Fritz Höger „Klinker ist mein Bauedelstein“ Abb. 01 Zum Geleit Kein anderer Baustoff hat sich so bewährt wie der Backstein. Damals wie heute wissen Bauherren und Architekten eines massiv gebauten Gebäudes mit Backsteinfassade die hohe Qualität zu schätzen. Besonders reizvoll ist der Baustoff, weil hiermit gestalterisch aus dem Vollen geschöpft werden kann. Denn diese schier unglaubliche Vielfalt an Farben, Formen und Oberflächen bietet kein anderes Material. Nicht ohne Grund sprach Fritz Höger von seinem „Bauedelstein“. Diesen Aspekt haben sich die Architekten des Backstein-Expressionismus in den 1920er Jahren zu Nutze gemacht. Sie bauten gezielt mit Backstein und den besonders hart gebrannten Klinkern, um Fassaden so lebendiger erscheinen zu lassen. Teilweise wurden fehlgebrannte Backsteine wegen ihres individuellen Aussehens als dekorative Elemente verwendet. Auch die ornamentale Formensprache mit rauen, kantigen, oft spitzen Elementen, horizontale Backsteinreihen aus abwechselnd vor und zurückgesetzter Mauerung sind typisch für diesen expressionistischen Architekturstil, dem sich Architekten und Baumeister wie Fritz Höger verschrieben hatten. Bis heute hat Backstein nichts von seiner Aktualität verloren. Er bietet Architekten kreative Spielräume für ausdrucksstarke Architektur und fasziniert nicht zuletzt mit dem Charme des Ursprünglichen – wie die Siegerprojekte des Fritz-Höger-Preises belegen. Unseren Mitgliedern, Partnern und allen Freunden des Backsteins wünschen wir frohe Festtage und ein erfolgreiches neues Jahr. Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V., Bonn Abb. 01: Hamburger Bestattungsforum Ohlsdorf (2009-2011), Winner Gold „Bestes Sanierungsobjekt Ganzheitliche Sanierung“ von Dose Architekten. © Dorfmüller/Kröger/Klier Zur Person Fritz Höger Johann Friedrich Höger, genannt Fritz Höger wurde am 12. Juni 1877 in Elmshorn geboren. Mit 18 Jahren begann er eine Zimmerer- und Maurerlehre, die er 1896 mit der Gesellenprüfung beendete. Der Besuch der Baugewerbeschule in Hamburg, eine Anstellung als Zeichner beim Architektenbüro Lundt und Kallmorgen sowie die Mitarbeit bei Fritz Oldenburg waren prägende Stationen, bevor er sich selbstständig machte und erste Aufträge mit dem Bau von Einfamilienhäusern übernahm. Abb. 02 Ab 1908 wirkte er bei den Planungen der Kauf- und Bürohäuser aus Backstein in der Mönckebergstraße in Hamburg mit. In der Zeit des Nationalsozialismus blieben Höger größere Projekte verwehrt, obwohl er politisch mit den Nationalsozialisten sympathisierte und sich aktiv um die Gunst für seine Architektur bemühte. Mit seinem expressionistischen und norddeutschen Baustil traf er jedoch nicht den Geschmack Hitlers, und dem favorisierten klassizistischen Marmorbaustil wollte Höger sich nicht anschließen. So schied er für die von ihm erhoffte Position des Staatsarchitekten aus. Aus seiner 45-jährigen Tätigkeit hinterließ er über 3.000 Bauten und Entwürfe. Ein Großteil seines Schaffens wurde unglücklicherweise während des 2. Weltkriegs zerstört. 1963 wurden ein weiteres Mal Pläne aus Fritz Högers Nachlass bei einem Brand vernichtet. Heute lagert der zum Teil stark beschädigte Rest im Hamburger Staatsarchiv und in der Kunstbibliothek in Berlin. Fritz Höger starb am 21. Juni 1949 im Alter von 72 Jahren in Bad Segeberg. Bisweilen (Einfluss verschiedener Architekturstile in Bauten ablesen) findet man andere Architekturstile in den expressionistischen Bauten Fritz Högers. So zitiert das Anzeigerhochhaus in Hannover die orientalische Architektur. Das weltAbb. 03 Abb. 02: Fritz Höger (1877–1949), prägte die deutsche Backstein-Architektur nachhaltig. © Olga Lindemann, Hamburg Abb. 03: Chilehaus (1922–1924), großer, solitärer Baukörper in Form eines Passagierschiffes. © Union Investment weit gefeierte Chilehaus in Hamburg – eines der wohl beeindruckendsten Gebäude des Backstein-Expressionismus – hingegen ist vom Art Déco inspiriert. Für die Errichtung dieses formenreichen architektonischen Meisterwerks wurden 4,8 Millionen Backsteine verwendet. Der zwischen 1922 und 1924 errichtete Bau erwies sich als schwierig, da zum einen das Baugelände sehr schmal war und starke Vorsprünge aufwies und zum anderen eine Straße das Gelände kreuzte. Abb. 04 Abb. 04: Renaissance Hotel (1925–1926), nach Plänen von Fitz Höger erbaut. © Renaissance-Hotel Hamburg Högers Lösung: Die Straße wurde überbaut. Dadurch entstand ein großer, solitärer Baukörper in Form eines Passagierschiffes, mit bis heute anhaltender einzigartiger Wirkung. Das seit 1983 unter Denkmalschutz stehende Chilehaus wurde 2015 – zusammen mit Hamburgs Hafenstadt und dem Kontorhausviertel – zum Weltkulturerbe der UNESCO ernannt. Damit ist es die 40. Weltkulturerbestätte in Deutschland und Hamburgs erste. Ein weiteres prominentes Gebäude, das nach den Entwürfen von Fritz Höger erbaut wurde, ist der 51 Meter hohe mit markanter Fassade versehene Stahlskelettbau des Anzeigerhochhauses in Hannover. Die dunkelrote und goldglasierte Klinkerfassade ist mit dekorativen Elementen an gotisierenden und expressionistischen Detailformen versehen. Abb. 05 Abb. 05: Sprinkenhof (1927–1943), Fassadendetail des neunstöckigen Bürogebäudes. © wikipedia.org_Sebastian Koppehel Der Fritz-Höger-Preis Mit dem Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur zeichnet die Initiative Bauen mit Backstein Architekten aus, die das Potential des traditionellen Baustoffs nutzen, um sowohl zeitgemäße als auch zeitlose Bauwerke zu schaffen. Backstein wird dabei als Oberbegriff für aus Ton gebrannte Fassadensteine verstanden, die auch als Vormauerziegel und Klinker bekannt sind. Der erstmals in 2008 ausgelobte Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur wird alle drei Jahre verliehen und hat – mit zuletzt mehr als 500 Einreichungen – seinen festen Abb. 06 Platz unter den bedeutenden Architekturpreisen gefunden. Ausgezeichnet werden Objekte mit Gebäudehüllen, deren gesamter planerischer Anspruch sowohl ökonomische, ökologische wie auch gestalterische Aspekte in sich vereinen; letztere artikulieren sich in Stichworten wie Einheitlichkeit vs. Detailausbildungen, Fassadengliederung, Farbigkeit, handwerkliche Qualität etc. Der Fritz-Höger Preis ist ein offener Wettbewerb sowohl für Architekten, Architektengemeinschaften als auch Architekten-/Ingenieurgemeinschaften. Eine Auswahl der besten Einreichungen wird in dem regelmäßig erscheinenden Magazin „VORTEILE – Das Backstein-Magazin“ sowie auf der Wanderausstellung zum FritzHöger-Preis deutschlandweit an Hochschulen präsentiert. 2014 wurde eine neue Preissystematik eingeführt, die insbesondere auch die hohe Qualität der über 500 eingereichten Wettbewerbsbeiträge zum Ausdruck bringt. So gibt es neben dem Fritz-Höger-Preis in Gold und Silber nun auch die Auszeichnung „Special Mention“. Prämiert werden Projekte in verschiedenen Kategorien. Darunter die Kategorien Einfamilienhaus/Doppelhaushälfte, Wohnungsbau/Geschosswohnungsbau sowie Büro- und Gewerbebauten und auch Öffentliche Bauten, Sport und Freizeit. Zusätzlich werden Auszeichnungen in den Bereichen Passivhaus, Sanierung/Nachhaltigkeit und Nachwuchs/Newcomer vergeben. Der erstmals 2014 vergebene Newcomer-Award richtete sich an Studenten, Absolventen und Nachwuchsarchitekten, deren Hochschulabschluss nicht länger als vier Jahre zurück lag. Die Beurteilung der eingereichten Objekte wird von einer unabhängigen Fachjury vorgenommen. Diese setzt sich zusammen aus Preisträgern vergangener Jahre sowie renommierten Architekten und Journalisten. Abb. 06: Der Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur wurde erstmals 2008 ausgelobt und hat heute seinen festen Platz unter den bedeutenden Architekturpreisen gefunden. © KopfKunst Gewinner der letzten Auslobungen (Details siehe Anhang) Abb. 07 2014 Winner Grad Prix: Siza-Pavillon Insel Hombroich (Álvaro Siza/Rudolf Finsterwalder, Stephanskirchen). Das kompakte und geschlossen wirkende Gebäude überrascht durch den mühelos fließenden Übergang von Innen- und Außenräumen und seine großzügige Öffnung hinein in die umgebende Landschaft. Der Backstein vermittelt sich hier selbst in seiner Sinnlichkeit und rahmt malerische Ausblicke in die umgebenden Obstwiesen und Felder. (Statement der Jury) Abb. 08 Abb. 09 Abb. 07-09: Siza-Pavillon Hombroich (2006–2009), Winner Grand Prix 2014, © Tomas Riehle 2011 1. Platz Gesamtsieger: Dominikuszentrum München (Prof. Andreas Meck, meck architekten, München). Der skulpturale Baukörper beeindruckt durch seine klare Formensprache sowie die sorgfältige und hochwertige Materialverarbeitung. Der verwendete Klinker verleiht dem komplexen Ensemble Lebendigkeit, Haptik und manuelle Qualität zugleich. Durch das Spiel mit verschiedenen Ebenen entsteht ein Spannungsverhältnis, welches sich im von bläulichem Klinker geprägten Andachtsraum durch eine ruhige Raumgestaltung auflöst. Das künstlerische Gestaltungskonzept und die gekonnten Details stellen eine große Interpretation von Backstein-Mauerwerk dar. (Statement der Jury) Abb. 10 2008 1. Platz Gesamtsieger: Pfarrzentrum St. Franziskus, Regensburg (Königs Architekten, Köln). Die minimal anmutende Außenfassade des monolithisch aus Backstein gebauten Sakralbaus steht im kompletten Gegensatz zur expressiven Innenwelt. Der Innenraum selbst ist von dem perfekt geplanten und realisierten Mauerwerksbau geprägt, der die Tektonik des Backsteins als Baumaterial insbesondere durch gezielte Lichtführung eindrucksvoll nutzt. (Statement der Jury) Abb. 11 Abb. 10: Dominikuszentrum München (2008), 1. Platz Gesamtsieger 2011. © Michael Heinrich Abb. 11: Pfarrzentrum St. Franziskus, (2004), 1. Platz Gesamtsieger 2008. © Christian Richters Anhang 2014 Winner Grad Prix: Siza-Pavillon Insel Hombroich (Álvaro Siza/Rudolf Finsterwalder, Stephanskirchen). Winner Gold „Öffentliche Bauten, Sport und Freizeit“: Luthers Sterbehaus (VON M, Stuttgart) Winner Gold „Büro- und Gewerbebauten“: Atelierhaus in der Züricher Dubsstrasse (Boltshauser Architekten, Zürich) Winner Gold „Wohnungsbau/Geschosswohnungsbau“: „Defence Colony Residence“ in Neu-Delhi (vir.mueller.architects, Neu-Delhi, Indien) Winner Gold „Einfamilienhaus/Doppelhaushälfte“: „1101 House“ (H Arquitectes, Sabadell, Barcelona, Spanien) Winner Gold „Ganzheitliche Sanierung“: Hamburger Bestattungsforum Ohlsdorf (Dohse Architekten, Hamburg) Winner Gold „Weiterbauen im Bestand“: Astley Castles in Warwickshire, UK (Witherford Watson Mann Architects, London, UK) Winner Gold „Newcomer-Award“): „House LS“ in Madampe, Sri Lanka (M&DB Architecten, Den Haag, Niederlande) Winner Gold „Newcomer-Award“: Haus Stein (Jan Rösler Architekten, Berlin) Im Jahr 2014 setzte sich die Fachjury aus folgenden Teilnehmern zusammen: Dipl.-Ing. Heiner Farwick, Präsident Bund Deutscher Architekten BDA Kaye Geipel, stellvertretender Chefredakteur des Architektur-Magazins Bauwelt Prof. Andreas Meck, Gesamtsieger Fritz-Höger-Preis 2011 für Backstein-Architektur, meck architekten, München Alexander Schwarz, Partner und Design Director David Chippfield Architects, Berlin Prof. Enrique Sobejano, Nieto Sobejano Arquitectos Madrid (ES) 2011 1. Platz Gesamtsieger: Dominikuszentrum München (Prof. Andreas Meck, meck architekten, München). 2. Platz Gesamtsieger: Wohnungsbauprojekt „Lakerlopen“, Eindhoven (NL) (biq stadsontwerp bv, Rotterdam) 3. Platz Gesamtsieger: Haus im Geistviertel, Münster ( hehnpohl architektur, Münster) Sieger „Büro- und Gewerbebauten“: Neubau Bauhof der Fa. Hansmann GmbH, Haslach (harter+kanzler Freie Architekten BDA, Freiburg) Sieger „Bestes Passivhausprojekt“: Edge of Town, 40 Niedrigenergiehäuser und 2 Nullenergiehäuser, Windhaak, Nieuwkoop, NL (Wingender Hovenier Architecten, Nieuwkoop, NL) Sieger „Bestes Sanierungsobjekt“: Wiederaufbau Neues Museum, Berlin (David Chipperfield Architects, Berlin in Zusammenarbeit mit Julian Harrap) Sonderpreis Fritz-Höger-Preis 2011: Education Center Nyanza (RWA) (Dominikus Stark Architekten, München) Im Jahr 2011 setzte sich die Fachjury aus folgenden Teilnehmern zusammen: Prof. Dr. Christoph Mäckler, Christoph Mäckler Architekten Prof. Ulrich Königs, Königs Architekten Prof. Felix Claus, Claus en Kaan Architecten Dipl.-Ing. Heiner Farwick, Präsident Bund Deutscher Architekten BDA Udo Ley, Initiative Bauen mit Backstein 2008 1. Platz Gesamtsieger: Pfarrzentrum St. Franziskus, Regensburg (Königs Architekten, Köln). Sieger „Einfamilienhaus/Doppelhaushälfte“: hof.haus, Niederrhein (hillekamp + weber architekturstudio, Mönchengladbach) Sieger „Einfamilienhaus/Doppelhaushälfte“: Haus Pohlmann, Damme ( Johannes Götz & Guido Lohmann, Dipl. Ing. Architekten, Köln) Sieger „Büro- und Gewerbebauten“: Am Kupfergraben 10, Berlin (David Chipperfield Architects Gesellschaft von Architekten mbH, London/Berlin/Mailand/Shanghai) Sieger „Sport und Freizeit“: Sporthalle, Stadtteilzentrum Ypenburg, Den Haag, NL ( Rapp+Rapp, Rotterdam/Berlin) Sieger „Städtebau“: Stadtteilzentrum Ypenburg, Den Haag, NL (Rapp+Rapp, Rotterdam/Berlin) Im Jahr 2008 setzte sich die Fachjury aus folgenden Teilnehmern zusammen: Prof. Hans Kollhoff, Kollhoff Architekten Prof. Dörte Gatermann, Gatermann + Schossig Dipl.-Ing. Arch. Rainer M. Kresing, Kresings GmbH Dr. Christina Hagemeister, Hagemeister GmbH + Co. KG. - Klinkerwerk Dipl.-Ing. Burkhard Fröhlich / Sonja Schulenburg, Chefredakteur/Redakteurin Deutsche BauZeitschrift Impressum Text: KopfKunst, Agentur für Kommunikation Titelbild: Defence Colony Residence (2007–2011), Winner Gold „Wohnungsbau/ Geschosswohnungsbau“ von vir.mueller architects. © Andre J. Fanthome Umschlag innen: Links oben: Bloemhof Groningen von Marlies Rohmer Architects & Urbanists © Rob de Jong; links mitte: Hamburger Bestattungsforum Ohlsdorf, Galerieund Eingangsbereich. © Dorfmueller/Kröger/Klier; links unten: 27 Social Housing von Luis Martinez Santa-Maria. © Roland Halbe; rechts oben: Defence Colony Residence (2007– 2011), Fassadendetail des Gebäudes. © Andre J. Fanthome; rechts unten: Landesarchiv NRW, Detailansicht der Fassade. © Ordner & Ordner Baukunst; Umschlag außen: Chilehaus (1922–1924), seit 2015 zusammen mit Hamburgs Speicherstadt und dem Kontorhausviertel zum Unesco Weltkulturerbe ernannt. © Union Investment Redaktion: KopfKunst, Agentur für Kommunikation Layout: Eva Weeger, Bonn; [email protected] Herausgeber: Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e. V., Bonn, 2015 www.ziegel.de