Der Monat Muharrem und Kerbela 31.10.2014 Verehrte Muslime! Wir haben den Monat Muharrem erreicht, der ein Wendepunkt in der islamischen Geschichte ist und basierend auf die Auswanderung (Hidschra) unseres Propheten als islamisches Neujahr akzeptiert wurde. Vom Propheten der Barmherzigkeit wurde der Muharrem als “der Monat Allahs” bezeichnet. Ich wünsche von Allah, dass der Erhabene Allah diesen Monat zum Anlaß des Wohles und des Guten für die ganze islamische Welt und für die ganze Menschheit werden lässt. Meine lieben Geschwister! Als islamische Welt freuen wir uns jedes Jahr erneut auf den Beginn des neuen islamischen Jahres, indem wir uns die Auswanderung des Propheten aus allen Perspektiven vergegenwärtigen. Aus unserer eigenen Sicht versuchen wir uns auch vor allem dessen Sinn und Bedeutung bewusst zu machen. Aber wegen des grausamen Märtyrertodes von Hüseyin, dem Enkels des Propheten, den er als “Herr der Jugendlichen des Paradieses” und “meine liebsten” nannte, sowie den zur Familie (Ehl-i Beyt) des Propheten gehörenden über siebzig (70) unschuldigen Getreuen, verlässt diese Freude ihren Platz einer großen Trauer, die sich einundsechzig (61) Jahre nach der Auswanderung am zehnten (10) des Monats Muharrem in Kerbela aufgrund politischer Begierden ereignete. Wegen ihrer edlen Haltung und ihrem ehrenvollen Kampf gegen Ungerechtigkeiten haben bei diesem leidvollen Ereignis die Märtyrer Hüseyin und seine Gefährten unsere Herzen als Muslime, die den Propheten und seine Familie lieben, erobert; auf der anderen Seite sind diejenigen, die ihnen gegenüber diese Tyrannei ausgeübt haben, im Kollektivgewissen der ganzen Menschheit verurteilt worden. Verehrte Gläubige! Aber traurigerweise stellen wir aus den zu verurteilenden Entwicklungen der letzten Zeit fest, dass wir Muslime aus den erlebten tragischen Ereignissen in Kerbela keine Lehren gezogen haben. An dieser Stelle ist es unsere Aufgabe, die in der Geschichte erlebten Probleme und Schmerzen als islamische Gemeinschaft (Umma) nicht zu vergessen, aus den Vorfällen in der Geschichte Lehren zu ziehen und somit den aus den Unterschieden zwischen den jeweiligen Rechtschulen und Traditionen resultierenden Verfeindungen ein Ende zu geben. Kerbela als eines der Ereignisse nach der Zeit des Propheten, die die islamische Welt von Grund auf beeinflusst haben, sollte nicht Grund für Trennung oder Streit sein. Der Vorfall von Kerbela ist nicht ein Maßstab für die Unterschiede der Rechtschulen, die als Barmherzigkeit aufgefasst werden müssen. Weder die Märtyrer in Kerbela sind allein die Vertreter des Schiitentums, noch sind diejenigen Tyrannen, die die Tragödie von Kerbela erleiden lassen haben, allein die Vertreter des Sunnitentums. Weder bei Tyrannen noch bei den Unterdrückten wird auf ihre Rechtschule, Richtung, Religion oder national-ethnische Herkunft geachtet. Wo immer es auch sei, ist der gläubige Muslim ein gewissenhafter Mensch, der gegen Unterdrücker und bei den Unterdrückten steht. Gegenüber der großen Tragödie in Kerbela werden Sunniten wie auch Schiiten die gleiche Sensibilität zeigen und das sollten sie auch tun. Den in der islamischen Welt beabsichtigten Spaltungen und gesellschaftlichen Konflikten über diese Tragödie hindurch ungewollt zuzuarbeiten, wird nur einen Beitrag für das “Social Engeneering” bestimmter Kreise leisten, die die Geschwisterlichkeit in der Religion und die Einheit der Muslime sprengen möchten. Traurigerweise muss gesagt werden, dass sich äußerste Randgruppen der heutigen Sunniten wie auch der Schiiten für dieses “Socials Engeneering” instrumentalisieren lassen. In vielen Ländern der islamischen Welt, vor allem im Irak und in Syrien, widerfährt man Massakern. Werte Geschwister! Unsere heutige Aufgabe als Muslime ist es, ohne auf Unterschiede in den Rechtschulen zu achten, die Einheit und Geschwisterlichkeit der islamischen Gemeinschaft (Umma) zu verteidigen. Was heute zu machen ist, ist es, Hüseyin erneut und richtig zu begreifen. Meine sehr geehrten Brüder und Schwestern! Gnadenflehend, in Dankbarkeit und Hochachtung gedenken wir allen unseren Märtyrern, vor allem Hüseyin, dem Herren der Märtyrer, und den Märtyrern von Kerbela. Wir ehren auch Ihre Andenken, das durch Imam Zeynelabidin fortgeführt wird, und die gesegnete Familie des Propheten. Ich wünsche von dem Erhabenen Allah, dass unser Volk und die ganze islamische Welt, die sich jahrhundertelang um die Liebe des Propheten und seine Familie vereint haben, weiterhin in Frieden, Wohl, Sicherheit, Liebe und Respekt zusammen leben. Dr. Mustafa Necati BARIŞ Religionsbeauftragter, Yunus Emre Moschee, Aachen