10.30 Uhr Beginn der Veranstaltung Einführung und Moderation Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Richard Köhler, Emeritus am Marketing-Seminar der Universität zu Köln • • • • Seit 1993 Mitglied im Kuratorium der G·E·M (Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens) Moderation aller bisherigen zwölf G·E·M Markendialoge Mitglied der Jury für den Preis des Markenverbandes seit 1980 Ehrendoktor der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und der Universität Potsdam Einführung in das Thema Obwohl bereits Anfang der 1990er Jahre das Jahrzehnt der Hirnforschung proklamiert wurde, sind die meisten neurowissenschaftlichen Ergebnisse und Methoden bis dato in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und in der Praxis nur wenig beachtet worden. Erst in den letzten Jahren hat sich an einigen wenigen wissenschaftlichen Instituten unter dem Rubrum „Neuroökonomik“ eine Forschungsrichtung entwickelt, die neurowissenschaftliche Methoden und Erkenntnisse nutzt, um wirtschaftlich relevantes Verhalten zu beobachten und besser zu verstehen. Ein wichtiges Untersuchungsobjekt der Forscher ist die neuronale Wirkung von Marken. In einschlägigen Studien konnte gezeigt werden, dass starke Marken spezifische neurale Effekte hervorrufen, die mit den klassischen Methoden der Markenforschung bisher nicht identifiziert werden konnten. Diese ersten Studien zeigen, dass herkömmliche Theorien der Markenbildung ergänzt werden sollten. Gegenstand des G·E·M Forum "Neuroökonomie und Markenführung" ist es vor diesem Hintergrund, dem Auditorium den Einstieg in das Thema „Neuroökonomie“ zu geben und an konkreten Forschungsergebnissen aus der Marken- und Kommunikationsforschung zu zeigen, welchen Beitrag die Neuroökonomie zur Weiterentwicklung von Markentheorie und –praxis leisten kann. 1 Thema 1: „Aspekte transdisziplinärer Markenforschung“ Prof. Dr. Dieter Ahlert, Ordinarius am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Distribution und Handel, an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Direktor des Marketing Centrum Münster (MCM) • Geschäftsf. Direktor des Instituts für Handelsmanagement und Netzwerkmarketing (IfHM), des internationalen Centrums für Franchising und Cooperation (F&C) sowie der Forschungsstelle für Allgemeine und Textile Marktwirtschaft (FATM) • Gründungsmitglied des brandsboard • Hauptsächl. Forschungsbereiche: Handelsmanagement, Distributionsmanagement und vertikales Marketing, Marketing-Rechts-Management, Markenmanagement, Netzwerkmanagement und Franchising Abstract In den letzten Jahren befassen sich nicht nur Wirtschaftswissenschaftler und Psychologen, sondern auch Soziologen, Theologen, Neurowissenschaftler und weitere Fachvertreter mit Markenforschung. Durch den Austausch der Forschungsergebnisse und insbesondere die Vermittlung von Methoden hat die interdisziplinäre Zusammenarbeit bemerkenswerte Fortschritte in diesem vielschichtigen Untersuchungsfeld ermöglicht. So tragen neurowissenschaftliche Messungen der Markenwirkungen im Gehirn des Menschen und ergänzende tiefenpsychologische Erklärungen dieser (z.g.T. unbewussten) Vorgänge zur Lösung betriebswirtschaftlicher Fragen bei, z.B. im Bereich der Werbebudgetoptimierung. Transdisziplinarität ist dagegen in der Markenforschung erst ansatzweise festzustellen. Von transdisziplinärer (integrativer) Forschung kann gesprochen werden, wenn die beteiligten Fachvertreter nicht nur in einem offenen und transparenten Dialog interagieren, sondern auch ihre unterschiedlichen Perspektiven auf das Untersuchungsobjekt Marke gegeneinander zu relativieren und nicht zuletzt auch ihre Theoriekonzepte wechselseitig anzupassen bereit sind: „Zunehmend erfordern lebensweltliche Probleme transdisziplinäre Forschung, wenn das vorhandene Wissen unsicher ist, wenn umstritten ist, worin die Probleme genau bestehen, und wenn für die direkt oder indirekt Involvierten bzw. Betroffenen viel auf dem Spiel steht (Funtowicz & Ravetz 1993)“ [Wikipedia August 2008]. In einer solchen Situation, wie sie beispielsweise in der Markenforschung aktuell gegeben ist, besteht die Herausforderung darin, sich zunächst auf eine gemeinsame Sprache zur fächerübergreifenden Verständigung zu einigen, sodann die relevanten Probleme zu identifizieren und adäquat in Forschungsfragen zu überführen. 2 Thema 2: „Fünf Jahre neuroökonomische Markenforschung. Eine Zwischenbilanz“ Prof. Dr. Peter Kenning, Zeppelin University (ZU), Friedrichshafen • Promotion und Habilitation an der Universität Münster • Teilnahme am fMRI Visiting Fellowship Programm der Harvard University • 2006 venia legendi für das Fach BWL, 2007 Annahme des Rufs auf den Lehrstuhl für Marketing an der Zeppelin Universität • Wissenschaftliche Schwerpunkte in der Neuroökonomie. Setzte als einer der ersten Wissenschaftler weltweit bildgebende Verfahren zur Erforschung ökonomisch relevanter Entscheidungen ein. Arbeitet mit Radiologen und Neurologen daran, die neuralen Mechanismen dieses Entscheidungstyps zu beschreiben und besser zu verstehen. Ziel ist die Entwicklung einer neurobiologisch fundierten, deskriptiven Entscheidungstheorie. Abstract Seit etwa fünf Jahren beschäftigen sich transdiziplinäre Forschergruppen an führenden wissenschaftlichen Institutionen mit der systematischen Integration neurowissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse in die ökonomische Forschung. Einen wichtigen Forschungsgegenstand bilden dabei interessanterweise Marken, deren oft vollkommen unbewusste neurale Wirkung insbesondere mit sogenannten bildgebenden Verfahren untersucht wird. Gegenstand des Vortrags wird es sein, einen Überblick über die gewonnen Untersuchungsergebnisse dieser neuroökonomischen Markenforschung zu geben. Dabei sollen auch bis heute noch kaum bekannte Studienergebnisse präsentiert und zur Diskussion gestellt werden. 3 Thema 3: „Messung und Wirkung von Markenemotionen – Neuromarketing als neuer verhaltenswissenschaftlicher Ansatz“ Dr. Thorsten Möll, Senior Research Manager am MAFO-Institut, Schwalbach • Zuvor wissenschaftl. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Mitarbeiter einer Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Marke • Für seine Dissertation (Thema s. o.) erhielt er folgende Preise: - Wissenschaftspreis des Deutschen Marketing-Verbandes (DMV) - Preis der Deutschen Marktforschung (BVM) - Zweiter Platz beim Preis des Markenverbandes 2008 Abstract Markenemotionen spielen zunehmend eine wichtigere Rolle. Durch die Vermittlung eines emotionalen Zusatznutzens können sich Marken von funktional gleichwertigen Konkurrenzprodukten absetzen. Dennoch fehlen Erkenntnisse zur Wirkung emotionaler Marken. Die Arbeit von Möll liefert durch den Einsatz der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) einen grundlegenden Beitrag zum Verständnis der Emotionalität von Marken. Durch den Vergleich zwischen unbekannten Marken, neutralen Marken und emotionalen Marken wird im Kern ein klassischer Lernprozess zum Aufbau von Markenwissen simuliert. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie wurde gemessen, dass diese Marken weitestgehend unterschiedliche Gehirnregionen aktivieren. Unbekannte Marken aktivieren Hirnregionen, die für das Lesen neuer Wörter zuständig sind und dadurch langsam einen Gedächtnisaufbau bewirken. Bekannte Marken aktivieren hingegen solche Regionen, bei denen auf Wissen zurückgegriffen wird. Überraschenderweise aktivieren jedoch nur emotionale Marken solche Hirnregionen, in denen positive Emotionen evoziert werden, während neutrale und unbekannte Marken gleichermaßen Bereiche, die für negative Emotionen stehen, aktivieren. 4 Thema 4: „Neuroökonomie in der Marketing-Praxis – ein Bericht von der (Kunden-) Front“ Dr. Christian Scheier, Hamburg • • • • • • • Weltweit einer der wenigen Neuropsychologen, der Forschungs- und Praxiskompetenz in der Marketingberatung kombiniert. Wissenschaftliche Karriere am California Institute of Technology Erfolgreichen Aufbau einer Agentur für Marketingforschung Gemeinsam mit Dirk Held Gründung der decode Marketingberatung GmbH Co-Autor (mit Dirk Held) der Bestseller „Wie Werbung wirkt. Erkenntnisse des Neuromarketing“ (Haufe 2006) und „Was Marken erfolgreich macht. Neuropsychologie in der Markenführung“ (Haufe 2007). Autor des Standardwerks der neuen Künstlichen Intelligenz (MIT Press) und zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen. Ausgezeichnet mit dem "Best Speaker"-Award und "Best Presentation"-Award an der ESOMAR Technovate Konferenz. Abstract Die Erkenntnisse der Neuroökonomie haben eine hohe praktische Relevanz, speziell für das Marketing und die Markenführung. In diesem Vortrag wird über die Erfahrungen beim Umsetzen neuroökonomischer Erkenntnisse und Konzepte in die Marketing-Praxis berichtet. Dabei zeigen sich große Chancen, aber auch Gefahren (z.B. Trivialisierung). Anhand konkreter Fallbeispiele werden die Chancen und Grenzen der Übertragung neuroökonomischer Konzepte in die Marketing-Praxis beschrieben. Ende der Veranstaltung ca. 16.00 Uhr Anschließend besteht die Möglichkeit zur Besichtigung eines Magnetresonanz-Gerätes im Bildgebungszentrum (BGZ) Münster, GF Dr. Martin Balz (ca. 10-15 Minuten Fußweg) 5