R Beihefter 2/2008 gungs- und Beweislast in Bezug auf zumutbare Filtennöglich ketten ebenso wie der Aufsichtsbehörde nach § 59 Abs. 4 S. I RStV - zugewiesen wird.33 Dies erscheint gerechtfertigt, da im Bereich der Telemedien Filterpflichten aufgrund des Verbots allgemeiner Überwachungspf!ichten Art. 15 Abs. 1 ECRL nicht der Regelfall sind, sondern nach der BGH-Rechtsprechung grundsätzlich erst durch einen bekannt gewordenen Verlet zungsfall ausgelöst werden und bei unzureichender Filterang wie festgestellt bestenfalls eine Erstbegehungsgefahr ange no mnen werden kann. Der BGH gestattet dem Provider selbst im Fall eines Diskriminierungsverbots den Verzicht auf eine (kostenintensive) manuelle Nachkontmlle einer stmkturel[ feh Von Dr. Axel Freiherr vol den Bussche, LL.M. (L.S.E.) und Adrian Schneide" Dr. Axel Freiherr von dem Bussche ist Reclasanwalt in der Kanzlei Taylor Wessing, Ham* burg, Adrian Sclmeider ist Stu dent an der Wesffàlischen Wil he[ms;Unlversität Mfnster. lerbehafteten und daher auch redliche Kunden beeinträchtigen den aotomatisierten Filterung.34 33 Vgl- zur Bejahul g einer Beweislast der Rechteinhaber: OLG Miinchen, Urt. v. 21. I2. 2006 29 U4407/06, nicht veröffclalicht; LG Ilambllrg, Urt. v, 3.8. 2005 3150296/05, CR 2006, 130; Ró\l'sel/Rösse/, CR 2005, 809, 813; a.A. OLG Hamburg, Urt. v. 8.2. 2006- 5 U 78/05 Cybersky, K&R 2006, 225; Sp# dler, K&R 1998, 177, 179; unklar nun: BGH, Ur(. v. 12, 7. 2007 I ZR 18/04 - Jugendgeßfiht'dende Medien bei eßay, K&R 2007, 517 tl2, Tz. 43. 34 BGH, Un. v. 12.7.2007 I ZR 18/04 Jugendgetährdende Medien bei eßay, K&P. 2007, 517 Il', Tz. 60. Haftungsfalle Affiliate Werbung 011line-Werbung erfreut sich nach wie vor zunehmeMer Beliebtheit• Allein von Januar bis Mai 2007 stiegell die Bruttowerbeaufwendungen iln Online Bereich auf 331 Millionen Enro. Spektakuläre Unternehmellskäufe wie die Übernahme des Werbeunternehmens DoubleClick durch GoogIe fiir iiber drei MilliaNen Euro zeigen, dass die Branche auch in Zukunft mit waehsenden Umsätzen rechnet. Auch umgekehrt setzen immer mehr Webseitenbetreiber anf Zusatzeinnahmen durch Part nerprogramme. Doch gerade bei diesem florierenden Gesehäftsmodell lauern erhebliche Haftungs risiken und einige Rechtsfi'agen sind noch nahezu gänzlich ungeklärt. I. Das Geschäftsmodell Affiliate-Netzwerke vermitteln Werbetreibende (Merchants/ Advertise0 an Websitebetreiber (Affiliates/Publisher). Dabei stellen die Affiliates auf ihren Intemetseiten Werbeflächen zur Verffigung, etwa f/ir Banner- oder Popup-Werbung. Die Mer chants schalten Werbung auf diesen Werbeplätzen. Dazwi schen steht als dritte Partei das Affiliate-Netzwerk, das zwi schen den beiden Parteien vermittelt. Aber im Unte 'schied zu Bei RechtsverstN3en auf Seite der Affiliates handelt es sich re gelmäßig um die unzulässige Erhöhung des ,Traffics" (Zu griffszahlen attf die Webseite). Typisch sind dabei etwa das Verschicken von Spam-Mails oder Markemechtsverletzungen bei der Manipulation von Snchmasebinen oder der Schaltung von Eigenwerbung. III. Haftung fiir Rechtsverstöße einem Makler, dessen Tätigkeit mit der Kontaktvemfittlung Angesichts der Vielzahl an möglichen Rechtsverletzungen regelmäßig endet, Bbemimmt ein Affiliate-Netzwerk weitere Aufgaben wie z.B. die Verwaltung der Konten sowobl der Merchants als auch der Affiliates. stellt sich die Frage, weiche Parteien eines Affiliate-Netzwer kes für welche Rechtsverletzungen in Anspruch genommen werden können. Üblicherweise besteht zwischen Affiliates und Merchants kein 1. Haftnng des Merchants unlnittelbares Vertragsvèrhältnis. Vielmehr schließen die Merchants mh dem Affiliate-Netzwerk einen Vennitthmgs vertrag, lnit dem sich das Netzwerk dazu vel flichtet, die Werbetreibende (Merchants) haften natürlich zunächst tiir ei gene Rechtsverstöße. In Betracht kommen hier insbesondere Wettbewerbsrechtsverletzungen durch un[antere Werbung. Werbung des Merchants je nach Verfügbarkeit auf den Wer Doch auch fiir Rechtsverletzungen des Affiliates kommt eine beflächen der Affiliates zu platzieren. Umgekehrt schließt das Affiliate-Netzwerk Verträge mit den Affiliates ab, mit denen Haftung in Betracht. Eine Mitstörerhafamg hat das LG Frank furt a. M. in diesem Falle verneint.1 Jedoch entschied das OLG die Affiliates ihre Werbefläche zur Verf/.tgung steilen. Für die Frankfnrt bereits im Jahr 2002, dass ein Affiliate als ,Beauf Werbeschaltung erhält das Affiliate-Netzwerk eine entspre • ù , 2 tla ,ter des Merchants L S.d. § 8 Abs. 2 UWG a 1zusehen chende Provision. ist.j Entsprechendes gilt auch f tr die §§ 14 Abs. 7, 15 Abs. 6 MarkenG'I sowie ffir § 100 UrhG5. Wann und in welchem Umfang die Werbeschaltung vergfitet wird, hängt von dem Affiliate-Netzwerk und auch der einzel Beauftragter in diesem Silme ist, wer, ohne Mitarbeiter zu nen Werbekampagne ab. Üblich ist etwa die Velgfitung beim sein, im oder ffir das Unternehmen eines anderen aufgrund Klick auf ein Werbemittel (,pay per click") oder die Beteili gung an Einnahmen durch den Verkauf von Produkten (,pay per sale"). lI. Typische Rechtsverstöße im Affiliate-Netzwerk hmerhalb eines solchen Affiliate-Netzwerkes kömlen zahlrei che Rechtsverletzungen auftreten. Auf der Seite der Werbe treibenden kommen dabei zunächst unlautere Werbeinhalte und -methoden in Betracht, wie etwa Verstöße gegen die Preisangabenverordnung auf der beworbenen Website des Merchants. Auch Marken- und Urhebenechtsverletzungen können Gegenstand von Auseinandersetzungen darstellen. Da rüber hinaus kann auch das Werben selbst schon rechtswidrig sein, etwa wenn ein unerlaubtes Glücksspiel beworben wird. eines vertraglichen oder anderen Verhilhnisses tätig ist.6 Er forderlich ist, dass der Dritte in die Betriebsorganisation ein gegliedert ist und dem Untenlehlnensinhaber ein bestimmen der Einfluss auf den Beauftragten eingeräumt wurde.7 Gene rell ist der Begriff des ,Beauftragten« weit auszulegen.8 Des 1 LG Frankfiù't a.M,, MMR 2006. 247, 2 Entscl ieden wurde iiber § 13 Abs.4 UWG alter Fassung. 30LGFrankfilrt, Urt, v. 12.12.2002 6U130/02. 4 Fez«r, Markenrecht, 3. Aufl. 2001, § 14 Rn. 537. 5 Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl. 2006, § 100 Pc1.5; nqld, in: Schricker, Urhebelrecht, 3. Aufl., § 100 Ra1.4. 6 BGH, GRUR 1990, 1039, 1040 Anzeigenauftrag. 7 BGH, WPd» 2005, 1248, 1249 - Meißner Dekor Il; Köhler, in: Hefer mehl/Köhler/Bonlkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 Ral. 2.41. 8 BGH, GRUR 1990, 1039, 1040 Allzeigelmuftrag. i [ 16 K halb präzisierte auch das OLG Köln, dass es bei der Frage, ob (ler Mercbant für Reclrtsverletzungen des Affiliates einzuste hen habe, nicht darauf ankäme, ob zwischen den beiden Par teien ein unmittelbares Vertragsverhältnis bestehe.9 Das LG Berlin ging sogar noch einen Schritt weiter und nahm eine Be auftragtenhaftung auch dann an, wenn der Affiliate ausdrück lich gegen die Anweisungen des Merchants gehandelt hat.l° Diese weitreichende Auslegung der Beauftragtenhaftung ist allerdings fragwiirdig. Denn insbesondere bei großen Affilia te-Netzwerken mit vielen tausend Publishern dürfte von einem ,bestimnmnden Einfluss" kaum noch auszugehen sein. Das. zeigt insbesondere das Urteil des LG Berlin sehr deutlich: Selbst wenn der Merchant seinen Affi/iates Handhmgsanwei sungen gibt, so fehlt es ilnn doch an einer Kontroll- und Durchsetzungsmöglichkóit. l Darüber hinaus läuft die Beteili gung des Affiliates an den Werbemaßnahnren des Merchants nicht selten über ein automatisiertes Verfahren ab. In diesen Fällen kann wohl auch von einer ,Eingliederung in die Be triebsorganisation" keine Rede sein.12 Jedenfalls bedeutet die Bemfftragtenhaftung für Werbetreiben de eine unerfüllbare Aufgabe: Die Kontrolle vieler tausend Werbepartner, ohne ein effektives Mittel zur Durchsetzung und Kontrolle von Weisungen und Vorgaben zu haben. 2. Haftung des Affiliates R Beihefter 2/2008 In beiden Fällen Beauftragten- und Mitstörerhaftnng- müss te aber auch die aus der BGH-Rechtspreclmng zur Mitstörer haftung bekannte Einschränkung f0r Host-Provider gelten, wmrach zur Venneidung zuklhff!!ger gleicbartiger Störungen dem Host-Provider aufgegebene Uberwachungspflichten nicht das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen dürfen. Entspre chend vemeinte auch das LG Hanrburg eine Mitstörerhaftung des Afflliate-Netzwerkes mangels zunrutbarer Kontrolhnög lichkciten. IV. Praktische Lösungsansätze In der Praxis gibt es verschiedene Ansätze und Versuche, Haf t mgsrisiken fflr alle Beteiligten auf ein Minimuin zu reduzie ren. 1. Verbot reehtswidriger Verhaltensweisen und Frei stellungsklausel Zunächst bietet es sich an, rechtswidrige Verhaltensweisen in den AGB grundsätzlich zu verbieten. Das Verbot sollte nrit ei ner Freistelluilgsklausel kombiniert werden, in der sich die Parteien von eventuellen Ansprüchen Dritter freistellen. Dies betrifft fi'eilich nur das Biimenverhältnis der Parteien, erleich tert jedoch eventuelle Regressforderungen. 2. Informationspfliehten Deutlich seltener musste sich die Rechtspreclmng bisher mit dem umgekehrten Fall beschäftigen: Kann ein Affiliate auch für Rechtsverstöße des Merchants in Anspruch genommen Zusätzlich kann etwa der Affiliate dazu verpflichtet werden, bekannt gewordene Rechtsverletzungen unverzüglich dem Af filiate-Notzwerk zu meiden. So kömlen ggf. gerichtliche Aus einandersetzungen im Vorfeld vermieden werden. dass ein Mercbant unlautere Werbung auf der Webseite des 3. Haftungsausschluss und -beschränkung: Dritter verletzt. Darüber hinaus empfiehlt sich ein vertraglicher Haftungsaus schluss. Dieser gilt allerdings nur gegenüber den Vertragspar teien und es gelten strenge Anfbrderungen an die konl«ete Ausgestaltmrg. Sinnvoll kömren auch Vertragsstrafen sein, wobei hier Vorsicht geboten ist. Denn nach vereinzelt vertre tener Ansicht sollen Vertragsstrafen eine Einflussnahmemög lichkeit des Unternehmers auf den Beauftragten begründen können.IS werden? Fallkonstellationen sind hier viele dmfl(bar. Etwa, Affiliates einblendet oder ein Werbebamrer Urheberrechte Eine unnrittelbare Haftung des Affiliates kommt nur in seite nen Fällen in Betracht, denn die Werbenrittel werden üblicher weise nicht vom Webserver des Affiliates abgerufen, sondern atttomatisch von den Servem des Affiliate-Netzwerkes einge bunden, ohne dass der Affiliate darauf Einfluss nehnren könn te. Das ist insofern von Bedeutung, als dass die eigentliche Tathandhmg u. U. nicht beim Affiliate, sondern vielmehr beim Affiliate-Netzwerk bzw. beim Merchant zu sehen ist. Injedenr Fall kann der Affiliate aber als Mitstörer nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog auf Unterlassung in Anspmclr ge nommen werden. So entschied das OLG Hamburg, dass ein Webseitenbetreiber für rechtswidrige Werbung Dritter (hier: unerlaubtes Glücksspiel) als Störer haftet.13 Allerdings stellte das Gericht zum einen fest, dass es sich im vorliegenden Fall um einen leicht erkennbaren Rechtsverstoß handelte, zum an deren ging das Gericht davon aus, dass der Websitebetreiber an der Gestaltung der Werbung aktiv beteiligt war. V. Fazit hl Affiliate-Netzwerken bestehen erhebliche Haftnngsrisiken ffir alle Parteien. Die Anwendung der Beauftragtenhaftung be deutet insbesondere für Werbetreibende eine sehr weitreichen de Ausweitlmg der Verantwortlichkeit. Es sind umfangreiche Regehmgen notwendig, unr Haftmrgsfälle vertraglich aufzu fangen und zumindest die Rechtsverhältnisse im lnnenverhält nis des Affiliate-Netzwerkes genau festzulegen. Bei allen Cllancen, die der Werbemarkt im intemet bietet, ist Besomren heit und fachkundige Rechtsberatung notwendig. 3. Haftung des Affiliate-Netzwerkes Auch das Affiliate-Netzwerk kann fBr Rechtsverletzungen so wohl des Affiliates als auch des Merchants in Anspruch ge nommen werden. Zwar fehlt es hier bis auf ein Urteil des LG Hanrburg14 noch an einschlägiger Rechtsprechuug, jedoch dürften bei konsequenter Fortfiihmng der oben genamrten Ent scheidungen zur Beauftragtenhaflung zumindest die Affiliates auch als ,Beauftragte" des Affiliate-Netzwerkes zu sehen sein. In jedem Fall kmnmt darüber hinaus aber eine Störedmftung für das Affiliate-Netzwerk in Betracht. 9 OLG Köln, MMR 2006, 622ff. Haftung des Merchants für seinen Affiliate (Revision beim BGH anhängig). 10 LG Berlin, MMR 2006, 118 - Haftung des MeJ hants für Affiliates; so im Ergebnis auch LG Potsdam, Urt. v. 12. t2. 2007 52 067/07, eil» sehbar unter http://www.affiliate-md-recht,de/lg-polsdanMlaflung-des merchants-filer-seinen-affiliate-52-O-67-07.html (Stand: 7.3. 2008). It Anderer AnsiclU Sl)ieker, GRUR 2006, 903, 907, 12 So auch Herlvnann, Anm. zu LG Berlin, MMR 2006, 119. Domain-Parking. 13 OLG Hamburg, MMR 2004, 8221 14 I,G Hamburg, Urt. v. 3.8. 2005 15 Spiek«r, GRUR 2006, 903tE 315 O 296/05.