama seine Shakti Sita, als Schutzpatroninfür den
Ackerbau.
Anmerkung: Rama und Sita sind die Helden des indischen RamayanaEpos, bei
dem auch der hier spätererwähnteAffengott Hanuman eine positive Rolle
spielt.
Bei Shiva ist die Vielfalt dhnlich ausgeprägt.Auch Shiva wird in vielerlei Inkarnationen
verehrt, so als kosmischerTänzerNataraja, als Zerstörer Bhairava oder als Regengott
Matsyendranath.
Auch Shiva zur Seite steht eine Shakti, Parvati. Ihre Inkamationen, u.a.
Durga, die Göttin der Fruchtbarkeit,
Annapurna, die Ernäihrerin und Schutzpatronin für gute Ernten,
Kali, die grausameGöttin der Zeit und
Taleju, die Schutzgöttineiner Stadt.
JederGottheit ist ein,,Reittier" zugeordnet,ein Attribut zur Kenntlichmachung,so z.B.
der Vogelmensch Garudafür Vishnu und Lakshmi und
der Stier Nandi für Shiva.
9
Weitere wichtige Mitglieder des Pantheonssind u.a.
der elefantenköpfigeGanesh,ein Sohn Shivas und Parvatis,welcher für die Weisheit
steht,mit seinenbeiden Shaktis Buddhi und Siddhi (göttliches Wissen und Erfolg) und
seinem,,Reittier", der Ratte,
der Affengott Hanuman.
Eine nepalesischeBesonderheitist die lebendeGöttin Kumari, eine Inkarnation der
StadtgouheitTaleju. Die Kumari ist ein Mädchen, welches als kleines Kind von den Priestem
als Inkarnation erkannt wurde, seitdemin einem Palast in Kathmandu lebt und sich bei
festlichen Gelegenheitendem Volk zeigt (bzw. besser:gezeigtwird). Sobald sie
geschlechtsreifwird, verliert sie ihre Göttlichkeit und wird ersetzt.Man hört, das ehemalige
Kumaris kaum jemals ins normale Leben zurückfinden und ein bedauemswertesweiteres
Leben vor sich haben.
Buddhismus
In der Phasedes Brahmanismus(900-500 v. Chr.) kam es in Indien durch die drückende
Vorherrschaft der Priesterzu einer Entfremdung der Gläubigen.
Buddhas(geb. 560 v. Chr. In Lumbini, heute Südnepal)Lehre verfolgt die gleichen Ziele wie
der Hinduismus und orientiert sich auch an den Prinzipien wie Wiedergeburtund Karma.
Allerdings verzichtet sie auf die Mittlerrolle der Priesterund hebt die Kastenschrankenauf.
Dies erklärt ihre sehr schnellePopularität.
Nach Buddha liegt die Erlösung im Nirwana (,,Verwehen"), einem Zustartdewiger Seligkeit,
in dem der Kreislauf der Wiedergeburtendurchbrochenist.
ZweiPrinzipien sind zu unterscheiden,die frtihe Lehre (,,Hinayana": ,,kleinesFahrzeug")
und ,,Malhayana"(,,großesFahrzeug?)ab dem 1 Jahrhundertn. Chr..
Hinayana:
Nur die Gemeinschaftder Mönche vermag den Weg zum Nirvana durch
Selbstauflösungzu beschreiten(ursprüngl. Lehre Buddhas).
Malhayana:
Jederkann in dasNirvana eingehen.
Der historischeBuddha ist nur einer von vielen. Ein künftiger Buddha Maitreya wird
neue Impulse geben.
Einführung des Begriffs Bodhisattva,eines Wesens,welches zwar die Erleuchtung
erlangt hat, jedoch auf das Eingehenins Nirvana verzichtet, um den Menschenden
Weg zur Erlösung zuzergen.
Durchdringung der Religionen
Beide Religionen werden seit Jahrtausendenin friedlicher Koexistenz nebeneinander
ausseübt.
10
Manche GöUerexistieren in beiden Religionen,jedoch mit unterschiedlichenBezeichnungen
und Aufgaben. So
ist Buddha im Hinduismus eine Inkarnation Vishnus,
ist Matsyendranathbei Buddhisten eine Inkarnation des BodhisattvasAvalokiteshvara,
bei den Hindus eine Inkamation Shivas.
Kastenwesen
,,Kaste" leitet sich her vom portugiesischen,,casta"(nicht Vermischtes).Eingeführt wurde das
Kastenwesenwahrscheinlich durch indo-arische,hellhäutige Einwanderer,die um 1500 v.
Chr. den indischen Subkontinentbesiedelten.
Ursprünglich vier Stände
Priester(Brahmanen)
Krieger
tätige Bevölkerung
Dienerschaft
außerdem:
Unberührbare(Parias)
Mit dem Hinduismus kam das Kastenwesennach Nepal, im Wesentlichenin das Terai und in
das mittlere Bergland, weniger in den mehr buddhistischgeprägtenHimalaya.
Das Kastenwesenwurde erst 1854 durch die Rana-Herrscherkodifiziert.
obersteStufe:
zweite Stufe:
\-
dritte Stufe:
vierte Stufe:
tagadhari (die, welche die Schnur tragen), entspricht den
Brahmanenin Indien
matawali (die, welche Alkohol trinken), umfasst den
überwiegendenTeil der ethnischenGruppen,wie Newar,
Gurung,Magar,...
Muslime und Europäer
die Unberührbaren, wie Schmiede,Schuster,fahrende
Musikanten
Brahmanengehörenkeiner ethnischenGruppe an. Sie haben sich offenbar seit Jahrtausenden,
von Indien her, aus einem indo-arischenUrsprung her als eigene Elite herausgebildetund
hüten diese Sonderstellungdurch strikte Trennung von den ethnischenGruppen.
So bestandund bestehtz.B. die Regel, dassKinder aus einer Mischehe (2.B. Brahmanemit
Nichtbrahmanin) einen Mittelnamen (,,Kathri Chetri") tragen müssen,der über den,,Makel"
ihrer Herkunft Auskunft gibt. Dies wird jedoch heute teilweise von den Eltern verweigert.
Die matawali-Kastewurde 1854 noch zusätzlichunterteilt in solche ethnischenGruppen,
welche versklavt werden durften und andere,bei denendies nicht möglich war. Gurung
durften nicht verkauft werden. Tamans z.B. sehr wohl.
jedoch seit
Offiziell wurden der Menschenhandelund die Sklaverei erst 1924 abgeschafft,
dem 18. Jahrhundertkaum mehr praktiziert.
11
Interessantund abweichendvon Indien die Einstufung der Europäer:In Indien wurden die
überlegenenEuropäervon den Brahmanenals ebenbürtig,als Brahmaneneingestuft.Nepal ist
nie von einer Kolonialmacht besetztworden. In der seinerzeitigenEinordnung der Europäer
spiegeltesich hier ein völlig anderesSelbstverständniswider.
Das Kastenwesenexistiert heutzutagenicht mehr auf gesetzlicherGrundlage,prägt den Alltag
jedoch noch in hohemMaße:
Heiratet ein Mitglied der Brahmanenkasteein Mädchen aus der nächstenKaste, so werden die
Schwiegereltemim Regelfall die junge Frau nie zum Esseneinladen.Denn sie gilt als unrein
und die Brahmanenmüsstennach dem Besuch das ganzeHaus rituell reinigen.
Nahezu alle höherenPostenin Staat,Verwaltung, Politik und Industrie sind mit Vertretern der
erstenKaste besetzt.Interessanterweiseist jedoch der König kein Brahmane,sonderngehört
der zweiten, der Kriegerkastean. Dies dürfte eine Konsequenzder Herkunft der Shah
Dynastiesein.
Lernt ein Ausländer in der Gesellschafteinen Brahmanenkennen, so kann er fast sicher sein,
diesenUmstand bereits nach wenigen Minuten von diesem selbstzu erfahren.
Wirtschaft
,,India rules Nepal!" - Indien umschließtNepal von drei Seiten.Alles, was nicht im Land
produziert wird, muss über Indien eingeführt werden. Der nächsteSeehafenist Kalkutta, 750
km von der nepalesischenSüdgrenzeentfernt. Damit bestimmt Indien, was eingeführt werden
darf und zu welchen Bedingungen.
Ein Blick auf die Bruttosozialprodukte(Tabelle 2) zeigr deutlich, dassNepal zu den ärmsten
Ländem der Welt gehört.
abelle 2 tsruttosozialproduktee Einwohner in U s$(leee)
440
Indien
220
Nepal
Bansladesh
370
470
Pakistan
780
China
USA
31.910
Deutschland
2s.620
In Nepal wird das Bruttosozialprodukt erarbeitet
in der Landwirtschaft.nt
in der Industrie zu
in Dienstleistunsenzu
4I %
22 %
37 Yo.
93 aÄ der Bevölkeruns arbeiten in der Landwirlschaft.
I2
1998:
Import/Export
Import: 1200 Mio. $ (Maschinen u. Transportausrüstungen,chem. und
pharrnazeutischeProdukte,.. .)
Export: 35E Mio. $ (Teppiche, Textilien, Bekleidung, Felle, Häute. Jute, Juteprodukte,
kunsthandwerkl. Waren, Agrarprodukte)
Wssserkräfte
Nepal verfügt übereinennaheruunermesslichen
Schatzdurch seineWasserkräfte.Das
konmerziell nutzbareWasserpotential
liegt bei 44.000MW. Dies ist mehrals ein Drittel der
gesamtenKraftwerkskapazitätDeutschlands.
Ausgebautsindderzeit550 MW. Mit der Fertigstellungder AnlageMiddle Marsyangdi
HydroelectricProject(MMHEP) werdenweitere72 MW ansNetz gehen-Dies sind
zusätzliche
15%.
Indienversuchtseit langem,mit Nepalzu einerÜbereinkunftzu kommen,um diese
Wasserkräfte
zum eigenenNutzenzu realisiererr,
bisherohneErfolg. Dabeigehendie lnder
nichtzimperlichvor..
Herunterladen