NOVEMBER + DEZEMBER 2012 ▪ WWW.ARCHITHEMA.CH ▪ CHF 8.50 UMBAUEN+RENOVIEREN UMBAUEN 6 ▪ 2012 +RENOVIEREN NACHGEFRAGT Die Fassade als Gesicht des Hauses – Renovation und Neugestaltung VORHER/NACHHER Eine Scheune wird durch den Einbau einer Holzbox zum Wohnhaus GEWUSST WIE Innenräume gekonnt erleuchten DAS SCHWEIZER MAGAZIN FÜR MODERNISIERUNG Spezial Energie & Heizen Solar, Pellets, Lüftung, Wärmepumpen und Dämmsysteme Thema: Fassadengestaltung Vorher/Nachher: Wohnen in einer ehemaligen Scheune Spezial: Energie & Heizen WOHNEN IN BELGIEN Ein altes Stadthaus wird durch moderne Wandverkleidungen aufgefrischt UR_06_12_T_Titel_4c.indd 1 Ein neues Antlitz Zeitgemäss wohnen in einem ehemaligen Waschhaus mit Remise im Thurgau 03.10.2012 14:26 Uhr 12 11:13 Thema Auftakt Kleider für Häuser Die Fassade ist das Kleid eines Hauses. Sie zu sanieren oder komplett zu ersetzen hat nicht immer die totale Verwandlung des Äusseren zur Folge. Zwei Häuser, zwei Herangehensweisen. Ab Seite 24 Im Geiste eine Scheune schoch tavli architekten haben ein altes Waschhaus in ein Wohnhaus verwandelt. Die Fassade wurde zum Teil mit einem neuen Material verkleidet. Ab Seite 36 Nachgefragt Gealtert ist nicht kaputt: schoch tavli architekten über den Umgang mit Fassaden bei Neu- und Umbauten. Ab Seite 38 Gutes Lifting Der Architekt Christophe Egli hat ein Haus aus den 1970er-Jahren einer Verjüngungskur unterzogen. Die neue Fassadengestaltung unterstützt den ursprünglichen Charakter des Gebäudes. Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_F_AUFTAKT_Thema.indd 23 23 03.10.2012 14:52 Uhr Thema Report Im Geiste eine Scheune Ein altes Waschhaus mit Remise wurde durch einen Umbau von schoch tavli architekten zum Wohnhaus für eine junge Familie. Auch mit neuer Fassade und neuem Innenausbau verleugnet das Gebäude seine Vergangenheit nicht. Text: Katharina Köppen, Fotos: Heinz Unger 24 1 Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 24 03.10.2012 14:38 Uhr 1 Die Südfassade war ursprünglich mit Holz verkleidet, dies war jedoch aus Brandschutzgründen nicht mehr möglich. Die Architekten wählten stattdessen gewellte Eternitplatten. Die beiden grossen Fenster im Obergeschoss sind die einzigen neuen Fassadenöffnungen. 2 Fassadenöffnungen im Sinne des Wortes: Die Fenster werden lediglich seitlich und unten von dünnen Stahlplatten gefasst. Als Sonnenschutz können textile Storen ausgefahren werden. 3 Auch die Fassade des Schopfes wurde statt mit Holz mit nicht brennbarem Eternit verkleidet (www.eternit.ch). 2 3 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 25 27.09.2012 13:46 Uhr Thema Report 4 26 Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 26 27.09.2012 13:46 Uhr Lorem Ipsum 4 Der Schopf ist Schopf geblieben, und auch die Holzfassade konnte auf der Nordseite belassen werden. Der Wohnteil wurde gedämmt, neu verputzt und mit Vorfenstern ausgestattet. Die Glastür führt zum Treppenhaus. 5 6 7 5 Der ehemalige Heuboden erhielt einen neuen Innenausbau aus weiss lasierten Dreischichtplatten. Die alte Tragstruktur aus Holz war gut erhalten und hält auch weiterhin. 6 In den beiden Schlafzimmern ist die Riegelwand noch sichtbar. Die Räume unter dem steilen Dach werden durch vier schmale, aber hohe Gauben vergrössert und erhalten Tageslicht. 7 Den Schlafzimmern ist eine zum Wohnraum offene Galerie mit Arbeitsplatz vorgelagert. Der Tisch, ebenfalls aus Dreischichtplatten, ist zugleich die Brüstung zur Treppe. Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 27 27 27.09.2012 13:46 Uhr Thema Report 8 Einer der beiden Wanddurchbrüche, hier von der Küche ins Treppenhaus. Um die Originalfenster erhalten zu können, wurden neue Fenster aussen davor montiert. Ebenso macht nun vor der alten Holztür eine Glastür dicht. 9 Auch Eingangsbereich und Treffpunkt: Die Küche mit Essplatz in der früheren Waschküche. 8 9 28 Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 28 03.10.2012 14:45 Uhr Lorem Ipsum 10 11 10 Die Westfassade: links die Küche, darüber das Kinderzimmer. Die Remise beherbergt nun im Obergeschoss den Wohnbereich. Neue Gauben erweitern die Räume im Dachgeschoss. 11 Das alte Scheunentor wurde im gleichen Grau gestrichen wie die Putzfassade und die Fensterläden. Die Verstrebungen sind nicht bloss Ornament: Sie steifen das Tor aus. «Der Umbau orientiert sich am Bestand und fügt nicht etwas völlig Fremdes ein.» Florian Schoch, Architekt Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 29 29 27.09.2012 13:46 Uhr Thema Report Erdgeschoss Obergeschoss KINDER SITZPLATZ GARTEN ABSTELLRAUM KÜCHE/ESSEN WC BAD GARAGE TECHNIK DUSCHE WOHNEN ABSTELLRAUM VELO N 0 5 «Wo möglich wurde Altes erhalten, aber rekonstruiert haben wir nichts.» Florian Schoch, Architekt 12 Die Sofa- und Bücherecke in der Nische unter der Galerie. Diese «mittlere Schicht» wurde neu eingezogen. 13 Der Wohnraum reicht bis unter den First. Der neue Innenausbau ist präzise in die alte Struktur eingepasst. 12 M ärstetten ist ein Dorf im Thurgau, das in den letzten Jahren stetig gewachsen ist. Heute hat es über 2400 Einwohner, Tendenz weiterhin steigend. Wie in so vielen Gemeinden entstehen auch hier neue Wohnhäuser und -siedlungen. Doch auch im alten Dorfkern tut sich etwas. Eines der alten Häuser fällt auf: Es hat zwar eine Putzfassade und Fensterläden wie die Nachbarhäuser, auch die gleichen Dachziegel und ein Scheunentor mit ornamentalen Verstrebungen. Doch das Haus wirkt anders. Das liegt am frischen Anstrich, an den neuen Dachgauben, die sich gut einfügen, und an den Fenstern mit Dreifachverglasung, die aussen vor die Originalfenster 30 montiert wurden. Und es liegt daran, dass die hellgraue Fassadenfarbe nicht nur den Putz überzieht, sondern auch die alten Fensterläden und Scheunentore. So entsteht eine Farbfläche mit verschiedenen Elementen und Strukturen, welche die gewohnte Fassade eines Wirtschaftsgebäudes im ländlichen Thurgau verfremdet. 1736 wurde das Gebäude als Waschhaus mit Remise für das benachbarte alte Pfarrhaus errichtet. Über der Waschküche befand sich ein Unterrichtszimmer; die Remise bot Platz für das Pferd und die Kutsche des Pfarrers sowie für Gerätschaften und den Heuboden. Die Waschküche wurde noch bis in die 1950er-Jahre von den Bewohnern des alten Pfarrhauses genutzt, ansonsten diente die Re- mise als Schopf und Garage. Gewohnt worden war dort nie – bis im März eine junge Familie mit zwei Kindern einzog. Kochen in der Waschküche ▪ Dass Wasch- haus und Remise zuvor nie umgenutzt oder umgebaut worden waren, erwies sich als Glücksfall für die Architekten Florian Schoch und Aret Tavli, die sich des Umbaus annahmen. Denn die Originalsubstanz war gut erhalten und die klare Struktur des Gebäudes gut geeignet, um sie im Wohnhaus weiter zu nutzen. In der Fassade waren nur zwei neue Fensteröffnungen notwendig, beide nach Süden orientiert, um den heutigen Wohnraum mit genügend Tageslicht zu versorgen. Zudem gibt es die vier schmalen, aber hohen › Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 30 03.10.2012 14:48 Uhr Lorem Ipsum 13 Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 31 31 03.10.2012 14:48 Uhr Thema Report Dachgeschoss «Das Haus lässt sich in drei vertikale Schichten einteilen.» Florian Schoch, Architekt SCHLAFEN 1 SCHLAFEN 2 GALERIE/BÜRO LUFTRAUM WOHNEN Querschnitt 3 SCHLAFEN 1 SCHLAFEN 2 KINDER ABSTELLRAUM KÜCHE ESSEN 0 14 Dachgauben, ohne die der Raum unter dem steilen Satteldach kaum nutzbar wäre. Die ursprünglichen Nutzungen des Gebäudes waren räumlich voneinander unabhängig und jeweils von aussen zugänglich. Mithilfe von zwei Wanddurchbrüchen schufen die Architekten ein zusammenhängendes Raumgefüge für die neue Wohnnutzung. In der ehemaligen Waschküche im Erdgeschoss richteten sie die Küche mit Essplatz ein. Meist wird das Haus auch über die Küche betreten, sodass diese zum Treffpunkt und zentralen Ort wird. Der Küche vorgelagert sind ein Sitzplatz und der Garten der Familie, ehemals der Ziergarten des alten Pfarrhauses, der einen Puffer zwischen Familienhaus und Strasse bildet. Ausser der Küche befinden sich im Erdgeschoss noch ein WC mit Dusche › 32 5 14 Das Bad ist schlicht und zurückhaltend gestaltet – nur die Decke in Erikaviolett leuchtet dem Betrachter entgegen. Die blickdichte Glasscheibe lässt Licht durchschimmern. sowie Heizungs- und Abstellräume, von denen einige weiterhin nur von aussen zugänglich sind. Rückwärtig gelangt man von der Küche zur alten Holztreppe ins Obergeschoss. Im ehemaligen Unterrichtszimmer über der Küche schlafen momentan die beiden Kinder. Die Wände im ursprünglich einzigen Raum mit wohnähnlicher Nutzung sind mit Brusttäfer bekleidet. Das Kinderzimmer ist auch der einzige Raum mit altem Holzboden, der nur gewaschen, aber nicht weiter behandelt worden ist. Das übrige Ober- und Dachgeschoss wurde früher vom Heuboden eingenommen und beherbergt nun den Wohnbereich sowie das Bad und zwei weitere Schlafzimmer. Das alte Holztragwerk war gut erhalten und musste für den Umbau kaum verstärkt werden. Um den ehemaligen Heuboden zu bewohnen, waren jedoch einige Einbauten erforderlich. «Das Haus lässt sich in drei vertikale Schichten einteilen», erläutert Architekt Florian Schoch. Auf der Nordseite liegt das Waschhaus mit dem Unterrichtszimmer. Mittig im Haus, über der Garage, bauten die Architekten eine neue Schicht mit dem Bad sowie einer darüber gelegenen, zum Wohnraum offenen Galerie ein. Diese ist den beiden Schlafzimmern vorgelagert, deren nördliche Wand die Riegelkonstruktion offen zeigt. Wohnen im Heuboden ▪ Die südliche Schicht ist der zweigeschossige Wohnbereich, der sich in einer Nische unter der Galerie fortsetzt. «Wo möglich wurde Altes erhalten, aber wir haben nichts rekonstruiert, das › Umbauen+Renovieren 6 ▪ 2012 UR_06_12_FA_REPO_Schoch_Tavli.indd 32 27.09.2012 13:47 Uhr