HEILBRONNER KOMPONISTEN FESTIVAL

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HEILBRONNER
KOMPONISTEN FESTIVAL
Philharmonischer Chor Heilbronn
Leitung: Ulrich Walddörfer
Sprecher: Lothar Heinle
Solisten:
Jörge Becker . TROMPETE
Thorsten Büttner . TENOR
19:30 Uhr Sonntag, 15. März 2015
Theodor-Heuss-Saal
Konzert - und Kongresszentrum Harmonie . Heilbronn
Dirigent: Peter Braschkat
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PROGRAMM
15. März 2015
HEILBRONNER KOMPONISTEN FESTIVAL
Prof. Dr. Christhard Schrenk und Lothar Heinle . MODERATION
Rio Gebhardt
(1907 – 1944)
Fest der Infantin
Märchenouvertüre (1934)
Andante sostenuto – Allegro – Allegretto bolero
Fritz Werner
(1898 – 1977)
Suite concertante op. 48
für Trompete, Streicher und Schlagzeug (1969)
I.
II.
III.
IV.
Allegro giocoso
Andante sostenuto – un poco più mosso e espressivo
Allegro vivace
Lento molto espressivo
V. Allegro, quasi presto
Jörge Becker . TROMPETE
Philipp Rypinski
(1884 – 1943)
Symphonischer Festprolog (Ouvertüre)
für Orchester mit Fernorchester (1912)
Mäßig – Lebhaft – Majestätisch, mit größter Kraft
PAUSE ...........................................................................................................
Robert Edler
(1912 – 1986)
Sonette an Orpheus op. 59
für Tenor, Sprecher, gemischten Chor und Orchester (1970)
1. Da stieg ein Baum (Chor)
2. Und fast ein Mädchen war‘s (Sprecher)
3. Ein Gott vermag‘s (Chor und Solo)
4. Rühmen, das ist’s! (Solo mit Männersprechchor)
5. Heil dem Geist, der uns verbinden mag (Chor)
6. Voller Apfel (Chor)
7. Wir gehen um mit Blume, Weinblatt, Frucht (Chor)
8. Hörst du das Neue, Herr, dröhnen und beben? (Chor)
9. Alles Erworbne bedroht die Maschine (Solo und Chor)
10. Wolle die Wandlung (Sprecher)
11. Wo, in welchen immer selig bewässerten Gärten (Solo und Chor)
12. Irgendwo wohnt das Gold (Solo und Chor)
13. Zwischen den Sternen, wie weit (Sprecher)
14. Wie ergreift uns der Vogelschrei (Sprecher, Solo und Chor)
15. Gibt es wirklich die Zeit, die zerstörende? (Sprechchor)
16. Stiller Freund der vielen Fernen (Sprecher, Solo und Chor)
Thorsten Büttner . TENOR
Lothar Heinle . SPRECHER
Philharmonischer Chor Heilbronn, Leitung: Ulrich Walddörfer
Die Texte der „Orpheus-Sonette“ finden Sie in diesem Heft ab Seite 44
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Arbeiter-Samariter-Bund
LV Baden-Württemberg e.V.
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GRUSSWORT
Sehr geehrte Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher,
als Heilbronner Kulturbürgermeisterin freue ich
mich sehr über dieses Konzert, das von mehreren
bemerkenswerten Aspekten geprägt wird:
Aufgeführt werden vier symphonische Werke
von vier Komponisten, die etwas mit unserer
Stadt zu tun haben. Aufführende sind das
Heilbronner Sinfonie Orchester und der Philharmonische Chor mit ihren sehr langen Traditionen. Gerade diese Traditionen verpflichten dazu,
das musikalische Erbe des 20. Jahrhundert zu
pflegen – und die musikalische Spannbreite dieses
Jahrhunderts mit vier Kompositionen aufzuzeigen.
Mit diesem Konzert wird an vier Heilbronner
Komponisten erinnert, deren Werke es verdient
haben, wieder im Konzertsaal gespielt zu werden
und sie einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Deshalb wünsche ich diesem
herausragenden Heilbronner Komponisten Festival, dass es ein Fest für die Heilbronner
Musik wird und viele Musik- und auch historisch Interessierte erreicht.
Nutzen Sie diese Chance, einige neue Facetten des musikalischen Lebens unserer Stadt
kennenzulernen! Dem Heilbronner Sinfonie Orchester und dem Philharmonischen
Chor danke ich herzlich für das bemerkenswerte Engagement.
Mit freundlichen Grüßen
Agnes Christner
Bürgermeisterin
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Philharmonischer Chor Heilbronn
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Die Lombarden auf dem ersten Kreuzzug.
Uraufführung 1843 in direkter Folge von „Nabucco“
Konzertante Opernaufführung
21. Juni 2015
mit Solisten, Musikern des Staatsorchesters Stuttgart und dem
Philharmonischen Chor Heilbronn
Konzert- und Kongresshalle Harmonie Heilbronn
Beginn: 19.00 Uhr
http://www.philharmonischer-chor-heilbronn.de
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MITWIRKENDE
CHORLEITER
Ulrich Walddörfer
Ulrich Walddörfer wurde 1951 in Göppingen geboren. Nach einem
Schulmusik- und Kirchenmusikstudium an der Staatlichen Hochschule
für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart bei Wolfgang Gönnenwein, Hans Grischkat und dem Studium der Musikwissenschaft an
der Universität Tübingen schloss sich ein Dirigierstudium an der
Hochschule der Künste in Berlin bei Hans-Martin Rabenstein an.
Seit 1986 leitet er den Philharmonischen Chor Heilbronn, außerdem
unterrichtete er gastweise an der Staatlichen Hochschule für Musik
in Stuttgart. Ulrich Walddörfer ist seit April 1993 Dirigent des BoschChors der Robert Bosch GmbH in Stuttgart, das Bosch-Sinfonieorchester dirigierte er von 1993 bis 2013. Im Juli 1995 übernahm
Ulrich Walddörfer die musikalische Leitung des Stuttgarter Liederkranzes.
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MITWIRKENDE
CHOR
Philharmonischer Chor Heilbronn
Der Philharmonische Chor Heilbronn ist ein großer Konzertchor mit
über 100 aktiven Mitgliedern, dessen musikalische Zielsetzung die
Erarbeitung und Aufführung klassischer Chorliteratur vom 17. bis zum
20. Jahrhundert umfasst. Der Chor wurde 1818 unter dem Namen
„Singkranz Heilbronn“ gegründet und gehört damit zu den ältesten
Chören im Schwäbischen Sängerbund.
In der Regel werden im Jahr zwei große Konzerte mit Orchester und Solisten durchgeführt, davon traditionell eines am 4. Dezember, dem Gedenktag zur Zerstörung Heilbronns im Zweiten Weltkrieg im Jahre 1944.
Mit der Aufführung der „Glagolitische Messe“ von Leoš Janácek, des
„Requiems“ von Maurice Duruflé, der „Missa Solemnis“ von Ludwig van
Beethoven, des „Requiems“ von Antonín Dvorák, des Oratoriums „Elias“
von Felix Mendelssohn Bartholdy und anderen Werken leistet der Philharmonische Chor wichtige Beiträge zum musikalischen Leben in Heilbronn.
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SOLIST
TROMPETE
Jörge Becker
Jörge Becker wurde 1980 in Bielefeld geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung am Internat des Windsbacher Knabenchores
bei Hartmut Kawohl und begann bereits während seiner Schulzeit
mit dem Vorstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst in Stuttgart bei Prof. Wolfgang Bauer. Mehrfach
war er Preisträger beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“.
Von 2006 bis 2009 war er Solotrompeter an der Staatsoper Stuttgart und ist seit 2009 in gleicher Position im Radiosinfonieorchester
Stuttgart des SWR tätig. Als Gast spielte er u. a. mit den Münchner
Philharmonikern, an der Bayerischen Staatsoper München, dem
Deutschen Sinfonie Orchester Berlin sowie dem Mahler Chamber
Orchestra. Seit 2008 hat er an der Musikhochschule Stuttgart einen
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SOLIST
TENOR
Thorsten Büttner
Seine musikalische Ausbildung begann Thorsten Büttner mit fünf Jahren im Kinderchor des Staatstheaters Stuttgart als Knabensopran, wo
er auch solistisch eingesetzt wurde. Er schloss mit der Rolle des Tamino
in der Zauberflöte im Jahr 2009 sein Gesangsstudium an der Universität Mozarteum Salzburg als Bester seines Jahrgangs mit Auszeichnung
ab und wurde dafür mit der „Lilli-Lehmann-Medaille“ ausgezeichnet.
Im Jahre 2010 erhielt Thorsten Büttner die „Gottlob-Frick-Medaille“
der Gottlob-Frick-Gesellschaft und war einziger deutscher Teilnehmer
von weltweit nur 40 Sängern bei „Domingo’s Operalia“ in Beijing,
China. Beim internationalen „Paris Opera Competition“ im Januar
2014 war er Finalist. Seit 2011 ist er Mitglied des Ensembles am Staatstheater Mainz.
Beim Open Air Konzert des Heilbronner Sinfonie Orchesters im
Jahre 2011 gab er in Heilbronn sein sängerisches Debüt.
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MITWIRKENDE
SPRECHER
Lothar Heinle
Lothar Heinle wurde 1965 in Heilbronn geboren und ist seit 1991 als
freier Mitarbeiter für die Heilbronner Stimme als Musikkritiker tätig.
Während des Studiums der Musikwissenschaft war Lothar Heinle u.a.
als Sprecher für Projekte der Medienabteilung an der Universität Tübingen tätig. 2010 und 2011 wirkte er als Rezitator in der WKO-Kammermusikreihe „Unter der Pyramide“ mit.
Für das Heilbronner Sinfonie Orchester moderierte er 2011 das OpenAir-Konzert und 2012 das Konzert „Faszination Richard Wagner“.
Außerdem übernimmt er regelmäßig die Einführungsvorträge zu den
Konzerten des Heilbronner Sinfonie Orchesters. In Vorträgen und Veröffentlichungen befasst sich der Musikwissenschaftler Lothar Heinle u.a.
mit der neueren Heilbronner Musikgeschichte.
Als Komponist realisiert er elektronische Klangkonzepte, z.B. in der
Kunsthalle Vogelmann (2011, 2013, 2014) und in der Ehrenhalle (2014).
Seit Januar 2010 ist er Künstlerischer Leiter der „Perspektiven Heilbronn Konzertreihe für Neue Musik“ des Kulturrings Heilbronn.
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ZUR RASCHEN ORIENTIERUNG
Rio Gebhardt (* 1907 Heilbronn, † 1944 [gefallen an der Ostfront]) wurde während eines
Gastspiels seiner Eltern in Heilbronn geboren. Im Alter von vier Jahren entdeckte man
beiläufig sein Talent zum Dirigieren und sein Vater vermarktete ihn europaweit gewinnbringend als Wunderkind. Als junger Erwachsener konnte Gebhardt zunächst nicht an
seine Erfolge anknüpfen. Ab 1923 studierte er bei Kurt Weill und verdiente sich seinen
Lebensunterhalt als Pianist in einer Salonkapelle. Während seiner Zeit als Dirigent beim
Reichssender Hamburg entstand 1934 seine Märchenouvertüre „Das Fest der Infantin“. Sie
gehörte bis in die 1960er Jahre zum ständigen Repertoire zahlreicher Rundfunksender und
war in ihrer Ausgabe für Salonorchester allen wichtigen Kapellen vertraut.
Fritz Werner (* 1898 Berlin, † 1977 Heilbronn): Der Name Fritz Werner dürfte allen musikinteressierten Heilbronnern ein Begriff sein, schließlich hat er das Heilbronner Musikleben
nach dem zweiten Weltkrieg über Jahrzehnte entscheidend geprägt: 1947 gründete er den
Heinrich-Schütz-Chor und wirkte bis 1964 als Kirchenmusikdirektor an der Kilianskirche,
wo er wichtige Konzertzyklen initiierte („Stunde der Kirchenmusik“, „Heilbronner Kirchenmusiktage“). Auch als Komponist hat er über die Grenzen Deutschlands hinaus Aufsehen
erregt. Seine „Suite concertante“ für Trompete, Streichorchester und Schlagzeug entstand
1971 für Maurice André, mit dem er in den 60ern zahlreiche Bach-Kantaten aufgeführt und
eingespielt hatte. Werner schrieb André ein Stück auf die Virtuosenlippen, dessen exzessive
Anforderungen an das Durchhaltevermögen erklären, warum es nicht gerade häufig zu
hören ist.
Philipp Rypinski (* 1884 Bamberg, † 1943 New York) war über zehn Jahre als Kapellmeister am Heilbronner Stadttheater tätig, bis er 1933 gewaltsam aus dem Amt entfernt
wurde – Rypinski war Jude. Sein „Symphonischer Festprolog“ lässt ein wenig Heilbronner
Theatervergangenheit wieder auferstehen. Mit großer Besetzung und unter Beteiligung
einer Gruppe von Ferntrompeten mündet das ausgesprochen festliche Stück in eine
Apotheose der Kaiserhymne „Heil Dir im Siegerkranz“.
Robert Edler (* 1912 Heilbronn, † 1986 Heilbronn): Der Name des gebürtigen Heilbronners
Robert Edler ist nicht zuletzt durch den von ihm 1971 gegründeten Madrigalchor Edler
heute noch präsent. Seine „Sonette an Orpheus“ bilden einen groß angelegten Zyklus für
Tenor, Chor und Orchester und werden heute abend vom Leiter des ebenfalls mitwirkenden
Philharmonischen Chors Heilbronn, Ulrich Walddörfer, dirigiert. Das Werk entstand zum
Jubiläumsjahr „600 Jahre Selbstverwaltung“, das die Stadt Heilbronn 1971 feierte, und
verwendet 16 Gedichte von Rainer Maria Rilke als Textvorlage. Das Thema dieser Sonette –
die Bedrohung der menschlichen Existenz durch die „Maschine“ und deren Überwindung,
schließlich auch das Entstehen neuen Lebens aus Ruinen und Chaos – hat Edler sicher auch
deshalb angesprochen, weil er einen Bezug zur konkreten Situation der Stadt Heilbronn
nach 1945 gesehen hat.
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EINFÜHRUNG
Liebes Konzertpublikum,
ein außergewöhnlicher Konzertabend voller Entdeckungen erwartet Sie heute, bei
dem keine Komponisten zu hören sind, die sich auf deutschen oder gar internationalen
Konzertbühnen einer großen Präsenz erfreuen dürfen. Und dennoch verdienen es alle
vier, dass ihre Kompositionen heute auf der Bühne der Heilbronner „Harmonie“ mit
auch zahlenmäßig ganz besonderem Engagement aufgeführt werden, denn sie alle
hängen in ganz besonderer Weise mit unserer Stadt Heilbronn zusammen: Sei es,
dass sie gebürtige Heilbronner waren, oder dass sie sich im Laufe ihres musikalischen
Werdegangs unschätzbare Verdienste um das Heilbronner Musikleben erworben
haben. Insbesondere die Namen Fritz Werner und Robert Edler sind den allermeisten Musikinteressierten unserer Stadt ein Begriff. Ihr Wirken ist noch deutlich im kollektiven Bewusstsein, und sicherlich haben viele der heute abend Anwesenden ganz
eigene Erinnerungen an persönliche Begegnungen oder gemeinsame Aufführungen
mit Werner und Edler. Das Wirken Philipp Rypinskis liegt deutlich länger zurück: Er
führte in den 1920er Jahren das junge, erst 1913 eingeweihte Stadttheater zu ersten
großen Erfolgen.
Die Nachtigallen in den Kilianshallen
Rio Gebhardt
Wenn hier eben im Vorgriff auf Philipp Rypinski das Gebäude des Heilbronner Stadttheaters erwähnt wurde,
dann ist das repräsentative Jugendstilgebäude, das in
unmittelbarer Nähe zum heutigen Theater stand, sicher
auch noch manchen von Ihnen in Erinnerung; schließlich wurde es erst 1970 gesprengt. Aber natürlich hat es
auch schon vor 1913 in Heilbronn Theateraufführungen
und Spielstätten gegeben. Das bedeutendste Heilbronner Theater des späten 19. Jahrhunderts war das Aktientheater im Heilbronner Stadtgarten, das 1817 errichtet
wurde und bei den Luftangriffen 1944 zerstört wurde.
Daneben gab es noch eine Menge kleinerer Spielstätten und Bühnen mit Programmen unterschiedlichster
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20
EINFÜHRUNG
Prägung. In der Fleiner Straße konnte man sich beispielsweise in den „Kilianshallen“
amüsieren, einem „Variete-Theater I. Ranges“. Hier gastierten ab Ende Oktober 1907
der Sänger Julius Gebhardt und seine spätere Frau Marie Anna Haupt mit ihrem Tourneetheater „Tegernseer Nachtigallen“, einem „oberbayrischen Gesang-, Tanz- und
Instrumental-Ensemble, 4 Damen, 3 Herren“, wie die Neckar-Zeitung vom 31. Oktober 1907 ankündigte. Und während dieses kurzen Gastspiels brachte Marie Anna
Haupt am 1. November ihren Sohn Julius Rigo Gebhardt zur Welt, dessen Vorname
bald zu „Rio“ abgekürzt wurde.
Damit war Heilbronn nur eine kurze Station im
Leben Rio Gebhardts und wurde nur zufällig
zu seiner Geburtsstadt. Rasch zog die Gruppe weiter, und das nächste, was wir von ihm
hören, stammt aus dem Jahr 1911: Rio hielt
sich gerade mit seinen Eltern auf Tournee in
Monte Carlo auf, als der Vierjährige plötzlich
verschwunden war. Man fand ihn, wie er im
Kurgarten „mit erhitztem Köpfchen“ vor einer
Zigeunerkapelle stand und diese mit einem Zitronenlöffel dirigierte. Sein geschäftstüchtiger
Vater kam sofort auf die Idee, Rio als „Wunderkind“ in seine Programme einzubauen und
führte seinen Sohn mit Hilfe eines älteren Kapellmeisters in die Kunst des Dirigierens ein:
Weinflaschen wurden in der Gruppierung
der Orchesterinstrumente auf dem Boden
aufgestellt, und Rio wurde zum Klang eines
Grammophons beigebracht, wie Taktarten geschlagen werden, wie man Einsätze gibt, wie
Ausdrucksbezeichnungen und Tempowechsel anzugeben sind und vieles mehr. Doch
es muss mehr als geschickter Drill gewesen sein, was aus Rios Dirigat sprach. In Hannover wurde sein Onkel, Hofkapellmeister Karl Gille, auf ihn aufmerksam und riet Rios
Vater, er möge seinem „Wunderkind“ eine gute Ausbildung angedeihen lassen. Nach
Konzertreisen, die Rio bis nach Russland führten, besuchte der Achtjährige dann für
eine kurze Zeit das renommierte Stern’sche Konservatorium in Berlin, das ihm unter
anderem ein „ziemlich gutes“ Klavierspiel attestierte.
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Programmzettel 1919
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EINFÜHRUNG
Einige Zeit später kam Rio nun endlich zu dem Mann, der ihm für fünf Jahre ein wichtiger Lehrer werden sollte: Kurt Weill. Bei ihm nahm er von 1923 bis 1928 privaten
Kompositionsunterricht und verdiente sich seinen Lebensunterhalt, indem er allnächtlich bis 2 Uhr früh in einer Berliner Salonkapelle Klavier spielte – sicherlich auch eine
gute Schule für die Musizierpraxis und fürs Leben. Um 1930 spielte er zusammen mit
Günther Rathke und Hans Rhode im „Ri-Ro-Ru“-Ensemble mit drei Klavieren. In einer
1931 verfassten „Lebensskizze“ beschreibt er die Auftritte dieses Trios wie folgt: „Wir
jazzten wild, immer die Glieder im Rhythmus des Zeitmaßes schwenkend, auf drei
herrlichen Flügeln, im Glanze eines riesigen Scheinwerfers festlich beleuchtet, und
ernteten am Schluß mit knalligen Akkorden und Laufkapriolen brausenden Erfolg der
begeisterten Menge“.
Endlich ein Erfolg
Gebhardts „Geburtstag der Infantin“
In seinem äußerst lesenswerten und fachkundigen Aufsatz über Rio Gebhardt im Band
„Heilbronner Köpfe VI“ des Stadtarchivs Heilbronn, dem dieser Einführungstext viel verdankt, schreibt Lothar Heinle, einer der besten Experten zum Thema „Rio Gebhardt und
sein Werk“: „Leider gibt es keine Zeugnisse darüber, wie Gebhardt allgemein politisch
dachte. Immerhin hielt er es nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten für angebracht, spätestens am 1. Mai 1933 in die NSDAP einzutreten – aus Karrieregründen.“
Gebhardt hatte Erfolg und wurde beim Unterhaltungs- und Tanzorchester am Reichssender Hamburg als Dirigent angestellt.
In diese Zeit fällt auch die Komposition der heute Abend gespielten Märchenouvertüre
„Das Fest der Infantin“. Ihr liegt Oscar Wildes Märchen „Der Geburtstag der Infantin“
zugrunde, das auch schon Alexander von Zemlinsky zu einer kurzen Märchenoper inspiriert hatte. Mit dieser Ouvertüre gelang es Gebhardt nun endlich, häufiger in den
Rundfunkprogrammen aufzutauchen, was auch daran lag, dass die Jazz-Einflüsse in
seinen Kompositionen ab 1934 merklich zurückgingen. Auch „modern“ nach Art der
gleichzeitig wirkenden Komponisten wie Hindemith oder Berg ist seine Musik nie gewesen; sie erschöpfte sich in den Dreißigern in handwerklich gut gearbeitetem, gefällig
gesetztem romantischem Operetten- und Salonton.
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EINFÜHRUNG
Pionier der Fernsehfilmmusik
Rio Gebhardt beim „Bildfunk“
1937 kam Rio Gebhardt zum Deutschen Bildfunk nach Berlin, der ersten deutschen
Fernsehanstalt. Hier zeichnete er 1940 für die erste Originalmusik zu einem Fernsehfilm („Kabinett Fulero“) verantwortlich – ein flüchtiges Live-Ereignis, unwiederholbar
und nicht aufgezeichnet. Gebhardts Pech bestand allerdings darin, dass Mitarbeiter
beim Bildfunk im Gegensatz zum Hörfunk als „entbehrlich“ eingestuft wurden und
ihnen nicht die begehrte „U.K.“-Stellung zugesprochen wurde. 1943 wurde Gebhardt
eingezogen. Am 24. Juni 1944 fiel er an der Ostfront.
In den 50er und 60er Jahren war seine Musik in Deutschland im Rundfunk häufiger
zu hören, aber die Programme mit „gehobener Unterhaltungsmusik“ verschwanden nach und nach von den Sendeplänen. Heute ist kein einziges Werk Gebhardts
auf Tonträger erhältlich, und auch auf Konzertprogrammen begegnet man dem
Namen Gebhardt so gut wie nie; allerdings hat das Heilbronner Sinfonie Orchester
bei seinem Weihnachtskonzert 2004 neben der heute gespielten Märchenouvertüre
auch die Suite aus der „Spielzeugschachtel“ von 1937, einer der größten Erfolge
Gebhardts, gespielt – vielleicht erinnern sich manche von Ihnen noch daran.
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Berlin und Potsdam als frühe Stationen
Fritz Werner
Ganz sicher erinnern sich viele Zuhörer des heutigen Abends an Fritz Werner, der sich um das
Heilbronner Musikleben der Nachkriegszeit unschätzbare Verdienste erworben hat. Die Gründung des Heinrich-Schütz-Chores ist ihm zu verdanken, viele wichtige kirchenmusikalische Zyklen
hat er begründet, und sein Name ist untrennbar
mit der 1954 erneut eingeweihten Kilianskirche
und der dortigen Orgelweihe 1959 verbunden.
Werner wurde 1898 als Sohn eines Klavierbaumeisters in Berlin geboren. Nach seinem Abitur
wurde er zum Heer einberufen und geriet Ende
des 1. Weltkriegs noch für über ein Jahr in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Entlassung nahm er
1920 ein Studium der Schulmusik an der Musikakademie Berlin-Charlottenburg auf und wirkte ab
1922 als Musiklehrer, Organist und Chorleiter in
verschiedenen Schulen, Kirchen und Institutionen
in Berlin und Potsdam. Ein chronisches Halsleiden
zwang ihn aber bereits 1931, seine Arbeit als Lehrer aufzugeben und sich umzuorientieren: Ein Studium der Kompositionslehre an der
Preußischen Akademie der Künste folgte, und als berufliches Betätigungsfeld wählte
er sich die Kirchenmusik, was Mitte der 30er Jahre sicher keine ganz leichte Entscheidung war. Dennoch kam seine Karriere in Gang, und 1939 hatte der inzwischen zum
Kirchenmusikdirektor ernannte Werner mit der Berufung an die Potsdamer Garnisonskirche eine der bedeutendsten Kirchenmusikerstellen Deutschlands inne.
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EINFÜHRUNG
Von der Westfront ins zerstörte Heilbronn
Neubeginn 1946
Auch Werner wurde zum Militärdienst eingezogen, aber im Unterschied zu Gebhardt
bereits 1939. Nach der Teilnahme am Polenfeldzug wurde er an die Westfront verlegt
und wurde Musikdirektor bei Radio Paris und
offizieller Armee-Organist im besetzten Frankreich. In gefeierten Auftritten in vielen wichtigen Kathedralen und Kirchen konnte er sein
Talent voll entfalten, allerdings dachte er, wie
Prof. Christhard Schrenk in seinem kenntnisreich verfassten Beitrag der Reihe „Heilbronner Köpfe“ (Band 2) schreibt, „keineswegs
nur an sich, sondern er erwirkte auch die Freilassung zahlreicher französischer Musiker aus
deutscher Kriegsgefangenschaft, die er z.B. in
deutschen Orchestern unterbrachte. Dies trug
ihm vielfache Freundschaften ein [...]. Zu der
historischen Völkerverständigung zwischen
den beiden Nachbarstaaten hat also auch Fritz
Werner seinen Teil beigetragen.“
1944 geriet Werner dann in amerikanische Kriegsgefangenschaft und verbrachte eineinhalb Jahre in Kansas / USA. Auch in diesem Lager arbeitete er kirchenmusikalisch,
gründete einen Singkreis, komponierte und unterrichtete. 1946 wurde er ins Kriegsgefangenenlager Heilbronn-Böckingen überstellt und dort schließlich im März entlassen.
In Heilbronn stand Werner, ein Mann von 47 Jahren, zunächst einmal vor dem Nichts.
Eher zufällig war er in dieser Stadt gelandet, die in Schutt und Asche lag, und ebenso
wie viele Heilbronner dieser Jahre fragte auch er sich fassungslos, ob hier in dieser
Ruinenlandschaft ein Neuanfang überhaupt möglich sein könnte.
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EINFÜHRUNG
Altstadt und Kilianskirche, 1949 (Stadtarchiv Heilbronn)
Fritz Werner packte an. Bereits im September 1946 wurde er zum Kantor der Kilianskirche ernannt, die allerdings zu diesem Zeitpunkt noch zerstört war, so dass er in die
Südkirche ausweichen musste. Dass die dortige Orgel nicht einmal durchschnittlichen
Ansprüchen genügte, hemmte seine Tatkraft keineswegs. Er gründete sofort einen
Kirchenchor und 1947 den Heinrich-Schütz-Chor; schon im Herbst 1946 etablierte
er Konzertreihen, die noch heute bestehen, etwa die „Stunde der Kirchenmusik“ (ab
1948) und die „Heilbronner Kirchenmusiktage“ (ab 1949).
Weitere Stationen für Werner wurden 1951 die wiederaufgebaute Nikolaikirche und
1954 nach ihrer Wiedereinweihung die Kilianskirche. Allerdings sollte es noch bis 1959
dauern, bis dort die neue Orgel eingeweiht wurde, so dass Werner nur noch viereinhalb Jahre in ihren Genuss kam: 1964 musste der inzwischen 65jährige aus dem kirchenmusikalischen Dienst ausscheiden. Den Schütz-Chor leitete er noch bis 1973 und
widmete sich in seinem Ruhestand auch wieder intensiver seiner Komponiertätigkeit.
Am 23. Dezember 1977 verstarb Werner bei einem tragischen Unfall.
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EINFÜHRUNGSVORTRÄGE
18:45 Uhr - 19:15 Uhr
im Theodor-Heuss-Saal der Harmonie
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Andreas Benz oder Lothar Heinle
werden Sie sachverständig mit Erläuterungen und Klangbeispielen in das
Programm einführen.
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
EINFÜHRUNG
Deutsch-französische Freundschaft
Ein Trompetenkonzert für Maurice André
Bereits 1956 unternahm der inzwischen zum Professor ernannte Werner seine erste
Konzertreise mit dem Heinrich-Schütz-Chor nach Paris und knüpfte dort an alte Kontakte an. Dies führte schließlich zu der legendären Zusammenarbeit mit dem französischen Schallplattenlabel ERATO, mit dem zusammen in den Jahren 1959 bis 1974
etwa 60 Bach-Kantaten eingespielt wurden.
Als Instrumentalsolisten wählte
Werner auch immer wieder
französische Musiker, so begegnet man häufig dem
Oboisten Pierre Pierlot oder
dem berühmten Trompeter
Maurice André. Besonders
mit ihm verband Werner eine
jahrelange Freundschaft, und
sehr häufig war André auch
bei Konzerten des HeinrichSchütz-Chores in der Kilianskirche zu hören.
Dieser Freundschaft wollte Werner 1969 ein Denkmal setzen und schrieb ein Trompetenkonzert für den 36jährigen: die heute Abend zu hörende „Suite concertante“
für Solotrompete, Streichorchester und Schlagzeug. Laut Werner sollte die Suite so
schwierig sein, dass sie keiner außer André spielen könne. Die Uraufführung fand im
Juli 1970 in Paris statt, eine Aufnahme für ERATO war für 1971 in Heilbronn geplant,
nämlich im Zusammenhang mit einem Konzert am 23. September in der „Harmonie“.
Bei diesem Abend, der als besondere Ehrung für den Komponisten Werner gedacht
war, standen ausschließlich seine Werke auf dem Programm – das hatte es zuvor nicht
gegeben. Das Konzert kam beim Publikum gut an, zumal Werner bei den aufgeführten
Werken „nicht so furchtbar dissonant, so „bürgerschröcklich“ komponierte“, wie die
Heilbronner Stimme erleichtert feststellte.
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EINFÜHRUNG
Die Suite besteht aus fünf nicht allzu langen Sätzen. Schon das einleitende „Allegro
giocoso“ zeigt Werners an der Barockmusik geschulten Komponierstil beispielhaft:
Unisono-Blöcke der Streicher wechseln mit polyphonen, bisweilen imitatorisch gesetzten Passagen ab. Die Solotrompete ist praktisch ständig präsent und erklimmt kurz
vor Ende des Satzes das klingende dreigestrichene e. Der Satz ist munter, rhythmisch
und gewinnt seinen Witz nicht zuletzt durch die häufigen Taktwechsel. Im zweiten
Satz verflechten sich über ruhig schreitendem Streicherfundament die Linien eines
Solistenquartetts aus Solotrompete, zwei Violinen und einer Bratsche. Triangel und
Glockenspiel, die statt der Pauken des ersten Satzes zum Einsatz kommen, steuern
kleine Glanzpunkte bei. Nach einem etwas bewegteren Zwischenteil wird die Stimmung der ersten Takte wieder aufgenommen. Der dritte, wieder schnellere Satz wirkt
wie eine Suite frühbarocker Tänze mit bisweilen modalen Wendungen, allerdings stets
in harmonisch geschärftem Klanggewand. Nach dem vierten Satz, einem Lento molto espressivo, in dem der Solist sich mit ausdrucksvollen Rezitativen zu Wort melden
darf, folgt dann das muntere Finale, in dem der Trompeter noch einmal Gelegenheit
bekommt, seine Virtuosität zu demonstrieren – aber auch eine unkomplizierte Melodie
in reinem C-Dur anzustimmen.
Ein fast vergessener Kapellmeister
Philipp Rypinski
Was aber ist mit Philipp Rypinski, dem Komponisten
des vor der Pause erklingenden „Symphonischen
Festprologs“? Sein Name dürfte auch in Heilbronn
den wenigsten geläufig sein, und vielleicht ist gerade
deshalb die Aufführung dieser festlichen Ouvertüre
besonders wichtig. Auch er hat sich nämlich große
Verdienste um unsere Heimatstadt erworben, denn
er hat besonders in den 1920er Jahren dem Heilbronner Stadttheater als Kapellmeister großen Auftrieb gegeben. Dass man seinen Namen nicht mehr
kennt, ist mehr als bedauerlich. Eine Schande sind
die Umstände, unter denen seine Karriere beendet
wurde.
35
EINFÜHRUNG
Heilbronner Theater um 1935 (Stadtarchiv Heilbronn)
Philipp Rypinski wurde 1884 in Bamberg als Sohn einer aus Russland stammenden
jüdischen Metzgersfamilie geboren. Bereits im Alter von fünf Jahren erhielt er Geigenund Klavierunterricht und setzte diesen Unterricht auch in Nürnberg fort, wohin seine
Familie 1896 umzog. Der junge Rypinski hat wohl bereits beträchtliches Talent erkennen
lassen, denn ein Stipendium ermöglichte ihm den Studienbeginn am Würzburger
Musikkonservatorium, wo er dann schließlich sein Kapellmeister-Examen machte.
Seine erste Anstellung erhielt Rypinski am Stadttheater Würzburg. Während des ersten Weltkriegs führte ihn sein beruflicher Werdegang schließlich an das Heilbronner
Stadttheater. Mit ihm stieß auch seine Ehefrau Elsa Rypinski, eine virtuose Harfenistin,
zum Heilbronner Ensemble.
Hans Franke schreibt in seinem Standardwerk „Geschichte der Juden in Heilbronn“:
„Die Theaterbesucher jener Jahre haben ihn als peinlich genauen, immer temperamentvollen Orchesterleiter und Einstudierer in bester Erinnerung. Die großen Erfolge
der Heilbronner Oper nach dem Neubau an der Allee sind ihm mit zu danken, ihm
36
lag alles, was Temperament, Leidenschaft und Musikalität aufwies, weshalb er vor
allem mit Bizets „Carmen“ immer wieder starke Erfolge hatte, ebenso mit allen VerdiOpern. Wagner lag ihm weniger. Infolge seines Temperaments widmete er sich gerne
der Operette und seine „Fledermaus“, sein „Bettelstudent“, seine „Zirkusprinzessin“,
sein „Orpheus in der Unterwelt“ oder später das „Weiße Rössl“ waren große, berechtigte Serienerfolge.“
Vom Pult weg verhaftet
Rypinskis Emigration und Tod in Amerika
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen,
endete Rypinskis Karriere
abrupt. In einem Brief der
Zeitzeugin Thekla Sänger, deren Familie in der Sülmer- /
Ecke Karlstraße ein Wäschegeschäft betrieb, lesen wir:
„Kapellmeister Rypinski sollte
eine Wohltätigkeitsveranstaltung zu Gunsten der „Winterhilfe“ dirigieren. Beim Erheben des Taktstockes drang
eine Horde Nazis in das Orchester ein und holte ihn heraus.
Beide (er und seine Frau) sind
nun ohne Stellung und Brot,
da beide das Theater nicht
mehr betreten dürfen. Auch nach Wildbad, wo doch die Kapelle den Sommer über
engagiert ist, darf Else nicht mit. Dabei sagt Eschrich (der Orchesterleiter), er wisse
nicht, wie er ohne Else in Wildbad auskommen solle.“ 1938 gelang es der Familie
Rypinski schließlich, nach Amerika auszuwandern, wo sie sich in New York niederließ;
1943 starb Philipp Rypinski unter elenden Umständen im New Yorker Stadtteil Bronx.
37
EINFÜHRUNG
Fugato, Marsch und Ferntrompeten
Rypinskis „Symphonischer Festprolog“
Unter Rypinskis Kompositionen finden sich viele Vokalwerke, was natürlich mit
seiner frühen Tätigkeit als Chorleiter zusammenhängt, aber auch eine Oper („Die
Brautnacht“, 1920), die von der Dresdener Presse als außergewöhnliches, reifes Werk
bezeichnet wurde. Dazu kommen mehrere Orchesterwerke, von denen der „Spanische
Tanz“ von den Wiener Philharmonikern mit ungewöhnlichem Erfolg aufgeführt wurde.
Der heute zu hörende „Symphonische Festprolog“ entstand 1912, also in Rypinskis
Würzburger Zeit. Unbeeindruckt von der musikalischen Avantgarde dieser Zeit geht
Rypinski in seinem sehr feierlichen Stück harmonisch kaum über Beethoven hinaus
und bleibt auch melodisch und rhythmisch äußerst zurückhaltend. In der Orchesterbesetzung schöpft er allerdings einigermaßen aus dem Vollen des romantischen Orchesters: Zu einer großen Bläser-, Streicher und Schlagzeugbesetzung kommt noch eine
Harfe, die bereits in der „Mäßig“ überschriebenen Einleitung prominent hervortritt.
Marschrhythmen prägen den „Lebhaft“-Hauptteil, in dem ein melodisches Flötensolo kurzzeitig für lyrische Kontraststimmung sorgt. Als drittes gestalterisches Element
kommt noch ein kerniges Fugato dazu, das schließlich in den triumphalen Schlussteil
leitet, in dem unter Verwendung von vier zusätzlichen „Bühnentrompeten“ (das im
Titel erwähnte „Fernorchester“) und „mit vollster Kraft“ dann noch die Kaiserhymne
„Heil dir im Siegerkranz“ angestimmt wird.
Grundlage für die heute zu hörende Aufführung ist ein gedruckter Stimmensatz, wohl
das einzige vorhandene originale Material zu diesem Werk, der aus einer Berliner
Bibliothek stammt und aus dem von Andreas Benz im Auftrag des Heilbronner Stadtarchivs erst einmal eine Partitur erstellt werden musste. Bei der Durchsicht dieser Stimmen durch Benz und Braschkat stellte sich heraus, dass das Werk wohl in großer
Eile verlegt wurde, da sich eine Vielzahl von inkonsequenten Notationen und offensichtlichen Flüchtigkeitsfehlern fand, die für die neu gedruckten Stimmen alle korrigiert werden mussten. Das Heilbronner Sinfonie Orchester freut sich sehr, dass mit
der heutigen Aufführung diese Herkulesarbeit eine klangliche Realisation finden wird
und nicht zuletzt auf diese Weise Philipp Rypinski eine Art später Wiedergutmachung
zuteil wird.
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Ein Leben für die Chormusik
Robert Edler
Viele Details aus der Biografie Fritz Werners finden wir auch im Leben von Robert
Edler, dessen groß angelegte „Orpheus-Sonette“ unsere zweite Konzerthälfte füllen.
Auch Edler gehört zu der Generation von Komponisten, die hautnah Erfahrungen mit
den Schlachtfeldern des zweiten Weltkriegs machen mussten, auch Edler geriet in
amerikanische Kriegsgefangenschaft, und wie Werner hat auch Edler sich unmittelbar
nach Kriegsende und der Entlassung aus der Gefangenschaft der Aufgabe gestellt,
das kulturelle Leben Heilbronns aus den Ruinen auferstehen zu lassen. Sein Betätigungsfeld war in erster Linie die Chormusik – auch hierin besteht eine offenkundige
Parallele zum Wirken Fritz Werners.
Robert Edler wurde 1912 in eine alteingesessene Heilbronner Familie geboren und
hatte von wenigen Jahren abgesehen seinen
Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ständig in
Heilbronn, obwohl er fast während seines gesamten Arbeitslebens freischaffend tätig war.
Edlers Vater war Entwerfer und Modelleur
für Silberwaren bei der Heilbronner Traditionsfirma Bruckmann und betätigte sich außerdem als freier Kunstmaler. Roberts Interessen
scheinen sich aber schon früh der Musik zugewendet zu haben: Eine Aufführung des
„Fidelio“ am Heilbronner Theater beeindruckte den Zwölfjährigen so, dass er so viel
Zeit wie möglich an diesem Ort verbrachte.
Irgendwie muss er dabei Philipp Rypinski, der
just zu dieser Zeit ja erster Kapellmeister am Stadttheater war, aufgefallen sein, der ihn
fortan häufig einlud, bei Bühnen- und Orchesterproben zuzuhören. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Rypinski dem jungen Edler bei dessen ersten Kompositionsversuchen
mit Rat und Tat zur Seite stand. Auf jeden Fall verstärkte die intensive Begegnung mit
der Welt des Musiktheaters Edlers Wunsch, die Musik zu seinem Beruf zu machen,
und 1929 begann er sein Musikstudium am Neuen Konservatorium in Stuttgart.
39
EINFÜHRUNG
Musiker am Theater und im Krieg
Wechselhafte Karriere
Bereits im September 1933 wurde dem 21jährigen eine Stelle als zweiter Kapellmeister und Korrepetitor am Stadttheater Heilbronn angeboten. Wie oben erwähnt wurde, war Edlers Mentor Rypinski ja bereits im Mai 1933 aus seinem Amt gewaltsam entfernt worden. Es kam also zu keinem parallelen Wirken der beiden Musiker unter dem
Dach des Theaters. 1934 wurde Edler als jüngster von acht Bewerbern zum Dirigenten
des Männergesangvereines „Urbanus“ Heilbronn gewählt, der damals über nicht weniger als 102 aktive Sänger verfügte. Edler muss ein gutes Chorleiterhändchen gehabt
haben, denn bereits 1938 gewann der Chor beim Liederfest des Schwäbischen Sängerbundes den 2. Preis in der Kategorie „Schwieriger Kunstgesang“.
Doch der Krieg unterbrach auch diese beginnende Karriere. Edler wurde 1941 eingezogen und nach Norwegen versetzt, mit dem Näherrücken der feindlichen Truppen
verlegte sich allerdings auch sein Einsatzbereich über Dänemark und Trier zurück in
den heftig umkämpften Süden Deutschlands, und 1945 geriet Edler als Kriegsgefangener in die Hände der US-Armee. Zu befürchten hatte er freilich wenig: Da er weder
Mitglied der NSDAP noch der Reichsmusikkammer war, durchlief er das Entnazifizierungsverfahren problemlos und erhielt bereits im Oktober 1945 von der US-Militärverwaltung die Arbeitserlaubnis als „conductor of choirs, concerts, and humorious
evenings“.
„Land des Lächelns“ in der Trümmerwüste
Aufbauarbeit im zerstörten Heilbronn
Damit war auch der Weg frei für eine Rückkehr an das Heilbronner Stadttheater. Edler
wurde als 1. Kapellmeister verpflichtet – aber was hieß das schon? Das Bühnenhaus
an der Allee war durch den Krieg so sehr zerstört worden, dass für den Spielbetrieb
in den Sontheimer Saalbau „Zur Sonne“ ausgewichen werden musste. Diese Ersatzspielstätte wurde am 9. Februar 1946 mit Franz Lehárs Operette „Land des Lächelns“
eingeweiht; Edler dirigierte das Orchester, das nach Zeitzeugenberichten wohl nur aus
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einem erweiterten Klavierquintett bestanden haben muss. Als Eintrittsgeld verlangte
man ein Stück Brennholz. Im Januar 1948 leitete Edler mit Puccinis „Madame Butterfly“ die erste Heilbronner Opernaufführung nach Kriegsende.
1949 entschloss sich Edler zur freischaffenden Tätigkeit und übernahm nach und nach
immer mehr Chöre im Umkreis: 1948 den Gesangverein Kochendorf, 1950 den Männergesangverein Willsbach, 1952 den Männergesangverein „Frohsinn“ Eschenau und
1955 den Liederkranz Frankenbach. Außerdem betätigte er sich verstärkt als Komponist: 1949 gelang es ihm, mit seinem Chorstück „Das Weizenlied“ beim Reutlinger
Tonos-Verlag unterzukommen. Die Uraufführung beim Chormusikfest in Ludwigsburg
1950 fand große Beachtung und begeisterte die anwesenden Experten.
Bei seinen Chören stieß Edlers ambitionierter Personalstil mit seinen modernen Madrigalklang auf weniger Begeisterung – man wollte einfachere, volkstümlichere und
sanglichere Kost. Edler verfiel schließlich auf die List, seine leichteren Chorstücke unter
dem Pseudonym „Max Orrel“ zu veröffentlichen – eine Praxis, die er jahrelang ausübte, ohne enttarnt zu werden. Schmunzelnd musste er anhören, wie Chorsänger ihm
immer wieder den guten Rat gaben: „Schreib doch solche Sachen wie der Max Orrel!
Das mögen die Leut und nicht das krumme Zeug von Dir!“
41
EINFÜHRUNG
Ein Beitrag fürs Festjahr 1971
Edlers „Orpheus-Sonette“
Aber Edler verfuhr weiterhin zweigleisig und komponierte unter seinem echten Namen auch immer wieder höchst ambitionierte Werke. So kam
es 1970 schließlich zur Komposition der heute
zu hörenden „Sonette an Orpheus“. Anlass hierfür war das Festjahr 1971 der Stadt Heilbronn
zur Feier von „600 Jahre Selbstverwaltung“. Hier
bemühte sich die Stadt insbesondere darum,
dass die auf kulturellem Gebiet tätigen Bürger
eine Gelegenheit bekamen, sich selbst darzustellen. Auch Edler wollte einen Beitrag leisten
und plante für den 14. Mai 1971, den Vorabend
des offiziellen Festaktes, ein Festkonzert mit der
Uraufführung einer eigenen Komposition
durch„Urbanus“ und den Liederkranz Heilbronn,
der damals von Helmut M. Reger geleitet wurde.
Als Textvorlage wählte Edlerdie etwas sperrigen „Sonette an Orpheus“ von Rainer
Maria Rilke. Lothar Heinle mutmaßt in seinem Beitrag über Edler (in: Heilbronner
Köpfe VII): „Ein Thema sprach ihn dabei besonders an: Rilkes Auseinandersetzung
mit der Bedrohung der menschlichen Existenz durch die „Maschine“ und deren Überwindung, die mit dem Entstehen von neuem Leben und neuen Ordnungen aus dem
Gestern, aus Ruinen und Chaos verbunden ist. Hier findet sich – sicher auch für Edler
ein wichtiger Gesichtspunkt – der Bezug zur konkreten Situation der Stadt Heilbronn
nach 1945“.
Die Partitur entstand zwischen August und Dezember 1970. Die Probenarbeit erwies
sich in mehrfacher Hinsicht als schwierig: Zum einen war den Chorsängern sowohl die
anspruchsvolle Lyrik Rilkes als auch der ambitionierte Anspruch der Edlerschen Musik
fremd, zum anderen stand es zwischen dem Liederkranz und seinem Dirigenten Reger
nicht zum Besten – eine Trennung war bereits besprochene Sache, wenn Reger auch
verpflichtet wurde, die Orpheus-Sonette noch zu dirigieren.
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Schließlich entschied man, dass der Liederkranz eine Hälfte der Sonette einstudieren
sollte. Für die andere Hälfte stellte Edler aus seinen Chören geeignete Sängerinnen
und Sänger zu einem Auswahlchor zusammen, der ab 1971 als „Madrigalchor Edler“
zu seinem Konzertchor für schwierige Aufgaben wurde. Den Orchesterpart übernahm
das Schwäbische Symphonieorchester Reutlingen.
Edler beschrieb sein Werk mit folgenden Worten: „Mit einem breit dahinfließenden,
auf Klang aufgebauten Motiv beginnt das Werk, weitet, wölbt und spannt sich bis
zu den Sonetten 8 und 9. Maschinenrhythmen füllen den Raum, zugleich mahnend,
denn „Alles Erworbene bedroht die Maschine, solange sie sich erdreistet, im Geist
statt im Gehorchen zu sein.“ Dann kommen lyrische wie auch tragische Klänge unvermindert zum Klingen. Das letzte Sonett, „Stiller Freund der vielen Fernen“, beruhigt
durch eine einführende Cellomelodie, die in ein orchestrales Spiel übergeht. Hier wurden mit voller Absicht romantische Klangelemente verwendet.“
Über die Uraufführung des Werks berichtete die Heilbronner Stimme am 17. Mai
1971: „Was Edler erreicht, ist ein rhythmisch-metrisch zwingendes, ein gleichsam
rhapsodisches Chorwerk. [...] Er spart nicht mit Instrumentier-Effekten und gibt überhaupt mit der Orchesterstruktur sein bestes. Den Chor hingegen hält er – als Sängerbund-Chormeister weiß er schließlich, daß Zwölftongebilde schwer singbar sind – in
homophoner, aber gleichwohl akkordspannender Einfachheit.“
Robert Edler starb am 14. August 1986 in Heilbronn. Sein Tod riss eine große Lücke
in der Unterländer Chorszene. Der Madrigalchor bestand unter der Leitung von Felix
Werner und Bernd Link noch weitere 13 Jahre bis 1999 fort. Seit diesem Jahr verleiht
die von Edlers Ehefrau Hedwig, der Stadt Heilbronn und dem Tonos-Verlag gegründete
„Robert-Edler-Stiftung“ alljährlich den „Robert-Edler-Preis“ für Chormusik, mit dem
bereits so bedeutende Persönlichkeiten wie Tonu Kaljuste oder Frieder Bernius, aber
auch unsere musikalischen Partner vom vergangenen Weihnachtskonzert, die Aurelius
Sängerknaben Calw, ausgezeichnet wurden.
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SONETTE
Rainer Maria Rilke: Sonette an Orpheus
in der Reihenfolge der Vertonung von Robert Edler
Erster Teil
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1.) Sonett 1 (Chor)
Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung!
O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr!
Und alles schwieg. Doch selbst in der Verschweigung
ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor.
Tiere aus Stille drangen aus dem klaren
gelösten Wald von Lager und Genist;
und da ergab sich, dass sie nicht aus List
und nicht aus Angst in sich so leise waren,
sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr
schien klein in ihren Herzen. Und wo eben
kaum eine Hütte war, dies zu empfangen,
ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen
mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, –
da schufst du ihnen Tempel im Gehör.
3.) Sonett 3 (Chor und Solo)
Ein Gott vermags. Wie aber, sag mir, soll
ein Mann ihm folgen durch die schmale Leier?
Sein Sinn ist Zwiespalt. An der Kreuzung zweier
Herzwege steht kein Tempel für Apoll.
Gesang, wie du ihn lehrst, ist nicht Begehr,
nicht Werbung um ein endlich noch Erreichtes;
Gesang ist Dasein. Für den Gott ein Leichtes.
Wann aber sind wir? Und wann wendet er
an unser Sein die Erde und die Sterne?
Dies ist’s nicht, Jüngling, dass du liebst, wenn auch
die Stimme dann den Mund dir aufstößt, – lerne
vergessen, dass du aufsangst. Das verrinnt.
In Wahrheit singen, ist ein andrer Hauch.
Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind.
2.) Sonett 2 (Sprecher)
Und fast ein Mädchen wars und ging hervor
aus diesem einigen Glück von Sang und Leier
und glänzte klar durch ihre Frühlingsschleier
und machte sich ein Bett in meinem Ohr.
Und schlief in mir. Und alles war ihr Schlaf.
Die Bäume, die ich je bewundert, diese
fühlbar Ferne, die gefühlte Wiese
und jedes Staunen, das mich selbst betraf.
Sie schlief die Welt. Singender Gott, wie hast
du sie vollendet, dass sie nicht begehrte,
erst wach zu sein? Sieh, sie erstand und schlief.
Wo ist ihr Tod? O wirst du dies Motiv
erfinden noch, eh sich dein Lied verzehrte? –
Wo sinkt sie hin aus mir? ... Ein Mädchen fast ...
4.) Sonett 7 (Solo mit Männer-Sprechchor)
Rühmen, das ist’s! Ein zum Rühmen Bestellter,
ging er hervor wie das Erz aus des Steins
Schweigen. Sein Herz, o vergängliche Kelter
eines den Menschen unendlichen Weins.
Nie versagt ihm die Stimme am Staube,
wenn ihn das göttliche Beispiel ergreift.
Alles wird Weinberg, alles wird Traube,
in seinem fühlenden Süden gereift.
Nicht in den Grüften der Könige Moder
straft ihm die Rühmung Lügen, oder
dass von den Göttern ein Schatten fällt.
Er ist einer der bleibenden Boten,
der noch weit in die Türen der Toten
Schalen mit rühmlichen Früchten hält.
5.) Sonett 12 (Chor)
Heil dem Geist, der uns verbinden mag;
denn wir leben wahrhaft in Figuren.
Und mit kleinen Schritten gehen die Uhren
neben unserm eigentlichen Tag.
Ohne unsern wahren Platz zu kennen,
handeln wir aus wirklichem Bezug.
Die Antennen fühlen die Antennen,
und die leere Ferne trug...
Reine Spannung. O Musik der Kräfte!
Ist nicht durch die lässlichen Geschäfte
jede Störung von dir abgelenkt?
Selbst wenn sich der Bauer sorgt und handelt,
wo die Saat in Sommer sich verwandelt,
reicht er niemals hin. Die Erde schenkt.
7.) Sonett 14 (Chor)
Wir gehen um mit Blume, Weinblatt, Frucht.
Sie sprechen nicht die Sprache nur des Jahres.
Aus Dunkel steigt ein buntes Offenbares
und hat vielleicht den Glanz der Eifersucht
der Toten an sich, die die Erde stärken.
Was wissen wir von ihren Teil an dem?
Es ist seit langem ihre Art, den Lehm
mit ihrem freien Marke zu durchmärken.
Nun fragt sich nur: tun sie es gern? ...
Drängt diese Frucht, ein Werk von schweren Sklaven,
geballt zu uns empor, zu ihren Herrn?
Sind sie die Herren, die bei den Wurzeln schlafen,
und gönnen uns aus ihren Überflüssen
dies Zwischending aus stummer Kraft und Küssen?
6.) Sonett 13 (Sprecher)
Voller Apfel, Birne und Banane,
Stachelbeere ... Alles dieses spricht
Tod und Leben in den Mund ... Ich ahne ...
Lest es einem Kind vom Angesicht,
wenn es sie erschmeckt. Dies kommt von weit.
Wird euch langsam namenlos im Munde?
Wo sonst Worte waren, fließen Funde,
aus dem Fruchtfleisch überrascht befreit.
Wagt zu sagen, was ihr Apfel nennt.
Diese Süße, die sich erst verdichtet,
um, im Schmecken leise aufgerichtet,
klar zu werden, wach und transparent,
doppeldeutig, sonnig, erdig, hiesig –:
O Erfahrung, Fühlung, Freude –, riesig!
8.) Sonett 18 (Chor)
Hörst du das Neue, Herr,
dröhnen und beben?
Kommen Verkündiger,
die es erheben.
Zwar ist kein Hören heil
in dem Durchtobtsein.
doch der Maschinenteil
will jetzt gelobt sein.
Sieh, die Maschine:
wie sie sich wälzt und rächt
und uns entstellt und schwächt.
Hat sie aus uns auch Kraft,
sie, ohne Leidenschaft,
treibe und diene.
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SONETTE
Zweiter Teil
9.) Sonett 10 b (Solo und Chor)
Alles Erworbne bedroht die Maschine, solange
sie sich erdreistet, im Geist, statt im Gehorchen, zu sein.
Dass nicht der herrlichen Hand schöneres Zögern mehr prange,
zu dem entschlossenern Bau schneidet sie steifer den Stein.
Nirgends bleibt sie zurück, dass wir ihr einmal entrönnen
und sie in stiller Fabrik ölend sich selber gehört.
Sie ist das Leben, – sie meint es am besten zu können,
die mit dem gleichen Entschluss ordnet und schafft und zerstört.
Aber noch ist uns das Dasein verzaubert; an hundert
Stellen ist es noch Ursprung. Ein Spielen von reinen
Kräften, die keiner berührt, der nicht kniet und bewundert.
Worte gehen noch zart am Unsäglichen aus ...
Und die Musik, immer neu, aus den bebendsten Steinen,
baut im unbrauchbaren Raum ihr vergöttlichtes Haus.
10.) Sonett 12 b (Sprecher)
Wolle die Wandlung. O sei für die Flamme begeistert,
drin sich ein Ding dir entzieht, das mit Verwandlungen prunkt;
jener entwerfende Geist, welcher das Irdische meistert,
liebt in dem Schwung der Figur nichts wie den wendenden Punkt.
Was sich ins Bleiben verschließt, schon ist’s das Erstarrte;
wähnt es sich sicher im Schutz des unscheinbaren Grau‘s?
Warte, ein Härtestes warnt aus der Ferne das Harte.
Wehe –: abwesender Hammer holt aus!
Wer sich als Quelle ergießt, den erkennt die Erkennung;
und sie führt ihn entzückt durch das heiter Geschaffne,
das mit Anfang oft schließt und mit Ende beginnt.
Jeder glückliche Raum ist Kind oder Enkel von Trennung,
den sie staunend durchgehn. Und die verwandelte Daphne
will, seit sie lorbeern fühlt, dass du dich wandelst in Wind.
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11.) Sonett 17 b (Solo und Chor)
Wo, in welchen immer selig bewässerten Gärten, an welchen
Bäumen, aus welchen zärtlich entblätterten Blüten-Kelchen
reifen die fremdartigen Früchte der Tröstung? Diese
köstlichen, deren du eine vielleicht in der zertretenen Wiese
deiner Armut findest. Von einem zum anderen Male
wunderst du dich über die Größe der Frucht,
über ihr Heilsein, über die Sanftheit der Schale
und dass sie der Leichtsinn des Vogels dir nicht vorwegnahm und nicht die Eifersucht
unten des Wurms. Gibt es denn Bäume, von Engeln beflogen,
und von verborgenen langsamen Gärtnern so seltsam gezogen,
dass sie uns tragen ohne uns zu gehören?
Haben wir niemals vermocht, wir Schatten und Schemen,
durch unser voreilig reifes und wieder welkes Benehmen
jener gelassenen Sommer Gleichmut zu stören?
12.) Sonett 19 b (Solo und Chor)
Irgendwo wohnt das Gold in der verwöhnenden Bank
und mit Tausenden tut es vertraulich. Doch jener
Blinde, der Bettler, ist selbst dem kupfernen Zehner,
wie ein verlorener Ort, wie das staubige Eck unterm Schrank.
In den Geschäften entlang ist das Geld wie zuhause
und verkleidet sich scheinbar in Seide, Nelken und Pelz.
Er, der Schweigende, steht in der Atempause
alles des wach oder schlafend atmenden Gelds.
O wie mag sie sich schließen bei Nacht, diese immer offene Hand.
Morgen holt sie das Schicksal wieder, und täglich
hält es sie hin: hell, elend, unendlich zerstörbar.
Dass doch einer, ein Schauender, endlich ihren langen Bestand
staunend begriffe und rühmte. Nur dem Aufsingenden säglich.
Nur dem Göttlichen hörbar.
47
SONETTE
13.) Sonett 20 b (Sprecher)
Zwischen den Sternen, wie weit; und doch,
um wievieles noch weiter,
was man am Hiesigen lernt.
Einer, zum Beispiel ein Kind... und ein Nächster,
ein Zweiter –,
o wie unfasslich entfernt.
Schicksal, es misst uns vielleicht mit des Seienden
Spanne,
dass es uns fremd erscheint;
denk, wieviel Spannen allein vom Mädchen
zum Manne,
wenn es ihn meidet und meint.
Alles ist weit –, und nirgends schließt sich
der Kreis.
Sieh in der Schüssel, auf heiter bereitetem Tische
seltsam der Fische Gesicht
Fische sind stumm ..., meinte man einmal.
Wer weiß?
Aber ist nicht am Ende ein Ort, wo man das,
was der Fische
Sprache wäre, ohne sie spricht?
14.) Sonett 26 b (Sprecher, Solo und Chor)
Wie ergreift uns der Vogelschrei...
Irgendein einmal erschaffenes Schreien.
Selbst die Kinder schon, spielend im Freien,
schreien am wirklichen Schreien vorbei.
Schreien den Zufall. In Zwischenräume
dieses, des Weltraums, (in welchen der heile
Vogelschrei eingeht, wie Menschen in Träume –)
treiben sie ihre, des Kreischens, Keile.
Wehe, wo sind wir? Immer noch freier
wie die losgerissenen Drachen
jagen wir halbhoch, mit Rändern von Lachen,
windig zerfetzten. – Ordne die Schreier,
singender Gott! dass sie rauschend erwachen,
tragend als Strömung das Haupt und die Leier.
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15.) Sonett 27 b (gemischter Sprechchor)
Gibt es wirklich die Zeit, die zerstörende?
Wann, auf dem ruhenden Berg,
zerbricht sie die Burg?
Dieses Herz, das unendlich den
Göttern gehörende,
wann vergewaltigt’s der Demiurg?
Sind wir wirklich so ängstlich Zerbrechliche,
wie das Schicksal uns wahr machen will?
Ist die Kindheit, die tiefe versprechliche,
in den Wurzeln – später – still?
Ach, das Gespenst des Vergänglichen,
durch den arglos Empfänglichen
geht es, als wär es ein Rauch.
Als die, die wir sind, als die Treibenden,
gelten wir doch bei bleibenden
Kräften als göttlicher Brauch.
16.) Sonett 29 b (Sprecher, Solo und Chor)
Stiller Freund der vielen Fernen, fühle,
wie dein Atem noch den Raum vermehrt.
Im Gebälk der finsteren Glockenstühle
lass dich läuten. Das, was an dir zehrt,
wird ein Starkes über dieser Nahrung.
Geh in der Verwandlung aus und ein.
Was ist deine leidendste Erfahrung?
Ist dir Trinken bitter, werde Wein.
Sei in dieser Nacht aus Übermaß
Zauberkraft am Kreuzweg Deiner Sinne,
ihrer seltsamen Begegnung Sinn.
Und wenn dich das Irdische vergaß,
zu der stillen Erde sag: Ich rinne.
Zu dem raschen Wasser sprich: Ich bin.
WIR GEBEN DEN TON AN.
um
geht!
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Gesellschaft für
Wirtschaftsförderung mbH
Moltkestraße 10
74072 Heilbronn
Tel. 07131 7878-0
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Wir danken Pflanzen Mauk für die
Unterstützung unseres Orchesters mit
stimmigen Blumendekorationen!
Impressum:
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Herbert Kern · Klavier- & Cembalobaumeister
Heilbronner Straße 24 · 74223 Flein
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Konzertreihe 2014/2015
WELT DES KLAVIERS
OPPITZ-ZYKLUS
Friedrich Kuhlau
Joachim Raff
Peter I. Tschaikowski
Johannes Brahms
Ouvertüre zu „William Shakespeare“
Prélude zu „Macbeth“
Ouvertüre zu „Romeo und Julia“
Klavierkonzert Nr. 2 B-Dur op. 83
Gerhard Oppitz . KLAVIER
O NAMENLOSE
FREUDE
Höhepunkte aus deutschen
Opern: Ludwig van Beethoven
„Fidelio“, Carl Maria von
Weber „Freischütz“,
Friedrich von Flotow „Martha“
Miriam Portmann . SOPRAN
Claudius Muth . BASS
Clemens Bieber . TENOR
WEIHNACHTSKONZERT
Mit Werken von Nicolai,
Vivaldi, Mozart, Bach,
Homilius, Rheinberger,
Tschaikowski, Bizet, Händel
und Humperdinck
Aurelius Sängerknaben Calw
Leitung: Bernhard Kugler
JUNGE TALENTE
Jean Sibelius
Johannes Brahms
Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39
Violinkonzert D-Dur op. 77 Ungarischer Tanz fis-Moll
Lara Boschkor . VIOLINE
HEILBRONNER
KOMPONISTEN
FESTIVAL
Rio Gebhardt
Fritz Werner
Philipp Rypinski
Robert Edler
Fest der Infantin, Märchenouvertüre
Suite concertante
Sinfonischer Festprolog
Sonette an Orpheus
Philharmonischer Chor Heilbronn
Leitung: Ulrich Walddörfer
Lothar Heinle . SPRECHER
Jörge Becker . TROMPETE
Thorsten Büttner . TENOR
RUSSISCHE SEELE
Alexander Glasunow
Alexander Skrjabin
Peter I. Tschaikowski
Stenka Rasin op. 13
Klavierkonzert fis-Moll op. 20
Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Anna Zassimova . KLAVIER
28. September 2014
19. Oktober 2014
14. Dezember 2014
8. Februar 2015
15. März 2015
10. Mai 2015
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