Der Goldene Monat - Schlossberginstitut

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Der Goldene Monat
Diplomarbeit zur Ernährungsberaterin nach der traditionellen
chinesischen Medizin
Karina Romy Vega Quispe de Fritz
(Wien, Mai 2016)
Vorwort
Zu Beginn meiner Ausbildung zur Ernährungsberaterin nach TCM war ich auch am
Anfang meiner dritten Schwangerschaft. Es ging mir wie bei den ersten zwei
Schwangerschaften sehr schlecht. Nicht nur die Übelkeiten und das Unwohlsein
sondern auch die persistente Erschöpfung machten mir zu schaffen. Ich war an
einem Tiefpunkt angekommen und konnte meine täglichen Anforderungen nicht
erfüllen. Natürlich ernährte ich mich nach den Richtlinien der TCM, aber es war in
dieser Zeit ziemlich anstrengend für mich überhaupt zu kochen und noch kreativ und
vielfältig dabei zu sein. Ich war froh, wenn das was ich aß in meinen Magen blieb.
Gegen Mitte meiner Schwangerschaft begann es mir besser zu gehen und ich hatte
die Energie endlich TCM ernährungsmäßig einiges auszuprobieren. Die Optimierung
der Ernährung in Richtung TCM wurde von meiner Familie sehr gut aufgenommen
und tat uns allen sehr gut. Auch der Einsatz von Kräutern kam gut an und zeigte
Wirkung.
Ich war bei ungefähr bei der Hälfte meiner Ausbildung als ich vom Goldenen Monat
erfuhr. Ich war fasziniert davon und fing an Informationen und weiterführende
(vertiefende) Literatur zu suchen. Dass eine Frau in den vierzig Tagen nach der
Geburt die Chance hätte sich von alten Krankheiten und Leiden zu befreien, ihren
Körper neu zu „programmieren“ und sich mit neuer Energie und Lebenskraft
aufzuladen, fand ich total anziehend. Ich entschloss nach der Geburt meines
Sohnes, den Goldenen Monat auszuprobieren. Auch wenn ich sehr gespannt war, ob
ich wirklich solche Resultate erzielen würde, waren meine Hoffnungen und
Erwartungen nicht die große Motivation, die mich bewegte es zu versuchen. Ich
entschied mich den Goldenen Monat zu praktizieren, weil ich die Chance hatte und
weil ich diese Erfahrung machen wollte. Mir ging es nicht um die Heilung, sondern
viel mehr darum den Weg des Golden Monats selbst auszuprobieren.
Mein Interesse richtet sich auch auf andere Kulturen und Naturvölker dieser Welt und
ihren Umgang mit der Frau im Wochenbett, ihre Bräuche und Einstellungen zu dieser
besonderen Zeit einer Frau. Diese Arbeit beinhaltet einen theoretischen Teil mit TCM
und geschichtliche Erklärungen des goldenen Monats in China, einen Vergleich mit
ähnlichen Praktiken in anderen Kulturen der Welt, früher und jetzt, und einen
praktischen Teil, der die einfache Umsetzung ermöglichen soll. Meine eigenen
Erfahrungen im goldenen Monat finden sich in einem eigenen Kapitel.
Für mich stellte sich die Frage, ob das Praktizieren nach TCM des Goldenen Monats
in unserer Zeit überhaupt möglich und praktikabel ist, ob es erhebliche spürbare
Vorteile auf die Gesundheit von Mutter und Kind hat und ob sich der Aufwand wirklich
lohnt.
Hat der Goldene Monat so eine gesundheitsfördernde Kraft wie ihm nachgesagt wird
oder handelte sich um eine Art Propaganda um Frauen im alten China dazu zu
bewegen (mehr) Kinder zu bekommen?
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
1
Inhaltsverzeichnis
1.
Die energetischen Zustände der Geburt als Grundlage ....................................................... 3
2.
Der Goldene Monat im traditionellen China ........................................................................... 5
3.
Der traditionell chinesische präventive Zugang ..................................................................... 6
4.
Der Goldene Monat als Chance ............................................................................................... 7
5.
Die Bedeutung des Stillens im Goldenen Monat ................................................................... 7
6.
Die Einstellung zum Stillen in alten China .............................................................................. 8
7.
Der westliche Goldene Monat – Das Wochenbett – früher und jetzt ................................. 9
7.1.
Definition ............................................................................................................................ 9
7.2.
Medizinische Aspekte ...................................................................................................... 9
7.3.
Wochenbett im alten Europa, im Mittelalter und der Neuzeit .................................. 10
7.4.
Der westliche Goldene Monat von heute ................................................................... 13
7.5.
The faster the better und Powerfrau ........................................................................... 15
Der Goldene Monat und damit verbundene Gebräuche in anderen Kulturen ................ 16
8.
8.1.
Die Eskimos .................................................................................................................... 17
8.2.
Die Mayas........................................................................................................................ 17
8.3.
Die Ureinwohner Amerikas ........................................................................................... 17
8.4.
Amerika der Pionierzeit ................................................................................................. 18
8.5.
Die Yahgan im Feuerland ............................................................................................. 18
8.6.
Die Goajiro in Kolumbien .............................................................................................. 18
8.7.
Die Ashaninka in Peru und Brasilien ........................................................................... 18
8.8.
Die Aymara und Quechua in Bolivien, Peru, Chile und Ecuador............................ 18
8.9.
Grönland .......................................................................................................................... 19
8.10.
Afrika ................................................................................................................................ 19
8.11.
Ost- und Südostasien .................................................................................................... 19
8.12.
Südasien .......................................................................................................................... 20
8.13.
Australien und Ozeanien ............................................................................................... 20
9.
Mein Goldener Monat .............................................................................................................. 21
10.
Umsetzung des Goldenen Monats ........................................................................................ 23
10.1.
Diätetik ............................................................................................................................. 23
10.2.
Kräuter ............................................................................................................................. 27
10.3.
Regulierung der Temperatur ........................................................................................ 28
10.4.
Regulierung der Ausscheidungen ............................................................................... 29
10.5.
Stillmanagment ............................................................................................................... 29
10.6.
Akupressur ...................................................................................................................... 30
11.
Die Zeit danach ......................................................................................................................... 34
Conclusio ............................................................................................................................................. 36
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................ 37
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
2
1.
Die energetischen Zustände der Geburt als Grundlage
Qi ist die Quelle allen Lebens. Ohne Qi ist das Universum nicht denkbar. Alles
besteht in dem Spannungsfeld von Materie und Energie, das der Begriff Qi
beschreibt. Alles im Universum resultiert aus den Bewegungen von Qi.
Yin und Yang sind das Gesetz von Himmel und Erde, die Grundlage von allem, die
Eltern des Wandels, der Ursprung von Entstehung und Zerstörung. Das köstliche
unendliche rhythmische Zusammenspiel. Alle Lebewesen sind die Vereinigung von
Yin und Yang und der Tod ist ihre Trennung.
Jeder Teil des menschlichen Körpers hat eher Yin oder Yang-Charakter. Dies aber
ist, obwohl von klinischer Relevanz, immer nur relativ zu sehen. Innerhalb des
Ganzen des Körpers mag man zwar einzelne Teile eher dem Yin oder dem Yang
zuordnen, doch ist diese Qualifizierung immer in Bezug auf einen anderen Teil zu
sehen. Dem Yang entspricht das Dynamische, das Energetische, das
Physiologische, das Emotionale, der ganze Psychismus, während im medizinischen
Bereich dem Yin schlicht das Körperliche, Materielle zuzuordnen ist, also die
Gewebe und Strukturen.1
Bei der Zeugung begegnen sich Yin und Yang und werden Eins. Dieses Eins ist ein
Lebewesen welches seine Essenz (Jing) von den Eltern bekommen hat. Während
der Schwangerschaft bekommt das Kind es weiter von der Mutter und durch ihre
Ernährung. Diese Essenz wird als Himmlische Essenz (Tian Jing) bezeichnet.
Der Zeitpunkt der Geburt steht circa am Ende des 10ten Lunarmonats.
Die Gesamte Geburt wird von der Nierenenergie - dem Nieren Qi der Mutter dirigiert.
Das Nieren Qi gibt auch der Mutter die physische Kraft, den Mut und die Willenskraft
das Kind zu gebären. Den ersten Geburtsimpuls gibt das Kind in dem es sich zum
letzten Mal vorgeburtliches Nieren Qi (Jing) von seiner Mutter holt. Dieses Qi gibt ihm
die Kraft, sich durch den Geburtskanal durchzuschlagen, sich auf den Weg ins neue
Leben zu machen und leben zu wollen.
Während der Geburt arbeitet der Dreifache Erwärmer der Mutter sehr aktiv. Alle
Organe unterstützen den Geburtsvorgang. Nach der Geburt ist der dreifache
Erwärmer der Mutter erschöpft. Insbesondere ihr Nieren Qi ist fast total aufgebraucht,
da es die gesamte Geburt leitet und der Mutter und dem Kind die Kraft und den
Willen gibt die Geburt durchzustehen.
Qi und Blut des Körpers fließen zusammen. Bei der Geburt verliert die Frau viel Blut
und Qi. Eine Funktion des Qi ist es den Körper zu wärmen. Die Mutter ist erschöpft
und besonders anfällig auf äußerliche Einflüsse wie Wind, Kälte und Krankheiten.
Hat eine Krankheit ihren Beginn während des Wochenbetts, wird sie chronisch und
sehr schwer zu behandeln sein. In den chinesischen Klassikern der TCM steht: „
Nach der Geburt sind die Hundert Gefäße alle leer, so dass hieraus viele weitere
Erkrankungen entstehen können“.
1
TCM – Info Schweiz. Yin und Yang und die organischen Strukturen.
http://www.tcm-info.ch/index.php?option=com_content&task=view&id=92&Itemid=76
(16.06.16)
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
3
Im „Chan Yun Ji“ steht: „Nach der Geburt reguliert sich alles neu, so dass man hier
besonders vorsichtig sein muss. So ist nach der Geburt das Qi leer und das Blut
weniger, die Gefäße sind nicht gefüllt, die Glieder sind verkrampft, die Schweißporen
geöffnet, Haut und Haare sind nicht normal, Bau-und Abwehrenergie (Yin und Wei
Qi) sind nicht in Balance, das Qi in den Leitbahnen stagniert leicht. Daraus können
nicht nur leicht Erkrankungen entstehen, sondern sie sind wegen des instabilen
Gleichgewichtes auch schwerer zu behandeln“.2
In der TCM ist es allgemein so, dass Krankheiten im Organismus oft erst durch Blut
und Qi Leere oder Milz und Magen Schwäche entstehen können. Nach der Geburt
aber ist diese Art von Krankheitsentstehung besonders häufig.
Der Leerezustand ist besonders in den ersten Wochen post partum stark ausgeprägt,
da Blut und Yin in Leere sind und per se Yang und Qi zum überschießen neigen.
Dieses Ungleichgewicht zeigt sich oft mit einer Hitze Symptomatik.
Wenn ein Kind geboren wird beginnt die Entfaltung seines Körpers, Substanz, Form
und Masse. Das Yin entfaltet sich zum ersten Mal. Sein Yang als vorgeburtliches Qi
ist vollkommen vorhanden und es reicht für ein ganzes menschliches Leben bis zu
120 Jahren.
Mit der Geburt manifestieren sich die drei Schätze (San Bao), Shen, Qi und Jing in
den Organen und die dazugehörigen Geister verankern sich in diesen. Durch diesen
Vorgang wird der Mensch ein vollständiges Wesen in körperlicher, emotionaler,
spiritueller und energetischer Hinsicht. Erst nach der Trennung von der Mutter, d.h.
durch die Nabeltrennung kann sich der dreifache Erwärmer (San Jiao) entfalten: Das
selbstständige Atmen, selbstständiges Verdauen und selbstständiges Ausscheiden
treten in Kraft.
Nach der Geburt bekommt das Kind seine Essenz – Jing weiter durch Nahrung,
Flüssigkeiten und Atmen. Dieses Jing besteht aus Qi, Yang, Jinye (Säfte), Xue (Blut)
und Yin. Um gute Substanz aufzubauen, sind eine gute Verdauung und guter Schlaf
erforderlich.
In der Traditionellen Chinesischen Medizin gelten Neugeborene als unreife Wesen.
Ihre Organe sind noch unreif und sehr sensibel. Ihr Qi ist unterentwickelt und
deswegen die ganze Verdauung sehr empfindlich und ihr Körper mit seinen
Funktionen als unreif gesehen. Eine ganze Reihe von Kinderkrankheiten hat diese
Unreife als Ursache. Eine noch häufigere Erkrankungsursache in der Frühen Kindheit
ist falsche Ernährung. Den Säugling zu früh abzustillen, was heute mehr und mehr
der Fall ist, kann zu einer Milz- Schwäche führen. Dem Kind zu viel Kuhmilch zu
geben kann zu Nässe oder Schleim führen. Künstliche Milchnahrung bringt noch den
Nachteil dazu absolut Qi leer zu sein und schwächt umso mehr die instabile
Konstitution des Kindes.
Mit der Zeugung und der Geburt liegt unser Organismus unter dem Einfluss von
gewissen Zyklen. Die Jahreszeiten oder die Entwicklungszyklen sind ein paar
wichtige davon. Die Mädchen haben einen Zyklus von circa sieben Jahren und die
2
Neeb, G.: Gynäkologie und Frauenheilkunde. TCM –FACHBUCH für Fortgeschrittene. Band 1. Bacopa Verlag
(2010), 141.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
4
Buben einen etwa achtjährigen Zyklus. Das wäre auch eine gute Erklärung wieso
viele Mädchen früher reif sind als Buben.
Die ersten sieben bis acht Jahren sind die Basis für die Gesundheit. Eine gesunde
adäquate Ernährung ist sehr wichtig um die Organe mit Qi, Blut, Yin, Yang und die
Essenz zu nähren. Danach werden bis zum vierzehnten Lebensjahr bei Mädchen
und sechzehnten bei Buben, die Meridiane und Sondermeridiane mit Qi und Blut
gefüllt, und wenn diese voll sind können sich Menstruation und Samenerguss, der
„Tau des Himmels“, manifestieren.
Daher kann nicht genug betont werden, dass die richtige Ernährung und
Lebensführung für Mutter und Kind von Anfang an von großer Bedeutung sind.
Wie unsere Erde durch die vier Jahreszeiten wandert, so wandern auch wir
Menschen durch die natürlichen Vorgänge des Lebens: Geburt, Reife, Verfall und
Tod.
2.
Der Goldene Monat im traditionellen China
Als Goldener Monat werden die vierzig Tage post partum bezeichnet, in welchen die
junge Mutter sich so gut wie möglich schont, ausruht und schläft, um sich zu erholen
und um ihren ursprünglichen Gesundheitszustand wiederzuerlangen. Bei starker
Schwäche wie z.B. nach mehrehren schweren Geburten erstreckt sich diese Zeit bis
zu zwei Monaten.
Ziel ist es das verlorene Blut wieder aufzufüllen und die Nierenenergie (Qi und Jing)
zu tonisieren. Eine natürliche Geburt kostet der Frau sehr viel Nierenenergie. Nach
der Geburt ist ihr Nieren Qi fast total aufgebraucht. Vor allem bei schweren Geburten
oder wenn sie innerhalb von kurzen Abständen (weniger als zwei Jahren) Kinder zur
Welt bringt, wird besonders viel Nierenessenz (Jing) verbraucht. Wenn diese sich in
der Wochenbettphase nicht erholt, kann es zu einem rapiden körperlichen Veralten
und einer Abkürzung der Lebensspanne führen.
Um die Nierenenergie zu tonisieren und ihre Essenz zu behalten, nimmt sich die
junge Mutter eine Auszeit von ihren täglichen Pflichten, vermeidet jede Anstrengung,
jede Art von Stress und emotionaler Aufregungen. Sie liegt besonderes Augenmerk
auf ihre Ernährung und nimmt bestimmte Speisen und Kräuter zu sich. Denn mit der
richtigen Ernährung kann man sehr gut, gezielt und konsequent das Blut und Qi
vermehren und tonisieren.
Damit in ihrem durch die Geburt geschwächten Körper keine äußerlichen
schädlichen klimatischen Faktoren wie Wind, Hitze, Nässe und insbesondere Kälte,
die sich bis tief in den Knoche einnisten kann, eindringen, schützt sie sich mit
entsprechender Bekleidung. Sie nimmt keine Vollbäder oder Duschen, wäscht ihre
Haare nicht und vermeidet den Kontakt mit kaltem oder frischem Wasser. Ihre Füße
und Hände hält sie immer warm und sollte sie sehr schwitzen, verhindert sie, dass
diese Feuchtigkeit in ihren Körper eindringt in dem sie sich immer abtrocknet und
umzieht. Sie meidet Zugluft und verlässt ihr Haus in diesen vierzig Tagen nicht.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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Besuche von Familie und Freunden werden erst in der zweiten Woche willkommen
geheißen. Traditionell bringt jeder Besucher eine kräftigende meistens süße Speise
für die Mutter als Geschenk und diese bietet ihnen süße Gerichte oder Süßen Wein
an. Dieser Brauch bedeutete symbolisch, sie teilt ihr Glück mit ihnen.
Weiters werden verschiedene Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin an
der jungen Mama praktiziert wie Akupunktur, Akupressur, Massagen.
In diesen vierzig Tagen nimmt sich auch die junge Mutter die Zeit, um ihr
Neugeborenes kennenzulernen und gibt ihm Zeit sich in aller Ruhe an seine
Umgebung zu gewönnen. Das was heute als Bonding bekannt ist.
Die häuslichen Arbeiten und alle anderen Pflichten die sonst die Mutter hat, werden
von Familie und Freunden verrichtet. Ist dies nicht möglich, stellt ihr Ehemann eine
Frau ein die diesen Dienst erfüllt. Besonders wenn die junge Mutter schon kleine
Kinder hat, ist diese Unterstützung enorm wichtig. Es ist für sie und ihr Baby eine Zeit
des Verwöhnens. Ein Geschenk an die Mutter, die das Kind zur Welt gebracht hat.
Bei den kaiserlichen Dynastien im alten China wurde der Goldenen Monat bis zum
extremsten ausgeübt. Die Kaiserin bekam Kraftsuppen die länger als vierzig Tage
gekocht wurden, ihr wurden spezielle Kräuterweine und Dekokte verabreicht und sie
wurde täglich akupunktiert und massiert. Man verschaffte ihr und ihrem
Neugeborenen eine ruhige, heitere Atmosphäre. Oberste Devise war es die
Gesundheit der Kaiserin bestmöglich zu pflegen, ihre Nierenenergie und Essenz zu
erhalten, damit sie möglichst viele gesunde, starke, intelligente und schöne Kinder
zur Welt bringt, die über ganz viel Jing und Qi verfügen, die ein sehr langes Leben
führen und sehr viele Jahre das Reich regieren.
Die Traditionelle Chinesische Medizin wurde ursprünglich für die kaiserlichen
Dynastien konzipiert und nicht für das Volk. Der größte Erfolg und das Ziel der
chinesischen Ärzte war es die Gesundheit der Kaiser sowie deren Nachkommen auf
optimalem Zustand zu halten und ihnen damit zu ermöglichen über mehrere
Jahrzehnte über ihr Land zu herrschen. Man wollte Blutlinien mit einer
außergewöhnlichen starken Konstitution und Intelligenz schaffen.
3.
Der traditionell chinesische präventive Zugang
Die Traditionelle Chinesische Medizin beruht auf der Prävention. Symptome,
Beschwerde, Störungen und Empfindungen die in der Schulmedizin keine Bedeutung
haben werden wahrgenommen und als Vorhersage einer Krankheit interpretiert. Es
wird gehandelt und nicht gewartet bis sich die Krankheit manifestiert, weil dann
dauert die Genesung länger. Es können andere Krankheiten oder Komplikationen
eintreten. Die Therapie kann mit hohen Kosten verbunden sein und am
wesentlichsten ist wohl, dass der Leidensweg länger dauert. Der Brunnen wird also
nicht erst gegraben wenn man durstig ist.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
6
„Zuo Yue Zi“ („die Monate bereiten“), die TCM Wochenbettkur oder der Goldene
Monat ist wenngleich relativ unbekannt in der europäischen TCM, eine besondere
Zeit für die Gesundheit der Wöchnerin und ihrer Kinder.
Die richtige Durchführung vom Goldenen Monat wurde im alten China als Investition
in die Gesundheit der Frau verstanden, um diese von späteren Leiden und
Krankheiten zu bewahren. Auch die ärmeren Familien waren sich der Wichtigkeit des
Goldenen Monats bewusst und praktizierten und pflegten diesen. Denn es war
bekannt, dass jedes Leiden, physische oder psychische Krankheit und Beschwerden
die die junge Mutter während des Wochenbetts bekommen würde, chronisch, sehr
schwer zu behandeln und sehr kostspielig wären.
4.
Der Goldene Monat als Chance
„Nach der Geburt reguliert sich alles neu“ steht im „ Chan Yun Ji“.
Ein Mann erlebt zweimal in seinem Leben eine Hormonumstellung, in der Pubertät
und dann im Klimakterium; eine Frau ebenso, aber auch jedes Mal dann, wenn sie
ein Kind geboren hat. Jedes Mal nach dem sie ein Kind gebärt bekommt sie die
Chance, den Indikator für ihre Gesundheit in dieser Zeit neu einzustellen.
Wenngleich die falschen Maßnahmen im Goldenen Monat die spätere Gesundheit
der jungen Mutter enorm verschlechtern können, wird ein richtig geführter Goldener
Monat als einzigartige Chance im Leben der jungen Mutter gesehen, um sich von
Erkrankungen und Beschwerden, die vor der Schwangerschaft bestanden hatten, zu
befreien.
Vornehmlich hormonell ausgelöste Beschwerden wie Migräne oder Allergien können
effektiv und dauerhaft nach der Geburt verschwinden.
Im traditionellen China empfahlen Ärzte Frauen die viele Krankheiten hatten, ein Kind
zu bekommen, damit sie die Chance erhielten sich während des Goldenen Monats
heilen zu können. Deswegen heißt diese Zeit auch der Goldene Monat. Jeder Tag ist
aus Gold, weil seiner Heilungskraft einfach gewaltig ist.
5.
Die Bedeutung des Stillens im Goldenen Monat
Anders als im heutigen, modernen China, war Muttermilch, in den alten Zeiten
selbstverständlich die beste und einzige Nahrung für ein Neugeborenes. Kinder die
gestillt wurden galten als besonders gesund und stark.
Das Erste, dass ein Baby nach der Geburt macht: Es sucht die Brust der Mutter, um
zu saugen. Die von der Mutter zu sich genommene Nahrung und deren energetische
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
7
und thermische Wirkungen gehen direkt über die Milch in den Verdauungstrakt des
Kindes. Der Geruch der Muttermilch verrät, wovon sich eine Mutter ernährt hat.3
Muttermilch wird in der Traditionellen Chinesischen Medizin auch „weißes Blut“
genannt, ganz explizit umgewandeltes Menstruationsblut. Die Mutter produziert die
Milch aus ihrem Blut, dafür wird genügend Qi benötigt für die Umwandlung von Blut
in Muttermilch und natürlich genügend Blut.
Mit der Muttermilch ernährt die Mutter, wie während der Schwangerschaft, weiter ihr
Kind aus ihrer Nahrung, nur diesmal nicht durch die Nabelschnur sondern durch ihre
Brüste. Sie gibt ihm weiter Substanz (Yin) zum Wachsen, Blut und Qi. Aber auch ihre
Emotionen, Gefühle und Gedanken passieren fast ungefiltert zum Kind durch die
Muttermilch. Daher ist es von großer Bedeutung Stress und heftige Emotionen
während des Goldenen Monats zu vermeiden. Körperliche Ruhe und geistige
Entspannung wirken sich positiv auf die weitere physische Entwicklung des Kindes
aus und auch auf die Mutter. Eine frisch gebackene Mutter hat viel Blut verloren und
befindet sich auch im Yin Mangel. Sie sollte gut Stillen können und gleichzeitig
wieder ihre Blutgefäße auffüllen. Stress verbraucht viel Blut und verringert infolge
den Milchfluss beim Stillen. Stress ist etwas das man im Goldenen Monat sowie auch
später als stillende Mutter nicht braucht.
Stillschwierigkeiten deuten auf eine energetische Disharmonie der Organe bei der
jungen Mutter. Je nach Symptomatik können sie auf einen Mangel von Qi und Blut
oder eine Blockierung des Lebermeridians hinweisen, die mit der entsprechenden
Therapie zu beheben sind. Solche Schwierigkeiten sind aber in keinster Weise ein
Grund abzustillen sondern vielmehr Grund den Rat eines qualifizierten Arztes
aufzusuchen.
Es gibt auch eine eigene Muttermilchdiagnostik in der Traditionellen Chinesischen
Medizin, um bei Disharmonien des Kindes herauszufinden ob die Problematik bei der
Ernährung der Mutter liegt.
Für das Anpassen des kindlichen Organismus an das neue Leben außerhalb des
Leibs der Mutter und um das Maximum des Entwicklungspotenzials zu schöpfen,
erfüllte und bot das Stillen vor mehr als 3000 Jahren, wie auch heute noch, die
besten Voraussetzungen.
6.
Die Einstellung zum Stillen in alten China
Traditionell wurde eine Stilldauer von einem Jahr empfohlen. Als Mindestdauer
galten acht Monate und danach galt es das Baby langsam an gekochte Beikost aus
Gemüse und Fleisch zu gewöhnen. Es gibt Hinweise von kaiserlichen Kindern die
weit länger als ein Jahr gestillt wurden, allerdings wurden sie nicht von der Mutter,
der Kaiserin so lange gestillt, sondern von einer Stillamme.
3
Lorenz, C.: Kindertuina. Bacopa Verlag (2010), 16.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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Stillammen waren gefragt, wenn die Mutter nicht stillen konnte. Die Dienste von
solchen Ammen waren in China sowie in Europa sehr kostspielig. Nur Mütter von den
höheren Schichten konnten sich eine Amme leisten. Frauen aus niedrigeren
ländlichen Schichten, die nicht stillen konnten, gaben ihren Kindern in diesem Falle in
den ersten Monaten verdünnte Ziegen oder Kuhmilch und bald darauf Reisschleim.
Dieser Ersatz war nicht ansatzweise vergleichbar mit der Muttermilch aber noch
heute sind diese Empfehlungen bei manchen TCM Ärzte und Therapeuten aktuell.
Die Erklärung dafür ist, dass die künstliche Milchnahrung ein stark verarbeitetes
Industrieprodukt ist, welches weder Qi noch Lebensenergie besitzt und dem
sensiblen kindlichen Organismus mehr Schaden bereitet als Vorteile bringt.
Während der gesamten Stilldauer empfahl man der Mutter besonders auf ihre
Ernährung zu achten und starke Emotionen zu vermeiden, speziell vor und während
des Stillens. Man stillte nicht wenn man verärgert, traurig oder in irgendeiner Form
emotionell unausgeglichen war. Sie sollte auch nicht stillen wenn sie hungrig war
oder zu viel gegessen hatte und auch nicht wenn es ihr kalt war.
Das heute von Fachleuten stark propagierte Stillen nach Bedarf war im alten China
unbekannt. Man stillte das Kind nach einem gewissen Rhythmus. Dafür gab es einen
regelmäßigen Zeitplan der zur Orientierung der Mutter diente. Sinn und Zweck waren
eine Nahrungsstagnation im Verdauungstrakt des Kindes mit den darauffolgenden
Verdauungsstörungen besser bekannt als Koliken Durchfall und Erbrechen von
Milch, zu verhindern. Der unreife Verdauungstrakt des Kindes, seine Mitte, braucht
Zeit um zu verdauen und würde mit zu viel Muttermilch leicht überfordert werden.
Diese Empfehlungen sind in der TCM nach wie vor aktuell.
7.
Der westliche Goldene Monat – Das Wochenbett – früher und jetzt
7.1. Definition
Als Wochenbett oder Kindbett (lat. Puerperium) bezeichnet man die Zeitspanne vom
Ende der Entbindung bis zur Rückbildung der schwangerschafts- und
geburtsbedingten Veränderungen, was in der Regel sechs bis acht Wochen dauert.
Während dieser Zeit erholt sich die Mutter von Schwangerschaft und Geburt. Bei
stillenden Müttern beginnt innerhalb von drei bis vier Tagen die Bildung von
Muttermilch, anstelle des zuvor produzierten Kolostrums. Etwaige
Geburtsverletzungen heilen in der Zeit des Wochenbettes. Eine Mutter in den ersten
Wochen nach der Geburt wird als Wöchnerin, früher auch als Kindbetterin
bezeichnet.
7.2. Medizinische Aspekte
In einem Zeitraum von sechs bis acht Wochen nach der Geburt eines Kindes soll
sich der Körper der Mutter von der Schwangerschaft und der Entbindung erholen und
hormonell umstellen. Die Milchbildung kommt in Gang. Im Rahmen der
Schwangerschaftsrückbildung bilden sich die Gebärmutter (lat. Uterus) und andere
Organe auf ihre ursprüngliche Größe zurück, die Haftstelle des Mutterkuchens (lat.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
9
Placenta), eine Wunde in der Gebärmutter, heilt unter Absonderung des
Wochenflusses (gr. Lochien) ab. Mögliche Geburtsverletzungen heilen ab. Die Frau
braucht dabei viel Ruhe und ist oft seelisch labil. Frauen sind in dieser Zeit nicht nur
körperlich, sondern auch seelisch sehr offen, sensibel und schutzbedürftig. Das wird
durch den hinzukommenden Schlafmangel noch verstärkt.
Es ist die Zeit, sich auf die neue Situation und das Baby einzustellen. Priorität für
Mutter und Kind sind meist die Gewöhnung an das Stillen, der Schlaf- und
Trinkrhythmus des Kindes und allgemein seine Zufriedenheit. Die Beziehung
zwischen Mutter und Kind entsteht und entwickelt sich. Das Bonding wird gefestigt.
In dieser Zeit besteht das Risiko des Kindbettfiebers auch als Puerperalfieber
bekannt, einer bakteriellen Infektion der Gebärmutter und benachbarter Organe, dem
durch erhöhte Hygiene vorzubeugen ist. Anfang des 20. Jahrhunderts war diese
Phase am lebensgefährlichsten für Mutter und Kind. Spitalentbindungen wurden
strikt vermieden, weil der Wochenfluss aus der Gebärmutter im Falle einer
Wundheilungsstörung hochinfektiös war, sein Milieu vergünstigte eine rasche
Entwicklung von Bakterien und es wurde von Ärzten und Hebammen von Mutter zu
Mutter übertragen. Es hat ähnliche Symptome wie eine Blutvergiftung und war die
Ursache vieler Todesfälle.
Das Kindbettfieber griff im 19. Jahrhundert in ganz Europa um sich und ließ Ärzte
lange Zeit ratlos sein. Erst um 1850 erkannte der Wiener Assistenzarzt Ignaz
Semmelweis, dass es sich um Blutvergiftungen handelte, die auf nicht ausreichend
gesäuberte Hände von Ärzten; Hebammen und Wöchnerinnen zurückzuführen
waren. Durch die von Semmelweis eingeführten Chlorkalkwaschungen gelang es, die
Fälle von Kindbettfieber beträchtlich zu reduzieren. Viele seiner Kollegen standen
dieser neuen Methode jedoch kritisch gegenüber. Semmelweis wurde diskreditiert,
erhielt Vortragsverbot und musste 1849 die Klinik für Geburtshilfe verlassen. Heute
ist Semmelweis, u. a. durch Film und Literatur, auch als „Retter der Mütter“ bekannt.
Medizinisch gesehen ist auch eine längere sexuelle Enthaltsamkeit geboten. Erst
nach dem Abklingen des Wochenflusses soll und kann der Geschlechtsverkehr
wieder aufgenommen werden.
Auch im Interesse des Neugeborenen ist besonders auf Hygiene zu achten.
Insbesondere kann eine Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus für das
Neugeborene tödlich sein.
7.3. Wochenbett im alten Europa, im Mittelalter und der Neuzeit
Die Gebräuche in der Antike schrieben zwar der Sauberkeit und dem Mitgefühl hohe
Bedeutung zu, nicht aber unbedingt der Hygiene. Im alten Rom hatte der Besen eine
besondere Bedeutung und die Hebammen fegten mit einem gesegneten Besen die
Hausschwelle des Geburtshauses, um böse Einflüsse vom Neugeborenen und der
Wöchnerin abzuhalten. Sowohl die Wöchnerin, als auch das Haus, in dem sie sich
befand, galten als unrein. Wer aus dem Haus kam musste sich waschen und das
Haus musste später entsühnt werden.
In Altgriechenland galt die Frau für durchschnittlich vierzig Tage nach der Geburt als
unrein. Üblich war es in dieser Zeit ein Fest, das Tesserakostos hieß, abzuhalten.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
10
Die Frau wurde durch Waschungen gereinigt und ging in den Tempel der Diana,
opferte derselben und weihte ihren Gürtel.
In Griechenland war es verboten von einer Wöchnerin (wie auch einer Leiche) sofort
in den Temple zu gehen oder heilige Handlungen zu verrichten, ohne davor ein
Reinigungsbad genommen zu haben4. In diesen vierzig Tagen mussten Wöchnerin
und Kind abgeschieden leben. Die Dauer der Lochienreinigung war nach Schriften
des Hippokrates, abhängig vom Geschlecht des Neugeborenen. Gebar die Mutter
ein Mädchen, war sie zwei Wochen unrein wie auch ihre Lochien und 66 Tage
dauerte die Reinigung ihres Blutes. Wenn sie aber einen Knaben gebar, war sie
sieben Tage unrein wie auch ihre Lochien und 33 Tage dauerte die Reinigung ihres
Blutes. Erklärung dafür war die Bildung des Fötus im mütterlichen Leib, die
Entstehung der Glieder des weiblichen Fötus nahm 42 Tage in Anspruch, des
männlichen hingegen 30 Tage.
Die gleiche Erklärung für die unterschiedliche Wochenbettdauer befindet sich im
Levitikus. Der jüdische Philosoph, Rechtsgelehrte und Arzt Maimonides erklärte sie
mit der kälteren und fruchtbaren Natur des weiblichen Geschlechts. Er schrieb, dass
die Krankheiten der kalten (weiblichen) Naturen einer längeren Reinigung bedürfen,
als die der warmen (männlichen Naturen); und da die Weibesnatur kalt und feucht
und auch die Gebärmutter bei der weiblichen Geburt größer ist, als bei der
männlichen, bedarf es zur Absonderung der kalten Schleime und fauligen
Flüssigkeiten bei der weiblichen Geburt mehr Zeit, als bei der männlichen, wo mehr
Hitze und weniger Flüssigkeit ist. (…) Die Geburt eines männlichen Kindes zeigt eine
hitzige Natur der Gebärerin an, die Geburt eines weiblichen Kindes eine kalte Natur.
Der hitzigen Natur halber, geht die Absonderung und Reinigung von den Bösen,
krankhaften Ausflüssen bei einer männlichen Geburt schneller vor sich als bei einer
weiblichen.5
Die Sitte einer vierzigtägigen Abgeschiedenheit finden wir auch im Levitikus. So
werden Wöchnerinnen etwa im Judentum und Islam einerseits als kultisch unrein
gesehen, andererseits als besonders gefährdet durch böse Geister und deshalb
schutzbedürftig. Aber auch in anderen, nicht auf dem Alten Testament basierenden
Religionen ist die Zeit nach der Geburt mit zahlreichen Tabus umgeben.6
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war es üblich, dass die junge Mutter sechs
Wochen nach der Geburt ihren ersten Kirchgang hielt und dabei besonders
eingesegnet wurde. Orthodoxe Kirchen praktizieren diesen Brauch noch heute.
Verbunden mit dem religiösen Brauch war die Einhaltung einer Schonfrist, in der die
Frau von den Nachbarinnen mit einer speziellen Kost versorgt wurde und nach
Möglichkeit das Haus nicht verlassen sollte. Auch rechtlich genoss die „Kindbetterin“
besonderen Schutz. Starb sie jedoch in dieser Frist, fürchtete man sie als
Wiedergängerin.
4
Ploss, H.H.: Das Weib in der Natur – Und Völkerkunde. Anthropologischer Studien. Zweiter Band (Leipzig
1885), 453.
5
ebd., 454
6
Wikipedia. Wochenbett.
https://de.wikipedia.org/wiki/Wochenbett
(16.06.16)
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
11
Der Begriff Wöchnerin leitet sich vom älteren Wort Sechswöchnerin ab. Es bedeutete
sich sechs Wochen lang zu schonen. Früher verbrachte die junge Mutter die Wochen
nach der Geburt tatsächlich im Bett - oft der einzige „Urlaub“ im Leben einer Frau und wurde von der Großfamilie oder der Dorfgemeinschaft versorgt. So konnte sie
sich ganz auf sich, ihr Kind und das Stillen konzentrieren.
Traditionell hat man im 19. Jhdt. im deutschsprachigen Raum und Ungarn für eine
junge Mutter die ein Kind geboren hatte, sechs Wochen lang die besten Speisen
gekocht. Begonnen wurde damit von der Gevatterin7; sie kochte zwei Tage lang,
früher sogar drei Tage lang. Und was sie kochte war nicht egal. Am ersten Tag
brachte sie eine kräftige Hühnersuppe, das heißt ca. zwei Liter Suppe von einem
ganzen Huhn mit Gemüse und Mehlspeisen. Vom ganzen Huhn bedeutete ohne
Kopf und ohne die Haxen, denn die Haxen kratzten das Glück des Hauses hinaus
und ein Hühnerschädel bedeutete, dass die junge Mutter und auch die Hausleute
mehr Verstand haben sollten, als ein Huhn. Das wäre sehr beleidigend gewesen.
Danach kam gebackenes Hähnchen mit Kartoffeln und Obst oder etwas Saures
dazu, eine ganze Torte und Malzbier. Die Gevatterin brachte auch Frühstück. Die
junge Mutter bekam eine Kanne Milchkaffee und geflochtene „Kolatsche”. Zur Jause
bekam sie Milchreis und Kompott. Abendbrot wurde keines gebracht, denn von dem
gekochten Huhn und von dem gebackenen Hähnchen blieb so viel, dass das ganze
Haus auch noch am Abend etwas zu Essen hatte.
Am nächsten Tag brachte sie zum Frühstück Kakao und frische Semmeln vom
Bäcker, zu Mittag eine Einmachsuppe, das heißt Hähnchensuppe, das Hähnchen
wurde auf Stücke geschnitten, davon eine Suppe gemacht. Danach kam ein
gegrilltes Hähnchen mit Reis, Kompott und verschiedenem Gebäck. Zum Trinken
wieder Malzbier, natürlich zwei Flaschen. Malzbier und keinen Wein! Malzbier
brauchte die junge Mutter um mehr Milch zu bekommen, keinen Wein, weil vom Wein
bekommt sie „saure Milch” und das ist für das Baby ungesund. Am Nachmittag aß sie
Kompott und Biskuit.
Nach der Gevatterin folgte die Firmpatin, sie hatte einen Tag lang gekocht, ähnlich
wie die Gevatterin. Danach kamen die Tanten, zuerst die Familie der Mutter, dann
die Familie des Vaters, dann die Cousinen oder Cousins dem Grad nach. Wenn die
Verwandtschaft keine sechs Wochen ausreichte, dann kochte die Familie8. Nach
dieser Schonfrist ging die Frau in die Kirche, um sich eine besondere Segnung vom
Priester zu holen. Mit diesem „Kirchgang“ war das Wochenbett beendet und die
junge Mutter kehrte zu ihren Pflichten zurück.
Im nordländlichen Lappland dauerte das Wochenbett maximal fünf Tage. In dieser
Zeit blieb die Wöchnerin im Bett. Am sechsten Tag packte sie sich und ihr Kind warm
ein und ging mehrere Kilometer zu Fuß in die Kirche, um ihr Kind selbst zu taufen.
Bei den Basken in heutigen Nordspanien war es der Wöchnerin gestattet eine
Woche lang im Bett zu ruhen. Danach fand das seltsame Brauchtum „Couvade“ statt
7
Altertümliche Bezeichnung für Taufpatin.
Gyöngyi B.: Weniger bekannte Bräuche – die Geburtgewohnheiten: Interview mit Katharina Szabo
http://www.sulinet.hu/oroksegtar/data/magyarorszagi_nemzetisegek/nemetek/taksony/brauche_in_taks/pag
es/003_die_geburtgewohnheiten.htm
(17.06.16)
8
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
12
bei dem der Vater des Kindes den Platz der Mutter einnimmt und sich rund um die
Uhr um das Kind kümmert, wobei dies zwischen etlichen Stunden bis zu vier Tagen
dauert. Währenddessen kocht die Frau und nimmt Vorbereitungen für die zahlreiche
Besucher vor, die in dieser Zeit vorbeikommen. Die „ Couvade“ hat einen festen Platz
in der baskischen Kultur und wird aktuell noch praktiziert.
In Serbien wurden Wöchnerinnen nur in den ersten fünf bis sieben Tagen von älteren
Frauen, meistens Witwen gepflegt. Frauen der höheren Schichten in der Stadt hatten
ein sehr schonendes sorgfältiges Wochenbett, das rund dreißig Tage andauerte.
Montenegrinerinnen und Dalmatinerinnen auf dem Lande wuschen gleich nach der
Geburt ihre Kinder im nächsten Bach und hüteten dann zwei bis vier Tage das Bett,
um dann wieder an die Arbeit zu gehen.
Das Pflegen des Wochenbettes hatte auch einen starken religiösen Einfluss, so
wurde das Neugeborenen gleich nach der Geburt getauft, damit seine Seele direkt in
den Himmel kommt und nicht von dem Teufel mitgenommen wird, falls das Kind
sterben würde. Die junge Mutter wurde nach dem Abschließen des Wochenbettes
vom Kirchenpriester besonders gesegnet. In Zeiten einer sehr hohen
Kindersterblichkeitsrate und zahlreiche Todesfälle auf Grund des Kindbettfiebers und
Verblutung, waren solche Maßnahmen selbstverständlich.
Beachtlich erscheint die Tatsache, dass das Praktizieren des Wochenbettes eine Art
Privileg war, die sich meistens Frauen der Höheren- und Mittelschicht leisteten. Die
Frauen am Lande taten alle Art Anstrengungen, um sich wenigstens einen Teil des
Wochenbettes zu gönnen. So halfen sie sich gegenseitig, wenn im Dorf ein Kind
geboren wurde, und auch Witwen und ältere Frauen leisteten Wöchnerinnen Hilfe.
Dienerinnen; Mägde, Arbeiterinnen und Frauen die am Feld arbeiteten hatten es
schwerer und pflegten großenteils kein Wochenbett, sie kehrten zu ihrer Arbeit, oft
am Tag nach der Entbindung, zurück.
7.4. Der westliche Goldene Monat von heute
Heutzutage ist die ursprüngliche Bedeutung des Wochenbettes fast vollkommen
verloren gegangen, es wird kaum noch beachtet wie wichtig diese Zeit nach der
Geburt für Mutter und Kind, aber auch die gesamte Familie ist. Vielen Frauen sind
sich dessen nicht bewusst. Sie brauchen in den ersten Wochen so viel Ruhe und
Unterstützung wie möglich, damit sie sich auf ihr Neugeborenes und ihre Erholung
konzentrieren können.
Viele junge Mütter gönnen sich höchstens die zwei, drei Tage im Krankenhaus auf
der Wöchnerinnenstation, bis sie zu Hause wieder in den Alltagswirbel zurück fallen.
Im günstigen Fall bekommen sie Unterstützung von ihren Männern, die sich mehrere
Tage oder ein paar Wochen frei nehmen und von den Omas, Verwandten und
manchmal Freunden die helfen wollen. Nur leider bleiben die meisten jungen Mütter
mit ihren Babys in der heutigen Zeit keine vierzig oder dreißig Tage zu Hause und
schonen sich. Bei vielen dauert das Wochenbett nur eine oder zwei Wochen. Hinzu
kommt, dass manche keine familiäre Hilfe annehmen möchten und alles selber
schaffen wollen. Sie möchten schnellst möglich wieder auf die Beine kommen, fit sein
und von Anfang an ihre täglichen Anforderungen ohne fremde Hilfe erfüllen können.
Sie achten kaum auf ihre Ernährung und essen unregelmäßig und oft nur kalte
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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schnelle Gerichte oder Brote, was einfach und schnell geht. Immerhin braucht das
Baby die ganze Zeit viel Aufmerksamkeit und man hat weder Zeit fürs Kochen noch
jemand der er übernimmt.
Wieso es jetzt anders ist wie früher?
Hat es vielleicht mit der Emanzipation der Frau zu tun und ihren Bemühungen alles
selber und ohne jegliche Hilfe schaffen zu wollen? Bedeutenden Einfluss haben
jedenfalls mediale Informationen und ihre Suggestionen an die Gesellschaft. Dazu
kommt, dass durch das Leben in den großen Städten Menschen immer anonymer
und einsamer werden; es gibt oft keinen Familie oder Verwandte mehr in der Nähe
die unterstützen können. Man findet schwerer gute Freunde und man hat eher ein
paar mehr oder weniger gute Bekannte. Junge Eltern, die in dieser Situation leben,
sind alleine auf sich gestellt und müssen für jegliche Art von Unterstützung bezahlen.
Eine Zeit enormer körperlicher, seelischer und sozialer Veränderungen ist das
Wochenbett allerdings heute ebenso wie früher.
Ein anderer sehr wichtiger Aspekt ist, dass junge Mütter immer früher nach der
Entbindung aus dem Krankenhaus entlassen werden. Vor einer Generation war es
noch der fünfte bis achte Tag; heute ist es der dritte oder vierte Tag. Das
Krankenhaus schickt beispielsweise eine Frau nach Kaiserschnitt mit ihren
neugeborenen Zwillingen am fünften Tag nach der Geburt nach Hause und dort ist
sie mit all ihren Fragen und den auftretenden Problemen alleine. Ein neuer
gemeinsamer Lebensabschnitt beginnt und alles ist ganz neu für junge Eltern und
das Kind, und mit dem zu viel „neuem“ in der ersten Zeit sind nicht nur die Babys
gefordert. Auch die Mütter, wenn sie von einem Arzt zum nächsten geschickt werden,
wegen Nabelkontrolle, Gewichtskontrolle, Nahtentfernung bei Kaiserschnitt und
darüber hinaus, neben all dem noch, Amtswege zu erledigen haben.
Zusätzlich zur Haushaltshilfe, brauchen junge Mütter kompetente Betreuung und
direkte Hilfe von einer Hebamme zu Hause. Die Hebamme in der
Wochenbettbetreuung bietet Individualität und Zeit, und das ist eine sinnvolle,
wünschenswerte und notwendige Fortführung dessen, was im stationären Bereich
begonnen wurde. Es geht um die Sicherheit, dass alles gut läuft, um Unterstützung
bei der Babypflege, beim Stillen und darum, für Fragen und bei Problemen rasch
eine kompetente Ansprechpartnerin zu haben.
Frauen haben Anspruch auf Hebammen-Hausbesuche, allzu oft wissen sie das aber
nicht. Jede Frau kann die Hilfe einer Hebamme in Anspruch nehmen. HebammenHilfe ist eine Leistung der Krankenkasse. So haben Schwangere Anspruch auf eine
Hebammenberatung in der Schwangerschaft und auf Hausbesuche bei vorzeitiger
Entlassung nach der Geburt, bei ambulanter Geburt, bei vorzeitiger Entlassung nach
einem Kaiserschnitt, Frühgeburt und Mehrlingsgeburt.
Für Details siehe: http://www.hebammen.at/eltern/kosten/
Im europäischen Vergleich steht die Wochenbett-Situation in Österreich schlecht da.
In der Schweiz nimmt z.B. jede zweite Frau die Wochenbettbetreuung durch eine
Hebamme in Anspruch. Auch in Deutschland ist Hebammenbetreuung nach der
Geburt zu Hause für sehr viele Frauen eine Selbstverständlichkeit und nicht von der
Aufenthaltsdauer im Spital abhängig. Österreichweit, schätzt das Österreichische
Hebammengremium, nehmen etwa 20 bis 25 Prozent der Frauen Hebammen© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
14
betreuung im Wochenbett in Anspruch. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
kommt die Hebamme in den ersten Tagen täglich und dann bis zu acht Wochen lang
nach Bedarf, um nach der Mutter und dem Baby zu sehen. Viele Frauen wissen
jedoch überhaupt nicht von dieser Möglichkeit, und schon gar nicht davon, dass die
Krankenkassen diese Kosten zumeist übernehmen9.
Auf eine professionelle Stillberatung durch eine IBCLC Spezialistin in der
Stillberatung haben junge Mütter ebenfalls Anspruch und nicht nur in den ersten
Wochen, sondern auch später wenn etwaige Stillschwierigkeiten oder Unsicherheiten
zum Thema Stillen auftauchen.
Kontaktdaten in Wien sind hier zu finden:
https://www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/pdf/familienhebammen.pdf
7.5. The faster the better und Powerfrau
Schnelligkeit ist angesagter denn je: Schnell sollen wir schwanger werden, schnell
und schmerzlos soll die Geburt verlaufen, vielleicht als geplanter
Wunschkaiserschnitt, da hat man alles unter Kontrolle und so ein Eingriff ist ja weit
weniger riskant als eine natürliche Geburt und vor allem schneller. Schnell sollen sich
Mutter und Kind von der Strapazen der Geburt erholen, schnell soll sie an Gewicht
verlieren und fit werden, wie früher aussehen, schnell soll sie auch zu ihrem alten
Rhythmus finden, schnell soll sie abstillen und die Flasche geben damit sie
„entlastet“ wird, und ja nicht zu lange zu Hause bleiben sonst droht, dass ihr die
Decke auf dem Kopf fällt oder, dass sie zu einer Hausfrau wird, Horror!
Schnell soll sie sich vom Kind befreien, und schnell wieder Geld verdienen, produktiv
werden. Dann noch schnell ein Kind bekommen damit das Familienglück komplett ist
und wieder schneller zurück in die Gesellschaft und Arbeitswelt. Ja das ist eine
richtige Powerfrau.
Wir sehen in der medialen Berichterstattung wie Models und „Promi“Persönlichkeiten die Geburtsklinik gestylt und mit der super schlanken Figur von vor
der Geburt verlassen; Supermodels die zwei Wochen nach der Entbindung wieder in
Topform über den Laufsteg flanieren, Schauspielerinnen die in der Wochenbettzeit in
der Karibik surfen und Moderatorinnen die vier Tage nach der Geburt wieder eine
Live Show moderieren und meinen das Baby würde sowieso schlafen und kaum
merken, dass sie weg sind. Solche Vorbilder werden von den Medien und der
Gesellschaft zelebriert und als Erfolgsmodelle präsentiert. Es wird suggeriert dies
wäre erstrebenswert und nachahmungswürdig.
Wir sollen auch so erfolgreiche, schöne und sexy Mütter sein, eine Powerfrau eben.
Die Powerfrauen von heute sind Überlebensmeisterinnen die anscheinend mit links
Kind, Beziehung und Karriere regeln, während sie mit der rechten noch entspannt
das perfekte Styling im Griff haben. Das ist der Mythos Powerfrau, wie er sich von
Medien, einschlägigen Büchern und nicht zuletzt von Frauen selbst vorgestellt wird.
Im Endeffekt können Frauen einen sehr hohen Preis bezahlen, wenn sie unter allen
Umständen versuchen diesem Bild gerecht zu werden.
9
Österreichisches Hebammengremium. Prekäre Situation im Wochenbett (Wien, Mai 2013).
http://www.hebammen.at/wp-content/uploads/2013/06/prik%C3%A4re-situation-im-wochenbett.pdf
(24.06.16)
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
15
Und das Kind? Es soll ganz brav sein: ganz schnell durchschlafen lernen und dies im
eigenen Bett am besten von Geburt an. Schnell soll es wachsen und sich entwickeln,
früh krabbeln und ganz bald gehen und schnell sprechen lernen; früher
sauberwerden, schnell sich in der Kinderkrippe oder im Kindergarten eingewöhnen,
schnell selbstständig werden, schnell lernen, schnell und gut seine Aufgaben
machen, schnell, schneller, je schneller desto besser und erfolgreicher im Leben.
Leistung ist gefragt, bei Kind und Mutter und dies mehr denn je, womit ein klarer
Widerspruch gegeben ist zu gesundheitsförderndem Verhalten, insbesondere
während des Wochenbetts.
8.
Der Goldene Monat und damit verbundene Gebräuche in anderen
Kulturen
Im Großen und Ganzen kann man sagen, je industrialisierter die Gesellschaft ist,
desto weniger Zeit verbringen Mutter und Kind miteinander. Bei den meisten
Naturvölkern bleiben Mutter und Kind in einer eigenen Hütte oder in einem Raum, wo
sie ungestört von den Aktivitäten des Stammes Kräfte sammeln können. Diese Zeit,
die im deutschsprachigen Raum, Wochenbett genannt wird, variiert je nach Kultur
und Sitte von einem Tag bis zu zwei Monaten. Nach dieser Zeit bleibt das Baby
zumeist sehr lange bei der Mutter, schläft bei ihr und wird bei jeder
Unmutsbezeugung sofort auf dem Arm genommen. Fast ausnahmslos werden
Kinder in naturnahen Kulturen, von Geburt an bis sie gehen können, getragen.
Bemerkenswert ist übrigens die Erkenntnis, dass Geburten bei Naturvölkern, in den
niederen Gesellschaftsklassen und am Land mit weit geringeren Schmerzen und
Leid verbunden war, als in entwickelten Gesellschaften bzw. höheren
Gesellschaftsschichten. Frauen gebaren leicht, relativ schnell und fast schmerzlos
ohne schreien oder stöhnen.
Die Frage weshalb bei z.B. Bäuerinnen und Dienerinnen die Geburten leichter vor
sich gingen als bei vornehmen Frauen, beantwortete Anfang des 19. Jahrhunderts
ein chinesischer Arzt folgendermaßen: „Weil jene Personen von Jugend an bis in ihr
spätes Alter fleißig und emsig sich mit der Arbeit beschäftigen müssen und darum
nicht viel Zeit haben so viel an die Leidenschaft der Liebe zu denken. Ihr Blut bleibt
durch Arbeit und Bewegung in gehörigem leichten Umlauf, ihre innere Natur bleibt
naturgemäß und unverdorben, und sie gebären darum leichter und bringen gesunde
und starke Kinder zur Welt“.10
Dazu kommt der Aspekt, dass es bei recht vielen Urvölkern dieser Welt üblich war
das Alleingebären in der Nähe eines Flusses oder Baches durchzuführen und darin
nach der Entbindung, Mutter und Kind, ohne Berücksichtigung der Jahreszeit, zu
baden. Dies diente in vielen Kulturen als Reinigungsritual und wurde dazu als
effektive prophylaktische Maßnahme gegen Blutungen vorgenommen, da das kalte
Wasser die Gebärmutterkontraktionen fördert.
Interessanterweise werden Frauen gleich nach der Entbindung nahezu ausnahmslos
als unrein gesehen; in den meisten Kulturen werden sie deswegen mit einer Reihe
10
Ploss, H.H.: Das Weib in der Natur – Und Völkerkunde. Anthropologischer Studien. Zweiter Band (Leipzig,
1885), 16. Zit. n.: Martius: Abhandlung über Geburtshilfe, aus dem chinesischen übersetzt (Freiberg, 1820), 61.
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16
von Reinigungsritualen mit den Elementen Wasser (Waschungen, Bäder, Dämpfe),
Feuer (Räuchern, Moxa, Rauchen), Erde, Holz und Metall (Einreibungen und
Massagen mit Sand, Erde, Asche, Kalk, Pflanzen und Salben aus diesen) purifiziert.
Hauptgründe des Wochenbettes waren demnach die Reinigung der Frau und deren
Schutz gegen böse Einflüsse.
Auch die Sitte, ein Stück Plazenta nach der Entbindung an die Mutter zum Verzehr
zu geben und diese später in einem Ritual zu begraben oder zu verbrennen stimmt
bei zahlreichen Naturvölkern überein. Es starben kaum Frauen im Wochenbett; in
vielen Völkern gibt es noch immer keine Präzedenzfälle von Blutungen oder Fieber
im Wochenbett, die mit dem Tod der Mutter endeten.
8.1. Die Eskimos
Riten und Tabus sind fest verwurzelt in der Kultur der Eskimos. Diese werden als
Mittel gegen die Kräfte der Natur gesehen und dienen dazu Geister, z.B. jene der
Witterungen, die oftmals die extremen Lebensbedingungen der Eskimos noch
zusätzlich erschweren, zu besänftigen. Viele dieser Tabus betreffen die Frau
während der Menstruation, sowie bei und nach der Geburt. Sie gelten in dieser Zeit
als unsauber und verärgern somit die Götter. Sie werden unter Quarantäne gestellt
und von den Jägern ferngehalten, um Geister und Tiere nicht zu verstimmen. Früher
und noch heute gebären einige Eskimo Frauen ihr Kind in einer separaten Hütte, auf
einem Karibufell und binden die Nabelschnur eigenhändig mit Karibusehnen ab.
Danach durften sie mindesten vier Wochen die Geburtshütte, welche nur für diesen
Zweck gebaut wurde, nicht verlassen und verbrachten dort zumeist ein
zweimonatiges Wochenbett. Sie bekamen nur Frauenbesuch und wurden von diesen
verpflegt. Heute dauert das Wochenbett junger Eskimos Mütter meistens solange bis
die Nabelschnur des Neugeborenen abgefallen ist. Nach dieser Zeit kehren sie zu
ihren Ehemännern und älteren Kindern zurück. Erst da wird das Neugeborenen
anderen Familienmietglieder präsentiert.
8.2. Die Mayas
Maya Indianerinnen schliefen nach der Geburt mit ihrem Neugeborenen im Arm und
verbrachten zwanzig Tage lang das Wochenbett in einer Hütte mit ihren Babys. Sie
wurden von ihren weiblichen Familienmitgliedern versorgt. Es herrschte der
allgemeine Glaube, dass durch das Passieren des Kindes durch den Geburtskanal
die Frau in den ersten Wochen “unten offen“ sei, und anfällig ist für das Eintreten von
Krankheiten, bösen Geistern und insbesondere Kälte. Wöchnerinnen schützen sich
daher vor Kälte so gut sie konnten. Zum symbolischen Ende des Wochenbettes
wurde die junge Mutter am zwanzigsten Tag nach der Entbindung mit Ölen von der
Hebamme massiert.
8.3. Die Ureinwohner Amerikas
In den verschieden Urstämmen Amerikas wurde das Wochenbett unterschiedlich
gepflegt. Bei den Indianerinnen an der Küste des Stillen Ozeans (Pazifik) verlangte
man von der Wöchnerin, dass sie am sechsten Tag nach der Geburt wieder ihren
täglichen Pflichten nachkommt, ohne dabei aber ihre Hütte in den ersten paar
Wochen zu verlassen. Bei einem anderen Stamm wurden Wöchnerinnen sofort nach
der Geburt in eine Decke eingerollt, in die Nähe eines Feuers gebracht und blieben
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
17
so eine ganze Woche, das war die Dauer des Wochenbettes. Man wollte sie damit
vor den Gefahren der Kälte und des Windes schützen.
8.4. Amerika der Pionierzeit
In dieser Zeit waren Nachbarinnen meist die einzigen Geburtshelferinnen. Viele
Wöchnerinnen hielten sich an die Bauernweisheit: „Iss wonach du Lust hast außer
Sauerkraut und Salzgurken und hüte zehn Tage das Bett“.
8.5. Die Yahgan im Feuerland
In Regionen wie dem Feuerland, wo die Arbeit der Frauen tragende Säule
wirtschaftlichen Tuns ist, dauert das Wochenbett zwischen einem Tag und einer
Woche. Junge Mütter geben ihre Kinder bald nach der Geburt tagsüber ab, um sich
wieder ganz ihrer Arbeit zu widmen.
8.6. Die Goajiro in Kolumbien
Eine gut situierte Goajiro Indianerin bleibt nach der Entbindung einen vollen Monat
im Bett um Kräfte zu sammeln und kümmert sich nur um ihr Kind.
8.7. Die Ashaninka in Peru und Brasilien
Die Indianerinnen der Ashaninka in Amazonengebiet waschen sich gleich nach der
Entbindung mit einem Aufguss aus Huito (Genipa Americana), einer adstringierenden
Frucht die Blutungen verhindern soll. Da das Entbinden sehr leicht vor sich gehen
soll, kehren Wöchnerinnen nach dem zweiten Tag nach der Geburt zu ihren
häuslichen Arbeiten zurück; sie dürfen aber ihre Hütten nicht verlassen bis die
Nabelschnur vom Kind abgefallen ist.
8.8. Die Aymara und Quechua in Bolivien, Peru, Chile und Ecuador
Auch wenn sich diese Indianerstämme aus den Anden Südamerikas sehr
unterscheiden, ist ihr Brauchtum im Wochenbett ziemlich verwandt. Immer wenn es
sich eine Aymara oder Quechua Frau leisten kann, pflegt sie die „Quarantäne“ nach
der Niederkunft. Sie hütet das Bett in den ersten zwei Wochen, danach darf sie
aufstehen und gehen aber ihr Haus nicht verlassen, auch nicht an die Luft oder das
Sonnenlicht gehen. In dieser Zeit wird sie von ihren weiblichen Verwandten gepflegt
und versorgt. Ihre Hebamme besucht sie jeden zweiten Tag, um sie und das Kind mit
Kräuterölen zu massieren, der Bauch der Wöchnerin wird danach bandagiert und das
Kind in Tüchern gepuckt. Die Hebamme verabreicht der Wöchnerin in der ersten
Woche leicht bittere Kräuter um sie zu reinigen und ab der zweiten Woche süße
Kräuter um sie zu stärken. Während dieser Zeit befolgt die Wöchnerin eine strikte
Diät ohne Scharfes, Saures, Fettes, Bitteres oder Alkohol. Geschlechtsverkehr ist
tabu. Knapp vor Ende der Quarantänen kommt der „Huesero“, ein Heiler der sich auf
das Leiden der Knochen spezialisiert hat (Hueso=Knochen). Er „richtet“ die Hüft- und
Beckenknochen der jungen Mutter, welche sich während der Geburt verschoben
haben sollen und bringt sie an den richtigen Platz. Das soll sie von späteren Leiden
der Wirbelsäule und Knochen bewähren.
Erstaunlich ist, dass bei einigen alten präkolumbischen Kulturen Südamerikas aber
auch den Inkas, einer Frau mit vielen Krankheiten, ähnlich wie im alten China,
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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empfohlen wurde ein Kind zu bekommen, damit sie in ihrer Quarantäne gesunden
konnte. Handlungsleitender Gedanke war: schenk einem Kind das Leben und dieses
bringt die Gesundheit zurück.
8.9. Grönland
Früher dauerte das Wochenbett um die dreißig Tage. Wöchnerinnen durften nicht
unter freiem Himmel essen. Aus ihren Wassergefäßen durfte niemand anderer
trinken, genau so wenig war es erlaubt bei ihren Lampen einen Spahn anzuzünden.
Sie dürften eine Zeit lang nicht kochen. Sie mussten zuerst Fisch, dann Fleisch
essen und nur jenes Essen was ihre Männer gefangen hatten. Der Mann kümmerte
sich ausschließlich um das Essen und musste während des Wochenbetts weder
Arbeiten noch Handel betreiben. Dies tat man zum Wohle des Kindes. Die Sitte wird
noch heute in abgelegenen Völkerschaften Grönlands gepflegt.
8.10. Afrika
Die Wochenbettdauer der zahlreichen Stämme und Völker Afrikas variiert zwischen
zwei Tagen und drei Monaten. Dabei decken sich ihre Bräuche rund um das
Wochenbett vielfach mit jenen der Naturvölker. Verbreitet ist die Meinung
Schwangere, Wöchnerinnen und Stillende sollen möglichst auf eine besondere Kost
achten mit viel Fleisch, Fett, süßen Speise und nicht gerade selten Blut.
Viele westafrikanische Stämme sind der Ansicht ein Neugeborenen sei der
Geisterwelt noch so nahe, dass Mutter und Kind den bösen Geistern besonders
ausgeliefert sind. Zum Schutz dagegen tragen beide besondere Amulette und
Talismane und die Mutter wird ermahnt, alles zu unterlassen, was die
Aufmerksamkeit der Geister erregen könnte. Solange die Lochien dauern schützen
sich Mutter und Kind in einer Hütte vor den bösen Geistern.
Bei dem Volk der Batswana in Botswana, Südafrika und Namibia, bleibt die Frau mit
dem Neugeborenen drei Monate vom Kindesvater getrennt.
Unter den Basutos in Südafrika, verlässt die Wöchnerin erst nach zwei Monaten ihre
Hütte.
Die Ova Herero in Namibia, Botswana und Angola pflegen ein vierwöchiges
Wochenbett. Ist die Frau sehr arm und kann sich keine Dienerin leisten, darf sie
früher zu ihren täglichen Arbeiten zurückkehren, jedoch nicht bevor die Nabelschnur
ihres Kindes abgefallen ist. Die Ova Herero Wöchnerin bekommt eine besondere
Diät, die mit sehr vielen Ritualen verbunden ist.
In Guinea bekommen Wöchnerinnen ein Getränk aus Öl und Getreide, das soll sie
stärken. Ähnlich bei den Woloff Wöchnerinnen im Senegal, sie bekommen täglich
einen Kürbis gefüllt mit einem Getränk aus geronnener Milch, Palmöl, Rohzucker und
Tamarindenmark oder den Saft der Baobab Frucht.
8.11. Ost- und Südostasien
Wie die TCM ist der Goldene Monat im Großraum Asiens gut verankert und wird
heutzutage soweit leistbar ausgeführt. Ganze Kliniken, Geburtshäuser, private Ärzte
und Hebammen sind auf die Betreuung im Goldenen Monat spezialisiert. Besonders
schöne und sorgfältige Wochenbettzeiten werden in Indonesien, Singapur und
Taiwan gestaltet.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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Die Alor-Frauen Indonesiens kehren zehn Tage nach der Geburt ihrer Kinder wieder
aufs Feld zurück. Die Babys bleiben tagsüber in der Obhut von Verwandten und
werden sofort nach der Rückkehr ihrer Mutter gestillt. Nachts schlafen sie bei der
Mutter.
Laut Marco Polo wurden Wöchnerinnen in Siam, Bangkok, Kambodscha, dem
mohammedanischen Malaysia und fast allen Stämme der indonesischen Südinsel 30
Tage lange einem Feuer ausgesetzt. Sie lagen auf einem Bett entlang des Feuers
und bekamen nur heißes Wasser gegen den Durst. Dieses Brauchtum scheint nicht
religiösen Ursprungs zu sein.
Nach der Entbindung bekommen Tarong–Frauen auf den Philippinen einen aus der
Plazenta zubereiteten Tee zu trinken, eine Wurzel gegen „schlechte Luft“ zu kauen
und eine Zigarre zu rauchen.
Für die Bukinon auf der Insel Mindanao in den Philippinen gilt die Plazenta als
„Bruder“ des Babys. Sie beerdigen die Nachgeburt unter dem Haus und glauben,
dass die Seele der Plazenta in den Himmel zurückkehrt. Bei vielen anderen Völkern
auf den Philippinen erhalten Frauen nach der Entbindung eine besondere
Stärkungsmahlzeit: gekochtes Hühnerfleisch, Maisbrei und ein kleines Stück
gebackene Plazenta.
Bei den Dajaks auf Borneo wird ein achttägiges Wochenbett gehalten, in dieser Zeit
dürfen keine Familienmitglieder die Wöchnerin berühren.
8.12. Südasien
Bei den Todas und den Badagas im Nilgiri-Gebirge, blieb die Wöchnerin mit ihrem
Neugeborenen zwei bis fünf Tage nach der Geburt in einer von ihrem Mann
gebauten Gebärhütte, wo sie von anderen Frauen gepflegt, bedient und morgens
und abends gewaschen wurde.
Im Nordosten Afghanistans bleiben Wöchnerinnen mit ihrem Neugeborenen 30 Tage
lang in einer abgelegenen Hütte, nicht einmal ihre Männer dürfen sie besuchen; nur
ihre Mutter, Schwestern und Schwiegermutter dürfen sie besuchen und pflegen. Erst
nach dieser Zeit wird ein großes Fest gefeiert und Mutter und Kind nehmen am
Gesellschaftsleben teil.
In Indien werden Wöchnerinnen und ihre Neugeborenen 40 Tage lang bemuttert,
besorgt und mit Ölen nach ayurvedischem Brauch massiert und bandagiert. Es wird
ihnen ein schönes entspannendes Raumklima mittels Räuchern und angenehmen
Düfte geschaffen. Frauen bekommen eine spezielle kräftigende Kost, die ihr helfen
soll sich von den Strapazen der Geburt gut zu erholen.
In Indien, Sri Lanka, Nepal, Bangladesch und Teilen Pakistans ist das Wochenbett
so wichtig, dass sogar die ärmsten Familien ein Leben lang sparen, nur damit sie
ihren Töchtern und Enkelinnen eine schöne Wochenbettzeit schenken können.
8.13. Australien und Ozeanien
In Tahiti müssen die Wöchnerin und ihr Kind 20-30 Tage, in einer abgesonderten
Hütte, im Bett liegen. Unter dem Bett befindet sich ein Holzkohlenofen welcher
während dieser Zeit ständig brennt. Oft bekommen die Frau an den Pobacken
Verbrennungen ersten, manchmal zweiten Grades, aber die Wärme die sich
entwickelt trocknet die Lochien-Absonderung bis zu einem Grade aus, dass sich
danach keine Wochenbetterkrankung entwickelt. Sie darf vom Kindesvater besucht
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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werden, alle anderen Verwandten müssen all ihre Kleider ablegen bevor sie in die
Hütte eintreten. Mutter und Kind sind für die anderen Dorfbewohner sechs bis acht
Wochen tabu. Am Ende dieser Zeit gibt es eine Feier, wo sie sich zeigen und
gleichzeitig religiös geweiht werden. Ärmeren Frauen sind nur zwei bis drei Wochen
tabu, sie werden durch fünf Reinigungsopfer von ihrem unreinen Zustand erlöst.
Solange die Frau tabu ist darf nur sie ihr Kind stillen und sie selbst muss gefüttert
werden.
Auf den Sandwich-Inseln müssen Wöchnerinnen zehn Tage lang im Walde in
kompletter Abgeschlossenheit von den Männern leben.
Auf den Palau-Inseln leben Mann und Frau nach der Geburt zehn Monate streng
getrennt, er darf nur zum Essen nach Hause kommen.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bei den meisten Kulturen und
Naturvölkern die Wochenbettzeit rund um die 30 Tage dauerte. Bei jenen Kulturen
mit einer kürzeren Wochenbettdauer, war das Ende entweder durch den Abfall der
Nabelschnur oder mit dem Abschluss der Lochien verbunden. In dieser Zeit blieben
Mutter und Kind ausnahmslos zusammen, abgeschieden und geschützt und wurden
von Verwandten bekocht und gepflegt.
Zur rituellen Reinigung wurden die Elemente Feuer und Wasser herangezogen.
Bei allen Völkern wurden zum Zwecke der Stärkung eine ganz bestimmte und ganz
bewusste Nahrungsweise gewählt, Kräuterelixiere verabreicht sowie äußere
Anwendungen vorgenommen. Hauptgründe des Wochenbettes waren neben der
Reinigung der Frau, deren Schutz und der ihres Säuglings vor klimatischen
Einflüsse; der Glaube an Geister und Götter, deren Gunst es zu erlangen galt und wo
bereits das alltägliche Leben mit vielen diesbezüglichen Ritualen ausgebildet war.
9.
Mein Goldener Monat
Nach dem ich ziemlich genau ahnte, wann mein drittes Kind zur Welt kommen
würde, fing ich in den letzten Wochen meiner Schwangerschaft mit den
Vorbereitungen für meinen Goldenen Monat an. Ich kochte reichlich Kraftsuppen
sowie einige Obstkompotte, die ich heiß in Glasflaschen abfüllte und im Kühlschrank
zur Aufbewahrung einräumte. Meine Schwiegermutter kam eine Woche vor dem
errechneten Termin, um mir zu helfen.
Während der Geburt trank ich schluckweise warme Kraftsuppe, machte mit Hilfe
meines Mannes energetische Übungen, die mir halfen die Schmerzen besser zu
ertragen. Diese Übungen wirkten sehr gut auf mich, die Schmerzen wurden zwar
nicht milder aber während der Kontraktionen spürte ich durch die Hände meines
Mannes, eine kraftvolle Energie die sich in mir ausbreitete. In den Wehenpausen
konnte ich mich etwas entspannen und beruhigen. Es war eine sehr schöne Geburt,
so schön wie die ersten zwei, aber in dieser war etwas Neues und Zauberhaftes
dabei.
Ich blieb zwei Nächte im Spital; in dieser Zeit trank ich weiterhin warme Kraftsuppe
und aß gekochtes warmes Essen, das mir mein Mann brachte. Am zweiten Tag nach
der Geburt ging ich nach Hause, es war Winter und ich packte meinen Sohn und
mich von Kopf bis Fuß warm ein. Wir mussten nicht nach draußen gehen, es war nur
ein kurzer Weg in die Tiefgarage des Spitales und dasselbe als wir nach Hause
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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kamen, von der Tiefgarage in die Wohnung. Von da an blieben wir 36 Tage zu
Hause.
Meine Hebamme kam jeden Tag eine Woche lang, um uns zu betreuen; danach kam
sie alle paar Tage. Als sie mich sah, sagte sie, ich solle mindestens eine Woche im
Bett liegen bleiben, anscheinend hatte ich bei der Geburt sehr viel Blut verloren. Sie
meinte, es wäre jetzt die Zeit ein richtiges Wochenbett zu pflegen. Ich sollte mich
erholen, viel schlafen, keine Anstrengungen vornehmen und gesunde, ausgewogene
und nährende Kost zu mir nehmen. Sie sprach von Fleisch, Eier, Sahne, Nudeln und
Kartoffeln, kräftige Suppen mit Geflügel, Getreide, Käse und Brot, eher helles Brot
und dunkle Schokolade in kleinen Mengen, keine Pizza, keine Semmel aber auch
kein Vollkorn. So eine weise Hebamme!
Sie hatte Recht, ich war sehr blass und fühlte mich glücklich, sehr glücklich aber
erschöpft und niedergeschlagen, wie ausgequetscht. Obwohl ich diese Geburt keine
einzige Sekunde als belastend empfand, spürte ich, dass sie mir am meisten
Lebensenergie gekostet hatte. Vielleicht einfach weil sie die dritte Geburt war. Die
erste war sehr anstrengend und zugleich wunderschön, die zweite schwerelos und
unkompliziert und die dritte, irgendwie magisch.
Ich folgte dem Rat meiner Hebamme und adjustierte ihre Ernährungstipps nach der
TCM. Ich war sowieso im Goldenen Monat.
Einige Zeit vor der Entbindung entschied ich mich für einen westlichen Goldenen
Monat. Es zu praktizieren wie im alten oder jetzigen traditionellen China ergab für
mich keinen Sinn. Ich wollte es nach meinen Bedürfnissen und auf meinen Lebensstil
hin anpassen. Ich entschied mich gegen chinesische Kräuter und auch für keine
Akupunktur. Im letzten Drittel meiner Schwangerschaft wurde ich beinahe täglich
wegen eines Bandscheibenvorfalls akupunktiert und es half, aber ich hatte genug
davon und brauchte eine Pause von den Nadeln.
In meinem Goldenen Monat habe ich mich sehr auf mein Baby und meine Ernährung
konzentriert.
Ab dem ersten Tag nach der Geburt aß ich zweimal täglich eine Kugel von den
„Black Chicken White Phoenix Pills“11, auch als Black Chicken Pills bekannt. Ich
trank zwei bis drei kleine Tassen mit Melasse oder Honig leichtgesüßten Goji Beeren
Tee und andere verschiedene Kräutertees.
Mein Menüplan basierte auf dreimal täglich warmem gekochtem Essen und ein bis
zwei Zwischenmahlzeiten in Form vom Kompott oder Getreidebrei mit Trockenobst
oder Nüssen. Etwa dreimal die Woche aß ich Hühnerfleisch, einmal Rindfleisch und
dreimal Leber, ein bis zwei Stück Eier am Tag. Obst als Kompott, gekochtes Gemüse
als Beilage oder in der Suppe. Nichts Scharfes, Bitteres, Paniertes, Frittiertes,
Gegrilltes oder Fettiges, sehr wenig Saures, Salziges und keine Süßigkeiten.
Alles was ich aß oder trank war warm oder auf Zimmertemperatur. Ich spürte vor
allem viel Durst und eine große Vorliebe für Eier und breiig-saftige Speisen süß wie
salzig oder pikant. Jeden Tag trank ich eine bis zwei Tassen Kraftsuppe.
Trotz Winter schwitze ich mehr als gewöhnlich, oft spontan. Es war für mich schwer,
dem internen Impuls, mich duschen und meine Haare waschen zu wollen, zu
widerstehen. Ich nahm täglich Waschungen vor die mich erfrischten, aber nach zwei
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Wu Ji Wai Feng Wan auf Chinesisch, ist ein sehr bekanntes TCM Ergänzungsmittel in Form von einer schwarz
– braunen großen weichen Pille (Bolus) die gegessen wird, um Blut und Qi intensiv aufzufüllen. Indiziert vor
allem bei fortgeschrittenen Blut und Qi Mangel, nach großen Blutverlust wie Geburten oder Hypermenorrhoe.
Es hat einen süßen leicht bitteren Geschmack.
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Wochen musste ich mich einfach duschen und meine Haare waschen. Zum Glück,
verkühlte ich mich nicht, ich bin dabei auch sehr vorsichtig umgegangen.
Die ersten zehn Tage verbrachte ich im Bett mit meinem Baby und wir schliefen viel.
Das tat mir sehr gut, ich war vor allem in den ersten Tagen schwach und sehr müde.
In der zweiten Woche bin ich schon ab und dann aufgestanden und verbrachte die
meiste Zeit mit meinem Baby auf der Couch im Wohnzimmer. Die dritte Woche
verlief auch so ähnlich, ich fühlte mich stark, blieb aber trotzdem noch ein bisschen
im Bett und schonte mich von den häuslichen Pflichten. Gott sei Dank hatte ich die
liebevolle Unterstützung meiner Schwiegermutter und meines Mannes. So konnten
wir uns jede Menge Ruhe gönnen. Trotz absoluter Bettruhe am Anfang meines
Wochenbettes, machte ich ab dem vierten Tag nach der Entbindung täglich leichte
Rückbildungsgymnastik-Übungen im Bett, später im Stehen. Dies ist nicht nur für die
Beckenmuskulatur wichtig, sondern auch um dem Fluss von Qi und Blut zu fördern,
da langdauerndes Liegen zu Blutstase und Qi Stagnation führen kann.
Meine Hebamme war sehr zufrieden mit meiner Genesung, sie stellte eine schönere
rosige Hautfarbe und einen allgemein gesünderen Zustand fest. Auch mein Sohn war
sehr gesund und wirkte zufrieden, aber dies war er schon von Geburt an.
Ab der vierten Wochen hatte ich das Gefühl total fit und erholt zu sein, ich wollte
wieder meinen Pflichten nachkommen und mich wie immer um meine Familie
kümmern. Ich übernahm langsam ein paar kleine Arbeiten zu Hause aber schonte
mich trotzdem vor Anstrengung und Kälte und schlief so viel ich konnte.
Erst am 37. Tag nach der Geburt, kehrte ich zum normalen Alltag zurück, ich war
voller Freude und Energie. Bald danach fuhren wir fort in den Urlaub. Wir waren bei
meiner Familie und ich bekam sehr viel Hilfe und Unterstützung. Meinem kleinen
Sohn und mir ging es bestens und wir konnten die schöne gemeinsame Zeit mit der
Großfamilie genießen.
10. Umsetzung des Goldenen Monats
Idealerweise soll die Gestaltung des Goldenen Monats keinen Stressfaktor für die
Wöchnerin und ihre familiäre Umgebung bedeuten. Wenn schon Kinder da sind oder
sie kaum Unterstützung von außen bekommt, kann dies schwierig werden. Hier ist
ein kleiner Leitfaden für einen möglichst unkomplizierten westlichen Goldenen Monat.
10.1. Diätetik
In der Schulmedizin heißt es Wöchnerinnen und Stillende dürfen prinzipiell alles
essen was sie möchten. Es ist in westlichen Spitälern und Kliniken nicht üblich einen
bestimmten Menüplan für Wöchnerinnen oder Stillende zu führen. Die Ernährung der
Frau in diesem besonderen Lebensabschnitt wird einfach verallgemeinert.
In der TCM gibt es ganz klare Empfehlungen für die Wöchnerin. Ziel ist Nieren Jing
(die Essenz), Qi, Yin und Blut wiederherzustellen.
Dafür braucht man Zeit, nicht immer können die energetischen Disharmonien nach
der Geburt, im Goldenen Monat ausgeglichen werden. Gerade bei Jing und Yin
Mangel wird mehr Zeit und Geduld gebraucht. In der Chinesischen Medizin aber
auch in anderen alten Kulturen wird gesagt, dass je nach Lebensstil und Anzahl der
Geburten, eine Frau bis zu drei Jahren brauchen kann um von Geburt und Stillzeit
wieder an Kraft zu gewinnen. Hier spielt ihre Ernährung eine zentrale Rolle.
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Bestimmte Lebensmittel die in einem bestimmten Kochverfahren zubereitet wurden,
sind erforderlich. Eine ausgewogene „Stoffwechseltemperatur“ ist anzustreben. Man
sollte Nahrungsmitteln bevorzugen die eine neutrale Thermik haben, je nach
Jahreszeit kann mach sich zwischen frischen und warmen Nahrungsmitteln vorsichtig
bewegen. Zu „kalte“ und zu „heiße“ Nahrungsmittel im Sinne der Stimulation des
Stoffwechselns sollten vermieden werden und anstatt dessen mild wärmende und
leicht erfrischende Lebensmitteln ausgewählt werden. Das Kochverfahren verstärkt
oder mildert zusätzlich die thermische Ausgangstemperatur der Lebensmittel.
Alle Speisen sollten leicht verdaulich und gut bekömmlich sein. Wird das Baby
idealerweise gestillt ist dies unerlässlich, um eine gute Verdauung beim Kind zu
fördern, denn alles was die Mutter isst geht direkt in die Muttermilch. Werden Fehler
bei der Ernährung einer Stillenden gemacht, resultieren daraus Bauchschmerzen,
Blähungen und Koliken beim Kind. Das Kind ist in den ersten Lebensmonaten
energetisch stark depolarisiert, sein Verdauungstrakt noch unreif und „kalt“, die Milch
seiner Mutter ist die einzige Nahrung, die es am besten verträgt. Basiert diese aber
auf einer thermisch kalten oder heißen Nahrung der Mutter, wird die Kolikenzeit eher
heftig verlaufen, wahrscheinlich länger als drei Monate dauern und sich das Kind
später beim Zahnen schwer tun. Da können Kräutertees gut helfen aber die Lösung
sind nicht die Kräuter, sondern die Optimierung der Verdauung.
Im Sinne des Kindes und der Mutter soll Rohkost im Goldenen Monat und der ersten
Zeit danach vermieden werden. Später wenn das Kind älter als drei Monate ist und
die Mutter nicht mehr verzichten möchte, kann sie sehr vorsichtig kleine Mengen
Rohkost am Vormittag probieren und beobachten wie es beiden ankommt.
Folgende Nahrungsmittel sollten in der Stillzeit vermieden werden:
 Milch und Milchprodukte.
 Kohlgemüse, Topinambur, Spargel, Schwarzwurzel, große Mengen Salat und
Rohkost,
 Alles was sauer schmeckt, insbesondere Früchte und Getränke,
 Alles was bitter schmeckt, gemeint ist vor allem Kaffee und Schokolade,
 Zitrusfrüchte,
 Alles was scharf schmeckt, vor allem Gewürze, Knoblauch und Zwiebel,
 Große Mengen von Salbei, Pfefferminze und Petersilie, als Tee oder
Küchenkraut,
 Rohes Getreide, z.B. Frischkorn oder Flocken, insbesondere dickschalige
Getreidearten wie Roggen, Hafer, Grünkern und Dinkel.
Ein wichtiges Thema für viele junge Mütter ist die Wiedergewinnung des Gewichtes
vor der Schwangerschaft. Eben für diesen Zweck ist die Ernährungsweise in den
ersten Wochen nach der Geburt besonders wichtig. Und gerade bei diesem Punkt
wird viel falsch gemacht und fehlgegriffen. Junge Mütter bekommen in Spitälern und
weiter zu Hause Milchprodukte, Pudding, Kuchen, Torten, rohes Obst und Salate,
fettige Speisen, Scharfes, Denaturiertes, kaltes Essen und viel zu süße Getränke.
Diese Fehler führen bei vielen Frauen dazu nie wieder ihr ursprüngliches Gewicht zu
erreichen.
Die Lust auf Süßes ist ein deutlicher Indikator von Qi Mangel, das noch vom Stillen
verstärkt wird, da Stillen jede Menge Qi benötigt. Süße Gerichte aus Getreide, Eier,
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Trockenobst, Honig, Melasse oder Rohzucker als Süßungsmittel eignen sich sehr gut
um diese Lust zu befriedigen. Regionale naturbelassene biologisch dynamische
Lebensmittel verfügen über mehr Lebensenergie, somit mehr Qi und sind immer die
erste Wahl. Fleisch ist besonders Qi reich und sollte in kleinen Mengen in der Suppe
oder Eintopf gegessen werden. Rind und Hühnerleber sind gut für die Blutbildung.
Vegetarierinnen sollten hochwertige Pilze, Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte fest in
ihren Speiseplänen inkludieren. Diese liefern wichtiges Eiweiß, andere Nährstoffe
und gutes Qi. Da laut TCM das Qi des Fleisches nicht durch ein Lebensmittel
pflanzlicher Natur optimal ersetzt wird, sollten Vegetarierinnen konsequent und mit
viel Geduld an der Wiedergewinnung von Qi, Yin, Blut und Jing arbeiten.
Die Kochmethode ist schonend und saftig. Dünsten, Kochen, Dämpfen, Aufläufe aus
dem Backofen; Eintöpfe und klare wie gebundene Suppen sollen täglich am
Speiseplan stehen. Die Flüssigkeit der Speisen ist essenziel um das verlorene Blut
und Yin zu ersetzen und wird auch für die Milchproduktion benötigt.
Süße Getreidegerichte mit Trockenobst, Samen und Nüsse als Frühstück oder
Abendessen unterstützen gezielt die Blut, Qi und Milchbildung z.B. Milchreis ohne
Kuhmilch, Breie oder Porridge. Auch leicht pikante Suppen und Risotto artige
Getreidespeisen mit darin leicht gekochtem Gemüse und grünen Blättern eignen sich
gut als Frühstück oder Hauptmahlzeit. Etwas Fleisch, Geflügel, Fisch oder Pilze und
Bohnen mit leicht wärmenden Kräutern und Gewürzen runden das Gericht ab und
machen es zu einer wertvollen Mahlzeit. Samen und Kerne wie Sesamsamen,
insbesondere schwarze Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne oder jede Art von Nüsse
können auf den Teller gestreut werden, das gibt noch einen letzten Nährstoff Kick
und macht das Gericht schöner. Ausprobieren lohnt sich.
Das Getränk der Wahl ist warmes bis zimmertemperiertes Wasser oder Kräutertee,
eventuell auch verdünnt mit rotem hochwertigem Obst und Gemüsesäften, solange
diese nicht sauer schmecken. Getreide-Kaffee, z.B. Malzkaffee, ist eine sehr
bekömmliche Alternative zum Kaffee. Weniger gut aber dennoch besser als
gewöhnlichen Kaffee, ist koffeinfreier Kaffee. Kaffee ist bitter, verletzt das Blut der
Mutter und des Kindes, macht beide unruhig und verursacht beim Kind
Bauchschmerzen und Schlafprobleme. Schon sehr kleine Mengen davon können
beim Kind Unbehagen verursachen. Dasselbe gilt für Schwarz-, Grün- oder Weiß
Tee. Schokolade hat eine ähnliche Wirkung aber etwas milder.
Für das Nieren Qi und Jing werden Mineralstoffreiche dunkle bis schwarze
Lebensmitteln eingesetzt z.B. schwarze oder dunkle Bohnen und Linsen, schwarze
Sesamsamen, Schwarzkümmel (in kleinen Mengen!), schwarzen Reis, Chiasamen,
alle Nusssorten, Mandeln und Samen.
Obst wird hauptsächlich als Kompott oder gedünstet gegessen. Am besten als
Zwischenmahlzeit, leicht warm oder auf Zimmertemperatur genossen, leichtes Süßen
mit Honig oder Melasse, Agavendicksaft Sirup oder dergleichen und ein wenig
wärmende verdauungsfördernde Gewürze (Zimt, Kardamom, Anis, Gewürznelken)
runden den Geschmack ab.
Alle Sorten von Obst, Gemüse und Getreide die eine rote Farbe in all ihren Nuancen
aufweisen, unterstützen herrlich die Blutbildung und sollten daher tagtäglich
gegessen werden. Auch Datteln, Rosinen, Goji Beeren und alle Arten von
Trockenobst sind gut geeignet. Eier, Tierleber, Spinat und anderes Gemüse mit
dunkelgrünen Blättern nähren das Blut und unterstützen ihre Bildung.
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Die Kraftsuppe ist ein wesentliches Gericht in Goldenem Monat sowie in der
gesamten TCM. Sie liefert ganz viel Qi, tonisiert das Blut, wärmt den ganzen
Verdauungstrakt und füllt die Nieren mit Jing. Traditionell wird ein ganzes Huhn mit
einer Handvoll Karotten, Wurzelgemüse, einer Handvoll Petersilie mit Wurzel,
Ingwer, Zitronenscheiben und weiteren Gewürzen drei Stunden oder länger gekocht,
in den letzten Stunden werden chinesische Kräuter beigefügt. Es gibt verschieden
Varianten von Kraftsuppen mit Rindfleisch oder Knochen, Fisch bzw. Fischköpfen
und für Vegetarierinnen mit eingeweichten Bohnen und Getreidekörnern. Man kann
die Kraftsuppe auch nur mit ein paar Hühnerteilen oder nur Knochen kochen.
Die Verwendung von Knochen ist ein sehr einfaches Kraftsuppenrezept, das schon
in der Schwangerschaft gegessen bzw. getrunken werden soll. Außer Qi, liefert es
viel gutes bioverfügbares Kalzium, was Mutter und Kind sehr gut gebrauchen
können.
Knochenkraftsuppe (6 Portionen)
900 Gr. Ochsen,- Schweinehaxen oder Hühnerknochen,
10 Tassen kaltes Wasser,
2 EL Apfelessig,
beliebiges saisonales regionales Gemüse.
Alle Zutaten in einem großen Topf zum Kochen bringen, zugedeckt auf kleiner
Flamme ca. vier Stunden köcheln lassen. Suppe abseihen und alle festen Zutaten
weggeben. Täglich 2-3 Tassen Suppe trinken oder mit beliebigen Gewürzen,
Beilagen, Fleisch und frischgekochtem Gemüse essen. Der Apfelessig ist wichtig um
das Knochenkalzium bestmöglich bioverfügbar zu machen.
Ein Typisches Gericht in China ist ein Reis-Congee oder Reis-Porridge mit Eiern und
Rohzucker, das bekommen Wöchnerinnen gleich am nächsten Tag der Geburt um
den Milcheinschuss zu fördern. Um Stillproblemen vorzubeugen, gibt man im
Goldenen Monat täglich Suppen aus Schweinefüßen und Erdnuss. Ferner
verabreicht man Eier, Eigelb, Erdnuss- und Sesammus, Malzbier ohne Alkohol.
In der TCM werden alle Nahrungsmittel nach ihrem Geschmack und der Temperatur
klassifiziert. Wöchnerinnen und Stillende sollten immer die Neutrale Temperatur und
den süßen Geschmack bevorzugen, leicht warme und mild erfrischende
Nahrungsmittel je nach Jahreszeit genießen. Bitter, - und Scharfschmeckendes sind
ganz zu vermeiden.
Hier ein paar ausgewählte leicht warm bis mild erfrischende Nahrungsmittel:
Gemüse und Obst
Feldsalat, alle Kohlsorten, Buschbohnen, Erbsen, Karotten, Kartoffeln, alle Rüben,
Stangenbohnen, Fenchel, Kastanie, Kürbis, Süßkartoffel, Rosinen, Pfirsich,
Nektarine, Marille, Süßkirschen, Weichseln, Kokos, Pinienkerne, Pistazie, Walnuss,
Basilikum, Koriander, Kümmel, Liebstöckel, Majoran, Schnittlauch, Kurkuma, Mohn,
Oregano, Paprika, Datteln, Feigen, Pflaumen, Trauben, Safran, Rohzucker, Erdnuss,
Haselnuss, Mandeln, Sesam, Adzukibohnen, Lauch, Linsen, rote Sojabohnen,
Saubohnen, gelbe Sojabohnen, Kichererbsen, schwarze Sojabohnen, Kresse,
Kohlrabi, Apfel, Birne, Cashewnüsse, Sonnenblumenkerne, Ahornsirup, Estragon,
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Tofu, Honigmelone, Aubergine, Avocado, Blumenkohl, Broccoli, Champignon,
Chinakohl, Mangold, Sellerie, Spargel, Spinat, Zucchini, Artischocke, Eisbergsalat,
Endivien, Grüner Salat, Olive, Pastinake, Brombeere, Erdbeere, Heidelbeere,
Johannisbeere.
Getreide
Hirse, Mais, Amaranth, Quinoa, Süßreis, Sago, Hafer, Reis, Gerste, Roggen, Dinkel,
Weizen, Buchweizen.
Fleisch und Fisch
Huhn, Wachtel, Forelle, Barsch, Lachs, Tunfisch, Scholle, alle geräucherten
Fischsorten, Karpfen, Hase, Kalb, Rind, Ente, Gans, Pute, Truthahn.
Sonstiges
Honig, Gelee Royal, hochwertige kaltgepresste Öle, Butter, natives Kokosöl,
Kokoswasser, Melasse, Blütenpollen, Malzbier, Honigwein, Maishaartee, Reiswein,
Ei, Sahne, Vanille, Getreidekaffee.
10.2. Kräuter
Kräuter werden präventiv und therapeutisch eingesetzt.
Um die Milchbildung zu fördern gibt man eine von den folgenden zwei Mischungen:
 8 g Fenchelsamen, 5 g Koriander, 3 g Anis, 3 g Kümmel, 3 Datteln, 3 g
Süßholz.
Nach Möglichkeit mörsern oder pulverisieren, mit einem halben Liter Wasser
10 Minuten köcheln und abseihen. Mit einem kleinen Schuss Reis- oder
Dattelwein (1 EL) verteilt am Tag trinken.

100 g Gerste in 1,5 l Wasser über Nacht einweichen, 1 Stunde köcheln,
abseihen und mit etwas Zimt, einer Prise Salz, ein paar Tropfen Zitronensaft,
Honig und einer Messerspitze Kakao abschmecken und über den ganzen Tag
verteilt trinken. Dieses Rezept ist paradoxerweise sowohl für die Milchbildung
als auch gegen zu viel Milch indiziert, daher hilft es auch zur Vorbeugung
gegen Brustdrüsenentzündung.
Ferner soll auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.
Um zu viel Milch zu reduzieren:
 Salbei, Minze oder Zitroneneverbenetee.
 Aloe Vera-Saft trinken.
Um das Blut zu tonisieren:
Zu allererst, der effizienteste Weg um das Blut zu tonisieren und zu bilden ist die
Ernährung. Es gibt Kräuter die schnell helfen können, allem voran die chinesischen
Kräuter, aber ohne die richtige Ernährung wird auf längere Sicht nur wenig erreicht.
 Engelwurz (Chin. Dang Gui), 10 g werden in der Kraftsuppe mitgekocht.
Achtung, es kann Wehen auslösen, daher wird sie nur nach der Geburt
verwendet.
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

10 g Datteln oder chin. Datteln - Jujuben, 10 g Rosinen und 10 g Goji Beeren
werden in einem Liter Wasser gekocht, abgeseiht oder mitgegessen,
mitpüriert und getrunken.
Brennnesseltee, frische Brennnesselblätter können übrigens gedünstet
gegessen werden, sie schmecken wie Spinat und sind hervorragend für das
Blut.
Um das Nieren Jing zu tonisieren haben wir Zinnkraut (Equisetum) als einziges
westliches Kraut, da es über eine kalte Temperatur verfügt, vermeiden wir es lieber
im Goldenen Monat und tonisieren wir die Nieren Essenz über die Ernährung.
Süßholz ist eine Wurzel die den gesamten Verdauungstrakt leicht wärmt und
tonisiert, es liefert Qi und gibt Kraft. Süßholztee kann alle paar Tage über längere
Zeit getrunken werden.
 3 g Süßholz (in etwa ein Teelöffel) wird über Nacht eingeweicht und am
nächsten Tag in einem halben Liter Wasser 20 Minuten lang geköchelt. Am
Tag verteilt trinken.
Achtung: bei Bluthochdruck TCM-Arzt oder Ernährungsberater aufsuchen
10.3. Regulierung der Temperatur
Wöchnerinnen tendieren leicht zu schwitzen. Somit sind sie anfällig für Wind- und
Kälteeingriffe, die ihren Körper schädigen können. Diese äußerlichen Einflüsse wie
im Durchzug stehen, schlafen bei offenem Fenster oder aus dem Haus in die Kälte
oder Wind gehen, sollten daher gemieden werden. Wöchnerinnen sollten deswegen
im Goldenen Monat möglichst selten, oder gar nicht, aus ihrem Haus oder ihrer
Wohnung gehen. Es soll für eine angenehme leicht warme Temperatur gesorgt
werden, überheizte Zimmer oder die Sommerhitze kann auch Schäden an dem
labilen Yin der Wöchnerin verursachen.
Maßnahmen:
 Immer ein sauberes Handtuch zur Hand haben um den Schweiß sofort
abzutrocknen. Auf keinen Fall soll das Schwitzen unterdrückt werden.
 Socken helfen den Körper warm zu halten und verhindern spontanes
Schwitzen, das auch aus Kälte resultiert. Übrigens auch bei der Geburt helfen
dicke flauschige Socken wunderbar um Temperaturschwankungen
auszugleichen oder gar vor Kälte. Vor allem nach dem Fruchtblasensprung
und in den Presswehen kann ein plötzliches Kältegefühl eintreten, welches
dem Yin Verlust (Blut, Flüssigkeiten) zu Grunde liegt.
 Waschungen mit Ingwerwasser (eine einfache Aufgusszubereitung mit
Ingwerscheiben) helfen dem Körper eine konstante warme Temperatur zu
halten. Das ist besonders wohltuend in der kalten Jahreszeit.
 Waschungen mit Rosen- oder Blütenwasser (wieder ein einfacher Aufguss
aus Rosen oder Blüten) sind sehr aromatisch und Qi harmonisierend und
hinterlassen ein liebliches Aroma an der Haut und erfrischen den Körper in der
warmen Jahreszeit.
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10.4. Regulierung der Ausscheidungen
Durch den Blutverlust, das Schwitzen und das Stillen kann es zu einer Trockenheit
kommen, die sich in Ausscheidungsschwierigkeiten und Darmtrockenheit
manifestieren kann, wie vermindertes Urin und Stuhl, trockener Stuhl oder
Verstopfung. Darüberhinausgehend wird dieses Schema durch die Presswehen der
Geburt und den Druck aufs Becken, welche die Hämorrhoidenbildung begünstigt,
noch verstärkt. Von da her muss auf die Flüssigkeitszufuhr genau geachtet werden.
Eine Stillende sollte im Durchschnitt 2 bis 4 Liter Flüssigkeit täglich trinken. Die große
Schwankung ist von der Körpergröße, Gewicht, Aktivität und Schweißmenge der
Frau sowie von der Jahreszeit abhängig.
 Alle Getränke werden immer auf Zimmertemperatur oder warm getrunken.
 Gegen Verstopfung hilft Trockenobst effektiv, einige Dörrpflaumen, Feigen
oder Datteln in ein Glaswasser über Nacht einweichen und am nächsten Tag
nüchtern trinken.
 Ölziehen morgens nach dem Aufstehen, zwei bis drei Wochen lang ist ein
ayurvedisches Mittel um die Entgiftung, ganz intensiv der vom Mundraum, zu
fördern. Ein TL hochwertiges natives Kokosöl, Sesamöl oder Leinöl, 5-15
Minuten in den Mund nehmen und daran saugen, schlürfen und durch die
Zähne verteilen. Danach ausspucken und den Mund mehrmals ausspülen.
Erst dann Zähneputzen.
10.5. Stillmanagement
Stillen ist kein angeborener Instinkt, es wird vielmehr durch Zuschauen erlernt. Das
passierte fast unbemerkt und natürlich in den früheren Generationen, als die
aggressive Vermarktung der Künstlichen Milchnahrung für Babys noch nicht
stattgefunden hatte. So ein Geschehen kann man heutzutage eher bei den
Naturvölkern beobachten. Da wird das Stillen noch als einzige Nahrung und somit
einzige Überlebenschance eines kleinen Kindes verstanden und somit
dementsprechend gepflegt und geschätzt. In unserer Gesellschaft ist das Stillen eine
Option und vielleicht zum Teil eines Lebensstils geworden. Wie es auch sei, ist es
leider Fakt, dass noch immer sehr wenige Frauen über die zahlreichen Vorteile des
Stillens für sie und ihre Kinder richtig informiert sind.12
Vielleicht fragen wir uns wieso so etwas möglich ist. Im Gegensatz zur künstlichen
Milchnahrungsindustrie und der Lebensmittelindustrie für Kinder, verfügt das Stillen
über keine finanzschwere Lobby. Wir werden von direkter und indirekter Werbung für
diese Produkte und die ganz „tollen“ von Forschern neu entwickelten Zutaten, die
unsere Kinder super gesund und klug machen sollen, überschüttet; während in den
Medien über das Stillen nur ein paar unzureichende Informationen zu finden sind.
Wer mehr wissen möchte, muss selber Informationen suchen.
Richtige Informationen, Überzeugung und nicht zuletzt Unterstützung sind der
Schlüssel zum Stillerfolg.
12
Die unzähligen Vorteile des Stillens sowie die damit verbundene unbezahlbare gesundheitsfördernde
Wirkung ist beschrieben in: „Der gesundheitsfördernde Wert des Stillens“, Karina Romy Vega Quispe de Fritz
(Diplomarbeit zur Gesundheitsförderin).
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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Manchmal können vor allem in der Anfangsphase des Stillens, Schwierigkeiten
auftreten. Da bringt der Rat einer Stillberaterin rasche Hilfe. Sehr oft handelt es sich
um eine falsche Anlegetechnik oder ein zappeliges, unruhiges Baby das sich sofort
aufregt wenn es auf der Sekunde die Mutterbrust nicht bekommt. Aus eigener
Erfahrung kann ich sagen, dass es sich wie ein Weltuntergang fühl und die Angst
des Versagens enorm ist wenn Stillprobleme auftauchen und man fest entschlossen
ist zu stillen. Aber das schlimmste ist, abzuwarten und zu hoffen, dass es sich von
alleine löst. Es wird von Tag zu Tag immer ärger! Und man fühlt sich grottenschlecht.
Wie wird es wohl dem Baby dabei gehen?
Mit professioneller Hilfe lassen sich Stillprobleme schnell und dauerhaft lösen. Es gibt
tatsächlich sehr wenige Frauen die aus physiologischen Gründen wirklich nicht stillen
können. Um eine schöne, entspannte Anfangszeit des Stillens und somit das
Wochenbett oder den Goldenen Monat zu gewährleisten, empfiehlt sich sehr, schon
in der Schwangerschaft, eine einfühlsame, stillerfahrene und stillfördernde Hebamme
aufzusuchen. Am besten eine Hebamme die zugleich auch Stillberaterin ist.
Alternativ sollte man beim Auftreten von minimalen Stillschwierigkeiten, sofort
Kontakt zu einer Stillberaterin suchen. Jede Frau in Österreich hat Anrecht auf eine
Hebammen- oder Stillberatung. Die Stillberaterinnen des La Leche Liga Verband
geben kostenlose telefonische Beratungen und Informationen, auch per Email.
http://www.lalecheliga.at/index.php?id=121
10.6. Akupressur
Akupressur gehört zur TCM und ist so alt wie diese. Ähnlich wie bei der Akupunktur,
wird bei Akupressur das Qi das in den Meridianen fließt, beeinflusst. Das wichtigste
Ziel der Akupressur ist es, den freien Fluss der Lebensenergie, Qi zu erhalten.
Blockierte Energiebahnen werden geöffnet, versickertes oder stagnierendes Qi wird
wieder in Fluss gebracht, krankheitserregende Energien aus der Umwelt werden
ausgeleitet.
Die Selbstbehandlung mit Hilfe der Akupressur kann ohne große Mühe erlernt
werden. Nur ein wenig Übung ist erforderlich, wenn man täglich oder nach Bedarf
etwas zur Steigerung des Wohlbefindens tun möchte. Das Drücken in kreisender
Bewegung ist die einfachste Grifftechnik der Akupressur. Die ruhige Zeit des
Goldenen Monats eignet sich bestens um manche typischen Beschwerden des
Wochenbettes zu beseitigen.
Vor Beginn soll auf folgendes beachtet werden:
 Während der Akupressur sollte man für eine ruhige, angenehme Umgebung
sorgen.
 Bequeme, lockere Kleidung die nirgendswo drückt oder einschneidet soll
getragen werden, denn sonst wird der Energiekreislauf behindert und die
Atmung beeinträchtigt.
 Jahreszeitlich bedingt, empfiehlt es sich eine dünne Jacke oder einen Pullover
mehr anzuziehen als gewöhnlich, da beim Akupressieren, bedingt durch die
tiefe Entspannung, Blutdruck und Pulsfrequenz absinken.
 Im Sitzen oder Liegen Akupressieren, je nach dem was angenehmer ist und
natürlich abhängig davon, wo die zu behandelnden Punkte liegen.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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









Schuhe werden bei der Akupressur immer ausgezogen.
Vor Beginn, ist es von Vorteil, auf dem Rücken liegend, beide Hände flach auf
den Bauch zu legen und mehrmals ungezwungen tief ein und auszuatmen.
Damit gelangt man ganz schnell zur entspannungsfördernden Tiefatmung.
Jeder Punkt wird 30 Sekunden bis 10 Minuten massiert.
Die Dauer ist individuell und es wird meistens genau gespürt wann es genug
ist.
Zwei bis drei Punkte können gleichzeitig massiert werden.
Eine gesamte Selbstbehandlung sollte nicht länger als 30 Minuten dauern.
Sollte seltsamerweise irgendein Anzeichen von Unwohlsein auftreten, wird
sofort mit der Akupressur aufgehört.
Nie unter Zeitdruck, Anspannung, Hunger oder vollem Magen akupressieren.
Sind die Beschwerden weg, wird noch weiterhin ein paar Tage akupressiert,
womit man Rückfällen wirksam vorgebeugt.
Da alle Meridiane paarig angelegt sind, werden die jeweils empfohlenen
Druckpunkte gleichzeitig oder nacheinander auf beiden Körperhälften
akupressiert.
Ein paar relevante Akupressurpunkte für häufige Wochenbettbeschwerden:
DI 4 - Verbindung mit dem Tal
Verstopfung, Kopfschmerzen, Augenschmerzen, Zahnschmerzen, Ödeme,
Schnupfen, Erkältung, übermäßiges Schwitzen, Mandel-, und Rachenentzündung.
Wenn man mit den Daumen an den ausgestreckten Zeigefinger presst, entsteht eine
Muskelwölbung; an ihrem höchsten Punkt liegt der Dickdarm 4.
Achtung: Dieser Punkt wird niemals bei Schwangeren massiert.
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Ni 3 – Großer Bach
Nieren Qi und Yin stärken und harmonisieren, Schlafstörungen, Kopfschmerzen,
Bluthochdruck, Verstopfung, Rheumatische Beschwerden, Rückenschmerzen.
Niere 3 befindet sich an der Fußinnenseite, zwischen dem höchsten Punkt des
Knöchels und der Achillessehne.
MP 6 - Zusammentreffen der drei Yin Meridiane
Verdauungsbeschwerden, Blähungen, Kopfschmerzen, Bluthochdruck.
Dieser Punkt liegt an der Unterschenkelinnenseite vier Fingerbreit über dem Knöchel
und hinter dem Schienbein.
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MA 36 – Drei Meilen am Bein
Hämorrhoiden, Sehstörungen, Verstopfung, Magenbeschwerden, Sodbrennen,
Blähungen, Bluthochdruck.
Ein allgemeiner Harmonisierungspunkt der außen am Schienbein liegt, vier
Querfinger unterhalb der Kniescheibe.
LE 3 - Höchste Flut
Brustdrüsenentzündung – Mastitis, Kopfschmerzen, Schwindelanfälle,
Augenbeschwerden, Bluthochdruck, Zwischenblutungen, Störungen im sexuellen
Bereich.
Dieser Punkt des Lebermeridians befindet sich zwischen den Enden (zu den
Zehenspitzen hin) der beiden Mittelfußknochen des großen und des zweiten Zehs.
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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BL 60 Kunlungebirge
Chronische Nackenschmerzen, Kreuzschmerzen, Ischias, Ristschmerzen.
An der Außenseite des Fußes, zwischen Knöchel und Achillessehne an der oberen
Kante des Fersenbeins, liegt dieser Punkt.
11. Die Zeit danach
Traditionell nehmen Wöchnerinnen am Ende des Goldenen Monats ein rituelles Bad
mit Kräutern und Blüten, die die restliche überschüssige Feuchtigkeit aus Muskeln
und Sehnen beseitigen. Dieses Bad bedeutet nicht nur das Abschließen des
Goldenen Monats sondern auch die Sicherstellung, dass die Wöchnerin keine
gesundheitlichen Probleme oder Schmerzen aufgrund der Schwangerschaft in
Zukunft haben wird.
Nach der traditionellen chinesischen Medizin zeigen sich die Folgen eines
überanstrengenden Ereignisses entweder sofort nach diesem oder erst neunzig
Tage danach. Viele Frauen, ich zähle mich dazu, haben die unerklärliche Erfahrung
durchgemacht, etwa drei Monate nach der Geburt einen mehr oder weniger
ausgeprägten Haarausfall zu bekommen. Die Erklärung laut TCM ist ein Nieren Yin
Mangel aufgrund der Nierenleere nach der Entbindung. Dieser Haarausfall geht
langsam oder schnell wieder zurück, je nachdem wie sich die Niere erholt. Bei
manchen Frauen erholt sich die Haarpracht nie wieder, ihre Haare bleiben dünn.
Andere stellen schlechtere Zähne fest, bekommen oft Karies oder haben erhöhte
Zahnsensibilität. Dünne, brüchige Nägel, trockene schuppige Haut sind alles ein
Zeichen von Yin Mangel. Vor einigen Jahrzenten war der altgewöhnten Spruch „Ein
Kind, ein Zahn“ zu einer Frau die Kinder gebar sehr zutreffend. Jedes Kind kostete
der Frau so viel Substanz, dass sie ihre Zähne nach und nach verlor.
Oft zu hören ist auch, dass die Figur nach der Schwangerschaft nie wieder dieselbe
ist und, dass der gewonnene Babyspeck äußert schwer los zu werden ist. Hierzu
sagt die TCM: “Die Leere in den ersten Wochen post partum ist besonders
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ausgeprägt, da hier Blut und Yin in Leere sind und daher Yang und Qi zu
überschießen neigen. Wenn zu Fettes, zu Süßes, zu Kaltes oder zu Rohes gegessen
wird, so nimmt die Mitte (Milz und Magen) leicht Schäden und damit auch die
Absorption der Nährstoffe sowie die Verdauungsmechanismen“.13
Hauptziel des Goldenen Monats ist die verlorene Essenz der Nieren, Qi und Blut der
Frau rasch und effektiv zu regenerieren und die Leere nach der Geburt zu füllen
damit ihre Gesundheit keine Schäden davon bekommt. Und damit geht die Chance
einher alles neu zu strukturieren, Krankheiten und Leiden die vor der
Schwangerschaft entstanden sind, los zu werden.
Nach meinem Goldenen Monat fühlte ich mich stark und meinen neuen Aufgaben
gewachsen. Ungefähr drei Monate nach der Entbindung bemerkte ich einen sehr
leichten Haarausfall, der kurze Zeit dauerte. Nach meinen ersten zwei Entbindungen
hatte ich auch leichten Haarausfall, aber diesmal war es so minimal, dass ich es fast
übersehen hätte. Ansonsten hatte ich keine Beschwerden in der Zeit meines
Goldenen Monats und danach.
Es ist fast eineinhalb Jahren her seit der Geburt meines Sohnes. Ich verfüge über
eine gute Gesundheit aber leider kann ich nicht behaupten, meine alten
gesundheitlichen Problemchen beseitig zu haben. Ich habe noch immer ab und dann
Migräne und manchmal macht meine Schwachstelle, die Wirbelsäule ein bisschen
Probleme. Vielleicht steht dies in Zusammenhang mit meiner Intention keine
chinesischen Kräuter im goldenen Monat zu nehmen und mich nicht akupunktieren
zu lassen.
Trotzdem habe ich vom Goldenen Monat enorm profitiert und bin sehr dankbar diese
schöne Erfahrung gemacht zu haben. Es war nicht nur für meine physische und
psychische Gesundheit wichtig und bereichernd; es war wirklich ein besonderer Weg,
eine Chance und ein Geschenk die mir meine Familie und ich mir selber machte. Ich
würde es wieder machen und jeder Frau das Praktizieren des Goldenen Monats
wärmstens empfehlen.
13
Neeb, G.: Gynäkologie und Frauenheilkunde. TCM-FACHBUCH für Fortgeschrittene. Band 1. Bacopa Verlag
(2010), 142.
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Conclusio
Nicht nur in China sondern bei vielen anderen alten Völkern und Naturvölkern von
heute werden verschieden Reinigungs- und Heilungspraktiken an Wöchnerinnen
praktiziert. Bei der Mehrheit all dieser Kulturen herrschte der Gedanke vor, die Frau
sei nach der Entbindung unrein und für böse Angriffe besonders anfällig. Die ersten
Wochen standen für Mutter und Kind demnach unter dem Zeichen der Reinigung und
des Schutzes.
Im alten Europa, war das Wochenbett das Gegenstück zum Goldenen Monat;
leider ist mit der Zeit die eigentliche Bedeutung verloren gegangen.
Bei den Chinesen und den Uhreinwohnern Zentral- und Südamerikas glaubte man,
die richtige Pflege nach der Geburt würde einer Frau die Chance geben sich von
Krankheiten zu heilen. Diese Parallelen bei so unterschiedlichen Kulturen sind
ungemein erstaunlich.
Den Goldenen Monat heute so zu praktizieren wie es in China einst gemacht wurde,
gestaltet sich nach meiner Sicht als unpraktisch. Man müsste täglich zumindest in
den ersten zwei Wochen akupunktiert werden und mit Tuina oder Shiatzu behandelt
werden. Da die Wöchnerin nicht außer Haus gehen soll, müsste der chinesische Arzt
oder Praktiker Hausbesuche durchführen.
Die Umsetzung eines westlich geprägten Goldenen Monats ist nach meiner
Erfahrung durchaus umsetzbar. Voraussetzung dafür ist eine gewisse Planung im
Voraus sowie Verständnis und liebevolle Unterstützung durch Familie und
Freundeskreis.
Obwohl ich bis dato nicht den anziehenden heilenden Effekt vom Goldenen Monat
erreichen konnte, bin ich der Überzeugung, dass dieser mit Hilfe eines erfahrenen
chinesischen Arztes verwirklichbar ist. Mit der geeigneten Kräuter- und
Akupunkturtherapie, empfohlenen Diätetik und der dazugehörigen notwendigen
Ruhe und Entspannung könnte man in dieser Zeit vermutlich viel mehr erreichen als
in einer anderen Phase des Lebens einer Frau.
Nichtsdestotrotz merke (spüre) ich, dass mein westlicher Goldener Monat, mir enorm
viel Energie und Freude gegeben hat. Möglicherweise ist es der gemeinte
gesundheitsfördernde und präventive Effekt gewesen.
Schlussendlich bin ich der Auffassung, dass jede Frau sich einen Goldenen Monat
oder eine schöne Wochenbettzeit mit all ihrer kraftvollen Energie verdient hat und
sich gönnen soll.
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Literaturverzeichnis
Literatur
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Lorenz, C.: Kindertuina. Bacopa Verlag, (2010).
Maciocia, G.: Die Grundlagen der Chinesischen Medizin: ein Lehrbuch für
Akupunkteure und Arzneimitteltherapeuten. Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr.
Erich Wühr GmbH, (1994).
Neeb, G.: Gynäkologie und Frauenheilkunde. TCM - FACHBUCH für
Fortgeschrittene. Band 1. Bacopa Verlag, (2010).
Nichterl, C.: Die 5 - Elemente - Küche für Schwangere und Stillende. av BUCH,
(2009).
Ploss, H.H.: Das Weib in der Natur – Und Völkerkunde. Anthropologische Studien.
Zweiter Band, (Leipzig 1885).
Temelie, B:; Trebuth, B.: Die fünf Elemente Ernährung für Mutter und Kind. Joy
Verlag, (2013).
Weidinger, G.: Die chinesische Hausapotheke. Goldmann, (2015).
Weinmann, M.: Schmerzfrei durch Fingerdruck. Midena, (1997).
Zhao, X.; Kinoshita, K.: Medicina tradicional china para la mujer. Urano, (2010).
Internetquellen
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https://www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/pdf/familienhebammen.pdf
(20.06.16).
Gyöngyi B.: Weniger bekannte Bräuche – die Geburtgewohnheiten: Interview mit
Katharina Szabo,
http://www.sulinet.hu/oroksegtar/data/magyarorszagi_nemzetisegek/nemetek/takson
y/brauche_in_taks/pages/003_die_geburtgewohnheiten.htm
(17.06.16).
La Leche Liga Österreich e. V., Telefonische Stillberatung,
http://www.lalecheliga.at/index.php?id=121
(18.06.16).
© Karina Romy Vega Quispe de Fritz
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Österreichisches Hebammengremium. Prekäre Situation im Wochenbett,
http://www.hebammen.at/wp-content/uploads/2013/06/prik%C3%A4re-situation-imwochenbett.pdf
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(12.06.16).
Wikipedia. Wochenbett,
https://de.wikipedia.org/wiki/Wochenbett
(16.06.16).
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